Zum Inhalt der Seite

TMNT - Schicksal?

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Hilfe ist da

Aus Raphaels Sicht:
 

Langsam schreite ich mit Bernadette durch die Kanalisation. Ich laufe absichtlich nicht, damit ich meinem Engel etwas Zeit geben kann, sich wieder etwas zu beruhigen. Ihr Körper ist bis auf dieses leichte Zittern völlig starr. Zumindest bewegt sie nicht einmal ihre Hände und sie bleibt auch so in ihrer jetzigen Position. Der Schock und besonders die Angst sind förmlich in ihren Augen zu sehen. Als würde sie das, was sie erlebt hat, wie eine Endlosschleife immer wieder erleben und sei es auch nur im Kopf. Was haben die mit ihr gemacht und was ist das bitteschön für eine Schule?! Das ist doch das reinste Irrenhaus! Wie können die Lehrer auch nur so etwas zulassen? Haben die keine Augen im Kopf, oder hat man bei denen einfach das Hirn vergessen, so wie auch bei sämtlichen Schülern! Ich begreife das einfach nicht! Ungewollt balle ich mit einer Hand eine Faust, ohne, dass ich Bernadette dabei fallen lasse. Ich bin so richtig in Stimmung auf etwas einzuschlagen. Wo ist ein Boxsack, oder irgendein Idiot, auf dem ich mal einprügeln kann? Nie ist sowas da, wenn man es mal braucht! Reiß dich zusammen Raphi! Sie braucht dich jetzt! Alles andere ist unwichtig! Tadelnd schimpfe ich innerlich mit mir selbst, da ich selbst weiß, dass für meinen Zorn momentan kein Platz ist. Es geht um Bernadette und ich werde ihr helfen. Auch wenn ich noch nicht weiß, wie ich das anstellen soll, aber mir wird noch etwas einfallen.

Ich schaue nun zu ihr runter und merke, dass sie sich einfach nur verkriechen will. Wie auch vorhin hat sich nichts bei ihr verändert. Sie hat einfach Angst. Ich kann nachvollziehen, dass sie sich vor der ganzen Welt verstecken will. Auch wenn ich es nur erahnen kann, was vorgefallen sein muss. Das heißt aber noch lange nicht, dass es was bringt. Egal was war, sie wird es nicht einfach so verdrängen können. Am liebsten würde ich ihr wieder aufmunternde Worte zuflüstern. Dass wir einen Weg finden werden, egal was dafür notwendig ist, aber erstens habe ich keine Ahnung, was ich sagen soll und zweitens würde sie mir vermutlich nicht wirklich zuhören. Schon beim vorigen Mal hatte sie einfach nur mit dem Kopf geschüttelt, da sie es nicht glauben konnte, oder einfach nicht wollte. Das lag aber auch daran, dass sie vorhin viel aufgebrachter war und ständig damit kämpfte, nicht ständig in Tränen auszubrechen. Jetzt hingegen liegt sie einfach nur stumm in meinen Armen und starrt in die Leere. Ich hoffe nur, dass es daheim besser klappen wird, mit ihr zu reden. Auch wenn ich es gerade nicht wirklich glauben kann. Bernadette wird aber nicht drum herumkommen, es uns zu erzählen. Abgesehen davon, dass ich die Betreffenden mal ordentlich die Fresse polieren möchte, bin ich mir sicher, dass meine Familie sie ebenfalls ausfragen wird.

