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Nicht Zu Spät

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben, treuen Leser,

ich war mir unschlüssig, wie lange ich mit dem Upload dieses letzten Kapitels warten soll, da Kapitel 18 ja noch nicht lange online ist.
Aber ich möchte die Geschichte jetzt abschließen und deswegen starte ich die neue Woche mit dem letzten Kapitel.
Mehr dazu gibt es dieses Mal im Nachwort.
Nur so viel: ich hoffe, das Ende wird den hohen Erwartungen, die viele von euch mit der 16. Erinnerung verknüpfen gerecht. Komplett anzeigen

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Kapitel 19

Zuerst geschah gar nichts.

Das Wasser fühlte sich lau an, weder warm noch kalt, sondern … weich.

Tausende Eiskristalle glitzerten in der Luft und kitzelten sie im Gesicht, als Zelda vorwärts schritt.

Das Wasser schien keinen normalen Widerstand zu leisten. Anders als sonst, fühlt es sich beinahe leicht an, durch die Quelle zu gehen, bis sie schließlich vor der Statue der Göttin stand.

Zelda hob den Kopf und faltete die Hände. Sie atmete durch die Nase ein und ließ alle irdischen Gedanken mit dem Senken ihrer Brust aus ihr hinaus fließen.

 

Prinzessin … willkommen.

 

Sie hörte die Worte nicht, Zelda war sich sicher. Sie entstanden in ihrem Kopf und zuerst wusste sie nicht, ob sie selbst sie gedacht hatte.

Anstatt heiße Ströme aus Aufregung zu fühlen, spürte sie ein eisiges Prickeln, das sich in ihrem Körper ausbreitete.

Es fiel ihr mit einem Mal schwer zu atmen. Nicht vor Kälte, es schien keine Kälte zu geben. Sondern vor wilder, wahnsinniger Hoffnung.

 

„Ich-ich höre dich“, antwortete Zelda, zittrig und ungewiss, eher mit einer Frage in der Stimme und besorgt, ob sie laut sprechen sollte.

 

Natürlich tust du das, Prinzessin.

 

Erneut, Worte in ihrem Kopf, wieder das eisige Prickeln. Wie ein frischer, kalter Windzug, Kristalle, die durch sie durch wirbelten und die Gewissheit der Worte hinterließen. Eine Stimme aus kalter, klarer Energie.

 

„Nayru“, wisperte Zelda, als sie verstand und ihr Herz begann so heftig zu schlagen, dass sie im lauwarmen Wasser zu schwanken begann.

 

Der Tag deiner Prüfung ist gekommen. Bist du bereit?

 

Der Tag ihrer Prüfung. Die Quelle wollte sie prüfen? War das der Weg ihre Kräfte zu erlangen?

Erleichterung und Angst sprudelten gleichzeitig in Zelda hinauf, wie ein frisch geschlagener Brunnen.

Dieses Mal antwortete die Stimme ihr, ohne dass sie gesprochen hatte.

 

Die Kraft des Siegels ist überall hinter deiner Stirn. Du siehst sie an mit tiefer Seelenqual.

Warum ist das?

 

Die Worte in ihrem Kopf kamen fragend, aber nicht urteilend.

Zelda klammerte ihre Hände noch fester zusammen und leckte sich über die Lippen.

Ihre Stimme überschlug sich beinahe, als sie antwortete.

„Deswegen bin ich zu dir gekommen, weiseste der drei Göttinnen. Mein ganzes Leben habe ich im Gebet verbracht, um die Kraft das Dunkel zu versiegeln, in mir zu erwecken. Ich bin hier, weil ich diese Kraft von dir erbitten möchte.“

 

Du bist mit dieser Kraft geboren, Prinzessin … es steht niemandem zu sie zu vergeben, außer der großen Göttin selbst.

 

Die kristallenen Worte formten sich ohne einen Hauch von Gefühl. Kein Spott, keine Enttäuschung. Kein Trost. Nur eine klare Feststellung, die Zeldas Welt in Stücke riss.

„Nein“, wimmerte sie und schüttelte den Kopf. Ihr Haar musste sich mit Wasser vollgesaugt haben, denn es klatschte ihr an die Oberarme, als sie sich vor Abwehr und Angst schüttelte.

„Ich habe diese Kraft nicht. Ich sollte sie haben, aber sie ist nicht da. Egal was ich auch tue. Ich habe alles versucht.“

Zelda fiel nach vorne, streckte die Hand nach der Statue aus.

„Bitte!“ Sie blickte flehend zu der steinernen Göttin nach oben, in das glatte, stumme Gesicht, das keine Regung zeigte und nicht erkennen ließ, dass sie in telepathischem Kontakt mit Zelda stand.

„Bitte, hilf mir! Hilf mir, damit ich meinem Volk helfen kann. Wie kann ich die Kraft in mir erwecken?“ Sie begann am ganzen Körper zu zittern, als all die Panik und Verzweiflung, die sie seit Jahren in sich fühlte, in ihre Stimme kroch. Zelda hatte nicht mal Zeit für Tränen, so dringlich klammerte sie sich an den kalten Stein unter ihren Fingern.

„Meine Mutter sagte mir, die Siegelkräfte würden zu mir kommen, als sie starb. Aber sie sagte nicht wie. Ich hatte keine Lehrerin. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Bitte … bitte…“

Zuerst dachte Zelda, sie hätte die Stimme verjagt, als sie die Statue berührt hatte. Oder ihr dringliches Flehen war zu wenig gefasst für den edlen Geist, der die Quelle bewohnte.

Sie zuckte zusammen als sich erneut Worte in ihrem Kopf formten.

 

Die Prinzessin ist immer willkommen in Nayrus Quelle. Und Hilfe soll ihr gewährt werden, wenn sie die richtigen Fragen stellt.

Doch Nayru kann den Wind nicht lehren zu wehen, der Sonne nicht lehren zu scheinen, den Regen nicht lehren zu fallen. Die Kraft des Siegels durchfließt die Prinzessin. So wie Atem und Blut und Güte. Sie muss sie nur benutzen.

 

Und damit verstreuten sich die unzähligen kleinen Kristalle, die in der Luft geschwebt hatten, in alle Richtungen und die Präsenz verschwand.

Zeldas Kopf blieb leer.

„Nein“, hauchte sie. „Nein ...“

Zelda schwankte. Mit einem Mal so leer und geschlagen, dass sie keinen Gedanken fassen und nicht länger die Kraft aufbringen konnte, zu stehen.

Es waren Links Arme, die sie hielten und daran hinderten mit dem Kopf an den Stein der Statue zu schlagen. Links Arme die sie führten, als Zelda beinahe blind durch das Wasser watete.

Sie wehrte sich für einen kurzen Moment. Wollte einfach versinken in dem Frieden versprechenden Nass.

Aber Link war unerbittlich und Zelda viel zu schwach.

Als sie aus der Quelle traten, wickelte er sie in eine Decke und half ihrem tauben Körper, sich nieder zu lassen. Sie spürte das Fell und den wärmenden Trank, den er ihr einflößte, nur durch eine Wand aus Pein und Elend.

„Ich habe nichts erreicht“, flüsterte Zelda nach einer Weile. Ihre Stimme ein raues Krächzen voller ungeweinter Tränen. Sie spürte kaum, dass sie sprach.

„Ich habe nichts erreicht“, wiederholte sie und ihr ganzer Körper erbebte, als die ganze Macht der Erkenntnis sie traf und hoffnungslose, verzweifelte, wahnsinnige Wut in ihr weckte.

„Mein ganzes Leben fußte auf dieser winzigen Hoffnung. Dieser Vorstellung. Und sie ist eine Lüge.“

Sie drehte den Kopf und sah Link in die Augen. Er war ihr so nah, dass sie die hellen Spitzen seiner Wimpern sehen konnte. Doch die Nähe löste nichts in ihr aus, außer die tiefe Scham elendig versagt zu haben.

„Es gibt keine Kraft, die ich erwecken kann“, stieß sie hervor, ihre Stimme ein geschundenes, kratzendes Geräusch. Etwas erblühte in Links Augen bei diesen Worten. Überraschung? Angst? Die selbe Verzweiflung, die Zelda ihr ganzes Leben lang spürte?

„Die Stimme sagte mir, dass sie bereits in mir ist, die Kraft des Siegels. Ich muss sie nur benutzen.“

Die letzten Worte spuckte sie mit Verachtung in die Kluft zwischen ihnen, die große Kluft die sie teilte. Auf der einen Seite der große Held, bereit sein Schicksal mit allen Konsequenzen zu erfüllen und auf der anderen die Prinzessin, die um ihr Leben nicht dazu fähig ist.

Ein trockenes Schluchzen stieg in Zelda auf. Nie hatte sie sich weiter von ihm entfernt gefühlt.

Doch es kamen keine Tränen. Es wirbelte zu viel Wut in ihr, die alle Feuchtigkeit sofort verdampfen ließ.

Ein winziger restlicher Teil ihres logischen Verstandes war empört über ihren fehlenden Respekt diesem Ort und dem geschenkten Rat gegenüber.

Der Rest von ihr konnte keine Kraft in sich finden, sich darum zu scheren.

Link schwieg und ließ sie gewähren. Ließ sie die kristallenen Worte immer und immer wieder in ihrem Kopf wenden und hören, bis die Wut langsam verrauchte und in ihrem Schatten nichts als ermattete, leere Akzeptanz hinterließ.

Irgendwann, nachdem ihr Haar und das Kleid unter der Decke, in die Link sie gewickelt hatte, getrocknet war, erhob sich Zelda mit einer plötzlichen Bewegung, die selbst ihren aufmerksamen Leibwächter zu überraschen schien.

Zelda vermutete, dass auch er tief in Gedanken versunken war. Wahrscheinlich war er dabei Pläne zu schmieden, für ein Hyrule ohne funktionierende Prinzessin.

Nein. Sie tat ihm damit Unrecht.

War es nicht das, was Link ihr versucht hatte zu sagen?

Dass die Kräfte einfach kommen würden, wenn Zelda nur aufhören würde, so gierig und verzweifelt danach zu greifen?

Link hob die Decke auf, die zu Boden gefallen war, als Zelda aufstand. Mit einem schnellen Blick auf sie, verstaute er das alte Webstück in seinen magisch vergrößerten Taschen. Mittlerweile war sich Zelda sicher, dass seine Mutter diese Decke für ihn gefertigt hatte.

Ohne ein weiteres Wort trat er an ihre Seite und stumm begannen sie den Abstieg.

 

Wie konnte sie nur zum Schloss zurückkehren? Wie konnte sie weiter in dieser Farce leben, nun mit der Gewissheit, dass ihr Weg die Kräfte zu erwecken, der Falsche gewesen war?

Wie sollte sie ihrem Vater erklären, dass er Unrecht hatte? Würde er es ihr überhaupt glauben? Oder würde er es für eine Lüge halten? Eine Lüge die es Zelda ermöglichte, ihren Studien nachzugehen, ohne sich weiter um die Siegelkräfte bemühen zu müssen.

Würden Angst und Schmerz ihn überhaupt zuhören lassen?

Aber wie konnte Zelda diesem Leben den Rücken kehren? Gebete und spirituelle Übungen, Tagein und Tagaus. Nur unterbrochen von ein wenig Müßiggang und ihren Studien.

Das war alles, was sie kannte.

Musste sie fliehen? Würde sie darum kämpfen müssen, den einzig richtigen Weg einzuschlagen? Sich selbst erlauben, loszulassen und kommen zu lassen, was bereits Teil von ihr sein sollte, so instinktiv und einfach wie das Atmen? Würde ihr Vater versuchen sie zu zwingen, wenn sie sich gegen ihn behauptete, auch wenn er ihr nicht glauben würde? Würde er sie einsperren?

 

Immer dunkler und wahnwitziger wurden ihre Gedanken, während sie Link den Berg hinab folgte.

Link …

Er würde ihr folgen, wenn sie fliehen würde. Zelda wusste das mit Sicherheit. Aber wie konnte sie ihm das antun? Er war von Anfang dem richtigen Pfad gefolgt. Er wusste, was das Leben für ihn bereit hielt. In dazu zu verdammen, fernab davon ein Dasein auf der Flucht zu pflichten.

Es war unvorstellbar.

Zelda warf ihm einen Blick von der Seite zu. Ihre Augen trafen sich und sie sah dieselbe nackte Pein dort gespiegelt, die sie selbst empfand.

Nur, dass er sich um sie sorgte.

Und ihr das Herz um ganz Hyrule schmerzte.

Zelda war sich sicher, dass er verstanden hatte, was oben in der Quelle der Weisheit geschehen war. Er hatte ihre eigenen Worte gehört und genug von dem, was Zelda danach von dem stimmlosen Austausch in ihrem Kopf preisgegeben hatte.

Und dennoch war es nicht Hoffnungslosigkeit die über sein Gesicht flimmerte, als er ihren Blick erwiderte. Sondern Sorge. Eine stille Trauer, die wertfrei und tröstend war.

Zeldas Augen flackerten zurück zu dem alten, schneeüberwehten Stein unter ihren Füßen.

Sie spürte die Schritte die sie machte kaum, hörte nur immer und immer wieder die klare, kristallene Stimme in ihrem Kopf.

Du musst sie nur benutzen.

Aber wie?

Ihre eigene Mutter hatte diese Kraft gebrauchen können, ohne dass Ganon je etwas von seiner Präsenz in Hyrule gezeigt hatte. Ihre Großmutter hatte Geister hören können, obwohl dem Land keine Gefahr drohte.

Waren diese Fähigkeiten einfach in ihnen erwacht, organisch und natürlich, weil sie frei von dem Druck lebten, dass diese Kräfte gebraucht wurden?

Die königliche Zelda hatte stets die Position der Hohepriesterin inne. Eine Rolle die sie, die einzig lebendige Zelda, nicht hatte ausfüllen können, weil ihr die Kräfte fehlten, die dazu benötigt wurden.

Oder waren diese Fähigkeiten für ihre Großmutter und ihre Mutter immer da gewesen? Immer in Reichweite, immer spürbar, so dass nie Zweifel aufkamen, ob sie sie verwenden konnten, oder nicht?

Wieso nur, wieso, hatte niemand irgendetwas gesagt? Wieso hatte ihre Mutter Zelda nicht von dem Tag erzählt, als ihre eigenen Kräfte erwachten? Oder, wenn sie immer da gewesen waren, nicht davon gesprochen, wie sie sich anfühlten?

Irgendetwas. Zu irgendwem. Ihrem Vater. Urbosa. Ein geheimes Tagebuch.

Wieso konnte niemand Zelda sagen, was sie tun musste?

 

Mit einem Mal erreichten sie flachen Boden. Der Schnee zog sich zurück und ihre Füße trugen sie die restliche Distanz hinüber zu den vier wartenden Recken. Ein Blick auf deren Gesichter sagte Zelda, dass sie alle es wussten.

Schon von weitem sahen, was jeder von ihnen wohl vorausgesehen hatte.

Versagen.

Nicht nur an der Quelle. Sondern ihr ganzes Leben lang.

Zelda hätte es wissen sollen. Gebete und erbärmliche Bitten an Quellen waren nicht der richtige Weg. Irgendwie hatte sie es immer gewusst. Aber sie hatte gehofft … denn welchen anderen Weg gab es schon?

Aber es gab so viel anderes, was sie hätten erforschen, was sie hätten versuchen müssen.

Der Shiekah Stein war sicherlich viel mehr als ein Apparat, mit dem man detailgenaue Abbilder der Umgebung anfertigen konnte. Die Leitsteine waren um diesen Stein konzipiert worden!

Die versteckten Säulen rund um das Schloss, von denen die alten Schriften schrieben.

Die Schreine in denen sich Prüfungen für den auserwählten Helden befanden.

Mit ihrem Versagen hatte sie Link vielleicht die Möglichkeit genommen, sich so gut wie möglich auf die Verheerung vorzubereiten.

Bei Hylia, was würde Zeldas Versagen dieses Land kosten?

Ihre Kräften waren nicht aufgetaucht. Und sie hatte aus Angst, sich gegen ihren Vater zu behaupten, ihr Volk um die anderen Möglichkeiten der Verteidigung gebracht.

 

Obwohl Zelda die Gewissheit auf den Gesichtern der Recken ablesen konnte, ließ Daruk die drückende Gewissheit nicht auf sich beruhen.

Sorge sprach aus seinen blauen runden Augen. Dieselbe bekümmerte Sorge, die Zelda auch in den Gesichtern der anderen sah.

„Na?“, sagte Daruk und ging seitwärts ein paar Schritte mit Zelda, als sie sich nicht dazu bringen konnte, in der wartenden Mitte der Recken stehen zu bleiben. „Hat‘s geklappt, Prinzessin? Mit dem Training am Berg der Göttin?“

Möge er gesegnet sein. Dieser unerschütterliche Koloss von einem Goronen. Mit dem großen Herzen. Der sich nicht scheute die Frage zu stellen, die allen anderen ebenfalls auf der Brust brannte.

Zelda blieb stehen. Im warmen Licht der Nachmittagssonne – waren sie wirklich so lange auf dem Berg gewesen? – aber sie spürte sie nicht.

Kurz überlegte sie, was sie Daruk antworten sollte. Ob sie von den kristallklaren Worten erzählen sollte, die so deutlich und dennoch so nebulös gewesen waren.

Würde es die Recken beruhigen? Dass Zelda dieses Mal zumindest eine Antwort bekommen hatte?

Oder würde es alle noch mehr verunsichern.

Es würde noch mehr Fragen aufwerfen, für die Zelda keine Antworten hatte. Nicht jetzt.

Sie brauchte Zeit.

Zeit, um eine Strategie zu entwerfen. Um das zu tun, was sie von Anfang an hätte tun sollen.

Und um zu beten, dass ihnen noch genug Zeit blieb.

Also schüttelte sie den Kopf. Ein schweres, niedergeschlagenes Seufzen stieg in ihr auf.

Die Geste hatte den erwarteten Effekt auf die Recken. Betroffene Stille breitete sich aus. Selbst die Vögel, die bis eben fröhlich gezwitschert hatten, schienen die Lust an ihren Stimmen verloren zu haben.

Ihren Blick zum Boden gerichtet, spürte sie die Hitze in ihren Wangen.

Wie sollte sie den Recken nur beibringen, was die Stimme ihr an der Quelle gesagt hatte?

Mit dem strengen Plan ihres Vaters hatte Zelda zumindest einer Weisung folgen können. Einer Chance auf ihre Kräfte. Nun wusste sie überhaupt nicht, was sie tun konnte, damit sie in ihr erwachen würden.

