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Wunsch und Wahrheit

von

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Wiedersehen

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Lustlos sah ich mich im Club um. Es war laut und stickig und von diesen augenkrebserzeugenden Lichteffekten bekam man Kopfschmerzen – oder epileptische Anfälle. Ätzend! Trotzdem sprangen die Besucher fröhlich über die Tanzfläche. Keinen schien es zu stören, wie lächerlich er dabei aussah, Alkohol sei Dank.

Vielleicht war das mein Fehler. Ich war einfach nicht voll genug, um das hier lustig zu finden. Ich war eh kein Fan solcher Clubabende. Viel zu volle Tanzflächen, auf denen sich nach Schweiß und Alkohol stinkende Gäste aneinander räkelten, die Sinne so vernebelt, dass sie keinerlei Hemmungen mehr hatten und ihre Hände nicht bei sich lassen konnten.

Ich besorgte mir einen Cocktail und verzog mich dann in eine möglichst dunkle Ecke. Freiwillig war ich ganz bestimmt nicht hier. Nur Mokuba meinte, ich würde viel zu selten unter Leute gehen und sollte mich doch mal amüsieren. Was war denn bitte an diesem Club amüsant? Betrunkene Leute, die grölten und sich abschleckten. Widerlich!

Ich würde so schnell wie möglich jemanden aufreißen und hier verschwinden. Damit hatte ich meinen Auftrag ja dann auch erledigt, oder?

Es war nicht unbedingt so, dass ich Probleme damit hätte, mir Affären an Land zu ziehen, aber eigentlich stand mir nicht so recht der Sinn danach. Immer die gleichen oberflächlichen Lügen, dieses falsche Bezirzen, obwohl beide doch nur das eine wollten. Lächerlich!

Mal sehen, was sich da finden ließ. Mein Blick glitt aufmerksam über die Menschenmassen. Sortierte man das aus, was optisch nicht ansprechend oder betrunken war, blieb schon mal gar nicht mehr so viel Auswahl übrig. Ein paar annehmbare Exemplare gab es dennoch, ich musste mir nur eines aussuchen.

„Hallo Schönheit.“

Oder ich wartete, bis man mich ansprach. Mein Blick glitt zu dem Mann, der mir gerade seinen heißen Atem ins Ohr gepustet hatte. Hm, optisch okay. Dunkle, geheimnisvolle Augen, schwarzes Haar mit blonden Highlights. Ein bisschen hager, aber gut. Für eine Nacht würde es schon gehen.

Also schluckte ich die bissige Bemerkung, die mir für die lahme Anmache auf den Lippen lag, herunter und wandte mich ihm mehr zu.

„So ganz alleine hier?“, fragte er.

Was für eine selten dämliche Frage. Wäre ich in Begleitung, hätte er mich ja nicht angequatscht. Was sollte man darauf schon antworten?

Etwas verunsichert über meine ausbleibende Erwiderung, rettete er sich in ein unpassendes Lachen und sah ziellos umher. Vielleicht überlegte er, ob es das hier wirklich wert war.

Ich brauchte niemanden, der mich eroberte, ich nahm, was mir gefiel. Aber hin und wieder war es ganz amüsant, wie dilettantisch so mancher Flirtversuch wurde, wenn man nicht mitspielte. Bei diesem Exemplar hier verlor ich jedoch mit jedem Wort, das er sagte, mehr das Interesse. So attraktiv, dass sein Körper über so viel Stümperhaftigkeit hinwegtröstete, war er dann doch nicht.

Sein Blick glitt auffällig unauffällig über meinen Körper und mein Gesicht. „Darf ich dich auf einen Drink einladen?“ Scheinbar gefiel ihm mein Anblick gut genug, um diese Scharade weiterzuspielen.

Als bräuchte ich jemanden, der mir etwas spendierte! Vermutlich nett gemeint, aber inzwischen war mein Interesse an ihm gänzlich verflogen und für einen Cocktail würde ich mich wohl kaum verkaufen. Ich sollte mir lieber jemand anderen suchen, der mich nicht so entsetzlich nervte.

