Zum Inhalt der Seite

When Hate turns into Love

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Wald

Ich hatte Angst, schreckliche Angst. Ich wollte zurück, mir war es egal, dass ich ins Internat musste, wenn ich nur wieder in meiner mir bekannten Umgebung sein konnte. Ich wünschte Paul wäre hier. Er hätte sich bestimmt schon einen guten Plan überlegt. Die Erinnerung an Paul trieb mir Tränen in die Augen. Ich sehnte mich nach seinen liebevollen Umarmungen, seinen beruhigenden Worten. In der Schule war er der tolle Paul Ripley den alle mochten, doch zu Hause war er einfach Paul. Mein Bruder, der mich nach Hause trug, nachdem ich mir beim Spielen meinen Knöchel verstaucht hatte, der mich in seinem Bett schlafen liess, wenn es draussen blitzte und donnerte und der mir unzählige Geschichten über weit entfernte Länder erzählte. Ich machte ihm keine Vorwürfe, was sein Verhalten in Anwesenheit seiner Freunde anging. Ich nahm es hin und freute mich auf die Ferien.

Unterdessen liefen mir die Tränen wie kleine salzige Bächlein über meine Wangen. Ich versuchte mich zusammenzureissen und einen klaren Kopf zu bewahren. Ich war durch eine Zugtür in einen fremden Wald gelangt und stand nun auf einer Lichtung mit einer Laterne. Plötzlich kam mir ein Gedanke. Laternen waren von Menschenhand gemacht, dass musste bedeuten, dass es hier irgendwo Menschen gab die mir vielleicht sogar helfen konnten. Ich betrachtete die Bäume nun genauer und dachte nach. Wie sollte ich bloss wissen in welche Richtung ich nach den Menschen suchen sollte. Alles war unheimlich still. Kein Vogelgezwitscher war zu hören, kein Rascheln der Bäume und kein Knacken von Zweigen. Doch da war ein Geräusch aus weiter Ferne, was ich nicht sofort zu ordnen konnte. Wasser. Es war das friedlich Plätschern eines Baches und ich fasste Mut. Wenn ich nur dem Bach folgte, musste ich doch früher oder später auf Menschen treffen. Voller Zuversicht machte ich mich also auf den Weg, immer dem leisen Plätschern entgegen. Zum ersten Mal konnte ich mich ganz auf meine Umgebung konzentrieren. Trotz der seltsamen Stille, welche sich über den ganzen Wald ausgebreitet hatte, war es ein friedlicher Ort. Die Bäume waren dieselben wie ich sie aus England kannte. Birken und Buchen und grosse Ahornbäume. Doch sie waren noch viel grösser und das grün ihrer Blätter leuchtete kräftiger als das der Bäume aus meiner Heimat. Irgendwann spürte ich wie ich Hunger bekam und ich hatte Glück, als ich nur wenig später einen Strauch Brombeeren fand und ich ass so viele wie ich konnte. Die Beeren waren süsser als ich sie in Erinnerung hatte und langsam begann ich mich ernsthaft zu wundern was das wohl für ein Wald sein mochte.