In Moment geht es mir nicht viel anders. Es brennt mir förmlich schon unter den Fingernägeln, endlich einmal den Mund aufzumachen und die betreffenden Worte auszusprechen. Ich will und muss wissen, was diese Idioten mit ihr gemacht haben! Wer war dafür verantwortlich und wie konnte es überhaupt soweit kommen?! Am liebsten hätte ich diese Fragen sofort aus mir herausposaunt. Jedoch hat mir der vorherige Anblick gezeigt, dass es im Moment nicht möglich ist. Bernadette wird mir auf meine Fragen nicht antworten, zumindest noch nicht. Zu sehr ist sie noch in ihre Angst gefangen und ich werde ihr helfen, da irgendwie wieder herauszufinden. Es ist daher besser, wenn ich warte, bis wir wenigstens bei mir zu Hause sind. Denn dann ist meine Freundin in einem geschützten Bereich. Ihr kann dort nichts passieren. Vielleicht fühlt sich Bernadette dann etwas wohler und kann dann endlich mit mir reden. Derzeit habe ich aber eher den Eindruck, dass es gerade keinen Sinn hat, sie auszuquetschen, oder sie gar zu drängen. So muss ich mir schon beinahe auf der Zunge beißen, damit ich nicht sofort loslege und sie mit meinen Fragen durchlöchere. Also halte die Klappe Raphi! Mit diesem Befehl an mich selbst gerichtet, marschiere ich geradewegs weiter.

Als ich schließlich mit ihr endlich daheim ankomme, werden wir schon, wie von mir bereits erwartet, von den anderen in Empfang genommen. „Hey, da seid ihr ja endlich!“, ruft Donnie uns entgegen. Er ist der Erste von ihnen, der uns sieht, während ich mit Bernadette in meinen Armen auf meine Brüder zugehe. Als ich näherkomme, bemerkt Mikey, dass meine Freundin nichts außer einem Handtuch um dem Leib trägt und fragt entsetzt: „Mensch, was ist passiert?! Wo sind denn ihre Sachen?!“ Ich antworte aber nicht darauf und reagiere auch auf sonst nichts, was die drei von sich geben. Stattdessen marschiere ich geradewegs in Richtung Couch, wo ich meine Liebste behutsam absetze. Die anderen drei sind uns gefolgt und setzen sich nun dazu. Alle, wie auch ich, sind gespannt darauf zu erfahren, was nun passiert ist. Doch Bernadette ist so still, sodass man glauben könnte, sie wäre bereits in ihrer eigenen Welt abgedriftet und würde uns gar nicht mal bemerken. Die Stille ist unerträglich, bis Leo diese bricht und ähnlich wie Mikey folgende Frage stellt: „Was ist passiert?“ Zunächst sieht meine Freundin an, eher er seinen Blick zu mir wendet. Ohne diese Frage zu wiederholen, antworte ich ihm mit der Geste, dass ich es selbst nicht weiß. Kopfschüttelnd und achselzuckend zeige ich ihm dies und er nickt nur verstehend. Das mich das außerdem frustriert, ist ebenfalls deutlich von meinem Gesicht abzulesen.

Alle Aufmerksamkeit ist auf Bernadette gerichtet, aber anstatt den Mund aufzumachen, schweigt sie weiterhin. Sie sieht uns nicht einmal an. Stattdessen kramt sie auf einmal in ihrem Rucksack, den ich in der Zwischenzeit neben ihr abgestellt habe, herum, bis sie ihr Smartphone herauszieht. Verwirrt beobachten wir das Mädchen, wie es eine Weile herumdrückt, bis es uns dann das Mobilgerät entgegen reicht. Ich nehme es schließlich und meine Brüder und ich begutachten nun das, was Bernadette uns eingestellt hat. Mir wäre beinahe vor Schreck der Panzer abgefallen, nachdem ich schon die ersten Sekunden des Videoclips gesehen habe und dabei scheint es den anderen nicht viel besser zu ergehen. Umzingelt von anderen Teenagern läuft meine Liebste hin und her und versucht ihre Sachen zu erhaschen, während sie mit einem bösartigen Geplärre verspottet und zum Narren gehalten wird. Das Video endet erst, als eine wütende Männerstimme in die Menge hineinbrüllt und alle Anwesenden zwingt, sofort in die Klassen zurückzukehren. Fassungslos stehe ich und starre weiterhin auf das Handy meiner Freundin. Nun begreife ich, warum es ihr nicht möglich ist, davon zu erzählen. Sie bringt ja nicht einmal ihren Mund auf, weil sie sich deswegen so schämt.

