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TMNT - Schicksal?

von

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Ein Mix aus verschiedenen Gefühlen

Aus Raphaels Sicht:
 

„Danke“, mehr als das hat Bernadette nicht gesagt und dennoch reicht dieses eine Wort aus, um mich wieder stutzig zu machen. Denn warum bedankt sie sich auf einmal? Es ist ja immerhin nicht so, als hätte ich ihr gerade ein Geschenk gemacht, oder dergleichen. Ich bin einfach nur mit ihr hier draußen und mehr ist halt nicht, aber das ist nicht das Einzige, was mich gerade so verwirrt. Denn so wie sie es gesagt hat, kam aus ihr eine Art „ kurze Erleichterung“, oder als hätte ich ihr unbewusst einen Wunsch erfüllt, nachdem sie sich schon seit einer Weile gesehnt hat. Schwachsinn, warum sollte da mehr dahinterstecken? Ich interpretiere einfach zu viel hinein. Andererseits macht es mich trotzdem nachdenklich und ich komme wieder zum Schluss, dass dieses seltsame Mädchen einfach ein Rätsel für mich ist. Zunächst sprachlos schaue ich sie eine Weile an und warte darauf, dass sie noch etwas sagt. Doch dann wendet sie einfach ihren Blick wieder von mir ab und wirkt dabei etwas traurig. Als hätte sie in diesem Moment wieder ein Gedanke eingeholt, den sie am liebsten wieder vergessen hätte. Ich check´s nicht, was ist mit ihr überhaupt los? Vorhin hat sie noch so gestrahlt und jetzt ist alles wie weggeblasen.

Moment, sie war vorhin schon so drauf, bevor wir aufgebrochen sind. Irgendetwas beschäftigte sie. Sie wirkte sogar ziemlich angepisst und das war mir schon klar, als ich noch Mitten in ihrem Zimmer stand. Nur hat sie das Ganze einfach beiseitegeschoben. Sie wollte schlicht und einfach nicht darüber reden, aber dass sie das Thema wohl nicht so einfach abschütteln kann, ist so sicher wie Donnies Weiterarbeiten an seine Erfindungen, sobald wir nach der Patrouille wieder daheim sind. Was in ihrem Fall dahinter steckt, bin ich immer noch planlos. Nur von einem „langen Tag“ war die Rede, aber das war´s auch schon und von der mickrigen Info, ist nicht wirklich etwas herauszufiltern. Ich kann nur eines vermuten und zwar, dass sie wohl wieder Stress mit ihrer Tante hatte. Vermutlich ging die ganze Aktion vom letzten Telefonat bis heute weiter und Bernadette hängt das nun zum Hals raus und nun ist deswegen angepisst. Allerdings verstehe ich nicht, wieso sie nicht einfach klipp und klar sagt, was Sache ist. Da würde man die Sache wohl besser verstehen und sie könnte sogar dabei etwas Dampf ablassen. Dann hätte sie es zumindest hinter sich und würde nicht trübselig in die Leere starren. Irgendwie macht mich dieser Gedanke sogar leicht aggressiv. Schließlich bringt es sich null, wenn man einfach nur dasteht und Trübsal bläst.

Nur, soll ich mich jetzt wirklich dabei einmischen? Im Grunde geht mich das ja gar nichts an und ich hätte auch nichts davon, wenn ich sie nun darauf anspreche. Dass wir hier sind, hat eigentlich nur damit zu tun, weil ich sie einfach mal wieder treffen wollte und weil sogar sie selbst davon was gesagt hat. Dass sie nun geknickt durch die Gegend schaut und nun mit sich selbst beschäftigt ist, macht aber dieses Treffen umso deprimierter. Arch, ich habe einfach keine Geduld dafür! Ich kann doch nicht einfach die Klappe halten und so tun, als wenn nichts wäre. Auch wenn die Tatsache da ist, dass wir uns beide noch nicht einmal richtig kennen, ich will nicht einfach blöd dastehen und sinnlos in die gähnende Leere starren. Das ist schon mal glasklar. Nur, wie stelle ich das geschickt an? Bei Menschen weiß man nie, wie sie reagieren und so viel Erfahrung habe ich auf der persönlichen Ebene nicht. Ach scheiß drauf, mir wird es schon langsam zu bunt. So frage ich sie nach einer gefühlten Ewigkeit, was ihr demnach so sehr auf dem Keks geht: „Alles klar? Du siehst ziemlich angepisst aus.“

