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TMNT - Schicksal?

von

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Die zweite Warnung

Aus Bernadettes Sicht:
 

Noch einige Tage musste ich im Bett bleiben, bis ich schließlich das Gröbste überstanden hatte. Anscheinend habe ich mir von der Apotheke das Richtige organisiert. Denn das Fieber war das Erste, was allmählich zurückging und das schloss auch dieses Kältegefühl mit ein. Daher musste ich auch nicht mal zum Arzt, so wie mich Raphael eigentlich darum gedrängt hatte. Mir ging es von Tag zu Tag besser. Die Kopfschmerzen, der Husten und selbst das ständige Naseputzen sind nun kaum mehr vorhanden. Zwar gibt es immer noch Momente, an denen ich mich etwas schwächer fühle, aber dafür wurde ich von meinem Freund liebevoll umsorgt. Jede Nacht kam Raphael zur selben Stunde und blieb solange, wie es ihm möglich war. Meist bis Sonnenaufgang saß er an meinem Bett, machte mir Tee, oder sogar etwas zu essen. Auch wenn die Vielfältigkeit eher dürftig war, so gab es keine Beschwerden meinerseits. Ich genoss einfach jeden Moment mit ihm, während ich von ihm wie eine „kleine Prinzessin“ verwöhnt wurde. Dass er einfach an meiner Seite war, war mir umso wichtiger und dabei war es mir egal, was wir machten. Sei es, dass wir uns gemeinsam einen Film auf meinem Laptop reingezogen haben, oder einfach nur redeten. Stets schmiegte ich mich an seinem Körper und kostete jede Sekunde aus, in der er bei mir auftauchte.

Das Einzige, was mich jetzt noch stört, ist die Tatsache, dass ich krank bin. Gut, Raphael kümmert sich um mich, aber viel lieber wäre es mir gewesen, dass wir uns beide das erspart hätten. Nicht selten sehnte ich mich danach, während ich an seiner Seite in die Leere starrte, dass wir unsere gemeinsame Zeit doch außerhalb meines Zimmers verbringen könnten. Viel zu sehr bin ich es schon gewöhnt, dass ich mit ihm gemeinsam draußen „die Welt unsicher mache“. Nicht nur, dass er mir sonst neue Orte, oder einfach neue Perspektiven von bekannten Orten gezeigt hatte, ich konnte einfach mal raus aus „meiner schützenden Hülle“, in der ich mich normalerweise nur dann zurückziehe, wenn ich einfach vom Rest der Welt die Nase voll habe. Jetzt, wo ich es nicht kann, drängt es mich umso mehr ins Freie. Klingt irgendwie, als wenn ich in diesem Punkt verwöhnt wäre, aber selbst, wenn es tatsächlich so ist, mir ist das scheißegal. Allerdings, wenn ich Raphael mal darauf angesprochen habe, hat er stets darauf bestanden, dass ich mich erst auskurieren soll, bevor ich mich mit ihm wieder nach draußen wage. So wie ich zum Thema „Arztbesuch“ stur sein kann, so ist mein Freund es in diesem Punkt und es lässt sich auch nichts daran rütteln. Egal, wie oft ich ihn schon darum gebeten, bzw. bezirzt habe, er ging keinen Millimeter von seinem Standpunkt weg.

So ein Sturschädel! Immerhin geht das ja nicht nur auf meine Kappe! Auch wenn ich es war, die unbedingt von ihm runter wollte, während wir die ganze Zeit in diesem tosenden Regen standen, ich wollte einfach mal Klarheit. Da war mir das Wetter überhaupt nicht wichtig. Viel mehr noch, meine Wut auf meinen Freund war an jener Nacht so groß, sodass ich alles andere um mich herum vollkommen ausgeblendet hatte. So bescheuert das auch eigentlich klingt, aber hätte er mal vorher seinen Mund aufgemacht, dann hätten wir uns das beide ersparen können. Sowohl den Streit bei diesem Regenguss, der Zoff zwischen seinen Brüdern und auch mein Fieber hätten nicht sein müssen. Ok, der Grund an sich ist irgendwie nachvollziehbar. Das muss sogar ich mir eingestehen und hätte ich ihn auf diesem Dach nicht in die Mangel genommen, so wüsste ich bis heute nicht, was in diesem Dickschädel so vor sich geht. Allein schon, wenn ich an dieses Wort denke, könnte ich lachen. Denn eigentlich war mir das Thema „Liebe“, und damit meine ich Liebe in Bezug auf einen möglichen festen Freund, eher schnuppe. Ich suchte nicht einmal danach und wollte auch nicht wirklich darüber nachdenken. Das Einzige, was mich in diesem Bereich bisher „interessiert hat“, waren gutgeschrieben Gedichte, oder so manche Romane und selbst diese habe ich nur gelesen, weil man ohnehin nicht um diesen Themabereich drum herumkommt.

