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Ahnungslose Augenblicke

von

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Offenlegung

Nachdem Jodie endlich zu Ruhe gekommen und eingeschlafen war, kam Shuichi die Treppe nach unten. Sogleich betrat er das Wohnzimmer und blickte nachdenklich auf Angela. Angela legte ihr Handy auf den Tisch und sah zu Shuichi. „Da bist du ja wieder“, fing sie an. „Geht es Jodie ein wenig besser?“, wollte sie wissen.

„Einigermaßen. Sie schläft jetzt. Wissen Sie wo sich Ihr Mann gerade aufhält? Ist er noch hier?“

„Du findest ihn in seinem Arbeitszimmer. Du weißt ja, wo es ist.“

Akai nickte. „Danke.“ Er lächelte ein wenig. „Jodie wird es bald wieder besser gehen.“

„Das wird es…bestimmt“, murmelte Angela. Irgendwann würde die Zeit alle Wunden heilen.

Shuichi ging wieder aus dem Raum und trabte die Treppenstufen nach oben, wo er das Zimmer aufsuchte. Nachdem er zum Eintreten aufgefordert wurde, öffnete der Student die Tür. „Können wir reden?“, fragte Akai nach.

Agent Starling saß an seinem Schreibtisch und blickte auf den Computer-Monitor. Mit der Maus klickte er auf eine elektronische Akte und begutachtete ihren Inhalt kritisch. Bereits während der Ausbildung zum FBI Agenten in Quantico wurde er darauf getrimmt nicht an Zufälle zu glauben. Und sobald sie sich häuften, sollte man sie erst recht hinterfragen. Starling runzelte die Stirn. Alle Zufälle waren viel zu gut aufeinander abgestimmt. Aber was bedeutete das wirklich? Hatte Connor Recht und der Mord an Amber wurde tatsächlich von der unbekannten Person verübt? Bereits vor der Urteilsverkündung stand Fremdeinwirkung im Raum, vor allem weil das FBI nicht jede Person aufspüren konnte, mit der Amber im Internet zugange war. Und da war immer noch der Mann, der das Haus der Westons beobachtete. Jene Person die Connor zweimal sah. Genau wie die beiden Personen aus dem Internet, verschwand auch dieser. Das plötzliche Verschwinden aller drei Personen machte sie verdächtig. Aber da alle Beweise gegen Connor vorlagen und der Staatsanwalt Anklage erheben musste, wurden die Ermittlungen abgeschlossen. Oder hatten die Kollegen nicht richtig ermittelt, weil der Fall wasserdicht war? Die ganze Zeit wollten sie alle an Connors Schuld glauben und nahmen in Kauf, dass ein Mörder frei herum lief. War Connor deswegen nach über einem Jahr ermordet worden? Wurde er zur Gefahr für den wahren Täter oder hielt es der Junge einfach nicht mehr aus? So viele Fragen waren noch offen und das FBI sah tatenlos zu. Auch wenn jetzt die Packung mit den Schlaftabletten neben Connor gefunden wurde und der Fall beinahe gelöst war, wollte er nicht den gleichen Fehler machen. Starling hob den Blick. „Entschuldige, ich war in Gedanken. Setz dich doch bitte.“ Er wies auf den freien Stuhl vor seinem Tisch.

Shuichi schloss die Tür und nahm Platz. „Danke, dass Sie mich informiert haben“, fing er an. „Ich war bei Jodie. Sie hat das alles sehr mitgenommen, aber es geht ihr wieder den Umständen entsprechen. Sie braucht Zeit zum Verarbeiten. Ihre Tochter bedeutet mir viel, deswegen erzählen Sie mir bitte alles, was es zu diesem Mord an Connor zu wissen gibt. Ich möchte keine Überraschungen erleben.“

Der Agent beobachtete Shuichi. „Wieso interessiert dich der Fall so sehr? Liegt es nur an Jodie?“

„Natürlich ist Jodie auch ein Faktor. Aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass mehr dahinter steckt. Und…ich will vorbereitet sein, falls es Jodie als nächstes Treffen sollte.“