Überrascht von meiner plötzlichen Frage, dreht Bernadette ihren Kopf ruckartig zu mir und sieht mich wieder an. Doch anstatt gleich einmal Klartext zu reden, legt sie ihre überraschte Art wieder ab und tut sogar so, als wenn nichts wäre: „Hm? Wie kommst du darauf? … Was sollte schon groß sein? Bei mir ist alles in Ordnung.“ „Ach hör auf, das kannst du wen anderem erzählen. Meinetwegen dem Papst höchst persönlich und selbst der würde dir das nicht abkaufen. … Man sieht es dir ja förmlich an, dass irgendetwas nicht stimmt und dass du es am liebsten loswerden würdest. Also rück schon raus damit, dann hast du es zumindest hinter dir.“, hake ich weiter fordernd nach. Doch wenn man bei dem Mädel glaubt, die macht das einfach, dann irrt man sich. Als hätte ich das eigentlich schon vorher wissen müssen, kommt sie meiner Antwort, die so klassisch ist, als hätte sie diese direkt aus einer Seifenoper geklaut: „Nichts.“ Will sie mich etwa für dumm verkaufen? Da kann sie ihre Show „Gute Miene zum bösen Spiel“ so lange machen, wie sie will, ich kaufe ihr das garantiert nicht ab. Außerdem werde ich weiter nachhaken, wenn es sein muss. Schließlich wird mir nicht umsonst hinterhergesagt, dass ich eher zu sturen Sorte gehöre und wenn sie darauf aus ist, spiele gerne diese Karte aus.

Was ist außerdem das Problem daran? Dass ihre Tante wohl nicht alle Tassen im Schrank hat und scheinbar leicht reizbar ist, habe ich schon mitbekommen. Da braucht Bernadette nichts verheimlichen und das Kuriose an der Sache ist auch noch, dass ich ihr vollkommen ansehen kann, dass sie eigentlich schon reden will, aber aus irgendeinem Grund nicht kann, beziehungsweise nicht will. Allein schon wie sie dasitzt und mich ansieht, merke ich ihre Unruhe und das Verlangen danach, es endlich mal aus sich herausschreien zu können. Ich kenne Bernadette zwar nicht, aber allein ihre Gestik und Mimik ist gerade wie offenes Buch für mich. Da brauche ich nicht viel dazu interpretieren und wenn sie glaubt, ich werde so einfach das Thema wechseln, dann hat sie sich mächtig getäuscht. So einfach mache ich es ihr nicht, weswegen ich es ein weiteres Mal versuche, sie darauf anzusprechen: „Hey, nun spuck es schon aus. Du kannst ruhig mit mir offen reden. Auch wenn ich so aussehe, ich beiße nicht.“ Mein letzter Satz, den ich gekonnt mit etwas Sarkasmus eingesponnen habe, hat anscheinend bei ihr gewirkt, denn nun lächelt Bernadette und lacht sogar kurz auf, aber dann meint sie geknickt: „Verstehe mich nicht falsch, aber wir kennen uns nicht einmal richtig. … Außerdem will ich dir nicht mit meinen Problemen auf die Nerven gehen. Das ist meine Sache und damit muss ich einfach zurechtkommen.“

„So ein Schwachsinn! Ich würde nicht fragen, wenn ich es nicht wissen wollen würde und wenn ich dir eh schon meine Hilfe anbiete, dann brauchst du dir keine grauen Haare deswegen wachsen lassen. Also rück schon raus damit. Ich bin zwar kein so guter Zuhörer, aber wenn ich mir mal was in den Kopf gesetzt habe, dann ziehe ich es verdammt noch mal auch nur. Also leg schon los.“, versuche ich sie weiterhin zum Reden zu bringen. Meine Ungeduld ist gerade nicht wirklich von Vorteil, aber was soll ich schon großmachen, wenn sie sich so ziert? So warte ich leicht angespannt und mit verschränkten Armen darauf, dass das Mädel endlich mal den Mund aufmacht. Doch Bernadette starrt mich zunächst fragend an und zögert sogar. Unruhig kaut sie etwas an ihrer Unterlippe, was meine Lage nicht gerade besser macht. Warum zur Kröte zögert sie immer noch? Soll ich etwa einen Handstand machen, damit mal kurz lacht und endlich mal die Kurve kriegt? Schnaubend mache ich deutlich, dass ich nicht gerade den längsten Geduldsfaden habe, aber ich weiß auch, dass es sich nichts bringen würde, wenn ich „etwas lauter“ werde, weswegen ich es noch einmal auf die etwas ruhige Art und Weise versuche.