Jetzt dagegen ist es irgendwie anders. Wenn ich mich sogar an die eine oder andere Phrase erinnere, verstehe ich diese nun umso mehr. Ich fühle sie sogar. Sonst hat stets meine Einsamkeit einen hohen Stellenwert in mir gehabt. Das Gefühl, geliebt zu werden, und zwar so wie ich bin, ist stets im Hintergrund gewesen. Ich weiß zwar, dass ich von meiner Familie geliebt werde, aber werde ich wirklich von ihr gesehen? „Nein“ wäre da wohl die erste Antwort, was ich darauf geben würde. Wir haben uns zu sehr voneinander entfernt und das hinterlässt nicht selten einen bitteren Beigeschmack. Dafür genieße ich es nun umso mehr, dass sich doch jemand um mich sorgt. Raphael beweist so ziemlich den Spruch, den jeder kennt: Harte Schale und weicher Kern. Dass er das eigentlich mehr als Schwäche bezeichnen würde, würde ich ihn darauf ansprechen, ist totaler Schwachsinn. Schließlich macht ihn diese Eigenschaft nicht weniger wert. Viel mehr noch, in ihm steckt weit mehr, als was man vom ersten Blick an vermuten würde. Selbst innerhalb seiner Familie beweist er das und da ist er nicht einmal der Einzige. Das, was ich bisher bei diesem „Clan“ so mitbekommen habe, sind die anderen nicht viel anders. Nicht nur das, Raphael hat es sogar geschafft, dass in mir diese Gefühle hochkommen.

Jegliche Romanze habe ich sonst immer als schnulzigen Abklatsch aus einem Liebesfilm abgetan und nun stecke ich scheinbar selbst in einem. Ich habe mich verliebt und das noch in jemandem, welcher zunächst für mich „nur“ mein bester Freund war. Eigentlich schreit das so ziemlich nach einer Variation von „Die Schöne und das Biest“, aber in meinem Fall gibt es keine Rose, keine Magie und auch keinen Fluch, welcher durch die wahre Liebe gebrochen werden müsste. Ich liebe Raphael, so wie er ist und anders würde ich ihn mir gar nicht vorstellen wollen. Allein der Gedanke daran lässt mein Wunsch, endlich wieder gesund zu werden, noch weiter anwachsen. Ich will einfach wieder die gemeinsamen Nächte mit ihm draußen verbringen. Unter dem Sternenhimmel möchte ich die Stadt aus einem anderen Blickwinkel sehen, während ich alles andere vergessen kann. Tagsüber habe ich manchmal sogar das Gefühl, dass mir noch die Decke auf dem Kopf fallen würde, so eingesperrt fühle ich mich. Selbst, wenn es sich „nur“ um lausige vier Tage handelt, in der ich besonders am Anfang mein Bett kaum verlassen konnte, reicht mir dies durchaus aus. Raphael sorgte sogar auf seine Weise dafür, dass ich mich ja nicht überanstrengte. Doch tagsüber bin ich allein und kann daher selbst mein Ding durchziehen, so wie ich es für richtig halte.

Allerdings bestanden die Stunden meist aus Schlafen. Schließlich verbrachte ich meine aktive Zeit mehr in der Nacht und das kostet nun mal Energie. Dass ich demnach noch nicht ganz fit bin, habe ich in diesem Punkt immer wieder zu spüren bekommen. Allerdings ist für mich jeder noch so kleine Fortschritt, welcher mich aus meinem Bett bringt, ein Segen. Manchmal ist es schon schade, wenn Raphael so plötzlich aufbrechen muss, so wie es auch letzte Nacht der Fall war. Irgendwo wurde eine Bank überfallen und es gab somit wieder Arbeit für meinen Freund. Das hatte ich mitbekommen, als er mit Leo sprach und es dürfte etwas Größeres sein, sonst hätte Raphael nicht sofort nachkommen müssen. Dabei zögerte er sogar. Auf der einen Seite liebt er es einfach, seine Kampfkünste einsetzen zu können, aber genauso gern ist er bei mir. Es ist aber seine Aufgabe, die Stadt „aufzuräumen“ und das wissen wir beide, weswegen ich gestern einfach zu ihm sagte: „Jetzt trete ihnen schon in den Arsch.“ Auch heute Nacht bin ich wieder alleine. Raphael ist nicht zu seiner üblichen Zeit gekommen. Vermutlich sind die vier an etwas Größeres dran, was nicht in einer Nacht zu schaffen ist. Viel Glück Jungs. Hoffentlich findet ihr bald diese Idioten, damit wieder etwas „Ruhe“ einkehrt, wenn es dieses Wort in New York überhaupt gibt.

