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Star Trek - Icicle - 06

Unternehmen TARANIS
von

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Unverhoffte Begegnungen

Konteradmiral Valand Kuehn war überraschend distanziert gewesen, als er seinen Freund, und dessen beiden Offiziere, von STRATEGICAL STARBASE 71 abgeholt hatte, und Tar´Kyren Dheran, der Valand so schnell wie möglich hatte sprechen wollen, war gelinde überrascht gewesen, dass der Freund einige dringende Vorbereitungen vorgeschoben hatte, die nach seiner Aussage keinen Aufschub duldeten.

So hatte er sich, während des Fluges nach DEEP SPACE NINE, in seinem Gästequartier ausgeruht, und noch einmal die letzten Ereignisse Revue passieren lassen.

Weil Valand auch nach dem Andocken an der ehemals cardassianischen Station, nicht abkömmlich war, hatte Dheran sich dazu entschlossen, die Station zu besuchen, da er Hunger hatte. Der, im Quartier des Konteradmirals angesetzte, Empfang für die teilnehmenden Captains an dem Unternehmen, würde erst in etwas mehr als zwei Stunden stattfinden.

Nach Föderationsstandardzeit war es exakt 05:57 Uhr Standard, als der hochgewachsene Andorianer die Raumstation betrat.

Der Andorianer schmunzelte unmerklich, als er an seinen letzten Besuch auf dieser Station dachte, der erst drei Monate her war. Admiral Tarun hatte ihn, zusammen mit der Bajoranerin: Captain Linara Enari, und dem Halbvulkanier: Captain Sorek abkommandiert, um den Kadetten des Abschlussjahrgangs an der Sternenflottenakademie, das Konzept der Taktischen Flotten zu erläutern. Dieser Einsatz war zwar nicht gefährlich, aber in gewisser Hinsicht abenteuerlicher, als alle bisherigen gewesen. Denn bei seinem Auftrag auf der Erde war er Pasqualina Mancharella näher gekommen. Sehr viel näher, als er es kurz zuvor noch für möglich gehalten hatte. Nicht zuletzt deswegen lag dieses gewisse Schmunzeln auf seinem Gesicht, das jedoch nicht ganz frei von einer gewissen Melancholie war.

Als der andorianische Captain das Promenadendeck betrat wurde ihm zum wiederholten Mal bewusst, dass die Uhren auf DS9 anders gingen. Hier wurde noch immer nach bajoranischer Zeit gemessen, und der Tag auf der Station bestand nach wie vor aus 26 Stunden.

Mit dem Lift fuhr er auf die Galerie hinauf. Er hatte zwar Hunger, aber das QUARKS wollte er nicht schon wieder frequentieren. Wenn er innerhalb weniger Monate zweimal bei dem nervösen Ferengi auftauchte konnte man nicht sicher sein, was geschehen würde. Und nach einem Volksauflauf stand ihm momentan nicht der Sinn. Also hatte er beschlossen, diesmal das REPLIMAT aufzusuchen.

Langsam und völlig in Gedanken, schlenderte der Andorianer, entlang der ovalen Panoramafenster, auf den Eingang des REPLIMAT zu. Noch bevor er ihn erreichte vernahm er hinter sich eine amüsierte, weibliche Stimme, die ihm von seinem letzten Besuch noch gut in Erinnerung war.

„Guten Abend, Captain Dheran. Es freut mich, dass Sie uns schon wieder beehren.“

Tar´Kyren Dheran blieb stehen und wandte sich um.

Vor ihm stand die um einen Kopf kleinere, bajoranische Kommandantin der Station, Captain Kira Nerys, ein halb amüsiertes, halb spöttischen Lächeln auf ihrem hübschen Gesicht. Dheran erinnerte sich noch sehr lebhaft an ihre etwas stürmische Aussprache, vor drei Monaten. Glücklicherweise war sie glimpflich ausgegangen.

„Guten Morgen, Captain Kira“, erwiderte der Andorianer ihren Gruß, mit sonorer Stimme. „Ich freue mich Sie wiederzusehen.“

„Deshalb schleichen Sie sich auch klammheimlich auf die Station, ohne sich anzukündigen“, hakte die Bajoranerin spitz nach.