Starling verengte die Augen. „Wie kommst du darauf, dass Jodie die Nächste ist?“

„Ist es nicht offensichtlich?“, konterte Akai. „Zuerst wird Jodie im Auftrag von Amber von Connor entführt. Dann stirbt Amber und Connor wird verhaftet und wegen Mord verurteilt. Über ein Jahr später stirbt Connor. Die Medien berichteten von Selbstmord und andere schrieben darüber, dass er ein sehr zuvorkommender Häftling war. Sie müssen zugeben, nach allem was bisher bekannt ist, könnte man nun auf den Gedanken kommen, dass Jodie in Gefahr ist.“

Starling seufzte. „Du siehst es also auch…“

„Ich weiß nur nicht, warum der Täter über ein Jahr gewartet hat.“ Shuichi verschränkte die Arme. „Spätestens jetzt sollten Sie mir alles erzählen.“

Agent Starling nickte. „Was ich dir jetzt erzähle, ist vertraulich. Du darfst es keiner Menschenseele erzählen, auch nicht deinen Eltern.“

„Ich verspreche es.“

„Unsere Ermittlungen begannen vor über einem Jahr als Jodie verschwunden ist und Amber tot aufgefunden wurde. Vieles haben wir vor der Presse geheim halten können.“ Agent Starling rief eine weitere Akte auf dem Computer auf. „Als Jodie damals über Nacht nicht nach Hause gekommen ist, verdächtigten wir sofort Amber. Amber hatte damals einen sehr schlechten Einfluss auf Jodie. Die beiden Mädchen schwänzten die Schule, machten keine Hausaufgaben und wie wir später erfuhren, trieben sie sich in verschiedenen Chaträumen herum. Jodie hatte schon einmal versucht von zu Hause abzuhauen um sich mit Amber zu treffen. Da war es natürlich verständlich, dass wir auch dieses Mal davon ausgingen, dass sie bei ihr ist. Wir fuhren zum Haus der Westons und sprachen mit Amber, die aber ihre Unschuld beteuerte. Im Nachhinein wissen wir, dass Amber uns anlog. Ich hatte zwar die ganze Zeit gehofft, dass Jodie von Amber versteckt wird, ahnte aber, dass mehr dahinter steckte. So bat ich das FBI – über meinen Kollegen James Black – die Suche nach Jodie anzustoßen. In meinem Beruf macht man sich viele Feinde und man weiß nie, ob sie es nicht auf die eigene Familie abgesehen haben. Während wir also immer noch auf ein Lebenszeichen unserer Tochter warteten, wurde die Leiche von Amber gefunden. Die Agenten hatten sie zuvor befragt und warnten sie auch davor alleine raus zu gehen. Leila, Ambers Mutter, sagte aus, dass es Amber nicht interessierte und sie trotzdem zum Joggen rausging. Amber wurde dann im Waldstück gefunden. Daraufhin wurde Agent Pierce an den Tatort gerufen. Glücklicherweise konnte eine Vergewaltigung frühzeitig ausgeschlossen werden. Da sich ihr Zweithandy noch bei ihr befand, war auch keine Rede von einem Raub. Wir konnten zudem keine Spuren finden, die auf einen Kampf hinwiesen. Daher gingen wir davon aus, dass sie ihren Mörder kannte. Unter Ambers Fingernägeln wurden Hautpartikel gefunden, die letzten Endes Connor zugeordnet werden konnten. In der Zwischenzeit wurde die Familie Riemer von Agent Fries befragt. Durch einen Zufall hat sie im Keller der Familie Jodie finden können. Unter Zugzwang gestand Connor, dass er im Auftrag von Amber handelte. Sie ließ ihn glauben, dass Jodie uns einfach nur reinlegen wollte. Er gab auch zu, dass Amber ihn gekratzt hat. Unglücklicherweise brach ihm dieser Sachverhalt vor Gericht das Genick. Alle gingen davon aus, dass Amber und Connor auch eine sexuelle Beziehung teilten und er sie vorher würgte.“

„Davon habe ich in der Zeitung gelesen“, entgegnete Shuichi. „Weil Amber die Entführung in Auftrag gab, gingen viele Medien davon aus, dass sie es beim Sex ruppiger mochte und schließlich erstickte.“

