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Star Trek - Breakable

Die erste Generation
von

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Licht und Schatten

Die hochgewachsene Frau wirkte ausgezehrt, doch ihre Haltung zeugte von ungebrochenem Stolz und einer geradezu übermenschlichen Willenskraft, und das, obwohl sie jeden Tag den Hauch des Todes um sich herum spürte. Intelligente Lebewesen starben hier fast täglich; entweder an den Umweltbedingungen, oder an der Behandlung durch die terranischen Wärter des Internierungslagers.

Seit nunmehr elf Jahren befand sie sich auf diesem Planeten, der vom Raum aus zwar durchaus paradiesisch wirkte, mit seinen ausgedehnten Ozeanen und seinen grün-braunen Landmassen, aber in Wirklichkeit den Vorhof zur Hölle darstellte.

Durch seine nur sehr geringe Achsneigung und die beinahe kreisrunde Umlaufbahn um die vier Sonnen des Capella-Systems, gab es so gut wie keine Jahreszeiten auf Capella IV was aber ebenfalls bedeutete, dass die globalen atmosphärischen Bewegungen, im Vergleich zu Terra, recht dürftig waren. Dazu kam, dass Capella IV sich, in nur achtzehn Stunden und siebenundvierzig Minuten, relativ schnell um seine Achse drehte, so dass die Phasen zwischen Abkühlen und Aufwärmen der planetaren Oberfläche kürzer waren.

In Verbindung mit der Tatsache, dass selbst unter den günstigsten Umständen die erste der vier Sonnen dieses Systems bereits drei Stunden nach dem Untergang der letzten wieder aufging, waren zudem die Nächte kaum als solche zu bezeichnen. Bei einem weniger trocken-heißen Klima hätte diese Welt durchaus traumhaft sein können. Unter anderem mit ihren dichten, subtropischen Dschungeln, die in einem schmalen Streifen der gemäßigten Klimazonen vorkamen. Herrlich anzuschauen gewesen wären unter anderen Umständen die Auf- und Untergänge der beiden gelb-weißen Sonnen vom G0 und G5 Typ, die um den Faktor 10,8 beziehungsweise 7,45 größer waren, als die terranische Sonne, und deren beiden kleinen rötlichen Begleitern vom M2 und M4 Typ, die nur die Hälfte und ein Viertel des Durchmessers von Sol besaßen. Doch das Klima war mörderisch für Humanoide.

Einen kleinen Schönheitsfehler hatte es jedoch selbst dann, wenn es ausnahmsweise einmal regnete. Zwar waren die Temperaturen dann bei weitem nicht so hoch, wie bei voller Sonneneinstrahlung, dafür stieg jedoch die Luftfeuchtigkeit beinahe ins Unerträgliche. Hinzu kam, dass dieser Regen, durch den schwachen Gehalt von Chlor und Methan in den oberen Schichten der Atmosphäre, leicht ätzend wurde und unangenehme Irritationen auf der Haut, und ein schmerzhaftes Brennen in den Augen verursachte.

Der einzige Grund, warum das Terranische Imperium überhaupt Interesse an diesem Planeten hatte, waren seine reichen Topalin-Vorkommen. Das orange-rote Mineral wurde für die Lebenserhaltungssysteme an Bord moderner Raumschiffe benötigt und es kam nur auf sehr wenigen Planeten des bekannten Weltalls vor, was es kostbar machte und den Abbau somit äußerst lukrativ. Alle, der 160.000 Terraner, die in der einzigen Stadt, direkt am Raumhafen, lebten, hatten in irgend einer Weise etwas mit der Aufbereitung und Weiterverarbeitung von Topalin, oder der Bewachung der Strafgefangenen in den Topalinminen, zu tun.

Aus diesem Grund unterhielt das Terranische Imperium, neben mehrerer großer Minen, auch einen Flottenstützpunkt und eine Garnison, mit einem Bataillon MACOs, insgesamt 500 Männer und Frauen, auf Capella IV. Vor einigen Jahren hatte das Imperium damit begonnen, das „Andorianische Bergbau Konsortium“, welches von den Terranern nach dem Fall von Andoria übernommen worden war, in den Topalin-Abbau, auf diesem Planeten, mit einzubinden. Von daher waren andorianische Erzfrachter keine Seltenheit, im Capella-Sternensystem.

Die Frau schritt mit kraftsparenden Bewegungen, zusammen mit über einhundert weiteren Strafgefangenen, vom Eingang der Topalinmine zur Kantinenbaracke, wobei sie einen kurzen Blick zum beinahe wolkenlosen Himmel hinauf warf. Die vier Sonnen sorgten für eine Hitze von bis zu 56 Grad Celsius um die Mittagszeit, aber das war nicht annähernd das Schlimmste, was den Strafgefangenen auf Capella IV passieren konnte.

Die terranischen Bewacher, sowohl die Männer als auch die Frauen, waren weitaus gefährlicher, grausamer und unberechenbarer, als es das hiesige Klima je sein konnte. Sie selbst hatte das am eigenen Leib, mehr als einmal, erfahren müssen. Ihre Hände verkrampften sich am Saum des rot-grauen zerschlissenen Arbeitsoveralls, wenn sie an die Demütigungen und Schläge dachte; und besonders an die Vergewaltigung vor fünf Jahren. Sie hatte sich an diesem Tag geschworen, diesen Aufseher umzubringen, sobald sie auch nur die kleinste Gelegenheit dazu bekam.

Sie wusste, warum Imperatrice Hoshi Sato sie nicht hatte hinrichten lassen, zumindest glaubte sie, es zu wissen. Diese verbrecherische, falsche Schlange wollte sie brechen und leiden lassen, solange es ging. Aber noch war ihr Stolz noch gebrochen; und sie war von dem glühenden Gedanken beseelt eines Tages dieser Höllenwelt zu entrinnen und es dieser terranischen Verbrecherin heimzuzahlen. Sie warf einen kurzen Blick auf ihr Spiegelbild, als sie an den Fenstern der Baracke entlang schritten.

Die harten Jahre auf Capella IV hatten sie gezeichnet, aber das Spiegelbild ihres Gesichtes war noch immer unzweifelhaft das des ehemaligen Zweiten Offiziers der, von den Tholians vernichteten, I.S.S. ENTERPRISE - T'Pol.

Sie hatte schon so manches Mal mit dem Schicksal gehadert. Damit, dass ihr Versuch, eine Revolution gegen Archer und seine Getreuen an Bord der U.S.S. DEFIANT anzuzetteln, fehlgeschlagen war. Vielleicht wären tausende unschuldiger Leben gerettet worden, wenn sie seinerzeit Erfolg gehabt hätte.

T'Pol schob diese fruchtlosen Überlegungen schnell beiseite nahm ihre Mittagessenration, wenn man den unsäglichen Fraß tatsächlich so bezeichnen wollte, in Empfang und begab sich zu einem der Tische, an dem unter anderem vier Strafgefangene saßen, die erst gestern auf Capella IV angekommen waren. Neuankömmlinge wie diese waren quasi die einzige Möglichkeit für die Strafgefangenen, einige spärliche Neuigkeiten von Außerhalb zu erfahren.

Während sie schweigend am Kopfende des Tisches, im hinteren Bereich der Kantine, Platz nahm, musterte sie die vier Neuankömmlinge mit undurchdringlicher Mine.

Bei den Neuen handelte es sich um eine Andorianerin, zwei humanoide Xindi und einen Tellariten, der weniger wuchtig wirkte, als die meisten seiner Artgenossen. Dafür zeichnete er sich aber durch einen ungewohnt unternehmungslustigen Augenausdruck aus.

T'Pol hatte sich abgewöhnt freundliche Worte an Mitgefangene zu richten. Einfach deshalb, weil die Sterberate unter ihnen so hoch war, dass es ihrer Meinung nach keinen Sinn ergab. Nur sehr wenige Strafgefangene hatten mehr als sieben Jahre auf diesem Höllenplaneten erlebt. T'Pol hatte, bei weitem am längsten, auf diesem Planeten überlebt, und das gab ihr bei ihren Mitgefangenen eine Art Nimbus der Unsterblichkeit – zumindest trat man ihr schon allein deswegen mit Respekt entgegen. Dieser Planet war ein Schlund der Leben verschlang.