Und auch wenn Zelda alle Geheimnisse der antiken Technologien entschlüsseln könnte. Ganz Hyrule, die Recken, ihr Vater, wären trotzdem nie wirklich in Sicherheit, wenn ihre Siegelkräfte sich nicht zeigen würden.

„Sie hat sich nicht gezeigt, oder?“, sagte Revali und kam ein bisschen näher heran. Seine Stimme klang ungewohnt weich. Ein Zeichen, dass er zu sehr viel mehr Mitgefühl fähig war, als er sonst zeigte. „Die Siegelkraft?“ Sein Blick war so scharf wie eh und je. Beinahe hatte Zelda das Gefühl, dass er wusste, dass etwas dort oben geschehen war.

Doch Zeldas Entschluss verhärtete sich. Sie würde nicht über das sprechen, was sie in der Quelle der Weisheit erfahren hatte. Noch nicht. Erst musste sie nachdenken.

Sie schaffte es, Revali kurz in die Augen zu sehen und zu nicken. Dann senkte sie den Blick wieder.

„Es tut mir leid“, antwortete Zelda und meinte damit alles. Ihr Versagen. Ihre Unwissenheit. Dass sie ihnen jetzt gerade nicht die ganze Wahrheit preisgeben konnte.

Sie verschränkte die Hände vor dem Körper.

„Ach Zelda.“ Urbosas Stimme war weich, doch frei von Unsicherheit oder Mitleid.

„Du hast dein Bestes gegeben. Das muss reichen, oder etwa nicht?“

Es waren Links Worte. Vielleicht nicht genau derselbe Wortlaut, aber ihre Bedeutung war gleich. Auch er hatte gesagt, dass Zeldas Erfahrungen an den Quellen keine Zeitverschwendung waren. Dass nichts, was sie tat umsonst war. Dass man sie nicht dafür verurteilte, wenn das Ergebnis, dass sich Zelda so erhoffte, ausblieb.

Diese Worte von Urbosa zu hören, war keine Überraschung. Aber jetzt trugen sie nur dazu bei, Zelda die Schizophrenie der Situation vor Augen zu halten.

Ja. Sie hatte ihr Bestes gegeben. Immer!

Aber es war das falsche Beste gewesen.

„Und“, sagte Urbosa und drehte sich in Richtung der Ranelle-Spitze, „was bedeutet denn schon dieser Berg?“

Daruk, die großen weißen Zähne in einer Mischung aus ermunterndem Lächeln und tiefer Sorge entblößt, nickte zustimmend. Selbst Revali verneinte Urbosas Worte nicht.

Die fehlende Ehrerbietung in der Reaktion der Recken hätte Zelda vor einiger Zeit schockiert. So wie Link mit seiner viel pragmatischeren Religiosität der Göttin und ihrem Ausdruck in Hyrule gegenüber trat. Der Feuer an den Quellen entfachte und über verschwindende Rumis lachte.

Jetzt wusste Zelda ebenfalls, dass die falsche Heiligkeit, die sie hatte leben müssen, nicht dem Wunsch der Göttin entsprach.

„Vielleicht“, fuhr Urbosa überlegend fort, „erweckt am Ende etwas völlig anderes die Kraft des Siegels.“

Es entsprach so sehr der Wahrheit, für die anscheinend jeder außer dem König und Zelda nicht blind gewesen war, dass sie beinahe geschnaubt hätte. Aus Respekt vor den Recken unterdrückte Zelda ihre bittere Reaktion.

„Ich danke dir, Urbosa“, sagte Zelda, die selbstmitleidige Note aus ihrer Stimme verschwunden, ersetzt mit ein wenig von der Bitterkeit, die immer stärker in ihr zu rumoren begann.

Sie hörte wie Mipha einen Laut von sich gab und hob leicht den Blick. Die Prinzessin der Zora spiegelte Zeldas Haltung; die Arme vor dem Körper verschränkt.

Sie sah aus, als wäre ihr gerade ein wichtiger Gedanke gekommen, doch ihr Blick war auf Link gerichtet, der in schützendem Abstand, nicht weit hinter Zelda stand.

Zelda unterdrückte den Impuls, Miphas Blick zu folgen. Stattdessen starrte sie weiter den Boden an.

„Prinzessin.“ Als Mipha ein wenig schüchtern einen Schritt nach vorne trat, sah Zelda langsam auf. Miphas Stimme klang weich und verständnisvoll, aber war vollkommen frei von erdrückendem Mitleid oder der Enttäuschung, die Zelda bisher in allen Recken vergeblich gesucht hatte.

Bei dem Ausdruck auf Miphas Gesicht, entwich Zelda ein zittriger, überraschter Laut.

Sie sah dort, worauf sie scheinbar ihr ganzes Leben gewartet hatte: Ein Angebot der Hilfestellung. Vorsichtig und zaghaft. Wie alles was Mipha tat. Aber es war trotzdem deutlich, dass Mipha sich sicher war, dass ihre Worte Zelda helfen würden.

Zarte Knospen von etwas, das sich wie ehrliche Hoffnung anfühlte, reckten ihre Spitzen in Zeldas Brust nach oben. Da die Angst vor Enttäuschung dieses Mal fehlte, fühlte es sich außerordentlich seltsam an.

„Also … ich kann das leider nicht gut in Worte fassen“, begann Mipha zögerlich, sah kurz zu Boden, als sie überlegte und dann wieder auf, während sie mit eindringlichem Blick näher an Zelda heran trat.

„Aber, wenn ich meine Heilkraft einsetze“, sagte sie und sah hinunter auf ihre verschränkten Hände. Dieses Mal nicht aus Schüchternheit, sondern weil sie nachdachte, „dann habe ich immer ein ganz klares Bild im Kopf.“

Der Wind bewegte sanft Miphas Kopfschmuck und Ohren, während sie leicht schwankte, als sie kurz in den Erinnerungen an ihre Heilkunst abdriftete.

Natürlich!

Wieso hatte niemand vorher daran gedacht?

Miphas Gabe war etwas magisches. Wenn jemand Zelda etwas darüber sagen konnte, wie es war von einer fernen Kraft durchflossen zu sein und diese nach dem eigenen Wollen einzusetzen, dann Mipha.

„Das ist nur so ein Gedanke“, fuhr Mipha in ihrer sanften, langsamen Art fort, während Euphorie aufgeregte kleine Ströme durch Zeldas Körper schickte.

„Aber“, Mipha sah auf und trat noch ein bisschen näher an Zelda heran. Ihr Blick hatte an Nachdrücklichkeit gewonnen, es war beinahe so, als würde sie Zelda auf diese Weise etwas mitteilen wollen.

„Es hilft mir, wenn ich, wenn ich daran denke-“

Woran Mipha dachte, wenn sie ihre Heilkunst einsetzte, wurde aus ihren Köpfen fortgeblasen, als eine entfernte Explosion gewaltsam durch das Tal hallte und die Erde kurz daraufhin heftig zu Beben begann.

Das Erschrecken hallte aus den Kehlen aller Recken und sie alle hatten Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten, als die Erde weiter erzitterte.

Zelda spürte Links Hand an ihrem Rücken, als sie nach vorne fiel und er sie wieder zurück zog.

Mipha fand ihr Gleichgewicht zuerst wieder, leicht und sicher auf den Füßen wie sie war und wirbelte herum, in die Richtung aus der die Explosion gekommen war.

Die anderen taten es ihr gleich und Revali verlor keine Zeit sich auf seinem selbst erzeugten Aufwind in die Höhe zu katapultieren.

Der Wind rauschte in ihnen vorbei und bald sahen sie nur noch seine auf und ab fliegende Gestalt am Himmel, während ein fernes, krankhaft violettes Licht wabernd den Horizont erhellte.

Ein schreckliches, Grauen erregendes Gefühl wühlte in Zeldas Magen. Eine fürchterliche, katastrophale Ahnung.

Sie hoffte, mit aller Inbrust, dass es der Todesberg war.

Eine schrecklicher Unfall im königlichen Institut.

Alles … alles, nur nicht das, was sie in ihrem Herzen für die Wahrheit hielt.

Zelda streckte unwillkürlich die Hand nach Link aus. Sie erwischte ihn am Oberarm, ein Rettungsanker in einer unheilvollen, grausamen Welt.

Als ein röhrendes Gebrüll durch die Schlucht hallte, ein ohrenbetäubendes Geräusch, das aus derselben Richtung stammte, aus der die Explosion ertönt war, da wurde aus düsterer Ahnung verhängnisvolle Sicherheit.

Zeldas Hand löste sich mit einem trockenen Ächzen von Links Gewand. Fiel hinunter, als sie ihre Arme vor den Körper zog, den Blick in Schock und Angst dem Himmel zu gewandt, wo sich das unheilvolle Leuchten weiter ausbreitete.

Revali landete in dem Moment, als Urbosa begann auszusprechen, was sie mittlerweile alle wussten.

„Das ist ...“ sagte sie in der ruhigen, gefassten Stimme der Königin der Gerudo, brach dann aber ab, als würde es die Wahrheit schlimmer machen, wenn sie sie letztendlich aussprach.

„Kein Zweifel“, sagte Daruk, die großen Hände zu Fäusten geballt.

„Es ist so weit“, sagte Mipha und klang gefasster, als Zelda sich fühlte.

„Er ist es“, bestätigte Revali und schüttelte kurz seine Flügel.

„Er ist … erwacht“, sagte Zelda, den Blick in die Ferne gerichtet und tiefe, schwere Furcht im Herzen.

Ganon!

In diesem Moment, wie als grauenvolle Belohnung ihrer Deduzierung, erreichte das krankhafte, wabernde Licht den Bergkamm. Jetzt sahen sie, dass es eine Wolke war. Eine schreckliche Wolke aus Übelkeit erregenden Wirbeln von Rot und Violett und alles verschlingendem Schwarz.

Blitze schossen daraus hervor, krachender Donner, der in Zeldas Knochen resonierte und Steine von den Wänden der Schlucht löste.

So nah. Er war bereits so nah.

Und die Kraft des Siegels kam nicht!

Zelda spürte nichts. Nichts außer fürchterlicher Angst und dem schrecklichen Gefühl, dass es zu spät war. Alles. Sie hatte zu spät verstanden.

Und jetzt war alles verloren.

Zelda brauchte all ihre mentale Kraft, um die alles zu verschlingen drohende Panik von sich abzuhalten. Das gebrochene Wimmern das sie ausstieß, als sie vor dem Verstehen zurückwich, konnte sie allerdings nicht verhindern.

Sie schwankte einen Schritt zurück, eine Bewegung, die Daruks Kopf herum fahren ließ. Er drehte sich zu ihr um und neigte seinen großen Körper, um sie direkt ansehen zu können.

„Keine Sorge, Prinzessin! Wir finden auch so einen Weg, ihn aufzuhalten.“

Zelda hörte seine Worte, spürte seine Sicherheit, aber sie konnten den dichten Nebel aus Schuld und Angst nicht durchdringen, der sie fest eingeschnürt hatte.

Aber Daruk war daran gewöhnt, Befehle zu erteilen. Er brauchte keine Antwort von ihr.

„Los Leute! Alle zu ihren Titanen!“ Er riss den Arm hoch und deutete in Richtung Westen. Zelda konnte seine geballten Befehle über das dröhnende Rauschen in ihren Ohren kaum hören.

„Macht euch zum Angriff bereit!“ Er ließ den Arm sinken.

„Sobald Link sich im Kampf mit Ganon befindet, feuern wir alle im gleichen Moment.

Bruder“, sagte er nun an Link gewandt, „ab mit dir nach Schloss Hyrule. Du kannst dich auf uns verlassen. Jetzt geh und verpass Ganon `ne Abreibung!“

Oh, bei der Göttin. Link! Er würde Ganon direkt in die Arme laufen. Allein wenn nötig. Da Zelda nicht bereit war.

SIE WAR NICHT BEREIT!

Urbosas Hände berührten Zeldas Schultern, immer noch entblößt von dem weißen Kleid, das sie für so viele Jahre völlig umsonst getragen hatte. Dass zu verdienen sie sich so lange bemüht hatte. Dass rein und gut zu halten, sie beinahe ihre gesamte Kraft gekostet hatte.

Auf ihrer nackten Haut löste die Berührung Starre aus, anstatt Trost. Blinde, nach innen gerichtete Panik, die blitzend und donnernd in ihr Herz einritt, als Zelda die Wahrheit erkannte.

Link! Er würde die Dunkelheit alleine bekämpfen.

Aber das Bannschwert ohne die Kraft des Siegels … was für eine Chance hatte er denn?

„Komm, Zelda. Du musst dich in Sicherheit bringen.“

Sicherheit? Sicherheit?!

Wo gab es denn schon Sicherheit? Wo wäre sie vor der Verheerung sicher? Vor einer Wolke, einer Macht aus Bosheit und Tücke und Gewalt?

Zelda wäre nirgendwo sicher. Selbst wenn sie ans Ende der Welt flöhe, hinaus über die Meere, würde ihr Versagen sie verfolgen. Ihr Schuld würde sie finden und vernichten. Es war ein schlimmeres Schicksal als der Tod.

Wenn Link zum Schloss reiten würde, direkt hinein in die wabernde Wolke aus Unheil und dämonischer Urgewalt, denn war das auch ihr Weg.

Der Held und die Prinzessin gegen die Verheerung Ganon. Das war die Geschichte. Die Legende.

Das war Zeldas Schicksal.

Und auch wenn ihr Schicksal sie ihr Leben lang gepeinigt hatte und es so aussah, als würde sie es nicht erfüllen können: es gab keinen anderen Weg für sie.

Nicht so lange Link da war, um mit der Fackel seines mutigen Herzens zu beleuchten, wohin sie Beide zu gehen hatten.

Sie würde die Recken, sie würde Hyrule, sie würde ihn nicht im Stich lassen, um ihr erbärmliches Leben zu retten. Niemals!

Zeldas Hände ballten sich zu Fäusten, als die Entscheidung durch sie hindurch zuckte.

„Nein!“, rief sie und löste sich ruckartig aus Urbosas Griff. Ihre Drehung wandte sie Daruk zu, ein Flehen auf dem Gesicht.

„Ich werde auch mit euch gehen! Vielleicht bin ich keine große Hilfe, aber … bitte, bitte lasst mich mit euch kommen.“

Daruk erwiderte ihren zitternden Blick mit dem ihm so eigenen seltsamen Lächeln, das zur Hälfte ehrlich und zur anderen künstlich schien und rieb sich mit einer gewaltigen Faust über den Nacken.

Konfrontiert mit Zeldas offensichtlicher Verzweiflung, ihrem Flehen nicht als unwichtig in eine Ecke des Landes gekarrt zu werden, schien der Gorone jede Sicherheit zu verlieren, mit der er gerade die anderen Recken angetrieben hatte.

„Sie kommt mit mir“, sagte Link hinter ihr, bevor Daruk gezwungen war eine Entscheidung zu treffen, die ihm eigentlich nicht zustand.

Alle Recken wandten sich überraschte zu Link um, der bisher kein einziges Wort gesagt hatte. Zelda drehte sich einen Atemzug später als die anderen.

Doch Links blauen Augen, strahlend hell inmitten der plötzlichen, erstarkten Gefahr, auf die er sich vorbereitete, seit das Schwert ihn zu sich gerufen hatte, suchten allein Zeldas Blick.

Was sie darin las, schien für einen Moment die Zeit anzuhalten. Seine Augen bohrten sich in ihre, verankerten und umhüllten sie, während die Welt auseinander zu brechen drohte.

Zelda spürte wie sich ihr Atmen beruhigte und ein wenig von der blinden Panik aus ihrem System verschwand.

„Die Prinzessin zu beschützen obliegt mir“, sagte Link, seine Stimme nachdrücklich und fest. „Sie geht dahin wo ich hingehe und nirgendwo sonst.“ Er sprach zu den Recken, doch sein Blick war mit Zeldas verriegelt.

Etwas Stummes und Instinktives tauschte sich zwischen ihnen aus. Nur sie Beide zählten, die restliche Welt existierte nur in einer vagen, halbschattigen Erinnerung.

„Wir sind dafür geboren. Wir sind vorbereitet.“ Er löste den hypnotischen Bann seines Blicks und fixierte jeden der Recken für einen kurzen Augenblick.

„Der Plan wird nicht geändert!“

Keiner der anderen sagte etwas. Alle schienen gebannt von dem wortlosen Austausch zwischen Held und Prinzessin, dem winzigen Blick auf die uralte Kraft, die zwischen ihnen floss. Geboren aus Not und wieder erweckt in Anbetracht der Rückkehr des bekannten Bösen.

„Link hat Recht“, sagte Zelda ein wenig wie in Trance.

Sie hob den Kopf und sah die allgemeine Aufmerksamkeit nun auf sich gerichtet. Zelda atmete tief ein und fasste einen Entschluss.

Sie ließ ihren Blick über die Recken schweifen. Die latente Angst, die Entschlossenheit, den Mut auf ihren Gesichtern. Sie verdienten die Wahrheit.

„Ich habe meine Kräfte in der Quelle der Weisheit nicht erlangen können. Aber ich habe eine Stimme gehört.“

Der Effekt war augenblicklich. Urbosa richtete sich noch höher auf, einen fassungslosen Ausdruck auf dem schönen, bronzenen Gesicht. Mipha wirkte überrascht, aber froh, während Revali Zelda mit einem schwer deutbaren Blick musterte.

Daruk stieß hinter Zelda einen überraschten, erfreuten Laut aus.

Und Link betrachtete sie mit einem feinen Lächeln, aus dem Ermutigung und Stolz sprach.

„Ich weiß nicht, ob ich die Kraft des Siegels rechtzeitig in mir finden werde. Aber die Stimme hat mir bestätigt, dass ich sie in mir trage.“

Eine neue Welle frischer Angst durchrollte Zelda.

„Sie ist nicht groß, aber es gibt Hoffnung. Und ich schwöre euch, dass ich alles in meiner Macht stehende tun werde, um Hyrule vor diesem Dämon zu beschützen!“

Ein kleines, nur für sie bestimmtes Nicken von Link ließ Zelda erleichtert ausatmen.

In Ordnung. Das war der Plan.

Sie würden Ganon entgegen treten. Mit oder ohne die Siegelkräfte.

Und mit der geeinten Kraft der antiken Technologien. Es war, als wäre die Vergangenheit auf ihrer Seite.

Niemand sprach. Das Fehlen von Widerspruch ließ Zelda in Operationsmodus gleiten.

Sie wandte sie Revali zu.

„Kannst du Urbosa tragen? Ihr Weg zurück in die Wüste ist der Weiteste.“

Der Orni nickte sofort, auch wenn Urbosa nicht begeistert schien.

