Zum Inhalt der Seite

Coming Home

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Es wird (erst einmal) ziemlich deprimierend. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ach, animexx, du mit deinem Boys Love....*seufz* Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Vielen, vielen Dank für all die Kommentare! Es tut mir leid, dass ich nicht jedem individuell antworten kann. Aber ich lese eure Kommentare und freue mich sehr darüber!

Spätestens jetzt sollte man sich übrigens die Anbu-Staffel ins Gedächtnis rufen. Sonst bleibt die Frage, wer denn da nun auftaucht. ;-) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Nochmals danke für eure Kommentare. Es ist so schön zu wissen, dass das, was man schreibt, auch gelesen wird (und gerne gelesen wird!). ^^
Es ist Zeit, Yamato so langsam nach Hause zu lassen, hm? ;-) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Aww, erneut vielen Dank für eure lieben Kommentare. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So, nun bekommt ihr noch das letzte Kapitel der FF. Ich bedanke mich bei allen Lesern und vor allem bei den fleißigen Kommentarschreibern (euch kann ich gar nicht genug danken!).

Zum Schluss der Geschichte greife ich die beste Szene aus "The Last" auf ... den Abspann. ;-)
(Und entschuldigt den kurzen Rap im Kapitel. Der ist der Authentizität geschuldet. XD)
Ich bedanke mich noch einmal und wünsche viel Spaß beim Lesen des letzten Kapitels. ^^ Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

And though we cry,

We must stay alive.

 

Mumford & Sons: „Hot Gates“ aus Wilder Mind.

 

1.

 

Tsunade nickte, schüttelte ungläubig den Kopf und nickte wieder.

Kakashi verstand, weswegen ihre Reaktionen so widersprüchlich waren. Das, was er ihr gerade erzählt hatte, klang, als wäre es einem Albtraum entsprungen. Oder mehreren. Kaguya, die schwarze Zetsu-Masse, Obito, und schließlich Sasukes irrwitziger Plan. Er hatte das Gefühl, ihr versichern zu müssen, sich nichts davon ausgedacht zu haben.

„Was Sasuke betrifft, sollten wir das erst einmal für uns behalten“, ergänzte er und erntete ein zustimmendes Nicken der Anwesenden. Sakura und er hatten Naruto und Sasuke wieder zurück zu den Anderen auf das Schlachtfeld gebracht, wo unter Tsunades Order bereits in Windeseile ein improvisiertes Lazarett aufgestellt worden war. Der Krieg war vorbei, das Genjutsu aufgelöst, aber es blieben unzählige Verletzte, die versorgt werden mussten. Neben unzähligen Gefallenen, die geborgen werden mussten. Beim Anblick des mitgenommenen Team Siebens ließ Tsunade schnell einen abgetrennten Bereich im Lazarett errichten und sie dort hineinbringen. Nun kniete Sakura erschöpft zwischen einem sich stur wachhaltenden Sasuke und einem bewusstlosen Naruto. Ihre Verletzungen waren schlimm, ihr Blutverlust dramatisch, aber, so versicherte Tsunade Kakashi, sie würden es schaffen. Sai war irgendwann, während Kakashi der Hokage Bericht erstattete, hinzugekommen. Unsicher, ob er bleiben durfte, erklärte Kakashi ihm, dass er als Mitglied des Teams die Geschichte mitanhören sollte.

„Na schön“, sagte Tsunade schließlich und wandte sich Kakashi zu, der allmählich sichtbar Mühe hatte, auf den Beinen zu bleiben. „Immerhin hat dein Team die ganze Sache ohne Verlust überstanden.“

Ihr Satz traf Kakashi wie einen Blitzschlag. Nein, sein Team war nicht vollzählig, sie hatten einen Verlust erlitten. Aber es war zu bitter, es auszusprechen, er schaffte es nicht, Tsunade auf ihren Fehler hinzuweisen.

Er hatte einen Kameraden im Stich gelassen. Schlimmer noch, denn dieser ganze Krieg und alles, was zuvor geschehen war, lag ebenso in seiner Verantwortung. Während all dieser Wahnsinn geschehen war, hatte Kakashi kaum einen Gedanken an das Schicksal desjenigen verschwendet, der verloren gegangen war, bevor der eigentliche Kampf begonnen hatte. Nun jedoch, wo Obito wieder fort war, traf ihn die Erinnerung an den vermissten Kameraden wie ein plötzlich einsetzender Fieberschub.

„Tsunade-sama, das stimmt nicht“, unterbrach Sai Kakashis finstere Gedanken. „Yamato-taichou fehlt.“

Tsunades sowieso schon nicht erfreuter Blick wurde noch resignierter. „Ich weiß. Aber wir haben nicht einmal einen Anhaltspunkt, wo er sein könnte. Sobald ich einige Leute zusammen habe, die einsatzbereit sind, werde ich nach ihm suchen lassen.“ Sie schaute zu Kakashi und zögerte beim Anblick seines sorgenvollen Ausdrucks. „Ich denke, wir sollten vorsichtig damit sein, uns noch Hoffnung zu machen, dass-“

„Von wem redet ihr?“ Sasukes Stimme klang schwach und seine Augenlider schlossen sich immer wieder.

„Yamato-taichou“, erklärte Sakura mit müder Stimme. „Du hast ihn auch schon mal gesehen. Damals, als wir dich zum ersten Mal gefunden hatten. Er gehört zu unserem Team.“

Sasuke überlegte kurz. „Brünett, seltsames Stirnband, Mokuton?“

„Ja, das passt irgendwie als Beschreibung“, bestätigte die Kunoichi.

„Den habe ich gesehen.“

„Was?!“ Tsunade starrte den Uchiha fassungslos an. Kakashi tat es ihr gleich, aber war unfähig, etwas zu sagen. „Wann? Wo?“

„Als wir uns unter meinem Susanoo versteckten und das Genjutsu begann. Er fiel aus diesem Zetsu mit dem merkwürdigen Spiralgesicht.“

Sakura und Tsunade tauschten erschrockene Blicke aus, während Kakashi für ein paar Momente vergaß, zu atmen.

„Was für ein Zetsu? Was meinst du?“, fragte er irritiert nach.

„Das kann nicht sein“, hauchte Sakura entgeistert.

„Es ergibt Sinn“, murmelte Tsunade ebenso schockiert. „Der Zetsu wandte das Mokuton unheimlich geschickt an. Das hat mich die ganze Zeit gewundert. Aber warum sollte Yamato …?“

„Ich denke nicht, dass er uns angreifen wollte. Nein, das kann ich mir nicht vorstellen“, entgegnete Sakura. „Der Feind muss ihn dazu gezwungen haben.“

Da Kakashi seine Frage lautstark wiederholte, fasste Sakura ihm kurz die Begegnung mit dem unheimlichen Zetsu zusammen.

Ungläubig schüttelte er den Kopf. „Ich bin mir sicher, er würde uns nicht angreifen. Yamato würde so etwas nie tun.“ Determiniert blickte Kakashi zu Sasuke, der langsam in den Schlaf driftete. „Wo hast du ihn gesehen?“

„Etwa 800, 900 Meter südwestlich von hier.“

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, drehte Kakashi sich um und steuerte den Ausgang an.

„Warte mal“, stoppte Tsunade ihn. „Wo willst du hin?“

Seine Antwort bestand lediglich in einem Blick, der ihr sagen sollte: Das fragst du noch?

Die Hokage verstand, war allerdings trotzdem nicht einverstanden. „Du bist zu erschöpft. Ich werde jemand anderen schi- … Kakashi!“ Ihr wütender Einwand half nicht. Er hatte längst seinen Weg fortgesetzt. Empört schüttelte sie den Kopf. „Sai, kannst du ihn begleiten?“

„Natürlich.“ Der dunkelhaarige Shinobi machte eine knappe Verbeugung und ging schnellen Schrittes dem Anderen hinterher.

 

Kakashi störte sich nicht daran, dass Sai ihm folgte. Im Gegenteil. Es war beruhigend, Sai dabei zu haben, denn momentan war er sich nicht sicher, ob er die Distanz, die Sasuke genannt hatte, noch schaffen würde. Jede Faser seines Körpers schmerzte, jeder zweite Schritt drohte, in ein Stolpern abzugleiten und er hatte große Mühe, etwas zu sehen, da ihm ständig schwarz vor Augen wurde. Nein, sein Körper war nicht für zwei Sharingan und ein Susanoo geschaffen. Und dies merkte er nun bei jedem qualvollen Schritt. Doch auch wenn er nur langsam voran kam, Kakashi hatte es sich in den Kopf gesetzt, Yamato zu finden. Er konnte sein Versäumnis, den Anderen nicht schon längst gerettet zu haben, nicht mehr rückgängig machen. Aber verdammt, er wollte ihn nun finden!

Von Weitem erblickte Kakashi die riesige Holzstatue, die Sakura in ihrem kurzen Bericht erwähnt hatte. Sein sichtbares Auge weitete sich maßgeblich beim Anblick des gewaltigen Gebildes. Zu so etwas sollte Yamato in der Lage sein?

Er signalisierte Sai, rechts um die Statue zu gehen, während er selbst den Weg linker Hand abschreiten wollte. Sein Herz übersprang einen Schlag, als Kakashi im Schatten der hölzernen Statue eine zusammengekauerte Gestalt sitzen sah. „Tenzou!“

Yamato hatte seine Arme um seine Knie geschlungen und blieb regungslos sitzen, auch als Kakashi sich näherte. Der geistesabwesende Blick des jüngeren Shinobi verriet, dass er gedanklich nicht an diesem Ort war.

„Yamato!“, versuchte Kakashi, nachdem sein erster Ruf scheinbar ungehört verhallt war.

Immer noch keine Reaktion.

Mit wachsender Beunruhigung überlegte er, ob er auch noch „Kinoe“ versuchen sollte, doch diesen Namen wollte er nicht benutzen. Endlich bei Yamato angekommen, kniete Kakashi sich neben seinen Kameraden und war nun nah genug, um zu hören, dass der Jüngere unzusammenhängende Sätze murmelte.

„Ich versteh das nicht … gerade war doch noch … Konoha … nein, das hier ist nicht Konoha … wo bin ich dann? Das war … Sandaime? Das kann nicht ...“

„Yamato“, sagte Kakashi hörbar beunruhigt. Er packte ihn an den Schultern, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Doch Yamato sah ihn nur geistesabwesend an.

„Ich bin es, Kakashi.“ Er hielt die Schultern des Anderen fest und rüttelte ihn sanft. „Kakashi. Erkennst du mich?“

Langsam, sehr langsam klärte sich sein Blick. „Kakashi-sempai??“ Yamato starrte das fremdartig anmutende Stirnband seines Gegenüber an und ließ seinen Blick mit wachsendem Horror über Kakashis blutverschmierte Weste wandern. „Der Krieg!“, rief er plötzlich aus, während Sai sich von der anderen Seite näherte, aber unbeachtet blieb. „Der Krieg! Was ist mit dem Krieg?! Naruto! Was ist mit Naruto?! Bist du in Ordnung, Sempai?!“ Yamato krallte sich an Kakashis Armen fest.

„Ich bin in Ordnung, der Krieg ist vorbei, Naruto geht es gut.“

Beim letzten Punkt traf Kakashis Auge auf Sais fragende Miene und er hoffte, dass der Junge verstand, warum die Wahrheit hier nichts zu suchen hatte.

„Der Krieg ist vorbei? Naruto geht es gut. Naruto geht es gut“, wiederholte Yamato nach wie vor unter Schock stehend. „Es tut mir so leid, es tut mir so leid. Ich habe versagt. Ich habe alle in Gefahr gebracht.“

„Nicht doch.“ Kakashi schüttelte den Kopf. „Du hast nichts falsch gemacht. Es ist alles in Ordnung.“

„Kabuto! Ist Kabuto tot?“

Der Älteste der drei Anwesenden tauschte erneut einen Blick mit dem Jüngsten aus, ehe er antwortete. „Von Kabuto geht keine Gefahr mehr aus.“

Yamato erlaubte es sich nach dieser Antwort, kurz durchzuatmen, ehe er erneut etwas erschrocken ausrief: „Madara! Was ist mit Madara?!“

„Der ist tot.“ Verbittert dachte Kakashi daran, dass Yamato Madara tatsächlich nie begegnet war. „Yamato, woran kannst du dich erinnern?“

Yamatos Blick wurde wieder ein wenig wirrer, als er versuchte, sich zu erinnern. „Kabuto … Kabuto hat mich entführt. Da war Madara … es tut mir so leid, ich habe so viel verraten! Sie brauchten mich für Zetsus … so viele von denen! Und dann ...“ Er stockte und krallte seine Finger noch fester in die Arme seines Sempais. „Dann war da der Sandaime. Das kann doch gar nicht sein. Wo sollte der Sandaime …? Plötzlich konnte ich mich nicht mehr bewegen und dann … dann war ich wieder in Konoha. Und jetzt wieder hier. Da war dieses Ding.“ Er deutete mit seinen Augen nur leicht in eine Richtung. „Ich weiß nicht, was das war, es ist zerfallen.“

Kakashi erlaubte sich selbst, innerlich auszuatmen. Yamato schien es gar nicht mitbekommen zu haben, was mit ihm im Kampf geschehen war. „Es ist vorbei. Alles wird wieder gut.“ Sagte er dies zu seinem am ganzen Körper zitternden Kameraden oder zu sich selbst? „Wir bringen dich zu Tsunade, in Ordnung?“

Erst jetzt, als Sai mithelfen wollte, Yamato vom Boden aufzuhelfen, wurde er von diesem bemerkt.

„Sai! Sai! Geht es dir gut? Bist du verletzt?“

„Ich bin unverletzt, Yamato-taichou.“

Sie hoben ihn hoch und griffen ihm unter die Arme, um ihn zu stützen, da er von selbst nicht stehen blieb. Kakashi war nun umso erleichterter, Sai dabei zu haben. Dies hätte er alleine nicht mehr bewerkstelligen können.

„Sakura!“, rief Yamato aus, als sie sich auf den Weg gemacht hatten. „Was ist mit Sakura?“

„Ihr geht es auch gut“, antwortete Kakashi mit steigendem Unbehagen über Yamatos Zustand.

„Und Naruto geht es wirklich gut?“

„Selbst Sasuke ist wieder da“, erläuterte Kakashi.

„Selbst Sasuke? Genau wie in … warum war ich in Konoha? Ich war in Konoha.“

Kakashi wusste nicht, was er dazu sagen sollte, wie er ihm erklären sollte, dass er in einem Genjutsu gefangen gewesen war. Dass Obito die Welt wegen seines Fehlers ins Verderben hatte schicken wollen und dass sie gegen ein Alien gekämpft hatten. In diesem Moment wusste Kakashi nur, dass Yamato nichts davon wissen sollte, was mit Naruto und Sasuke passiert war, wie viel Leid es durch die Zetsus gegeben hatte, dass er von einem Zetsu auf das Schlachtfeld geführt worden war und dass nicht nur Kabuto frei herum lief, sondern auch Orochimaru wieder lebte.

Mittlerweile waren sie im Lazarett angekommen und Sai fragte, ob sie ihn zu den anderen bringen sollten.

„Nein“, antwortete Kakashi angespannt, als er sah, wie Yamatos Schock angesichts der vielen Verletzten schlimmer wurde. „Wir bleiben hier. Hol schnell Tsunade und sag ihr, was los ist.“

Sie legten ihn behutsam auf dem Boden ab, wo Kakashi neben ihm knien blieb, denn er schaffte es nicht mehr, aufzustehen. Sai lief los und kam kurz darauf mit Tsunade wieder.

„Tsunade!“, entfuhr es Yamato, als er sie erblickte. „Es tut mir so leid! So leid! Ich ...“ Der Rest ging in einem elenden Schluchzen unter.

„Mach etwas. Bitte“, forderte Kakashi sie nervös auf.

Die Hokage zog eine Spritze aus einem kleinen Fläschchen auf. „Ich kann ihn hier nur grob untersuchen. Zum richtigen Durchchecken müssen wir ihn wie alle anderen nach Konoha bringen.“ Sie setzte Yamato die Injektion und keine zwei Sekunden später wurde er bewusstlos.

Kakashi atmete laut aus. „Kümmere dich um ihn, ja?“

„Was hast du denn jetzt schon wieder vor?“, fragte sie erbost.

„Nichts. Ich werde nur ohnmächtig.“

Geradeso hatte er den Satz beendet, als er zu Boden fiel und nur dank Sais schneller Reaktion nicht auf dem harten Boden aufschlug.

Verwirrt blinzelte Yamato das über ihm befindliche Zeltdach an. Es war alles noch ein bisschen verschwommen, doch trotzdem fragte er sich, warum er nicht erkennen konnte, wo genau er war. Ebenso konnte er sich nur vage daran erinnern, was zuvor passiert war. War er nicht in Konoha gewesen? Das hier war mit ziemlicher Sicherheit nicht Konoha. Es roch unangenehm, nach Blut, Schweiß und sonstigen Gerüchen, die er gar nicht näher benennen wollte. Was noch viel beunruhigender war, war die Tatsache, dass er sich kaum bewegen konnte. Yamato versuchte, irgendeine seiner Gliedmaßen zu bewegen, jedoch fühlte sein gesamter Körper sich schwach und schmerzhaft an. Das ergab keinen Sinn. Er war doch eben noch in Konoha gewesen.