Sie kam ohne Umschweife zur Sache und fragte raunend: „Wie sieht es Draußen aus? Ist Hoshi Sato noch immer an der Macht?“

Die vier Neulinge blickten sie misstrauisch an. Als auch die übrigen Mitgefangenen sich vorbeugten und stumm nickten, sagte der Tellarit schließlich: „Ja, und ein Schwarzes Loch soll sie verschlingen.“ Seine Miene wurde etwas heiterer, sofern man diesen Gemütszustand bei Tellariten so nennen konnte, und er ballte die rechte Hand zur Faust. „Der rebellierende, andorianische General hat, vor drei Monaten, einen Handstreich gegen das Kommandozentrum der Terranischen Raumflotte, auf Tellar, geführt und es in die Luft gejagt. Wie man hörte, ist er ohne eigene Verluste entkommen und die verdammten Terraner wissen wieder einmal nicht wohin.“

T'Pol nickte unbeteiligt, während sich in den Augen der Übrigen Zufriedenheit und Genugtuung widerspiegelten. „Im letzten Jahr hörte ich öfter von diesem andorianischen Rebellenführer. Kennst du seinen Namen? Hieß er vielleicht Thy'Lek Shran?“

Der Tellarit machte eine verneinende Geste und entgegnete: „Nein, sein Name lautet Thy'Ron Dheran. Gerüchte besagen, dass der ein sehr enger Freund von Shran ist und noch tollkühner als dieser sein soll. Der Großteil der erfolgreichen Kommando-Unternehmen, gegen das Imperium, in den letzten Jahren, geht auf sein Konto.“

„Ich habe General Dheran einmal kennengelernt, bevor er sich dem Widerstand anschloss“, mischte sich die Andorianerin überraschend, mit dunkler Stimme, ein. „Er besitzt eine beinahe charismatische Ausstrahlung, und sein Mut war seinerzeit schon weithin bekannt. Solange Männer, wie Thy'Ron Dheran, gegen das Terranische Imperium kämpfen, können wir noch hoffen.“

T'Pol blickte die Andorianerin mitleidig an und sagte tonlos: „Wenn Sie erst einmal einige Zeit hier sind und die Brutalitäten und Härten kennengelernt haben, werden Sie weniger voreilig von Hoffnung reden.“

Für einen Moment wurde es still am Tisch und die düstere Stimmung der Vulkanierin schien sich auf alle anderen Mitgefangenen am Tisch zu übertragen, bevor einer der beiden Xindi meinte: „Vielleicht haben Sie gar nicht so Unrecht, Vulkanierin. Ich selbst habe für die Rebellen gearbeitet und wenn die Gerüchte stimmen, dann entwickeln die verdammten Terraner gerade einen ganz neuen Typ von Schlachtkreuzer. Größer und kampfstärker als die DEFIANT, sagt man.“

Die Andorianerin, schien etwas sagen zu wollen, schwieg jedoch und beobachtete Aufmerksam T'Pols Reaktion, auf die Worte des Xindi. Obwohl sich die Vulkanierin gut beherrschte, erkannte die blauhäutige Frau den kurzen Moment des Erschreckens in ihren Augen. T'Pol blickte übergangslos auf und ein seltsam forschender und gleichzeitig warnender Ausdruck lag plötzlich auf ihrem Gesicht.

Die Antennen der Andorianerin spreizten sich während sie sich eingestand, dass diese Vulkanierin noch immer gefährlich war.

Der Tellerit hingegen hatte keine solch feine Beobachtungsgabe und so meinte er etwas gereizt: „Wovon ich hier rede, könnte das Ende der Rebellion bedeuten. Bedeutet Ihnen das denn absolut gar nichts, Vulkanierin? Sind Sie bereits so abgestumpft?“

„Die Angewohnheit der emotionalen Spezies, in solchen Fällen in Panik zu verfallen und zu rufen: Wir werden alle verrecken ist nicht hilfreich“, zischte T'Pol dem Tellariten zu.

Im nächsten Moment verkündete ein penetrantes Geräusch das Ende der Mittagspause und die andorianische Frau erhob sich schnell. Während sie zum Ausgang der Kantine gingen, schob sie sich dabei unauffällig an die Vulkanierin heran und hielt sie unauffällig am Handgelenk zurück, sodass ein halber Schritt Abstand zwischen ihnen und dem Hinteren der Gefangenen entstand.

„Halten Sie sich ab jetzt in meiner Nähe, Lieutenant-Commander T'Pol.“

Die Vulkanierin blickte verblüfft und ungläubig in die Augen der andorianischen Frau. „Wer sind Sie, dass Sie meinen Namen und meinen letzten Rang kennen?“

Die Andorianerin verzog unmerklich ihre Lippen zu einem flüchtigen Lächeln: „Lieutenant-Commander Talas, die Adjutantin von General Shran. Er und Dheran werden bereits morgen Mittag, als Angestellte des Bergbau-Konsortiums, hier erscheinen, um Sie zu befreien.“ Sie erkannte die unausgesprochenen Fragen und eine ordentliche Portion Misstrauen in den Augen T'Pols. „Es sei denn, sie wollen auf diesem Höllenplaneten verrecken.“

Noch immer nicht vollkommen überzeugt nickte T'Pol der Andorianerin unauffällig zu, doch ein ungewohntes und gleichzeitig gefährliches Funkeln lag jetzt in ihrem Blick.
 

* * *
 

„Sind sie sicher, dass Lieutenant-Commander Talas nichts passieren wird?“

Unruhig marschierte Thy'Lek Shran in der, überwiegend blau-silber gehaltenen, Zentrale der KYR`LUNARI herum und musterte Commander Te'Voral, mit hochgezogenen Augenbrauen. Ebenso wie er und Dheran, deren Gesichter im Imperium zu bekannt waren, hatte auch sie ihr Aussehen, vom Bordarzt der KUMARI, verändern lassen, so dass sie nun wie eine Vulkanierin aussah.

Zusammen mit Thy'Ron, der Romulanerin und einem Stoßtrupp von sieben weiteren, erfahrenen, andorianischen Kommando-Spezialisten befand er sich an Bord des, für ihre Zwecke frisierten, andorianischen Frachters. Da sie ihn für den Rückweg nicht benötigten, machte es nichts aus, die Triebwerke zu überlasten, solange sie sie nur rechtzeitig zum Capella-System kamen. Mit Warp 7,3 flogen sie, etwa zwei Lichtminuten vor der KUMARI und der RAKARI, die mit derselben Geschwindigkeit folgten.

Als die Romulanerin keinerlei Anstalten machte zu antworten, schritt der General herausfordernd auf sie zu, blieb dicht vor ihr stehen und zischte gefährlich leise: „Sollte Lieutenant-Commander Talas etwas zustoßen, auf Capella IV, dann werden Sie Romulus niemals wiedersehen, Commander. Darum will ich für Sie hoffen, dass ihr genialer Plan auch funktionieren wird.“

„Solange dieser rostige Schrotthaufen nicht endgültig auseinander fällt wird er funktionieren“, entgegnete Te'Voral streitlustig, wobei sie sich nicht an den finsteren Blicken der drei Andorianer, an der COM und den Leitständen für Maschinenkontrolle und Kommunikation, störte. Im nächsten Moment fand sie zu ihrer kühlen Sachlichkeit zurück und wechselte das Thema: „Mir ist bekannt, dass ihr Flaggschiff, die KUMARI, nach dem ersten Eisbrecher benannt wurde, der ihren Planeten umrundete. Ich habe jedoch nie eine Übersetzung dieses Begriffes gefunden, also muss es sich um einen Namen oder einen Eigenbegriff handeln, General. Wären Sie vielleicht so freundlich mir zu erläutern, was KUMARI bedeutet? Sofern das kein Sakrileg bedeutet, natürlich.“