„Gut. Bring sie zu Naboris und dann mach dich auf der schnellsten Flugbahn auf zu Vah Medoh. Daruk“, sie drehte sich zu dem Goronen um. „Dein Weg ist beinahe ebenso lang wie der von Urbosa, aber du bist schneller. Lenke Rudania auf das Schloss und feuer mit ganzer Kraft, wenn sich etwas Körperliches zeigt. Ganon muss mehr geschickt haben als dieses Wabern und Blitzen.“

Daruk nickte grimmig. Zelda atmete zitternd ein und nickte ebenfalls, während ihr Tränen aus Dankbarkeit und Angst in die Augen stiegen.

„Gut. Pass auf dich auf!“

Der Gorone ließ ein mächtiges Grinsen in die Runde blitzen.

„Auf geht’s, Freunde. Zeigen wir diesem Schweinedämon, wer der Boss ist!“

Mit diesem Schlachtruf sprang er in die Luft, wo er sich zu einer wirbelnden, granitharten Kugel zusammenrollte und katapultierte sich die Straße hinunter.

Zelda wirbelte zu Urbosa herum.

„Urbosa-“, begann sie, doch diese unterbrach sie, in dem sie Zelda fest an sich drückte.

„Ich wusste es, kleiner Vogel“, raunte sie an ihr Ohr, rückte dann von ihr ab, um ihr einen schnellen Kuss auf den Scheitel zu drücken. „Hab keine Angst. Der Geist deiner Mutter wacht über dich. Du wirst es schaffen.“

Bevor Zelda etwas erwidern konnte, hatte Urbosa sich zu Link umgedreht, um ihn ebenfalls an sich zu drücken.

Link ließ ein seltsam ersticktes Geräusch erklingen, als er in der heftigen Umarmung der so viel größeren Frau versank.

Urbosa schien auch für ihn eine Botschaft zu haben, denn Zelda sah, wie Link die Gerudo Königin scharf ansah und dann ruppig nickte.

Es blieb keine Zeit, nachzuforschen, denn Urbosa begann in diesem Moment zu rennen.

„Enttäusch uns nicht, kleiner Bruder“, schnarrte Revali in Links Richtung, doch aus seinem Schnabel klang der Spitzname, den Daruk Link verpasst hatte, mehr wie eine Beleidigung. „Prinzessin“, sagte der Orni an Zelda gerichtet, bevor er sich mit einem lauten Rauschen in die Luft erhob.

Zelda verfolgte mit offenem Mund, wie er Urbosa folgte und schließlich zu ihr hinabstieß, um sie mit den kräftigen Krallen an den Armen zu packen.

Seine schnellen Schwingen hatten die Beiden bald außer Sichtweite getragen.

Mit einem noch größeren Stein auf dem Herzen, drehte Zelda sich zu Mipha um.

Doch bevor sie sprechen konnte, hatte die Zora Prinzessin sich in Zeldas Arme gestützt. Zelda erschauerte bei dem kalten, feuchten Kontakt.

„Gebt die Hoffnung nicht auf, Prinzessin“, raunte Mipha an Zeldas Ohr. „Ich denke daran zu helfen. Daran jene zu heilen, die ich in meinem Herzen trage.“ Sie lehnte sich ein kleines Bisschen zurück, bis ihr schönes, edles Gesicht ganz nahe vor Zeldas war. „Nichts entfacht größere Kraft und Stärke in uns, als der Wille jemanden zu beschützen, den man liebt.“ Ihre großen, goldenen Augen blinzelten.

„Ich hoffe, das kann Euch helfen. Lebt wohl!“

Bevor Zelda antworten konnte, war Mipha zurück getreten. Sie küsste Link auf die Wange und hielt kurz seinen Blick. „Denk daran, was ich geschworen habe. Egal wo du bist und egal wie schwer die Wunde ist.“ Sie strich ihm über die Stirn und wandte sich dann Richtung Westen. Wahrscheinlich würde sie den anstrengenderen, aber schnelleren Weg über das Ranelle Plateau nehmen, der sie direkt zum Luzida-Fluss bringen würde.

Und dann waren sie allein.

„Lass uns das hinter uns bringen“, sagte Link und riss damit an den Korken, den Zelda auf ihre Angst gestöpselt hatte, um die Recken in Schlachtposition bringen zu können.

„Ich habe Angst, Link“, sagte Zelda mit einem Herz, das ihr bis in die Kehle klopfte. Unwillkürlich machte sie einen Schritt auf ihn zu. „Ich habe keine Anweisungen von der Stimme erhalten. Nur die Bestätigung, dass die Kraft irgendwo in mir schlummert. Ich weiß nicht, ob ich dir helfen kann, wenn wir vor Ganon stehen. Ich habe Angst, dass ich nur eine weitere Belastung für dich sein werde.“

Zelda trat noch einen Schritt in seine Richtung, hoffnungslos unfähig dazu, ihre Worte und ihre Aktionen zu kontrollieren, nun, da die Panik wieder so weit in ihr aufgestiegen war.

„Ich weiß nicht, was ich tun kann“, hauchte sie.

„Dann“, sagte Link und streckte lächelnd seine Hand aus, „werden wir uns durchmogeln.“ Er grinste, die fehlende Angst in seinem Blick schockierender, als der Kontakt ihrer Haut, als Link ihr Handgelenk so sanft umfasste, als würde er einen Schmetterling einfangen wollen.

„Unser Schicksal ist nie mehr, als wir tragen können.“

Er zog sie ein wenig näher an sich heran, auf einmal eine Flasche in seiner anderen Hand.

„Ich könnte das nicht ohne dich tun“, raunte Zelda.

Ein winziges Grübchen zeigte sich auf Links Wange, als er die Flasche entkorkte und an Zeldas Lippen hob.

„Wie gut also, dass du das nicht musst.“

Geschmacklose, kühle Flüssigkeit füllte ihren Mund und rann ihre Kehle hinab. Bevor Zelda sich versah, hatte Link die Flasche auch schon wieder zurückgezogen.

Er war so nah, dass Zelda die Tropfen des Tranks sehen konnte, die von seinen Mundwinkeln tropfte, als er die Flasche ebenfalls ansetzte.

Mit einem letzten nachdrücklichen, diesmal viel ernsteren Blick verstaute er die Flasche wieder in seiner Tasche.

Er drückte ihre Hand.

Dann versetzte er ihr einen heftigen Zug und gemeinsam begannen sie zu rennen.

 

Zelda hielt Schritt mit ihm. Erst dachte sie, es wäre die reine Panik, die nicht nur ihr Herz, sondern auch ihre Beine mit purer Energie überschwemmte. Doch die Schnelligkeit mit der sie das Osttor der Ranelle-Straße erreichten, verrieten ihr die Wahrheit.

Spurt-Medizin. Link hatte ihr Spurt-Medizin gegeben. Der Moment auf der Wiese am königlichen Institut, als Zelda ihm spielerisch mit der Spurtkröte gedroht hatte, schien so lange her zu sein.

Das königliche Institut… der Gedanke an das Schloss, Hyrule-Stadt, die Menschen dort, ließ Zelda zittern und die erneute Woge ungewisser Furcht durchrollte sie sengend.

Vater …

Ihre Schritte beschleunigten sich, flogen noch schneller dahin, über die erhöhte Geschwindigkeit der Spurt-Medizin hinaus.

Rohes, rotes Donnern erhallte über den Horizont, als sie Kakariko erreichten.

„Kommt“, rief Impah schon von Weitem und winkte sie heran. Das Dorf war nicht wiederzuerkennen. Verschwunden waren die schwarzen Banner und die Straßen waren voll von geschäftigen Kriegern. Keine Kinder waren mehr zu sehen.

„Ihr habt nicht viel Zeit. Ich habe die Schutzmechanismen noch nicht aktiviert. Ihr müsst den Sahasra-Hügel hinunter, bevor wir die Falle zuschnappen lassen.“

„Zur Not wäre ich von der Klippe gesprungen“, sagte Link, der sofort als er neben Impah zum Stehen gekommen war, begann, sein Gepäck von sich zu reißen.

Zuerst dachte Zelda dass er einen Scherz gemacht hatte. So unpassend und verwirrend das auch in diesem Moment gewesen wäre. Aber keiner lachte, weder Imaph, noch die umstehenden Shiekah, die, wie Zelda nun wusste, nur auf Impahs Befehle den Weg nach Kakariko zu blockieren, warteten.

„Hier“, sagte Link und drückte Zelda erneut eine Flasche an die Lippen. Dieses Mal übernahm sie selbst die Aufgabe die Flasche zu halten.

„Ausdauer-Medizin“, erklärte Link, während der Stapel von Ausrüstungsgegenständen und Waffen neben ihm immer größer wurde.

„Trink! Du wirst es brauchen.“

Impah nickte grimmig, als Zeldas Blick den ihrer alten Freundin traf.

„Ihr dürft keine Zeit verlieren. Ganon ist stark und er hat das lange Zeit geplant. Die Überraschung liegt noch auf seiner Seite. Aber wir lassen ihm keine Zeit sich darauf auszuruhen.“

Impahs Worte wurde von noch grimmigerer Entschlossenheit in den Gesichtern der umstehenden Shiekah Krieger bestätigt.

„Wir haben die Truppen in den Hügeln verstärkt und an der Brücke verfünffacht“, verkündete Impah, vor allem an Link gewandt. Auch wenn Zelda die Prinzessin und damit Thronerbin dieses Landes war, so stand Link den Shiehak deutlich näher. Er war von ihnen ausgebildet worden. Er war einer vor ihnen. Er war bekannt mit den geheimen Strategien, dem Kriegsrat des Dorfes.

Was immer Impah auch sagte, Link würde die Information verarbeiten können.

„Die Brücke bleibt offen. Wir brauchen sie im Falle eines strategischen Rückzugs.“

Bei diesen Worten sah Link kurz von seiner geschäftigen Sortierei auf. Neben dem mittlerweile gigantisch großen Stapel war ein kleinerer entstanden. Auf den er auch die Flasche mit Ausdauer-Medizin warf, die Zelda im mit zitternder Hand zurückreichte.

Er tauschte einen bedeutsamen Blick mit einem der Krieger, der nahe bei Impah stand. Einem jungen Mann von mittlerer Statue und auffallend dunklen Augenbrauen, die in seinem hellen Gesicht harsch hervor traten. „Was ist mit Hateno?“, fragte Link und Zeldas Herz zog sich kurz schmerzhaft zusammen. Seine Familie war in Hateno. Die Familie seiner Mutter.

Der junge Krieger neben Impah war es, der antwortete.

„Wir stehen in Kontakt mit der Festung. Wenn es so weit kommt, werden wir gemeinsam die Baccanera Ebene und den Rest von Necluda verteidigen.“

Link nickte einmal knapp und fuhr dann fort zu sortieren. Zelda drehte den Kopf und suchte Impahs Blick, in der Hoffnung dort Antworten und Rückversicherung zu erhalten. Doch das neue Oberhaupt der Shiekah war deutlich damit beschäftigt, für die Sicherheit ihres Volkes zu sorgen.

Sie hatte sich abgewandt und sprach leise und schnell mit einem älteren Mann mit wuchtiger Gestalt und dunkler Miene, dessen weißes Haar sein Alter Lügen strafte.

Zelda fühlte sich trotz des Ausdauertrankes mit einem Mal müde und verlassen. Dies war vermutlich der sicherste Ort in Hyrule. Und sie würde ihn gleich hinter sich lassen, um in das Herz der Gefahr zu schreiten.

Sie fürchtete, dass sie es ohne Link an ihrer Seite nicht wagen würde.

Link, der sich in diesem Moment aufrichtete, mit seiner unverändert kleinen Tasche am Gürtel, deren Gewicht er prüfte, in dem er einige Male auf den Füßen wippte.

Dem restlichen Stapel – Zelda sah Waffen und Kleidungsstücke, ein Seidenschleier?, Felle und Nahrungsmittel – schenkte er keinerlei Beachtung mehr. Niemand schien sich darum zu kümmern, dass er gerade Unmengen an Kram mitten auf dem Dorfplatz abgeladen hatte.

Er zog kurz das Bannschwert und unterzog es einer Musterung, wischte schnell mit dem Ärmel des Reckengewandes über die Klinge, bevor er es wieder in die Scheide auf dem Rücken gleiten ließ. Dann griff er nach einem Schild. Ein großes, massiv aussehendes, metallenes Rechteck, auf dem das Wappen Hyrules prangte. Er befestigte es ebenfalls auf dem Rücken.

Der Anblick verdeutlichte, wie ernst die Situation war. Zelda hatte ihn noch nie mit einem Schild gesehen. Es war ungewohnt. Und furchteinflößend.

Link rechnete damit, sich dahinter ducken, sich schützen zu müssen.

Wenn die Gefahr ihr nicht bereits in den Knochen vibrieren würde, wäre jetzt der Moment gekommen, wo sie verstanden hätte.

Aber als er den Kopf hob und sie ansah, war auf seinem Gesicht nichts davon zu sehen, dass er kurz davor stand, in den wichtigsten und größten und gefährlichsten Kampf seines Lebens zu ziehen.

Er wirkte ruhig. Gefasst. Beinahe ein wenig beschwingt.

Er warf ihr ein beruhigendes Lächeln zu und wandte sich dann an Impah.

„Gib auf mein Hab und Gut acht, ja?“ Noch einmal prüfte er das neue Gewicht seines reduzierten Gepäcks. Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. „Und versuch dem Verlangen zu widerstehen, mein Feuerschwert zu klauen.“

Impahs Antwort war ein lautes Schnauben und Zelda beschlich der Verdacht, Zeuge eines vertrauten Spiels zu werden.

„ Als ob ich irgendeines deiner Spielzeuge bräuchte, Junge. Ich an deiner Stelle würde mir mehr Sorgen um deine dreckigen Unterhosen machen.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Nicht jeder von uns muss mit Stöcken herumfuchteln, um sich Krieger nennen zu können.“

Mehrere der Shiekah um sie herum lachten. Link erwiderte die allgemeine Belustigung mit einem Grinsen. Wie viel gelöster er hier wirkte, inmitten seines gewählten Volkes.

„Natürlich. Wenn das Talent fehlt, braucht man andere Tricks um sich in einem Kampf nicht zu blamieren.“

Noch mehr von den Shiekah lachten und Impahs Mundwinkel zuckten.

Etwas wie fassungsloser Schock wühlte in Zeldas Brust, als sie dem albernen Beleidigungsaustausch folgte.

Mit offenem Mund starrte sie Link an, der jetzt einige Flaschen an sein Ohr hielt und schüttelte, um deren Füllstand zu überprüfen. Das Ergebnis schien ihn nicht zu begeistern. Seine Augenbrauen zogen sich kurz zusammen.

„Ihr habt nicht zufällig noch etwas Ausdauer-Medizin?“, fragte er Impah, die den Kopf schüttelte.

„Die letzte Ration ist an die diejenigen gegangen, die die Strecke nach Hateno patrouillieren.“ Sie nickte mit dem Kopf hinter sich.

„Wir stellen für die Nachhut neue Elixiere her. Wenn ihr also noch ein bisschen wartet ...“

Link schüttelte schon den Kopf.

„Keine Zeit.“

Er suchte Zeldas Blick.

„Bist du bereit?“

Die Frage traf sie heftiger als erwartet. Aber sie brachte ein zittriges Nicken zustande.

Kurz wurde etwas in Links Gesicht weich. Dann trat er näher und schaffte es, sie noch tiefer zu schockieren, als das plötzliche Auftauchen der Verheerung Ganon es getan hatte.

Er streckte die Hand aus und berührte sie an der Wange. Umfasste mit einer seiner behandschuhten Handflächen beinahe eine ganze Hälfte ihres Kopfes, als er die Finger in ihr Haar gleiten ließ.

Zelda stockte der Atem, als er leichten Druck ausübte und sie über diesen Winkel so nahe an sich heran zog, dass ihre Nasen sich beinahe berührten.

Von der Bewegung nach vorne gerissen, stolperte sie gegen Link, gerade noch in der Lage die eigenen Hände zu heben und sich an seiner Brust abzustützen.

Sein warmer Atem strich über ihre Wangen, als er seine Stirn an die ihre legte.

In diesem Moment verschwand alles außer der Kontakt ihrer Berührung aus Zeldas Bewusstsein.

Sie fand dort Kraft und Ruhe, einen kurzen Augenblick Verschnaufpause zwischen grauenvoller Angst und Ungewissheit.

„Hab Vertrauen“, raunte er leise, die Augen geschlossen, während Zelda hoffnungslos schockiert da stand und sich nicht rührte.

Sie konnte Links Herzschlag unter ihren Händen spüren, nicht schnell und rasend wie der ihre, sondern stark und rhythmisch, unfehlbar.

Sie konnte nicht verhindern, dass sie die Finger in sein Gewand krallte.

„Ich bin immer bei dir.“

Als er die Augen öffnete und seinen Kopf hob, um sie ansehen zu können, schien sein Blick eine stumme Frage zu vermitteln.

Instinktiv nickte Zelda, auch wenn sie nicht genau wusste warum.

Link hielt sie noch einen kleinen Moment, dann ließ er los. Sofort strömte alles wieder auf sie ein.

Die Verheerung Ganon. Die Stimme auf der Ranelle-Spitze. Das ganze verfluchte Dorf der Shiekah, das diesen seltenen, intimen Moment mit angesehen hatte.

Es war der schlechteste aller Augenblicke um rot anzulaufen. Aber Zeldas Leben war eine Ansammlung von Dingen die im schlimmsten aller Augenblicke geschahen.

Wie die Misere bewies, in der sie jetzt alle steckten.

„Versuch bei deiner ersten Prüfung als Shiekahoberhaupt nicht zu sterben, ja, Impah?“

Er grinste Impah zu, während er Zelda erneut bei der Hand fasste.

Impah nickte, ernster als Links Tonfall es gewesen war.

„Ich sehe, was ich tun kann.“

Sie deutete eine Verbeugung in Zeldas Richtung an und damit zog Link Zelda in Richtung der Narisha-Höhen davon.

„Wie … wie kannst du so sein?“, stotterte Zelda, als sie Tempo aufnahmen und fand damit ihre Stimme zurück.

„So, so unbesorgt und … und…“ Zelda fand nicht die richtigen Worte. Denn die Wahrheit war, Link wirkte beinahe begierig. Als würde er sich auf den Kampf freuen.

Ein Lächeln, so offen, so ehrlich, so wunderschön blitzte in seinem Gesicht auf und Zelda, klein und zitternd, voller Angst und voller Zweifel, konnte nicht anders, als einfach zu starren.

In diese perfekten, blauen Augen, in denen das Funkeln das Zelda so verwirrte, noch stärker zu werden schien.

