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Wunsch und Wahrheit

von

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Prolog

Es war unser letzter Tag in der Schule. In einer feierlichen Zeremonie, die gespickt mit abgespeckten Reden und unpassender Emotionalität war, wurden uns unsere Abschlusszeugnisse übergeben. Als Jahrgangsbester durfte ich sogar noch eine Rede halten, die weder mich noch die Zuhörer sonderlich interessierte.

Und dann kam der Abschied.

Die Feierlichkeiten waren vorbei und wir konnten hinaus in die Welt. Umso besser, ich würde dieser Schule keine Träne nachweinen. Endlich konnte ich mich voll und ganz auf meine Firma konzentrieren und ich musste nie wieder diese blöde Schuluniform anziehen.

Ich wollte gerade das Schulgelände verlassen, als ich Wheeler hinter mir brüllen hörte. „Kaiba! Jetzt warte doch mal!“

Ich drehte mich um, wartete, bis er zu mir aufgeschlossen hatte. Welch Ehre, dass Joey Wheeler mir hinterher rannte. Von dem kurzen Sprint waren seine Wangen leicht gerötet, als er zu mir aufsah. Blonde Strähnen hingen wirr vor seinen dunklen Augen. Hm, wie anregend.

Wheeler übte auf mich eine starke körperliche Anziehung aus, das konnte ich nicht bestreiten. Er war schön, stark und impulsiv, so voller Leben. Wenn er mich ansah mit seinem feurigen Blick, spürte ich jedes Mal mein Herz rasen.

Ich wusste nicht, wann meine Verachtung für sein Temperament und seine aufbrausende Art in das Gegenteil umgeschlagen war. Irgendwann hatte ich angefangen, ihn dafür zu bewundern. Er konnte sich so sehr für etwas begeistern, es mit Leidenschaft verfolgen.

Irgendwann waren meine Gedanken sogar noch weiter gegangen. Ich hatte angefangen, mir vorzustellen, wie es wohl wäre, wenn er sich so für mich begeistern, wenn seine Augen wegen mir so leidenschaftlich leuchten würden.

Aber das war reine Fantasie, Wunschdenken.

Ich schüttelte den Gedanken ab und wartete, bis Wheeler endlich sagte, was er wollte. Allerdings schien er das selbst nicht zu wissen, denn er grinste mich nur unpassend an, so wie es typisch für ihn war und kratzte sich am Hinterkopf.

Ich seufzte lautlos. Vielleicht war genau das der Grund, warum es lieber Wunschdenken blieb. Wheeler war so naiv und unreif. Das mit uns wäre nie gutgegangen, wenn er sich jemals überhaupt auf mich eingelassen hätte.

„Die Schule ist vorbei.“, stellte er irgendwann fest.

Was für ein Einstieg in ein Gespräch, so dümmlich passend zu ihm. „Deswegen diese Veranstaltung, Wheeler.“, meinte ich lahm. Auch wenn mir schon wieder diverse Provokationen und Beleidigungen durch den Kopf schossen, schluckte ich sie herunter. Er würde nie mir gehören, das war mir klar. Aber vielleicht könnten wir wenigstens friedlich auseinander gehen. Ich wollte nicht, dass seine letzte Erinnerung an mich wieder nur ein Streit war.

„Richtig.“ Er grinste schief.

„Was willst du?“, fragte ich direkt. Ich wollte ihn endlich hinter mir lassen, um nie wieder an ihn denken zu müssen.

Schlagartig erlosch das Grinsen und sein Blick wurde ernster. „Kaiba, wir werden uns jetzt nicht mehr regelmäßig sehen. Vielleicht sogar nie wieder.“

Dessen war ich mir schmerzlich bewusst. Ich sah ihn so gerne an. Wenn ich ihn nicht berühren konnte, lud wenigstens sein Anblick dazu ein, zu träumen. „Und?“, fragte ich möglichst desinteressiert.

Seine Augen wurden dunkler. „Bedeutet dir das denn gar nichts?“

Wieso fragte er das? „Was soll es mir denn bedeuten?“

Unentschlossen wrangen seine Finger mit dem Saum seiner Jacke. „Das ist die letzte Möglichkeit, alles loszuwerden, was dir auf der Seele liegt, Kaiba. Alles, was du mir sagen willst.“

Ich riss die Augen auf. Wusste er es? Wusste er, wie ich wirklich von ihm dachte? Seine dunklen Augen flackerten, während er auf eine Antwort wartete. Was wollte er denn hören?

Ich hatte das Gefühl, mein Inneres würde sich zerreißen. Einerseits wollte ich ihm sagen, was ich empfand, aber andererseits hatte ich einfach nur Angst davor. Wheeler war mir gegenüber nie freundlich gewesen oder hatte Andeutungen gemacht, er könnte mich mögen. Wie würde er also reagieren? Vermutlich mit Spott und Häme. Und selbst wenn nicht, wir hätten doch keine gemeinsame Zukunft.

Ich konnte es nicht riskieren.

Kopfschüttelnd wandte ich mich ab. „Ich wünsch dir ein schönes Leben, Wheeler.“, murmelte ich. Als ich in meine Limousine stieg, stand er immer noch da und starrte mir hinterher. Aus der Ferne kamen mir seine Augen seltsam traurig und leer vor. Obwohl ich nur kurz hinsah, brannte sich dieser Anblick tief in mein Gedächtnis ein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Veri
2015-10-06T19:24:44+00:00 06.10.2015 21:24
:<
Von:  losichou93
2015-10-05T07:47:40+00:00 05.10.2015 09:47
Klingt schon mal interessant. Bin gespannt, was da kommt :)
Von:  Nephelin
2015-10-05T06:48:16+00:00 05.10.2015 08:48
der Anfang ist mehr als gelungen
auch wenn du nur eine kurze Story planst, freue ich mich auf weitere Kapitel :)
Von:  -Raidon-
2015-10-05T02:27:50+00:00 05.10.2015 04:27
wow der Anfang ist schon voll gut, ich mag deinen Schreibstil und Wortwahl =) hoffe es geht bald weiter=)
Von:  Akikou_Tsukishima
2015-10-04T21:38:51+00:00 04.10.2015 23:38
Ui
Ich bin gespannt wies weiter geht


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