Thy'Lek Shran, der sich wieder etwas beruhigte, begann erneut seine Wanderung durch die Zentrale der KYR'LUNARI. Schließlich, als Commander Te'Voral schon nicht mehr mit einer Antwort rechnete, erklärte der Andorianer heiser: „Bei dem Begriff KUMARI handelt es sich sowohl um einen Namen, als auch um einen Eigenbegriff. Nach der andorianischen Mythologie war Andoria ursprünglich eine tote Welt. Die Lebenssporen der Sternengötter waren zwar auch auf dieser Welt gelandet, aber sie konnten sich nicht entfalten. So ruhten sie über Äonen im ewigen Eis von Andoria. Dann, in ferner Vergangenheit, erschienen zwei Wesen im Andor-System, die seit dem Anbeginn der Zeit, bis zum Ende der Zeit, ruhelos durch das Universum reisen: KUMARI - die Eisfee, und RAKARI - der Schneekönig; in ewiger Liebe einander verbunden. Der Legende nach berührte sie das Schicksal dieses Mondes, der niemals Leben tragen würde, so sehr, dass sie um ihn weinten. Die Tränen waren von solch heißer Leidenschaft, dass sie sich in blaue und goldene Flammen verwandelten, noch bevor sie die Oberfläche Andorias berührt hatten, in den toten Kern des Planeten eindrangen, und ihn, mit der in ihnen eingehüllten Kraft von Liebe und Leidenschaft, soweit aufheizten, dass sich eine atembare Atmosphäre bildete und die Sporen aus dem All sich entwickeln konnten. Auf diese Weise, so der Legende nach, entstand das Volk der Andorianer und auch heute noch spüren wir Andorianer, durch die Kraft der Ewigen Flammen, im Kern unserer Heimatwelt, Liebe und Leidenschaft stärker in uns brennen, als jedes andere Gefühl...“

Commander Te'Voral spürte beinahe die Leidenschaft, mit der Shran von dieser Legende seines Volkes gesprochen hatte und für einen kurzen Moment war sie fast geneigt, diese Geschichte zu glauben. Als Vertreterin eines, ebenfalls sehr emotionalen und leidenschaftlichen, Volkes sprach diese Legende sie tief in ihrem Innersten an.

Der andorianische General glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als sich für den Moment eines Wimpernschlags ein flüchtiges Lächeln auf die Lippen der Romulanerin stahl. Bereits im nächsten Augenblick war es wieder verschwunden, so dass sich Shran fragte, ob es nicht nur ein Trugbild gewesen war.

Gewohnt beherrscht musterte Te'Voral den andorianischen General und fragte leise: „Glauben Sie an diese Legende?“

Sie bemerkte die plötzliche Aufmerksamkeit der drei übrigen Andorianer auf der Brücke, als der General überzeugt seine Antennen spreizte. „In allen Legenden, die es im Universum gibt, steckt ein wahrer Kern, also auch in dieser, denke ich. Woran glauben Sie, Commander?“

„Ich glaube an meine Fähigkeiten, an die Überlegenheit der romulanischen Rasse und an die Weisheit des Praetors“, antwortete die Romulanerin so prompt, als habe sie nur auf eine entsprechende Frage gewartet.

„Dieser Glaube muss ihnen viel Kraft geben“, entgegnete Shran ironisch und stellte am Funkeln von Te'Vorals Augen zufrieden fest, dass sein Stich gesessen hatte. Jetzt ging es ihm, trotz seiner Sorge um das Schicksal von Lieutenant-Commander Talas, wenigstens etwas besser.

General Thy'Ron Dheran, der unbemerkt die Brücke betreten hatte, lachte leise auf und meinte belustigt: „Dieses Kommando-Unternehmen wird, egal wie auch immer es ausgeht, auf alle Fälle legendär. So viel ist jetzt schon sicher. Dann wurde er übergangslos sachlich und wandte sich an Commander Telev, der an der COM saß: „Wie lange brauchen wir noch bis zum Capella-System, Telev?“

„Wir erreichen das System in genau sieben Unterzyklen, General. Die KUMARI und die RAKARI holen bereits merklich auf und werden in Schussweite sein, wenn wir auf Impulsgeschwindigkeit gehen.“

Die Romulanerin wusste, dass diese Zeitspanne etwa siebzehn terranischen Minuten entsprach. Sie warf einen fragenden Blick zu Dheran und fragte: „Wird es nicht langsam Zeit dafür uns umzuziehen und an Bord der Rettungsfähre zu gehen?“

Dheran spreizte bestätigend seine Antennen und wies Commander Telev an: „Schalten sie jetzt auf Automatik. Wenn die KYR'LUNARI unter Warp fällt haben wir nur noch wenige Augenblicke Zeit, um das Schiff zu verlassen. Zeit also, uns in stinkende Weltraumratten zu verwandeln.“

Telev bestätigte angewidert und nahm die vorbereitete Schaltung vor. Danach verließen sie die Brücke des Frachters und begaben sich zu Ihren Quartieren, um die vorbereiteten, gebrauchten Kleidungsstücke, die sie als Mitglieder des Andorianischen-Bergbau-Konsortiums zu tragen gedachten, anzuziehen. Diesen Sachen haftete ein Gestank an, als seien sie schon seit einem halben Jahr nicht gewaschen worden, und bereits wenige Minuten, nachdem sich die Stoßtruppteilnehmer umgekleidet hatten, konnten sie sich selbst nicht mehr riechen. Danach trafen sie sich im Hangar der Rettungsfähre, wo sie bereits von den übrigen Stoßtruppteilnehmern erwartet wurden, die sich ebenfalls umgekleidet hatten.

Commander Te'Voral warf einen abwertenden Blick auf die kleine Fähre und fragte sich, ob dieses winzige Vehikel wirklich alle zehn Personen aufnehmen konnte.

Früher, als es noch altertümliche Autos auf der Erde gegeben hatte, waren immer einige Leute bereit gewesen einen neuen Weltrekord aufzustellen, und sich, während einer Fernseh-Show, zu möglichst vielen Personen in solche Autos hineinzuquetschen, ungeachtet der gebrochenen Knochen und Prellungen. Am nächsten Tag erfuhr man dann in den Nachrichten, dass der alte Rekord gebrochen worden war, und sich 27 Personen in eines dieser Autos gepfercht hatten. Dass die Hälfte der Rekordinhaber danach im Krankenhaus gelandet war, war dabei allerdings meistens verschwiegen worden.

Die Rettungsfähre war nicht viel größer, als eins dieser altertümlichen Autos. Nachdem Telev die hintere Schleuse geöffnet hatte, stiegen zuerst Shran und Te'Voral ein, die diese Fähre steuern sollten. Danach folgten die Anderen. Telev und Dheran standen noch draußen, als es im Inneren der Fähre bereits ungemütlich eng und stickig wurde, doch der Commander drückte seine Fäuste in den Rücken eines weiblichen Lieutenants und schob sie unerbittlich weiter nach Innen, auch dann noch, als er bereits drin war denn General Dheran, der den Abschluss machte, beanspruchte ebenfalls noch Platz. Die Luft im Innenraum wurde, trotz der eingeschalteten Lebenserhaltungsanlage, ungemütlich warm und hätte jeder Raumhafen-Kaschemme zur Ehre gereicht.

General Dheran nahm über seinen Kommunikator ein letztes Mal Kontakt zur RAKARI auf und unterrichtete seinen Commander davon, dass sie in Kürze bereit waren, das Schiff zu verlassen und der Plan programmgemäß abrollen konnte. Danach hörte Shran ihn in der winzigen Schleuse der Fähre rumoren. Endlich schloss sich das Außenschott ächzend hinter ihm und Dheran rief nach Vorne durch: „Die Fähre ist dicht, General. Wir sind bereit.“

Den zehn an Bord der Fähre befindlichen Lebewesen kam es so vor, als würde die Zeit verlangsamt ablaufen. Nach einer Weile, die dem weiblichen Lieutenant vor Commander Telev endlos lang vorkam, gab sie ein Schnaufen von sich und sagte wütend: „Es wäre nett, Commander, wenn sie Ihren spitzen Ellenbogen aus meinem Rücken nehmen könnten.“

„Das ist nicht mein Ellenbogen, sondern der Kolben meiner Waffe“, entgegnete der Commander gereizt. „Im Übrigen steht mir auch nicht mehr Platz zur...“

„Ruhe, da hinten!“, brüllte Shran von Vorne mit schneidender Stimme. „Wir sind unter Warp gefallen, und das Schott der KYR'LUNARI öffnet sich. Achtung, wir starten!“

Jemand würgte vernehmlich, was Shran veranlasste erbost nach hinten zu schnauzen: „Wenn mir einer in den Nacken kotzt, dann kann er was erleben!“ Im nächsten Moment beschleunigte er die Rettungsfähre mit äußersten Notwerten, so dass trotz der Trägheitsdämpfer für mehrere Sekunden einige Gravos durchkamen.

Keinen Moment zu früh, denn dicht hinter ihnen fielen die KUMARI und die RAKARI unter Warp und nahmen augenblicklich den alten Frachter unter Waffenfeuer.

In einem grellen Feuerball brach der Frachter, nur wenige Augenblicke später auseinander, nachdem der Hauptreaktor getroffen worden war. Noch bevor die Wachschiffe des Imperiums über Capella IV reagieren konnten, drehten die beiden andorianischen Kreuzer bereits wieder ab und verschwanden mit Warp-Geschwindigkeit aus dem System.