„Sag es einfach doch, oder schreie es meinetwegen heraus, damit es dir bessergeht. Dann ist es zumindest endlich raus und wenn du willst, kannst du ja mit Flüchen um dich werfen. Mir persönlich hilfst ja.“, füge ich einfach auffordernd hinzu und hoffe, dass sie endlich mit der Sprache rausrückt. Sie seufzt, doch dann fängt sie tatsächlich an, zu erzählen: „Ach, wenn du es unbedingt hören willst, dann bitte: … Weißt du, die ganze Woche ist für mich schon richtig mies gelaufen. Wobei, eigentlich ist das schon etwas länger so. … Die ganze Zeit versuchen die Leute um mich herum mich zu ändern. Sie zwingen mich zu Dingen, die ich eigentlich nicht machen will und wenn ich nicht mitspiele, dann …“ „Dann machen sie dir das Leben schwer.“, beende ich ihren Satz, als sie auf einmal gestoppt hat. Langsam verstehe ich, was Sache ist. Scheinbar liegt es nicht nur an ihrer Tante, aber so wie sie es erzählt, bin ich neugierig geworden. Bernadette dagegen nickt zu meinem Zwischenruf zustimmend und setzt dann schließlich fort: „Ja und das Schlimme daran ist, dass mir dann auch noch Sachen vorgeworfen werden, die eigentlich nicht stimmen und ich muss dann wieder für alles Mögliche den Kopf hinhalten. Zuhören ist bei denen ja Luxus, Hauptsache man kann mir eines reinwürgen, aber das ist ja leider nicht das Einzige. Dieses ständige „Eingliedern in die Gesellschaft“ macht mich noch ganz kirre! So wie auch heute. … Du kannst dir gar nicht vorstellen, was meine Tante mit mir aufgeführt hat.“

Jetzt werden meine Augen immer größer, als ich den letzten Teil gehört habe. Was meint sie damit? Hat ihre Tante wohl eine Folterkammer im Keller, oder wie darf ich das jetzt verstehen? Ich hoffe nur, dass Bernadette jetzt nicht geschlagen wurde. Das wäre wegen dieser absurden Geschichte auch vollkommen übertrieben gewesen, sollte das tatsächlich der Fall sein. Allerdings weiß man bei den Menschen nie. Manche habe einfach einen Knall und von dieser Sorte habe ich schon einige gesehen. Bernadette muss meine Reaktion darauf allerdings verstanden haben, denn schon beschwichtigt sie es: „Nicht das, was du denkst. Sie hat … wie soll ich sagen? …“ Plötzlich ist sie wieder still und sieht mich so komisch an, als wenn das, was wirklich dahintersteckt, ihr peinlich ist. „Sag´s einfach, dann hast es hinter dir.“, dränge ich sie schließlich. Meine Geduld ist nicht gerade das Beste, aber es kann so und so nicht so weitergehen. Jetzt hat sie damit angefangen, jetzt soll sie das auch zu Ende bringen. Muss ich ihr wirklich jedes Detail aus der Nase ziehen? Da werde ich noch alt und kleinwinzig, bis ich mal endlich schlauer aus ihr werde.

Doch endlich geht es von ihrer Seite aus wieder weiter: „Also schön, … sie hat mich einfach zu einer „pinken Modenschau“ gezwungen. … Jetzt ist es raus.“ Eine „pinke Modenschau“? Und das soll so schrecklich gewesen sein? Ok, sowas Lächerliches habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört. Nur, war dies im allen Ernst das „große Problem“, weswegen sie so eine Miene gezogen hat? Ich werd´ nicht mehr! Das ist einfach zu bescheuert und ich kann nicht anders, aber da muss ich jetzt einfach lachen. Ich versuche sogar, es noch irgendwie zu unterdrücken, aber allein die Vorstellung, dass Bernadette in diesem Augenblick einen rosa Fummel mit allerlei Rüschen, Glitzer und Spitzen „spazieren“ trägt, lässt es einfach nicht zu. In meinem Hirn hat sich einfach ein Kopfkino eingeschaltet und selbst eine Version mit einem Tutu kommt dabei vor, weswegen ich einfach drauf loslache. Mir kommen sogar die Tränen, während ich mit meiner rechten Hand gegen den Beton des Daches klatsche. Es ist einfach zu lustig.

Ich muss noch eine Weile aus Leibeskräften lachen. Mir geht sogar beinahe die Puste dabei aus, bis ich aber dann merke, dass ich mit meinen Lachen vollkommen alleine dastehe. Denn Bernadette sieht mich die ganze Zeit zornig an. Keine Spur von Humor ist von ihrem Gesicht abzulesen. Stattdessen strahlt sie pure Wut und Empörung aus und scheinbar hat Bernadette nun endgültig die Faxen dicke, denn sie steht auf einmal knurrend auf. „Schön, dass sich zumindest einer von uns amüsieren kann!“, faucht sie. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich vermutlich bereits gestorben, aber wieso macht sie aber so ein Drama daraus? Es ist ja nicht so, als wenn ich sie ausgelacht hätte. Die Vorstellung an sowas Bescheuertes ist einfach bescheuert. Was hätte ich auch anders machen sollen? Nur sie scheint das wohl anders zu sehen und für mich heißt es jetzt, dass ich die Sache mal aufklären und wieder bereinigen muss. Was man nicht alles tun muss, damit sie cool bleibt. „Hey, sorry! Das war jetzt wirklich nicht böse gemeint. Aber komm schon, du musst doch zugeben, dass „pinke Modenschau“ doch wirklich lächerlich klingt.“, versuche ich sie nun zu beruhigen und ich will ihr sogar meine Hand zur Entschuldigung entgegenreichen, als sie diese voller Zorn wegschlägt.