Mit einem miesen Trick wurde meine Liebste zum Gespött zur Schule und ich vermute, dass sie vorhin in der Dusche gewesen sein muss. Anders könnte ich es mir nicht erklären, dass sie bis jetzt nur mit einem Handtuch um Körper herumläuft. Selbst im Video sehe ich, dass hier Haare nass sind. Abwechselnd schaue ich zu ihr und dann wieder auf dem Display, bis Donnie mir das Ding schließlich aus der Hand nimmt. Ohne ein Wort scrollt er weiter und nach seinem Blick zu urteilen, scheint dies nicht das einzige Video zu sein, was im Netz herumkursiert. Hin und her wandern seine Augen und schließlich bestätigt er meine Vermutung: „Leute, dass ist nicht das Einzige. Es gibt noch mehr von dieser Sorte und auch einzelne Bilder. Einige Links weisen auf alles hin, was mit Bernadette zu tun hat. Von den Kommentaren dazu will ich erst gar nicht anfangen. Die erspare ich euch lieber.“ Sein Blick bestätigt nur das, was er da gerade eben gesagt hat und ich will auch erst gar nicht wissen, was so ein Vollkoffer über Bernadette geschrieben hat. Ich würde da nur explodieren, so wütend bin ich, aber vermutlich hat meine Freundin es bereits selbst gelesen. „Zeig her.“, bittet Mikey ihn und liest nun selbst, was er gerade findet. Allein diese Hate-Kommentare sind unbeschreiblich. Bernadette wird mit allmöglichen Schimpfwörtern bombardiert, verspottet und sogar einige Drohungen finden sich hi und da wieder. Manches liest mein Bruder mit der orangen Maske auf Bitten der anderen vor, doch bei jedem Mal zuckt meine Liebste zusammen. Als würde sie diese leibhaftig von jener Person hören.

„Es reicht, hör auf Mikey!“, beende ich es schließlich. Auch wenn dies eher schroff aus meinem Mund gekommen ist, aber ich habe genug gehört und ich will davon auch nichts mehr wissen! Alles, was dort steht, ist erstunken und erlogen! Feige haben sich diese Mistkerle in Reihen aufgestellt und Bernadette dabei gefilmt, oder fotografiert. Anstatt, dass sich irgendeiner von ihnen traut, ihr zu helfen und diesen Scheiß zu beenden, haben sie alle „brav“ mitgemacht und sich über meine Freundin lustig gemacht. Auf ihre Kosten haben sich diese Idioten amüsiert und wenn ich könnte, wie ich wollte, ich würde sie allesamt noch einmal versammeln. Doch dieses Mal würden sie es mit mir zu tun bekommen! Sie würden meine Faust zu spüren bekommen, damit sie wissen, wie es sich anfühlt, wenn man bereits am Boden liegt und jemand anderes tritt noch einmal darauf! Ich wünschte, ich könnte es tun, allein wegen Bernadette. Meine Hände habe ich bereits zu Fäusten geballt, während ich mühselig versuche nicht auszuflippen. Es fällt mir aber schwer, da mir diese Bilder nicht mehr aus dem Kopf gehen und ich würde am liebsten jeden verprügeln, der mir über den Weg läuft. Nur so nebenbei kriege ich noch mit, wie Mikey besorgt in die Runde fragt: „Hat wer eine Ahnung, was wir jetzt machen können?“ Sein Blick ist abwechselnd auf uns gerichtet und besonders sieht er immer wieder zu Bernadette hin, die sich währenddessen auf der Couch leicht zusammengekauert hat.