Im Nachhinein gesehen war es im gesamten eine „dürftige“ Woche. Nicht nur, dass ich die meiste Zeit krank im Bett lag, der Scheiß zog sich einfach lange hin. Zwar war ich am Wochenende öfters auf, aber ich hatte seltsame Weise nicht wirklich das Bedürfnis, nach draußen zu gehen. Es ist einfach nicht dasselbe. Diese „Freiheit“ kann ich einfach nur mit Raphael genießen. Doch der hatte die letzten Nächte kaum Zeit für mich gehabt und heute muss ich wieder in das Haus der Irren zurückkehren, um mich dort wieder aufs Neue durchschlagen zu müssen. Innerlich sehne ich mich schon nach den nächsten Ferien, in der ich einfach diese Schwachköpfe und Arschlöcher mal vergessen kann. Das Einzige, was mich heute etwas aufmuntert, ist, dass Tante Tina noch etwas länger wegbleiben wird. Bereits am Samstag hatte sie mich angerufen und mir mitgeteilt, dass sie noch einige Tage dranhängen müsste. Wie lange diese Geschäftsreise noch dauern würde, konnte sie mir nicht klar sagen. Worum es wohl dabei gehen würde? Meine Tante redet kaum über ihre Arbeit. Besonders, wenn es um dessen Inhalte geht. Ich weiß ja nicht einmal, was genau sie in der Firma macht. Nur von Terminen und wichtigen Gesprächen habe ich mitbekommen. Alles Andere ist mir unbekannt. Ich habe früher sogar geglaubt, dass sie als Sekretärin ist. Deswegen hat es mich auch nie wirklich interessiert, aber dann würde sie nicht durch die Weltgeschichte fliegen. Tante Tina hat mit Sicherheit eine viel höhere Position, davon bin ich überzeugt.

Noch immer leicht in Gedanken versunken, schlendere ich nun durch den Flur meiner Schule. Die erste Hälfte meines heutigen Stundenplans habe ich bereits hinter mich gebracht. Das heißt, dass ich für diesen Tag nur noch den Rest überstehen muss, damit ich endlich aus diesem Irrenhaus wieder rauskomme. Gerade eben seufze ich, als ich im selben Augenblick von einer Kugel aus Alufolie getroffen werde. Dabei wurde ich genau auf der linken Schläfe erwischt und durch die Wucht und durch die Größe der Kugel hat es mich ordentlich erwischt. Es ist tut verdammt noch mal weh! Bei meiner Reaktion halte ich sofort meine linke Hand auf die wunde Stelle und schaue in die Richtung, aus der der Schütze gerade geschossen hat. Kurz nehme ich einen Jungen mit einer kurzen Igelfrisur wahr und mein Blick verfinstert sich. Doch er gibt nur lachend ein „Yes! Volltreffer!“ von sich und macht sich dann mit seinen zwei Kumpanen, die einfach danebengestanden haben, aus dem Staub. „Idioten!“ murmle ich und reibe etwas gegen meine Schläfe, bis ich meinen Weg wieder fortsetze. Wie mir diese Schule stinkt! Nur Waschlappen und Volldeppen sind hier zu finden! In den alten Geschichten heißt es, dass die Hölle das Schlimmste sein, was einem Menschen am Ende seines Lebens passieren könnte. Doch ich sehe das anders! Das hier ist die Hölle und da muss man nicht einmal sterben, um hierherzukommen!