Er blieb stehen, kurz bevor sie auf den streng bewachten Pfad traten, der sie südlich aus Kakariko heraus führen würde.

Seine Hand drückte ihre. Ein Anker inmitten dieses Schreckens.

„Wir sind hierfür geboren worden“, sagte er voller ruhiger Überzeugung. „Alles an dir, innen und außen und alles an mir, wurde für diesen Moment erschaffen. Etwas in deiner Seele hat auf genau diesen Tag gewartet. Genauso wie ich.“

Wieder erschien dieses Grübchen, von dem Zelda nicht gewusst hatte, dass es existierte.

„Deswegen weiß ich, dass wir nicht scheitern werden.“

Und Zelda verstand. Er wirkte begierig auf diesen Kampf, weil er es war.

Link hatte darauf gewartet. Genauso wie sie diesen Tag der Rückkehr der Verheerung erwartet hatte. Mit Schrecken und Furcht und Schuld und Grauen.

Aber Link war vorbereitet. Alles hatte ihn auf den Pfad dieses Kampfes gelenkt, seit das Schwert ihn zu sich gerufen hatte.

Für Link musste es sein, als würde er endlich einen Juckreiz stillen können, der ihn seit Jahren plagte.

Er freute sich auf diesen Kampf.

Zelda spürte wie sie unwillkürlich den Kopf schüttelte. Eine kleine Bewegung begleitet von einem leisen Schnaufen. Ein ungläubiges Geräusch, das es nicht ganz schaffte, auch ein wenig amüsiert zu sein, aber ganz kurz davor war.

Link antwortete mit einem Nicken und der Druck an ihrem Handgelenk verstärkte sich.

„Du kannst das, Zelda. Du bist dafür geboren. Du musst nur du selbst sein.“

Oh, bei der Göttin. Wie sehr sie diesen Mann liebte. Inmitten all der Ungewissheit, der Plötzlichkeit und der Gefahr, brachte er es immer noch fertig, ihre Zweifel zu zerstreuen. Hoffnung zu sähen und Glauben zu erwecken. Er hatte Recht. Zeldas Körper, sie, in diesem Leben, mochte ein hilfloser Anfänger sein. Aber ihre Seele hatte diesen Kampf unzählige Male ausgefochten.

Und dieser tapfere, mutige, kampferprobte Mann an ihrer Seite, war alles was sie jemals brauchen würde.

Sie liebte ihn.

Himmel, sie liebte ihn.

„Ich weiß nicht mal, wer ich bin, Link“, hauchte sie mit zitternder Unterlippe. Wie sollte sie es anstellen, sie selbst zu sein, wenn sie ihr ganzes Leben lang geübt hatte, genau das nicht zu tun.

Doch er hatte auch darauf die richtige Antwort.

„Dann lass es uns heraus finden!“

Mit diesen Worten zog er sie wieder fort. Hinein in den engen Pfad durch die Narisha-Höhen, von denen Zelda erst jetzt wusste, wie streng sie bewacht wurden.

Link hob im Laufen die Hände an die Lippen und blies durch die Finger eine Abfolge von Tönen, die in dem schluchtartigen Weg ein Echo erzeugten.

Bis Zelda erkannte, dass das Echo gar kein Echo war, sondern Antworten.

Die unsichtbaren Wachen.

Natürlich würde Link die geheimen Zeichen kennen, die sie sicher durch die Wege führten. Genauso wie er die Fallen und versteckten Verteidigungsanlagen kannte.

Der Weg öffnete plötzlich und unvermittelt in die breite, sanfte Fläche des lang gezogenen Hügelabfalls.

Überrascht ließ sie sich von Link stoppen, der ihr Tempo abrupt drosselte. Ohne ein weiteres Wort ließ er Zelda einige Schritte nach rechts gehen, bevor er sie hinter sich schob und nach vorne ging. Vorsichtig, immer abwartend und mit einem Ausdruck äußerster Konzentration auf seinem Gesicht.

Er wies ihr an ihm zu folgen und sie begannen einen merkwürdigen Abstieg, der von Weitem absolut geistesgestört aussehen musste.

Manchmal hockte Link sich auf den Boden und wartete, bevor er weiter ging oder vollführte einige seltsame Handzeichen, die Zelda ihn noch nie auch nur Ansatzweise hatte formen sehen. Links Ausbildung in den geheimen Künsten der Shiekah war nie so deutlich und nie so nützlich gewesen wie an diesem Tag.

Er kamen langsam voran. Stoppten immer wieder und folgten einem unsichtbaren, verschlungenen Pfad, der immer wieder die Richtung wechselte, manchmal schräg nach unten und manchmal sogar wieder nach oben führte.

Die ganze Zeit über wagte Zelda kaum zu atmen. Am Horizont begann das Flackern und Wabern der unheilvollen Farben dichter und stärker zu werden, je mehr der Nachmittag dem Abend wich und das Licht schwächer wurde. Und immer wieder ertönte fernes Gebrüll und markerschütterndes Donnern. Als sie schließlich am Fuße des Hügels ankamen, hatte Zelda sich das Innere ihrer Wange wund gebissen.

Zelda wusste, dass sie die unsichtbaren Verteidigungsanlagen überwunden hatten, als Link tief durchatmete und sich dann zu ihr umdrehte.

Ein wenig Erleichterung durchströmte sie.

Diese Hürde hatten sie geschafft. Zelda spürte jetzt erst, wie sehr die offensichtliche Gefahr, die von den Shiekah ausging, sie verunsichert hatte. Gleichzeitig war sie froh um deren Schlagkraft. Wenigstens Kakariko war vorbereitet und ernsthaft fähig sich zu verteidigen.

Jetzt stand nichts weiter als eine Brücke und die Ebene zwischen ihnen und Ganon.

Link wandte ihr den Kopf zu und was immer er auf ihrem Gesicht sah, ließ ihn in einer Weise lächeln, die Zelda noch nie gesehen hatte.

Er war glücklich. Glücklich.

Inmitten all dieses Chaos, mitten drin in diesem absoluten, verheerenden Wahnsinn, war er glücklich. Glücklicher, als Zelda ihn je gesehen hatte.

Oh, die Göttin stehe ihr bei. Sie war eine Närrin. Ein verliebte, hoffnungslos verliebte, verrückte Närrin.

Sie musste es ihm sagen.

In dem Moment, als der Himmel sich öffnete und all seine Wasser über dem Land auszuschütten begann, wusste Zelda, dass sie es ihm sagen musste.

Vielleicht würde es keine andere Möglichkeit geben.

Jetzt. Genau jetzt.

„Link“, begann sie, „ich-“

Es tut mir leid, Zelda.“

Die Stimme dröhnte durch ihren Kopf und löschte alle anderen Gedanken aus. Zwang sie in die Knie und nahm ihr den Atem. Eine Stimme in ihrem Kopf. Wie an der Quelle der Weisheit, doch dieses Mal war die Stimme …

Die Stimme war …

Es tut mir leid, meine Tochter. Ich habe dir endlosen Kummer bereitet. Versprich mir, rette Hyrule. Rette dein Volk!“

Ein ersticktes Wimmern brach aus Zelda hervor.

Dann war die Stimme verschwunden.

„Nein!“

Zeldas Hand traf auf nasses Gras und glitschige Erde. Blind für die Welt versuchte sie zu greifen, die Stimme festzuhalten.

Vater …

„Was ist los, Zelda? Was ist passiert?!“

Links Stimme. Nicht in ihrem Kopf. Neben ihr. Eine Hand an ihrer Schulter. Heiß und feucht.

Zelda holte Luft, ein keuchendes Schnappen, gedämpft von dem dröhnenden Prasseln des Regens. Sie wollte antworten. Sich zu ihm drehen.

Dann kamen die anderen Stimmen. Schreie. Klagen. Immer mehr Stimmen. Ein Crescendo aus Schrecken und Angst und purem Grauen.

 

Nein. Mein Kind. Mein Kind. Oh Göttin, rette mein Kind.

 

Was ist geschehen? Wo bin ich?

 

Bin ich tot?

 

Heilige Göttin, schütze meine Frau, lass sie geflohen sein.

 

Nein. Ich muss zurück. Ich muss zurück.

 

Wo ist die Prinzessin? Wo ist Link?

 

Mit einem Rucken ihres Kopfes brachte Zelda die Stimmen zum Schweigen. Heftiges Atmen klang an ihr Ohr, als endlich Stille eintrat. Dampf entstand vor ihrem Gesicht.

Sie zog die Hände zurück, richtete sich auf, matt und erschlagen wie ein Schlafwandler.

Links Gesicht tauchte vor ihren Augen auf, blass und angespannt. Seine Lippen formten Worte, die Zelda nicht hörte.

Ihre Hand schoss vor und griff nach seinem Arm. Besudelte das leuchtende Reckengewand mit Schlamm.

„Sie sind tot. Sie sind tot.“

Sie wusste, dass sie sprach, aber Zelda konnte ihre eigene Stimme erst langsam wieder wahrnehmen. Zu sehr dröhnte der Schrecken, die Überraschung, die furchtbare Erkenntnis des gerade Geschehenen in ihren Ohren. Rauschte durch ihren Kopf, machte sie halb blind, beinahe taub und beinahe wahnsinnig.

„Wer ist tot? Was ist passiert?!“

Link war genau vor ihr. Fasst sie an den Schultern und schüttelte sie leicht.

Rüttelte den Schock von ihrer Gestalt.

Ein Schluchzen ließ Zelda erzittern.

„Die Stimmen der Geister“, sagte sie krächzend, „ich kann sie hören.“ Zelda hob die Hand an ihren Kopf. „In meinem Kopf. Sie sind alle da. Die Toten. Sie sind tot, Link. Oh, sie sind tot. Das Schloss, die Stadt. Sie … oh nein...“

Mit der Wiederkehr ihrer normalen Sinne, kehrte auch die Fähigkeit zu fühlen zurück.

Schmerz durchzuckte sie wild und rot und scharf.

Zelda kippte nach vorne, alle Kraft die sie eben noch gespürt hatte, mit einem Mal verloren.

Sie waren verloren.

Ihr Vater, der König, war tot.

„Zelda“, sagte Link und hinderte sie daran, nach vorne zu fallen. Seine Stimme war ein gespannter Bogen, hart und unnachgiebig. Wenngleich nicht ohne Verständnis.

„Wenn das Schloss gefallen ist, dann ist mein Vater auch tot. Mein Vetter, meine Freunde, alle.“

Mit einem bebenden Atemzug sah Zelda auf.

„Aber wir können jetzt nicht aufhören. Wir müssen weiter.“ Er drückte ihre Schultern fester, schob sie in eine aufrechte Position.

„Wir können sie später betrauern.“ Nur kurz huschte so etwas wie Trauer über sein Gesicht, bevor es sich wieder in die harte, konzentrierte Mine zurückformte. „Wir dürfen sie erst später betrauern. Jetzt müssen wir weiter.“

Er hatte Recht. Natürlich hatte er Recht.

Es sollte merkwürdig sein, dass genau diese Worte Zelda davon abhielten, zu einem verzweifelten, schluchzenden Ball aus Elend zusammen zu rutschen.

Dass es half, den Schrecken auszusprechen.

Link teilte ihren Schmerz. Auch er hatte einen Vater verloren. Und seinen Herrscher. Er fühlte dieselbe plötzliche, kalte Leere. Die taumelnde Gewissheit, mit einem Mal ohne Familie da zu stehen.

Zelda fühlte sich nicken, während sie in Links Augen starrte. Das Blau darin schien zu brennen. Ein kaltes, wetzendes Feuer, das Zelda schon einmal gesehen hatte, jedoch nie so lodernd.

Er nickte ebenfalls.

„Ja. Gut so.“ Er stand auf und zog sie mit sich nach oben. Er wühlte in seiner Tasche und drückte ihr eine bauchige Flasche in die Hand. Ohne zu fragen, riss Zelda den Korken hinunter und trank. Feuer breitete sich in ihr aus und neue Energie durchströmte sie. Sie reichte die Flasche an Link weiter, ohne dass ihre Blicke sich verloren.

Er leerte die Flasche in wenigen Zügen, dann warf er sie achtlos beiseite.

Er nickte, eine wortlose Antwort auf die stumme Frage in Zeldas Blick. Sie hatten Worte hinter sich gelassen. Alle Kräfte und Gedanken auf die Aufgabe gerichtet, die vor ihnen lag.

Sie rannten. Dampfend in dem schüttenden Regen. Kannten keine Kälte und kein Zögern.

Zelda fiel, Link riss sie wieder in die Höhe.

Sie rannten.

Sie erreichten die Rebona-Brücke als Mipha fiel.

Nein! Oh nein! Prinzessin! Es ist Ganon! Er hat Ruta in seiner Gewalt. Ich habe versagt. Er ist zu mächtig, ich konnte ihn nicht aufhalten. Ich kann Ruta nicht länger kontrollieren. Verzeih mir! Achte auf Link. Mein Versprechen, es ist jetzt wertlos.“

Die Stimme verlor sich so plötzlich, wie sie gekommen war und ließ Zelda stolpern und erneut auf die Knie fallen.

Stöhnend und wimmernd, hielt sie sich den Kopf.

„Nein“, keuchte sie. „Nein, NEIN! Bei der Göttin, bitte. Nein! Nicht Mipha.“

Ein krächzendes, ungläubiges Schluchzen erschütterte ihren Körper.

„Mipha?“, wiederholte Link, Stimme und Gesicht wie betäubt. „Aber wie … hat sie den Titanen nicht erreicht?“

Saboteur!“, raste Urbosas wütende Stimme durch Zeldas Kopf und frischer, glühender Schmerz wühlte in Zeldas Brust, als sie verstand, was nun kommen würde.

Ganon hat einen Teil von sich in Naboris gepflanzt. Ich weiß nicht wie. Aber ich habe es zu spät bemerkt. Er hat mich überwältigt. Naboris ist verloren. Zelda, verzeih mir!“

Zelda wünschte sich, sie wäre tot. Sie wollte den Platz all derer einnehmen, die durch ihr Versagen den Tod gefunden hatten. Sie wollte sie retten. Und sie wollte nicht diesen Schmerz fühlen.

Blind starrte Zelda auf das nasse Gras. Die fallenden Tropfen auf den Halmen und Blumen. Das Holz der Brücke.

Links Gesicht schob sich in ihr Sichtfeld, als er vor ihr niederkniete.

Zelda hob den Blick, nicht wissend, ob sie weinte oder nicht, bei dem urgewaltigen Regen, der ihr Gesicht überströmte.

Es spielte keine Rolle. Ihre Trauer konnte niemanden retten.

„Mipha und Urbosa“, zwang sie sich zu sagen. Niemals war es so anstrengend gewesen, Worte zu formen. „Ganon hat etwas mit den Titanen gemacht. Sie gegen uns gerichtet.“ Sie schüttelte den Kopf. „Sie sind verloren.“

Ein wortloses Zwischen entfuhr Link, der mit einem Ruck auf die Beine kam. Er streckte die Hand nach ihr aus und Zelda nahm sie widerstandslos. Ließ sich auf die Füße ziehen.

„Wir müssen weiter.“

Der Schmerz und die Wut verwandelten ihn mit jedem Atemzug mehr in den Helden der Göttin, des Schwertes und der Zeit. Macht schien wie Hitze von ihm abzustrahlen und Kraft vibrierte in seiner ganzen Gestalt.

„Wenn wir Urbosa und Mipha verloren haben-“, er brach ab, als Zelda von dem Schmerz den die Namen auslösten, beinahe würgen musste, „Dann haben wir zwei Titanen verloren“, schloss er und richtete seinen glühenden Blick nach Westen. In Richtung des Schlosses und der bösartigen Präsenz die dort lauerte, das Wabern und Leuchten im Dunkeln nun übermächtig.

„Es wird jetzt schwerer sein, ihn zu besiegen, ohne Rutas und Naboris‘ Kraft. Wir müssen uns beeilen.“

Zelda nickte zitternd und folgte ihm. Ihre Schritten hämmerten über das Holz der Brücke.

Doch sie hatten sie kaum überquert, da fiel Daruk.

Prinzessin“, dröhnte die liebenswerte Stimme des Goronen, nun felsenhart und wütend in ihrem Kopf. Zelda stolperte vorn über. „Ein Biest geht in Rudanias Hallen umher. Ich habe ihn beinahe besiegt, aber dann hat er mich doch überwältigt. Es liegt jetzt an euch. Ihr werdet es schaffen!“

Zeldas ganzer Körper hob sich, als sie den Schock und die Pein aus sich heraus und in das nasse Gras würge. Bittere Galle lief ihr in den Mund und sie spuckte und bebte, während sie sich übergab.

„Daruk“, wimmerte sie, aber Link ließ ihr keine Zeit. Er zog sie auf die Beine.

„Weiter. Und wir können vielleicht Revali retten.“

Seine Worte ließen ungeahnte Kräfte in Zelda aufwallen und sie folgte ihm, wenngleich der stärkende Effekt des Elixiers nun nicht länger wirkte.

Sie wandten sich nach Norden und rannten. Ihr Ziel in der Ferne vor Augen. Bösartig und lauernd, brüllend und rot und rund. Ganon!

Sie erreichten die große Farm südlich des Möwendorfes, da sah Zelda sie und die Luft wurde ihr erneut aus den Eingeweiden gerissen.

Die Wächter!

Ihre Steuerungseinheiten glühten rot. Das Auge, ihre mächtigste Waffe, die ihnen das seltsam menschliche Aussehen verlieh, feuerte Strahlen brennender, mächtiger Energie. Verheerend und gewaltsam, Zerstörend.

Dasselbe krankhaft purpurne Rot, das auch den Himmel bedeckte. Das in Wolken und Blitzen vom Schloss ausging, wo immer und immer wieder das erschütternde Gebrüll erklang.

Abermals in ihrem Vorwärtskommen gestoppt, sahen sie, wie die Wächter, ihre geheime, teuer erkaufte Waffe, auf alles schossen, das sich ihnen in den Weg stellte.

Alles ins Visier nahmen, das sich bewegte.

Die Menschen.

Hunderte, die schreiend flohen. Aus dem Dorf, aus dem Schloss, aus der Stadt.

Sie wurden von derselben explosiven Energie niedergemäht, die einmal, vor so langer Zeit, beinahe auch einmal Zelda getroffen hätte.

Sie fielen, als wären sie nichts weiter als Gras, die von dem roten Strahl niedergeschnitten wurden.

Link zog Zelda hinter eine niedrige Mauer. Riss sie zu Boden und drückte ihren Kopf nieder, während er auf den Knien über den Rand hinausschaute.

„Bleib unten“, raunte er und löste das Schild von seinem Rücken.