Ich merke gerade, wie Leos Gesicht immer ernster wird, bis er schließlich Donnie darum bittet, irgendetwas dagegen zu machen: „Meinst du, du könntest diese Videos und diese Bilder irgendwie vernichten?“ Das würde mich auch interessieren, ob dies wirklich möglich wäre. Denn wenn das wirklich geht, dann hätten wir zumindest ein Problem weniger. Der Angesprochene schüttelt aber mit leicht gehobenen Armen den Kopf: „Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Es wird schwer werden. Normalerweise bleibt alles, was im Netz ist, auch im Netz. Ich müsste da schon einige Viren miteinschleusen, damit es einen Effekt hat und selbst da ist es nicht gewiss, ob nicht doch die eine oder andere Lücke offenbleibt. Ich kann daher nichts versprechen.“ „Versuch, was du kannst.“, erwidert der Anführer darauf und Donnie macht sich mit einem ernsten Nicken auf dem Weg in sein „Labor“, nachdem er ihm das Smartphone in die Hand gedrückt hat. In Moment bin ich gerade unfähig irgendetwas zu sagen. Zu sehr hat mich schon die Wut gepackt. Ich will diese Lucinda und all jene, die das Bernadette angetan haben, finden und mit ihnen den Boden wischen! Am liebsten würde ich ja schon sofort losstürmen und die Betroffenen aufsuchen, wenn mich da Leo nicht gepackt und ein Stück von den anderen weggezerrt hätte.

„Was zum Henker, soll das werden, wenn´s fertig ist?!“, beschwere ich mich, aber er deutet mir nur, dass er ich ihm noch ein Stück folgen soll. Scheinbar sollen die anderen nichts von unserem Gespräch mitbekommen, weswegen ich ihm widerwillig hinterhergehe. Erst außerhalb vom Wohnzimmer bleibt der Anführer stehen. Noch können wir die anderen gut sehen, aber es ist weit genug entfernt, sodass uns keiner so schnell hört. „Also was soll das jetzt Leo?“, frage ich nun noch einmal, der mein Bruder kontert: „Das sollte ich wohl eher dich fragen! Hast du etwa einen Knall?! Sollen wir jetzt wegen deiner Hirnlosigkeit Aufsehen erregen und entdeckt werden?! Denk gefälligst mal nach, bevor du irgendwelche hirnrissigen Aktionen durchführst!“ „Hätte ich sie etwa dort verrotten lassen sollen?!“, keine ich ihn an, aber er wiederum meint, bitterernst, dass er nicht das gemeint hat. „Und was bitte schön meinst du?!“, konfrontiere ich ihn damit und erhalte sofort die Antwort: „Ich meine das, was du jetzt abziehst! Beziehungsweise, was du gerade vorhast zu tun!“ Also ahnt Leo bereits, dass ich das Ganze nicht einfach so hinnehmen kann und nun auf eigenere Faust etwas unternehmen will. Jedoch hat er keine Ahnung und genau das werfe ich ihm ins Gesicht: „Dein bescheuertes „Anführergetue“ kannst du dir sonst wo hinstecken! Ich gehe da jetzt rauf und kralle mir mal die Verantwortlichen! Die werden mir nicht so schnell davonkommen!“

Schon will ich mich von meinem Bruder mit der blauen Maske wegdrehen und meine Worte in die Tat umsetzen, als er mich wieder packt. Er kann mir verdammt noch mal ganz schön auf den Wecker gehen! Doch bevor ich auch nur daran denken kann, mich wieder zu beschweren, folgt eine weitere Belehrung von ihm: „Und wo willst du die bitte finden?! Wir wissen nicht einmal wer alle da drin steckt und selbst wenn, müssten wir zuerst rausfinden, wo die sind. Und was willst du dann machen? Willst du sie so lange an den Beinen packen und schütteln, bis sie um Gnade winseln und schwören, dass sie so etwas nie mehr wieder machen?!“ In seinen Worten höre ich förmlich den Sarkasmus heraus, was mich noch mehr reizt. „Siehst du denn etwa nicht, wie sehr Bernadette unter all dem leidet?! Irgendetwas muss ich doch tun und außerdem haben die es verdient, mal in die Mangel genommen zu werden. Nie wieder sollen sie mein Mädchen verletzen!“, schnauze ich Leo an. Während ich ihm das an den Kopf werde, merke ich, dass ich immer lauter werde. Weswegen mein Bruder mich etwas weiter von den anderen wegschiebt. Anscheinend will er nicht, dass sie es hören, aber meinetwegen kann es die ganze Stadt mitbekommen! Ich bin auf zweihundert und jetzt lasse ich meine Fäuste sprechen!