„Das ist korrekt“, sprach Starling. „Connor beteuerte bei der Befragung seine Unschuld. Er erzählte immer wieder von einer fremden Person die er vor dem Haus der Westons gesehen hat. Er konnte diese Person aber nicht beschreiben und so dachten viele, dass es ein Hirngespinst war. Wir haben Ambers Computer beschlagnahmt und bei der weiteren Untersuchung ein Tagebuch gefunden. Amber gab zu, dass sie sich in mehreren Internetportalen anmeldete und auch Jodie dazu brachte sich dort anzumelden. Es handelte sich hauptsächlich um Chats zu fremden Männern die mehr wollten als reden.“ Starling schluckte. „Viele Männer befanden sich zu diesem Zeitpunkt in anderen Beziehung. Es war schrecklich zu hören, dass Jodie dort mitmachte. Glücklicherweise zog Jodie aber früh die Notbremse und beendete die Gespräche. Aber das hielt Amber nicht auf. Sie meldete sich einfach unter Jodies Internetpseudonym an und führte die Chats fort. Letzen Endes fanden wir heraus, dass sich Amber mit mehreren Männern im Hotel traf. Sobald diese auf das Zimmer kamen und sich auszogen, verschwand Amber mit einer Kamera.“

„Sie wollen sagen, dass Amber die Zimmer vorher mit einer Kamera ausstattete und die Männer dann erpresse?“

„So war es“, nickte Starling. „Manchmal wollte sie Geld, in anderen Fällen eine neue Handtasche.“

„Gab sie sich danach zufrieden?“

„Nein. Sie machte die Männer ausfindig und steckte den Freundinnen was fast passiert wäre. Unsere Techniker haben fast alle Männer aus den Chats ausfindig gemacht. Sie und ihre Freundinnen oder Ehepartner wurden befragt. Alle haben ein Alibi. Zwei Männer sind allerdings wie vom Erdboden verschluckt. Einer besaß eine wechselte IP-Adresse und war seit seinem Treffen mit Amber nicht mehr in den Portalen unterwegs. Wir konnten die Adresse bis zu einem Bürokomplex verfolgen, aber keinen Mitarbeiter als Chatpartner ausmachen.“

„Und die andere Person?“, fragte Akai.

„Das ist schon schwieriger“, murmelte der Agent. „Unsere zweite Person besaß ebenfalls eine wechselte IP-Adresse. Wir haben versucht den Standort einzugrenzen, allerdings führte uns das in verschiedene Städte und Länder. Es wird sogar noch komplizierter, da die jeweiligen IP-Adressen entweder zu Hotels oder Internetcafés führten.“

„Ich verstehe“, sagte Shuichi leise. „Person zwei nutzte also das Versteck in der Öffentlichkeit. Somit haben wir nun theoretisch drei Männer: Zwei Internetbekanntschaften und den Fremden vor dem Haus. Wir können aber auch nicht ausschließen, dass eine Internetbekanntschaft Ambers Wohnort herausfand.“

Starling nickte. „Und wir haben keine Möglichkeit um diese Personen ausfindig zu machen.“

„Ich verstehe“, murmelte Shuichi. „Was wissen Sie über den jetzigen Fall mit Connor?“

„Connors Vater feierte gestern seinen 50. Geburtstag. Zu diesem Anlass durfte Connor den Tag bei seiner Familie verbringen. Der Tag verlief ohne Probleme. Mr. Riemer brachte seinen Sohn zurück und fuhr los. Danach verläuft sich die Spur und Connor wurde am Morgen in seinem Zimmer aufgefunden. Neben ihm lag eine Packung Schlaftabletten.“

„Konnte rekonstruiert werden, was in den Stunden dazwischen passiert ist?“

„Teilweise“, antwortete Starling. „Connor soll sich auf den Weg zum College gemacht haben, wo er auf Tom Weston traf. Weston gab an, dass Connor nur seine Unschuld beteuerte. Die Beiden rangelten, woraufhin Connor ihm ein Messer in das Bein ragte und weglief. In der Zwischenzeit wurde die Familie über Connors Abwesenheit im Gefängnis informiert und auch wir fingen an, ihn zu suchen. Keiner weiß, wann oder wie Connor ins Haus kam. Die Spurensicherung geht davon aus, dass entweder die Terrassentür oder ein Fenster offen war. Mrs. Riemer nimmt seit der Verhandlung Schlaftabletten. Diese könnte Connor gefunden und selbst genommen haben. Die Gerichtsmedizin arbeitet noch daran.“

