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Eine Keksdose voller Worte

Projekt 'Buchzitate'
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Summary:
Seit 17 Jahren verbringen die Schüler von 1997/98 den 1. Mai eines jeden Jahres in Hogwarts. Blaise schildert seine Eindrücke und Erinnerungen, versucht sich über seine Zukunft klar zu werden und wird von den Plänen seiner Freunde überrascht. Komplett anzeigen

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Oneshot ~ Siebzehn lange Jahre II. ~ Blaise Zabini *slash*

57. Zitat:Tut mir leid, dass ich hier so rumflenne*.“ (P.S. Ich liebe dich von Cecelia Ahern)

 

Friedlich liegt das imposante Schloss vor uns. Die Ruhe scheint uns vollkommen zu umgarnen und wir sind hier … Sonst nichts. Wir sind einfach nur hier.

Wir sitzen da – ich und einige andere auf einem umgestürzten Baumstumpf, weitere im Gras – und wir sind. Wir atmen. Wir schmecken die Freiheit. Fühlen die Wogen des pulsierenden Lebens um uns herum - und wir sind.

Ich betrachte die Menschen, die mit mir gemeinsam hier sind, und frage mich, wie sich Leben wohl anfühlt, wenn man niemals eine solche Verbundenheit erfahren hat? Wir treffen uns lediglich einmal im Jahr, immer am 1. Mai, und doch würde ich jedem von ihnen mein Leben anvertrauen.

In einiger Entfernung sitzt Harry Potter im Gras, ins Gespräch vertieft mit seinem ältesten Sohn. Potter war nie jemand gewesen, der sich gerne in den Mittelpunkt gedrängt hat. Schon zu unserer Schulzeit hatte er auf mich einen zurückhaltenden Eindruck gemacht. Freundlich, aber niemand der von sich aus viele Menschen um sich scharte. Und genauso leben die Potters auch heute – und das, obwohl Ginny einige Jahre das meist bewundertste Sternchen am Quidditchhimmel gewesen war.

Auch Draco Malfoy lebt zurückgezogen im Kreis seiner Familie. Sein Sohn ist ein netter, kleiner Kerl – da hat der einstige Slytherin-Prinz einiges richtig gemacht. Schon zu Schulzeiten konnte Draco ein wahrer Freund sein. Konnte … In der Regel zeigte er sich aber als opportunistisches Arschloch. Ob er sich verändert hat? Vermutlich – das haben wir alle, doch ob das auch auf dieser Ebene passiert ist? Ich weiß es nicht. Aber er ist heute hier – war es von Anfang an. Dieser Mut verdient Respekt, den er in dieser Runde stets erfahren hat. In den ersten Jahren hat er immer diese trotzige Miene zur Schau gestellt. Als hätte er nur darauf gewartet, dass irgendjemand ihm Böses wollte.

Ein Schmunzeln gleitet über mein Gesicht.

Wenn Draco wüsste, dass ich für sein Schicksal mehr Mitleid empfinde, als für Harry Potter ... 'Man möchte brechen, Zabini!', höre ich seine angewiderten Worte in meinen Gedanken. Unwillkürlich fällt mein Blick auf seinen Unterarm. Die Sonne steht am Himmel und die Temperaturen sind wohlig warm – und so hat eben auch Draco sein elegantes Jackett abgelegt und seine Hemdsärmel aufgekrempelt. Noch immer zeichnet sich das Schandmal auf seiner hellen Haut deutlich ab.

Und wieder gleitet mein Blick fort von den Gesichtern und erneut hinüber zu dem Schloss, an dessen Fuß der große See in der Frühlingssonne funkelt.

Hogwarts.

Hier anzukommen bedeutet in jedem Jahr das Gefühl des Heimkehrens. Spätestens, wenn die Schulleiterin uns mit weit geöffneten Armen empfängt.

Da seid ihr ja – ihr tapferen Jungen und Mädchen. Ihr Krieger!

Das sind Professor McGonagalls Worte an jedem 1. Mai seit siebzehn Jahren. Ich seufze leise und greife nach der Hand, die dicht neben meiner auf dem warmen Holz des umgestürzten Baumes ruht, und ahne nicht, was ich dadurch auslöse.

Ein verhaltenes Schluchzen erklingt und ich spüre das Beben, das von ihm ausgeht. Mit einem liebevollen Lächeln löse ich meine Hand von seiner, lege ihm stattdessen meinen Arm um die Schulter und ziehe ihn an mich.