Einige Minuten später erreiche ich endlich meinen Spind. Eigentlich hatte ich vor, zwei Bücher zu holen. Doch als ich einen Blick darauf werfe, bleibt mir, wenige Schritte von dem Ding entfernt, vor Schreck kurz der Mund offenstehen. Er wurde aufgebrochen! Das Schloss baumelt schräg von seiner Halterung und sieht aus, als hätte sich jemand mit einem Brecheisen daran zu schaffen gemacht. Die Spindtür sieht auch nicht viel besser aus. Dies wurde deutlich sichtbar brutal aus den Angeln gerissen und dann irgendwie in die Öffnung wieder hineingepresst. Als hätte derjenige auf einmal den Hulk spielen müssen. Was zum Teufel geht denn hier ab?! Sind denn alle jetzt völlig verrückt geworden?! Was soll der Scheiß?! Unglaubwürdig und erschrocken starre ich auf den eisernen Kasten, in dem ich all meine persönlichen Sachen aufbewahre. Von oben bis unten gibt es nichts außer Schrammen. Das kann doch wohl nicht wahr sein! Die haben doch glatt mein Spind aufgebrochen und randaliert! Das muss doch jemand bemerkt! Es kann doch den Lehrern nicht entgangen sein, dass sich jemand daran zu schaffen gemacht hat, oder?! Unglaubwürdig nähere ich mich dem Spind. Ich spüre in mir die kochende Wut. Dass ich nicht gerade in der Beliebtheitsskale in dem Top 5 herumirre, ist mir ja klar, aber das geht doch wirklich zu weit!

Wann ist das überhaupt passiert?! Das kann doch nicht so lange her sein! Die ganze letzte Woche lag ich doch krank im Bett und selbst heute Morgen war überhaupt noch nicht die Rede davon, dass irgendetwas in der Schule zerstört worden wäre. Gerade sowas macht hier schnell die Runde und ist vom Tratsch nicht zu fernzuhalten. Hinzu kommt, dass der Hausmeister, welcher ein eher schnellreizbarer Geselle ist, allein schon bei Kleinigkeiten an die Decke geht. Wie würde er da wohl bei sowas reagieren?! Ist er etwa auch schon von dieser „Scheuklappen-Krankheit“ infiziert worden?! Wurde er sogar bestochen, damit er dazu schweigt?! Vieles ist denkbar und eines weiß ich gewiss, Lucinda und ihren Handlangern würde ich alles zutrauen. Ich hingegen wäre jetzt gerne ausgeflippt. Immerhin hat sich jemand unbefugt an meine Sachen rangemacht und den Spind so massakriert, dass ich ihn vermutlich nie mehr wieder benutzen kann. Irgendwie wünschte ich mir jetzt, ich könnten den Verantwortlichen augenblicklich an die Gurgel packen und so festzudrücken, sodass derjenige blau anläuft. Mehr noch, ich hätte ihn am liebsten auf frischer Tat ertappt und dann meine Show bei ihm abgezogen. Durch dass ich aber für die ersten drei Stunden meine benötigten Sachen für den Unterricht bereits in meinen Rucksack hatte, musste ich erst gar nicht diesen Kasten aufsuchen und nun stehe ich wieder da, wie der Depp des Tages, währen alles in mir kocht. Ich könnte sogar explodieren!

Mühselig schlucke ich meinen Zorn etwas runter. Denn dieser würde mich momentan mehr behindern, als was gut für mich wäre. Doch was mache ich jetzt? Ich habe keine Ahnung, wie es drinnen aussieht. Will ich überhaupt wissen, wie groß der eigentliche Schaden wirklich ist? Widerwillig greife ich schließlich nach dem Griff, um im inneren das Ausmaß der Zerstörung zu sehen. Ich muss ja schließlich wissen, ob ich überhaupt noch irgendetwas retten kann. So wie es aber von außen aussieht, glaube ich kaum, dass eine „Rettungsaktion“ noch viel Sinn machen wird. Wer weiß, was für eine „Überraschung“ auf mich wartet. Allein schon, dass ich direkt davorstehe, lässt mich Böses erahnen. Ich glaube sogar etwas zu riechen und schon meldet sich mein Magen. Der Ekel wird in meinem Körper deutlich spürbar und trotzdem rüttle ich leicht an dem Griff. Es klemmt und nach zwei Versuchen halte ich schließlich die gesamte Spindtür in der Hand. Angewidert sehe ich, dass der komplette Rand vollkommen mit gekautem Kaugummi zugekleistert ist. Vermutlich konnte die Tür nur so daran haften bleiben. Doch das Innere meines Spindes macht mir nun mehr Sorgen. Sämtliche Notizen wurden zerrissen und meine Bücher und Hefte wurden mit einem Sud aus einer widerlich stinkenden Flüssigkeit ertränkt. Nach dem Geruch zu urteilen, ist es vermutlich irgendein Energiedrink gewesen, dessen „Aroma“ sich in Laufe der Stunden im gesamten Spind ausgebreitet hat und nun bestialisch stinkt.