Doch bevor ich etwas sagen konnte, stellte mir jemand ein Getränk vor die Nase. „Er ist mit mir hier, also verzieh dich!“

Diese Stimme kam mir bekannt vor. Sollte er es wirklich sein? Ich sah auf zu meiner angeblichen Begleitung, die so nah neben mir stand, dass ich seinen Geruch wahrnehmen konnte. So vertraut. Joey Wheeler, tatsächlich.

Auch wenn wir uns seit zwei Jahren nicht mehr gesehen hatten, erkannte ich ihn sofort. Immer noch dieses wuschelige blonde Haar, das scheinbar nicht gebändigt werden wollte und dunkle, kraftvolle Augen, die allerdings nicht auf mir sondern auf meinem Gegenüber ruhten. Was für ein ungewohnt ernster Blick.

 

Ich erinnerte mich noch sehr genau an unsere letzte Begegnung am letzten Schultag, an seine traurigen Augen, als ich davonfuhr. Damals hatte ich oft überlegt, was passiert wäre, wenn ich seine Frage ehrlich beantwortet hätte. Hätte er verstanden, wie ich empfand oder hätte er mich ausgelacht?

Eigentlich hasste ich es, wenn Leute mit ihren Gedanken in der Vergangenheit festhingen. Die Situation damals war vorbei und egal wie sehr ich sie jetzt zerdachte, ich konnte nichts mehr daran ändern. Auch wenn ich mir manchmal wünschte, etwas gesagt zu haben.

Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch, als Wheelers Hand über meine strich. „Träumst du?“, fragte er spitz. Seine Augen strahlten mich so wam und verständnisvoll an. Warum?

Ich sah mich um. Mein Bewunderer war verschwunden und Wheeler hatte dessen Platz eingenommen. Vor mir stand der Cocktail, den er dort platziert hatte. Ein Mojito. Was für ein merkwürdiger Abend. Ausgerechnet Joey Wheeler lud mich ein?

Mein Blick glitt über sein Outfit. Er sah gut aus, schwarze Hose, enges Muscleshirt, das seinen muskulösen Oberkörper betonte. Sein blondes Haar war nach wie vor wild und ungebändigt, aber sein Gesicht wirkte ein wenig erwachsener. Ich konnte gar nicht sagen, was sich daran verändert hatte, es strahlte einfach ein bisschen mehr Reife aus. Zwei Jahre und sein Gesicht war noch schöner geworden.

„Warum bist du hier?“, fragte ich. Ich wollte ihn nicht verjagen, aber ich musste es einfach wissen. Natürlich würde er nicht wegen mir in den Club gekommen sein.  Die Entscheidung, genau hierher zu kommen, war ziemlich spontan gewesen, also musste es Zufall sein, dass er auch hier war. Aber wieso sprach er mich überhaupt an?

„Um zu tanzen und zu feiern?“ Er lächelte mich an, als wäre das völlig logisch. „Für sowas sind Clubs doch da.“

Ich knurrte leise. „Ich meinte, was machst du an meinem Tisch!“

„Ach, der gehört dir?“ Unbeeindruckt sog er am Strohhalm seines Cocktails.

Grr! Er knüpfte nahtlos an alte Zeiten an und provozierte mich mit seiner Art ganz gezielt. Das machte er doch mit Absicht! Ruhig bleiben, Whoozaa! Ich zählte innerlich langsam bis zehn, um mich zu beruhigen. Contenance bewahren war ja schließlich wichtig und inzwischen hatte ich mich wirklich gut im Griff.

Ich wollte mich nicht mit ihm streiten. Vermutlich war dieser Abend wirklich nur eine zufällige Begegnung, die sich nicht so schnell wiederholen würde. Wieso sie also mit einem Streit vorschnell beenden?

„Bist du allein hier?“, fragte ich stattdessen.