Oder …

Nein, das stimmte nicht. Er war in Kabutos Gefangenschaft gewesen und dann …? Was war dann geschehen? Die Erinnerungen, die er abrufen konnte, waren entsetzlich widersprüchlich. Einerseits war er in Konoha gewesen, andererseits hatte er mit dem Sandaime geredet und später mit Kakashi. Irgendetwas stimmte hier nicht. Er musste vorsichtig sein. Vielleicht befand er sich immer noch in Feindeshand.

Als er erneut blinzelte, um endlich wieder klar sehen zu können, kam eine junge Frau in sein Sichtfeld, die sich an seine Seite setzte und sich zu ihm hinunter beugte. Sie schien froh darüber zu sein ihn zu sehen.

„Wie schön, du bist wach. Wie geht es dir?“

Er musterte sie einen Moment lang, ohne sie einordnen zu können. Sie hatte einen Punkt auf der Stirn.

„Tsunade?“, fragte er vorsichtig.

Die Frau stutzte. „Nein.“ Sie schüttelte leicht ihren Kopf. „Ich bin es. Sakura.“

Sakura?!

Nun starrte er sie entsetzt an. Das war sicher nicht Sakura. Yamato wusste, wie Sakura aussah, er hatte sie eben noch gesehen. Sakura war ein junges Mädchen und vor allem besaß sie nicht so einen Punkt auf der Stirn. Wenn nun aber diese Frau behauptete, Sakura zu sein und er ganz sicher wusste, dass dies nicht Sakura war …. Yamato zog scharf die Luft ein. Dann war diese Frau eine Betrügerin, vielleicht sogar ein Feind. Glaubte sie wirklich, ihre nachlässige Aufmachung könnte ihn täuschen? Seine Möglichkeiten waren furchtbar begrenzt. Es war ihm definitiv nicht möglich, sich gegen sie zu wehren, sollte sie ihn angreifen wollen. Wahrscheinlich gehörte sie zu Kabuto, da musste er auf alles gefasst sein. Panik kroch in ihm hoch. Hatte das nie ein Ende?

„Yamato-taichou, hast du Schmerzen?“, fragte sie, als sie sah, wie seine Atmung schneller wurde und sein Blick verkniffener wurde. Sie wollte eine Hand auf seinen Brustkorb legen, als er es schaffte, seinen rechten Arm zu heben und damit ihre Hand festzuhalten und zu stoppen.

„Ich weiß, dass du nicht Sakura bist“, sagte er so kalt wie es nur ging.

„Was?“ Die Frau stutzte erneut. „Doch, ich bin es. Erkennst du mich nicht?“

Die Scharade konnte sie sich schenken, er hatte sie durchschaut. „Wenn du der echten Sakura etwas angetan hast ...“

„Aber ich bin es doch!“ Ihr Blick wurde trauriger, als sie versuchte, sich mit ihrer anderen Hand aus seinem laschen, aber verzweifelten Griff zu befreien.

„Geh weg!“, rief Yamato, wohl wissend, dass es wahrscheinlich hoffnungslos war. „Verschwinde!“

Plötzlich erschien eine weitere Person in seinem Sichtfeld. Es war ohne jeden Zweifel Sai.

„Yamato-taichou, das ist Sakura.“

„Warum erkennt er mich nicht?“, hörte Yamato ihre traurige Stimme, doch er ignorierte sie.

„Sai, das ist nicht Sakura! Lauf weg!“

Wieso fiel Sai darauf hinein? Er musste doch erkennen können, dass diese Frau sich zu sehr von Sakura unterschied.

Sai hielt Yamato fest, sodass Sakura ohne viel Anstrengung ihre Hand befreien konnte und hastig ein Fläschchen samt Spritze aus ihrer Weste holen konnte.

„Sai!“, rief Yamato ein letztes Mal verzweifelt, während dieser ihn vorsichtig zu Boden drückte. Noch einmal sah er in das verängstigte Gesicht der Frau, die so tatsächlich plötzlich Ähnlichkeit mit Sakura hatte. Dann wurde es sehr, sehr dunkel.

 

Kakashi war mehr als unglücklich, als er hörte, was passiert war, während er bewusstlos gewesen war. Nach zwei Tagen hatte Tsunade ihn mit Gewalt geweckt und Kakashi fühlte sich noch genauso schrecklich wie zuvor. Die Allianz hatte zusammengepackt und war bereit, sich wieder in ihre jeweiligen Dörfer zu begeben. Mit wackeligen Beinen stand Kakashi auf und hörte sich an, dass Yamato beim Anblick von Sakura eine Art Panikattacke gehabt hatte. Tsunade erklärte ihm, dass sie ihn nicht immer wieder ruhig stellen konnten. Nicht zuletzt, weil ihnen bald das Beruhigungsmittel ausgehen würde. Für den Rückweg nach Konoha blieb Yamato wach und bekam gerade so viel, dass er nicht in eine Panikattacke abrutschen konnte. Kakashi blieb an seiner Seite und wiederholte immer wieder, dass der Krieg vorbei war und dass er sich keine Sorgen machen musste. Er versuchte, ihm klar zu machen, dass er zwischenzeitlich in einem Genjutsu gefangen gewesen war und nein, er brauchte sich wirklich keine Sorgen mehr zu machen. Etwa im Zweistundentakt fragte Yamato panisch nach, ob es Naruto gut ginge und auch dies bestätigte Kakashi ihm immer wieder.

Kakashi wusste nicht, was er erwartet hatte. Vielleicht hatte er gar nichts erwartet, als er losgezogen war, um Yamato zu finden, vielleicht hatte er erwartet, den gleichen Mann vorzufinden, den er zusammen mit Naruto und Gai vor einer halben Ewigkeit weggeschickt hatte. Ein verängstigter Teil von ihm hatte sicher auch damit gerechnet, dass es Yamato aufgrund der Ereignisse nicht gut gehen würde. Aber das hier? Das hatte er nicht erwartet.

Nervös wippte Kakashi mit einem Fuß auf dem Boden, während er neben seinem Kameraden saß und darauf wartete, dass Tsunade wiederkam. Sie hatten, nachdem sie Konoha erreicht hatten, Yamato in ein kleines Untersuchungszimmer gebracht. Die restlichen Zimmer des Krankenhauses waren hoffnungslos überfüllt und Tsunade hatte wegen seines bisherigen Verhaltens Bedenken, ihn zu jemand anderem ins Zimmer zu legen. Inzwischen war es Nacht geworden und Kakashi blickte ungeduldig abwechselnd zur Tür und zu Yamato, der erstaunlich ruhig geworden war, aber immer noch so verschreckt und durcheinander wirkte, dass Kakashi ihn nicht alleine lassen wollte.

Yamato war sein Erfolgserlebnis gewesen, dachte er verbittert, während er ihn ansah. Bei allen anderen hatte er versagt, nur bei ihm nicht. Und das war nun das Ergebnis dieser ach so großartigen Leistung. Wenn er Yamato auch mal gerettet hatte, jetzt zählte es nicht mehr.

„Kakashi-sempai“, sagte er leise, während eine seiner Hände sich an der dünnen Decke festhielten, die eine der Schwestern ihm übergelegt hatte, und für einen kurzen Moment hatte Kakashi Angst, er würde erneut fragen, was los wäre oder ob Naruto in Ordnung wäre. „Du warst nicht in dem Genjutsu gefangen, richtig?“

Der Angesprochene atmete erleichtert, aber ungehört, aus. „Nein, Sasuke hatte uns davor beschützen können. So konnten wir dann gegen ...“

Yamato nickte. „Ja, das hast du erzählt. Das ist verwirrend.“

„Wem sagst du das?“ Kakashi fuhr sich mit beiden Händen durchs größtenteils verdeckte Gesicht. Er hatte überlegt, Yamato danach zu fragen, was dieser während des Genjutsus geträumt hatte, allerdings hatte er zu viele Bedenken und ließ es daher bleiben. Es gab so viel, was in Frage kam. Yamato hatte sich vielleicht Orochimaru oder Danzou weg gewünscht oder sich eine Kindheit, gar ein ganzes Leben außerhalb der Anbu gewünscht. Auch wenn Kakashi wusste, dass das Anbu-Dasein ihm scheinbar nie etwas ausgemacht hatte. Und er wusste ebenso, mit wem dies zusammenhing und vielleicht hatte er auch genau deswegen Angst davor, seinen Kohai nach dessen Traum zu fragen.

Ja, das war feige und egoistisch. Aber im Augenblick wollte Kakashi nichts ansprechen, was Yamato nur weiter aufregen würde. Nur der Rest von Team Sieben und Tsunade wussten von der Zetsu-Angelegenheit und sie hatten beschlossen, dass dies auf jeden Fall so bleiben musste. Es war sicher keine gute Grundlage für die weitere Allianz, direkt nach dem Krieg schon wieder Geheimnisse voreinander zu haben, doch je mehr Leute von dieser Angelegenheit wussten, desto mehr Möglichkeiten gab es für Yamato, davon zu erfahren. Und das mussten sie verhindern. Tsunade hatte sie ebenso eingeschworen, ihm unter gar keinen Umständen von Kabuto oder Orochimaru zu erzählen. Sie war offensichtlich beunruhigt, was seine mentalen Zustand betraf. Was Kakashi wiederum zutiefst beunruhigte.

„Sempai?“

„Ja?“ Jedes Mal, wenn Yamato das Wort ergriff, wurde Kakashi zu seinem eigenen Leidwesen merklich nervös.

„Wieso habe ich mit dem Sandaime geredet?“ Yamato wusste, wie seltsam seine Frage klang. Sein Blick verriet, dass er sich selbst nicht mehr über den Weg traute.

„Edo-tensei“, antwortete der Ältere erschöpft, ehe er seinen Fehler bemerkte.

„Edo-tensei? Aber nur Kabuto und Orochimaru konnten doch-“

„Nein, jemand aus Iwa konnte das wohl auch.“

„Wirklich? Verstehe.“

Die halbherzige, hastige Lüge über den Iwa-Ninja geriet schnell in den Hintergrund, als sich (endlich, endlich) die Tür öffnete und Tsunade eintrat. In den Händen hielt sie einige Testergebnisse.

„In Ordnung, bisher haben wir nichts Dramatisches finden können. Da ist ein Rest von einem uns noch unbekannten Gift, das vermutlich dafür verantwortlich ist, dass dein Chakra blockiert ist. Allerdings habe ich das Labor schon darauf angesetzt und die werden ein Gegengift finden. Ansonsten wirst du dich jetzt erst einmal eine Zeitlang erholen, um wieder zu Kräften zu kommen. Alles klar soweit?“

Noch während Yamato nickte und sich bedankte, fuhr Tsunade fort:

„Kakashi, kann ich dich wegen einer anderen Sache kurz vor der Tür sprechen?“

Er erhob sich langsam und ging mit einem an Yamato gerichteten „Bin gleich wieder da“ mit der Hokage auf den Flur, wo er ohne zu zögern fragte:

„Wie schlimm ist es wirklich?“

Tsunade runzelte die Stirn, nicht überrascht, dass er sie durchschaut hatte. „Das Labor hat keine Ahnung, was für ein Gift das sein soll. Das ist eindeutig Kabutos Werk.“

„Und ist es gefährlich?“

„Nein, das denke ich nicht. Ich mache mir auch eigentlich mehr Sorgen um seinen sonstigen Zustand.“

„Das kriegst du wieder hin, oder?“ Kakashi gefiel ihr ausweichender Blick nicht, den er als Antwort erhielt. Tsunade war eine Frau direkter Worte. Wenn sie zögerte, verhieß das nichts Gutes.

„Ich denke, wir verlegen in erst einmal in den fünften Stock. Nur fürs Erste.“

Entgeistert musterte Kakashi seine Vorgesetzte, um zu sehen, ob das ihr Ernst war. „Nein“, entgegnete er mit fester Stimme. „Ich weiß, dass das schon immer die Etage für hoffnungslose Fälle gewesen ist. Ich war lange genug bei den Anbu. Ich habe viele Leute gesehen, die dorthin gebracht wurden und nicht mehr zurückgekommen sind. Da kommen die hin, die den Verstand verloren haben. Und das ist bei Tenzou nicht der Fall.“

„Er muss irgendwo hin“, antwortete Tsunade und unterdrückte ihren Unmut darüber, dass ihre Entscheidung in Frage gestellt wurde. „Das ist erst einmal die beste Lösung. Ich sage nicht, dass er den Verstand verloren hat oder ein hoffnungsloser Fall ist. Und ich kenne die Vorurteile, die dieser Abteilung anhaften, aber Tatsache ist, dass wir ihn nicht zu den anderen Verletzten legen können. Das ist eine vorübergehende Lösung. Vertrau mir, Kakashi.“

Kakashi überlegte noch, was er antworten sollte, als sie Yamatos Stimme hörten.

„Kakashi-sempai, bist du noch da?“

So schnell wie es ihm möglich war, kehrte er in das Untersuchungszimmer und an Yamatos Seite zurück.

„Was ist los?“

Sichtlich verängstigt griff Yamato mit einer Hand nach dem Arm des Älteren und hielt diesen fest. „Ich hatte befürchtet, du wärst weggegangen.“

Während ein ungutes Gefühl seinen Rücken hinunterkroch, drehte sich Kakashi noch einmal zu Tsunade um und bevor die Tür wieder in Schloss fiel, sah er ihren Blick. Es tat ihr überaus leid, Recht zu haben.

 

Krankenhauszimmer versprühten nie sonderlich viel Charme, dachte Kakashi, während er sich in dem kleinen, tristen Raum umsah. Aber die Zimmer in der fünften Etage schienen ihm noch eine Spur schlimmer zu sein. Keine Dekorationen, kein Möbelstück zu viel, denn man wollte den Patienten hier schließlich keine Möglichkeit geben, sich an irgendetwas verletzen zu können. Er hätte Tsunade nicht nachgeben dürfen. Dies war kein Ort für Yamato. Bitterlich bereute Kakashi seine Zustimmung zu Tsunades Vorschlag, als er aus dem vergitterten Fenster schaute. Es war schon dunkel, die Besuchszeit lange vorüber, doch für ihn wurde immer eine Ausnahme gemacht.

„Du musst nicht hergekommen, wenn du nicht willst. Ich weiß, wie trostlos es hier ist.“

„Ich bin deinetwegen hier, nicht wegen des Ambiente.“ Kakashi lächelte ein schwaches (aber das beste, zu dem er sich aufraffen konnte) Lächeln in Yamatos Richtung. Der Jüngere war ruhiger geworden, seit er vor einigen Wochen hierher gebracht worden war. Er war weniger panisch, weniger angsterfüllt, aber viel, viel zu ruhig, wie Kakashi fand. Yamato sagte kaum etwas und zeigte sich meistens erschreckend apathisch. Nach wie vor war er ein Musterbeispiel an Höflichkeit, jedoch war ansonsten nicht viel von ihm übrig geblieben. Kakashi vermisste ihn schrecklich.

Außer ihm kamen auch Sakura und Sai regelmäßig vorbei, aber auch sie erreichten bei ihm nicht viel. Naruto wollten sie (trotz dessen anfänglichen Protests) aus dem offensichtlichen Grund erst noch fern halten. Irgendwann hatte Yamato aufgehört, nach ihm zu fragen, so wie er sowieso aufgehört hatte, an irgendetwas wirkliches Interesse zu zeigen. Immer, wenn Kakashi zu ihm kam, fragte er lediglich, wie es dem Anderen ginge und ob im Dorf alles in Ordnung wäre, und Kakashi erzählte ihm vorsichtig gefilterte Begebenheiten. Mit Tsunades Zustimmung hatte er einen Testlauf gemacht, erzählt, wie es Gai ging. Es war schon zu viel gewesen. Manchmal fühlte Kakashi, wie er in Yamatos Nähe einen Druck in der Brust verspürte. Er wollte ihm sagen, was tatsächlich passiert war, wer tatsächlich diesen Krieg angezettelt hatte und vor allem weswegen. Aber genau wie damals schon schien es besser zu sein, so wenig wie möglich zu sagen.

Je mehr Tage, Wochen ins Land zogen, desto mehr fühlte Kakashi sich an ein anderes Damals erinnert. Wenn er daran dachte, wurde ihm schlecht. Sein Witz über das Ambiente hatte bei Yamato nicht mehr als ein flüchtiges (viel zu flüchtiges) Lächeln, das gerade mal so als solches erkennbar gewesen war, ausgelöst. Hilflos versuchte Kakashi, die angespannte Stimmung zu lockern.

„Ich bin kein Experte für Inneneinrichtung, aber selbst im Dunkeln würde ich das besser hinbekommen, meinst du nicht auch?“

Er erhielt die gleiche halbherzige Reaktion wie vorhin als Antwort. Alle Konversationsversuche verloren sich zu schnell im Sand.

 

Ich habe den Hunden heute ein neues Jutsu beigebracht. Ganz alleine!“

Das ist schön.“

„Willst du es sehen?“

„Nicht jetzt, Kakashi. Nicht jetzt.“

 

Kakashi schüttele ungesehen seinen Kopf, um die Erinnerung loszuwerden. „Hast du heute mal nach draußen gesehen? Es hat schon wieder mächtig geschneit.“ Natürlich war es nicht besonders kreativ über das Wetter zu reden, aber er klammerte sich hier an jeden Strohhalm.