Ich spüre förmlich, wie mein Körper bebt. Zorn, Ekel, aber auch die Angst spiegeln sich gleichzeitig wieder. Von Kopf bis Fuß bin ich angespannt, meine Hände sind zu Fäusten geballt und am liebsten hätte ich alles niedergemetzelt, was mir nur in die Quere gekommen wäre. Ist das etwa die Rache dafür, dass ich für mich selbst einstehe, ehe ich anderen zu Kreuze krieche?! Mir reicht es jetzt endgültig! Ich habe die Schnauze endgültig voll und dass soll der verdammte Direktor endlich sehen! Wenn das kein Beweis ist, dass ich hier schikaniert werde, dann ist er noch blinder als ein blindes Huhn, welches auf der Straße nach Futter sucht! Beide Hände zu Fäusten geballt, stampfe ich durch den Flur und marschiere geradewegs in Richtung Rektorat. Jetzt soll der „verehrte“ Herr Direktor selbst ein Bild davon machen und dann kann er nicht sagen, dass ich mir die ganzen Mobbingattacken ausdenke. Denn das ist bis jetzt immer seine Aussage gewesen, was ich von diesem alten Knacker mit der Glatze zu hören bekommen habe. Selbst die „Argumentation“, dass es vermutlich nur ein Versehen, bzw. ein kleiner Streich unter Schüler gewesen sein muss, war schon mal dabei, aber das kann er sich diesmal an den Hut stecken! Das hier ist das reinste Mobbing!

Ohne jeglichen Gedanken an Höflichkeit zu verschwenden, poltere ich kurz gegen die Tür und gehe, ohne auf eine Antwort zu warten, einfach hinein. Der Direktor ist zunächst überrascht, als er mich plötzlich in sein Büro stapfen sieht. Verwirrt sitzt er an seinem Schreibtisch. Eigentlich war er mit etwas Anderem beschäftigt, wurde aber dann von meinem plötzlichen Erscheinen gestört. Ich zögere nicht lange und komme gleich zum Punkt. Aufgebracht und mit knirschenden Zähnen erzähle ich ihm von meinem Problem: „Ich will nicht unhöflich sein Sir, aber kommen Sie sofort mit! Jemand hat mein Spind aufgebrochen und ihn komplett verwüstet!“ „Sprich mit dem Hausmeister. Er wird sich darum kümmern.“, erwidert der Mann mit der Glatze seelenruhig, als hätte sich ein Schüler einfach nur übergeben müssen, aber die Sache, die der Kerl wohl unterschätzt, ist weit schlimmer! „Sie müssen sich das selbst ansehen! Ich bin wieder Opfer einer Mobbingattacke geworden! All meine Sachen sind komplett hinüber!“, schreie ich nun, was dem Direktor überhaupt nicht gefällt. Belehrend „bittet“ er mich, die Ruhe zu bewahren und fügt noch hinzu: „Das hatten wird doch schon alles. … Ich glaube eher, dass du nach Aufmerksamkeit suchst. Soweit ich informiert bin, bist du normalerweise eher eine Einzelgängerin.“

„Bei allem Respekt Sir, ich bin weder eine Einzelgängerin, noch bilde ich mir das Ganze ein. Das Einzige, was ich von Ihnen will, ist, dass Sie sich das selbst ansehen und mir helfen.“, erwidere ich. Meine Stimme wirkt dabei stark, aber wer genau hinhört, weiß, dass dahinter Wut und Angst stecken. Ich will doch einfach nur, dass dieser Mistkerl endlich mal seinen Job macht und sich um die Schüler kümmert. In diesem Fall bin es nun mal ich, welche Hilfe braucht. Am liebsten hätte der Direktor aber nach einer weiteren Ausrede gesucht, oder einfach jemand anderes mit mir geschickt, damit er mich endlich loswird. Da ich aber so sehr darauf beharre und mich keinen Millimeter von der Stelle bewege, erhebt er sich seufzend von seinem Sessel und folgt mir schließlich. Vermutlich gehe ich ihm gerade einfach nur gehörig auf dem Geist, aber das ist mir egal! Er soll einfach nur seinen Scheißjob machen! Mehr verlange ich ja gar nicht! Wie vorhin stampfe ich mit schnellen Schritten durch den Flur. Doch diesmal habe ich den Direktor am Schlepptau. Kaum, dass wir endlich vor dem Ding, welches eigentlich mein Spind sein sollte stehen, deute ich mit meiner rechten Hand auf dem Schlamassel hin. „Hier, bitte schön, brauchen Sie noch mehr Beweise?!“, fauche ich dabei und warte auf eine Reaktion.