Doch Leo stellt sich mir zum dritten Mal in den Weg. Wenn er das noch einmal macht, dann kann er gleich meinen ersten Schlag ins Gesicht bekommen. Meine Finger brauchen eh schon eine kleine Aufwärmrunde. Doch schon packt der Blaumaskierte mich bei beiden Schultern, dreht mich mit einem Schwung um und deutet mit der rechten Hand auf Bernadette: „Und du glaubst in allen Ernst, dass ihr das jetzt was bringt?! Schau sie dir an! … Glaubst du wirklich, dass sie das will, oder dass sie das im Moment braucht? Ich glaube eher nicht, also überlege dir genau, was du jetzt tust.“ Ich sehe zu Bernadette, wie sie gerade ihren Kopf in Richtung Mikey gerichtet hat, der ihr ein altes, graues Sweatshirt reicht. Zögerlich nimmt sie es entgegen und streift es sich um den Körper. Das Kleidungsstück ist ihr jedoch viel zu groß. Es reicht ihr weit über ihre Knie und es wirkt beinahe schon wie ein verschlissenes Kleid mit viel zu langen Ärmeln. Dennoch ist es immer noch besser, als wenn sie sich schämend mit einem Handtuch um den Leib quälen muss. Für diese Idee bin ich meinem Bruder ehrlich gesagt sehr dankbar, auch wenn er es noch nicht weiß. Mikey grinst sie liebevoll an und hilft ihr beim Aufkrempeln für die Hände, was mein Mädchen mit einem schwachen und auch kurzen Lächeln dankt. Auch unser Vater gesellt sich zu den beiden und reicht Bernadette sogar eine Tasse Tee, was wohl die Nerven etwas beruhigen soll. Mit zittrigen Händen nimmt das Gefäß entgegen, trinkt aber nicht daraus, sondern blickt wieder beschämt zu Boden.

Sprachlos sehe ich dem Treiben zu. Ein jeder tut etwas für sie. Selbst wenn es sich um Kleinigkeiten handelt, die meiner Liebsten vielleicht nur bedingt helfen können. Wenn ich aber sehe, wie sie sich trotz allem darauf einlässt, obwohl sie sich so sehr beschissen fühlt, wird mir anders. Während ich so sehr gegen meine Wut gekämpft habe und das auch weiterhin noch tue, derweil ich auch noch mit Leo über meine Freundin diskutiere, so frage ich mich, wo nun mein Platz liegt. Ich fühle mich so nutzlos, weil ich einfach den Eindruck habe, dass ich nichts außer das, was ich eigentlich vorgehabt hatte, tun kann. Doch braucht Bernadette das gerade wirklich? Will sie das denn? Allmählich begreife ich, was Leo vorhin gemeint hat und auch, dass meine plötzliche, nichtdurchdachte Idee schlimme Folgen haben könnte. Seien es nun wir selbst, oder meine Freundin, die es betreffen könnte. So sehr mich auch die Art des Anführers auf die Palme bringt, er hat Recht. So ungern ich das auch zugebe. „Was soll ich, deiner Meinung nach, machen?“, frage ich ihn das mit einer leisen Stimme, aber er meint nur darauf: „Geh zu ihr. Du bist immerhin ihr Freund, also unterstütze sie. Gib ihr das Gefühl, nicht allein zu sein. Sie braucht dich jetzt mehr denn je, also vergiss das nicht.“ „Und was soll ich zu ihr sagen? „Es wird alles wieder gut“, oder was? Das glaubt sie mir jetzt sowieso nicht.“, erwidere ich darauf, weil ich es mir einfach nicht vorstellen kann, dass das meiner Freundin wirklich hilft, aber selbst dazu hat mein Bruder einen Vorschlag parat: „Sag einfach nichts, wenn dir nichts Passendes einfällt. Sei einfach bei ihr. Ich glaube, dass hilft ihr mehr, als wenn du ihr was vormachst.“