Verwundert darüber sehe ich sie einfach stumm an. Das kann doch jetzt wirklich nicht so herzzerreißend sein, oder? Scheinbar doch und meine Lachattacke hat sie wohl mehr verletzt, als ich zunächst gedacht habe. Dabei war das nicht einmal so gemeint. Ich habe doch nur wegen dieser Vorstellung gelacht. Wer hätte das wohl nicht getan, aber wie hätte ich das bitte schön ahnen soll, dass ihr das so auf die Nieren geht. Bernadette hingegen kämpft gerade mit den Tränen, während sie mich immer noch böse anfunkelt. Jede Träne versucht sie irgendwie zu unterdrücken, aber das klappt anscheinend nicht so gut und ich scheine wohl dabei der letzte Tropfen gewesen zu sein, welcher das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Verdammt! Das wollte ich eigentlich nicht damit bezwecken und in mir schleicht sich immer deutlich das Gefühl ein, dass an der Sache noch mehr dran ist. Vermutlich ist selbst das, was sie mir zuvor erzählt ein Bruchteil davon, was wirklich ist. Nur wird sie mir wohl kaum jetzt den fehlenden Teil der Geschichte schildern. Dafür ist sie nun stinksauer auf mich und mir selbst ist das Lachen nun endgültig vergangen.

Mit einem ernsten Gesichtsausdruck stehe ich schließlich auf und gehe auf sie zu. Sie dreht sich allerdings von mir weg und verschränkt zerknirscht die Arme. Was soll ich jetzt machen? Irgendwie habe ich nicht den blassesten Schimmer, was ich jetzt sagen, geschweige tun soll. Mit sowas hatte ich noch niemals etwas zu tun gehabt. Zwischen mir und meinen Brüdern gab es nun mal nie so eine „Schmollaktion“, daher habe ich keine Ahnung. Selbst nach „langem“ Grübeln fällt mir nichts Passendes ein. Gibt es nicht sowas wie eine Bedienungsanleitung für sowas? Wäre jetzt vielleicht hilfreich, aber wie machen die das immer in den Filmen. Moment, eine Idee hätte ich jetzt. Hoffend, dass das auch klappt, drücke ich sie einfach von hinten an mich und schließe sie in meine Arme. Vielleicht braucht sie das jetzt, ich ja keine Ahnung. Ich hoffe im Stillen nur, dass das auch die richtige Wirkung zeigt, sonst bin ich noch mehr am Arsch.

Zuerst wehrt Bernadette sich dagegen, bis sie es aber dann doch zulässt und nach einer kurzen Weile sogar leise zu weinen beginnt. Schweigend lasse ich sie einfach. Was zu sagen, wäre vermutlich gerade nicht so ideal. Da muss mehr passiert sein, da bin ich mir sicher und ich glaube nicht, dass Bernadette zu jenen Mädchen gehört, die wegen jeder Kleinigkeit herumheulen. Ich schätze sie einfach anders ein – von außen stark und schnell kleinzukriegen und diese Vermutung hatte ich bereits bei unserer ersten Begegnung. Vermutlich war diese „pinke Modenschau“ nur die Spitze des Eisberges, was auch immer damit auf sich hatte. Bernadette hat ja zuvor gemeint, dass es ihr schon seit längerem nicht so gut geht. Abgesehen von ihrer Tante, wird es wohl noch weitere geben, die es ihr nicht leichtmachen. Nur wage ich es zu bezweifeln, dass es sich dabei nur um eine bestimmte Person handelt. Da muss noch mehr dahinterstecken. So werde ich allerdings nichts weiter erfahren. Ich Idiot habe es mit meiner Lachattacke nur schlimmer gemacht. Zwar unbeabsichtigt, aber jetzt weint sie. Na ganz toll! Ich wüsste allerdings auch nicht, wie ich ihr weiterhelfen könnte. Ich habe dazu keinen blassen Schimmer. Das Einzige, was ich machen könnte, ist denjenigen zusammenzuschlagen, der ihr die Tour vermisst. Ob das was bringt, weiß ich aber nicht. Ich persönlich hätte da kein Problem damit. Bei Bernadette sieht das wiederum anders aus. Vermutlich würde ich dadurch vielleicht sogar alles schlimmer machen. Mann, was mache ich jetzt?!