Thy'Lek Shran nahm bereits Funkverbindung zum Führungsschiff der zehn Wachschiffe auf und stieß, ob deren Schlafmützigkeit, wüste Drohungen aus, deren Durchsetzung selbst einem Verband von zwanzig schweren Schlachtkreuzern nicht leicht gefallen wäre.

„Verdammter Weltraumpenner!“, wetterte der Fleetcaptain des kleinen Verbandes schließlich wütend zurück. „Ihr Typen vom Konsortium seid doch alle der gleiche Haufen heruntergekommener Schmoks. Landet erst einmal auf dem Raumhafen. Ein Trupp des Wachkommandos wird Sie in Empfang nehmen und zur Verwaltung geleiten. Außerdem nützt es Ihnen ohnehin nichts, wenn Sie sich bei mir beschweren. Auf Capella IV wird man sich um Ihre Anliegen gebührend kümmern.“

Bevor Shran etwas erwidern konnte hatte der Fleetcaptain bereits die Verbindung unterbrochen. Der Andorianer blickte triumphierend zu Te'Voral. „Glänzend, der Fleetcaptain hat uns die Rolle der Weltraumgammler schon mal abgenommen. Also sollten wir auch die anderen Terraner täuschen können, wenn wir unsere Rollen glaubhaft genug spielen. Ich hoffe, dass jeder noch seinen Decknamen kennt.“

Den übrigen Insassen der Fähre kam es vor wie eine Ewigkeit, bis sie endlich auf dem Raumhafenbelag am Rand der Stadt aufsetzten. Thy'Ron Dheran öffnete das Außenschott und Commander Telev wunderte sich, dass er nicht einfach aus der Fähre hinausfiel.

„Worauf wartet ihr denn noch, da hinten!“, rief Shran heiser von den Kontrollen her. „Nichts wie raus hier.“

Dheran sprang förmlich aus dem Schleusenraum heraus. Gefolgt von Telev und dem weiblichen Lieutenant. Sie kniffen geblendet die Augen zusammen und legten ihre Hände beschattend über die Augen.

Draußen wurden sie bereits von einem MACO-Lieutenant erwartet, in dessen Schlepptau sich zwanzig weitere Soldaten befanden. Mit gerümpfter Nase schritt der schlanke Lieutenant auf Dheran zu, der sich, für die Dauer dieser Mission, Fyr'Len Corcoran nannte. Als der Andorianer in den Innenraum der Fähre hinein rief, man solle sich gefälligst beeilen, fragte der MACO-Lieutenant, in Hinsicht auf die Geruchswolke, die ihm entgegenschlug, ironisch: „Wollen sie etwa andeuten, dass da drinnen noch jemand lebt?“

Dheran, der in Absprache mit Thy'Lek Shran die Führungsrolle während dieses Einsatzes spielen sollte, hob neugierig seine Augenbrauen und fuhr den überraschten Terraner an: „Zuerst sehen Ihre schlafmützigen Schiffskommandanten seelenruhig zu, wie unser kostbarer Frachter, von diesen verdammten Rebellen, in kleine Stücke geschossen wird, und dann kommen Sie auch noch und stellen dämliche Fragen, kaum dass meine Mannschaft und ich knapp dem Tode entronnen sind.“

Er machte einen Schritt auf den Lieutenant zu, der seinerseits zwei Schritte rückwärts machte, und wetterte weiter: „Ein unglaublicher Skandal ist das! Hat man diese feigen Banditen wenigstens gestellt und vernichtet?“

„Darüber habe ich noch keine Informationen“, versuchte der Terraner sich aus der Affäre zu ziehen, während sich Dherans Begleiter hinter ihm versammelten und ebenfalls finstere Blicke auf den MACO warfen. „Ich bin Lieutenant Charles Rimdale. Ich schlage vor sie und Ihre Leute begleiten mich hinüber zu den Verwaltungsgebäuden. Dort werden Sie Gelegenheit haben, sich etwas zu erfrischen.“

Dheran wandte sich bei diesen Worten zu seinen Begleitern um und rief enthusiastisch: „Habt ihr gehört, es gibt etwas zum Saufen!“

Der Lieutenant machte ein erschrockenes Gesicht und stellte schnell richtig: „Ich hatte damit keinen Alkohol, sondern die Waschräume des Verwaltungsgebäudes gemeint.“

Die Teilnehmer des Stoßtrupps begannen damit, Rimdale unflätig zu beschimpfen, während Dheran eine angewiderte Geste mit seiner Hand machte und erst, als seine zwanzig Soldaten drohend ihre Waffen hoben, folgten sie dem Lieutenant widerwillig zu den Verwaltungsgebäuden. Die Vulkanierin zog einige schiefe Blicke der MACOs auf sich, das war aber auch schon alles. Die Vertreter der verschiedensten Völker arbeiteten für das Andorianische Bergbau-Konsortium und so fiel sie zwischen all den Andorianischen Männern und Frauen kaum weiter auf. Lediglich ihre Augen wirkten lebhafter, als allgemein üblich, doch auf diese Kleinigkeit achtete niemand. Lediglich Rimdale warf einige begehrliche Blicke auf ihre Figur. Obwohl es noch drei Stunden bis zum Mittag waren, war es bereits unangenehm heiß und sie waren froh, als sie das Hauptverwaltungsgebäude erreichten. Sie betraten die klimatisierte Eingangshalle der Verwaltung und bis auf Dheran belegten alle Stoßtruppteilnehmer sofort die Sitzgelegenheiten, direkt in der Nähe des Eingangs. Thy'Ron Dheran machte Anstalten dem Lieutenant zu einem der Turbolifts zu folgen, doch dieser stellte sich ihm in den Weg und kommandierte scharf: „Sie bleiben hier, Andorianer. Zu den Büros der Verwaltung haben keine Außenstehenden Zutritt. Ich muss Sie bitten, hier zu warten..“

Dheran blickte den Lieutenant empört an und stieß ihn mit seinem Zeigefinger gegen die Brust. „Dann sorgen Sie gefälligst dafür, dass man uns anständige Quartiere zuweist, bis ein Schiff unserer Gesellschaft in der Lage ist uns abzuholen. Und beeilen Sie sich gefälligst, denn ein Fyr'Len Corcoran wartet nicht gerne.“

„Ich werde Ihr Anliegen gebührend vortragen“, beeilte Rimdale sich, zu versichern, warf einen schnellen, begehrlichen Blick auf Te'Voral und eilte dann schnell zu einem der Turbolifts. Offensichtlich war er froh, den Teilnehmern des Kommandotrupps für eine Weile zu entkommen und es kostete Dheran Anstrengung, nicht lauthals loszulachen.

Er schritt zu seinen Begleitern hinüber und erklärte, mit einem schiefen Blick durch die hohen Fenster, nach Draußen, wo die zwanzig übrigen MACOs warteten: „Dieser Rimdale sorgt für unsere Unterkunft.“ Er setzte sich zu Te'Voral und fügte leiser hinzu. „Ich hoffe, diese Unterkünfte sind angemessen.“

Deutlicher wagte er nicht zu werden, denn niemand konnte wissen, ob es hier versteckte Abhöranlagen gab. Te'Voral blickte ihn schmunzelnd an. „Ich bin sicher, sie werden genügen bis wir abgeholt werden.“

Thy'Ron Dheran spreizte seine Antennen, lehnte sich im Polster seines Sessels zurück und schloss für einen Moment seine Augen. Dabei legte er seine Beine, übereinander geschlagen, auf die Kante des niedrigen Tisches, der vor ihnen stand. Er schwor sich, wenn er diesen Einsatz überleben sollte und er zurück an Bord der RAKARI war, mindestens einen halben Tag lang zu baden.
 

* * *
 

Beinahe sechzehn lang Tage war die I.S.S. SCHARNHORST nun bereits unterwegs, doch Jeffrey Gardner wusste noch immer nicht, was Hoshi im Capella-System wollte. Er genoss es diese Mission zusammen mit Hoshi zu unternehmen. Dass dabei sein, seit sechs Jahren andauerndes, Techtelmechtel mit Vilarai zu kurz kam, störte ihn nicht weiter; mit der Andorianerin würde er noch oft genug allein unterwegs sein können. Nach dieser Mission. Außerdem war Vilarai nicht mehr als eine interessante Abwechslung; das, was er für seine Frau empfand, würde ihm die Andorianerin niemals geben können.