„Nein. Habe ich nicht gesehen.“

 

Kommst du mit nach draußen? Du warst schon so lange nicht mehr draußen.“

Nein, Kakashi. Ich möchte nicht rausgehen.“

 

„Eigentlich ...“, begann Yamato, „ich möchte gerne schlafen. Kannst du die Schwester fragen, ob sie mir das Schlafmittel bringt?“

„Natürlich.“

 

Ich bin müde, Kakashi. Entsetzlich müde.“

 

Kakashi schaffte es gerade noch, der Schwester Bescheid zu sagen, die Station zu verlassen und die Treppe hinunter zu rennen, um in die Besuchertoilette zu stürmen, sich die Maske hinunter zu reißen und das Bisschen, was er über den Tag gegessen hatte, hinaus zu würgen. Erschöpft rutschte er auf dem Boden zurück und lehnte sich gegen die Wand. Um diese späte Stunde musste er sich keine Sorgen machen, dass jemand ihn gesehen haben könnte. Außer natürlich die Frau, die er nun aus dem Augenwinkel betrachtete und die ein paar Tücher nassmachte und ihm brachte.

„Was war das denn?“, fragte Tsunade argwöhnisch, als sie sich neben ihn setzte. „Bist du krank?“ Sie legte eine Hand auf seine Wange und Stirn. „Scheint kein Fieber zu sein.“ Sein verdecktes Auge musternd, führte sie ihre provisorische Untersuchung fort. „Stimmt mit dem neuen Auge etwas nicht?“

„Das ist in Ordnung“, erklärte er knapp. „Nur gewöhnungsbedürftig.“

„Hast du es denn auch schon mal benutzt? Du solltest es nicht verdecken, das ist nicht gut. Ich denke nicht, dass Naruto dir noch eins machen kann.“ Die Hokage zog das Stirnband von seinem Auge hoch.

Das Auge blinzelte ein paar Mal unwillkürlich.

„Tsunade, warum geht es ihm noch nicht besser?“, fragte Kakashi nach einer kurzen Phase des Schweigens.

Ein Seufzer verließ ihre Lippen. „Manchmal dauert es eben etwas, eine traumatische Erfahrung zu verarbeiten. Und manchmal kann dies ewig dauern.“ Ihr gefiel der traurige Ausdruck nicht, den Kakashis Gesicht angenommen hatte. Ohne das Stück Stoff in seinem Gesicht sah er viel verletzlicher aus.

„Du musst ihm helfen. Bitte.“

Sie schüttelte sachte den Kopf. „Es gibt Verletzungen, bei denen medizinisches Ninjutsu nicht weiterhilft.“

„Ich will nicht, dass es so endet.“

Irritiert sah Tsunade ihn an. „Er wird nicht daran sterben.“

„Es wird genau so enden. Und ich kann wieder überhaupt nichts dagegen tun.“

Endlich verstand die Hokage, was der Jüngere meinte. Sie konnte es kaum fassen. „Nein, das wird es nicht. Das ist nicht das gleiche, hörst du, Kakashi? Es ist nicht das gleiche wie bei deinem Vater.“

„Es kommt mir aber haargenau so vor.“ Seine Stimme war brüchiger geworden, offensichtlich kämpfte er bei jedem Wort mit der Erinnerung an den Niedergang seines Vaters. Es verunsicherte Tsunade. Sie wusste, wie viel unsagbares Leid der Mann, der hier, mitten in der Nacht, verzweifelnd neben ihr auf dem Boden einer öffentlichen Toilette hockte, schon hatte durchmachen müssen. Und wie wenig sie getan hatte, um ihm zu helfen. Nein, sie war nicht besonders gut in solchen Situationen, noch nie gewesen. Dabei bedeutete er ihr so viel mehr, als sie ihm je gesagt oder gezeigt hatte.

„Hör zu“, sagte sie ihm, gleichzeitig tröstend und bestimmt, „das wird nicht passieren. Was auch immer nötig sein wird, ich, wir werden Yamato nicht aufgeben, in Ordnung?“ In einer etwas unbeholfen wirkenden Geste legte sie einen Arm um Kakashi, so wie sie es schon vor Jahren (Jahrzehnten!) hätte getan haben sollen. „Du musst das nicht alleine durchstehen.“ Nicht wieder, ergänzte sie in Gedanken.

Für eine unbestimmte Zeit saßen sie schweigend auf dem Boden, ehe Kakashi sich aus der Umarmung löste. „Danke“, sagte er mit ausweichendem Blick und sich zeitgleich die Maske wieder hochziehend. Tsunade ahnte, dass es ihn in seinem Stolz kränkte, von ihr in dieser verletzlichen Verfassung gesehen worden zu sein.

„Muss ich mir Sorgen um dich machen?“

Kakashi schüttelte den Kopf, während er sich vom Boden erhob. „Ich mache keine Dummheiten. Keine Sorge. Jemand muss ja schließlich noch auf Naruto aufpassen.“

Dies beruhigte die Hokage nur bedingt, allerdings konnte sie sich darauf verlassen, dass Kakashi pflichtbewusst war. „Weißt du, Naruto ist noch etwas zu jung, um meine Nachfolge anzutreten.“ Sie stand nun auch wieder und sah ihrem Gegenüber in die ungewohnt gleichartigen Augen. „Und es wurde ja schon einmal ein Nachfolger für mich bestimmt.“

Kakashi hielt die Luft an.

„Diese Wahl hat auch meine Zustimmung“, fuhr sie fort.

„Das ist nicht dein Ernst.“

„Bitte denk darüber nach. Es gibt niemanden, der besser geeignet ist. Ich glaube, es würde dir gut tun.“

Während er innerlich das letzte Gespräch durchging, das er mit Obito geführt hatte, konnte er ihr nicht mehr geben als das Versprechen, darüber nachzudenken.

Zwei Tage später raffte Kakashi sich zu einem weiteren Besuch bei Yamato auf und fühlte sich sogleich schlecht, weil er es gedanklich „aufraffen“ genannt hatte. Es sollte sich nicht so anfühlen, Yamato zu besuchen, aber es ließ sich nur noch schwer leugnen, dass dem so war. Nur kurz nachdem er das Zimmer seines Kohai betreten hatte, bemerkte er, dass es noch etwas gab, das er bereuen musste.

„Kakashi ...“ Yamato starrte ihn von seinem Bett aus entsetzt an. „Kakashi! Dein Auge!“

Er hatte nicht daran gedacht, sein linkes Auge wieder mit seinem Stirnband zu verdecken.

„Dein Auge! Was ist mit deinem Auge?! Das Sharingan-“

Kakashi ging an die Seite des Jüngeren. „Alles ist in Ordnung. Ich habe das Sharingan im Kampf verloren, aber alles ist in Ordnung, okay?“

„Dein Sharingan ist weg!“ Yamato starrte ihn weiterhin entgeistert an. „Wie … woher hast du ein neues Auge?“

„Naruto hatte zwischendurch die Fähigkeit ...“ Kakashi stockte, unsicher, was er eigentlich sagen wollte. „Naruto konnte mir ein neues Auge geben. Das klingt verrückt, ich weiß.“

„Naruto?!“, entfuhr es Yamato und Kakashi befürchtete, dass er, anstatt die Panikattacke abzufangen, sie noch schlimmer gemacht hatte. „Wo ist Naruto überhaupt? Wieso habe ich ihn noch nicht gesehen?“

„Er musste sich ausruhen.“

„Du sagst mir irgendetwas nicht! Warum verheimlichst du mir etwas?“

War es überhaupt noch möglich, alles noch schlimmer zu machen? Kakashi haderte kurz mit sich selbst, ehe er einen Entschluss fasste. Vielleicht war eine Flucht nach vorn der einzige Weg.

„Du möchtest mit Naruto sprechen?“

„Ja!“

„In Ordnung.“ Kakashi hatte ein ungutes Gefühl dabei, doch er konnte sich inzwischen schon gar nicht mehr daran erinnern, wie es sich anfühlte, kein ungutes Gefühl zu haben. „Du musst aber wissen, dass er verletzt wurde. So schlimm es auch aussehen mag, Tsunade ist schon dabei, ihn wieder hinzubekommen. Hast du das verstanden?“

Yamato nickte, eine Mischung aus Angst und Fassungslosigkeit immer noch in seinen dunklen Augen sichtbar.

Der ältere Jonin brauchte nur ein paar Minuten, um Naruto zu finden und ihn zu Yamatos Zimmer zu bringen. Bevor er ihn hinein brachte, wiederholte er, dass alles in Ordnung war, trotzdem riss Yamato voller Entsetzen die Augen auf, als er auf Narutos noch nicht wieder vollständig hergestellten Unterarm blickte.

„Yamato-taichou, du musst dich nicht aufregen. Tsunade kriegt das wieder hin.“ War das Einbildung oder klang selbst Narutos Stimme in diesen tristen Hallen weniger optimistisch?

„Naruto!“, rief er aus, während seine Atmung sich massiv beschleunigt hatte. „Naruto, dein Arm!“

Hilfesuchend blickte der junge Ninja zu seinem Lehrer. Nein, es war keine Einbildung. Selbst Naruto war hiermit überfordert.

„Alles wird wieder gut“, versuchte Naruto ratlos. „Mach dir keine Gedan-“

„Wie kannst du das sagen?! Wie konntet ihr mir das nicht sagen?!“, unterbrach Yamato ihn verzweifelt.

„Bitte beruhige dich, Yamato-taichou. Wir werden dich auch wieder hinbekommen. Und wenn wir Kabuto ausfindig machen müssen, um dir zu helfen, wir-“ Er stoppte, als Kakashi ihn erschrocken anblickte.

„Kabuto?“, hauchte Yamato irritiert.

„Äh, ich meine … nein … das habe ich nie gesagt“, stammelte der junge Shinobi, während er in Schweiß ausbrach und seinem Lehrer einen entschuldigenden Blick zuwarf.

„Doch, du hast … du hast Kabuto gesagt.“ Ungläubig sah Yamato zu Kakashi. „Was soll das bedeuten? Kabuto ist doch tot, nicht wahr?“

Er zögerte mit seiner Antwort.

„Kakashi? Kabuto ist tot, nicht wahr? Das hast du mir gesagt.“

„Naruto, lässt du uns bitte kurz alleine?“, wandte Kakashi sich an seinen Schüler.

Dieser nickte schuldbewusst. „Tut mir leid, Kakashi-sensei. Ich habe nicht-“

„Schon gut.“

Betrübt verließ Naruto den Raum.

„Sag mir endlich, was hier los ist!“ Yamato schrie schon beinahe.

„Ich habe dir gesagt, dass von Kabuto keine Gefahr mehr ausgeht und das kannst du mir auch glauben“, sagte der Ältere so ruhig wie es ihm möglich war. Er hatte befürchtet, dass dies irgendwann passieren würde. Warum es dann nicht gleich passieren lassen?

Yamato starrte ihn fassungslos und kurzatmig an. „Kabuto lebt? Kabuto lebt. Kabuto lebt. Kabu-“

Ihn mit einem festen Griff an den Schultern packend, blickte Kakashi in das Gesicht des Anderen. „Tenzou, hör mir zu. Kabuto ist keine Gefahr mehr. Er wird dir nichts tun, verstehst du mich?“

Aufgebracht schüttelte er den Kopf. „Du verstehst nicht! Er wird mich finden! Er weiß, wo ich bin! Er wird herkommen! Er weiß, wo ich bin! Ich muss hier weg!“

„Hör doch zu, das wird nicht geschehen. Das werde ich nicht zulassen.“

„Du hast mich angelogen! Du hast mich angelogen!“ Verzweifelt versuchte er, sich aus Kakashis Griff zu befreien. Kakashi ließ ihn los, als eine Schwester und eine Ärztin, alarmiert durch das Geschrei, ins Zimmer stürmten. Wortlos verließ Kakashi das Zimmer. Es gab hier nichts mehr, das er tun konnte. Vielleicht wurde er an anderer Stelle eher gebraucht.

Es dauerte fast eine Woche, bis Yamato wieder damit einverstanden war, mit Kakashi zu reden. Nie hätte Kakashi gedacht, dass der Tag kommen würde, an dem Yamato nicht mehr mit ihm sprechen wollte.

„Ich bin jetzt Hokage“, sagte er nach einer Weile, in der sie sich angeschwiegen hatten.

Yamato stutzte und sah ihn überrascht an. „Wirklich?“

„Ja. Tsunade hat darauf bestanden.“

„Oh. Gratuliere.“

Immerhin, dachte Kakashi, hatte Yamato sich wieder beruhigt. Es hatte Tage und Tsunade, Sakura und Sai gebraucht, um ihn davon zu überzeugen, nicht in Gefahr zu sein. Und so richtig überzeugt schien er immer noch nicht. Wer konnte es ihm verdenken?

„Sasuke hat heute das Dorf verlassen.“

Ein weiteres Stutzen. „Er ist schon wieder weggelaufen?“

„Nein, er ist mit meiner Erlaubnis weggegangen. Naruto ist darüber nicht sonderlich glücklich.“

Erneut trat Stille ein.

„Ich möchte auch weg“, sagte Yamato plötzlich und Kakashi schüttelte sogleich den Kopf.

„Das steht nicht zur Debatte. Ich dachte, das wäre inzwischen deutlich geworden.“

„Warum darf Sasuke gehen und ich nicht?“

„Fang bitte nicht so an.“

„Bin ich ein Gefangener, Kakashi?“

Der Angesprochene fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Er ertrug das nicht mehr. „Unsinn.“

„Warum darf ich dann nicht gehen?“

„Warum willst du überhaupt weg? Du bist hier sicher. Das hier ist dein Zuhause.“

Yamato senkte seinen Blick. Hier war er nicht zuhause. Aber wie sollte er das Kakashi klar machen? Wie sollte er ihm sagen, dass er zuhause gewesen war, aber dies sich nur als Genjutsu herausgestellt hatte? Es gab keine Möglichkeit, dorthin zurückzukehren. Er biss sich auf die Unterlippe, um seine Tränen zurückzuhalten. Wie sehr sehnte er sich nach dem Konoha, von dem er geträumt hatte. Mit der Ausrede, etwas schlafen zu wollen, schickte er Kakashi weg.

 

Am späten Abend saß Kakashi im eben erst von Tsunade übernommenen Zimmer des Hokage und verbarg sein Gesicht hinter seinen Händen. In seinem Kopf spielte er seine gemeinsame Zeit mit Tenzou durch. Wie sie sich zum ersten Mal begegneten und immer wieder aneinandergerieten. Wie er schließlich in sein Team kam und so glücklich darüber wirkte. Kakashi war in zwischenmenschlichen Dingen nicht so bewandert wie andere, aber er hatte immer schon eine Ahnung gehabt, was sein Kohai wahrscheinlich für ihn empfand. Es hatte ihn selbst überrascht, doch entgegen seiner Erwartung, hatte er dies nie als seltsam empfunden. Tenzou war immer seine Konstante gewesen, sein Rettungsanker, sein Ruhepunkt. Und nun hatte er ihn verloren.

Inzwischen war Gai hineingekommen, besah sich die zusammengesunkene Gestalt hinter dem mächtigen Schreibtisch und wartete einfach ab.

„Was ist, Gai?“, fragte Kakashi die Hände vom Gesicht nehmend und auf den Kameraden im Rollstuhl blickend.

„Wir sollten etwas unternehmen. Du hast doch sicher Zeit für einen alten Rivalen?“

„Gerade ist es schlecht.“

„Das sagst du immer.“ Gai kam näher und es war fast ungewohnt, ihn so ernst und ruhig zu erleben. „Du musst auf andere Gedanken kommen.“

„Danke, aber-“

„Nichts aber, Kakashi. Ich weiß, dass du dir Sorgen um Yamato machst. Es hilft ihm allerdings nicht, wenn du dich fertig machst.“

Der Hokage schloss die Augen und schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, wie ich ihm helfen kann.“

„Gib ihn nicht auf! Du hast mir mal erzählt, Yamato habe schon viel Schlimmes erlebt, nicht wahr? Er wird sich wieder aufraffen! Ich glaube daran!“ Gais grenzenloser Optimismus drang nicht bis zu Kakashi vor.

„Das hier ist anders. Wir brauchen ein Wunder, Gai.“

Gai wurde für einen Moment nachdenklich und nickte dann zuversichtlich.

„Dann werden wir eben auf das Wunder warten.“

Die junge Frau trat durch das große Eingangstor Konohas und blickte sich neugierig um. Sie blieb stehen und wirkte ein wenig verunsichert. Offensichtlich suchte sie etwas.

„Können wir Ihnen helfen?“, bot Kotetsu an.

„Ja“, sagte sie, immer noch die Gegend nach einem Hinweis absuchend. Ihr Blick blieb auf dem noch nicht fertig gestellten, sechsten Felsenporträt hängen. „Da!“, rief sie freudestrahlend aus. „Kann ich mit ihm reden?“

„Mit unserem Hokage?“, hakte Izumo nach. „Kakashi?“

„Ja! Kakashi!“ Sie machte fast einen Hüpfer vor Freude.

Kotetsu brachte sie bis zum Büro des Hokage, klopfte an und trat ohne sie ein. „Kakashi, da ist eine junge Frau, die mit dir sprechen will. Sie sagt, sie komme aus einem kleinen Ort hinter Ishigakure und habe den wochenlangen Trip auf sich genommen, weil sie dich unbedingt etwas fragen muss. Scheint kein Ninja zu sein.“

Der Hokage legte die Dokumente, die er gerade hatte lesen wollen beiseite und hob fragend eine Augenbraue. „In Ordnung, lass sie rein.“

Bevor Kotetsu sich wieder zurückzog und die Tür schloss, trat die Frau ein und wurde sofort von Kakashi begutachtet. Sie trug ein asymmetrisches Kleid, hatte mittellange rotbraune Haare, ein paar Sommersprossen im Gesicht und tiefblaue Augen, die Kakashi verrieten, dass er sie irgendwoher kannte. Nur woher? Es lag ihm auf der Zunge, aber er kam nicht darauf.