Jedes Jahr! In jedem Jahr erwischt es einen von uns. Hier zu sitzen und am Leben zu sein – auch nach all der Zeit – unglaublich. Wir leben und sind frei das zu tun, was immer uns glücklich macht. Doch während wir hier sitzen, an dem Ort, an dem wir vor siebzehn Jahren um unser Leben, unser Überleben, haben kämpfen müssen, da fällt uns auch immer wieder der Preis ein, den wir für dieses Privileg gezahlt haben.

Während ich Anthony im Arm halte und er weint wie ein kleiner Junge – finden meine Augen wie ferngesteuert diese eine Stelle auf den Schlossgründen. Die Stelle, an der Anthony und ich den kleinen Collin Creevy im Todeskampf gefunden hatten.

Collin hat sich mit etlichen erfahrenen Todessern duelliert. Er hat gekämpft wie ein Berserker. Aus dem Augenwinkel habe ich damals bemerkt, wie er seinen Angreifern eingeheizt hat – doch er war nur ein kleiner Junge. Collin war nicht einmal volljährig. Ein Kind.

Was für Zauberer sind es, die in eine Schule eindringen und gegen Kinder kämpfen?

Man vergisst sie nicht, diese kurzen Augenblicke – auf ein ganzes Leben gerechnet nur winzige Flügelschläge der Zeit. Doch sie begleiten dich ein Leben lang.

Luna Lovegood kommt zu uns herüber. Sie setzt sich vor uns ins saftig grüne Gras und legt Anthony eine Hand auf das Knie. Er verbirgt sein Gesicht an meinem Hals. Anscheinend schämt er sich seiner Tränen. Ich drehe meinen Kopf und küsse sanft seine Wange.

„Oh!", kommt es leise von Luna und sie strahlt mich an. „Ihr seid wieder zusammen?"

„Wir sind zusammen hier, Luna", entgegne ich ruhig, während sich Anthony energisch die Tränen von den Wangen wischt.

„Ich bin noch nicht lange wieder da ...", krächzt er leise und mustert Luna, die strahlend wie die Frühlingssonne vor uns sitzt. Sie sieht anders aus als sonst, ohne dass ich den Finger darauflegen könnte.

„Tut mir leid, dass ich hier so rumflenne*“, schnieft Anthony und vergräbt erneut sein Gesicht in den Händen.

„Es gibt keinen Grund sich zu entschuldigen. Wie wunderbar, dass du überhaupt da bist“, sagt sie mit ihrer sanften Stimme und zupft mit diesem herrlich verträumten Gesichtsausdruck an einigen Grashalmen. „Und manchmal ist es das Beste einfach an den Ausgangspunkt zurückzukehren und noch einmal alle Uhren auf null zu drehen. Meinst du nicht, Anthony?“

Ein Lächeln huscht über sein Gesicht und ich schaue ihn forschend an. Er senkt den Blick – nach wie vor mit dieser verhaltenen … Freude? Ja, vielleicht ist es Freude, die da in seinen Augen funkelt. Ich seufz leise, als weder Luna noch Anthony etwas zu dieser kryptischen Äußerung hinzufügen wollen.

„Ravenclaws! Wenn das so weitergeht, dann schnappe ich mir Malfoy und wir Lügen einander die Hucke voll!“

„Hast du was gesagt, Zabini?“, kommt es auf meinen Ausruf prompt von unserem Slytherin-Prinzen. Er schlendert zu uns herüber, nicht ohne einen prüfenden, sehr väterlichen Blick in Scorpius Richtung zu werfen, der mit seiner Mutter und einem Haufen Weasley-Nachkommen am Ufer des Sees steht und die Tentakel des Kraken bewundert.

„Ich habe nur gerade festgestellt, dass Ravenclaws allesamt in Rätseln sprechen und eine Unterhaltung mit einem profanen Slytherin, wie dir viel einfacher zu bestreiten ist.“

Draco lacht schnaubend und schüttelt den Kopf. Doch er geht nicht auf mein Geflapse ein. Stattdessen schaut er an mir vorbei und mustert Anthony mit unverhohlener Neugierde. „Muggelkunde, Goldstein? Echt jetzt?“

„Jeder entsprechend seiner Stärken, Malfoy.“ Sein Gesicht bekommt einen berechnenden Ausdruck. „Du bist im Vorstand einer dieser … Heuschreckenfirmen, oder?“ Er feixt sich still eins, während hinter uns das typische, vor Albernheit triefende Weasley-Gelächter ertönt.