Er neigte den Kopf etwas, musterte mich aufmerksam. „Defensive oben?“

Darauf antwortete ich nicht. Was sollte ich auch sagen? Ich wusste nicht, was er von mir wollte, da war es doch normal, vorsichtig zu sein. Ich wollte mich nicht in irgendwelchen sinnlosen Hoffnungen verlieren. Schließlich war ich realistisch genug, um zu wissen, dass diese Begegnung nichts bedeutete.

„Hm.“ Er rührte in seinem Drink, zog konzentriert die Augenbrauen zusammen. „Du hast dich besser im Griff als früher, Kompliment. Früher bist du auf die kleinste Stichelei angesprungen.“

Früher waren wir beide hitzige Gemüter, die einfach auf jedes noch so kleine Wort ansprangen. Wir hatten uns so oft in höchste Ekstase gestritten. Aber zwei Jahre konnten viel ändern.

Allein dadurch, dass für mich die Doppelbelastung aus Schule und Firma weggefallen war, war ich schon wesentlich mehr zur Ruhe gekommen, nicht mehr so stark gestresst. Ja, früher hatte mich das alles teilweise überfordert und da konnte ich in diesen Streitereien mit Wheeler wunderbar meinen Frust abladen. Er war immer ganz wundervoll darauf eingegangen.

„Früher hättest du dich nie freiwillig zu mir gesetzt, geschweige denn mir einen Drink spendiert.“, erwiderte ich ruhig.

„Auch richtig.“ Er nippte nachdenklich an seinem Getränk. „Manche Dinge ändern sich.“ Jetzt glitt sein Blick über die Tanzfläche. „Willst du tanzen?“

Ich verstand nicht, was er hier spielte. Wollte er mich irgendwie verarschen, bloßstellen, fertigmachen? Warum sollte er denn ausgerechnet mit mir tanzen wollen?

„Du hast mir immer noch nicht gesagt, warum du hier bist.“, merkte ich an.

„Und du kannst nicht einfach mal spontan sein, was?“ Er erhob sich. „Man sieht sich, Kaiba. Ich geh tanzen.“

Und schon ließ er mich wieder sitzen.

 

Toll! Ich war immer noch nicht schlauer als vorher. Aber er hatte ja recht. Ausgerechnet er, Joey Wheeler, hatte mich zum Tanzen aufgefordert und ich haderte, weil ich Angst hatte, es könnte ein Trick sein. Wie feige! Ich konnte diese analytische Seite allerdings nicht einfach abstellen, musste immer abwägen, wer was wie und warum bezweckte.

Wheeler schien es allerdings auch egal zu sein, er hüpfte über die Tanzfläche, ein pures Quell an Lebensfreude und hatte seinen Spaß, während ich hier saß und ihn aus der Ferne beobachtete. Sein Körper bewegte sich so ansehnlich auf der Tanzfläche, obwohl er eher ein hektischer Tänzer war. Schien auch anderen aufzufallen, die sich anpirschten. Und er ging auch noch darauf ein, tanzte mit ihnen.

Eine ganze Weile beobachtete ich das Spiel, wie er sich über die Fläche bewegte. Enger Körperkontakt schien ihn nicht zu stören, denn jeder der ihn antanzte, schien willkommen.

Wahnsinn, Wheeler! So billig hätte ich dich nicht eingeschätzt.

Das musste ich mir nicht ansehen! Allein der Anblick, wie sehr er es scheinbar genoss, so begehrt zu werden und wie begeistert er sich darauf einließ, bereitete mir Übelkeit.

Mein Lebensstil war auch nicht besser, ich hangelte mich auch nur von Affäre zu Affäre, aber dass mein kleines Hündchen sich so leicht abschleppen ließ, stieß mir sauer auf. In meinen Augen war er so wertvoll und schön. Er würde nie mir gehören, aber er verschenkte sich an alle anderen.

Besser ich ging, bevor mir dieses rasende Gefühl der Eifersucht das Herz sprengte. Innerlich konnte ich nur den Kopf über mich schütteln. Ich durfte gar nicht eifersüchtig sein, ich hatte ja gar keinen Anspruch auf ihn und so wie es aussah, würde sich das auch nie ändern.