„Ich habe Hunger“, erklärte Dheran und deutete zum Eingang des Restaurants hinüber.

„Das klingt aber nach großem Hunger, Captain Dheran“, versetzte die Bajoranerin trocken, um dann unvermittelt zu fragen: „Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mich Ihnen anschließen würde?“

Dherans Antennen spreizten sich leicht. „Nein, überhaupt nicht.“ Er setzte sich wieder in Bewegung.

Das REPLIMAT war nur mäßig besucht, so dass die beiden Sternenflottenoffiziere kein Problem damit hatten, einen Platz mit einer tollen Aussicht auf den Denorios-Gürtel zu bekommen. Die meisten Gäste würden erst in ein bis zwei Stunden hier erscheinen.

Während sich Kira eine Portion Hasparat kommen ließ, bestellte Tar´Kyren Dheran sich ein andorianisches Fledermausragout - von dem er gewaltige Mengen verschlang, obwohl er behauptete, es läge ihm wie Beton im Magen.

Nach dem Essen fragte die Bajoranerin Dheran bezüglich des Auftrages an der Akademie, an dem auch ihre Freundin Enari teilgenommen hatte, denn selbstverständlich hatte ihre Freundin ihr - vor dem Abflug an Bord der ICICLE - davon erzählt.

Als der Andorianer von dem denkwürdigen Golfspiel mit Admiral De Mornay, und dem Schuhskandal im Hotel erzählte, lachte Kira hell auf.

„Klingt so, als hätten Sorek, Enari und Sie eine Menge Spaß gehabt, während Sie auf der Erde waren. Vielleicht sollte ich da auch einmal hin, denn...“

Ihr Kommunikator unterbrach sie, und sie blickte entschuldigend zu dem Andorianer, während sie sich meldete. Am anderen Ende erklang eine ebenfalls weibliche Stimme und meldete, dass ein Ruf von der VALKYRIE eingegangen war, mit der Bitte um Unterstützung, bei einer Untersuchung in den Badlands.

Dheran hörte der Unterhaltung mit wachsender Aufmerksamkeit zu. Schon wieder die VALKYRIE. Erst vor wenigen Monaten hatte sein Schiff dieses Raumschiff der EXCELSIOR-KLASSE aus dem Schlamassel, im Farrolan-Asteroidengürtel, geholt.

Währenddessen beendete Kira das kurze Gespräch mit den Worten: „Lieutenant-Commander Ro - Sie werden mit der DEFIANT zu den angegebenen Koordinaten fliegen. Wenn es so nahe bei DS9 zu Unregelmäßigkeiten kommt, dann möchte ich wissen was da los ist. Ich erwarte einen umfassenden Bericht. Und seien Sie vorsichtig, Lieutenant-Commander.“

Die Frau am anderen Ende der Verbindung bestätigte, und Kira wandte sich wieder dem Andorianer zu. „Tut mir leid, Captain Dheran. Wo waren wir?“

Der Andorianer ging nicht weiter auf die Frage ein sondern fragte statt dessen: „Es gibt Schwierigkeiten in den Badlands? Vielleicht kann ich helfen? Der Empfang auf der OBERON findet erst in zwei Stunden statt. Außerdem könnte sich die OBERON zusätzlich dort umsehen und...“

Kira Nerys schüttelte den Kopf: „Danke, Captain Dheran, aber die DEFIANT wird genügen, um festzustellen, wenn dort etwas nicht stimmt. Ich werde...“

„Aber zwei Schiffe könnten schneller und sicherer operieren, als eins allein.“

Dheran schien nun ganz in seinem Element zu sein. Mit nach vorn gebogenen Antennen blickte er Kira erwartungsvoll an.