Mit einem Schild hatte er sie schon einmal von dem Energiestrahl beschützt. Damals, als sie ihn noch verachtet hatte.

Heftig atmend beobachtete Link das Grauen, das Zelda nun nicht länger sehen konnte. Es zu hören, war beinahe genauso schlimm. Die Schreie, die Angst, die Panik.

Zelda wimmerte.

„Still!“

Sie hatte keine Probleme dem Befehl zu folgen, denn in diesem Moment hallte Revalis Stimme in ihrem Kopf wider und zerschmetterte damit auch die letzte Hoffnung.

Vah Medoh ist kompromittiert. Ich konnte ihn nicht besiegen. Ich habe versagt.“

Der Sog, den die Zerstörung hinterließ, füllte sie mit einem leeren Dröhnen, der alles andere übertönte.

„Revali“, hauchte Zelda, unfähig den Kopf zu drehen und Link anzusehen.

„Er… Er …“ Sie brachte es nicht über sich, es auszusprechen. Sie brauchte es nicht. Link verstand. Er fluchte und drehte sich. Kam neben ihr zum Sitzen und starrte in das Nichts vor ihnen.

Das Zeitgefühl verließ Zelda. Sie flog dahin in einem betäubenden Nebel, der keinen Grund kannte. Keinen Anfang und kein Ende.

Waren es Stunden und nur ein Augenblick der verging, bis Link sie wieder auf die Füße zog…

Es existierte nur Regen und Schmerz und das Keuchen von Atem. Das ferne Hallen von Stimmen. Die Erde bebte und die Welt explodierte in Feuer und Licht und Gewalt.

Dann wieder rennen.

Waren es wenige Schritte oder liefen sie eine Ewigkeit, bis die Wirklichkeit mit einem Gongschlag in Zeldas Körper zurückfand?

Alle Kraft, die sie noch aufrecht gehalten, ihren Füßen Flügel verliehen hatte, verließ sie. Ihre Hand, glatt und glitschig von Regen und Schlamm, verlor den Griff, mit dem sie sich an Link klammerte.

Und damit verlor sie auch den allerletzten Halt.

Zelda kollabierte. Rutschte in sich zusammen und viel auf Hände und Füße.

Links Schritte stoppten. Drehten. Kamen zurück.

Sie sah nicht auf, aber sie wusste, dass er da war. Bei ihr. Selbst in dieser verlassenen Stunde.

„Warum?“, hauchte sie und krallte ihre Finger in die nasse Erde. Ein entferntes Ratschen sagte ihr, dass Link das Bannschwert in die Scheide gleiten ließ. Ein Zeichen, dass er hier keine Gefahr mehr vermutete.

Zelda spürte wie ihr Atem sich beruhigte. Sie hatte nicht einmal gemerkt, wie sehr sie keuchte. Wie ihr Atem sie verlassen hatte, so wie alles sie verlassen hatte.

Alle.

Bis auf Link.

Seine Fußspitzen traten in ihre Sichtfeld.

„Wie konnte das passieren?“, klagte Zelda, während Nässe und Schlamm in ihr Kleid sickerten und es noch mehr besudelten. Es noch schwerer werden ließen.

Wie poetisch. Wie passend.

Sie hörte wie Link sich bewegte, sich niederkniete und sie Beide auf eine Ebene brachte.

Entfernt nahm Zelda wahr, dass sie sich nicht länger auf freier Fläche befanden, sondern inmitten von Holz und Grün. Bäume.

„Die Titanen… die Wächter…“ Ihre Stimme war ein zittriges Wimmern. „Warum greifen sie uns an?“

Es war eine Frage, auf die ihr jetzt erst die Antwort kam. Obwohl Zelda es schon die ganze Zeit über gewusst hatte.

„Oh nein...“, hauchte sie, die Hände immer noch in das matschige, körnige Erdwerk gekrallt. Es ergab auf einmal Sinn. Das rote, ekelerregende Wabern. Die Blitze. Die bösartige Präsenz, die sich Zeldas ermächtigte und immer stärker zu werden schien.

„Ganon hat sie unter seine Kontrolle gebracht.“ Sie ballte ihre Hände zu Fäusten. Blinzelnd starrte sie auf die beschmutzten Schmuckstücke an ihren Handgelenken. Die königlichen Insignien. Das Triforce.

Hätte Zelda noch Kraft übrig gehabt, hätte sie die Armreifen von sich geschleudert.

Langsam, ganz langsam, zitternd und verzweifelt, angefüllt mit Eis und Schrecken und Elend, hob sie den Kopf.

„Daruk, Revali, Mipha und Urbosa ...“ Die Namen auszusprechen schüttete frische, heiße Trauer in ihr Herz und verdrängte das Eis, das dort erblüht war.

Hitze stieg in ihrem Hals auf, brannte glühende Pfade in ihre Brust und stieg ihr drückend in die Augen. Sammelte sich dort, während sie Link ansah.

„Sie waren in den Titanen...“

Ihre Gedanken flogen zu den Biestern. Zu Rudania und Naboris, zu Ruta und Medoh. Sie sah sich die Steuerungseinheiten kalibrieren. Sah wie die Recken die Titanen steuerten.

Stolz und Glück und Hoffnung in ihrem Herzen.

Oh, Göttin. Sie waren tot.

Der Schmerz überrumpelte sie wie der Ausbruch eines Vulkans. Ein Brennen, so unerträglich, um so viele Male schlimmer als alles, was sie in ihrem Leben je gespürt hatte, versengte ihr das Herz, den Hals, den Bauch. Zerstörte ihre Lunge und nahm ihr die Möglichkeit zu atmen.

Zelda erstickte beinahe an der Gewalt ihres Verstehens.

„Es ist alles meine Schuld“, brach es aus ihr hervor. Die Tränen flossen über und nahmen etwas von dem ärgsten Brennen mit sich. Ermöglichten es ihr, genug Luft zum Schluchzen zu finden.

Sie verbarg ihr Gesicht in den Händen.

„Ich konnte die Macht des Siegels nicht erwecken. Und jetzt hat Ganon uns die Relikte gestohlen, die uns vor ihm schützen sollten!“

Die Worte waren nicht für Link bestimmt, doch Zelda konnte sie nicht zurückhalten. Sie wallten aus ihr hervor wie die Tränen und die Bitterkeit und das erstickte Schluchzen, als die klebrige Schuld sich verflüssigte und die Taubheit fort schwemmte.

„Ich“, schluchzte sie, „alles was ich getan habe … Es war alles vergebens!“

Sie riss die Hände von ihrem Gesicht herunter, das sich heiß und kalt zugleich anfühlte. Sie verglühte von innen, gepeinigt durch die Gewissheit ihr Land und ihr Volk, ihre Freunde, verraten zu haben.

Zerstört. Alles.

Ihretwegen.

„Ich konnte das alles nicht verhindern!“, rief sie, Zorn und Kummer ebenso in ihrer Stimme wie Frust und Schuld.

„Mein Volk, meine Freunde… und mein Vater auch.“

Oh bei der Göttin. Es würde sie zerreißen. Sie konnte diese Schuld nicht tragen.

„Ich habe sie im Stich gelassen!“

Auf Links Gesicht las sie dieselbe Gram, die auch ihr das Herz zerschnitt.

Dass sie dort keine Wut las, keine Zensur, machte alles noch schlimmer.

Immer noch nicht. Er konnte es immer noch nicht sehen. Die Versagerin die sie war.

„Und jetzt“, schloss sie, unfähig sich zu stoppen, nicht in der Lage das Grauen das sie verschuldet hatte, hinaus zu schluchzen, die Scherben ihres Plans, ihrer Welt übereinander zu häufen.

„Jetzt sind alle tot.“ Ihre Stimme brach beim letzten Wort und die Welle aus Pein und Leid, aus Bedauern und Reue. Schuld überwältigte sie und spülte fort, was ihr an Kraft geblieben war.

Der unsägliche Schmerz packte Zelda und zerbrach sie. Einfach so.

Sie fiel nach vorne. In Links Arme, die sie fingen und hielten. Laute brachen aus ihr hervor, die Zelda noch nie von sich gehört hatte. Jammernde, erbärmliche Töne. Klagen und Wimmern.

Tiefes, zitterndes, erschütterndes Weinen.

Zelda bebte in Links Armen. Er presste sie an seine Schulter und umschlang sie mit der Kraft, die ihr fehlte, während sie dort all die Tränen weinte, die sie ihr gesamtes Leben zurückgehalten hatte.

 

Sie wusste nicht, wie lange sie dort saßen. Zelda ein kleiner, wimmernder Ball aus Trauer und Link die ewig schützende Präsenz, sein eigener Kummer verwehrt, während er über ihren wachte.

Irgendwann spürte Zelda, wie er sich rührte. Das entfernte mechanische Summen und Klacken von nahenden Wächtern drang an ihr Ohr.

Sie spürte, wie Link sie hochhob, an seine Brust presste und wie er vorwärts preschte.

Woher nahm er die Kraft? Zu fliehen, obwohl ihn dieselbe übermächtige Trauer niederringen musste und dabei noch Zeldas Gewicht zu schultern.

Sie wusste, sie sollte ihn aufhalten.

Sie sollte ihm befehlen zu stoppen und umzukehren. Auch wenn es keine Hoffnung gab. Auch wenn sie seinen Glauben in sie enttäuscht hatte, so wie es immer ihre größte Furcht gewesen war, so durfte sie dem Opfer das Hyrule gebracht hatte, nicht den Rücken kehren.

Aber Zelda tat es nicht. Sie blieb still und unbeweglich. Gefangen von ihren inneren Dämonen. Zerbrochen.

Link folgte dem Flussbett Richtung Süden. Die Geräusche des schnellen Wassers, so unberührt von der Verheerung die über das Land gekommen war, verbarg ihre Flucht vor den ausschwärmenden Wächtern. Der dämpfende Regen ließ nur vereinzelnd ferne Geräusche zu ihnen vor dringen.

Hier und da leuchtete in der Dunkelheit Feuer und Explosion auf.

Sie überquerten den Hylia Fluss an der Tytor-Brücke und nutzten die dichten Bäume um den Morgo-See, um sich vor einer Horde aus Wächtern zu verstecken, die mit surrenden, suchenden Köpfen an ihnen vorbei schwärmten, um sich irgendwo weiter südlich zu sammeln.

Ganon musste ihnen entweder einen Sinn für Strategie übertragen haben, als er sie verhexte oder er deligierte sie von seinem Hauptsitz im Schloss aus.

Irgendwo in dieser Gegend kam Zelda wieder auf die Füße. Fand irgendwie die Kraft auf eigenen Beinen zu stehen und Link zu folgen, während sie liefen. Südlich, zu dem Pfad zwischen den Zwillingsbergen, nun da der Weg den Hügel hinauf nach Kakariko versperrt war.

Kakariko. Impah. Die Shiekah.

Ein Krachen ertönte irgendwo hinter ihnen. Schreie, so weit entfernt, dass Zelda nicht wusste, ob die albtraumhafte Erinnerung ihr einen Streich spielte.

Aber sie wusste, dass die militärischen Stützpunkte angegriffen wurden. Sie spürte es in irgendeinem Teil von sich.

Und es war logisch. Die Wächter schlugen jegliche Möglichkeit auf einen Widerstand nieder.

„Die Shiekah“, murmelte Zelda, nicht mehr dazu fähig starke Emotionen zu zeigen. „Als nächstes werden sie die Shiekah angreifen.“

Link nickte, als er sie weiter zog.

„Und Hateno.“ Er warf einen grimmigen Blick über die Schulter zurück, wo hinter ihnen am Horizont mit fernen Blitzen die Dunkelheit in Flammen aufging.

„Dort ist Purahs Labor. Impah sagte, Robelo ist dort. Wenn wir das Fort halten, können wir ihnen Zeit verschaffen.“ Er warf Zelda einen harten Blick zu. „Dir Zeit verschaffen.“

Es wäre ihr nicht möglich erschienen, dass ihr Bedauern noch tiefer werden könnte.

Sie schüttelte leicht den Kopf. Nasse Haarsträhnen klebten ihr im Gesicht. In einem anderen Leben wäre ihr schmutziger Zustand ein Unding gewesen. Jetzt konnte Zelda keinen Fünkchen in sich finden, der sich darum scherte.

„Zeit wird mir nicht helfen, Link. Ich mag die Stimmen der Geister hören können, aber-“, frischer, schneidender Schmerz zerwühlte ihre Brust und ließ ihr Herz rot und feucht bluten. Wie lange? Wie lange noch, bis die Pein sie umbringen würde?

„Aber ich spüre nichts. Ich weiß nicht, wie ich die Siegelkräfte einsetzen kann, ich-“

„In Ordnung“, unterbrach Link sie, sensibler dafür, dass sie dabei war, sich in einen Wahn zu reden, als sie selbst.

„Aber ich brauche Zeit“, sagte er und warf ihre einen Blick zu, der zu gleichen Teilen ungeduldig und entschuldigend war. Es schien so lange her, dass er vor Vorfreude auf den lange ersehnten Kampf beinahe gebebt hatte.

Aber Zeldas Herz war bereits gebrochen. Sie konnte nicht noch mehr bluten.

„Ich brauche Zeit, um gute Männer zu sammeln und einen Plan zu entwickeln.“

Sie hatten ihr Tempo ein wenig gedrosselt, damit Link ihnen einen geschützten Weg durch die Schlucht zwischen den Bergen suchen konnte. Zelda spürte seine Anspannung. Es gab wenig Schutz hier, aber schnellere Schritte würden ein Echo erzeugen, das Aufmerksamkeit auf sie lenken würde.

„Purah kann einen Weg finden sie zu zerstören oder Robelo weiß, wie wir die Wächter wieder zurück holen können. Wie auch immer ...“ Er wedelte den unfertigen Plan beiseite, nur ein kleiner Einblick in Links schnell arbeitenden Verstand.

„Wir müssen uns zurück ziehen. Es steht jetzt eine ganze Armee von Wächtern zwischen uns und dem Schloss. Wir würden Ganon nie erreichen.“

Er hatte Recht. Natürlich hatte er Recht.

„Wenn wir das hier überleben-“, begann Zelda zögerlich, wurde aber von dem blauen Blitzen seines Blickes unterbrochen. Seine Nasenflügel bebten.

„Wag es ja nicht, diesen Satz zu beenden“, sagte er grollend, allerdings mit einem seichten Aufflackern von Humor in seinen Augen, das Zelda ein wenig Leben einhauchte.

Link hatte nicht aufgegeben. Er glaubte immer noch daran, dass es einen Weg gab.

Und so lange Link kämpfte, würde Zelda auch kämpfen.

Sie drückten sich in den Schutz des hohen Felsens, als sie die Schlucht überwunden hatten.

Einige Wächter strömten über die Großer Bruder-Brücke hinaus auf die Ebene und mehr würden ihnen folgen.

„Wo ist dein Schild?“, fragte Zelda, als Link sie weiter zog, immer in der Nähe von im Boden vergrabenen Felsbrocken, abgesplittert von dem hoch über ihnen aufragenden Berg.

Er warf ihr einen unlesbaren Blick zu, bevor er über den verregneten Sumpf starrte. Abwartend. Suchend.

„Was?“, fragte sie, als er nicht antwortete.

„Es ist zerbrochen.“ Mit diesen rätselhaften Worten schnellte er nach vorne, wies sie an ihm zu folgen. Der Regen schützte ihr Fortkommen immer noch vor den mitleidlosen, rot glühenden Augen der Wächter, deren feine Sensoren mechanisch summend die Umgebung nach feindlichen Zielen absuchten. Der nasse Boden dämpfte ihre Schritte und die der anderen Flüchtenden, die der Ebene nach, Richtung der Hateno-Festung strömten. Manche zu Fuß, manche zu Pferde.

„Zerbrochen?“

Link hatte sie so eben zu Boden gedrückt, um einem Schwarm Wächter zu entgehen, die die Spur zum Fort aufgenommen hatten und mit klickenden Spinnenbeinen Geschwindigkeit aufnahmen.

„Einer hatte uns im Visier, bei der Möwendorf-Farm. Das Schild hat den Energiestrahl abgelenkt.“

Zelda sah ihn geschockt an. Was?

Daran konnte sie sich nicht erinnern. War sie wirklich so weit weg gewesen?

Links Blick streifte sie. Nahm mit einem Mal all die wortlosen Fragen und ihre Fassungslosigkeit wahr.

„Du warst … abgelenkt.“ Das war ein so dermaßen untertriebener, verharmlosender Ausdruck dafür, dass Zelda kurz davor gewesen war, durchzudrehen, dass sie das erstickte Ächzen nicht zurückhalten konnte.

„Die Festung“, unterbrach Link alles, was ihr in diesem Moment in den Kopf kam. „Wir müssen weiter.“

Und das taten sie. Duckend und rennend. Bis Link es irgendwie schaffte, ein panisches Pferd einzufangen, das ihren Weg kreuzte.

Er lenkte es ohne Zügel, nur mit seinen Schenkeln und Zelda hätte es bemerkenswert gefunden, hätte die plötzliche Panik die in ihr aufkam, als sie ihn davon reiten sah, sie nicht völlig kopflos gemacht.

Aber er ritt nicht davon. Er ließ sie nicht im Stich.

Er lenkte das Tier in Kreisen um sie herum, bis es sich so weit beruhigt hatte, dass er es kontrollieren konnte.

Dann, völlig unerwartet, in all dem reizüberflutenden Chaos, ließ Link das Pferd nach vorne preschen. Ein Quieken entfloh Zelda, als sie durch die Luft flog.

Regen und Farben und Tierhaare ein einziger verschwommener Wirbel.

Bis sie sich auf dem schnell wiegenden Pferderücken wieder fand. Ihr Körper an Link gepresst, seine Lippen an ihrem Ohr.

„Schhh“, machte er und sein heißer Atem traf auf ihre nasse Haut. Wärmte sie.

Doch das Zittern und die Kälte waren nicht aufzuhalten.

Das Pferd trug sie in Rekordgeschwindigkeit über die Ebene.

Der Angriff auf die Hateno-Festung hatte bereits begonnen. Link ritt direkt darauf zu.

Zelda hatte keine Zeit Angst zu empfinden, als sie sich an ihn klammerte.

Alles was sie bekam, war ein „Mach keine Dummheiten!“, dann schwang Link sich im vollen Galopp von dem Pferd. Mitten hinein in den surrenden, explodierenden Kampf auf übermächtigen Wächtern. Ohne Schild.

Link war fort. Und das Pferd lief weiter

Oh, mitleidige Göttin. Was soll ich tun?!.

Es war Wahnsinn, der Zelda dazu brachte, sich fallen zu lassen.