„Ha! Du bist es wirklich!“, quietschte sie vergnügt. „Da habe ich aber echt Glück gehabt. Sonst hätte ich keine Ahnung gehabt, wie ich Tenzou finden sollte.“

Tenzou?!

Entgeistert riss Kakashi beide Augen auf, als ihm klar wurde, wem er da gegenüber stand. Es gab sonst nur sehr wenige Menschen, die diesen Namen benutzten.

„Yukimi?“

„Ja?“, fragte sie, völlig ahnungslos, dass Kakashi sie nun erst erkannt hatte.

„W-warum bist du hier?“

„Ich suche nach Tenzou.“ Ihr Blick wurde nachdenklicher. „Ich habe von diesem schlimmen Krieg gehört und da habe ich gedacht, als Shinobi musste Tenzou ja sicher auch da mitkämpfen und dann habe ich mir schreckliche Sorgen gemacht. Deswegen bin ich hier.“

Als ihr Gegenüber nichts antwortete und sie nur ungläubig anstarrte, schlich sich Besorgnis in ihre Miene. „Geht es Tenzou gut?“

Kakashi blinzelte ein paar Mal, um sicherzugehen, dass er sich die Frau vor seinem Schreibtisch nicht einbildete. Was sollte er ihr sagen? Er hatte damals nicht so ganz verstanden, in welcher Beziehung Yamato zu Yukimi stand, allerdings wusste er so viel: Sie war das Mädchen, für das er ohne Weiteres sein Dorf verraten hätte. Sie musste ihm etwas bedeuten. Yukimi wiederum hatte alleine eine derart lange und beschwerliche Reise auf sich genommen, nur um nach Yamatos Befinden zu fragen. Doch, er konnte es ihr sagen.

„Er wurde nicht verletzt, aber … aber es geht ihm auch nicht gut.“

 

Auf dem Weg zu Yamatos Zimmer schilderte Kakashi ihr in groben Zügen und unter Auslassung aller Details, was geschehen war und wie es nun um den gemeinsamen Freund stand. Dann signalisierte er ihr, kurz draußen zu warten, ehe er eintrat. Er hatte mit genau dem Bild gerechnet, das er vorfand. Auf seinem Bett sitzend und lediglich mit grüblerischer Miene vor sich hin starrend, blickte Yamato auf, als der Andere ins Zimmer kam.

„Du hast Besuch“, sagte Kakashi zur Begrüßung und deutete mit dem Kopf in Richtung des Flurs. „Willst du den Besuch sehen?“

 

Als Antwort erhielt er erst nur einen fragenden Blick, dann ein vorsichtiges „Ja?“.

Gerade mal einen Spalt breit hatte der Hokage die Tür geöffnet, als Yukimi in den Raum stolperte und wie erstarrt stehen blieb.

„Yukimi-san?!“, entfuhr es Yamato, ohne dass er auch nur einen Moment hätte nachdenken müssen, wer da vor ihm stand.

„Tenzou!“, rief sie aus, bevor sie ihm mit Tränen in den Augen um den Hals fiel.

Überrumpelt warf Yamato Kakashi noch einen überraschten Blick zu, ehe er sich seiner Besucherin zuwandte und sie ihn mit Fragen überschüttete.

Kakashi entschied, die beiden allein zu lassen.

So gut es ging, versuchte er, sich den liegen gelassenen Dokumenten zu widmen, doch das plötzliche Auftauchen Yukimis funkte ihm immer wieder dazwischen. Vielleicht konnte sie Yamato helfen? Er wollte sich nicht zu viele Hoffnungen machen, aber vor einiger Zeit hatte er um ein Wunder gebeten und jetzt stand Yukimi nach all der Zeit plötzlich vor ihm.

Ohne Anzuklopfen betrat Tsunade sein Büro und beäugte ihn skeptisch. „Wer bitte ist Yukimi?“

Oh, richtig. Wie sollte er das eigentlich erklären? „Eine alte … Bekannte.“

„Die Yamato woher kennt? Und unter seinem Anbu-Codenamen noch dazu.“

„Wir haben sie mal … auf einer Mission getroffen.“

„Auf einer Mission? Getroffen? Aha, alles klar. Dann finde ich das ja sicher in den Unterlagen?“

Mit ihr war definitiv nicht gut Kirschen essen, wenn sie so klang. „Ich habe gerade schrecklich viel zu tu-“

„Kakashi Hatake!“ Auf Tsunades Stirn trat eine Vene hervor. „Was in aller Welt verschweigst du mir schon wieder?!“

„Beruhige dich. Yukimi ist harmlos. Ich glaube, Yamato freut sich, dass sie hier ist.“ Kakashi bemerkte, wie Tsunades Ärger sich in Rauch auflöste, doch ahnte er noch nicht, dass dies weniger mit seinen Worten zu tun hatte.

„Und wie er sich freut. Er will gleich mit ihr mitgehen.“

Ein imaginärer Schlag traf Kakashi in die Magengrube. „Was?“

„Sie hat vorgeschlagen, er könne mit zu ihr kommen, wenn er hier nicht bleiben wollte. Und er ist hellauf begeistert. Und wenn ich sage, er ist begeistert, Kakashi, dann meine ich das. Er ist ganz aufgeregt. Wie ausgewechselt.“

„Moment.“ Der Hokage brauchte einen Augenblick, um das Gehörte sacken zu lassen. „Wie hat er reagiert, als du ihm gesagt hast, dass das nicht geht?“

Sie kreuzte die Arme vor der Brust. „Deswegen bin ich hier. Ich habe noch nicht mit ihm gesprochen. Denkst du, wir können ihn dieser Yukimi anvertrauen?“

„Du überlegst doch nicht ernsthaft, ihn gehen zu lassen?“ Ungläubig sah er zu ihr. Was passierte hier? Wie konnte alles so schief laufen?

„Ich denke, es wäre einen Versuch wert. Wenn wir es realistisch betrachten, konnten wir ihm bisher nicht viel helfen und vielleicht würde ein Ortswechs-“

„Das kann nicht dein Ernst sein!“ Kakashi sprang erzürnt von seinem Sessel hoch. „Das ist viel zu gefährlich!“

„Wir können ihm nicht helfen!“, entgegnete sie noch eine Spur lauter als er es gewesen war. „Ich weiß nicht weiter, Kakashi! So sieht es aus! Wir können hier nichts für ihn tun!“

Wütend rauschte er an seiner Vorgängerin vorbei.

„Wo willst du hin?“

„Ihm diesen Unsinn ausreden!“

 

Tsunade hatte nicht übertrieben. Yamato war aufgeregt. In der Sekunde, in der Kakashi in sein Zimmer kam, begann der Jüngere, ihm von seinen Plänen zu erzählen. So viel hatte Yamato seit Monaten nicht geredet. Yukimi lebte irgendwo, meilenweit entfernt, in einer kleinen Stadt, wo sie eine Schneiderei betrieb. Eine Reise, die mehrere Wochen dauerte, wenn man kein Shinobi war. Und nun wollte sie Yamato dorthin mitnehmen. Er klang beinahe enthusiastisch.

„Tenzou“, unterbrach Kakashi ihn nach einer Weile. „Du kannst nicht mit ihr gehen.“

„Was? Wieso nicht?“

Kakashis Überzeugung, ihn nicht gehen zu lassen, brach immer mehr in sich zusammen. Besonders als dem Anderen die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben stand.

„Willst du mich immer noch hier einsperren?“, fuhr er anklagend fort.

„Niemand will dich einsperren.“

„Warum denn dann? Warum lässt du mich nicht gehen?“

So viel Leid hörte er heraus. So viel Verzweiflung.

„Das ist nicht meine Entscheidung“, log Kakashi. „Tsunade denkt, du wärst nicht in der körperlichen Verfassung für eine so lange Reise.“

Etwas Hoffnung kehrte in die großen Augen des Jüngeren zurück. „Aber du bist der Hokage, Sempai! Du kennst mich. Du kannst sie davon überzeugen, mich gehen zu lassen? Ja? Sempai?“

Etwas zog schmerzhaft in Kakashis Magengegend, als er in Yamatos dunkle Augen blickte, in die zum ersten Mal seit so langer Zeit so etwas wie Leben zurückgekehrt war. Tenzou war unglücklich darüber in Konoha zu sein und er konnte nichts mehr daran ändern. Das Ziehen wurde schlimmer, während Kakashi sich an das strahlende Lächeln seines jungen Kohais erinnerte, nachdem dieser in seine Anbu-Einheit transferiert worden war. Wie lange war das her? Vor seinem inneren Auge sah Kakashi das junge, fast feminine Gesicht Tenzous, seine schüchterne Art, sein aufrichtiges Lächeln. Das Lächeln, das er hatte hervorbringen können. Damals. Tenzou war der, den er hatte retten können. Der, der für ihn Hoffnung bedeutet hatte. Der, bei dem er sich geborgen fühlte. Schmerzlich wurde Kakashi bewusst, dass er ihn nicht hier behalten konnte, nicht für sich behalten konnte. Nein, er durfte Tenzou nicht am Weggehen hindern, nur weil er ihn vermissen würde. Nur weil er ihn brauchte. Und dies dem Anderen nie gesagt oder gezeigt hatte. Wenn Yukimi aber in der Lage war, ihn glücklich zu machen; wenn es das war, was Yamato wollte, dann hatte er keine andere Wahl. Dann konnte er den beiden nicht im Weg stehen, nur weil er geglaubt hatte, als einziger ein Anrecht auf Yamatos Nähe haben zu dürfen.

Er musste ihn gehen lassen, wenn er ihn noch einmal retten wollte.

Kakashi atmete tief ein und aus. „Ich werde mit ihr reden.“

Ein Funken Hoffnung kehrte in Yamatos Gesicht zurück. „Danke, Sempai! Danke!“

Der, der ihm so viel mehr bedeutete, als er zugeben wollte.

 

Ein paar Tage später, nachdem Tsunade Yukimi mit allem nötigen Wissen ausgestattet hatte, das sie benötigen würde, fanden sie sich vor dem Eingangstor Konohas wieder. Naruto hatte sich zunächst furchtbar aufgeregt, dass nach Sasuke nun auch Yamato das Dorf verließ. Dann aber wurde er ganz schuldbewusst, weil er befürchtete, es wäre seine Schuld. Kakashi hatte ihm erklärt, dass dem nicht so war, trotzdem blickte der junge Ninja recht bedröppelt drein, als er sich von Yamato verabschiedete.

„Komm bald zurück, ja? Du verpasst sonst noch wie ich Hokage werde, echt jetzt!“

„Du Spinner!“, wandte Sakura ein. „Kakashis Felsenporträt ist noch nicht einmal fertig und du willst ihn schon wieder absetzen?“ Sie stieß einen verärgerten Laut aus und beruhigte sich wieder. „Yamato-taichou, pass gut auf dich auf.“ Ihr Blick wanderte über die Kleidung ihres Kameraden. Kakashi hatte Sai und sie beauftragt, zivile Bekleidung für ihren Taichou zu kaufen. „Ich hoffe, die Sachen sind alle in Ordnung?“

„Ja, vielen Dank dafür“, antwortete er höflich.

„Wir werden Sie hier vermissen, Yamato-taichou“, fügte Sai hinzu, während Kakashi Yamatos Reaktion beobachtete. Oder vielmehr das Fehlen einer Reaktion. Hatte er Konoha innerlich vielleicht bereits verlassen?

Nun fiel Yamatos Blick auf den letzten in der Reihe.

„Ich gehe dann jetzt“, sagte er zaghaft und etwas traurig klingend.

Kakashi erwischte sich bei dem Gedanken, dass er ein wenig mehr Traurigkeit erwartet hatte. Er schluckte den bitteren Gedanken hinunter. „Mach´s gut.“

Yamato zögerte noch einen Moment lang, nickte dann, drehte sich zu Yukimi um und verließ mit ihr zusammen das Dorf. Kakashi sah ihm hinterher, bis er am Horizont verschwunden war und ging wortlos weg, den Rest des Teams ratlos zurücklassend.

Yamato hatte einmal ein Lieblingsbuch besessen. Es hatte den Titel „100 bedeutende Bauwerke“ getragen und war eines seiner ältesten Bücher gewesen. Er hatte es an einem freien Nachmittag, nach einer Mission, während eines Ausflugs ins Dorf gekauft. Kakashi hatte ihn, nachdem alle anderen Mitglieder des Teams gegangen waren und nur sie beide im Umkleideraum der Anbu übrig gewesen waren, gefragt, ob er ihn ins Dorf begleiten wollte. Aufgeregt hatte er zugesagt. Kakashi hatte ein paar Besorgungen zu erledigen gehabt und war teils irritiert, teils amüsiert davon gewesen, dass Yamato ihm hatte helfen wollen. Als alles erledigt gewesen war, hatten sie noch einen Abstecher in den Buchladen gemacht. Und wieder war Kakashi zuerst irritiert gewesen, da der Jüngere ihm erzählt hatte, noch nie in einem Buchladen gewesen zu sein. Bei den Ne hatten sie natürlich Bücher gehabt, aber diese sollten alle einen Zweck für das Ninja-Training erfüllen. Dann war Kakashi wieder amüsiert gewesen, denn Yamato hatte gar nicht glauben können, wie viele Bücher es gab. Und zu wie vielen Themen.

„Nett“, hatte Kakashi zu seiner damaligen Auswahl gesagt. „Das interessiert dich?“

Yamato hatte das Buch bis zum Angriff Pains sorgfältig aufbewahrt. Nach dem Angriff und der Zerstörung Konohas war es unauffindbar geblieben.

Die Erinnerung an das Buch kam ihm in dem Moment, in dem Yukimi ihn auf einen Tempel aufmerksam machte. Der Tempel war vom Wegesrand aus nicht zu sehen, nur die steile Treppe, die zu ihm führte. Aber er wusste um welches Bauwerk es sich handelte, kannte jedes Detail davon aus seinem Buch. Früher hatte er sich immer ausgemalt, wie er eines Tages mit Kakashi herkommen würde und diesen mit seinem Wissen über das Gebäude beeindrucken könnte. Jetzt fühlte er nur die bittere Enttäuschung darüber, dass es dazu niemals kommen würde.

„Und? Sollen wir ihn uns ansehen?“, wiederholte Yukimi ihre zuvor bereits gestellte Frage.

„Nein. Lass uns lieber weitergehen. Wir sollten zum nächsten Dorf gelangen, ehe es dunkel wird.“

„Es ist erst Mittag“, entgegnete sie belustigt. „Du bist immer so übervorsichtig.“

Sie waren seit … wie lange waren sie schon unterwegs? Yamato hatte irgendwann auf dem Weg den Überblick verloren. Es war angenehm, unterwegs zu sein, ohne eine Mission erledigen zu müssen. Sie reisten in einem gemächlichen Tempo, hielten hier und da an, sahen sich die Umgebung an, manchmal eine Sehenswürdigkeit. Ob sie ihren Laden wirklich so lange schließen konnte, hatte er Yukimi einmal schuldbewusst gefragt.

„Natürlich, ist doch mein Laden“, hatte sie mit einem Lachen geantwortet und ihn gleich darauf daran erinnert, sie nur mit ihrem Namen anzusprechen, ohne die Höflichkeitsendung. Es tat gut in ihrer Nähe zu sein. Yukimi hatte eine äußerst lebensfrohe Einstellung, was nicht selbstverständlich war, wenn man bedachte, dass sie ihren gesamten Clan verloren hatte.

„Natürlich bin ich oft traurig, wenn ich daran denke. Aber es ändert nichts daran, verstehst du? Auch wenn ich traurig bin, ändert es nicht, dass es passiert ist“, hatte sie ihm irgendwann auf ihrem Weg erklärt. Als wollte er die Situation untermalen, hatte in diesem Augenblick der Wind geweht und Yukimi zum Lächeln gebracht. „Ich habe ein zweites Leben bekommen. Und ich sollte das Beste daraus machen, findest du nicht, Tenzou?“

Yamato hatte es zu diesem Zeitpunkt bereits aufgegeben, sie bezüglich seines Namens zu korrigieren. Wenn sie ihn Tenzou nennen wollte, sollte sie das tun, auch wenn es für ihn ein wenig seltsam war. Der einzige, der dies sonst in den letzten Jahren getan hatte, war Kakashi. Bis heute war ihm nicht klar, ob der Ältere diesen Namen stets aus alter Gewohnheit verwendete oder ihn schlicht und einfach aufziehen wollte. Was dachte er nun noch darüber nach? Kakashi, Konoha, das alles lag weit hinter ihm zurück. Seine Erinnerungen seit Ende des Krieges waren alle merkwürdig verschwommen, als wären es gar nicht seine Erinnerungen, sondern die eines anderen, die er zufällig mit angesehen hatte. Es tat weh darüber nachzudenken, was geschehen war. Kabuto, der Krieg, dass er zur Verstärkung der feindlichen Armee missbraucht worden war; all das hatte ihn an sich selbst zweifeln lassen. Er hatte allen und besonders Konoha entsetzlich geschadet. Wie hätte er einfach dorthin zurückkehren können? Sicherlich dachten die meisten dort das gleiche, auch wenn niemand es direkt ausgesprochen hatte. Er hatte sie alle schrecklich enttäuscht. Er hatte sein Team in Gefahr gebracht. Nein, Kakashis Team. Denn genau dies war der Punkt, der am schmerzlichsten war: Dieser Traum, dieser seltsame, wunderbare Traum, in dem er sich zuhause gefühlt hatte. Die Realität würde nie so werden, nicht nachdem, was passiert war. Kein Team, keine Freunde, keine Zuneigung, kein Zuhause. Nicht einmal der Rückzug in die Anbu blieb ihm jetzt, schwach wie er war. Alles was ihn in Konoha erwartete, war eine ewige Furcht vor Kabutos Rückkehr. Bei Yukimi könnte er sicher sein, könnte er alles hinter sich lassen.