Für einen kurzen Moment schließe ich die Augen und seufze. Dabei löse ich meine Fäuste wieder und hake somit meine eigentliche Idee ab. Schließlich nicke ich meinem Bruder stumm zu, ich wieder ins Wohnzimmer zurückkehre und dabei direkt auf die Couch zugehe. Als Mikey mich da antraben sieht, steht er sofort auf und macht mir Platz. „Also, ich sehe dann mal, was die anderen so treiben. Vielleicht kann ich helfen.“, meint er, gibt mir aber mit seinem Kopf den Wink, dass ich mich sofort zu Bernadette gesellen, aber das braucht er mir nicht dreimal sagen. Das hatte ich ohnehin schon vorgehabt. Sowohl mein Bruder mit der orangen Maske, als auch unser Vater entfernen sich schließlich von uns beiden und geben uns somit die Chance, etwas allein zu sein. Ich setze mich neben Bernadette und nehme sie schließlich in die Arme. Ohne jegliches Zittern oder Gegenwehr lässt sie sich einfach fallen und schmiegt sich sogar gegen meine Brust. Als hätte sie schon darauf gewartet, dass ich mich endlich bei ihr blicken lasse. Am liebsten würde ich etwas sagen, aber jegliche Worte scheinen mir buchstäblich auf der Zunge zu liegen, weswegen ich es einfach seinlasse und stattdessen meinen rechten Daumen liebevoll auf ihre Wange streiche.
 

Aus Erzählersicht:
 

Etwas im Abseits beobachtet Leo die beiden. Auch wenn er deren Beziehung nicht gutheißen kann, ist er in Moment doch froh, dass sie aneinander haben. „Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn Bernadette uns nicht kennen würde.“, murmelt der Blaumaskierte mit einem Kopfschütteln und lässt schließlich die beiden alleine, während er zu Donnie geht. Er ist erleichtert, dass er Raphael davon abbringen konnte, eine Dummheit zu begehen, wobei er den Hitzköpfigen auf der einen Seite verstehen kann. Trotz allem muss man einen kühlen Kopf behalten, was wohl in diesem Fall gerade noch gut ausgegangen ist. Leo kommt gerade in das „Labor“ des Genies an und sieht zu, wie dieser auf der Tastatur herumhämmert, während er beschäftigt zwischen den einzelnen Monitoren hin und her sieht. „Glaubst du, du kannst was machen?“, fragt er schließlich den Lilamaskierten, kaum dass er sich diesem genähert hat. Ohne von seiner Arbeit aufzusehen, antwortet der Angesprochene: „Vielleicht, ich habe schon einige Programme dafür gestartet, aber da gibt es noch ein Problem: So oft ein Bild oder ein Video geteilt wird, so schnell wird sich dies im Netz ausbreiten. Ich weiß daher nicht, ob ich alles aufhalten kann. Dafür bräuchte ich schon Hilfe von außen, um die richtigen Algorithmen zu bestimmen.“