Eine Zeit lang vergeht, bis sie sich zu meiner Erleichterung doch wieder beruhigt. Ihr Schluchzen wird immer leiser und erst als ich sicher bin, löse ich den Griff wieder, drehe sie zu mir um und sehe sie an. „Hey sorry. Das wollte ich wirklich nicht. … Ich hatte ja keine Ahnung, dass es so schlimm für dich ist.“, entschuldige ich mich bei ihr noch einmal. Meine Hände ruhen dabei auf ihren Schultern und ich meine es auch ernst. Zu meiner Erleichterung erkennt Bernadette dies auch und sie verzeiht mir, indem sie einfach stumm nickt. Sie versucht sogar kurz zu lächeln, aber ihr liegt wohl die Sache immer noch quer im Magen. Naja, immerhin ein Schritt in die richtige Richtung. Seufzend bitte ich sie schließlich, ein bisschen mehr ins Detail zu gehen: „Ok und jetzt erzähl mir mal klipp und klar, was Sache ist. Ich brauche schon mehr Infos, sonst kann es leicht passieren, dass ich bei nächsten falschen Gedanken einen weiteren Lachkrampf bekomme. Ich garantiere nämlich für nichts.“ So wirklich begeistert scheint Bernadette ja nicht zu sein. Liegt es vielleicht daran, dass ich zuvor gelacht habe, oder gibt es da noch etwas, was ihr wieder peinlich ist?

Ich hoffe nur, dass sie sich einen Ruck gibt und mir das von vorhin nicht allzu sehr übelnimmt. Zu meinem Glück enttäuscht sie mich damit nicht, als sie schließlich seufzend meint: „Ich weiß zwar nicht, warum du es unbedingt wissen willst, aber bitte: Erstens habe ich zuhause meine Tante im Nacken. Täglich wirft sie mir vor, dass ich mich nicht wie eine „richtige Dame“ verhalte und auch deswegen keine Freunde mehr habe. Als wenn sie nichts Besseres zu tun hätte, versucht sie mich nun mit pinken Sachen und ihren Predigten umzupolen und mischt sich in allen ein, was ich tue.“ Während sie so redet, wird ihr Stimme dabei immer kräftiger. Als wenn dabei ihr Wut darauf sich stärker zeigen wollen würde und für mich klingt das Ganze, als bräuchte ihr Tante mal dringend Hilfe. Anscheinend ist die Verrückte in der falschen Zeit geboren worden, oder warum behauptet die so einen Schwachsinn? Woher will sie wissen, was man unter einer „richtigen Dame“ versteht und gibt es sowas überhaupt? Das ist doch bescheuert! Noch dazu ist es offensichtlich, dass Bernadette die Farbe Pink wie die Pest hasst. Da wäre sie hierbei nicht die Einzige, aber das ist gerade nebensächlich.

Allerdings beschäftigt mich mehr die Rede davon, sich der Gesellschaft anzupassen, und das ist doch der größte Bockmist, was mir je untergekommen ist! Was hat man davon, wenn man wie ein Papagei das nachplappert, was andere vorkauen? Das macht weder einen Sinn, noch ist es hilfreich, wenn man wie die Roboter nach dem gleichen Schema vorgeht. Da kann ich es nur allzu sehr nachvollziehen, dass Bernadette sie selber sein will und frei entscheiden möchte, was sie für richtig hält. Leider ist ihre Tante nicht die Einzige, die auf so einen Mist besteht, denn Bernadette setzt mit ihrer Erzählung fort: „Zweitens muss ich mich täglich mit einer Tussi herumschlagen, die scheinbar die gesamte High-School unter Kontrolle hat. Schüler, sowie auch die meisten Lehrer vergöttern dieses Miststück und sie liebt es, mich tagein tagaus zu schikanieren. Würde ich nicht ständig wegen ihr Probleme einkassieren und mich vor strengeren Strafen fürchten müssen, würde ich ihr am liebsten die Fresse polieren! Dann hätte sie zumindest einen Grund einen Chirurgen aufzusuchen.“