 

Sie erreichten Yukimis Haus nachdem sie mehrere Wochen unterwegs gewesen waren. Die Stadt war angenehm, nicht zu laut, nicht zu geschäftig, aber auch kein verschlafenes Nest. Yukimi besaß ein kleines, schönes, traditionelles Haus. Vorne Geschäftsraum, dahinter Wohnräume und dahinter ein kleiner Garten.

„Tadaa! Was sagst du?“, fragte sie freudestrahlend, als sie davor standen.

„Beeindruckend.“ Und er meinte es so. Sie hatte so viel erreicht, ganz alleine.

Durch seine Antwort verstärkte sich ihr Lächeln noch einmal. Yamato fühlte ein eigenartiges, wohliges Gefühl dadurch, dass ihr seine Meinung so viel bedeutete.

Eine ältere Dame kam aus dem Nachbarhaus und begrüßte Yukimi herzlich. Bisher hatte er darauf noch keine Gedanken verschwendet, aber es war doch eigentlich so offensichtlich gewesen, dass Yukimi in ihrer Nachbarschaft ein beliebter Mensch sein musste. Wie hätte man einen guten Menschen wie sie nicht mögen können?

„Und das“, sagte Yukimi, „ist mein Bruder Tenzou.“

Vielleicht war es die Art gewesen, wie sie es sagte, vielleicht war es das gewesen, was sie sagte, aber in diesem Moment fühlte Yamato, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte.

Missmutig betrachtete Yamato das erbärmliche Ästchen, das er hervorgebracht hatte. Nein, dies war definitiv keine Verbesserung gewesen. Vielleicht sollte er es doch aufgeben, schließlich brauchte er hier sein Mokuton eigentlich nicht mehr. Aber der Gedanke, diesen Teil von sich wirklich aufzugeben, stimmte ihn zu seiner eigenen Überraschung traurig. Eigentlich verband er mit dem Mokuton fast nur noch entsetzliche Erinnerungen. Doch hin und wieder, ohne dass er sich es hatte erklären können, mischten sich positivere Erinnerungen darunter. Die Gemeinsamkeit dieser Sorte ließ sich schnell finden. Am einfachsten war sie als „Team Sieben“ zu beschreiben. Yamato schüttelte den Kopf, als könnte er so die Erinnerungen abschütteln. An Konoha und irgendeinen seiner Bewohner zu denken, bedeutete an den Krieg zu denken. Die Sonne ging langsam unter, als er Yukimis Garten den Rücken zuwandte und wieder ins Haus ging.

„Aaaach~“, begrüßte Yukimi ihn theatralisch seufzend. „Das nimmt kein Ende.“

„Ich habe dir meine Hilfe angeboten“, entgegnete Yamato angesichts des Chaos aus Papieren, Stoffen und abertausenden anderen Dingen, in dem seine Mitbewohnerin sich befand.

„Nein, nein, nein.“ Sie schüttelte energisch den Kopf. „Ich habe mir vorgenommen, die Inventur alleine zu machen. Sonst wälze ich das nur auf dich ab.“ Sie blickte kurz nach draußen und dann zu ihm. „Was hast du draußen gemacht?“

„Nichts“, antwortete er und versuchte es, so beiläufig wie möglich klingen zu lassen.

„Wieder trainiert?“, schlussfolgerte sie argwöhnisch.

„Sicher, dass ich dir nicht helfen soll?“

„Ha, netter Versuch das Thema zu wechseln.“ Yukimi warf ihm einen besorgten Blick zu, als Yamato sich ertappt in sein Zimmer zurückziehen wollte. „Ich mache mir doch nur Sorgen.“

„Sag das bitte nicht und tu das bitte nicht.“ Er kam wieder zurück zu ihr.

„Na schön, dann sag ich was Anderes.“ Sie lächelte ein Lächeln, das Yamato inzwischen hervorragend deuten konnte. Es bedeutete: Fang keine Diskussion mit mir an, denn ich werde sowieso gewinnen. „Du“, fuhr sie fort, „solltest mal unter Leute kommen.“

Yamatos missmutiger Gesichtsausdruck verriet, dass er nicht begeistert war.„Ich denke nicht-“

„Tsktsktsk“, unterbrach Yukimi ihn. „Niemand kennt dich hier. Sie wissen nur, dass du mein Bruder aus dem weit entfernten Konoha bist. Und dass du nie ohne mich vor die Tür gehst. Was ein wenig seltsam erscheint, meinst du nicht?“

„Aber was soll ich denn-“, versuchte Yamato chancenlos zu entgegnen. Er wusste, sie würde keine Ruhe geben, ehe sie nicht ihren Willen durchgesetzt hatte.

„Geh raus und sprich mit Leuten. Bitte“, fügte sie mit großen Kulleraugen hinzu, „tu es für mich.“

 

Nur wenig später befand Yamato sich auf der Hauptstraße der kleinen Stadt. Mittlerweile war es dunkel geworden und die Straßen waren belebt. Es war Wochenende, die Leute wollten sich amüsieren. Wenn er in Konoha frei gehabt hatte, dann hatte er trainiert oder nötige Hausarbeit erledigt, vielleicht etwas gelesen. Nein, kein Konoha. Er durfte nicht immer wieder an Konoha denken. Hastig suchte er die Gegend ab, um auf andere Gedanken zu kommen. Was könnte er unternehmen? Wie lernte man andere Leute kennen, wenn man kein Shinobi war, der einfach in ein Team transferiert wurde? Der Gedanke an andere Shinobi, an Teams, an überhaupt etwas in dieser Richtung machte ihn nervös. So viel Leid. So viel unsagbares Leid.

Eilig steuerte Yamato die nächstgelegene Bar an. Wenn Alkohol auch keine Lösung war, im Moment war es das einzige, das ihm einfiel. Die Bar war zu seiner Erleichterung nicht überfüllt, Menschenmassen hätte er jetzt nicht ertragen. Einige Leute saßen an den Tischen, Pärchen, Geschäftsleute, eine Gruppe junger Menschen, die feierten, endlich alt genug zu sein, um zu trinken. Yamato setzte sich an die Bar, fernab der anderen Besucher, und orderte einen Drink. Er könnte gegenüber Yukimi behaupten, dass er mit jemandem geredet hätte. Aber er wollte und würde sie nicht anlügen. Das hatte sie nicht verdient. Nicht, nachdem sie sich so viel Mühe mit ihm gab.

„Hey, du bist Yukimis Bruder, nicht wahr?“

Leicht aufgeschreckt blickte Yamato zu dem jungen Mann, der sich neben ihn setzte. „Ähm, ja.“ Auch wenn dies nicht stimmte, aber es war leichter die Frage einfach zu bejahen als zu erklären, woher er Yukimi tatsächlich kannte.

„Wusste ich´s doch. Ich hab dich schon ein paar Mal in ihrem Laden gesehen, als ich eine Lieferung gebracht habe.“ Er lächelte.

Es fiel Yamato wieder ein, woher er den Mann kannte. Er war ein Sohn eines Textilherstellers, bei dem Yukimi regelmäßig bestellte. Taku oder so ähnlich.

„Du gehst nicht viel vor die Tür, oder?“, fragte er.

„Naja, nein, nicht so wirklich.“

„Kein Problem, das wird noch, du bist ja noch neu hier.“ Der Mann lächelte erneut. „Yukimi sagte, du seist aus Konoha hergezogen.“

„Ähm, ja“, antwortete Yamato und kam sich dumm dabei vor, nur so einsilbige Antworten zu geben. Sein Gesprächspartner wirkte recht nett.

„Ich stelle mir das aufregend vor. Konoha soll ja recht groß sein, nicht? Aber dann ist es auch ein Ninja-Dorf. Da sind bestimmt alle total streng und diszipliniert, oder?“

„Es geht so“, erwiderte Yamato, verbittert darüber, dass das Gespräch an diesem Thema hängen blieb. War er nicht hergekommen, um nicht über Konoha nachzudenken?

„Und was hast du da so gemacht?“

Für einen flüchtigen Moment sah Yamato den Anderen entsetzt an. Was sollte er nun sagen? Er konnte nicht die Wahrheit sagen, das würde zu viele Fragen nach sich ziehen. Generell schien für eine solche Konversation der Satz >Ich habe Auftragsmorde erledigt< nicht angemessen.

Yamato schmunzelte innerlich. Sai würde so etwas sagen. Erschrocken hielt er bei diesem Gedanken inne. Nicht an Sai denken. Kein Konoha, kein Schmerz. Nervös leerte Yamato sein Glas.

„Ich … ich habe … Häuser gebaut“, brachte er endlich so unauffällig wie möglich hervor. Und gelogen war es auch nicht.

„Häuser? Wow, cool. Hast du sie entworfen oder gebaut?“

„Beides.“

Irgendwie hatte Yamato es geschafft, für den restlichen Abend das Gespräch von seiner Person abzulenken. Taku war in der Tat recht nett, er erzählte viel von sich, von der Stadt, von was auch immer, es war Yamato egal, solange er nicht über sich selbst reden musste.

„Sag mal“, begann Taku nach einer Weile und hatte dabei einen Unterton, der nicht viel Raum für Interpretationen ließ, „wollen wir nicht irgendwo hingehen, wo man sich ungestört unterhalten kann?“

Yamato starrte ihn einen Augenblick lang mit offenem Mund an. Er hatte verstanden, wie die Frage des Anderen zu verstehen war und es irritierte ihn aufs Äußerste. „Ähm“, er räusperte sich verlegen, „ich … denke … besser nicht.“

„Oh.“ Die Enttäuschung stand dem Anderen ins Gesicht geschrieben.

„Es tut mir sehr leid. Aber danke für das Angebot“, fügte Yamato hinzu, unschlüssig, was er sagen sollte.

Taku lachte und winkte ab. „Schon gut, so einen höflichen Korb habe ich ja noch nie bekommen.“

Eilig, aber nicht so hastig, dass es unhöflich erschien, legte Yamato das Geld für die Getränke auf den Tresen, verbeugte sich und ging schnellen Schrittes hinaus. Er behielt das Tempo bei, bis er wieder vor Yukimis Haus stand, wo er stehen blieb und ausatmete.

Was war das gewesen?

Was war das nur gewesen?

Konnte man ihm das etwa anmerken? Irgendwie sehen?

Nein, das konnte es nicht sein. Es war doch gar nicht so, dass er ... Oder doch? Er hatte sich darüber noch nie Gedanken gemacht, denn es war ja immer nur Kakashi gewesen, für den er …

Stopp!

Wie von einer inneren Panik getrieben, betrat Yamato das Haus. Als könnte es den Gedankengang aussperren, der sich ihm gerade aufdrängte. Es war inzwischen dunkel im Inneren des Hauses, Yukimi schien bereits zu schlafen. Plötzlich wurde Yamato entsetzlich heiß und er durchquerte hastig den Flur, um nach draußen in den Garten zu gelangen. Die kühle Nachtluft half ein wenig, jedoch reichte sie nicht, um ihn völlig zu beruhigen. Egal, was er anstellte, egal, wie weit weg er gehen würde, letztlich kamen seine Gedanken immer zurück zu dem gleichen Ort und den gleichen Menschen, die darin lebten.

„Tenzou? Alles in Ordnung?“

Er drehte sich um und sah Yukimi im Hauseingang stehen.

„Nein. Nein, es ist nichts in Ordnung.“

„Was ist los?“, fragte Yukimi besorgt.

Yamato wandte seinen Blick ab. Sie musste nicht auch noch sehen, wie elend er sich fühlte. „Ich kann nicht aufhören, daran zu denken, was passiert ist. Es hört einfach nicht auf.“

„Hm.“ Yukimi setzte sich auf die Veranda. „Du meinst, was im Krieg passiert ist.“

Sie erhielt nur ein schwaches Nicken zur Antwort.

„Du fühlst dich immer noch für das verantwortlich, was passiert ist“, schlussfolgerte sie weiter.

„Ich bin verantwortlich für das, was passiert ist“, entgegnete er erbost und wandte sich ihr wieder zu.

„Warum? Hast du dich mit Absicht gefangen nehmen lassen?“

„Natürlich nicht! Aber ich hätte das erst gar nicht zulassen dürfen!“

„Ich nehme doch mal an, dass du dich gewehrt hättest, wenn du die Möglichkeit dazu gehabt hättest.“ Yukimi sprach mit einer Gelassenheit, die Yamato fast verrückt machte.

„Natürlich! Aber-“

„Du konntest dich nicht wehren.“

„Ich hätte aber-“

„Merkst du nicht, dass deine Argumentation nicht funktioniert?“

Sprach-und atemlos sah er sie an. Es ergab Sinn, was sie sagte und doch sollte sie nicht Recht haben. Das sollte sie einfach nicht.

„Tenzou, du hast Schuldgefühle, das verstehe ich. Du denkst, du hättest etwas falsch gemacht, aber das hast du nicht. Du kannst tausendmal überlegen, was du hättest anders machen können, es wird dir nicht weiterhelfen. Du kannst es nicht mehr ändern. Überhaupt, wer sagt, dass es anders gekommen wäre, wenn du etwas anders hättest machen können?“

„Du verstehst nicht“, brachte er mit zitternder Stimme hervor. „So viele Menschen. So viele … und ich-“

„Du kannst nichts tun. Nichts. Absolut nichts. Wir reden von einer unterschiedlichen Anzahl an Menschenleben, das mag sein, aber an der Sache ändert es nichts.“ Sie sahen sich einen Moment stillschweigend an, bevor Yukimi fortfuhr. „Ich denke, meinetwegen musste mein gesamter Clan sterben. Das sind weniger als bei dir, aber trotzdem denke ich fast jeden Tag daran. Und trotzdem tut es weh.“ Sie blinzelte, um die Tränen aus ihren Augen zu verdrängen und Yamato fühlte sich noch schlechter, weil er sie zum Weinen gebracht hatte. „Dennoch ändert es nichts. Es ändert nichts daran, wenn ich mich schuldig fühle.“

Erneut herrschte Stille, dieses Mal sahen sie sich jedoch nicht an.

„Es tut mir leid, ich wollte nicht, dass du ...“ Yamato brach ab, er fürchtete, es noch schlimmer zu machen.

„Schon okay.“ Sie wischte sich die Tränen von den Wangen. „Ich will nur, dass du es verstehst. Hast du es verstanden?“

„Ich kann es nicht mehr ändern“, antwortete er verbittert.

„Du kannst nur darauf warten, dass der Schmerz weniger wird.“

„Ich weiß nicht, ob das je geschehen wird.“ Yamato ließ sich langsam neben ihr nieder.

„Wenn ich mich richtig erinnere, ist dies nicht der erste Schmerz, den du verarbeiten musst, nicht wahr?“

Er schüttelte den Kopf. „Nein, ist es nicht. Ich weiß nur nicht, wie ich noch mehr ertragen soll.“

Sie legte ihre Hand auf seine. „Indem du an das Gute denkst. Es gibt immer etwas Gutes. Immer. Ich habe dich getroffen. Das ist etwas Gutes. Du hast bestimmt auch so etwas Gutes, an das du denken kannst.“

Wortlos blickte er auf ihre Hand. Yamato hatte nicht grundlos von Team Sieben geträumt. Naruto, Sakura, Sai. Sie waren das Gute in seinem Leben. Sie ließen sich nicht verdrängen, weil er sie brauchte. Und der, der immer da gewesen war. Der seinem Leben einen Sinn gegeben hatte. Der ihm die Welt bedeutete und nie aufhören würde, dies für ihn zu bedeuten. Egal, was er tun würde und wie weit er weglaufen würde. Der Schmerz beim Gedanken an ihn bedeutete vielleicht mehr als nur Schuldbewusstsein. Er vermisste ihn.

Kakashi.

„Du solltest mal eine Pause machen. Wie wäre es mit etwas zu Essen? Essen kann dir neue Energie verleihen, die-“

„Nein, danke, Gai.“ Kakashi unterbrach den Anderen, ohne auch nur von den Papieren auf seinem Schreibtisch aufzusehen. Er wusste, dass Gai nicht so schnell aufgeben würde, auch wenn er komplett auf stur schaltete. Mittlerweile spielten sie dieses Theater beinahe jeden Tag. Gai kam in sein Büro, versuchte ihn zu irgendetwas zu bewegen und Kakashi lehnte in neun von zehn Fällen ab. Bei der einen Ausnahme hatte Kakashi gehofft, der Andere würde ihn dann für eine Weile in Ruhe lassen. Was hatte er sich eigentlich gedacht? Schließlich handelte es sich hier um Gai. Wann hatte Gai ihn schon mal in Ruhe gelassen?

Kakashi seufzte innerlich. Er wollte nicht unfair sein. Vielmehr hatte Gai ihn nie aufgegeben, das war die richtige Art, es auszudrücken. Ihm war allerdings nicht danach, Gai sein Leid zu klagen. Dies würde sich genauso wenig ändern, wie Gais Versuche, ihn aufzubauen.