Ich wusste nicht mehr wie lange ich unterwegs war, bis ich durch die Bäume das glitzernde Wasser des Baches erblickte. Es kam mir vor als wäre ich Stunden durch den Wald gelaufen. Ich liess mich auf meine Knie fallen und spritzte mir das kühle Nass in das Gesicht. Dann formte ich meine Hände zu einer Schale und tauchte sie ins Wasser um daraus zu trinken. Ich beschloss dem Bach seiner Flussrichtung zu folgen. Die Sonne stand hoch am Himmel und ich zog meine graue Jacke aus und band sie mir um meine Hüfte. Meine Kniestrümpfe rollte ich zusammen und verstaute sie in den grossen Taschen meiner Jacke. Der Bach schlängelte sich durch flaches Gelände und ich konnte ihm ohne grosse Anstrengungen und ohne mühsame Klettereien folgen. Hin und wieder machte ich eine kurze Pause und trank aus dem klaren Bach. Ich ass Beeren welche ich von den Sträuchern am Ufer des Gewässers pflückte. Als sich die Sonne gegen Westen neigte gelangte ich an einen uralten Damm. Er war halb zerfallen und das Wasser welches er stauen sollte, hatte sich in der Zeit einen Weg zwischen den Ästen durchgebahnt. Erst jetzt bemerkte ich, wie müde ich war und es wurde deutlich kühler sobald die Sonne tiefer sank. Ich entschloss mich, dass ich die Nacht hier verbringen würde. Der Biberdamm gab eine natürliche Deckung und Schutz vor dem kühlen Wind der auf einmal aufgezogen war. Ich löste meine Jacke von meiner Hüfte und zog sie an. Auch die Kniestrümpfe schützten mich ein wenig vor der Kälte. Im Schein der untergehenden Sonne pflückte ich noch einmal einige Beeren und fand sogar ein paar wenige Haselnüsse. Ich löschte meinen Durst mit dem eiskalten Wasser und legte mich dann im Schutz der morschen Äste schlafen. Meine Knie zog ich fast bis zum Kinn und ich schlang meine Jacke enger um mich. Meine Gedanken schweiften erneut zu Paul. Machte er sich grosse Sorgen? Vielleicht hatte er schon unserer Mutter geschrieben und man suchte schon längst nach mir. Wie gerne ich doch bei ihnen gewesen wäre und ihnen versichert hätte, dass es mir gut ging. Aber sie waren weit weg und ich war ganz alleine. Mein Blick wanderte hoch in das grosse Himmelszelt über meinem Kopf. Wie schon die Bäume waren auch die Sterne gleich und doch ganz anders. Sie strahlten heller und unzähliger als über London. Ich konnte auch keines der mir bekannten Sternzeichen erkennen. Was für eine sonderbare Welt ich doch nur gelandet war. Mit diesem Gedanken schloss ich meine Augen und die Müdigkeit übermannte mich und ich glitt in einen traumlosen Schlaf.
 

Als ich am nächsten Morgen erwachte, ging die Sonne gerade über den Wipfeln der Bäume auf und mir war unglaublich kalt. Meine Kleider waren vom morgendliche Tau ganz durchnässt. Die sanften Sonnenstrahlen vermochten das Kühl der Nacht noch nicht zu verdrängen und so konnte ich nur hoffen, dass ich mir keine Erkältung holte. Was ich am Abend zuvor in dem Dämmerlicht nicht gesehen hatte, war der grosse Apfelbaum ganz in der Nähe. Er stand nur wenige Meter nach dem Damm am Ufer des Baches und seine roten Früchte glitzerten. Als ich nähertrat, stellte ich fest, dass das Glitzern von den Tautropfen herrührte, welche sich auf den Äpfeln angesammelt hatten und das Sonnenlicht zurückwarfen. Ich pflückte ein paar der Früchte und setzt mich auf einen grossen Felsen. Das Licht der Sonne tauchte die Welt in ein goldenes Licht. Das Wasser funkelte wie Kristall und die Tautropfen auf den Gräsern und Blättern erinnerten mich an Sternenstaub. Als ich mein Frühstück beendet hatte, breitete ich meine Jacke auf dem Stein aus und pflückte so viele Äpfel wie ich tragen konnte und legte sie auf die Jacke. Dann nahm ich die Ecken und schnürte das Ganze mit meinen beiden Kniestrümpfen zusammen. Fertig war mein improvisierter Wanderbeutel. Ich fand sogar noch einen geeigneten Stock an den ich den Beutel hängte. Dann begab ich mich auf den Weg entlang des Baches und zum ersten Mal in meinem Leben verspürte ich eine gewisse Art der Abenteuerlust. Ich war immer ein Mensch gewesen, der gerne in der bekannten Umgebung blieb, alles geordnet und geregelt haben wollte und den neue und unerwartete Situationen schnell aus der Fassung brachten. Doch nun verspürte ich Stolz in mir aufkeimen und ich wünschte nun wirklich, dass mich mein Bruder sehen könnte: Seine kleine schüchterne Schwester alleine in einem ihr fremden Land auf Abenteuerreise.