Ich wollte gerade aufstehen, als plötzlich jemand neben mir stand. Verdammt, stand der schon lange da? Bis jetzt war er mir gar nicht aufgefallen, obwohl er mir bald auf dem Fuß stand. Der nächste Flirtversuch. Innerlich seufzte ich. Nachdem ich Joey wiedergesehen hatte, kam mir jeder andere hier einfach nur unbedeutend vor. Sie alle verblassten im Vergleich mit ihm, aber was blieb mir schon?

Also sah ich auf. Der Mann war sportlich, sehr körperbetont gekleidet und attraktiv. Wenigstens etwas. Seine Augen funkelten mich an, ließen sehr deutlich erkennen, dass er nur das eine wollte. Auch gut, mehr wollte ich auch nicht, also warum um den heißen Brei reden.

„Sollen wir anstoßen?“, fragte er rau. Dunkle Stimme, fast schon knurrig. Aber womit denn anstoßen? Ich folgte seinem Blick zu dem Mojito auf dem Tisch. Den hatte Wheeler mir spendiert. Ausgerechnet damit mit einem anderen Mann anzustoßen, kam mir seltsam falsch vor. Trotzdem nahm ich ihn dafür her. Warum sollte ich wegen einem Cocktail Schuldgefühle haben? Was bedeutete der schon?

Ich trank nur einen kleinen Schluck davon, aber der reichte mir schon. Wahnsinn, das war ja fast Alkohol pur! Ich hatte Mühe, mich nicht daran zu verschlucken.

Während ich noch mit mir rang, spürte ich plötzlich einen Arm, der sich um meine Hüfte schlang und nachdrücklich an den Körper vor mir presste. Ich wollte schon dazu ansetzten, meine Entrüstung darüber in Worte zu kleiden, doch kaum öffnete ich meinen Mund, steckte er mir auch schon seine Zunge in den Hals. Dieser Bastard!

Energisch stieß ich ihn von mir, doch sein Arm hielt mich weiter eisern fest, seine Finger krallten sich schmerzhaft in meine Seite. Das hier war ganz und gar nicht, was ich wollte.

„Lass los!“, fauchte ich.

„Diese Nacht gehörst du mir!“, schnarrte er.

Na ganz bestimmt! Ich rammte mein Knie gegen seinen Oberschenkel, so dass er keuchend losließ. Schnell vergrößerte ich den Abstand zwischen uns. Mit seiner ersten Aktion hatte er mich überrascht, aber ich war nicht wehrlos. Wenn er es nochmal versuchte, würde ich hin windelweich prügeln! „Verpiss dich!“

Seine Augen funkelten erbost, während er sich den Oberschenkel rieb. Trotzdem kam er wieder näher. Von mir aus, ich war bereit.

Doch bevor ich etwas unternehmen konnte, stürmte ein blonder Wirbelwind an mir vorbei und rammte den Typen mit seiner Schulter. Der Getroffene taumelte zurück und fluchte unterdrückt. Anscheinend hatte das wirklich wehgetan. Hasserfüllt starrte er seinen Angreifer an.

„Fass ihn nie wieder an!“, zischte Wheeler ungewohnt bedrohlich. Selbst mir lief beim Klang seiner Stimme ein kalter Schauer über den Rücken. „Verzieh dich, du Arschloch!“

Tatsächlich trat der Typ den Rückzug an, jedoch nicht ohne mir noch einen intensiven Blick zu schenken. „Ich krieg dich noch!“, knurrte er. Dann ging er einfach.

„Puh!“ Wheeler wandte sich zu mir um und lächelte mich an, als wäre nichts gewesen. „Hübsche Jungs wie dich kann man einfach nicht aus den Augen lassen.“

„Ich hätte mich schon selbst verteidigen können.“, murmelte ich. Als schwach und wehrlos dargestellt zu werden, passte mir gar nicht. Schön, dass er sich eingemischt hatte, um mir zu helfen, aber das hieß nicht, dass ich ihm dafür dankbar sein musste.