„Dann warte ich, bis du Zeit hast.“

Nun endlich blickte Kakashi auf und sah zu seinem Kameraden. Dieser saß in seinem Rollstuhl, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte unablässig seinen „Rivalen“ an. Der Hokage seufzte laut.

„Gai, du hast doch bestimmt etwas Besseres zu tun.“

„Nein.“

„Was ist mit Lee oder Tenten?“

„Das solltest du doch wissen. Die sind auf einer Mission.“

Verdammt. Das hatte er vergessen. „Kurenai! Kurenai ist da. Sie freut sich bestimmt über Besuch.“

„Hat heute ihren Frauenabend.“

„Gai“, stöhnte Kakashi, während er sich durch seine müden Augen rieb. „Ich muss arbeiten.“

„Wie gesagt. Ich warte, bis du fertig bist“, entgegnete Gai grinsend und mit einer Daumen-hoch-Geste.

Den Kopf schüttelnd wandte Kakashi sich wieder seiner Arbeit zu. Die er so langsam erledigte, wie es ihm nur möglich war. Ob Gai ihn durchschaut hatte? Der Grund für seine langen Arbeitszeiten lag schließlich weniger daran, dass es tatsächlich viel zu tun gab, sondern mehr daran, dass Kakashi sich ausgedehnt Zeit damit ließ. Mit einem unauffälligem Blick besah er sich den kleinen Papierstapel, den es zu bearbeiten galt. Tsunade hatte gerne Arbeit auflaufen lassen, bis die Dokumentenstapel bis unter die Decke reichten. Sie war aber quasi nebenbei noch als Ärztin tätig. Kakashi hätte sehr wohl ein wenig Freizeit zwischendurch haben können, aber er zog es vor, beschäftigt zu bleiben. Solange er sich auf die Arbeit konzentrierte, konnte er alles, was geschehen war, auf Abstand halten. Tsunade hatte dies gewusst. Es war einer der Gründe gewesen, warum sie ihn dazu gedrängt hatte, Hokage zu werden. Der andere war, so dachte es sich Kakashi, dass es ihm zeigen sollte, gebraucht zu werden. Er hatte ihr nie gesagt, dass er sie durchschaut hatte, denn er wollte ihr die Freude an dem Glauben lassen, dass ihr Plan funktionierte.

Es verging kein Tag, an dem er nicht an alles dachte, was passiert war.

Zwar war dies kein ungewohntes Gefühl - sein ganzes Leben bestand immerhin aus Schuldgefühlen – aber der vergangene Krieg hatte alles so viel schlimmer gemacht. Obito, der Krieg, die vielen Toten, er war dafür mitverantwortlich. Und selbst wenn er es schaffte, diese Schuldgefühle auszublenden, wanderten seine Gedanken dann zu demjenigen, den er im Stich gelassen hatte.

Kakashi rieb sich erneut erschöpft durch die Augen, als er den Text vor sich zum dritten Mal Korrektur las. Konzentriere dich auf den Text, sagte er innerlich zu sich selbst. Wenn er seine Gedanken auch nur ein bisschen abschweifen ließ, dauerte es nicht lange, bis sie an einen bestimmten Punkt gelangten.

Sempai, sind Sie sicher, dass es eine Regelung gibt, laut der ich Ihre Berichte schreiben muss?“

Aber ja, Tenzou, ganz sicher.“

Dann … wird das wohl so seine Richtigkeit haben.“

Er sah ihn vor sich. Das jugendliche Gesicht mit leicht fragender Miene, das kurz darauf strahlend lächelte, weil Kakashi Tenzou etwas davon erzählte, wie gut er die Berichte doch schreiben konnte.

Nein, das hätte nicht passieren dürfen. Diese Erinnerungen kamen ständig über ihn, sie wurden häufiger je mehr er versuchte, sie zu verdrängen. Kakashi wusste, dass er sich wegen seines Kohais schuldig fühlte. Er hatte ihm nicht helfen können, weder während, noch nach dem Krieg. Und nun wusste er nicht einmal genau, wo Tenzou war, was er tat, wie es ihm ging. Es war ein Fehler gewesen, ihn gehen zu lassen. Er brauchte ihn hier.

Vor Wut über sich selbst schmiss er den Stift, den er in der Hand gehalten hatte, lautstark auf den Tisch.

„Kakashi?“

Ah, verdammt! Er hatte vergessen, dass Gai noch da war.

„Willst du mir jetzt vielleicht sagen, was dich beschäftigt?“

Der Hokage warf Gai einen musternden Blick zu. „Mich beschäftigt nichts.“

Nun war es Gai, der einen Seufzer ausstieß. „Und wieso bearbeitest du dann alles im Schneckentempo? Du versuchst, irgendetwas aus dem Weg zu gehen. Und ich denke, nicht nur mir.“

Sein Gegenüber hatte ihn also die ganze Zeit schon durchschaut. Kakashi drehte sich samt Stuhl um, sodass er nun aus dem großen Fenster hinter seinem Schreibtisch auf das nächtliche Konoha hinaus blickte. „Du glaubst mir nicht, wenn ich sage, dass nichts ist?“ In der Spiegelung der Fensterscheibe konnte er sehen, wie Gai den Kopf schüttelte. „Es ist nichts, mit dem du mir helfen kannst, Gai.“

„Es ist ja auch nicht so, dass du mich lässt“, erwiderte Gai und lachte leicht. „So wie immer halt. Ach, Kakashi, ich weiß, du quälst dich wegen Obito und allem, aber du musst nach vorne blicken. Du kannst nichts mehr daran ändern, was geschehen ist. Grüble nicht über die Vergangenheit nach, sondern denke an die Gegenwart und die Zukunft! Ich kann mich erinnern, dass du es schon oft geschafft hast, die Dinge wieder positiver wahrzunehmen. Als du Team Sieben übernommen hast, zum Beispiel. Oder damals nach dem dritten Krieg, als der Yondaime dich zu seinen Anbu berufen hat oder Jahre, nachdem Minato-sensei gestorben war, da warst du plötzlich auch wieder lebensfroher … warum weiß ich jetzt gar nicht ...“

Kakashi ließ seinen Blick von Gais Spiegelung aus über Konoha wandern, während er ihm zuhörte. Die Erinnerungen wurden aufdringlicher. Nun benutzten sie sogar schon Gai, um sich Kakashi aufzudrängen. Gai konnte nichts dafür, er wusste nicht, wer damals der Grund gewesen war. Kakashi hatte keine Ahnung, wie er dem Anderen erklären sollte, dass es Yamato gewesen war, der ihm damals geholfen hatte. Und dass er eben diesen nun so schrecklich vermisste. Tenzou hatte damals seine seelischen Qualen lindern können, ohne zu wissen, dass diese bestanden. Eventuell waren sie ihm auch bewusst gewesen, Tenzou war unglaublich empfänglich für so etwas gewesen. Ob bewusst oder unbewusst, er hatte Kakashi verändert. Vielleicht hätte es noch einmal funktioniert.

 

Kakashi hatte Gai versichert, dass es keinen Grund dafür gab, sich Gedanken um ihn zu machen, denn er würde schon zurecht kommen. Er hangelte sich von Tag zu Tag, von Aufgabe zu Aufgabe. Irgendwie schaffte er es, dass die Zeit verging. Alles andere aber blieb.

Yamato war seit über einem Jahr weg.

Er hätte ihm damals direkt sagen sollen, was wirklich passiert war. Dass dies alles eher Kakashis Schuld und nicht Yamatos war. Und dann? Möglicherweise wäre Yamato wütend auf ihn gewesen, aber vielleicht wäre er geblieben. Vielleicht hätte dies auch gar nichts geändert und er wäre trotzdem gegangen. Vielleicht hätte es alles verändert und es hätte ihnen geholfen, weil sie füreinander da gewesen wären.

Wenn er doch nur für Tenzou da gewesen wäre.

Der Hokage vergrub, hinter seinem Schreibtisch sitzend, sein Gesicht in seine Hände. Es war schon spät und egal, wie oft er diese Gedanken durchging, es half ihm nichts.

„Was machst du da?“ Die eher schroff daherkommende Frage war von niemand anderem als Tsunade gestellt worden. Als er aufsah, betrat sie das Zimmer und ging auf ihn zu. In der einen Hand hielt sie zwei kleine Gläser, in der anderen eine Flasche Sake.

„Arbeiten.“ Kakashi beäugte die Flasche, die sie auf seinem Tisch abstellte.

„Gai hat gesagt, dass du das sagen würdest.“

Gai. Er hatte geahnt, dass dieser sich nicht so leicht abschütteln ließ. „Was machst du da?“, konterte der Rokudaime.

„Arbeiten“, erwiderte seine Vorgängerin grinsend, goss etwas vom Sake in die Gläser und schob eins Kakashi hin.

„Gai hat dich geschickt?“

Sie gab einen verächtlichen Ton von sich. „Du denkst, jemand müsste mich schicken? Weil du so unauffällig in Selbstmitleid badest?“ Sie leerte ihr Glas in einem Zug. „Ich will dir eine Geschichte erzählen. Du trinkst“, sie wartete ab, bis Kakashi tatsächlich getrunken hatte, „und hörst zu.“ Sie schüttete nach und leerte ihr Glas erneut. „Ich kannte mal zwei bezaubernde Menschen. Sie war brillant und hatte einen furchtbar eigensinnigen Humor. Er war brillant und naja, in sozialen Angelegenheiten etwas langsam, trotzdem fanden diese beiden sich und bekamen ein Kind. Das Kind war von Anfang an ein Problemfall. Wirklich, das reinste Problem. Alle anderen Kinder kommen zur Welt und schreien erst mal. Das hier … gibt keinen Ton von sich und versetzt alle in helle Aufregung. Die arme, doch geniale Ärztin kümmert sich sofort darum und behebt das Problem. Nur 32 Jahre später, stehen die großartige Ärztin und das Problemkind vor dem gleichen Problem. Und dieses Mal weiß die Ärztin keinen Rat mehr.“

„Hübsche Geschichte“, sagte Kakashi nach einer kurzen Stille. „Du solltest dich an einen Verlag wenden.“

„Kakashi“, sie funkelte ihn zornig an. „ob du willst oder nicht, du wirst jetzt mit mir über alles reden.“

Frustriert setzte er zu einer Antwort an: „Da gibt es nicht viel zu bereden, Tsunade. Obito hat einen Krieg angezettelt, Sasuke ist durchgedreht, mein Sharingan ist weg und ...“ Er brach ab, unsicher, ob er Yamato überhaupt erwähnen sollte.

„Und?“, hakte sie nach.

„Nichts weiter.“

Tsunade nickte, nahm ein Glas und schmiss es mit voller Kraft gegen eine Wand, an der es in tausend Stücke zerbrach. „Willst du der Nächste sein?“

Kakashi betrachtete die Glassplitter auf dem Boden. „Ungern.“

Die Godaime zuckte resigniert mit den Schultern. „Du willst nicht reden.“

Sie tauschten für einen langen Moment ernste Blicke aus, dann schüttelte Kakashi sachte den Kopf.

„Nein, noch nicht.“

Sie seufzte lang und tief. „Und wann, meinst du, wirst du soweit sein?“

„Das werde ich dann erst wissen.“

Erneut schwiegen sie sich an, ehe Tsunade nickte, dieses Mal jedoch mit sanfterem Gesichtsausdruck. „Ich wünschte wirklich, du würdest schreien, Kakashi.“

„Wo wollen wir meinen Großauftrag feiern?“ Yukimis Augen wanderten die Straße auf und ab, auf der sie standen.

„Solltest du nicht erst feiern, wenn du den Auftrag abgeschlossen hast?“ Yamato hob skeptisch eine Augenbraue.

„Ach was!“ Sie winkte fröhlich ab. „Jetzt will ich irgendwo was Leckeres essen! Worauf hast du Lust?“

Er sah sich um und zuckte mit den Schultern. „Ramen?“

„Hmm?“, fragte sie erstaunt. „Ich dachte, du magst Ramen nicht.“

„Tue ich eigentlich auch nicht. Ich weiß nicht, es kam mir gerade in den Sinn. Es ist Narutos Lieblingsessen, weißt du.“

„Ja, weiß ich.“ Sie bedachte ihn mit einem amüsierten Blick, den er nicht auf Anhieb verstand. Dann zogen sie los, um essen zu gehen.

Auf dem Rückweg grübelte Yamato immer noch über Yukimis Blick nach. „Warum hast du mich so angesehen, als ich Naruto erwähnt habe?“

Sie sah ihn fragend an. „Das kannst du dir echt nicht denken?“

Er schüttelte den Kopf. Hatte er etwas verpasst?

„Du erwähnst das jedes Mal, wenn wir auch nur in die Nähe eines Ramenrestaurants kommen.“

„Tue ich nicht.“

„Oh doch“, erwiderte sie lachend. „Fällt dir das gar nicht auf? Und nicht nur dann. Andauernd höre ich Naruto hier, Sakura da, Sai überall.“

Yamato wollte widersprechen, aber er war sich plötzlich nicht mehr sicher, ob Yukimi nicht doch Recht hatte. In letzter Zeit hatte er oft an die drei denken müssen, vielleicht hatte er hier und da auch mal laut gedacht?

 

Am Abend, nachdem sie den restlichen Tag mit Arbeit verbracht hatten, saßen beide mit einer Tasse Tee auf der Veranda und schauten in den sternenklaren, spätsommerlichen Himmel.

„Du hast Heimweh, oder?“

Yamato blickte erschrocken zu Yukimi, dann schaute er verlegen zur Seite. „Nein … naja … vielleicht etwas.“

„Schon in Ordnung“, sie lachte ermutigend. „Verstehe ich doch.“

Yamatos Blick wanderte gedankenverloren in die Tasse, die er in Händen hielt. Er wusste nicht mehr, wann es angefangen hatte, aber irgendwann war panische Angst nicht mehr das erste Gefühl gewesen, das er bekam, wenn er an Konoha dachte. Er dachte an seine chaotischen Schützlinge, wie es ihnen wohl ging, was sie machten, ob bei ihnen alles in Ordnung war.

„Wenn ich bedenke, wie traurig alle waren, als du gegangen bist“, fuhr Yukimi fort. „Sie vermissen dich bestimmt auch.“

Mit einem Mal sah Yamato wieder auf. Seine großen dunklen Augen verrieten wie irritiert er war. „Was meinst du damit, dass alle traurig waren? Das waren sie nicht.“

„Tenzou, du willst mir doch nicht sagen, dass du das nicht mitbekommen hast? Sie waren total traurig.“

Yamato versuchte, sich an damals zu erinnern, aber nach wie vor waren die Erinnerungen an diese Zeit sehr schwammig. Damals wollte er nur so schnell wie möglich raus aus Konoha. Es hatte sich angefühlt als würde das Dorf ihn erdrücken. Weniger das Dorf und mehr die Erinnerung an das, was während des Kriegs passiert war. Er konnte nicht in Konoha bleiben. Nicht nach dem, was geschehen war. Zudem war er vollkommen nutzlos geworden. Man brauchte ihn nicht mehr in Konoha. Und er hatte angenommen, dass niemand dort ihn vermissen würde. Außerdem hatte er so panische Angst davor gehabt, dass Kabuto ihn dort finden würde. Aber was hatte Kakashi gesagt? Von Kabuto ginge keine Gefahr mehr aus. Und eigentlich hatte er Kakashi doch immer vertrauen können.

„Yukimi?“, fragte er zaghaft und mit erneut abgewendeten Blick. „Deiner Meinung nach …. War … war Kakashi auch traurig gewesen?“

Sie blinzelte ihn ein paar Mal überrascht an, ehe sie antwortete. „Ich meine, Kakashi war sogar am aller traurigsten gewesen.“

„Wirklich?“

„Ich hatte das Gefühl, dass er dich gar nicht gehen lassen wollte.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „Deine Freunde vermissen dich ganz bestimmt. Und ich bin mir sicher, dass du sie auch vermisst. So oft wie du von ihnen redest. Hab ich Recht oder hab ich Recht?“ Sie zwinkerte ihm zu, worauf Yamato lächeln musste.

„Kann ich dir eine Frage stellen?“, fragte er daraufhin und fuhr fort, als Yukimi nickte. „Nur mal angenommen, es gäbe da jemanden ...“

„Ich habe gewusst, dass es da jemanden gibt!“, rief sie triumphierend und zu seiner Verwirrung dazwischen. „Das konnte ja nicht sein, dass jemand Nettes wie du niemanden findet.“

Sich heftig räuspernd, schüttelte Yamato den Kopf. „Also, so ist das nicht. Diese Person weiß nicht, dass ich sie … also … naja ...“

„Ist doch ganz einfach!“, unterbrach sie ihn von Neuem. „Dann musst du es ihr sagen!“

„Ich kann das ihm doch nicht einfach sagen“, entgegnete Yamato schneller als er wollte.

„Ihm?“

„Ihr!“, korrigierte er, während er rot anlief.

Yukimi sah ihn kurz mit großen Augen an, lächelte und nickte. „Musst du aber. Sonst wird das nichts. Irgendetwas musst du machen, sonst merkt … diese Person es ja nicht.“

In diesem Augenblick wurde Yamato klar, wovon sie implizit sprachen. Und es erfüllte ihn absolut nicht mit panischer Angst. Nein, vielmehr sehnte er sich danach, Konoha wiederzusehen.