„Ich verstehe.“ Shuichi wirkte nachdenklich. „Er hat also Weston ins Bein gestochen. Woher stammte das Messer?“

„Wissen wir noch nicht. Der Notarzt konnte anhand der Blutmenge am Boden bestätigen, dass Weston in der Nacht angegriffen wurde.“

„Tom Weston hat doch diese College-Führung für Jodie organisiert, nicht wahr?“

Agent Starling nickte. „Wieder so ein Zufall.“

„Bekanntlich lügen Beweise nicht, aber sie können manipuliert sein.“

„Und in unserem Fall sehen die Beweise ein wenig zu gut aus“, entgegnete der Agent. „Ich bin wirklich froh, dass du Jodie gestern Abend nach Hause gefahren hast. Ich will gar nicht wissen, was passiert wäre, wenn Jodie auf Connor getroffen wäre.“

„Ich weiß, was Sie meinen. Weston wollte Jodie nach Hause fahren. Falls Connor die Beiden zusammen gesehen hätte, hätte es übel enden können.“

Starling schluckte. „Zum Glück hattest du gestern Abend noch die Vorlesung.“

„Ich hatte keine“, gestand der Student. „Shukichi erzählte mir von Weston und dass Jodies Name gezogen wurde. Mein Bauchgefühl sagte mir bereits gestern Abend, dass irgendwas im Busch ist.“

Der Agent schüttelte sich kurz. „Ich will mir nicht ausmalen, was gestern hätte alles passieren können. Allerdings sieht es momentan so aus, dass der Fall als Selbstmord abgeschlossen wird. Außer wir finden Beweise die etwas anderes Sagen.“

„Wissen Sie, was ich merkwürdig finde? Nach Ambers Tod vergingen Monate in denen die Verhandlung vorbereitet wurde. Wenn wir von einem anderen Täter ausgehen, frage ich mich, warum er erst jetzt zuschlägt.“

„Vielleicht sollte keine Verbindung auftauchen. Und wenn Connor etwas Passiert wäre, hätte das FBI wegen Mord an Amber ermittelt.“ Starling lehnte sich nach hinten. „Ich setzte mich gleich mit Connors Anwalt in Verbindung. Vielleicht hat er neue Erkenntnisse für uns.“

„Die Sache gefällt mir nicht“, murmelte Shuichi.

„Mir auch nicht. Wir haben schon damals nicht daran geglaubt, dass Connor Amber ermordet hat. Allerdings sprechen die Beweise eine andere Sprache. Hätte es nicht so schnell eine Anklage gegeben, hätten wir sicher in alle anderen Richtungen ermittelt. Aber Connors Tod…“

„Glauben Sie, dass es Weston war?“

„Das kann ich dir nicht sagen“, sprach Starling. „Ich kenne den Mann so gut wie gar nicht. Wir haben uns bei der Verhandlung das erste Mal unterhalten und dann nicht mehr gesehen. Natürlich ist Rache ein Motiv und wir werden der Sache nachgehen. Es ist nicht auszuschließen, dass es nur ein Unfall war, falls Connor bei der Rangelei stürzte und falsch mit dem Kopf aufkam.“

„Mhm…was ist mit Ambers Mutter?“

„Nein“, schüttelte Starling den Kopf. „Ihr trau ich keinen Mord zu. Nicht einmal aus Rache. Leila ist nach dem Tod von Amber weggezogen.“

„War sie zu ihrem Todestag wieder hier?“

„Das kann ich dir nicht sagen. Gesehen habe ich sie nicht, allerdings ist Leila eine zierliche Frau. Wie sollte sie Connor in sein Zimmer bringen?“

„Das sind gute Argumente“, murmelte Shuichi. „Ich würde mich gerne mehr auf Tom Weston fokussieren.“

Starling sah ihn fraglich an.

„Ich weiß nicht, was es ist, aber irgendwas stört mich ganz gewaltig an dem Mann.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Amxr
2018-07-17T19:21:12+00:00 17.07.2018 21:21
Ich bin so verliebt in diese geschichte💗
Antwort von:  Varlet
22.07.2018 21:00
Danke für deinen Kommentar.
Das freut mich, ich hoffe, sie gefällt dir auch weiterhin


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