Wheeler schien sich für meine Worte allerdings herzlich wenig zu interessieren. Er packte mich einfach am Arm und zog mich mit sich. „Tanzen wir.“

 

Keine Ahnung, warum ich mich nicht gegen ihn wehrte. Ich sollte nicht mit ihm gehen, damit schnitt ich mir doch nur ins eigene Fleisch. Für ihn war das hier alles nur Spaß, für mich ein gefährlich dünner Grat zu falschen Hoffnungen.

Er begann, sich zu der Musik zu bewegen. Obwohl er scheinbar gar kein Rhythmusgefühl hatte, wirkten seine Bewegungen stimmig und irgendwie sexy. Sein Blick ruhte dabei auf mir, forderte mich stumm auf, mitzumachen. Aber wie sollte ich das? Ich wollte einfach nicht einer von vielen auf der Tanzfläche sein, an denen er sich zum Spaß mal reiben konnte.

Ich wollte gehen, doch als ich mich abwandte, umfasste er von hinten meine Taille und schmiegte sich an mich. „Tanz mit mir.“, hauchte er mir ins Ohr. „Nur einmal.“

Einmal und dann? Was dachte er, wie ich das ertragen sollte? Allein seine Hände auf meinem Körper zu spüren, ließ in mir schon alles sehnsüchtig aufschreien. Meine Haut kribbelte und mir wurde heiß davon. Was tat er mir nur an?

Ich wünschte ich könnte mich einfach mal fallen lassen so wie er. Alles auf eine Karte setzten, das hier voll auskosten und seine Nähe so weit ausreizen, wie er es zuließ. Aber wie? Wenn ich zu weit ging, würde er mir das nie verzeihen.

Mit einem Mal wirbelte er mich so schnell herum, dass ich fast das Gleichgewicht verlor und nur mit einem Ausfallschritt verhindern konnte, dass ich stürzte. Was sollte das denn? Er kicherte darüber nur. „Schon ein bisschen viel getrunken heute, was?“

Bitte? Alles, was ich bestellt hatte, war alkoholfrei gewesen, nur sein spendierter Cocktail nicht und daran hatte ich nur genippt. Allerdings kam mir gerade ein fieser Gedanke. Wenn er das dachte, könnte ich das ausnutzen. Betrunkenen sah man ihr  Handeln viel milder nach, weil sie ja eh nicht mehr bei klarem Verstand waren. Aber konnte ich das wirklich bringen?

„Komm schon.“, hauchte er, wobei seine Arme meine Hüfte umfassten. „Es ist ganz leicht und ich passe auf, dass du nicht umfällst.“ Dachte er etwa, mein Zögern käme daher, dass ich nicht tanzen konnte? Das konnte ich, besser als er.

Seine dunklen Augen musterten mich warm und verständnisvoll. Eigentlich ein ziemlich anregender Blick, aber die Unterstellung dahinter ärgerte mich. Ich würde ihm zeigen, was ich konnte, auch wenn ich damit Gefahr lief, mich der Illusion hinzugeben, das hier würde etwas bedeuten.

Ich löste mich von ihm und begann, mich zum Takt der Musik zu bewegen. Ja, ich hatte Rhythmusgefühl und mein Körper war bei weitem nicht so steif, wie man es mir unterstellte. Wheeler wirkte auch durchaus überrascht, allerdings überwand er seine Verwunderung schnell und tanzte ebenfalls.

Irgendwann kam Wheeler wieder näher und versuchte anzubändeln. Ich hatte ihn vorhin lange genug beobachtet, um zu wissen, dass er gerne eng tanzte und sich an anderen rieb. Es wäre wirklich aufregend, das am eigenen Leib zu erfahren, aber der Gedanke, dabei für ihn nur einer von vielen zu sein, widerte mich an.