Bernadettes Wut steigt immer weiter an und allein wie sie von dieser Schnepfe spricht, von der sie so gequält wird, lässt klar an ihrer rechten Hand gut sehen. Sie ballt diese zu einer starken Faust zusammen und ich stelle mir gerade vor, wie sie das wohl anstellen würde. Bei sowas wäre ich sogar am liebsten dabei, auch wenn ich einfach, vom Schatten aus, zusehen kann. Jedoch denke ich nicht nur daran. Ich versuche mir anhand ihrer Erzählungen vorzustellen, wie es ihr an ihrer Schule ergehen mag. Diese scheint irgendwie für mich der schwierigere Part zu sein. Wer weiß, was noch alles vorgefallen ist, bis es dann schließlich zu diesem „Ausbruch“ gekommen ist. Ich weiß immerhin nicht viel von Bernadette. Nur das, was sie mir erzählt hat, aber scheinbar habe ich nun endlich das Eis durchbrochen. Denn voller Schmerz erzählt Bernadette mir mehr und ich bekomme nun mit, dass sie wegen dieser Tussi sogar am Verlust ihrer gesamten Freunde leidet und nun steht sie vollkommen alleine da. Keiner will mit ihr etwas zu tun haben und so lange sie nicht das tut, was man von ihr verlangt, wird sich daran nichts ändern und vielleicht sogar schlimmer werden. Zumindest ist Bernadette felsenfest davon überzeugt, dass das so geschehen wird. Zudem fühlt sie sich von jedem missverstanden und hintergangen.

Schweigend und ohne Unterbrechung lausche ich ihren Erzählungen. Ich versuche sie zu verstehen und bekomme sogar den Grund zu hören, warum sie an jenen Tag in der Nähe des Kaufhauses war. Scheinbar kann sie sich mit kleinen Ausflügen ein wenig ablenken. Nur das es dieses eine Mal anders verlief als sonst und wir beide wissen ja warum. Je mehr sie mir erzählt, desto besser verstehe ich nun, warum sie die ganze Zeit versucht hat, ihre Traurigkeit und ihren Zorn zu verstecken und für einen Moment zu vergessen. Ich begreife endlich ihre komischen Argumente von vorhin, wobei mir immer noch einiges unklar ist. Zum Beispiel kapiere ich nicht, dass sie wirklich niemandem zum Reden hat. Was ist mit ihren Eltern, oder hat sie zumindest Geschwister? Vielleicht kommt schon später noch etwas zu diesem Bereich. Zumindest ist jetzt einmal geklärt, warum sie so zornig auf mein Lachen reagiert hat. Da hat sich bei ihr einfach einiges angestaut und irgendwann mal musste sie einfach explodieren. Hätte ich eher etwas davon gewusst, hätte ich anders reagiert. Trotzdem könnte ich mir für mein voriges Verhalten in den Arsch treten. Denn in mir herrschen nun kleine Schuldgefühle, die sich nicht so leicht abstellen lassen.

Kaum hat Bernadette nun ihren letzten Satz gesagt, seufzt sie erleichtert und starrt wieder zum Mond hinauf. Es muss ihr schwergefallen sein, mir ihre Sorgen anzuvertrauen. Vermutlich wusste sie, abgesehen von der Lachattacke, nicht, ob sie mir trauen kann oder nicht. Schließlich kennen wir uns noch nicht wirklich. Es ist noch vieles im Unklaren und sie wird mich wohl noch als Fremden ansehen. Andererseits scheint sie sich momentan etwas besser zu fühlen. Zumindest wirkt sie jetzt so auf mich und momentan würde ich am liebsten jeden einzelnen verprügeln, den sie mir gerade aufgelistet hat. Auch wenn ich sie seit kurzem kenne, es gibt keinen Grund, solch einen Schwachsinn zu verzapfen! Wie kommt man nur auf sowas Idiotisches?! Gibt es nicht genug Sorgen auf der Welt, dass die Leute sich jetzt auch untereinander fertigmachen? Ich verstehe die Menschen manchmal nicht. Klar, meine Brüder und ich zanken auch manchmal, oder gehen uns gegenseitig mal mehr und mal weniger auf die Nerven. Das ist normal, wenn man das so nennen kann. Was aber die Leute hier an der Oberfläche manchmal abziehen, ist oft echt das Allerletzte.

Als ich schon etwas zu Bernadette sagen möchte, dreht sie sich auf einmal zu mir um. Irgendwie wirkt sie auf mich jetzt, als wenn die negativen Gedanken für heute „Gute Nacht“ gesagt hätten und langsam abgedampft wären. Sie lächelt sogar etwas und ich bin ehrlich gesagt froh darüber, dass sie nicht mehr mit den Tränen kämpfen muss. Mit so etwas kann ich einfach nicht umgehen. Ich komme mir dabei nicht nur wie der größte Depp vor, ich weiß bei sowas einfach nicht, was man dabei am geschicktesten tun sollte. Vermutlich haben da meine Brüder etwas mehr Gefühl dabei. Auf jeden Fall konnte Bernadette endlich mit jemandem reden. Auch wenn wir uns beide noch nicht gut kennen, hat sie zumindest gesehen, dass ich nicht so übel bin und sie hat nicht mehr diesen gequälten Gesichtsausdruck von vorhin. Ich liebe es zwar, wenn meine Feinde Schmerzen haben, aber bei ihr brauche ich das einfach nicht.