Es wurde Herbst und schließlich Winter, bevor Yamato tatsächlich von Yukimi Abschied nahm. Er schob die Konoha-Pläne vor sich her, weil er tief in seinem Innern noch eine zweifelnde Stimme hörte. Was, wenn ihn doch niemand vermisste? Was, wenn er in Konoha nicht nur unnütz, sondern auch noch unerwünscht war? Das Zweifeln brachte ihn dazu, wieder an seinen Traum zu denken. Wenn er nun ins Dorf zurückkehrte und es sich wahrlich nicht als sein Zuhause herausstellte, würde er mit der Enttäuschung leben können?

Es brauchte ein Zeichen, um ihn zum Aufbruch zu bewegen.

Yamato entdeckte es in der Auslage des hiesigen Buchladens. Eine Neuauflage von „100 bedeutende Bauwerke.“ Beim Anblick des Buchs sah er vor seinem inneren Auge Kakashi, dann Naruto, Sakura, Sai und nacheinander jeden, dem er begegnet war, seit er die Ne verlassen hatte. Es war an der Zeit, heimzukehren.

Vermutlich war es ungünstig, im Winter aufbrechen zu wollen, aber plötzlich hatte Yamato das Gefühl, nicht länger warten zu können. Yukimi nickte verständnisvoll und umarmte ihn ausgiebig zum Abschied.

„Vergiss nicht, mir regelmäßig zu schreiben, Tenzou. Und komm mich mal besuchen. Und ich werde dich besuchen. Und grüße Kakashi von mir.“

„Ich danke dir für alles, Yukimi.“

„Ah“, sie winkte ab. „Nichts zu danken. Dafür sind Geschwister doch da.“ Sie zwinkerte und als er ging, winkte sie so lange, bis er nicht mehr am Horizont zu sehen war.

 

Wie er befürchtet hatte, brauchte er lange für den Weg, sein Körper wollte noch nicht ganz so, wie er es wollte. Immerhin kam ihm das Wetter entgegen, obwohl es kalt war und hin und wieder schneite, seit er das Feuerreich erreicht hatte, blieben ihm extreme Wetterlaunen erspart. Nur der Mond irritierte ihn einmal. War das Einbildung oder kam der Mond wirklich immer näher? Yamato hatte ein ungutes Gefühl, doch nach kurzer Zeit sah der Mond wieder normal aus und das ungute Gefühl verschwand so schnell wie es gekommen war. Als es schon wieder wärmer wurde, kam er erneut an dem Tempel vorbei, der in seinem Buch verzeichnet war und dieses Mal trat Yamato näher an diesen heran. Nein, mit Kakashi würde er wahrscheinlich nie herkommen, überlegte er, während er sich das Gebäude ansah. Besonders da Kakashi nun Hokage war und keine Zeit mehr hatte. Kakashi als Hokage …. Yamato konnte sich dies noch nicht so richtig vorstellen. Vermutlich gab es sowieso andere, die sich mehr für Architektur und Kunstwerke interessierten. Sai würde so etwas gefallen, vielleicht auch Sakura. Naruto definitiv nicht. Der würde nur quengeln und fragen, wann es etwas zu essen gäbe. Mit einem Schmunzeln im Gesicht setzte Yamato seinen Weg fort.

Als er von Weitem das Eingangstor Konohas erblickte, wurde ihm entsetzlich mulmig zumute. Es war seltsam, durch und durch seltsam. Wie oft hatte er sich nach einer Mission gefreut, das Tor zu sehen und jetzt? Jetzt brach er in kalten Angstschweiß aus. Seine Schritte wurden langsamer und wackliger, je näher er dem Tor kam, sein Atem und Puls rasten derweil um die Wette. Schließlich trat er durch das Tor und blieb stehen. Sein Blick konnte gar nicht anders als zuerst auf das Felsenporträt des sechsten Hokage zu fallen. Damals, als er Konoha verlassen hatte, hatte er es nicht gesehen. Doch da war es. Kakashi. In Stein gemeißelt. Bis eben hatte er es nicht so recht realisieren können.

„Yamato?“, hörte er zwei ungläubig klingende Stimmen gleichzeitig sagen.

Yamato drehte sich in die Richtung um, aus der sie gekommen waren … und musste lächeln. Izumo und Kotetsu. Manche Dinge änderten sich eben nie.

„Tatsache!“, rief Izumo aus. „Du bist es.“

„Mensch, mit dir haben wir aber jetzt echt nicht gerechnet“, fügte Kotetsu hinzu.

Yamato wusste, dass er irgendetwas sagen sollte, nur wusste er gerade absolut nicht, was das sein sollte. Plötzlich fühlte er sich wieder so unsicher wie an dem Tag, als er in Kakashis Anbu-Einheit kam. „Uhm, hallo?“

„Das ist ein Timing“, fuhr Kotetsu fort. „Der Rest von eurem Team wird heute noch zurückerwartet, soweit ich weiß.“

Etwas über die Formulierung „euer Team“ stutzend und doch überforderter als er es sich ausgemalt hatte, versuchte Yamato, schnell auf den Punkt zu kommen. „Ist Kakashi …“, er zeigte in Richtung des Hokageturms.

„Ja“, antwortete Izumo, ohne den Rest der Frage abzuwarten. „Der Hokage sitzt in seinem Büro und ist fleißig wie immer.“

Eine höfliche Verbeugung später nahm Yamato den Weg über die Dächer Konohas. Das war zwar anstrengender, aber er wollte sich den Weg durch das Dorfzentrum noch nicht zumuten.

Die Flure des Turms waren leer und so gestatteten sie es Yamato, vor der Tür, hinter die er wollte, halt zu machen und durchzuatmen. Er brauchte drei Anläufe, um tatsächlich gegen die Tür zu klopfen.

„Herein“, hörte er von innen Kakashis Stimme und erschrak darüber so sehr, dass er erst einmal vergaß, die Tür zu öffnen. Es dauerte einige Sekunden, bis ihm bewusst wurde, dass er die Tür auch aufmachen musste. Sehr, sehr zögerlich trat Yamato ein und ließ die Tür hinter sich wieder ins Schloss fallen. Kakashi saß an seinem Schreibtisch und war in irgendein Dokument vertieft, welches er in dem Moment fallen ließ, in dem er aufblickte und bemerkte, wer da eingetreten war. Eine gefühlte Ewigkeit starrte der Hokage ihn mit großen Augen wortlos an. Yamato fand es seltsam, Kakashi mit zwei gleichartigen Augen zu sehen. In seiner Erinnerung hatte Kakashi immer noch das Sharingan besessen.

„Tenzou“, brachte Kakashi schließlich ungläubig hervor. „Du bist wieder da?“

„Ich bin wieder da“, antwortete Yamato, es selbst kaum glaubend.

Kakashi stand in einem für seine Verhältnisse schnellem Tempo auf, ging auf ihn zu und blieb kurz vor ihm stehen. „Du bist wieder da.“

Yamato wusste nicht, was er davon halten sollte, dass der Andere ihn nach wie vor ungläubig anstarrte. Es kam ihm so vor, als würde Kakashi etwas sagen wollen, sich allerdings aus einem ihm nicht erkennbaren Grund zurückhielt.

„Wie geht es dir?“, fragte Kakashi nach einer kurzen Pause.

„Besser“, erwiderte Yamato mit einem leichten Lächeln und in der Hoffnung, dass der Ältere dann nicht mehr so dreinblickte, als hätte er einen Geist gesehen. Was jedoch darauf folgte, hätte Yamato nie im Leben erwartet.

Plötzlich und unerwartet wurde er von Kakashi umarmt.

Kakashi drückte den Jüngeren regelrecht an sich, als würde er ihn festhalten und so vor einem weiteren Weglaufen hindern wollen. Etwas zaghaft erwiderte Yamato die Umarmung und legte seine Arme auch um Kakashi. Bei allem, was er sich für seine Rückkehr vorgestellt hatte … dies war nicht darunter gewesen. Und es übertraf alles bei Weitem.

„Ich bin so froh, dass du wieder da bist, Tenzou.“

Immer noch ließ keiner von ihnen los. Wenn es nach Yamato gegangen wäre, hätten sie ewig so bleiben können. Die Stille war dennoch etwas seltsam.

„Eigentlich heißt es 'Yamato', Sempai“, sagte er nach einer Weile, sanft lächelnd.

„Ganz wie du willst, Tenzou“, erwiderte Kakashi.

„Ist bei dir alles in Ordnung, Sempai?“ Yamato spürte, dass mit dem Anderen etwas nicht stimmte. Irgendetwas beschäftigte ihn. Für so etwas hatte Yamato schon zu Anbu-Zeiten ein Gespür entwickelt.

Anstelle einer Antwort verstärkte Kakashi die Umarmung noch einmal, seine Hände krallten sich in das Oberteil des Kameraden.

Bevor Yamato darauf reagieren konnte, hörten sie eilige Schritte im Flur und ließen voneinander ab. Keine Sekunde später polterte Naruto durch die Tür und stoppte so abrupt, dass Sakura und Sai hinter ihm in ihn hinein krachten.

„Yamato-taichou! Du bist wirklich wieder da!“, plärrte der blonde Nachwuchsninja lautstark.

Yamato hatte gerade einmal genug Zeit, seinen Blick über Narutos vorhandenen rechten Unterarm wandern zu lassen, da fiel Naruto ihm schon um den Hals.

„Yamato-taichou“, rief Sakura freudestrahlend, „lassen Sie mich nie wieder mit denen hier alleine!“ Und auch sie umarmte ihn, über Naruto hinweg.

„Wir haben Sie sehr vermisst“, sagte schließlich Sai und schloss sich, wenn auch zögerlich, der amüsant aussehenden Gruppenumarmung an.

Es kam Yamato so vor, als hätte er dies schon einmal so ähnlich erlebt, aber das war damals nicht real gewesen. Nur der Traum. Das hier, samt des wohligen Gefühls in seinem Innern, war echt.

„Ihr habt mir auch sehr gefehlt“, sagte er gerührt und immer noch von seinen Schützlingen umschlungen.

„Kakashi-sensei“, Naruto streckte seinen rechten Arm nach Kakashi aus, „das hier ist eine offizielle Team Sieben Umarmung, du musst mitmachen!“

„Mir ist es neu, dass es so etwas wie offizielle Team Sieben Umarmungen gibt“, entgegnete der Angesprochene skeptisch, doch da erwischte Narutos Hand seinen Hokagemantel und er wurde widerwillig mit hineingezogen.

Von allen unbemerkt hatte sich eine weitere Person genähert. „Jetzt gerade wünschte ich wirklich, ich hätte eine Kamera.“ Tsunade stand lachend im Türrahmen.

Kakashis Gedanken hörten nicht damit auf, sich zu überschlagen. Als Yamato plötzlich wieder vor ihm stand (nach zwei Jahren!), setzte sein Herz kurz aus, nur um daraufhin wie wild zu schlagen. Er hatte nicht mehr damit gerechnet, ihn tatsächlich eines Tages wiederzusehen. In die Freude über die Wiederkehr seines langjährigen Kameraden mischten sich schnell ein paar trübe Gedanken. Immer und immer wieder hatte Kakashi sich vorgeworfen, dass er Yamato nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte.

Obito hat dies getan. Ich trage Mitschuld daran, was dir zugestoßen ist.

Allerdings, so dringend Kakashi dies auch loswerden wollte, er wollte es nicht überstürzen. Er müsste erst abwarten, sehen wie es seinem Kohai tatsächlich ging, abwägen, ob er bereit für dieses Gespräch war. Kakashi wusste nicht einmal, ob er selbst bereit für dieses Gespräch war.

Er hatte auch nie geplant gehabt, Yamato um den Hals zu fallen. Erst als er es schon getan hatte, bemerkte er, was er da überhaupt tat.

Tenzou war zurück. Sein engster Vertrauter war zu ihm zurückgekehrt.

Kakashi hatte es sich nie erklären können, dieses Band zwischen ihnen. Vielleicht waren es die Gemeinsamkeiten zwischen ihnen, vielleicht auch die Unterschiede, die ihm von Anfang an das Gefühl gegeben hatten, dass er mit Tenzou auf einen besonderen Menschen getroffen war. Bei ihm fühlte er sich sicher, stärker und verletzlicher zugleich. Egal, ob Kinoe, Tenzou oder Yamato, er war für Kakashi immer ein Stück Seelenheil gewesen.

Während sie da Büro verließen und zu Kakashis Appartement gingen, wo Yamato übergangsweise unterkommen und sich nach der langen Reise ausruhen sollte, merkte Kakashi wie sich in seinem Inneren etwas zusammenzog. Ein erdrückendes Gefühl, das ihn zunehmend nervöser machte. Er versuchte, es zu überspielen, fragte Yamato wie die Reise gewesen war und wie es Yukimi ging, doch er konnte es nicht abschütteln.

„Und? Willst du mir jetzt sagen, was bei dir nicht in Ordnung ist?“, fragte Yamato, sobald der Hokage die Wohnungstür geschlossen hatte.

Ihn nur flüchtig verwundert ansehend, schüttelte Kakashi den Kopf. „Du bist gerade erst wiedergekommen. Da überschütte ich dich sicher nicht gleich mit meinen Problemen.“

„Es ist also wirklich etwas.“ Yamato konnte die Überraschung darüber, Recht mit seiner Vermutung zu haben, nicht verbergen. „Du kannst es mir ruhig sagen“, äußerte er besorgt.

„Nein. Du hast selbst genug, mit dem du fertig werden musstest.“

So leicht wollte Yamato nicht aufgeben. „Ich weiß, ich war nicht … nicht so ganz bei mir, als ich fortgegangen bin, aber jetzt geht es mir wirklich besser und-“

„Nicht ganz bei dir? Ich habe selten so eine Untertreibung gehört.“

Yamato biss sich auf die Unterlippe. „Es war auch alles andere als leicht, mit den Erlebnissen aus dem Krieg fertig zu werden. Ich weiß, dass mich eine Schuld-“

„Nein!“, unterbrach Kakashi ihn. „Dich trifft sicher keine Schuld.“

„Aber wenn ich nicht-“

„Stopp! Hör auf, dich trifft keine Schuld. Du hast nichts falsch gemacht, Tenzou.“ Das erdrückende Gefühl wurde schlimmer, als würde etwas Kakashi innerlich zerreißen. „Ich habe viele Fehler gemacht, du jedoch keinen.“

Verwirrt Yamato sah ihn an. „Wie meinst du das?“

Seinen Blick abwendend und vor seinem inneren Auge Erinnerungen vom Schlachtfeld sehend, antwortete Kakashi: „Das war nicht Madara, dem du begegnet bist. Das war Obito. All dies konnte nur passieren, weil ich Rin nicht hatte beschützen können.“

Yamatos Augen weiteten sich vor Entsetzen, als er dies hörte. Ein paar Mal setzte er an, um etwas zu sagen, brachte jedoch kein Wort heraus. Zu unwirklich war das, was Kakashi ihm erzählt hatte.

„Es ist meine Schuld“, fuhr Kakashi schwermütig fort. „Du hast nichts falsch gemacht, du hast nie etwas falsch gemacht. Ich dagegen habe so viele Fehler gemacht. Sasuke ist zum Schluss vollkommen durchgedreht, seinetwegen hat Naruto einen Arm verloren. Ich habe mich nie genug um Sasuke gekümmert, ich habe mich nie genug um überhaupt jemanden gekümmert.“ Kakashi richtete seinen Blick gen Boden. War dies der von ihm so lange gefürchtete Moment? Der Moment, in dem er zusammenbrechen würde? Reiß dich zusammen, versuchte Kakashi zu sich selbst zu sagen, während er die Tränen in seinen Augen weg zu blinzeln versuchte, doch er konnte nicht. Stattdessen sprach er mit wachsender Verzweiflung weiter: „Wieso will jeder, dass ich Hokage bin, wenn ich doch an jeder anderen Aufgabe bisher gescheitert bin? Ich habe nicht einmal mehr das Sharingan. Wie soll ich ohne Sharingan überhaupt das Dorf beschützen? Ich bin so nutzlos, und es tut mir so leid, Tenzou. So leid. Verzeih mir. Verzeih mir, bitte.“ Bei den letzten Worten fiel Kakashi kraftlos auf den Boden und blieb dort elendig knien.

Wie in einer Schockstarre gefangen hatte Yamato sich hilflos Kakashis Zusammenbruch angehört. Erst als der Ältere auf dem Fußboden kauerte, erwachte Yamato aus seiner Starre.

Dieser Anblick war so falsch.

Kakashi Hatake, sein Sempai und seiner Meinung nach einer der wundervollsten Menschen auf dieser Erde, sollte nicht so ein beklagenswertes Bild abgeben. Yamato kniete sich ebenfalls hin und packte den Anderen entschlossen an den Schultern.

„Sempai, hör auf! Du bist nicht nutzlos und du kümmerst dich sehr um andere Menschen. Du bist nicht Schuld am Krieg oder an allen Verbrechen von Akatsuki. Du hast vielleicht deine Kameradin nicht beschützen können, aber trotzdem liegt alles, was danach passiert ist, nicht in deiner Verantwortung. Obito und Sasuke haben ihre eigenen Entscheidungen getroffen, ohne dass du etwas daran hättest ändern können.“ Yamato hielt kurz inne, als er merkte, was er vorhatte zu sagen. „Du kannst tausendmal überlegen, was du hättest anders machen können, es wird dir nicht weiterhelfen. Du kannst es nicht mehr ändern“, wiederholte er Yukimis Worte und machte sie sich so bewusst wie noch nie zuvor. „Du kannst das alles nicht mehr ändern, aber du kannst jetzt ein großartiger Hokage sein. Einer, der es sehr wohl schafft, sein Dorf zu beschützen, denn du bist mehr als das Sharingan, Kakashi. Du bist so viel mehr und du bist nicht allein.“

Kakashi blickte auf und sah ihn an.