Das heißt, dass es weiterhin schwierig sein wird, wenn überhaupt viel verändert werden kann. Leo überlegt dabei. Er selbst wüsste zunächst nicht, an wen man sich in diesem Fall wenden könnte, bis ihm schließlich April einfällt. Immerhin hat sie als Reporterin für die Medien gearbeitet. In diesem Fall hofft der Anführer, dass sie hoffentlich jemanden kennen wird, der sich gut mit solchen Dingen auskennt. So nimmt er sein Handy aus dem Gürtel und ruft die Freundin der Turtles an. Kaum, dass sie rangegangen ist, klärt der Anführer sie ohne Ausschweife über die Fakten auf. April hat Bernadette bis jetzt nur einmal gesehen und kennt sie daher kaum. Doch wenn es um Mobbing geht, versteht sie keinen Spaß. So teilt sie Leo mit: „Keine Sorge Leo. Ich setze mich sofort mit Irma in Verbindung. Sie ist eine ehemalige Studienkollegin von mir und sie eine Spezialistin, was Computertechnik angeht. Sie wird uns sicher helfen. Ich setze mich auch mit der Online-Community der betreffenden Webseiten auseinander. Vielleicht können sie einige Bereiche sperren und noch Schlimmeres verhindern.“ Dankend legt Leo nach einer Weile auf und seufzt schließlich, denn mehr kann er in Moment nicht tun. Daher hofft er, dass sowohl Donnie, als auch April und diese Irma gemeinsam Erfolg haben werden.
 

Aus Raphaels Sicht:
 

Bis jetzt hat sich an der Stimmung kaum etwas geändert. Seitdem ich mit Bernadette bei uns zu Hause angekommen bin, sind bereits einige Stunden vergangen. Vermutlich wird in der nächsten Zeit die Sonne untergehen und wenn meine Liebste nicht bald nach Hause kommt, wird es vermutlich noch ein weiteres Problem mit ihrer Tante geben. Zwar ist diese seit den letzten Tagen etwas geschmeidiger geworden, wenn es um ihrer Nichte geht, aber dennoch würde ich es nicht mit ihr verscherzen. Besonders seit Bernadette nun dieses Mobbingproblem am Hals hat, blickt sich die Frau bei meiner Freundin überhaupt nicht mehr durch. Zumindest hat Bernadette sich seit unserer Ankunft etwas beruhigt und weint auch nicht mehr. Direkt an meiner Brust gekuschelt, halte ich sie in meinen Armen und versuche ihr soweit es geht eine Stütze zu sein. Wobei ich, ehrlich gesagt, keine Ahnung habe, ob dies überhaupt was hilft. Immerhin tue ich in Wirklichkeit nichts. Ich sitze einfach da und umarme sie. Irgendwie kommt mir das so wenig vor, aber etwas Anderes als Leos Vorschlag hätte ich nicht machen können. Wobei es mir ein Vergnügen gewesen wäre, die blonde Schnepfe und ihre Dienerschaft mal den Betonboden küssen zu lassen. Das hätten sie regelrecht verdient, aber andererseits hätte ich nicht nur riskiert die Existenz unserer Familie preiszugeben, ich hätte vermutlich einiges noch schlimmer gemacht. Ich sehe es ja irgendwie ein und doch spüre ich dieses Verlangen tief in mir drinnen. Die sollen nur abwarten. Irgendwann und irgendwie finde ich eine Möglichkeit, um Gerechtigkeit zu erlangen.