Kira Nerys verdrehte entsagungsvoll die Augen. „Captain, wir kommen mit der Lage klar - sie können ganz beruhigt sein.“

Der Andorianer wirkte enttäuscht und seine Antennen bogen sich nach Innen während er murrte: „Sie gönnen einem hart arbeitenden Andorianer aber auch nicht das kleinste Vergnügen.“

Kira lächelte offen. „Ich denke nur an das Wohl meiner Offiziere, Mister Dheran, denn Sie haben die unangenehme Eigenschaft, alles Unheil dieses Quadranten wie ein Magnet anzuziehen, behauptet man.“

Der Ausdruck von Dherans bläulich-violetten Augen wurde um eine Nuance finsterer. „Ja, verulken Sie mich ruhig, aber wenn es am Ende richtig turbulent wird, wird wieder nach Captain Dheran gerufen. Typisch...“

Kira, die erkannte, dass Dheran nicht ernsthaft damit gerechnet hatte, dass sie seiner Bitte zustimmen würde legte ihre Hand auf seinen Unterarm und schmunzelte: „Geben Sie anderen auch einmal die Chance sich zu amüsieren. Sie werden schon noch früh genug wieder im Zentrum des Geschehens stehen, schätze ich. Ich habe da nämlich so etwas gehört. Sie werden in den nächsten zwei Wochen auf dem Mond Goralin trainieren, heißt es. Dieser Mond besitzt etwa 85% der irdischen Gravitation und ist im Grunde nichts anderes als ein großer, dichter Felsbrocken mit karger Vegetation, einer dünnen, wenn auch atembaren Sauerstoffatmosphäre, und einigen kleineren Binnenmeeren. Klingt für mich ganz so, als würden Sie sich demnächst über zu wenig Abwechselung nicht beschweren müssen.“

Gegen seinen Willen musste Dheran grinsen. „Sie machen mir Mut, Captain. Aber wollen Sie nicht Tar´Kyren zu mir sagen? Immerhin haben wir uns nun einmal geprügelt, einmal angeschrien und waren einmal gemeinsam essen.“

„Wer könnte sich diesen Argumenten verschließen, Tar´Kyren. Dann sagen Sie aber auch bitte Nerys zu mir.“

Der Andorianer hob sein Glas, wobei sich seine Stimmung wieder sichtlich hob. „Na, dann prost, Nerys...“

 

* * *

 

Als Tar´Kyren Dheran, sichtlich besser gelaunt, als noch einige Stunden zuvor, gegen 07:45 Uhr das Quartier des Konteradmirals, auf der OBERON, betrat, wunderte er sich etwas über die zwei bewaffneten Crewmen der Sicherheit, die zu beiden Seiten des Schotts postiert waren. Sie hatten offensichtlich explizite Anweisungen von Valand Kuehn erhalten, denn sie ließen ihn anstandslos passieren, nachdem er den Meldekontakt betätigt hatte, und sich das Schott vor ihm öffnete.

Nachdem er eingetreten war kam Valand Kuehn ihm lächelnd entgegen und begrüßte ihn herzlich, so dass der Andorianer sein vorheriges, etwas merkwürdiges, Verhalten schnell vergaß. Die Stimmen, die aus dem Nebenraum zu ihnen drangen, sagten dem Andorianer, dass ein Großteil der erwarteten Offiziere bereits eingetroffen sein musste.

„Komm herein, Tar, bis auf zwei meiner Captains sind bereits alle anwesend. Du wirst einige bekannte Gesichter unter ihnen entdecken, mein Freund. Alle anderen können es kaum erwarten, dich endlich kennenzulernen.“

„Was hast du denen denn erzählt“, spöttelte Dheran augenzwinkernd.

„Die Wahrheit“, konterte der Freund trocken und zog ihn am Oberarm mit sich.

Im Nebenraum verstummten die geführten Gespräche, als der Konteradmiral mit seinem andorianischen Freund eintrat. Lachend erklärte Kuehn: „Meine Damen und Herren: Einige von Ihnen kennen meinen Freund, Tar´Kyren Dheran, bereits. Allen anderen sei gesagt, dass er der verdammt beste XO gewesen ist, den ich je hatte, und dass ich gelegentlich die Zeiten an Bord der EXODUS vermisse.“

Während sein Freund sprach, blickte sich Tar´Kyren Dheran schnell in dem Raum um. An der gegenüberliegenden Wand stand ein Tisch mit Getränken, in dessen Nähe zwei Captains standen, die er bisher nicht kennengelernt hatte. Rechts davon, vor einem der drei großen Fenster, erkannte der Andorianer Valand Kuehns Schwester, Alana. Ihr langes, weißblondes Haar, und die Ähnlichkeit mit ihrem Bruder waren unverkennbar. Der hochgewachsene, asketisch wirkende, Vulkanier neben ihr konnte nur ihr Lebensgefährte, Sonak, sein, denn sie hatte sich vertraulich bei ihm untergehakt.