Hart schlug sie auf dem Boden auf. Sie überschlug sich mehrmals, schlug sich erst ihren Arm, dann den Kopf an Steinen auf. Laute des Schmerzes entfuhren ihr, Fluchworte, von denen sie nicht wusste, dass sie sie überhaupt kannte, sprudelten aus ihr hervor.

Als sie aufstehen konnte, zitterte sie am ganzen Körper. Ihr Kleid war zerrissen und so schmutzig, dass es nicht mehr länger weiß war.

Ihr Blick flog herum, orientierte sich. Das Fort lag zu ihrer Rechten. Die Wächter waren dort bereits angekommen. Es war deutlich zu sehen, dass es nicht zu halten war.

Sie drehte den Kopf. Suchte Link in dem Gewirr aus Kriegern und Wächtern. Die Shiekah und Hylianer kämpften Seite an Seite. Schlugen sich tapfer und fielen einer nach dem anderen. Keine Schlachtordnung war zu sehen. Oder sie war längst zerschlagen worden.

Sie hatten keine Ahnung, wie man die Wächter bekämpfen konnte. Schwerter zerbrachen. Schilder explodieren. Erde flog durch die Luft.

Schreie. Feuer. Explosion.

Zelda hielt inne.

War da gerade etwas Blaues gewesen?

Ohne nachzudenken schnellte sie nach vorne. Es gab keinen Raum für Angst mehr. Auch nicht für Schmerz oder Schuld.

Wo war Link?

Sie stürzte sich hinein in das Chaos aus zerstörten Wächtern und Sterbenden. Wankte und stolperte durch das Minenfeld aus immer noch funktionstüchtigen Kampfmaschinen, denen einfach nur die Beine abgeschlagen worden waren, deren Köpfe aber immer noch ziellos in alle Richtungen rollten.

Link. Das war sein Machwerk. Die Effizienz dieses Vorgehens schrie nach ihrem Helden.

Keuchend unterdrückte sie den übermächtigen Drang seinen Namen zu rufen.

Mach keine Dummheiten!

Sie fragte sich, ob er damit gemeint hatte, sie solle ihm nicht folgen?

Nun, dann hätte er sich genauer ausdrücken müssen. Dafür war es jetzt zu spät. Außerdem waren es seine eigenen Worte gewesen. Sie geht dahin wo ich hingehe.

Ihr Platz war an seiner Seite. Und umgekehrt.

Sie fand Link wenig später. Das fürchterliche, metallische Knirschen und das schreckliche aufeinanderprallende Geräusch, dem eine ohrenbetäubende Explosion folgte, wies sie in die richtige Richtung.

Funken flogen. Von Flammen und der bösartigen Präsenz die die Luft erfüllte. Stärker jetzt, wo Wächter fielen und Link in der Nähe zu sein schien.

Zelda stürzte in die Richtung des Geräusches. Folgte einem fallenden Wächter und da war er. Auf sein Schwert gestützt. Heftig atmend, verdreckt und aus so vielen Wunden blutend, dass Zelda spürte, wie sie erbleichte.

Sein Blick flackerte kurz als er sie bemerkte. Der Schatten von etwas wie Abwehr huschte über sein Gesicht, doch als er versuchte aufzustehen, durchzuckte wilder Schmerz seine Augen und ließ ihn wieder in sich zusammenfallen.

Als er den Kopf hob, sah sie das erste Mal echte Furcht auf seinem Gesicht.

„Nein“, sagte er und schüttelte den Kopf, die Lippen so fest aufeinander gepresst, dass alles Blut aus ihnen entwich. Er keuchte.

„Du darfst nicht hier sein.“ Ein fürchterliches Husten schüttelte ihn und er spuckte Blut. Regen strömte über sein Gesicht und entblößte die tiefen Schnitte auf seiner Haut.

„Ich muss wissen, dass du in Sicherheit bist. Bitte...“ Er brach ab, als eine neue Welle aus Schmerz ihn erbeben ließ.

Zelda war in wenigen Schritten bei ihm. Sie umfasste seine Schultern, flatternd wie die Flügel eines kleinen Vogels, nicht gewillt, ihm durch ihren Griff noch mehr Schmerzen zu zu fügen.

Sein Worte schockierten sie bis unter ihre Seele.

Sie wusste, was er meinte.

Link wollte sie in Sicherheit wissen, wenn er starb. Nicht falls er starb, sondern wenn er starb.

Zelda wurde für einen kurzen Moment schwarz vor Augen.

Sie musste ihn fortbringen. Trotz der verheerenden Schneise, die er in die Bresche der Wächter geschlagen hatte, tauchten immer mehr von ihnen auf.

Oh, es waren so viele.

„Genug...“, sagte sie und hielt Links Schulter, als dieser nach vorne fiel und keuchend atmete.

„Es ist sinnlos.“

Sie mussten hier weg. Fliehen. Eine Höhle. Ein entfernter Flecken Hyrules. Link musste heilen und vielleicht, vielleicht würde die Kraft des Siegels doch noch erwachen, wenn … wenn…

Ihr Kopf kam nach oben, als Zelda das schreckliche Geräusch immer näher kommender Wächter hörte. Das schnelle, klackende Huschen. So schnell. So übermächtig.

„Ich bitte dich“, flehte sie, da sie wusste, dass sie ihn ohne seine Kooperation nicht hier weg bekommen würde. „Du darfst nicht auch noch sterben!“ Der Gedanke allein riss ein noch tieferes Loch in ihre Seele. Etwas, das Zelda bis gerade eben für unmöglich gehalten hatte. Doch hier inmitten von dämonischer Hexerei, roten, bösartigen Augen erfüllt von der Magie ihres ärgsten Feindes, mit einem blutenden, kraftlosen Link, schien es das erste Mal ganz so, als würde es genau damit enden.

Mit ihrer beider Tod.

Nein. Nein!

Nicht Link!

„Lauf weg!“, rief sie. Bettelte. Flehte. Befahl!

Doch Link kam wankend auf die Beine. Taumelte, als er das Schwert aus dem Boden zog und Zeldas Hand fiel hilflos nach unten, als er sie abschüttelte.

Sie beide keuchten, als inmitten des Rauchs und der Flammen, zwischen den leblosen Hüllen zweier von Link besiegter Maschinen der rot leuchtende Kopf eines lebendigen Wächters auftauchte.

Das heilige Bannschwert flammte hell und weiß auf, eine silbrige Fackel inmitten der uralten Energie des angreifenden Feindes.

Bitte, bitte. Lass ihn uns nicht bemerken.

Wie um ihr Gebet zu strafen, drehte der Wächter seinen Kopf. Seine Sensoren entdeckten sie beinahe sofort.

Er war schneller bei ihnen, über ihnen, als Zeldas Atem versagen konnte.

Das Auge des Wächters begann zu wirbeln. Link schwankte, während er das Bannschwert fester griff, ein Ausdruck auf seinem Gesicht, der beinahe ruhig wirkte.

Er wusste, dass er diesen Wächter nicht besiegen würde. Aber er stand vor Zelda. Der Strahl würde ihn treffen.

Link wusste, dass er sterben würde. Er akzeptierte es beinahe friedvoll. Die nächste Stimme in ihrem Kopf würde seine sein.

Zeldas Herz tat einen heftigen Schlag. Dann schien es still zu stehen.

Nein.

Nein!

NEIN!

DU WIRST IHN MIR NICHT NEHMEN!

„NEIN!“

Etwas Helles und Wildes und Instinktives loderte durch ihre Brust. Ihr Herz. Ihren Solarplexus.

Kraft durchströmte sie. Licht und Liebe und Macht.

Zelda stieß Link zur Seite und in einer alten, vertrauten, so sehr vermissten Bewegung hob sie die Hand. Die Zeit blieb stehen. Floss ineinander. Vergangenheit wurde Zukunft und das Hier und Jetzt bog sich in einem Kreis, um genau im selben Moment wieder Wirklichkeit zu werden.

Goldenes Licht brach aus Zeldas Hand hervor, überzog ihre Gestalt und füllte sie mit Wärme und Zuversicht. Die Umrisse des Triforce leuchteten auf ihrem Handrücken auf und brachte mit sich die Stimmen all ihrer Vorgängerinnen, die geballte unirdische Kraft der Göttin.

Eine Sphäre aus strahlend goldenem Licht breitete sich aus. Umhüllte Zelda und Link und den Wächter der sich nicht länger bewegte und vertrieb die bösartige Energie Ganons aus dem Umkreis und jeder unter seinem Bann stehenden Maschine.

Eine nach dem anderen stoppte und starb, die roten Lichter in ihren Augen erloschen und sie fielen zu Boden. Die Erde bebte unter der gewaltigen Erschütterung.

Doch es war nichts gegen die, die Zelda verspürte.

Das Licht war verschwunden. Die unsägliche Kraft die sie durchzogen hatte, hatte sich zurückgezogen. Aber sie war nicht fort.

Zelda konnte sie immer noch spüren.

Blinzelnd und zitternd starrte sie ihre Hand an. Senkte langsam den Arm.

„War … war ich das?“

Das Symbol war nicht länger auf ihrer Hand zu sehen.

„Was …?!“

Aber Zelda wusste … sie wusste…

Ein Ächzen und der dumpfe Aufprall eines Körpers hinter ihr, ließ sie herum fahren. Ein Keuchen entfuhr ihr, als sie Link sah. Zur Seite gekippt, auf dem Boden liegend. Das Bannschwert unter sich begraben.

Schrecken und Unglaube ließ sie einen Moment verharren, dann stürzte sie zu ihm.

„Oh nein … oh nein, oh nein!“

Sie fasste ihn am Arm, zu panisch um an seinen Zustand zu denken, und schüttelte ihn.

Auf den Knien flehte sie zu der Göttin, während Link unter Zeldas unsanfter Behandlung aufstöhnte.

„Du darfst nicht sterben!“, schrie Zelda und drehte ihn. Half Link in eine halbaufrechte Position, die ihn husten ließ, während sie seinen Oberkörper in ihren Schoß zog.

„Bitte … du darfst nicht sterben“, flehte sie erneut, mit aller Inbrunst zu der sie fähig war. Erneut brach die kaum geschlossene Wunde in ihrem Inneren auf. Zeigte ihr ihren Verlust und zeigte ihr erneut, dass dieser Verlust, ihr Ende sein würde.

Sie brauchte Link. Brauchte ihn mehr als jeden anderen.

Er drehte den Kopf, wandte ihr seinen Blick zu. Schien etwas sagen zu wollen, doch sein Atem schien die Worte nicht tragen zu können.

Etwas flammte in seinen Augen auf. Dann kippte sein Kopf zur Seite weg und sein Körper wurde schlaff.

Keuchend vor Entsetzen hielt Zelda ihn, während er das Bewusstsein verlor.

Riss die Augen auf, während ihr Innerstes sich zusammen zog.

Die perfide Ironie durchzuckte sie mit Wut und Pein. Ihre Kräfte waren letztendlich doch erwacht. Aber zu spät. Sie hatte Link nicht retten können.

Oh bei der Göttin … das konnte nicht wahr sein.

Das war nicht möglich.

Zeldas Kopf fiel nach vorn an seine Brust, während sie schluchzte.

Die Grausamkeit war mehr als sie ertrage konnte. Sie hatte versagt. Link würde sterben. Und mit ihm würde Hyrule endgültig untergehen.

Du hast nicht versagt.

Die Stimme in ihrem Kopf ließ sie vor Panik keuchen. Link.

Du hast nicht versagt.

Doch es war nicht Links Stimme. Der schleppende Galopp ihres verblutenden Herzens verlangsamte sich genug, damit sie der Stimme lauschen konnte.

Du hast alles getan, was von dir verlangt wurde, Prinzessin. Mehr als das, wenn man die Schwierigkeiten deines Lebens bedenkt.

Zelda hob den Kopf und sah das Bannschwert, nun nicht länger unter Links zur Seite gerolltem Körper begraben, mit jedem Wort aufleuchten, das in Zeldas Kopf auftauchte.

„Es … gibt noch Hoffnung?!“

Ja, antwortete die Stimme in ihrem Kopf und das Schwert leuchtete. Rette meinen Meister. Und Erfülle dein Schicksal. Es ist noch nicht vorbei.

Zelda blinzelte gegen ihre geschwollenen Lider, während sie das schartige Schwert anstarrte.

Erst jetzt spürte sie das schwache, aber stetige Flattern von Links Herzschlag unter ihren Fingern. Er war am Leben. Noch.

„Link kann … gerettet werden?“

Der Schrein des Lebens wurde dafür erbaut. Für den Fall dass der Held im Kampf gegen das Böse verletzt wird. Und ich keinen weiteren Zyklus auf einen neuen Meister warten muss.

Zelda wagte kaum zu atmen, als sie den Worten lauschte.

Der Schrein des Lebens, Prinzessin. Die Shiekah kennen den Weg. Er muss dorthin gebracht werden.

„Prinzessin“, ertönte ein Rufen und unterbrach Zeldas geisterhafte Kommunikation mit dem heiligen Schwert. Sie sah auf.

Zwei Shiekah huschten über das Feld auf sie zu. Flink und agil in ihren ninja-artigen Bewegungen waren sie so schnell heran, dass es Zelda beinahe wie Zauberei schien.

„Prinzessin, seid ihr wohlauf?“

Die zwei Shiekah stockten in respektvollem Knien vor ihr. Sie wirkten vom Kampf beinahe unberührt, ihre Gewänder sauber und unversehrt.

Es war wie ein Wunder.

Zelda scherte sich nicht darum.

„Ich habe einen wichtigen Auftrag für euch“, sagte sie, während sie die beiden Krieger so befehlend wie möglich ansah. „Bringt diesen Mann so schnell wie möglich zum Schrein des Lebens.“

Auf den beiden Gesichtern standen unzählige Fragen geschrieben, für die Zelda keine Zeit hatte.

„Beeilt euch“, rief sie und die Verwandlung der Krieger war augenblicklich. Entschlossenheit zeigte sich auf ihren Zügen und ihre Haltung spannte sich.

„Bevor sein Lebenslicht für alle Zeiten erlischt!“

„Wo ist dieser Schrein?“, fragte einer der Beiden, als er sich erhob und auf Links bewegungslosen Körper zu trat.

„Auf dem Plateau“, antwortete Zelda. „Oberhalb der Zitadelle der Zeit. Schickt einen Boten zu Purah. Sie hat den Schrein zuerst entdeckt und erforscht.“

Die beiden Schiekah wechselten einen Blick.

„Purah ist in Kakariko“, antwortete der andere. „Ich hole sie und bringe sie so schnell wie möglich zum Plateau.“

Der Shiekah der zuerst gesprochen hatte, um nach dem Schrein des Lebens zu fragen, nickte.

„Wir haben einen Wagen am Fort, um Kinder und Frauen fortzubringen.“

Zeldas Finger krallten sich fester in Links feuchtes Haar. Erst jetzt bemerkte sie, dass der Regen aufgehört hatte.

„Sie brauchen ihn jetzt nicht mehr. Die Gefahr ist von hier verschwunden und wird vorerst nicht wieder kehren.“

Woher sie diese Gewissheit hatte, konnte sie nicht sagen. Aber die Shiekah akzeptierten ihre Worte ohne auch nur einen zweifelnden Blick zu tauschen.

„Bis später, Bruder. Prinzessin“

Mit diesen Worten war einer der Beiden verschwunden.

Die kosende Bezeichnung weckte eine schmerzhafte Erinnerung an Lachen und Scherzen und Zelda schloss sie in ihrem Herzen fort.

Sie senkte den Kopf als auch der andere Krieger sich abwandte, um den Wagen zu holen, der Link fortbringen sollte.

„Du hast gesagt, dein Leben gehört mir“, flüsterte Zelda und streichelte sanft über seinen Hinterkopf.

„Ich erinnere dich hiermit an diesen Schwur, Sir Link.“ Ihre Stimme war frei von Tränen, gekettet an die winzige Hoffnung, die mit der Botschaft des Schwertes in ihr aufgestiegen war.

Zelda hatte einen Plan.

Die Kraft der Göttin loderte erneut in ihr auf. Nicht so heftig und explosiv wie gerade eben, aber Zelda spürte sie unter der Oberfläche knistern. Sie konzentrierte sich darauf, alles davon in Link hineinfließen zu lassen. Sie hatte nie davon gehört, dass die Kraft des Siegels heilen konnte. Aber sie tat es dennoch.

Übertrug einen Teil von sich auf ihn. Verband seine Seele mit ihrer, seinen Körper mit ihrer Kraft.

„Ich befehle dir, lange genug am Leben zu bleiben, dass Purah dich in den Schrein des Lebens bringen kann. Das Schwert hat gesagt, dass es Hoffnung gibt.“

Zelda biss sich auf die Lippe, als eine schmerzhaft-süße Spannung ihre Brust zusammenzog.

„Ich befehle es, hörst du?“

„Ja, Prinzessin.“

Die Worte waren so leise, dass Zelda erst dachte, sie hätte sie sich eingebildet.

„Link, mein Held, kannst du mich hören?“, hauchte sie und beugte sich näher über ihn.

Sein Herzschlag unter ihren Fingern das Süßeste, was sie je gespürt hatte.

Ein Summen ließ seine blauen Lippen vibrieren.

Zärtlichkeit überspülte Zeldas geschundenes Herz. Sie wollte ihn wärmen. Ihr schützen.

„Halte durch, Link. Die Shiekah bringen dich zum Schrein des Lebens. Ich nehme das Schwert, ich-“

„Deku...deku...“, krächzte Link und griff nach ihrer Hand, die auf seiner Brust lag. Sein Atem ging jetzt schneller und sein Herz verfehlte seinen Rhythmus.

„Sch-sch. Ist ja gut.“ Sie strich ihm über die Brust. Willte sein Herz sich zu beruhigen.

„Ich bringe das Schwert zum Deku-Baum. Es wird dort auf dich warten, bis du kommst, um es abzuholen. Du wirst wieder gesund. Ich befehle, dass du wieder gesund wirst. Ich-“, sie brach ab, als sie wieder zu schluchzen begann.

„Ich brauche dich, Link. Du weißt, dass ich dich brauche. Werde gesund und komm zurück zu mir.“

Sie zwang sich, still zu sein und fuhr fort, ihn zu streicheln. Seinen Hinterkopf und die seidigen Strähnen seines Haares, dunkel vom Regen. Seine Brust und das gute, starke Herz darunter. Willte es, weiter zu schlagen.

Hielt ihn und sah, wie er sein kostbares Blut aus unzähligen Wunden in die nasse Erde floss und seine Haut immer blasser wurde.