So in angenehme Gedanken versunken, betrachtete er Hoshi´s Gesicht. Die Asiatin lag in seinen Armen und schlief friedlich, eine Tatsache, die er mehr als erstaunlich fand.

Er selbst schreckte oft mitten in der Nacht schweißgebadet aus dem Schlaf auf; oft noch das Gesicht eines intelligenten Lebewesens vor Augen, das er selbst tötete, oder dessen Tod er befohlen hatte. Und obwohl er von der Richtigkeit seines damaligen Tuns nach wie vor überzeugt war, verfolgte ihn noch so manches Mal das Gesicht seines Vaters; hassverzerrt, wegen des Verrats seines eigenen Sohnes. Hätte er es nicht besser gewusst, er hätte Stein auf Bein geschworen, dass diese Frau weder Gewissen noch Gefühle besitzt. Erst vier Monate war es her, dass man ihr jüngstes Opfer begraben hatte, und sie schlief hier den Schlaf der Gerechten, als wäre nie etwas Derartiges vorgefallen. Vielleicht, so überlegte Jeffrey, war sie wirklich so sehr von der Richtigkeit ihrer Handlungen überzeugt, dass ihr Gewissen tatsächlich unbelastet war. Seit Jahren rätselte er an diesem Thema herum und wie jedes Mal zuvor schien ihm diese Erklärung noch am schlüssigsten zu sein.

Gedankenverloren machte er eine unbedachte Bewegung. Hoshi verzog ihre Lippen im Schlaf zu einem sanften Lächeln, offenbar in angenehme Träume versunken. Dann, gerade so als habe sie im Schlaf seine Präsenz gespürt, drehte sich ihr Kopf langsam in seine Richtung und sie öffnete ihre Augen.

„Guten Morgen, Teufelchen“, sagte Jeffrey leise und küsste sie sanft auf die Lippen. „Wir werden in wenigen Stunden das Capella-System erreichen.“ Bei seinen Worten wurde Hoshi endgültig munter und blickte ihren Mann fragend an: „Erinnerst du dich noch daran, als ich dir zum ersten Mal ausführlich von dem Unternehmen erzählt habe, bei dem wir die U.S.S DEFIANT eroberten?“

Jeffrey Gardner nickte und hakte schnell ein: „Hat diese Mission etwas mit den damaligen Ereignissen zu tun?“

Hoshi nickte nachdenklich: „In gewisser Weise ja. Diese Vulkanierin, von der ich dir seinerzeit erzählte, ihr Name ist T'Pol und sie war der Zweite Offizier der alten ENTERPRISE, hatte einen Putschversuch an Bord der AVENGER unternommen. Mit dem Ziel, die DEFIANT zu zerstören. Gleichzeitig hatte sie die technischen Unterlagen des Schiffes heruntergeladen, in der Absicht sie den Rebellen zu übermitteln. Ich kam ihr jedoch auf die Schliche und konnte sie aufhalten.“

An dieser Stelle unterschlug sie die unwichtige Kleinigkeit, dass Lieutenant-Commander T'Pol sie damals KO geschlagen hatte und fügte lediglich hinzu: „Mit meinem Dolch habe ich ihr ein kleines Andenken auf der rechten Wange hinterlassen.“

„Ich erinnere mich, dass du sie mal erwähnt hast“, erwiderte ihr Mann in dessen Augen plötzliches Verstehen aufglomm. „Du hast sie, nach einem Jahr im Hochsicherheitstrakt, als Strafgefangene nach Capella IV bringen lassen. Fliegen wir deshalb dort hin?“ Seine Frau nickte bestätigend. „Hattest du nicht ursprünglich vorgehabt sie zu beseitigen?“, warf Jeffrey nachdenklich ein. „Warum hast du diese verschlagene Ränkeschmiedin am Leben gelassen?“

Hoshi´s Augen bekamen ein gefährliches Feuer als sie heftig entgegnete: „Weil es töricht ist, die zu töten, die man hasst. Sie sind dann jenseits aller Schmerzen, und so leicht wollte ich es dieser vulkanischen Verräterin dann doch nicht machen. Damals beschloss ich, dass sie noch eine ganze Weile leiden sollte, für ihre Verbrechen gegen das Imperium.“

Jeffrey hob neugierig seine Augenbrauen. „Und sie hat tatsächlich elf Jahre auf diesem Planeten überlebt? Das hat bisher keiner geschafft.“

„Oh, da unterschätzt du die Zähigkeit dieser verdammten Natter aber gewaltig. Am Ende ist die mit Sicherheit noch lange nicht.“

Hoshi erhob sich, warf sich ihren leichten Morgenmantel über und schritt hinüber zur Duschkabine. „Was hältst du von einem guten Frühstück, rief sie zu ihrem Mann hinüber, während sie das Wasser aufdrehte und mit einem wohligen Seufzer unter die Dusche trat.

„Gute Idee. Übrigens, was hast du mit dieser Vulkanierin, ausgerechnet jetzt, nach zwölf Jahren, vor.“

„Das werde ich dir beim Frühstück erzählen“, entgegnete seine Frau und begann unter der Dusche ein altes, japanisches Lied zu summen.

„Dann beeile dich gefälligst, damit ich heute auch noch unter die Dusche komme, und danach endlich den Rest der Geschichte erfahre.“
 

* * *
 

Später saßen sie gemeinsam in ihrem Quartier beim Frühstück, Jeff hatte Rührei mit Speck repliziert. Dazu gab es selbst gemahlenen, frischen Bohnenkaffee; beide hassten sie es auf den Tod das replizierte, unsägliche schwarze Zeug zu trinken, dass selbst dann noch kein Kaffee war, wenn man es dran schrieb. Und Jeffrey besaß die besondere Fähigkeit ihn zwar stark aufzubrühen, aber nicht so stark, dass man ihn nicht mehr trinken konnte. Eben genau richtig, so dass er ein ganz leichtes Kratzen im Hals erzeugte.

Jeffrey Gardner konnte sich noch sehr gut an den Captain des ersten Schiffes erinnern, auf dem er als Ensign Dienst getan hatte. Dieser vierschrötige, in Wien geborene, Mann, namens Norbert Ransmayr, ein wahrer Kaffeekenner, brachte zu jeder Mission seine eigenen, grünen Kaffeebohnen mit an Bord. Jeden Morgen hatte er stets eine Handvoll dieser Bohnen gemahlen, exakt zwei große Tassen davon aufgebrüht, einem seiner Offiziere davon angeboten und gebeten, ihn bei seiner morgendlichen Inspektionsrunde zu begleiten. Schließlich hatten die Männer und Frauen des Offiziers-Korps jeden Morgen ausgelost, wer den Captain begleitete, wobei der Verlierer die Ehre gehabt hatte. Nicht primär deswegen, weil man Ransmayr nicht gemocht hätte, sondern weil sein Kaffee ungenießbar gewesen war.

Nachdem sie gegessen hatten, nahm der Fleetadmiral genießerisch einen langen Schluck von seiner zweiten Tasse Kaffee und blickte Hoshi, über den Rand seiner Tasse hinweg, an. „Also, wie ist das nun mit dieser Vulkanierin?“

Seine Frau verdrehte die Augen und stöhnte entsagungsvoll: „Also schön, du Quälgeist. Du gibst ja doch keine Ruhe.“ Sie warf ihm schnell einen versöhnlichen Handkuss zu und begann zu erzählen:

„Die Sache ist die: Im letzten Jahr mehrten sich die Berichte einiger Agenten unserer Sektion-31, dass es außer der Kopie der Datenpläne, die wir seinerzeit bei T'Pol fanden noch eine weitere Kopie gab, die sie zuvor einem tellaritischen Mitverschwörer übergab. Bereits kurze Zeit später wurde dieser Verräter von der Sektion-31 aufgespürt und getötet. Das Geheimnis, wo er die Pläne versteckt hat, nahm er dabei mit ins Grab.“

„Hatte er irgendwelche Verwandten?“, warf Jeffrey neugierig ein.