Zu Sonak´s anderer Seite stand Sylvie LeClerc.

Auf der anderen Seite von Valands Freundin erkannte Dheran T´Rian, bei deren Anblick sein Herz schneller zu schlagen begann. Sie war seine allererste Liebe gewesen, und das Mädchen, dass ihn zum ersten Mal geküsst hatte. Dennoch waren nicht sie zusammen gekommen, sondern sein australischer Freund, aus Akademiezeiten, John McTiernan, der sich dicht an ihrer Seite hielt, war ihr Lebenspartner geworden. Obwohl Dheran ihr schon lange nicht mehr nachtrauerte, war es ein seltsames Gefühl für ihn, sie nach so vielen Jahren hier wiederzusehen – mit John an ihrer Seite.

Der Andorianer nickte in die Runde und folgte Valand, als er ihn dazu aufforderte und auf die beiden Captains am Tisch zu steuerte.

„Das ist Captain Alucard Farg, der Kommandant der TRANSYLVANIA“, stellte der Konteradmiral den Mann mit den schulterlangen, rabenschwarzen Haaren und beinahe ebenso schwarzen Augen vor. „Er stammt aus sehr vornehmen Verhältnissen, und es wird behauptet, seine Blutlinie ließe sich bis in das irdische 14. Jahrhundert zurückverfolgen.“

Die beiden Männer reichten sich die Hände und der Schwarzhaarige sagte, mit angenehm klingender Stimme: „Ich freue mich Sie kennenzulernen, Captain Dheran. Wie ich hörte, kommandieren Sie ebenfalls ein Schiff der AKIRA-KLASSE.“

„Das ist richtig“, antwortete Dheran freundlich. Allerdings ist die ICICLE als Leichter Träger konfiguriert und mit einem zusätzlichen Waffenmodul, und Pulsphasern bestückt.“

„Ich hörte bereits davon. Sollte sich einmal die Gelegenheit dazu ergeben, dann würde ich mir Ihr Schiff gerne näher ansehen.“

Tar´Kyren Dheran machte eine zustimmende Geste, während Valand bereits den Mann neben Farg vorstellte: „Dies ist Captain Thomas Jackson, der Kommandant der MANNASES - ebenfalls ein Schiff der AKIRA-KLASSE.“

Jackson trug sein Haar ganz ähnlich, wie Alucard Farg, nur dass es dunkelblond war. Seine blau-grauen Augen funkelten unternehmungslustig, als er, in Anspielung darauf, dass auch er eine AKIRA kommandierte, sagte: „Willkommen im Club, Captain Dheran.“

Als nächste war Alana Kuehn an der Reihe und Valand meinte grinsend: „Meine Schwester kennst du ja.“

Tar´Kyren schenkte ihr ein freundliches Lächeln und erklärte: Wir sollten den Club der anonymen AKIRA-KLASSE-Kommandanten gründen, denn er wusste durch Valand bereits, dass auch sie ein Schiff dieses Typs, die ZARATHUSTRA, befehligte.

Alana blickte ihn fast schmollend an. Ihm mit dem Handrücken gegen die Brust schlagend fragte sie keck: „Was denn, Tar´Kyren - Kein: Hallo, Alana, gut siehst du aus? Kein: Glückwunsch zur Beförderung? Kein: Schön dich zu wiederzusehen?“

Der Andorianer blickte etwas konsterniert seinen Freund an. Erst als Alana sein wenig geistreiches Gesicht zum Lachen reizte, entspannte sich seine Haltung und gespielt verdrießlich meinte er zu der blonden Frau: „Was deinen Humor betrifft, kannst du Valand die Hand reichen. Natürlich freue ich mich, dich wiederzusehen, aber das weißt du natürlich. Was nun die Beförderung betrifft: Also ich will ehrlich sein. Als ich davon hörte, dass man dir das Kommando über ein Raumschiff anvertraut, da war ich versucht, mein Offizierspatent wieder zurückzugeben.“

„Mach, dass du weiterkommst“, knurrte Alana gespielt finster, wobei sie ihm allerdings belustigt zuzwinkerte.