Doch noch immer lässt sich für mich der Sinn der Worte nicht recht herausfiltern. „Muggelkunde? Was meint Malfoy?“, hake ich nach.

Anthony sucht meinen Blick. „Ich werde zurückkehren nach Hogwarts und das Fach Muggelkunde übernehmen.“

„Oh. O.k.“, entgegne ich perplex. Anthony hatte mir erzählt, dass er in all den Jahren verschiedene Studiengänge absolviert hat. Einer Lehrtätigkeit nachgekommen war. Aber eine Anstellung in Hogwarts … Das ist neu für mich.

„Und dabei habe ich mir alle Mühe gegeben, meinen Einfluss geltend zu machen, um Muggelkunde und Pflege magischer Geschöpfe aus den Lehrplänen zu verbannen. Nun ja, ihr werdet sehen, was ihr davon habt. In zwei Jahren habt ihr nicht nur die älteren Weasleys und Potters Söhne am Hals, sondern auch Scorpius. Ich werde ihn zuvor ausgiebig briefen!“

Ich komme immer weniger hinterher, was Anthony bemerkt und mir seine Hand auf den Oberschenkel legt. „Ich übernehme Muggelkunde, Luna übernimmt gemeinsam mit Rolf die Pflege magischer Geschöpfe und Malfoy übernimmt die alte Rolle seines Vaters und sitzt im Schulbeirat, um für Stimmung zu sorgen.“

„Wow“, entkommt es mir überrascht. „Keine Forschungsreisen mehr, Luna?“

Sie lächelt verträumt und streicht sich über den Bauch – und erst jetzt erkenne ich die Veränderung als das, was sie ist.

„Du bist schwanger!“, rufe ich aus und ziehe damit die Aufmerksamkeit auf uns. Luna lacht ausgelassen.

„Und du heute anscheinend blind für so etwas, hm?“, erwidert Luna mit einem Augenzwinkern.

„Und sowas nennt sich Heiler – echt mal, Zabini!“, poltert Malfoy, wendet sich dann aber wieder Anthony zu. Anscheinend hat er sein Pulver noch nicht komplett verschossen. „Aber Muggelkunde, Goldstein? Hast du wirklich nichts Besseres mit deiner Zeit anzufangen gewusst?“

Da ist er wieder, dieser blasierte Tonfall. Dieses hämische Gehabe. Mein Kopf ist momentan einfach zu voll für einen schwadronierenden Malfoy, der, wenn mich nicht alles täuscht, schon zu dieser frühen Stunde wenigstens einen Drink intus hat. Ich erhebe mich kommentarlos und hoffe neutral zu wirken. Einen Streit von Zaun zu brechen, wäre wirklich das Letzte, was ich wollte. Im Grunde wollte ich gerne eine Weile mit Anthony allein sein. Ich habe keinen blassen Schimmer, wie es mit uns weiter geht. Ob es überhaupt ein uns gibt. Am vergangenen Abend haben wir uns auf neutrales Terrain begeben und in einem Zimmer in den ‚Drei Besen‘ wiedersehen gefeiert. Wir haben nicht viel geredet – unser Willkommensfest war eher körperlicher Natur. Was auch gut so war, bis ich jetzt festgestellt habe, dass alle um mich herum weit mehr zu wissen scheinen als ich.

Am Ufer des Großen Sees setze ich mich auf einen Stein und lasse meine Gedanken schweifen. Ich habe keine Ahnung, ob ich mir Anthony als Professor in Hogwarts vorstellen kann. Ja, vielleicht, er ist ein kluger Kopf und ein sonniger freundlicher Mensch, der mit den meisten Leuten gut auskommt. Doch ich muss mich unterbrechen. Im Grunde habe ich gar keine Ahnung, was er wirklich für eine Persönlichkeit ist. Er ist meine große Liebe gewesen – vor siebzehn Jahren. In der zweiten Hälfte meines Lebens hat er keine Rolle gespielt. Oder doch … Eine Rolle hat er immer gespielt – es gab kaum eine Phase, in der ich nicht an ihn gedacht, mich nicht nach ihm gesehnt habe. Doch er war nicht bei mir und hat auch keinen Kontakt gesucht. Will er diesen überhaupt wieder? Oder hat er sich nur bei mir gemeldet, weil es unvermeidbar geworden ist?