Also wich ich ihm immer wieder geschickt aus und tanzte allein weiter. Ich spürte, wie sein Blick auf mir ruhte, wie er mich beobachtete. Sollte er nur, ich konnte mich wesentlich sinnlicher als er bewegen. Ich würde ihm damit den Verstand rauben. Auch wenn es seinerseits höchstens körperliche Begehrlichkeiten wären, er sollte sehen, wie es war, dem, was man sich wünschte, so nahe zu sein, es aber einfach nicht zu bekommen.

 

Ich zuckte zusammen, als mich jemand plötzlich grob nach hinten riss und an einen erhitzten Körper presste. Nicht nur erhitzt, sondern auch erregt, das spürte ich unangenehm deutlich. Igitt!

„Ich hab doch gesagt, wir sehen uns wieder.“, raunte mir eine dunkle Stimme ins Ohr. Dieser widerliche Kerl von vorhin. Sein nach Alkohol stinkender Atem streifte meine Wange, während er sich an mir rieb. Empört wollte ich mich von ihm befreien, doch mit einem Mal umfasste sein Arm meine Brust und seine Finger krallten sich hinter mein Schlüsselbein. Wahnsinn tat das weh! Sobald ich eine falsche Bewegung machte, jagte eine Schmerzwelle durch den Körper, die mir bald die Luft aus den Lungen presste. Ich konnte gar nichts dagegen tun.

„Heute Nacht gehört dein heißer, kleiner Arsch mir!“, schnarrte er.

Als würde ich mit ihm in die Kiste springen, nur weil er mich gerade erfolgreich fixiert hatte! Er konnte mich so wohl kaum zu sich nach Hause zerren. „Träum weiter!“, zischte ich. Als Antwort darauf verstärkte sich sein Griff so unbarmherzig, dass mir vor Schmerz Tränen in die Augen schossen. Dieser Bastard!

Diesmal war ich wirklich erleichtert, als Wheeler zu meiner Rettung eilte. Allerdings tackelte er in seiner ungestümen Art den Mann einfach um. Ich musste der Bewegung gezwungenermaßen folgen, denn sein Griff hatte sich nicht gelockert. Erst als Wheeler, ihm auch noch die Faust ins Gesicht rammte, ließ er los.

Keuchend wich ich zurück, während mein Angreifer zu Boden ging. Ich hatte genug damit zu tun, das Gleichgewicht wiederzufinden, da interessierte es mich herzlich wenig, was mit dem Typen war. Mein Schlüsselbein summte vor Schmerz. Wahnsinn, war das heftig!

Nur beiläufig bekam ich mit, wie die inzwischen herbeigeeilte Security den Typen nach draußen zerrte. Wheeler gesellte mich an meine Seite. Er legte seinen Arm um meine Taille und zog mich sanft aber bestimmt zurück zur Tanzfläche.

„Bist du schon so betrunken, dass du dich von jedem begrabbeln lässt?“, fragte er verärgert. Irgendwie wirkte sein Blick tatsächlich erbost. Aber was warf er mir das denn vor? Dachte er, ich hatte den Typen freiwillig an mich herangelassen? Meine Güte, Wheeler hatte sich so darauf fixiert, mich für betrunken zu halten, dass er gar nicht sah, was wirklich passiert war.

Ich wollte zu einer ärgerlichen Erwiderung ansetzen, doch da zog er mich eng an seinen Körper, sah mir mit brennendem Blick in die Augen. „Ab jetzt tanzt du nur noch mit mir.“, schnurrte er. „Dann kann ich auf dich aufpassen.“

Wenn dieser Blick nicht so wahnsinnig anregend gewesen wäre, hätte ich ihm vermutlich mal was darüber erzählt, dass er mir keine Vorschriften zu machen hatte. Aber ihn so nah zu spüren, ließ mich die Erwiderung runterschlucken. Stumm nickte ich.

Da lächelte er wieder. „Gut.“ Seine Hände platzierten sich auf meinen Hüften, übten leichten Druck darauf aus, als wollte er mich dazu bringen, mich zu bewegen. Diesmal kam ich dem nach.