Dann ist jetzt wohl alles geritzt und ich hätte schon das Thema gewechselt, damit wir das Kapitel endlich abschließen können. Doch das, was dann folgt, habe ich nicht gerechnet. Sie geht einfach auf mich zu und umarmt mich. Zunächst bin ich noch etwas perplex und stehe für einige Sekunden wie eine Salzsäule da, aber dann ich erwidere es und schließe sie ebenfalls in meine Arme. „Danke, dass du mir zugehört hast. Es ist schon lange her, dass ich mich mit jemandem offen reden konnte, der mir auch wirklich zuhört, ohne mich dabei wieder zu belehren. Du bist der Einzige, bei dem ich mich in letzter Zeit wohlfühle.“, sagt sie auf einmal, als wenn nichts wäre und ich muss schlucken. Sie fühlt sich bei mir wohl? Habe ich da gerade etwas verpasst? Verwirrt stehe ich und langsam glaube ich sogar, dass ich wieder rot werde. Zum Glück schaut sie gerade nicht rauf, sondern drückt ihr Gesicht sanft gegen meine Brust. Das wäre jetzt sonst echt peinlich gewesen und ich kann das auch nicht so einfach abstellen. Was geht hier eigentlich ab?

Mein Schädel ist völlig überfordert. Warum weiß ich selber nicht. Wie macht sie das nur, dass sie mich so irritiert? In ihrer Nähe schlägt mein Herz so schnell, als wenn ich einen Marathon laufen müsste und wenn sie mich auf eine gewisse Art ansieht, oder etwas Bestimmtes sagt, bringt sie mich erst recht aus der Fassung. Ich dachte die ganze Zeit, dass dies nur ein Zufall gewesen ist und dass ich es mir nur einbilde. Nur ergeht es mir auch jetzt wieder so, aber ich mache keine Anstalten, um es zu verhindern. Irgendwie genieße ich das sogar. So bescheuert und seltsam das auch klingt, aber es ist so und ich kann nichts wirklich daran ändern. Ist das vielleicht so etwas Ähnliches, was Mikey in Bezug auf April fühlt? Das kann nicht sein! Bei meinem Bruder handelt es sich vielmehr um sinnlose Flirtversuche und Schwärmereien, die April bis jetzt gekonnt abgeblockt hat. Ihr sieht man es sogar an, dass sie überhaupt nicht auf diesen Vollpfosten steht. Bei Bernadette hingegen bin ich mir unsicher.

All diese Gedanken machen jedoch keinen Sinn und ich denke, dass es für heute reicht. Es ist schon spät und morgen muss Bernadette wieder in die Schule, wobei sie den Ort eher als Irrenanstalt bezeichnet. Außerdem muss ich mich auch schon langsam auf dem Weg machen. Immerhin sollen meine Brüder keinen Verdacht schöpfen und wenn ich zu spät komme, werden die mir sicherlich Löcher in den Bauch fragen. Darauf habe ich echt keine Lust. Die würden mir dann die Hölle heiß machen, wenn sie von Bernadette wüssten. Da mache ich lieber so schnell wie möglich die Biege, bevor ich noch auffliege. So bringe ich sie schließlich nach Hause. Dort angekommen, lasse ich sie durch das offene Fenster klettern, während ich mich am Rahmen festhalte. Als sie sich noch einmal zu mir umdreht, lächelt sie mich an. Was für ein anstrengender Abend, aber zumindest ist die Stimmung am Ende doch wieder gut geworden.

Ich sollte mich aber langsam in Bewegung setzen und mich mal für heute verabschieden. Ehe ich dies aber tun kann, überrascht Bernadette mich für heute ein letztes Mal. Ich habe nicht einmal meinen Mund zum Abschied geöffnet, schon spüre ich ihre Lippen auf meiner rechten Wange. „Gute Nacht und danke nochmal fürs Zuhören“, wünscht sie mir mit einer sanften Stimme. Etwas perplex schaue ich sie dagegen blinzelnd an, bis ich mich dann räuspere und dann murmelnd einen Abgang mache. So schnell ich nur kann klettere ich die Wand hinauf und springen dann über die Dächer. Wie ein brausender Sturm sause ich durch die Nacht. Keine Ahnung, was mich da gerade antreibt, aber ich habe das Gefühl, als könnte ich fliegen. Ich weiß nicht einmal, wie lange ich überhaupt gebraucht habe, bis ich beim Treffpunkt angekommen bin. Jedoch bin ich noch allein. Keiner meiner Brüder ist in Sichtweite. Vermutlich war ich diesmal schneller als sonst und ich gehe nun ungeduldig auf dem Platz auf und ab.