„Zelda“, sagte er mit einem Mal, im gleichen Moment als sie in der Ferne das näher kommende Rumpeln des Wagens hörte.

Ihr Blick flackerte zu seinem Gesicht. Sie erschrak, als sie sah, dass er die Augen geöffnet hatte. Seine Wimpern waren hauchzarte Flügel die an seinen bleichen Wangen flatterten. Das Weiß in seinen Augen war getrübt und von Rot durchzogen. Aber das Blau war vertraut und so sehr Link, dass das Bewusstsein sie jäh durchzuckte.

„Ruh dich aus, mein Held“, hauchte Zelda und strich ihm über die Wange. Die Haut fühlte sich wächsern und matt an, aber die feine Wärme beruhigte Zelda genug, um ein Lächeln zustande zu bringen.

„Alles wird gut. Mir geht es gut. Du hast es geschafft.“

Link ließ ein wenig zittrige Luft zwischen seinen Lippen hindurch, während er wieder und wieder versuchte zum Sprechen anzusetzen.

Zelda legte ihm ihre Finger an den Mund. „Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Nicht sprechen. Du kannst es mir später sagen.“

„Ich kenne ... dich“, brachte er trotz ihres Verbotes hervor. Seine Stimme klang heiser und so rau, dass es Zelda beim Zuhören weh tat.

„Ja.“ Sie nickte. „Du kennst mich. Du kennst mich so gut wie kein anderer. Und jetzt-“

„Ich habe dich … immer … gekannt.“ Sie konnte die Worte über das näher kommende Rumpeln fast nicht ausmachen.

„Sch“, versuchte sie es erneut, doch er sprach einfach weiter. Gegen den sanften Druck ihrer Finger an seinen Lippen. Es schien eine ganze Lebenszeit her zu sein, dass diese Berührung ihr ein verliebtes Flattern in die Brust gezaubert hätte. Jetzt war es ihr, als müsste sie zerbersten vor Schmerz.

„Und … ich … habe …“, seine Worte wurden zu einem Würgen, als er versuchte sie hervorzupressen, obwohl seine Stimme versagte, „ich.. dich immer…“

Neue Tränen wallten in ihren Augen auf.

„Link, hör auf!“

„Immer ...“

„Prinzessin!“

Hin und her gerissen zwischen dem Bedürfnis Link zu beruhigen, ihm das Gefühl zu geben gehört zu sein und der Dringlichkeit, in so schnell wie möglich von hier fort zu bringen, sah sie auf.

Der Shiekah Krieger war da, mit einem Wagenlenker und zwei vor einen Planwagen bespannten, kräftigen Pferden.

Zelda hoffte, dass sie auch schnell sein würden.

„Link, sieh nur, der Wa-“ Doch als sie den Blick senkte, sah sie, dass Link erneut das Bewusstsein verloren hatte.

 

 

Mit Hilfe des Wagenlenkers hob der Shiekah Link in den Wagen. Zelda war froh über die provisorische Polsterung, die dort ausgelegt worden war. Sie warf dem Shiekah einen dankbaren Blick zu.

Sie blieb an Links Seite, als der Wagen sich mit einem Schub in Bewegung setzte.

Nicht so schnell, wie ein Pferd es gewesen wäre. Aber das hätte Link nicht überlebt.

Sie rumpelten vorwärts, schneller dann, als sie den Weg erreichten. Und die ganze Zeit über legte Zelda ihre Hand über den wunderschönen Herzschlag des leichenblassen Ritters neben ihr.

Die Sonne begann aufzugehen, als der Wagen die Schlucht zwischen den Zwillingsbergen verließ. Der Weg kam Zelda so lang vor. Hatte sie ihn nicht erst vor wenigen Stunden zu Fuß zurück gelegt?

Bei der Göttin. War das wirklich erst in dieser Nacht gewesen?

Erst da wurde ihr bewusst, dass sie die ganze Nacht über auf gewesen war. Zelda verspürte keine Müdigkeit. Sie konnte sich nicht vorstellen, jemals wieder schlafen zu können.

Sie zwang den Gedanken zur Seite, weil er sie dazu brachte, an den schwebenden Zustand desjenigen zu denken, dessen Weigerung zu schlafen, zu einem lebendigen Scherz zwischen ihnen geworden war.

Zelda war beinahe überrascht, als Purah sie einholte.

Natürlich war Purah zu Pferd schneller als der Wagen, selbst wenn dieser von Zweien gezogen wurde.

Sie kletterte zu Zelda in den Wagen und begann mit sicheren Griffen Link zu stabilisieren.

Purah war schneller damit fertig, als es Zelda lieb war. Es zeigte so deutlich, dass Medizin allein ihm nicht helfen konnte.

„Der Schrein wird ihn heilen?“, fragte sie schließlich, als Purah sich in ihrer knienden Position zurücklehnte und Zelda mit einem ernsten Blick betrachtete.

„Ja. Das wird er.“

Die Worte waren beruhigend, aber der Ausdruck auf dem sonst so schelmischem Gesicht immer noch ungewohnt ernst, das Funkeln hinter den frechen Brillengläsern verschwunden.

„Ich sehe es gibt ein aber, auch wenn du es nicht aussprichst, Purah.“

Purah seufzte und strich sich mit dem Handrücken über die Stirn.

„Ich habe nicht die Möglichkeit den Schrein mit adäquater Energie zu versorgen, Zelda. Ich habe nie herausgefunden wie.“

Zelda starrte sie an, Panik von Neuem ein wilder Strudel in ihrem Bauch.

„Aber, du sagtest doch...“

Purah hob dich Hand, um sie zu unterbrechen.

„Er funktioniert. Aber so viel langsamer, als er ursprünglich gearbeitet haben muss. Für Verletzungen wie diese ...“

Ihr Blick glitt an Links bewegungsloser Gestalt hinab, nun in unzählige Verbände gewickelt, auf denen rasch neue, rote Blumen aus Blut entstanden.

„Ich weiß es nicht.“ Sie hob hilflos die Schultern.

„Also“, versuchte Zelda das eben Gesagte zusammenzufassen. „Der Schrein wird ihn heilen. Aber es wird lange dauern.“

Purah nickte, ein tragischer Ausdruck auf dem runden Gesicht.

„Wie lange?“

Wieder hob Purah die Schultern.

„Um den Faktor zehn vielleicht? Oder mehr?“

Ungeduldig schüttelte Zelda den Kopf, nicht in der Lage, die Rechnung selbst auszuführen.

„Wie lange?“, wiederholte sie, nun merklich schriller.

„Im besten Fall fünfzig, im schlimmsten Fall zweihundert Jahre. Aber das Schlimmste ist, dass ich nicht weiß, was es mit seinem Kopf anstellt.“

„Seinem Kopf?“, krächzte Zelda.

„Er wird leben. Er wird gesund werden. Er wird ganz normal sein. Aber so eine lange Stasis … seine Erinnerungen werden vielleicht …“

Stille trat ein, während Zelda diese Information verarbeitete.

Er würde leben. Der Schrein würde Links Leben retten. Aber es würde ihn vielleicht seine Erinnerungen kosten. Wenn es nur um sie ginge, wären diese Aussichten für Zelda nicht mal eine zweite Überlegung wert.

Link sollte leben. Alles andere zählte nicht.

Aber was würde er wollen? Würde er seine Erinnerungen als einen gerechten Preis betrachten?

In welcher Welt würde Link erwachen, geheilt und der Erinnerung daran beraubt, wer er war und wieso er sich in dieser Lage befand?

Was würde er tun?

Zeldas Vertrauen in ihn war ungebrochen.

Und das Vertrauen in ihre Fähigkeiten, nun das sie wusste, dass sie ihn retten könnte, war eben erst erwacht.

Sie würde Ganon aufhalten. So lange es nötig wäre.

Und sie musste darauf vertrauen, dass Link immer noch Link wäre, selbst wenn er sich nicht mehr an Zelda oder die Recken erinnern konnte.

Sie wusste, dass sie ihn damit zu Leid und Erschwernis verdammte. Sie wünschte, es gäbe einen anderen Weg. Aber sie war zu egoistisch. Sie wollte zu sehr, dass er am Leben blieb. Auch wenn sie ihn vielleicht nie wieder sehen würde.

In diesem Moment leuchtete das Schwert erneut auf und schickte die Antwort auf ihren Konflikt in Zeldas Kopf.

Rette ihn.

„Tu es!“, sagte Zelda an Purah gewandt. „Rette ihn!“

Purah nickte. Entschlossen jetzt, da Zelda es ebenfalls schien.

„Natürlich, Prinzessin. Ich brauche den Shiekah Stein.“

Schnell reichte Zelda Stein an Purah weiter.

„Vielleicht werden die Bilder darauf ihm dabei helfen, sich zu erinnern.“

Das Licht der höher aufsteigenden Sonne spiegelte sich in Purahs Brillengläsern, als sie den Shiekahstein an ihrem Gürtel befestigte.

Falls das nötig sein wird. Es ist nicht klar, was mit seinen Erinnerungen geschehen wird. Ob alles davon verschwindet. Nur ein Teil oder überhaupt etwas.“

Zelda nickte nicht einmal. Wann hatte das Glück je auf ihrer Seite gestanden? Seit Purah den Erinnerungsverlust erwähnt hatte, wusste Zelda, dass es geschehen würde. Das Schwert wusste es ebenfalls.

Und der Geist der darin wohnte, hielt es für den richtigen Weg. Es würde kein Zurück geben.

Link musste leben. Er musste einfach.

Zelda spürte in ihren Knochen, dass es bald Zeit für sie war, aufzubrechen. Sie würde nicht mit zum Schrein des Lebens kommen. Sie hatte Link und dem Bannschwert versprochen, zum Deku-Baum zu gehen. Und dann musste sie Ganon aufhalten. So gut wie konnte. So lange sie konnte.

Es würde vielleicht mehrere Jahrhunderte brauchen, bis Link geheilt wäre. Wenn sie irgendwann versagte – und sie würde irgendwann versagen, menschlich und sterblich wie sie war – gäbe es denn dann noch überhaupt etwas, das gerettet werden konnte?

„Bewahrt sein Reckengewand für ihn auf. Gebt es den Shiekah in Verwahrung. Ich bin sicher, sein Weg wird ihn nach Kakariko tragen, wenn er den Schrein des Lebens verlassen kann. Sein Unterbewusstsein wird ihn dorthin leiten. Und nach Hateno.“

Sie sah Purah an.

„Hilf ihm, wenn er kommt. So gut du kannst. Und Robelo auch. Sagt ihm, dass er die Titanen befreien muss. Hinterlasst Botschaften, wenn das Alter euch daran hindert, es ihm direkt zu sagen.“

Purah nickte.

„Natürlich, Prinzessin.“ Ihre Stimme war flach, ihr Blick hart.

„Sorgt Euch nicht. Zeit ist nicht die fest gemeißelte Formel, für die wir sie halten.“

Zelda ignorierte diese rätselhaften Worte. Sie waren beinahe am Hylia-Fluss angekommen. Von hier aus musste sie zu den verlorenen Wäldern aufbrechen.

Sie beugte sich über Link. Strich ihm zart über die Stirn und die Wange. Das geliebte, wunderschöne Gesicht.

„Mein Geist wird bei dir sein, wenn du erwachst, mein Held“, flüsterte sie, auch wenn ihr bewusst war, dass Purah ihre Worte hören konnte.

Es war ihr egal.

Zärtlich lächelte sie auf ihn hinab, während frische Tränen in ihre Augen liefen. Zelda streichelte ihm über die goldenen Augenbrauen, in der völligen Erschöpfung nun sanft und gelöst wie die eines Kindes. Sein Gesicht wirkte jünger, trotz der deutlichen Spuren von Schmerz und Gewalt auf seiner blassen Haut.

„Und mein Herz wird immer bei dir sein“, hauchte sie, als ihre Stimme versagte. „Auch im Tod und darüber hinaus. Link, mein Herz, Licht meines Lebens,“ Ihre Finger strichen über die hauchzarten Stoppeln seines kaum erkennbaren, lichtblonden Bartes, „mein Ein und Alles. Ich liebe dich so sehr.“

Sie lächelte zittrig, als das Geständnis über ihre Lippen kam. Die freiwerdende Energie ihres Herzens vermischte sich mit süß stechender Trauer und Zelda wischte eine ihrer Träne mit dem Daumen fort, die auf Links Mund getropft war.

Ihre Finger verharrten dort. Auf der trockenen, blassen Haut seiner Lippen. Strichen über den perfekten Bogen seiner Unterlippe. Liebkosten und brandmarkten sie.

Es war nicht rechtens, dass sie sich weiter herab beugte. Zelda wusste es, als sie nur einen Fingerbreit über ihm schwebte. Er war nicht bei Bewusstsein. Hatte kein Einverständnis zu vergeben. Und sie nahm sich, was ihr nicht gehörte.

Ihre Lippen berührten die seinen. Federleicht. Kaum zu spüren. So fein und zart, dass es nicht geschehen sein konnte.

Aber das war es. Und Zelda nahm die kleine, unschuldige, unendlich kostbare Erinnerung und schloss sie in ihr Herz ein. Heilte damit die schweren Wunden und fügte es zu einem funktionierenden Organ zusammen.

„Leb wohl, mein Held.“

Sie nahm das schartige, schmutzige Schwert aus Links laschen Griff, beruhigt durch das erneute Aufleuchten, mit dem es Zelda die Richtigkeit ihres Tuns bezeugte.

Purah sah sie nicht an, als Zelda schließlich den Kopf hob. Fast könnte man meinen, dass die Forscherin nicht mitbekommen hatte, was Zelda getan hatte.

Doch sie hatte es.

„Dieses Geheimnis liegt nicht an dir, preiszugeben“, sagte Zelda leise und würdevoll, als sie an das offene Ende des Wagen kroch.

Für einen Moment sah Purah beleidigt aus. Dann schüttelte sie den Kopf.

„Sei vorsichtig, Zelda“, sagte sie und nahm Zelda in die Arme.

„Du ebenso. Und, ich danke dir! Du rettest ihm das Leben. Das werde ich dir nie vergessen.“

Sie tauschten einen Blick grimmiger Entschlossenheit, dann wandte sich Zelda in Richtung des Wagenlenkers, neben dem der Shiekah Krieger hin und her schaukelte.

„Anhalten!“, rief sie und sprang aus dem Wagen, sobald ihrem Befehl Folge geleistet worden war.

Sie wandte sich nicht um, als der Wagen wieder anfuhr.

Sie hatte einen Auftrag zu erfüllen.

 

*

 

 

Sie kam langsam voran. Aber ungestört. Wann immer ein Wächter sich ihr näherte, durchfuhr dieselbe, goldene Kraft ihren Körper und das rote, dämonische Leuchten im Auge der Maschine erlosch und wurde leblos.

Ganon hatte sich, nach dem Fiasko bei der Hateno-Festung zurückgezogen. Verwirrt und unschlüssig. Zelda konnte es spüren.

Aber sie hatte nicht sehr viel Zeit.

Die Moor-Garnison lag in Ruinen, als sie dort ankam. Die Bäume zu Stummeln niedergebrannt und überall in der Luft klebten Hinterlassenschaften der bösartigen Energie Ganons.

Unbeirrt setzte Zelda ihren Weg fort.

Jetzt war sie einmal mehr froh, dass Link ihr den Weg durch die verlorenen Wälder gezeigt hatte.

Obwohl das Schwert ihr wohl sonst geholfen hätte.

Rette ihn, sagte es ihr immer und immer wieder und ließ sich nicht beruhigen. Irgendwann verstand Zelda.

„Ich werde Ganon aufhalten. So lange es nötig ist, um Link Heilung zu ermöglichen.“

Dann endlich schwieg das Schwert, beruhigt durch den Schwur, den sie geleistet hatte. Und Zelda wusste nicht, wie sie es tun würde, aber sie wusste, es würde gelingen.

Ihre jahrelangen Übungen und Gebete hatten sie eines gelehrt: Beharrlichkeit.

Es war unwichtig, wie sie die Zeit überdauern sollte, die Links Heilung benötigen würde. Das Schwert hatte sie schwören lassen. Und Zelda würde ihr Wort halten.

 

Der Wald der Krogs war von der bösartigen Kraft Ganons vollkommen unberührt, als Zelda mit dem Schwert in der Hand an den Podest heran trat, aus dem Link es herausgezogen hatte.

Instinktiv legte sie es darauf nieder und faltete die Hände zum Gebet und ließ sich auf die Knie nieder.

„An diesem Ort sollst du ruhen und den Tag erwarten, an dem dein Gebieter zurückkehren wird“, begann sie mit ruhiger Stimme, „selbst wenn der Schlaf ihn seiner Erinnerung beraubt, wie du befürchtest. Ich bin mir ganz sicher, er wird seinen Weg zu dir finden.“

Zelda schickte all ihre Hoffnung für Links Zukunft in dieses kleine Gebet. Ein wenig von der Kraft des Siegel floss durch sie hindurch und sie war sich sicher, dass erneut ein sanftes Leuchten von ihr ausging.

Bis eine raue, uralte Stimme sie unterbrach und aufblicken ließ.

„Hohepriesterin von Hyrule, was hast du nun vor?“

Zelda löste ihre gefalteten Hände und erhob sich. Den Blick zu dem sprechenden Deku-Baum erhoben, der aus seinem Schlaf erwacht war.

Sie sah hinab auf das Bannschwert, das immer noch zu ihren Füßen ruhte.

„Dieses Schwert … das Master-Schwert hat zu mir gesprochen. Es sagt, ich hätte eine Aufgabe. Es gibt etwas, das ich tun muss.“ Erneut faltete sie die Hände vor der Brust und nickte zur Bestätigung. Denn nicht nur das Schwert hatte sie mit dieser Aufgabe bedacht. Aus Zelda selbst war die Erkenntnis gekommen, was sie nun zu tun hatte.

„Du bist sehr stark geworden, Hohepriesterin ...“

Er sagte nicht, was Zelda dachte, und sie ergänzte seine Worte in ihrem Geiste: … seit du das letzte Mal hier warst.

Ja. So vieles war geschehen.

„Großer Deku-Baum“, begann Zelda, von einem fixen Gedanken gepackt, „Wenn er irgendwann kommt, könnt Ihr ihm eine Botschaft übermitteln? Ich-“

„Mein liebes Kind“, unterbrach der Deku-Baum sie, als Zelda hastig einen Schritt nach vorn trat, um ihr Geheimnis auszusprechen, bevor Scham sie zurückhielt.

„Deine Worte gehören dir allein“, sagte der Deku-Baum langsam. „Er sollte sie aus deinem Mund hören, denkst du nicht auch?“

Die tiefere Bedeutung seiner Worte wärmten Zelda bis in die Spitzen ihrer Zehen. Der Deku-Baum glaubte, dass sie Link wieder sehen würde. Das Schwert schien ebenfalls daran zu glauben.