„Er hatte eine Frau, doch der gelang es, spurlos unterzutauchen, bevor sich unser Geheimdienst an ihre Fersen heften konnte“, erklärte Hoshi missmutig. „Erst vor wenigen Monaten erfuhren wir, durch einen Nausikaanischen Waffenschmuggler, der Sektion-31 in die Hände fiel, dass sich die Tellaritin in den romulanischen Sektor abgesetzt hatte.“

„Konnten unsere Agenten sie aufspüren?“

Hoshi´s Lächeln bekam einen diabolischen Zug. „Ja, und ich sorgte dafür, dass die Tellaritin vor unseren Agenten gewarnt wurde, was sie letztlich genau in die Arme des romulanischen Tal´Shiar trieb. Mittlerweile dürften die Romulaner, seit etwa fünf Monaten, wissen, dass es noch eine weitere Kopie dieser Pläne gibt. Sie haben jedoch wegen der hohen Verluste, die wir ihnen in den letzten Jahren beibrachten, nicht die Mittel nach diesen Plänen zu suchen, noch ein Kommando-Unternehmen zu starten, um die Person zu befreien, die als Einzige wissen könnte, wo sich diese Pläne befinden.“

„T'Pol, also“, stellte der Fleetadmiral sachlich fest.

„Genau; T'Pol. Sie ist der Schlüssel, und wenn es überhaupt Jemand wagt, tief in unseren Raum vorzustoßen um sie zu befreien, dann ist es einer dieser vermaledeiten, andorianischen Generäle.“

Jeffrey blickte seine Frau erstaunt an. „Du glaubst, einer der beiden Andorianer wäre tatsächlich tollkühn genug so etwas zu wagen?“

Hoshi nickte. „Wir wissen, von einem unserer verdeckten Informanten auf Romulus, dass der Praetor einen hochrangigen Offizier des Tal´Shiar zu ihnen geschickt hat. Allerdings verloren wir die Spur, so dass wir immer noch nicht wissen, wo sich die desertierten Generäle verstecken. Und da ich keinerlei Lust verspüre, sie noch länger zu suchen, locke ich sie eben zu uns. Nach meiner Berechnung werden sie noch in der nächsten Woche losschlagen. Wir werden uns, mit der SCHARNHORST, wenige Lichtminuten vom Capella-System entfernt, getarnt auf die Lauer legen und wenn einer dieser beiden Andorianer dort aufkreuzt und seine vorwitzigen Antennen aus der Deckung streckt, dann werden wir der rebellischen Hydra einen ihrer führenden Köpfe abschlagen. Aber zuvor werden sie uns zu ihrem geheimen Stützpunkt führen.“

Jeffrey Gardner nickte anerkennend. „Ein geradezu teuflisch guter Plan. Aber glaubst du, Shran und Dheran gehen in die gestellte Falle?“

Das Gesicht seiner Frau wurde eiskalt, als sie erwiderte: „Das wird sich schon sehr bald erweisen.“
 

* * *
 

Etwas nervös schritt Lieutenant Khe'Vyn Kurani vor den Fenstern der Zimmerflucht, die man dem Kommandotrupp zur Verfügung gestellt hatte, auf und ab und warf von Zeit zu Zeit einen Blick hinaus, auf die sonnendurchflutete Felslandschaft.

Fast eine Stunde lang hatte es in der Verwaltung gedauert, bis Rimdale wieder bei ihnen erschienen war. Zwischenzeitlich hatte man ihre Legitimationsmarken kontrolliert; meisterhafte Fälschungen; wie alle anderen zuvor, die von den Rebellen hergestellt worden waren. Bisher hatte die noch Niemand von echten Marken unterscheiden können. Danach hatte Rimdale seine Leute abtreten lassen, sie hierhergeführt und sie dann allein gelassen. Sie waren nicht sicher, ob es in diesen Räumen Abhöranlagen gab, weswegen sie nur über zuvor abgesprochene Belanglosigkeiten plauderten.

Jedoch hatte Shran Te'Voral durch einige sparsame Gesten und Blicke darauf aufmerksam gemacht, welche Wirkung sie auf Rimdale gemacht hatte.

„Was für ein scheußlicher Planet“, schimpfte Kurani der von schlaksiger Statur war und blickte seine Begleiter an. „Hier ist es selbst an den Polen wärmer, als am wärmsten Punkt auf Andoria. Außerdem macht mich das untätige Warten hier krank. Dem Stand der Sonnen nach, muss es etwa noch ein Drittel Zyklus bis zum Mittag sein, aber mein Magen meldet sich bereits.“

Kurani wirkte auf Andere stets etwas einfältig, doch die Personen, die ihn besser kannten, wussten, dass dieser Eindruck völlig falsch war. Schon so manches mal hatte er eine gefährliche Situation bei Einsätzen, wie diesem, durch schnelle und folgerichtige Entscheidungen aus dem Feuer gerissen. Auf ihn war voll und ganz Verlass, wenn es mal brenzlig wurde und genau das war es, was seine Vorgesetzten am meisten an ihm schätzten.

Er wollte noch etwas hinzufügen, als es draußen, auf dem Gang, laut wurde. Gleich darauf klopfte jemand vehement an die Tür und forderte: „Machen Sie sofort auf, hier spricht Lieutenant Rimdale.“

Die zehn Stoßtruppteilnehmer sahen sich verwundert an. Thy'Ron Dheran erhob sich schnell und schritt zur Tür. „Was wollen Sie, Rimdale! Wir versuchen etwas Ruhe zu bekommen, nach den vergangenen Ereignissen, bei denen wir nur knapp mit dem Leben davon gekommen sind!“

„Tut mir leid, aber ich habe Order die Vulkanierin festzunehmen. Ihre Legitimationsmarke ist nicht in Ordnung!“

Die Männer und Frauen des Stoßtrupps wechselten bestürzte Blicke, doch Dheran machte eine verneinende Geste. Dieser Grund war offensichtlich vorgeschoben; hätte man diese Fälschung erkannt, dann auch die anderen.

Te'Voral trat zu Dheran an die Tür und rief nach draußen: „Ist aber ein netter Einfall, Mister Rimdale. Ich vermute jedoch eher, dass mit Ihren Hormonen etwas nicht stimmt, statt mit meiner Legitimationsmarke.“

„Ich habe fünf schwer bewaffnete Männer und Frauen dabei!“, brüllte Rimdale wütend zurück. „Wenn Sie sich weiterhin weigern heraus zu kommen, dann brechen wir die Tür auf und holen Sie mit Gewalt heraus!“

Te'Voral wechselte einen schnellen Blick mit Dheran, in dessen bläulich-violetten Augen Zorn aufloderte. Er wusste nur zu gut, warum Rimdale die Romulanerin von ihnen isolieren wollte. Dieser verdammte MACO-Lieutenant drohte, wegen seiner sexuellen Absichten, das gesamte Unternehmen in Frage zu stellen. Er wechselte einen schnellen Blick mit Shran, der mit einem knappen Kopfnicken und dem Griff zu seinem Kommunikator zu verstehen gab, dass sie sofort losschlagen würden.

„Kein Mitglied des Andorianischen-Bergbau-Konsortiums wird sich eine solche Frechheit gefallen lassen“, brüllte Dheran nach Draußen, ohne auf Rimdales Forderung einzugehen.

„Ich habe Sie gewarnt!“, brüllte Rimdale wütend zurück.

Fast gleichzeitig glühte das Schloss der Tür auf und fiel heraus. Einer der MACOs trat sie ein und zwei weitere stürmten im nächsten Moment, mit angeschlagenen Waffen, ins Zimmer.

Der Erste kam nicht weit, Dheran stellte ihm ein Bein und brachte ihn zu Fall. Der Andere lief genau in Te'Vorals Faust und ging ächzend zu Boden. Das veranlasste die restlichen MACOs, draußen auf dem Gang, vorsichtiger zu sein.

Thy'Ron Dheran blickte die Romulanerin verblüfft an und nickte anerkennend, bevor er durch den Eingang auf den Gang hinaus hechtete, und die überraschten MACOs unter Phaserfeuer nahm. Tödlich getroffen brach Rimdale, als letzter seines Trupps, zusammen, während im Zimmer Kurani und Telev den beiden Übrigen den Garaus machten.

Sie horchten nach draußen aber nichts deutete darauf hin, dass sie einen Alarm ausgelöst hatten.