Ohne dass ich es will, denke ich gerade an die Momente, an denen mich Bernadette so aus der Fassung gebracht hat. Keine Ahnung warum das so ist, aber ich kann nicht aufhören daran zu denken. Der Höhepunkt war der Kuss. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass ich von einem Mädchen geküsst werde. Ok, Tatsache ist, dass es nur auf der Wange war, aber trotzdem zählt es! Tief durchatmen und Ruhe bewahren. Sonst bekommen die anderen noch mit, dass mit mir etwas nicht stimmt und dann wirklich fliegt alles auf. Ich muss mich irgendwie ablenken, nur womit? Da mir noch etwas Zeit bleibt, bis die anderen endlich aufkreuzen, suche ich etwas, auf das ich einschlagen kann. Das ist im Moment das Einzige, was mir noch ansatzweise helfen kann. Nachdem ich eine Weile wie ein Irrer herumgestöbert habe, finde ich doch noch ein paar verbeulte Metallstücke. Mit Genuss und voller Kraft schlage ich auf diese ein und verbiege sie noch mehr, sodass man sie eigentlich für moderne Kunst halten könnte.

In diesem Augenblick treffen gerade die anderen ein. Natürlich ist es wieder einmal Mikey, der seine große Klappe als Erstes aufreißt und mir auf die Nerven geht: „Woawoaw Raphi! Was hat dir das Gerümpel denn getan, dass du so darauf einprügelst?“ „Schnauze Mikey!“, knurre ich ihn nur an und werfe das Stück, was ich gerade bearbeitet habe, in seine Richtung. Dabei hat es meinem Bruder mit der orangen Maske knapp verfehlt und am liebsten hätte er sich gleich darüber aufgeregt, aber soweit kommt es doch nicht. „Regt euch beide ab. Sag mal, war bei dir heute wieder einmal nichts los, dass du so sauer bist?“, mischt sich jetzt Leo ein und damit er wieder Ruhe gibt, bejahe ich es einfach, auch wenn es eigentlich nicht stimmt. Lieber gehe ich darauf ein, bevor sie noch von Bernadette erfahren. Ich darf mir auf keinen Fall etwas anmerken lassen, geschweige mir einen Fehler erlauben. Zum Glück geben sich meine Brüder damit zufrieden und wir können endlich von hier abzischen.

So laufen wir los und nehmen den gewohnten Weg nach Hause. Auch diesmal werden wir von unseren Vater mit einer strengen Miene erwartet. Doch diesmal sagt er nicht, dass wir spät dran wären. Könnte er auch diesmal nicht, denn Donnie hat extra noch einmal die Uhren verglichen, bevor wir heute losgezogen sind. Das heißt also, dass Meister Splinter keinen Grund hat, zu meckern. Falsch gedacht! Der alte Herr findet doch wieder etwas und das heißt diesmal, dass wir unser Training sofort fortsetzen sollen. Ohne dass wir uns dabei von der Tour ausruhen dürfen. Also war das vorige Mal so eine Art Gnadenfrist, oder wie darf ich das verstehen? Murrend folgen wir ihm in das Dojo, auch wenn sowohl meine Brüder als auch ich für heute k.o. sind. Das scheint aber unserem Vater nicht zu interessieren, denn ohne, dass wir vorbereitet sind, gibt er plötzlich den Befehl zum Angriff an.

Natürlich reagieren wir vier viel zu langsam und unser Meister hat uns bereits einen nach dem anderen auf die Bretter geschickt. Mit nur wenigen Bewegungen seines Rattenschwanzes hat er es geschafft, dass jeder von uns den Boden „küsst“. Etwas jammernd liegen wir nun verstreut herum und rappeln uns langsam wieder auf. Unser Vater schüttelt streng den Kopf, als er meint: „Als Ninjas ist es eure Aufgabe zu jedem Zeitpunkt für einen Kampf bereit zu sein. Euren Gegnern wird es egal sein, ob ihr müde seid oder nicht. … Von Vorne!“ Und nun geht es wieder los und ich befürchte, dass das eine lange Nacht werden wird.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Mad-Dental-Nurse
2015-11-05T18:46:14+00:00 05.11.2015 19:46
Hooooo...da fängt es ja schon an, mit den berühmten Schmetterlingen im Bauch ^^
gefällt mir^^
Antwort von:  Pamuya_
05.11.2015 19:49
Tja, was Gefühle mit einem so machen können. ^^
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
05.11.2015 19:52
und besonders bei Raph


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