Bis dahin bleibt mir nichts Anderes übrig, als mich zusammenzunehmen und für meinen Engel da zu sein. Manchmal streiche ich über ihr wildes Haar, was nun zumindest wieder trocken ist. Ich habe mich den ganzen Weg bis hier her gefragt, warum dieses eigentlich feucht war und wie sie überhaupt in diese misslige Lage geraten konnte. Sämtliche Vorstellungen schlichen sich dabei durch meinen Kopf, wobei ich einiges mit einer Überzeugung wieder aus meinem Hirn streichen konnte. Erst nach diesem Video wurde ich langsam aufgeklärt und selbst in Laufe der darauffolgenden Stunden sprach meine Freundin endlich zu mir. Nach diesem scheinbar endlosen Schweigen, begann sie mir von sich aus zu erzählen, wie es war. Es fing damit an, dass sie gerade unter der Dusche war, als es passierte. Das würde sowohl ihre feuchten Haare, sowie auch ihre sehr „dezente Kleidungswahl“ erklären. Unter anderen Umständen und wenn sie kein verweintes Gesicht gehabt hätte, hätte dies wohl seinen Reiz gehabt. Ich habe mich bisher aber gehütet, diese Eingebung laut auszusprechen. Bernadette hat im Moment andere Sorgen und Gedanken sind ja bekanntlich frei. Jetzt heißt es aber abwarten, bis sich etwas ergibt und es gibt immer noch Hoffnung, dass Donnie es vielleicht doch irgendwie deichseln kann. Wie er das machen will, kann ich mir nicht wirklich vorstellen, aber ich habe ja generell wenig Erfahrung, was Computer und Technik angeht.

Solange ich es irgendwie bedienen kann, ist mir alles andere völlig egal. Nur aus einem werde nicht wirklich schlau. Wie hat Lucinda es geschafft das Ganze zu organisieren? Wie bringt sie überhaupt die Leute dazu, für sie die Drecksarbeit zu machen und was hat sie überhaupt gegen Bernadette? Diese und weitere ähnliche Fragen habe ich mir schon lange gestellt, doch bis jetzt konnte ich keine plausible Erklärung dazu finden. Auch jetzt kursieren mir diese Gedanken wieder durch den Kopf, als sich bei dem Smartphone meiner Liebsten etwas tut. Es vibriert und klingelt kurz. Bernadette sieht mich zunächst unsicher an, doch ich löse dann die Umarmung, damit sie nach dem Ding greifen kann. Schon drückt sie auf dem Display herum und ich kann sehen, dass sie eine Whatsapp erhalten hat. Auch wenn es mich in Grunde nichts angeht, kann ich es nicht lassen diese mitzulesen: « Hey Liebes. Es wird wohl, wie befürchtet, länger dauern. Ich werde daher nach der Arbeit bei einer Kollegin übernachten, die in der Nähe wohnt. Du brauchst somit nicht auf mich warten. Wie sehen uns morgen. Hab dich lieb. » Naja, zumindest haben wir für den Moment das Problem „Tante“ vom Hals. Dennoch werde ich das Gefühl nicht los, dass auf Bernadette noch einiges zukommen wird.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Mad-Dental-Nurse
2016-04-03T12:40:48+00:00 03.04.2016 14:40
Ich kann Raph wirklich gut verstehen. Würde man das mit meiner Freundin machen wären ich auch nicht mehr zu halten. Aber Leo hat Recht. Was bringt es? Nichts!
Und das schlimme ist, wenn es einmal im Netz war, bleibt es auch da. Man hört es ja tagtäglich wie oft irgendwelche Idioten etwas aus dem Net ziehen und es kopieren, nur um damit sich beliebt zu machen...
Manchmal reicht es einfach da zu sein und nichts zu sagen. Es gibt auch nichts passendes dazu zu sagen...und ehe man was falsches sagt, sollte man lieber schweigen...daher das Sprichtwort: Rden ist silber, schweigen ist gold...
Antwort von:  Pamuya_
03.04.2016 14:51
Wie vom letzten Mal schon erwähnt, es geht schon, aber es ist verdammt schwierig. Besonders wenn es ständig geteilt und weitergesendet wird, scheint so etwas unmöglich zu sein.
Das Gefühl nichts tun zu können, kann einem echt um den Verstand bringen. Weswegen Raphaels Wut umso größer wurde. Nur bringt sich das rein gar nichts. So gut auch die Absichten dahinter sind.
Das Sprichwort passt zu dieser Szene wirklich am besten.


Zurück