Doch der Herr betrachtet zunächst nur stumm und mit leicht offenen Mund das Ausmaß dieser Schandtat. Ihm ist deutlich anzusehen, dass er mir vorhin nicht geglaubt hat. Vermutlich hat er sich etwas viel Harmloseres vorgestellt, aber da hat er sich mächtig geirrt. Das Einzige, was ich nun befürchte ist, dass er vielleicht behaupten könnte, ich hätte es selbst getan, weil ich ja angeblich nach Aufmerksamkeit schreie. So, wie er meinen Spind ansieht und von oben bis und alles genau unter die Lupe nimmt, deutet es sogar darauf hin. Ich hätte in diesem Augenblick so gern das erste Wort ergriffen, um gleich einmal die ersten möglichen Missverständnisse zu verhindern, aber stattdessen beiße ich mir auf die Zunge und warte ab. Schließlich habe ich den Direktor hierhergebracht, damit er sich endlich einmal selbst ein Bild von der Sache machen kann, ohne, dass jemand anderes dazwischenfunkt. Wenn ich nun zur falschen Zeit den Mund aufmache, könnte es in die falsche Richtung gehen und wer weiß, was er wirklich von dem Ganzen hält? „Seit wann ist das so?“, fragt er mich nachdenklich und ich antworte ihm möglichst ruhig: „Ich habe den Spind erst seit kurzem so aufgefunden. Ich weiß nicht, wie lange das schon ist. Dass mich aber wer hasst, ist unbestreitbar.“ Noch einmal versuche dem Direktor so zu verklickern, dass mein Problem nicht auf die leichte Schulter zu nehmen ist. Jedoch murmelt er nur etwas Unverständliches vor sich hin, als wenn er mir nicht richtig zugehört hätte.

Sein Blick verfinstert sich und er verschränkt die Arme, während er nun endlich seine Aufmerksamkeit auf mich richtet. „Suche den Hausmeister, damit er das beseitigt. Ich werde mich wieder um meine Arbeit kümmern.“, befiehlt er mir nun, was mich aber verwirrt. Ich dachte, er würde mir nun endlich helfen. Stattdessen lässt er mich eiskalt im Regen stehen. „Moment, wollen Sie nichts dagegen unternehmen?“, erwidere ich, anstatt seinem Befehl Folge zu leisten, aber anstatt sich zu überlegen, welche Schritte mir bei dieser Situation weiterhelfen könnten, meint er: „Und was soll ich jetzt, deiner Meinung nach, tun? Hast du etwa gesehen, wer das getan hat? Soweit ich weiß, nicht. Daher kann ich nichts für dich tun.“ „Ja, aber…“, versuche ich einzuwenden, aber der Direktor schneidet mir mittendrin das Wort ab: „Junge Dame, wie stellst du dir das vor? Diese High-School ist viel zu groß, als dass ich so einfach den Schuldigen „herbeizaubern“ könnte. Selbst wenn du mir einen Verdächtigen nennen könntest, gibt es keine Beweise, ob es der- bzw. diejenige tatsächlich gewesen sein könnte. Reine Spekulation, oder falsche Anschuldigungen bringen nur Chaos. Damit also endlich wieder Ruhe einkehrt, werde ich dir einen neuen Spind zuweisen. Also achte besser darauf und nun gehe ich wieder an die Arbeit.“ Mit diesen Worten wendet sich der beleibte Mann von mir ab und kehrt wieder in sein Büro zurück.

Da steh ich nun, wütend, verwirrt und verzweifelt. Mir will es immer noch nicht in den Kopf, was dieser Kerl da gerade gesagt hat. Ausgerechnet von ihm hätte ich etwas Anderes erwartet. Ich meine, er ist doch der Leiter dieser Schule. Ist es denn nicht seine Aufgabe, dass hier alles in gerechten Bahnen verläuft und Unruhestifter bestraft werden?! Er versucht es ja nicht einmal, als wäre das ein Ding der Unmöglichkeit. Ich fasse es nicht! Jetzt zeige ich dem Kerl schon Beweise, dass ich gemobbt werde und er hat dann auch noch die Frechheit besessen, die Sache gleichgültig zu betrachten! Gibt es hier wirklich nur Irre?! Am liebsten hätte ich geschrien. Es brennt förmlich in meiner Kehle, doch stattdessen schlucke ich dieses Gefühl hinunter, als wäre es eine bittere Medizin. Momentan fühle ich mich, als hätte man mir den Boden von den Füßen weggerissen, weswegen ich mich bei dem benachbarten Spind anlehne, die Arme nun locker runterbaumeln lasse, während ich seufzend den Kopf hängen lasse. Was mache ich mir auch die Mühe? Hätte ich nichts gesagt, wäre es genauso gut gewesen. Der einzige Unterschied wäre nur, dass ich dann keinen neuen Spind zugewiesen bekommen hätte. Doch viel lieber wäre es mir gewesen, wenn der Direktor diesmal ernst genommen hätte und zumindest versucht hätte, etwas dagegen zu unternehmen. Stattdessen kehrt er lieber alles unter dem Teppich, damit ja „Ruhe“ herrscht. Doch diese ist genauso verlogen, wie alles andere hier.