Dann tanzten wir eben miteinander und ich könnte mich für einen kurzen Augenblick der Illusion hingeben, das hier würde etwas bedeuten. Tat es nicht, aber man konnte ja träumen.

Während wir uns bewegten, kam er immer näher heran, ließ seine Hände über meinen Körper wandern. Von meinem unteren Rücken über meinen Bauch zu meiner Brust. Meine Haut kribbelte wohlig von den Streicheleinheiten, aber ich fragte mich, was er damit bezweckte. Vermutlich war es ein Fehler, dass ich meine Arme um ihn legte und ihn noch näher zog. Egal, jetzt war es eh zu spät.

Es hatte schon etwas Erotisches an sich, so eng mit ihm zu tanzen, seinen erhitzten Körper direkt an meinem zu spüren. Im flackernden Discolicht wirkten seine Gesichtszüge irgendwie wild und animalisch, der Blick geradezu hungrig. Es war, als hätten wir die Welt um uns herum ausgeblendet. Da waren nur noch wir zwei.

Wheeler kuschelte sich fast schon an mich. Seine Hände wanderten über meine Schulter und in meinen Nacken. Was für sinnliche, dunkle Augen. Sein Blick wirkte so anregend, so einladend. Sollte ich es einfach versuchen?

Sein Gesicht war meinem ganz nah und sein erhitzter Körper schmiegte sich unbarmherzig an mich. Da war es doch nicht vorwerfbar, wenn man mal probierte, wie weit man gehen konnte, oder?

Ich beugte mich einfach vor und küsste ihn, nicht vorsichtig und scheu, sondern fest und fordernd. Vermutlich würde es bei diesem einen Kuss bleiben, da wollte ich wenigstens seinen Geschmack wahrnehmen können.

Seine Lippen waren weich und warm, fühlten sich wirklich gut an. Für einen winzigen Moment kam es mir sogar so vor, als würde er den Kuss erwidern. Doch dann drückte er mich von sich. „Du bist betrunken.“, murmelte er.

Diesmal war ich wirklich dankbar, dass er das dachte. Jetzt hatte ich den endgültigen Beweis, dass wir nie zusammenkommen würden. Wahrscheinlich wäre er ausgerastet, wenn er es nicht auf den Alkohol geschoben hätte. Wenigstens blieb mir so die Erinnerung an einen einzigen Kuss.

Ich löste mich von ihm, taumelte ein bisschen zurück. Allein dieser kurze Kontakt hatte mir die Hitze zu Kopf steigen lassen. Ich war noch ganz benebelt von diesem Gefühl, aber ich konnte hier nicht länger bleiben.

Hastig lief ich zum Ausgang. Nach dieser Erkenntnis ertrug ich seinen Anblick einfach nicht länger. Wir würden uns hoffentlich nie wieder sehen und ich musste versuchen, einfach damit abzuschließen. Ein Kuss. Damit hatte ich alles bekommen, was er mir je geben würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Veri
2015-10-06T19:42:24+00:00 06.10.2015 21:42
Freu mich schon auf mehr :3
Von:  losichou93
2015-10-06T18:41:23+00:00 06.10.2015 20:41
Schönes Kapitel ^^ Ich mag das Pairing einfach und ich finde, man kann schon verstehen, dass Seto so vorsichtig ist. Trotzdem ist es niedlich, wie die beiden umeinander herumtänzeln. Weiter so :D
Von:  Nephelin
2015-10-05T22:10:18+00:00 06.10.2015 00:10
ein sehr schönes, romantisches und herzliches Kapitel! *.*
du beschreibst Seto´s Gefühle sehr gut und es sticht ein wenig im Herzen, dass die beiden soooo doof sind und nichts raffen----aber gut, dadurch freue ich mich natürlich auf weitere tolle Kapitel :)
Von:  -Raidon-
2015-10-05T19:14:07+00:00 05.10.2015 21:14
uh direkt einneu es Kapitel *_* es ist wirklich toll geschrieben und passt so gut zu den beiden, die einfach nicht raffen, dass sie sich mögen....weiter so^^


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