Ich seufze schwer und höre, wie dieses Geräusch dicht neben mir nachgeahmt wird. Scorpius sitzt neben mir auf dem steinigen Ufergrund und betrachtet mich nachdenklich.

„Wir müssen reden, Heiler Zabi!“, sagt der kleine Malfoy bestimmt und entlockt mir ein Grinsen.

Ich mustere ihn fragend. „Über das, was gestern gewesen ist?“

Er nickt energisch. „Ich habe das wirklich nicht gewollt! Aber die Frau, die in deiner Praxis arbeitet, ist manchmal wirklich … Also, sie macht mir immer ein wenig Angst.“

Ich stimme dem Jungen voll und ganz zu. „Bei Merlin, Scorpius, du hast ja so recht! Dennoch war es ziemlich fies – also das mit den Hasenohren und dem Wabbelbeinfluch.“

„Ja, mein Dad hat … Naja, er hat halt ziemlich Theater deswegen gemacht. Ich hab Flugverbot.“ Der kleine Blondschopf lässt den Kopf hängen. „Aber ich habe das wirklich nicht absichtlich gemacht.“

„Das glaube ich dir auch, Scorpius, aber wir haben auch darüber gesprochen, dass es Möglichkeiten gibt, die Spontanzauber zu kontrollieren. Es ist nicht nötig, dass in deiner Nähe ständig irgendwas in die Luft fliegt, sobald dir etwas den Zauberstab verknotet.“ Ich strubbel ihm durch die Haare und suche seinen Blick. „Also, irgendwelche Vorschläge, wie wir das wieder hinkriegen, Kumpel?“

Scorpius verzieht das Gesicht. „Dad will, dass ich mich entschuldige. Bei Madam Shelton. Muss ich echt?“

Ich seufze schwer. „Ja, du musst echt. Das gehört dazu, wenn man Mist baut.“ Er hat mein vollstes Mitgefühl. Es ist schon spannend, was die Natur der Magie so anstellt. Immer wieder kommen Eltern mit ihren Kindern zu mir, weil die Kleinen einfach keine Spontanzauber zustande bringen. In der Regel kann ich die Eltern nach einer kurzen Messung der Magieströme beruhigen. Doch dann gibt es da noch eine Handvoll Kinder, die so sind wie Scorpius.

Schon als Säugling hat er bei jedem Hungergefühl und jeder vollen Windeln die Mauern des Manors zum Beben gebracht. Astoria und Draco waren, nachdem sich der erste Stolz über die explosiven magischen Fähigkeiten ihres Sohnes gelegt hatte, tatsächlich um ihr Wohlergehen besorgt. Nur Großvater Lucius lebt noch immer in unzerstörbarer Begeisterung für seinen Enkel. Es ist ihm gegönnt.

„Gut, dann entschuldige ich mich eben.“ Mit einem leiderfüllten Gesichtsausdruck steht der blonde Junge auf und sucht mit den Augen die Umgebung ab. Ein schalkhaftes Blitzen ist in seinen Augen zu erkennen. Ich schmunzel in mich hinein – was heckt dieser kleine Kerl nun wieder aus?

„Hey – Potter! Wetten, dass mein Kiesel öfter als deiner springt?“

Ich lache laut auf und zucke zusammen, als plötzlich eine Hand auf meiner Schulter liegt. Ich blinzele gegen die Sonne und erkenne Anthony.

„Hey“, begrüße ich ihn und spüre wieder diesen Hauch der Ungewissheit beklommen an meiner Seele nagen.

„Bist du o.k.?“, will er wissen und geht neben mir in die Hocke. Seine wachen, braunen Augen mustern mich forschend. Ich ringe mir ein Lächeln ab.

„Ja. Ja schon … nur … hast du das ernst gemeint? Ich meine … als du wissen wolltest, ob es in meinem Leben einen Platz für dich gibt.“

Sein Gesicht wird ernst, doch er nickt. „Ja, das habe ich. Es ist nur … Blaise, ich mache keine Versprechen. Ich will wieder Teil deines Lebens sein, aber es wird anders sein, als vor siebzehn Jahren. Wir sind keine Kinder mehr.“

Ich nicke und fühle mich ein wenig leichter. „Ja. Das reicht mir.“ Mit einer für mich ungewohnte Zurückhaltung, greife ich nach seiner Hand. „Fürs Erste. Fürs Erste reicht mir das.“



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