Was mache ich jetzt? Ich bin ja wieder auf mich alleingestellt. Mein Blick fällt wieder auf meinem Spind, der so stinkt, dass ich eigentlich kotzen müsste. Angewidert blicke ich auf die „Bescherung“, die mir einer von Lucindas Untergebenen hinterlassen hat. Der kann nur froh sein, dass ich nicht blassesten Schimmer habe, wer es war, sonst hätte ich, wer weiß was, mit ihm angestellt. Stattdessen stoße ich mich von dem fremden Spind weg, fische ein Taschentuch aus meinem Rucksack und versuche damit noch irgendetwas zu retten. Es ist wirklich ekelhaft und der Geruch macht es nicht gerade besser. Zwischendurch muss ich sogar ein neues Taschentuch nehmen, weil es mit der Zeit die klebrige Substanz etwas aufsaugt. Die Bücher kann ich mal vergessen und was die Notizen angeht, kann ich die nur in die Tonne werfen. Dennoch suche ich weiter. Ich kann nur von Glück reden, dass ich das meiste bereits abgetippt habe und die Zettel hauptsächlich zum Lernen in der Schule gedacht sind. Dennoch muss ich mir neue Schulbücher organisieren. Soviel steht schon mal fest. Eine Weile durchforste ich noch nach rettbaren Überresten, als sich von der Decke des Spindes ein graues Stück Papier löst. Bis jetzt ist mir das Ding auch gar nicht aufgefallen, was vielleicht an dem Schlammassel liegt. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass jemals daran befestigt, oder gar zunächst bemerkt zu haben. Neugierig und fragend schaue ich es mir genauer an. Es ist ein zusammengefaltetes graues Blatt in A5 Größe.

Ich falte es auf und erblicke ein Wirrwarr an Buchstaben. Was hat das zu bedeuten? Moment, kann das sein, dass … aber wie?! Fragen über Fragen türmen sich bei mir auf und ich befürchte, dass es sich hierbei wieder um eine Warnung handelt. Dabei habe ich das alles schon fast wieder vergessen gehabt, aber was soll das alles heißen?! Für mich sieht das einfach aus wie ein Buchstabensalat und egal wie ich das Blatt drehe und wende, es ergibt keinen Sinn. Spiegelschrift kann es diesmal nicht sein. Die Buchstaben sehen hier völlig normal aus, aber trotzdem kann ich es nicht entziffern. Wobei, will ich überhaupt wissen, was da steht? Immerhin bin ich jetzt eh schon wieder auf 180. Will ich denn noch mit weiteren schlechten Nachrichten bombardiert werden? Genervt und etwas frustriert klatsche ich das Papier gegen den danebenfindenden Spind. Dabei habe ich es fast vollständig mit meiner rechten Hand abgedeckt. Nur die ersten Buchstaben pro Zeile sind gerade lesbar und als ich darauf schaue, geht mir plötzlich ein Licht auf. Die Worte wurden untereinander geschrieben. Jetzt ergibt es alles einen Sinn, aber ich bin immer noch unschlüssig, ob ich es wirklich lesen will. Vermutlich steht etwas darauf, was der ersten Drohung ähnelt. Ich seufze kurz, denn meine Neugier hat gesiegt. So halte ich meine Hand immer so über den Zettel, sodass ich die Nachricht Spalte für Spalte entziffern kann: « Du magst zwar vielleicht jetzt eine Gnadenfrist gehabt haben, aber die ist nun vorbei. Hier ist nun ein kleiner Vorgeschmack auf das, was dich noch erwarten wird. Nach der letzten Warnung, wirst du nie wieder das Schulgebäude betreten können. Bereue deine Taten, sonst wird es dir schlecht ergehen! Je mehr du es herauszögerst, desto schlimmer wird es für dich werden. P.S.: Vergiss es jemanden zu erzählen. Dir wird eh keiner helfen können. »
 