„Es wird ohnehin Zeit für dich aufzubrechen“, erklärte Shran zu Dheran gewandt. „Ich schlage vor, dass wir vorgehen, wie geplant. Du nimmst Kurani, Tahil und Caran um die Hauptgeneratoren der Schutzschilde zu sabotieren. Wir Übrigen werden uns bereithalten, um T'Pol und Lieutenant-Commander Talas abzufangen, sobald ihr Erfolg hattet und die KUMARI eingreifen kann. Bis dahin wartet die KUMARI getarnt in unmittelbarer Nähe des Planeten, während die RAKARI ein Ablenkungsmanöver fliegen wird, um die Wachschiffe fortzulocken.“

Thy'Ron Dheran machte eine zustimmende Geste und begab sich mit Kurani und den beiden Frauen auf den Weg zu den Aufzügen. Der General war froh, dass dieser Teil des Gebäudes anscheinend unbenutzt war. Ein sardonisches Lächeln erschien auf seinen Lippen. Rimdale hatte das Ganze geschickt eingefädelt, doch nun gereichte es dem Stoßtrupp zum Vorteil, statt diesem verbrecherischen MACO. So etwas nannte man ausgleichende Gerechtigkeit.

Sie fuhren nach unten und traten hinaus auf die Straße. Zu dieser Tageszeit war hier draußen kaum etwas los, was angesichts der herrschenden Temperaturen nicht weiter verwunderte. Der Tricorder, den Dheran hervorgeholt hatte, zeigte an, dass es nicht sehr weit zum Energiezentrum war. Trotzdem wurde es bei diesem Klima anstrengend rechtzeitig vor Ort zu sein. Zwar durfte der abgesperrte Bereich nicht betreten werden und wurde zudem von zwei schwer bewaffneten MACOs bewacht, aber wenn die KUMARI etwas ausrichten wollte, dann mussten sie ihr Ziel zu erreichen. Der Schild der den gesamten Stützpunkt einschloss, war so stark, dass selbst der kombinierte Waffeneinsatz von zehn andorianischen Kreuzern erfolglos geblieben wäre. Also mussten sie die Schildgeneratoren zerstören, bevor an eine erfolgreiche Flucht gedacht werden konnte.

Auch Shran würde keinen leichten Stand haben. Sobald die Generatoren zerstört waren, musste er, unter Deckung der KUMARI, Talas und T'Pol finden. Denn ohne ein Kommunikator-Signal würde es ein Ding der Unmöglichkeit werden, die beiden Frauen rechtzeitig an Bord zu beamen.

Vorsichtig näherten sie sich dem Generatorgebäude – anscheinend in eine hitzige Debatte verwickelt – wobei sie sich dem Eingang des Gebäudes immer weiter näherten.

Einer der beiden MACOs rief sie an, als sie noch etwa zwölf Meter entfernt waren.

Die vier andorianischen Wesen taten so, als hätten sie den Anruf nicht gehört und machten zwei weitere Schritte auf den Eingang zu, wobei sie unauffällig zu ihren Waffen griffen, die sie unter ihren schmutzigen Jacken verbargen.

Bis die beiden MACOs endlich bemerkten, was die vier andorianischen Raumfahrer vorhatten, war es bereits zu spät. Sie brachen, tödlich getroffen, im Feuer der andorianischen Phaser, zusammen.

„Weiter!“, kommandierte Dheran, mit rauer Stimme und deutete auf den Eingang des Gebäudes. In wenigen Unterzyklen wird hier die rote Kreatur der Unterwelt los sein.“

Sie hasteten die acht Stufen der Außentreppe hinauf. Als sie das Schott erreichten, mussten sie feststellen, dass es verriegelt war und Dheran gab seinen Leuten einen Wink. Während sie Haftladungen am Schott anbrachten, ging Dheran am rechten Treppenabsatz, in geduckter Haltung, in Stellung und sicherte nach allen Seiten.

„Die Ladungen sind scharf“, meldete Kurani knapp, als sie so weit waren und sie zogen sich um die Ecke der steinernen Treppeneinfassung zurück. Gleich darauf betätigte Kurani den Auslöser und das Schott wurde regelrecht zerfetzt. Fast gleichzeitig begannen die Alarmsirenen der Stadt zu heulen; endlich hatte man erkannt, dass hier etwas vorging.

„Beeilung, jetzt gilt es. Den Krach haben auch Taube gehört!“

Kurani und Ensign Caran stürmten ins Innere der Anlage und fuhren mit dem Turbolift hundert Meter in die Tiefe. Gleich nachdem sich die Lifttüren geöffnet hatten schossen sie fünf überraschte terranische Techniker nieder und machten sich daran, eine geballte Ladung an den drei neuralgischen Punkten der gewaltigen Feldgeneratoren anzubringen. Diese bildeten sie aus dem Sprengstoff, den sie bisher in versteckten Taschen ihrer Kleidung getragen hatten.

Dheran und jener weibliche Lieutenant Tahil, der sich in der Fähre mit Telev angelegt hatte, warteten oben auf sie und sicherten den Eingangsbereich.

„Da vorne!“, machte Dheran den Lieutenant aufmerksam, als ein Trupp von zwanzig MACOs um eine Gebäudeecke gestürmt kam. Im nächsten Moment eröffneten beide das Feuer auf die Terraner. Schnell hintereinander brachen die vorderen vier MACOs getroffen zusammen. Allein drei gingen auf das Konto der jungen Andorianerin und Dheran spreizte anerkennend seine Antennen. Der Lieutenant war ein treffsicherer Schütze und schoss so sparsam, dass der General beinahe gefragt hätte, ob sie die Energieladungen ihrer Waffe aus eigener Tasche bezahlen musste. Nachdem sie die Hälfte des Trupps niedergeschossen hatten, zogen sich die restlichen MACOs fluchend um die Gebäudeecke zurück. Offensichtlich warteten sie auf Verstärkung. Zwei Minuten später tauchten Ensign Caran und Lieutenant Khe'Vyn Kurani wieder bei ihnen auf.

„Wir sind so weit, General“, meldete Kurani. „Auf der anderen Seite der Halle gibt es ein weiteres Schott. Das sollten wir benutzen und uns unauffällig absetzen.“

Dheran gab einige schnelle Feuerstöße auf die Gebäudeecke und die Umgebung davor ab, bevor meinte: „Sie haben Recht, setzen wir uns ab. Zehn Mikrozyklen, nachdem wir das Gebäude verlassen haben sprengen sie es, haben wir uns verstanden?“

„Ja, Sir!“

Dheran aktivierte seinen Kommunikator, nahm Kontakt zu Shran auf und gab das vereinbarte Codewort durch. Sein Freund würde nun umgehend handeln.

Sie zogen sich in die Halle zurück, rannten zur anderen Seite, öffneten das rückwärtige Schott und sahen sich kampfbereit um bevor sie hinaus ins Freie liefen. Sie rannten in Richtung des Gefangenenlagers und zur festgelegten Zeit betätigte Kurani, im Laufen, den Zündkontakt der gelegten Sprengladung. Gleich darauf begann der Boden zu beben und in einem grellen Feuerball flog das Gebäude, hinter ihnen, in die Luft. Einige markerschütternde Todesschreie hinter ihnen zeugten davon, dass die zehn MACOs drauf und dran gewesen waren, ihnen zu folgen. Dheran war klar, dass es nun auf jeden Mikrozyklus ankam, denn sollte es ihnen nicht gelingen schnell genug zu verschwinden, würde sie schon bald ein ähnlich unangenehmes Schicksal erwarten.
 

* * *
 

Thy'Lek Shran und sein Trupp hatten, nach dem Abrücken von Dheran und seinen Begleitern, die erschossenen MACOs in das Zimmer geschleift und machten sich, kurz vor der Mittagszeit, ebenfalls auf den Weg.

Ohne dabei gesehen zu werden, da sie die Deckung der Gebäude geschickt ausnutzten, näherten sie sich den beiden Wachtürmen, die das Haupttor des Gefangenenlagers flankierten. In der letzten Seitengasse, vor dem Hauptzugang zum Strafgefangenenlager, drückten sie sich eng an die Hauswände und Shran schlich sich in geduckter Haltung, mit nach hinten angelegten Antennen, zur Hausecke um einen Blick um die Ecke zu werfen. Schnell zog er seinen Kopf wieder zurück, richtete seine Antennen nach oben und wandte sich zu Te'Voral um, die ihm dichtauf gefolgt war.

„Die haben ganz schön starke Geschütze auf ihren Wachtürmen und die KUMARI muss sich zuerst enttarnen, bevor sie die Schilde aktivieren kann. Ich hoffe nur, die brennen mir kein Loch in mein schönes Schiff.“

Te'Voral entgegnete mit undurchdringlicher Miene: „Was mir mehr Sorge bereitet ist, ob wir schnell genug die Wachen im Innern des Lagers überwältigen können, sobald uns die KUMARI einen Weg gebahnt hat.“

Sie zogen sich wieder etwas zurück. Im Vorfeld der Planung waren sie übereingekommen möglichst das Ende der Mittagspause abzuwarten, bevor sie handelten. Notfalls würden sie jedoch improvisieren müssen. Talas war mit dieser Planung vertraut, und Thy'Lek Shran hoffte inständig, dass er sie gesund wiedersehen würde. Seit dreizehn Jahren waren sie nun zusammen und der General nahm sich vor, ihr Verhältnis auch offiziell zu legalisieren, wenn sie diesen Einsatz heil überstanden.