„Ich muss dir nicht verzeihen, Sempai. Denn ohne dich wäre ich nicht hier. Und ich will hier sein. Genau hier.“ Yamato hatte sich lange nicht mehr so stark und zufrieden gefühlt, wie in diesem Moment, in dem er bemerkte, dass er gebraucht wurde.

Für ein paar Sekunden herrschte eine wortlose Stille zwischen den beiden, dann antwortete Kakashi hörbar gerührt: „Danke.“

Yamato lächelte.

„Ich weiß gar nicht“, fügte Kakashi bewegt hinzu, „womit ich dich verdient habe.“

„Das Gleiche frage ich mich, seit wir uns zum ersten Mal begegnet sind.“

Yamato richtete seine Kleidung. Wie ungewohnt es war, etwas so Festliches zu tragen. Mit einer Mischung aus Stolz und Freude blickte er aus etwas Entfernung auf die Gruppe, die sich um die beiden Kameraden in ihrer Mitte geschart hatten, und die beiden hochleben ließen. Wer hätte das gedacht? Amüsiert schüttelte er den Kopf, als er darüber nachdachte. Noch viel unwirklicher als der Umstand, dass er sich so herausgeputzt hatte, war der Grund wieso er dies getan hatte. Sein Gedankengang wurde jedoch jäh von etwas unterbrochen, das er recht schnell als Rap ausmachen konnte.

„Yamato, altes Haus. Siehst viel besser aus. Ich sag´s, unterlegt mit diesem Beat, du hast echt noch mal die Kurve gekriegt.“ Bee hielt ihm eine Faust hin.

Yamato betrachtete überrascht die Faust und dann Bee. „Du meine Güte, ich habe gerade verstanden, was du gesagt hast.“

Bee grinste und hielt ihm weiter die Faust hin, bis Yamato die eigentümliche Begrüßung erwiderte und Bee weiterzog, um dem Brautpaar zu gratulieren. Mit einem Grinsen im Gesicht schüttelte Yamato erneut den Kopf und ging zu Kakashi, der die Szene beobachtet hatte und den Jüngeren musterte, als dieser auf ihn zukam.

„Na, einen alten Freund getroffen?“

„Sozusagen.“ Als Yamato bemerkte, dass Kakashi ihn immer noch prüfend ansah, fügte er hinzu: „Ist etwas?“

„Scheinbar nicht.“

„Du tust es schon wieder“, stellte Yamato fest, ohne vorwurfsvoll zu klingen. Es war rührend, dass Kakashi sich um ihn sorgte.

„Ja?“

„Du musst dir keine Sorgen machen. Mir geht es gut. Ich bin selbst überrascht, aber ich habe die Situation im Griff. Bisher ist nichts passiert, was traumatische

Erinnerungen hervorgerufen hat. Ich glaube, mir kommt der heutige Tag einfach viel zu unwirklich vor.“

„Dann geht es nicht nur mir so.“

Beide richteten ihren Blick wieder auf das Paar, das immer noch von Leuten umringt wurde.

„Als Naruto sagte, er würde heiraten, habe ich gedacht, er nimmt mich auf den Arm“, sagte Yamato. „Und doch stehen wir jetzt hier.“ Er begutachtete Kakashi, der ebenfalls feierliche Kleidung trug und äußerst gut darin aussah.

„Ich dachte, mein Herz bliebe stehen, als Naruto mir von seinen Heiratsplänen erzählte.“ Kakashi lachte kurz. „Verrat es ihm nicht, aber gerade fühle ich mich doch ein wenig alt.“

„Ah, warte damit noch bis die beiden Kinder bekommen, Sempai. Dann können wir damit anfangen, uns alt zu fühlen.“ Yamato betrachtete die drei jungen Shinobi, die ihm vor einer gefühlten Ewigkeit anvertraut worden waren. Nie hätte er gedacht, dass dieses zu anfangs streitlustige Trio ihm je so viel bedeuten könnte. Und er ihnen so viel bedeuten könnte. Als hätten sie seine Gedanken gelesen, kamen Sai, Sakura und Naruto auf sie zu.

„Hat euch die Zeremonie gefallen?“ Naruto strahlte über das ganze Gesicht.

„Sehr schön, Naruto“, antwortete Kakashi. „Ich bin sehr stolz auf dich.“ Er wuschelte mit einer Hand durch die blonden Haare seines Schützlings.

„Ah, nicht, Kakashi-sensei! Ich soll doch ordentlich aussehen!“, jammerte Naruto und grinste gleichzeitig.

„Sie sehen heute auch sehr gut aus“, sagte Sakura zu ihren beiden ehemaligen Teamführern. „Wie sieht es aus, Kakashi-sensei? Hinata hat eine ledige Tante, die etwa in Ihrem Alter ist.“ Sie zwinkerte ihm zu.

„Uh, nein, ich lehne dankend ab, Sakura.“ Kakashi lächelte.

„Sicher, Kakashi-sensei?“, fragte Naruto. „Du wirst auch nicht jünger. Deine Haare sind ja schon ganz weiß.“

Gedanklich schlug Kakashi eine Hand gegen seine Stirn. „Die waren schon immer so, Naruto.“

„Und Sie, Yamato-taichou? Was ist mit Ihnen?“, versuchte Sakura es erneut, doch der Angesprochene wedelte abweisend und mit verlegenem Blick mit den Händen.

„Ich lehne ebenso dankend ab.“

„Hoffnungslose Fälle“, grummelte die Kunoichi.

„Ich weiß nicht, Sakura.“ Tsunade gesellte sich zu der Gruppe dazu. „Manchmal erscheint ein Fall als hoffnungslos, aber dabei ist er nur schwierig zu durchschauen.“ Sie lächelte ein wissendes Lächeln in Kakashis und Yamatos Richtung. „Das seht ihr doch auch so, oder?“

Kakashi hob fragend eine Augenbraue und nach einem kurzen Blickwechsel mit Tsunade, sagte er: „Es ist schon spät und ich habe morgen viel zu tun. Ich verabschiede mich schon einmal.“ Er verabschiedete sich von Naruto und Hinata und machte sich auf den Weg.

Yamato sah ihm hinterher. „Ich werde dann auch langsam nach Hause gehen.“ Höflich bedankte er sich bei dem Brautpaar für die Einladung und trabte Kakashi hinterher.

„Du, Sai“, sagte Naruto zu seinem Kameraden, „ich habe nicht verstanden, was Oma Tsunade eben gemeint hat. Du etwa?“

Sai blickte noch einmal in die Richtung, in die Kakashi und Yamato verschwunden waren, ehe er lächelnd antwortete: „Ich habe da so eine Idee.“ Mehr verriet er trotz Narutos Protest und Sakuras Nachfragen nicht.

 

Yamato hatte den Anderen schnell eingeholt, blieb jedoch ein paar Schritte hinter ihm. Es war Nacht geworden in Konoha und sie waren alleine auf den Straßen unterwegs. In all den Monaten seit seiner Rückkehr war ihr Verhältnis fast wieder so geworden wie früher. Sie verstanden sich mit wenigen Worten, konnten aber auch viele wechseln, wenn es nötig war und sie verbrachten viel Zeit miteinander. Und hier war der Punkt, der es nur fast so wie früher machte: Sie verbrachten nämlich sehr viel Zeit miteinander. Eigentlich hatte Yamato angenommen, dass er bei Kakashi nur eine vorübergehende Bleibe gefunden hatte, doch bis jetzt war er dort nicht ausgezogen.

 

Sempai? Soll ich mir nicht langsam etwas Eigenes suchen?“

Willst du denn ausziehen?“

Uhm … nein. Eigentlich nicht.“

Dann bleib.“

 

Je länger Yamato darüber nachdachte, desto klarer wurde es ihm, dass dies Kakashis eigenwillige Art war, ihm seine Zuneigung zu zeigen. Es war selten, dass er so etwas explizit zeigte, aber die vielen kleinen Gesten und Yamatos Fähigkeit, diese zu deuten, verrieten ihn. Es war so typisch für ihn. Mit Kakashi an seiner Seite fühlte er sich weniger erdrückt von all den grausamen Dingen, die ihm in seinem relativ jungen Leben bereits zugestoßen waren. Yamato war sich zunehmend sicher, dass es Kakashi da ganz ähnlich ging. Vermutlich würden sie nie völlig darüber hinwegkommen, was alles geschehen war, doch die Zeit hatte schon einige ihrer Wunden heilen lassen. Nicht zu vergessen, dass es drei junge Shinobi gab, die oft genug Rat bei ihnen suchten. Und irgendwo gab es noch einen vierten von der Sorte, für den sie auch da sein mussten, wenn er ihre Hilfe benötigen sollte. Außerdem war da noch ein ganzes Dorf, das beschützt und regiert werden wollte. Wann und wie genau es passiert war, wusste Yamato gar nicht mehr so genau, aber an irgendeinem Punkt nach seiner Rückkehr hatte er angefangen, für den Hokage zu arbeiten. Kakashi hatte ihn da doch bestimmt irgendwie wieder um den Finger gewickelt. Yamato schmunzelte innerlich. Es war vielleicht nicht ganz genau wie in seinem Traum, aber ...

„Tenzou, träumst du?“

Kakashi war stehen geblieben und sah ihn an.

„Nein, ich habe nur über etwas nachgedacht“, antwortete er und blieb ebenfalls stehen, während der Blick des Anderen wieder prüfender wurde. „Über nichts Ernstes, keine Sorge.“

Von dieser Antwort offensichtlich beruhigt, entspannte sich Kakashis Mimik wieder und er hielt dem Jüngeren eine Hand hin. „Komm, lass uns endlich nach Hause gehen.“

Die Reaktion, die er daraufhin erhielt, verunsicherte ihn von Neuem. Yamato starrte seine Hand wie vom Donner gerührt an.

„Ist sicher nichts?“, hakte Kakashi nach.

„Nein, nichts.“ Yamato schüttelte den Kopf und lächelte ein aufrichtiges und zufriedenes Lächeln. „Mir fällt nur gerade auf“, sagte er und nahm Kakashis Hand, „dass ich zu Hause bin.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (20)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Spyair
2016-11-14T19:53:13+00:00 14.11.2016 20:53
Ohww und schon ist auch diese toll Geschichte vorbei ~ ich kann nur wieder sagen das du hier wirklich eine sehr schöne und gefühlvolle Story geschaffen hast :)
Ich freu mich für Yamato das er endlich angekommen ist und sein "zu Hause" gefunden hat. Ganz ehrlich den Abspann bei the Last finde ich wirklich sehr gelungen, diese Atmosphäre gefällt mir da echt und ich finde es schön das du diesen Moment mit ein bezogen hast ;)
(ach und Bee´s Rap ist doch gut geworden, ich glaube so ähnlich würde es auch im Orginal klingen ..)

Vielen Dank das du dieses schöne Werk geschrieben hast und mit uns teilst :3
LG Spyair
Von:  Onlyknow3
2016-10-22T17:13:29+00:00 22.10.2016 19:13
Endlich vereint nach zwei Jahren Trennung. Yamato und Kakashi brauchen sich genau so wie Naruto auch Sasuke braucht. Unterschiedlicher könnte es nicht sein. Naruto mit Porthese am Arm würde ich gerne mal sehen.
Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Onlyknow3
2016-10-22T16:50:49+00:00 22.10.2016 18:50
Yamato ist zuhause angekommen, jetzt geht es aufwärts. Schön das er wieder da ist.
Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Spyair
2016-10-04T19:17:58+00:00 04.10.2016 21:17
Arrwwww :3 das war ja süß^^
Ganz ehrlich ich bin so glücklich das Yamato wieder in Konoha ist, er gehört einfach dorthin! Das ist sein zuhause!
Ich kann mir vorstellen was für ein "Schock" (im positiven Sinn) es für Kakashi war als Yamato einfach so in seinem Büro stand. Diese Umarmung der Beiden hat mein Herz höher schlagen lassen ~ die zwei zusammen sind einfach nur niedlich ♥
Und diese Gruppenumarmung, ich glaube das es genau das ist was Yamato braucht ... Menschen die ihn lieben und für ihn da sind!

Wieder ein sehr schönes Kapitel ~ freu mich schon wenn es weiter geht^^
LG Spyair

Von:  Onlyknow3
2016-09-22T18:23:14+00:00 22.09.2016 20:23
Wieder zwei schöne Kapitel, und es freut mich das sich Yamato wieder nach Hause sehnt. Zu Kakashi,Naruto,Sakura und Sasuke,neben Sai. Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Onlyknow3
2016-09-14T04:59:08+00:00 14.09.2016 06:59
Dann raff dich auf Yamato, und hol ihn dir wieder wenn er dir fehlt. Das muss von dir kommen, Kakashi fühlt sich schuldig wegen dem was dir passiert ist, also lass es so nicht weiter gehen.
Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Spyair
2016-09-09T19:25:34+00:00 09.09.2016 21:25
Soo ~ ich hatte die ganzen letzten Tage nicht mal Zeit um hier weiter zu lesen, aber jetzt hab ich es endlich geändert ...

Yamato scheint sich selbst in Yukimi´s Heimat etwas zurück zu ziehen (obwohl ihn dort ja eigentlich niemand kennt), ich glaube er ist immer noch ein bisschen verstört & verunsichert von den letzten Ereignissen. Doch Yukimi hat es dennoch geschafft ihn dazu zu bringen vor die Tür zu gehen ;)
Schon ist Yamato mal draußen, da wird er auch schon von einem anderen Typen angegraben XD
Der arme wirkt irgendwie immer so schüchtern, damit hätte er wohl nicht gerechnet. Ich find´s schön das er sich dadurch Gedanken macht ... jaa Tenzou gesteh es dir ein das du was für Kakashi empfindest ♥ *aufgeregt das Yamato x Kakashi-Fähnchen wedel*

Das waren wieder sehr schöne Kapitel, ich freu mich schon wenn es weiter geht :)
LG Spyair
Von:  Spyair
2016-08-27T19:16:37+00:00 27.08.2016 21:16
Ich finde diese Idee mit Yamato´s Lieblingsbuch echt süß :3
Auch das Kakashi ihn damals das erste mal mit in eine Buchhandlung genommen hat und Yamato´s Reaktion darauf ist so putzig *schwärm* solche kleinen Geschichten liebe ich einfach ~

Das ist verständlich das Yukimi Yamato nur mit Tenzou ansprechen wird, immer hin kennt sie ihn garnicht als Yamato und hat ihn ja auch überhaupt erst den Namen Tenzou gegeben.
Als er mit ihr vor dem Tempel steht und im Gedanken kurz bei Kakashi ist freut es mich, anscheinend vermisst er ihn auch. Zumindest ein bisschen.
Auch wenn man am Ende merkt das Yamato wirklich so glücklich ist, wie es jetzt ist, hoffe ich doch das er irgendwann wieder zurück nach Konoha zu seinem Senpai will! (da kommt einfach die Yamato x Kakashi Fanliebe durch, entschuldige dafür -_-)

Bin wahnsinnig gespannt wie´s weiter geht :D
LG Spyair
Von:  Spyair
2016-08-27T18:53:27+00:00 27.08.2016 20:53
Gut das ich die ganzen Anbu-Fillerfolgen zu Kakashi gesehen habe und weiß wer Yukimi ist ;)
Ich finde du hast ihr fröhliches und sonniges Gemüt, was sie ausstrahlt, echt gut hinbekommen. Es wäre mal interessant zu sehen wie im Anime der jetzige Yamato auf eine erwachsene Yukimi reagieren würde ... aber da sie ja "nur" ein Fillercharakter ist, wird es so eine Begegnung wohl ehr nicht geben ~ deshalb find ich es schön das du sie mit eingebaut hast^^

Es freut mich für Yamato das er wieder aus seinen dunklen Loch raus ist. Es hat mich überrascht das Yukimi es in einem so kurzen Moment geschafft hat, so viel in ihm zu bewegen und ihn so sehr glücklich zu machen :3 aber das zeigt das Yamato noch einiges für sie an Gefühlen hat (also freundschaftlich als ihr "Bruder" )
Damit wäre auch geklärt warum in "the Last" Yamato nicht in Konoha ist. Auch wenn ich mich für Yamato freu tut mir auf der anderen Seite Kakashi schrecklich leid. Er kann sich einfach nicht dazu überwinden Yamato zu sagen wie sehr er ihn braucht und ihn auch vermissen wird :(
Aber wie sagt man nicht immer: Wenn du ihn liebst dann lass ihn ziehen! Zumindest trifft das im Moment ziemlich gut zu, so eine Auszeit kann Yamato wirklich helfen das Erlebte zu verarbeiten, ich hoffe nur das Kakashi diese Zeit seiner Abwesenheit auch verkraften wird ..

Wieder mal ein tolles Kapitel^^
LG Spyair
Von:  Kopierninja-Midori
2016-08-22T13:10:13+00:00 22.08.2016 15:10
Die beiden tun mir Richtig Leid. Ich hoffe es wird wieder. Immer hin sind sie schn so lange Team Kolegen. :`(
Freu mich aufs nächste Kapitel


Zurück