Erzählersicht:
 

Nachdem Bernadette die letzte Zeile entziffert hat, lässt sie sich langsam und wortlos auf ihre Knie fallen. Sie starrt einfach zu Boden und schweigt, während sie das Papier leicht zerknüllt in ihrer Hand hält. Beobachtet wird dies von zwei Schülern, die hinter einer Ecke das ganze Geschehen erspähen konnten. Einer der beiden, ein Junge mit einem dunklen Outfit, hellbraunen Haaren und einer schwarzen, eckigen Brille auf der Nase, ist der Erste, der sich nach diesem Anblick wieder zurückzieht. Bei dem Anderen handelt es sich um ein Mädchen mit kurzen blonden Haaren, einem lila Rock und einen schwarzweiß gestreiften Top. Wie der Brillenträgt selbst, zieht auch die Blondine sich wieder zurück und fragt jenen in einer Flüsterstimme: „Was meinst du Benny, glaubst du, Bernadette wird jetzt endlich nachgeben? Müsste sie nicht endlich genug haben?“ Der Angesprochene aber zuckt nur leicht mit den Schultern, als er darauf antwortet: „Keine Ahnung Cary. Ich hoffe es für sie. Wie ich sie aber kenne, wird sie noch eine Weile stur bleiben, bis sie mal endlich zur Besinnung kommt. Denn so war sie doch schon immer. … Das aber, was Martin und Amy für sie als Nächstes vorbereiten müssen, wird ganz schön heftig werden.“

„Ich weiß. Es wäre besser für sie, wenn sie endlich aufgeben würde. Als würde das noch einen Sinn machen, so wie sie sich aufführt. An ihrer Stelle hätte ich schon längst alles hingeschmissen, anstatt wie ein „Superheld“ den Alleinkämpfer zu spielen. Warum muss Bernadette nur so engstirnig sein? Dabei könnte sie sich das Leben so viel einfacher machen. … Manchmal muss man sich eben der Masse anpassen und im Strom mitschwimmen. Es ist nun mal so, aber wenn sie so weitermacht, wird sie nicht nur für immer allein bleiben, sie wird immer leiden müssen. … Das ist einfach nur dumm.“, fügt Cary hinzu und schüttelt wegen Bernadette bedauernd den Kopf. Sie versteht ihre ehemalige Freundin einfach nicht und hat daher auch kein Mitleid für sie übrig. Sie fragt sich sogar, wie es sein konnte, dass sie jemals mit dieser Person befreundet sein konnte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Mad-Dental-Nurse
2016-02-13T16:29:10+00:00 13.02.2016 17:29
In de rheutigen Zeit ist es leider wirklich so, dass man mit dem Strom schwimmen muss...
Aber was da abgezogen wird, ist einfach nur krankhaft...Mal ehrlich diese B***** von Lucinda mus alle, auch die Lehrer und Direktoren wirlic in der Hand haben, damit sie sie immer wieder decken. Korrupt bis zum geht nicht mehr...
Würde gerne mal wissen, was passiert, wenn sie auf jemanden trifft, der wirklich eiskalt ist...und den spiess umdreht...
Habe mich über das neue Kapitel wirklich gefreut ^^
Antwort von:  Pamuya_
13.02.2016 17:40
In Laufe der Geschichte wirst du erfahren, warum Lucinda so ein leichtes Spiel mit den Lehrern hat. Bis aber mal einer kommt, der den Spieß umdreht, ist es oftmals zu spät und das aus verschiedenen Gründen. Abgesehen davon gehört der Direktor zu jener Sorte, die sämtlichen Problemen unter dem Teppich kehren, es sei denn sie haben eine "relevate" Bedeutung
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
13.02.2016 17:46
ohh klingt spannend...hm...ob sie dem Direktor unstellt sich an kleine Mädchen zu vergreifen...irgendwoher muss der Druck ja her kommen...*kicher*
Und ich dachte, dass eine gewisse Japanerin, die auch eine Kunoichi ist, ihr mal einen kleinen Denkzettel verpassen könnte *^^*
Antwort von:  Pamuya_
13.02.2016 17:49
Warte ab, was kommt. Die nächsten Kapiteln sind in Arbeit. ^^
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
13.02.2016 17:50
okay ^^


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