Also, vielleicht …

Ein Lächeln breitete sich auf Zeldas Gesicht aus. Das erste, ruhige, vertrauensvolle Lächeln, das seit Langem ihre Lippen bewegte und sie von Innen heraus erhellte.

„Ja“, bestätigte sie voller Gewissheit und Hoffnung.

Ein Moment verging, in dem Zelda beinahe so etwas wie Glück verspürte. Dann mahnte das Bannschwert sie zur Eile.

Zelda bückte sich und ließ das Schwert in die Vertiefung im Stein gleiten. Es rastete mit einem satten Geräusch ein und dann konnte sie es nicht mehr bewegen. Ein Bannkreis entstand um das Schwert, während es sich selbst in silbriges Licht hüllte.

Danke, sagte es und es klang wie ein Lebwohl.

Zelda lächelte und nickte.

Dann ging sie, nun Zuversicht in ihrem Herzen, die ihr neuen Mut schenkte.

 

Auch der desolate Zustand der Stadt und des Schlosses konnte daran nicht rütteln. Als Zelda durch das Tor trat, dieses Mal völlig ungestört von den vielen aktiven Wächtern, pochte nichts anderes in ihrer Brust als die alte, weise Macht, die die Göttin ihr schenkte.

Ohne ihr aktives Zutun zerfielen einige der Wächter einfach zu leblosen Hüllen, während andere hastig aus ihrem Weg stoben.

Zelda durchschritt die geöffnete Tür zum Thronsaal mit ausgestreckten Händen.

„Ich bin hier, Ganon. Komm und zeig dich!“

Sie griff mit vollem Bewusstsein nach der funkelnden Flamme purer, heller, goldener Energie, die in ihrem Bauch flackerte. Immer dort geflackert hatte, ohne das Zelda sie erkannt hatte.

Sie leitete die Energie nach oben, durch ihr Herz, wo sie anschwoll und immer und immer größer wurde. Bis das Symbol auf Zeldas Handrücken erneut zu leuchten begann und goldenes Licht sich kugelförmig um sie herum ausbreitete.

Dieses Mal konnte sie es besser kontrollieren und als Zelda Luft holte, da spürte sie Sie.

Eine Präsenz in ihrem Herzen. Das Abbild ihrer Seele.

Ihre Mutter. Ihre Großmutter. Deren Mutter und deren Mutter.

Die Göttin. Zelda.

Hylia.

Der Funken Göttlichkeit der in Hyrule lebte, der immer in Zelda gelebt hatte.

Er erwachte zu einer ausgewachsenen, ungebändigten Macht. Hüllte die sterbliche Form der Prinzessin in diesem Leben ein, in goldenes, unzerstörbares Licht.

Zelda fühlte einen Teil von sich vergehen. Nicht verschwinden, sondern in einem anderen Teil von sich zur Aufbewahrung eingeschlossen.

Sie spürte die Verbindung zu Hyrule. Zum Land und Boden selbst. Zu den Wesen die darauf wandelten und den Pflanzen die darin wurzelten. Sie spürte Links feine Präsenz, lebendig und stabil und es war der letzte Funken, der die Macht in ihr zu voller Größe eruptieren ließ.

In diesem Moment regte sich das Ungeheuer. Rauch und Feuer und Funken wirbelten, formten sich zu einem Gesicht. Einem schleimigen, fürchterlichen Gesicht. Ein Körper entstand, ein entstellter, deformierter Körper, in seiner rohen, zerstörerischen Kraft unfähig wahres Leben zu erschaffen. Er brüllte wütend, bäumte sich auf und verschluckte Zelda mit einem mächtigen Schnappen seiner schrecklichen Kiefer.

Ein mädchenhaftes Kichern resonierte durch sie hindurch, denn sie war mitnichten geschlagen.

Dein Problem ist, schalt Zelda ihn von dem Teil seines Bewusstseins aus, das sie nun vereinnahmte, ist dein impulsives, törichtes Verhalten. Du bist ein Narr. Und du hast verdient, was mit dir geschehen wird.

Sie spürte, wie das böse, machthungrige Bewusstsein, das nun an das ihre stieß, so etwas wie Überraschung fühlte, bevor die Erkenntnis über ihm hereinbrach.

Wut quoll überall aus ihm empor und prallte gegen den goldenen Käfig ihres Bewusstseins.

Was hast du getan?

Die Stimme die sie hörte war ebenso bösartig und hässlich wie das Gesicht das sie gesehen hatte.

Ich habe nichts getan. Es sind deine Taten, für die du dich verantworten werden musst. Dein Ende steht bevor, Ganon.

Ich werde dich vernichten. In Stücke reißen. Du wirst dir wünschen, dass du nie geboren worden wärst. Ich-

Das habe ich alles schon durch, Ganon, unterbrach sie sein wildes Toben.

Du kannst mir keine Dämonen schicken, die schlimmer sind als die, die ich selbst gegen mich in den Kampf geschickte habe. Ich habe keine Angst vor dir. Du wirst Hyrule nicht heimsuchen. Du wirst hier bleiben. An mich gebunden. Bis dein Vernichter auftauchen wird.

Schwarze, tiefdunkle, schmierige Energie klatschte an die Mauern ihres Bewusstseins und brachten sie zum Wanken. Aber er konnte ihr nichts anhaben. Das Beben endete sofort, als das bösartige Bohren sich zurückzog.

Siehst du?, sagte sie so herablassend wie sie konnte, während die heilige Kraft der Göttin sie einhüllte. Du kannst es natürlich weiter versuchen. Ich hoffe sogar darauf. Ansonsten werden die vielen Jahrzehnte sicherlich ziemlich langweilig werden.

Erneut erscholl ein Brüllen so laut und lange, dass es Zelda bestimmt ein Klingeln in den Ohren verschafft hätte, wäre das immer noch der Weg, auf dem sie hören würde.

Ganon wütete für Tage. Wochen. Monate.

Zelda wusste es nicht. Zeit hatte für sie nicht mehr dieselbe Bedeutung. Selbst in ihren Gebeten hatte sie Stunden verstreichen lassen können und gedacht, es wäre nur ein Augenblick.

Jetzt, gehalten von der stabilisierenden, zeitlosen Energie der Göttin, verschmolzen mit ihrer Macht, war Zelda selbst nicht mehr den Gesetzen des Landes unterworfen.

Die ersten Jahrzehnte verbrachte sie nur damit, Link beim Schlafen zu zusehen. Sie sah ihn nicht wirklich. Sie spürte ihn nur. Auch nicht die ganze Zeit.

Aber wenn sie es tat und ihre Fühler in die Richtung seiner Präsenz ausschickte, verspürte sie nichts als Frieden.

Endlich fand er den Schlaf, der ihm verwehrt gewesen war.

Endlich konnte er ruhen.

Und für Zelda war das alles was sie brauchte, um Ganons ungehaltenen Angriffen stand zu halten.

Sie wartete.

Darauf dass Link irgendwann erwachen würde.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Oh man. Es ist vollbracht. Das hier ist die erste längere Geschichte, die ich jemals wirklich beendet habe. Das hatte so viel mit euren lieben, motivierenden Worten zu tun. Ohne euch hätte ich nur für mich geschrieben und sehr viel länger gebraucht und vielleicht auch nicht bis zum Ende durchgehalten. Denn zwischendurch war es für mich nicht gerade leicht - ihr habt das hautnah miterlebt. Aber der Mittelteil einer Geschichte soll immer der Schwerste sein.
Ich kann das bestätigen.

Kommen wir zur Geschichte selbst:
ich habe mir durchweg große Mühe gegeben, mit an alle Vorgaben aus dem Spiel un dem Canon-Wissen zu halten. Mir ist so was sehr wichtig. Da wo mir die deutsche Übersetzung nicht gefiel, habe ich von der englischen geborgt, aber eben wirklich nur das, was das Spiel vorgibt.
Ich habe nur die Leerstellen gefüllt.
Der eine Ausrutscher mit Links Ohrringen, die ich ihm als kleines Detail der Eitelkeit angehängt habe, weil ich einfach nicht gründlich genug recherchiert habe, um herauszufinden, dass sie aus einem Shiekah Ritual stammen - hat mich wirklich geärgert.
Deswegen schmerzt es mich wirklich sehr, dass es bei meinem Ende einen Haken gibt. Einen großen:
es passt nicht mit den Informationen überein, die man aus Robelos Tagebuch erhält.
Mit Robelos Tagebuch vor Augen, passt auf einmal vieles in der Geschichte nicht mehr mit den Vorgaben des Spiels zusammen.
Das hat folgenden Grund: Ich kannte Robelos Tagebuch nicht.
Ich habe es einfach nicht gefunden. Ich wusste nicht, dass es existiert. Zufällig, bei einem Zusammenschnitt aler Cutszenen und Tagebucheinträge, bin ich darauf gestoßen.
Aber da war bereits alles geschrieben. Und mir gefiel das Ende und auch die anderen Details innerhalb der Geschichte, deswegen habe ich es nicht geändert und angepasst.
Viele von euch hätten sich mehr kreative Freiheit von mir gewünscht, als: hier ist sie.
Ich wollte euch nur mitteilen, dass es mir durchaus bewusst ist. Und dass es keine Absicht war.
Aber ich nehme das jetzt so hin. Das habe ich während des Schreibens ohnehin gelernt: Die Situation als das annehmen, was sie ist.
Und das Beste daraus machen.
Ich hoffe, keiner nimmt es mir übel.

Zum Ende:
Es herrschen hitzige Debatten darüber, ob Link in Erinnerung 17 stirbt oder nicht. Der Schrein des Lebens in der deutschen Fassung, heißt Schrein der Wiederbelebung im Englischen (grob übersetzt), was viele zu der Überzeugung führt, dass Link am Ende des schicksalhaften Tages von Ganons Erwachen, gestorben ist.
Ich hatte beim Spielen und Sichten der Erinnerung nie diesen Eindruck.
Die wunderbare Cossi, deren Spitzname eindeutig von 'kostbar' abgeleitet ist, hat mir diesen Eindruck bestätigt, indem sie das japanische Original (die einziger Übersetzung die relevant ist) durchforstet hat.
Link wird in den Schrein der Regeneration gebracht. Nicht der Wiederbelebung.
Noch andere Hinweise deuten darauf hin: Link ist nicht gestorben.
Ein Glück für unsere Zelda :)

Ich kann es nicht fassen, dass es vollbracht ist.
Eure Aufmerksamkeit, eure Zeit und eure lieben Worte erfüllen mich mit tiefer Demut. Ich danke euch! Ich habe die besten Leser.
Danke.
Eure scip Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  FairyZelda
2019-03-17T14:39:06+00:00 17.03.2019 15:39
Alles hat ein Ende. Leider auch so tolle Geschichten wie diese. Es ist irgendwie ungewohnt das kein Kapitel mehr kommen wird da man sich irgendwie daran gewöhnt hatte. Wahnsinn wie schnell doch so ein Jahr vergeht.

Liebe scippu, danke für diese wunderschöne, gefühlvolle und einzigartige Geschichte! : ) Ich hoffe das du weiter so tolle Geschichten mit uns teilst den dein Schreibstil ist echt Spitze!

Bis zum nächsten mal 👆🏻
LG FairyZelda
Von:  Wasser-Feuer
2019-03-08T20:10:53+00:00 08.03.2019 21:10
Ich hab diese Geschichte nur so zufällig gefunden und muss sagen man kann sich so gut reinversetzen und sieht die Zusammenhänge zum Spiel aber auch deine eigenen genialen ideen
Jeder kann sagen was er will aber diese Geschichte ist so unglaublich gut und detailliert geschrieben einfach unglaublich wenn man die als Buch kaufen könnte würde ich es sofort holen nur leider ist das ja wegen den rechten nicht möglich denke ich
Ich bin so froh das du diese gute Geschichte mit uns teilst und ich sie gefunden habe
Wie du bereits gesagt hast ging es dir nicht so gut für eine Zeit deswegen wünsche ich dir alles gute und hoffe das Beste für dich außerdem würde ich mich freuen wenn du weitere Geschichten teilst

Mittlerweile spiele ich das Spiel zum 4 ten mal einfach weil ich es so gut finde leider ist es zu einfach
Mich würde es sehr interessieren was du über die Theorie denkst das Link nicht aufgewacht ist sondern sich in einer von ganon erstellten Scheinwelt aufhält und Link analysiert also so was wie die Matrix
Außerdem würde es mich interessieren was du denkst was als nächstes Zelda Spiel kommt weil eigentlich sollte dieses Jahr ja noch eins rauskommen da wieder 2 Jahre um sind
Von:  Feuermalerin
2019-03-01T17:18:47+00:00 01.03.2019 18:18
Ich kanns nich glauben. Es ist tatsächlich vorbei.
So eine schöne Geschichte. Ich habs so genossen sie zu lesen.
Danke dafür.

Von: abgemeldet
2019-02-21T08:35:43+00:00 21.02.2019 09:35
Oh nein, vorbei. Irgendwie bin ich jetzt traurig. Das war eine wundervolle Geschichte und du hast einen bemerkenswerten Schreibstil. Das einflechten der Erinnerungen, zeldas und links Gedanken Welt und diese Emotionen, es war als würde man das Spiel nocheinmal spielen. Nur viel intensiver wahrnehmen. Schade das diese Geschichte nicht als Buch gedruckt wird, es hätte wirklich Potenzial. Ich hoffe du schreibst weiterhin so wundervolle Geschichten und hoffentlich kann ich sie dann wieder lesen. Alles Gute für dich und weiterhin viel Inspiration.

LG
Naruto90
Von: abgemeldet
2019-02-20T11:08:37+00:00 20.02.2019 12:08
Liebe scippu,
es war ein pures Vergnügen deine Fanfiktion zu lesen. Dein Schreibstill hat mich sehr angesprochen. Es liest sich einfach gut. Die Geschichte ist, meiner Meinung nach, gut gechrieben und ausbalanciert. Sie bringt zum Lachen, Weinen und Nachdenken. Ich muss sagen, du kannst nicht nur mit den Emotionen deiner Leser spielen, du verfügst über eine exzellente Beobachtungsgabe, was spiegelt sich in jeden einzelnen Charakter wieder.

Vielen Dank das du die Geschichte hier mit uns geteilt hast.

Liebe Grüße
Lela077

Von:  Seoko
2019-02-19T04:43:09+00:00 19.02.2019 05:43
Wie...? Ende...? Uh...meine Sucht ist zu einem abprubten Ende gekommen und meine Herzenssucht noch nicht einmal gestillt worden .... Oh man ich hab die letzten Tage durchgelesen wie ne Verrückte!!! Wahnsinn, dein Schreibstil ist der Hammer. Ich habe jedes Wort wie ein Schwamm aufgesaugt. So wunderschön und vielfältig wie du uns in eine andere Welt entführt hast, kann nicht jeder schreiben. Deine Metaphern - grandios! Deine bildlichen Darstellungen so amüsant und einprägend! Jede Figur hat einen echten Charakter den du ihnen eingehaucht hast. Aus link bin ich manchmal nicht schlau geworden vor allem an der Quelle des Mutes als er sie unwirsch anfährt und rumkommandiert.... omg ich hoffe so inständig auf eine Fortsetzung oder einen zweiten Teil das kannst du dir nicht vorstellen. Ich bin hinweggefegt worden von deinem Schreibstil. Würde sehr gern auch eigene Geschichten von dir lesen. 😍
Also nochmal aufrichtigen Dank für die amüsant unterhaltsamen Stunden mit so viel Herzklopfen, Ungeduld, freudiger Erwartung die du mir und sicher auch vielen anderen Lesern geschenkt hast 🤗
Von:  InukiLucy
2019-02-18T12:16:26+00:00 18.02.2019 13:16
Liebe Scippu,

Kapitel 19. Die Erinnerungsszene ist einfach herzzerreißend. Wenn Link in Zeldas Armen das Bewusstsein verliert... Ich konnte Zeldas Leid fast spüren. Dann die "Konversation" der beiden im Wagen. Der heimliche gestohlene Kuss. Und letztlich das Ende: Zelda, die über Links Schlaf wacht und Jahrzehnte darauf wartet, das er wieder erwacht (was mich hoffnungsvoll und unendlich wehmütig zugleich stimmt).

STILLE WASSER SIND TIEF- Für mich die wunderbarste Fanfiction, die ich jemals gelesen habe, ist nun zu Ende. Ich kann es irgendwie kaum fassen. Kein Warten mehr auf ein neues Kapitel. Einfach vorbei...

Scippu, über ein Jahr lang hast du mir mit dieser wunderschönen Geschichte Freude bereitet. Hast mich für die Charaktere Bangen und Hoffen, mich mit ihnen Weinen aber auch Lachen lassen. Ein einfaches Dankeschön wird niemals dafür ausreichen, das auszudrücken, was mir das Lesen dieser Geschichte bedeutet hat... oder für die viele Zeit und Energie, die du dafür investiert hast.

Ich habe stattdessen versucht, dir motivierende Kommentare zu schreiben und dich irgendwie zu unterstützen, um dir zumindest ein wenig meiner Dankbarkeit zu vermitteln.

Dabei musste ich immer wieder feststellen, dass du dir deiner Genialität in Bezug auf das Schreiben offenbar nicht bewusst bist (oder zumindest "warst"). Gerade deine letzte Einlassung, nämlich dass du dich bei den Kapiteln zwischen den Erinnerungen schwer tust oder dass du "noch nie ein längeres Projekt beendet" hast, weil du dich irgendwann "in der eigenen Idee verloren" hattest und "alles nur noch doof" fandest, spiegelt das eigentlich deutlich wieder. Oder auch so eine Aussage wie die, dass du in den letzten Kapiteln die Sensibilität dafür was du schreibst angeblich verloren hast.

Scippu, ja, dann in aller Deutlichkeit: Dein "freier Fall" in der Geschichte ist genau das, was dich und deine Geschichte so besonders macht! Weil du eben nicht nur die Erinnerungsvideos verschriftet, sondern sondern weil du sie als kleine Puzzlestücke in DEINE Geschichte mit eingebaut und trotzdem DEIN EIGENES gigantisches Epos erschaffen hast!

Ich glaube das ist es, was ich dir letztlich schon immer sagen wollte bzw. was ich dir von Herzen wünsche:

Sei dir deiner Stärke,
deiner Genialität,
sei dir dessen was du kannst, bewusst.

Du hast so viel Talent und es definitiv nicht nötig dich hinter Selbstzweifeln zu verstecken.

InukiLucy


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