Ich musste bei dem Gedanken grinsen und hüpfte nun sogar ein wenig. Doch meine Euphorie verliess mich mehr mit jeder Stunde die ich ging ohne auch nur einem einzigen Lebewesen zu begegnen. Die Sonne hatte ihren Zenit schon erreicht als ich mich zu einer längeren Rast am Bach, der nun vielmehr ein Fluss war, niederliess. Hier floss mein Fluss und ein anderer ineinander und setzten ihre Reise gemeinsam fort. In weiter Ferne erblickte ich eine seltsame Felsformation, welche aussah wie eine grosse Brücke. Es war mein letzter Apfel und als ich das Gehäuse in die Fluten des Flusses warf, vernahm ich plötzlich ein knacken zu meiner Rechten. Ich drehte mich erschrocken um, auf alles gefasst. Doch zu meiner grossen Verwunderung fiel mein Blick auf eine Rehkuh, welche zwischen den Bäumen hervorgetreten war. Mein Herzschlag beruhigte sich langsam und ich atmete ruhiger. „Du hast mich ja schön erschrocken.“, seufzte ich und strich mir eine blonde Locke aus dem Gesicht. Das Reh legte seinen Kopf schief und sah mich eindringlich an. Moment, ein Reh kann einem nicht eindringlich anschauen. Es kann einen nur ganz normal anstarren. Vielleicht bekam mir das ganze Abenteuer doch nicht ganz so gut wie ich gedacht hatte. „Flieh!“ Ich zuckte zusammen. Jetzt wurde ich wirklich verrückt. Doch in diesem Moment bewegte sich der Mund des Rehes und es wiederholte: „Flieh!“ Dann war es zwischen den Bäumen verschwunden. Ich stand völlig verdattert da und konnte mich nicht bewegen. Im nächsten Augenblick vernahm ich ganz in der Nähe Hufgeklapper und Stimmen. Menschen! Endlich, dachte ich mir und vor Erleichterung stiegen mir die Tränen in die Augen. Doch all diese Gefühle verflogen in dem Moment, als sie aus dem Wald kamen. Sie waren zu fünft und alle trugen dunkle Rüstungen welche im Licht der Sonne glänzten. Dazu war jeder mit einem Schwert bewaffnet und zwei trugen dazu noch Pfeile und eine Armbrust. Es dauerte nicht lange bis sie mich entdeckt hatten und meine Angst lähmte mich, sodass ich keinen Fuss vor den anderen setzen konnte. Sofort stiegen zwei von ihnen von ihren Pferden und eilten zu mir und im nächsten Augenblick wurden mir meine Hände auf dem Rücken verbunden und einer der Männer hob mich auf sein Pferd. Dann schwang er sich hinter mir in den Sattel und ich war zwischen ihm und dem Kopf des Pferdes gefangen. Er roch nach Schweiss und Metall. Er ritt vor den andern und deshalb konnte ich nicht alles verstehen was die anderen redeten. Sie sprachen mit einem Akzent, der mich stark an Spanisch erinnerte. „Glaubst du sie ist eine von Ihnen?“, meinte der eine mit einem leichten Lispeln. „Ganz klar. Sie hat hier bestimmt auf die Retter gewartet“, der Sprecher lachte heiser. Ein dritter mischte sich ein. Es klang als würde er die Zähne fest zusammenpressen. „Alles Hirngespinste. Die Herrscher der alten Zeit, der Löwe Aslan, nichts als alte Märchen, weitererzählt von alten Kindermädchen um die Bengel endlich ins Bett zu bringen. Dass Kaspian darauf hereinfällt ist nicht verwunderlich, aber Miraz?!“ Bestimmt schüttelte er gerade verächtlich den Kopf. Hundert Fragen drehten sich in meinem Kopf. Wer waren diese Männer, wer war Kaspian und wer war Miraz? Aber am meisten wunderte mich wer dieser Löwe Aslan war. Als der Soldat seinen Namen ausgesprochen hatte, überkam mich plötzlich ein Gefühl von Wärme und es war mir als würde ich Zimt und den Duft Mutters Parfum riechen. Plötzlich war ich wieder von Zuversicht erfüllt. Es war ganz sonderbar. „...da hast du Recht. Narnia gehört rechtmässig uns, seit Kaspian der Eroberer es von diesen Wilden befreit hatte.“ Narnia. War dies der Name dieses sonderbaren Landes in dem ich durch die Tür des Zuges gelangt war? Doch wo auf der Welt lag es? Ich hatte noch nie zuvor davon gehört.

Meine Gedanken wurden unterbrochen, als sich der Mann, auf dessen Pferd ich sass, zu Wort meldete. „Ruhe ihr Schwachköpfe. Ich will kein Wort mehr über diese Märchen hören und noch weniger will es General Glozelle, wenn wir zurück in Beruna sind.“ Von da an schwiegen die Männer.
 

Die Sonne war schon fast untergegangen und die Männer hatten sich mit Fackeln ausgerüstet, als ich in der Ferne den Schein vieler kleiner Lichter erkannte. Das musste Beruna sein, dachte ich. Und ich behielt recht.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück