Zum Inhalt der Seite

Geschenke

FF-Adventskalender Tag 5
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]


 

D

er Junge starrte ihn an wie ein verstörtes Frettchen. Er wusste, wie das aussah, seine Gegner auf dem Schlachtfeld machten regelmäßig das gleiche, komische Gesicht. Da hatte Rowena ihm ja was Schönes eingebrockt. Blieb nur zu hoffen, dass er in der Lage war, ihren Zauber umzukehren.

„Ohnmächtig werden, steht nicht zur Debatte“, warnte er sein Gegenüber und beobachtete, wie der Junge sich spontan zusammen riss. Es fiel ihm schwer an ihn zu glauben, das war offensichtlich. Stellte sich nur die Frage ob er wirklich wissen wollte warum?

 

„Wie ist Dein Name?“, erkundigte er sich erst einmal.

„James. James Potter, Sir.“

Godric hob die Augenbrauen. Salazar hätte das vielleicht beeindruckt, ihm dagegen war das Kind entschieden zu höflich für Jemanden in einer Ausnahmesituation. Es funktionierte einfach und das war nie ein gutes Zeichen.

Stumm musterte er den Jungen erneut. Er mochte fünfzehn, vielleicht sechzehn sein. Ein Alter in dem er eigentlich in der Lage sein sollte, für sich selbst einzustehen. Doch wenn er ihn so ansah...

Die tiefen Augenringe hinter dem komischen, durchsichtigen Schmuckstück in seinem Gesicht sprachen Bände, genau wie das wirre Haar und der hilflose Blick. Das hier war kein junger Mann, das war ein halbes Kind. Eines, das offensichtlich überfordert war und das nicht nur von ihm.

 

„Was machst Du um diese Zeit im Wald und wo ist Dein Magister?“

„Mein was?“

„Dein Lehrmeister.“

„Ich nehme an die Professoren sind in der Schule und -“

Godric schnaubte. „Sie sollten Dich hier nicht alleine rumlaufen lassen. Jagen ist eine schöne Beschäftigung, aber -“

„Ich jage nicht“, fiel ihm der Junge ins Wort, nur um im nächsten Moment entschuldigend zu Boden zu blicken. Höflich, aber nicht unbedingt das Material aus dem man einen guten Krieger machte.

„Ich suche meine Mitschüler, Sir.“

Godrics Blick wurde, wenn möglich, noch skeptischer. War es inzwischen gang und gäbe nachts durch den Wald zu schleichen?

Helga würde das missfallen. Sie ermahnte ihn schon jedes Mal, bloß vorsichtig zu sein. Halb ausgebildete Knaben, alleine im Wald ... Das musste der Beginn ihres ganz persönlichen Albtraums sein, selbst wenn es sich bei den Knaben ausnahmsweise nicht um ihre eigene Brut handelte.

 

„Ich werde Dich zurückbringen“, entschied er spontan.

„Das müssen Sie nicht tun.“

Godric schüttelte den Kopf. „Doch mein Junge. Das muss ich.“

Und wie er das musste. Wenn er einen Weg zurück fand, wollte er auf keinen Fall Helga in die Augen sehen und ihr gestehen, dass er ein Kind im Wald zurückgelassen hatte. Das war schändlich, selbst für seine Verhältnisse und der Goldene Greif war vieles aber nicht schändlich. Höchstens ein ganz klein wenig skrupellos, wenn er sich provoziert fühlte.

Stumm trat er auf den Weg. Normalerweise wäre er die Strecke ja geritten, aber ohne Pferd ging das natürlich nicht. Also würde er halt laufen. Es war ja nicht so, als wäre der Weg sonderlich weit.

„Komm“, forderte er noch einmal und tatsächlich setzte sich der Junge folgsam in Bewegung.

 

„Was ist mit meinen Mitschülern?“, fragte er nach den ersten fünf, sechs Schritten. „Sie könnten hier noch irgendwo sein.“

Wieder meldete sich die Erinnerung an Helga, doch dieses Mal schüttelte Godric sie erfolgreich ab. Er würde nicht durch den Wald laufen und Kinder suchen, die er noch nicht einmal gesehen hatte. Egal wer sie waren, sie waren von selbst in den Wald gekommen, sollten sie halt zusehen, wie sie zurecht kamen. Er kümmerte sich schließlich schon um ein Findelkind. Sollten die Magister sich ihr Abendbrot verdienen und die Anderen zurückbringen. Dafür wurden sie – hoffentlich – von irgendwem bezahlt.

„Sicher sind sie schon zurück“, log er mit unbewegter Miene und registrierte ganz nebenbei, dass der Junge es ihm abzunehmen schien.

 

Gutes Kind.

 

„Wann hast Du das letzte Mal geschlafen?“, fragte Godric weiter. Diese Augenringe waren wirklich schwer zu übersehen. Genau wie das schuldbewusste Schlucken seines neuen Schützlings. Himmel! Wer passte eigentlich auf dieses Kind auf? Waren die alle völlig blind?

Godric schüttelte den Kopf.

„Ein kluger Geist braucht seinen Schlaf, sonst macht er Fehler“, rezitierte er. Das Rowena den Spruch benutzte, um ihren Mittagsschlaf zu rechtfertigen, musste der Junge nicht erfahren. Genauso wenig, wie Rowena erfahren musste, dass ihr Gerede doch mal zu was taugte.

 

„Wenn ich schlafe, schaffe ich meine ganzen Aufgaben nicht.“

 

Godric musterte den Jungen von der Seite. Hätte er nicht so ernst ausgesehen, er hätte jetzt über seine Worte gelacht. Immerhin, was konnte ein Kind schon für Aufgaben haben, die über Üben, Rüstung putzen und Schild tragen hinaus gingen? Das konnte auch anstrengend sein, keine Frage... Aber so schlimm, wie es gerade klang, war es eigentlich nicht.

 

„Was passiert, wenn Du sie nicht schaffst?“, wollte er also wissen.

 

Neben ihm rang der Junge mit sich selbst. „Dann enttäusche ich alle.“

 

Godric schluckte. Das Kind tat ihm leid. Sehr leid. Auch wenn er noch nicht einzuschätzen wusste, wie viele seiner Ängste echt und wie viele erfunden sein mochten.

Für einen Moment sah er außerdem seinen Bruder vor sich, den jungen Mann, der im Stillen immer alles dafür getan hatte, um die Vorgaben zu erfüllen, die er unabsichtlich geschaffen hatte, wissend dass das nicht funktionieren konnte, weil er ein verdammtes Genie war und Godwine eben nicht.

Alte Schuldgefühle kamen in ihm hoch, verstärkt noch durch das Wissen, dass er schon seid Jahren nicht mehr mit ihm gesprochen hatte.

 

Er würde bei seiner Rückkehr einen Brief aufsetzen lassen. Irgendetwas was Godwines Talent als Heiler lobte und ihn daran erinnerte, dass es sehr wohl etwas gab, was er ihm voraus hatte. Auch wenn es ein Talent war, das auf dem Schlachtfeld erst einmal ohne Bedeutung war, denn an die Folgen dachte man dort am besten erst, wenn sie einen schon ereilt hatten.

Vielleicht konnte Salazar ja schreiben. Der hatte Talent dafür, solche Sachen so auszudrücken, dass andere sich geschmeichelt fühlten, oder wenigstens nicht gleich den Krieg erklärten.

 

Eine Weile lief er schweigend neben dem Jungen her, dachte an seinen Bruder, seine Schwester, ja sogar an seine Mutter zurück. Schließlich schüttelte er den Kopf. Das Schicksal hatte dafür gesorgt, dass Rowenas Zauber ausgerechnet ihn traf und dafür gab es einen Grund. Vielleicht sogar einen ziemlich guten und auch wenn es ihm nicht schmeckte, seine Probleme mussten jetzt warten. Vielleicht nicht lange, aber zumindest bis er einen Weg gefunden hatte, seinem neuen Schützling zu helfen. Denn das war es, wofür das Projekt „Hogwarts“ stand und damit inzwischen auch er selbst und der Name Griffon d'Or.
 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)


Noch keine Kommentare



Zurück