Wenige Augenblicke später kündigte ein durchdringendes Signal das Ende der Mittagspause an. Te'Voral musterte Shran fragend und meinte: „Ihr Freund lässt sich Zeit, wie mir scheint.“

Noch bevor Shran auf die Worte der Romulanerin etwas erwidern konnte, zirpte der Empfänger seines Kommunikators und Dheran gab das vereinbarte Code-Signal zum Angriff. Schnell aktivierte Shran die Sendesektion seines Kommunikators, wobei er einen finsteren Blick auf Te'Voral abfeuerte und befahl den Commandern der KUMARI und der RAKARI in das Geschehen einzugreifen. Stumm zählte er in Gedanken die vergehenden Mikrozyklen. Bei Siebzehn hörte er über sich ein Rauschen und die Luft begann zu flimmern. Der General versuchte, sich vorzustellen, wie die Wachposten auf dieses ungewohnte Ereignis reagieren würden.

Kaum hatte die KUMARI sich in einer Höhe von knapp dreißig Metern über dem Boden, direkt vor den Wachtürmen, enttarnt, als auch schon leuchtend blaue Phaser-Strahlen die Kanonenmündungen am Bug verließen. Das Schiff hatte ohne Vorwarnung das Wirkungsfeuer auf die Wachtürme eröffnet, die innerhalb weniger Sekunden, nacheinander in gewaltigen Explosionen zerbarsten.

Kaum waren die letzten, glühenden Trümmerstücke der Wachtürme jaulend an der kleinen Seitengasse vorbei und darüber hinweggepfiffen, da gab Shran auch schon das Zeichen zum Sturm auf das Lager. Als wären sämtliche Sternenteufel der andorianischen Mythologie gleichzeitig hinter ihm her, hetzte der General, dicht gefolgt von seinen Begleitern, durch das Feld der Verwüstung und durch den Rauch. Im Vorbeilaufen schoss er einen verwundeten Wachmann nieder und rannte weiter. Wenn er sich bei seinem schnellen Blick um die Ecke richtig orientiert hatte, dann lag die Kantine nun direkt zu seiner Linken. Er hatte mit Lieutenant-Commander Talas ausgemacht, dass sie und T'Pol hinter der Hausecke der Kantine auf ihn und Telev warten sollten, sobald sie losschlugen. Beide hatten einen zweiten Phaser dabei. Als die beiden Andorianer um die Ecke der Baracke bogen, fanden sie beide Frauen, zu ihrer Erleichterung unversehrt, vor.

„Schön, dass Sie mal vorbeischauen, General“, meinte Talas trocken und nahm dabei den Phaser in Empfang, den Shran ihr reichte.

„Wir waren gerade zufällig in der Nähe“, konterte Shran trocken und wandte sich dann T'Pol zu, die ihn misstrauisch beäugte. Wortlos nahm die Vulkanierin den Phaser entgegen, den Telev ihr reichte. Dann spannte sich ihr Körper und ehe es Jemand verhindern konnte, sprang sie plötzlich auf und rannte nach rechts, um die Kantinenecke herum, davon.

„Telev, hinterher!“, rief Shran.

Während der Commander aufsprang und T'Pol hinterherrannte, blickte Shran, noch immer verblüfft, zu Talas. „Ist diese Person jetzt vollkommen irre geworden?“

T'Pol wusste, dass sie nur diese eine Gelegenheit erhalten würde, ihren Peiniger, der sich vor Jahren an ihr verging, umzubringen. Zuletzt hatte sie ihn, als Wache, in der Kantine gesehen, also musste sie zuerst dort hinein. Mit beinahe übermenschlicher Kraftanstrengung rannte sie durch den Eingang der Kantine und stoppte abrupt ab. Offensichtlich war er von einem der Rebellen verwundet worden und jetzt lag er vor ihr am Boden und blickte sie, mit Panik in den Augen, an, als er die Waffe in ihrer Hand entdeckte. Abwehrend hob er eine Hand, während er kriechend zu entkommen versuchte.

Automatisch, fast wie ein Roboter, entsicherte T'Pol die Waffe, stellte sie auf den größten Wirkungsgrad ein und legte auf den Terraner an. Sie drückte ohne zu zögern ab und beobachtete mitleidlos, wie sich der Mann innerhalb weniger Augenblicke auflöste.

Als Telev hinter ihr auftauchte, wirbelte sie herum.

„Verdammt, kommen sie zurück in Deckung, T'Pol. Die KUMARI wird uns in Sicherheit bringen. Nun kommen sie schon!“

T'Pol war, als erwache sie aus einer Art Trance und folgte dem Andorianer endlich.

Zur selben Zeit kauerte Te'Voral zusammen mit drei Andorianern in den Trümmern der beiden Wachtürme und hielt die Stellung am Eingang. Sie hoffte, dass die KUMARI so schnell wie nur möglich an Bord holen würde. Ewig konnten sie, mit nur vier Leuten, kein ganzes Bataillon MACOs aufhalten.

Etwa im selben Augenblick betätigte Dheran, der mit seinen Begleitern einem Trupp MACOs, auf dem Weg zum Gefangenenlager, in die Flanke gefallen war, seinen Kommunikator und nahm Verbindung zur KUMARI auf, um ihnen mitzuteilen, dass sie bereit waren an Bord geholt zu werden.

Schon im nächsten Augenblicklich verblasste seine Umgebung und fast gleichzeitig wurde der Transporterraum der KUMARI um ihn herum.

„Schnell, verlassen Sie den Erfassungsbereich, damit wir auch die anderen holen können!“, drängte ihn der Transporterchief der KUMARI. Dheran und die drei anderen verließen schnell die Plattform. Gleich darauf erschienen Shran, Telev und die beiden Frauen.

Dheran fing T'Pol auf, als sie beim Verlassen der Transporterplattform in den Beinen einknickte. Schon im nächsten Moment hatte sie sich wieder gefangen und wollte sich aus seinem Griff entwinden.

„Seien Sie vernünftig, Lieutenant-Commander T'Pol“, sprach der General beruhigend auf sie ein. „Ich bringe Sie zuerst einmal auf die Krankenstation. Dort wird der Bordarzt sich um Sie kümmern.“

Sie gab ihren Widerstand zögernd auf und nickte dankbar.

Hinter ihnen wurden Te'Voral und ihre drei Begleiter an Bord gebeamt. Einer der Andorianer hatte einen Streifschuss, an der Schulter, abbekommen. „Das war aber auch höchste Zeit“, entfuhr es der Romulanerin. „Die MACOs waren kurz davor, uns mit ihrer vollen Truppenstärke zu überrennen.“

Shran gab über den Kommunikator das Kommando, an den Commander der KUMARI, sofort wieder das Schiff zu tarnen und das System schnellstmöglich zu verlassen. Danach setzte er sich, zusammen mit Lieutenant-Commander Talas, in Bewegung, um zur Brücke der KUMARI zu gelangen. Te'Voral folgte ihnen unaufgefordert.

Als sie die Brücke betraten, konnten sie auf dem trapezförmigen, sich von oben nach unten verjüngenden, Panoramabildschirm erkennen, dass die KUMARI bereits das freie Weltall erreicht hatte. Für ihn war es eine ungeheure Freude und Erleichterung, endlich wieder auf der blau beleuchteten Brücke der KUMARI zu stehen.

„Statusbericht, Commander“, verlangte Shran knapp.

„Die RAKARI bindet momentan drei der zehn Wachschiffe der Terraner, außerhalb der Bahn des sechsten Planeten“, meldete Commander Rhy'Ker Viliam und warf einen schnellen Seitenblick zu Dheran. „Zwei kleinere Einheiten sind von ihr vernichtet worden. Ich habe bereits das verabredete Code-Signal zum Absetzen gesendet. Fünf weitere Wachschiffe haben Kurs auf Capella IV genommen, als die KUMARI sich enttarnte. Sie werden uns aber nicht rechtzeitig erreichen.“

Shran nickte zufrieden. „Dann mit Maximum Warp weg von hier, Commander...“



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