Dheran grinste vergnügt und wandte sich dann Sonak zu, der die gegenseitige Fopperei der beiden scheinbar unbeteiligt verfolgt hatte.

„Das hier ist Captain Sonak“, erklärte Valand dabei. Er kommandiert die EUROPA, ein Raumschiff der NOVA-KLASSE. Sein Schiff ist sehr schnell, wendig und für seine Größe außerordentlich gut bewaffnet, da es sich um eine taktische Version dieser Klasse handelt. Außerdem ist er der Lebensgefährte meiner Schwester.“

Statt ihm die Hand zu reichen, entbot Sonak den vulkanischen Gruß und sagte mit ruhiger Stimme: „Ein langes Leben und Frieden, Captain Dheran.“

Der Andorianer brauchte einen Moment um seine Finger zu sortieren. Dann erwiderte er den Gruß und fügte, mit verschwörerischer Miene, schmunzelnd an: „Vergessen Sie eins nicht, Captain Sonak: Lebensgefährte kommt von Lebensgefahr.“

Der Miene Sonaks war nicht zu entnehmen, ob er die humoristische Note der letzte Bemerkung erfasst hatte, und etwas enttäuscht wandte sich Dheran nun Sylvie LeClerc zu. „Guten Morgen, Commodore LeClerc.“

„Guten Morgen, Captain Dheran.“

Beide nickten sich zu und in Valand Kuehns Augen blitzte es gefährlich auf, während er beide nacheinander ansah. Er verkniff sich jedoch einen Kommentar und schritt mit seinem Freund zu T´Rian und John McTiernan.

Der Andorianer zögerte einen Moment, als er vor T´Rian stand, weil er nicht wusste, wie er sie nach all den Jahren begrüßen sollte, und ob ein Kuss auf die Wange im Beisein Johns angemessen war.

T´Rian nahm ihm die Entscheidung ab, indem sie ihn an den Schultern ergriff und vorsichtig umarmte. „Es ist schön dich nach so langer Zeit wiederzusehen, Tar´Kyren.“

„Ja, das ist es“, erwiderte Dheran mit etwas rauer Stimme und gab ihr dabei nun doch einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Als wir uns das letzte mal sahen, da warst du beinahe noch ein Mädchen. Und jetzt bist du eine Frau. Ich freue mich wirklich sehr, dass ich dich endlich wiedersehe.“

Sie ließen einander los, und im nächsten Moment umarmte ihn John McTiernan. „Mensch Tar´Kyren, ist das eine Freude für mich. Es gab Zeiten, nach unserem letzten Zusammentreffen auf dieser Station, während des Dominion-Krieges, da dachte ich bereits, dieser Moment würde nie kommen.“

Auch der Andorianer drückte den Freund an sich und klopfte John dabei auf die Schulter. Dessen Emotionen unterstrichen was er gesagt hatte. „Es stimmt, mit euch über FEDERATION-SKYNET in Verbindung zu stehen ist nicht dasselbe. Sag, was für ein Schiff kommandierst du?“

„Die NAKATOMI, ein Raumschiff der NORWAY-KLASSE. Wenn du magst, dann werde ich dir diesen Kasten in den nächsten Tagen gerne zeigen.“

„Eins dieser fliegenden Bügeleisen? Ich komme darauf zurück, John.“

Dheran ignorierte den etwas säuerlichen Blick des Freundes, ob der Bemerkung zu seinem Raumschiff, und wandte sich grinsend wieder T´Rian zu. „Und welches Raumschiff hat das Sternenflottenkommando dir anvertraut?“

T´Rian antwortete mit klarer Stimme: „Die ALEXANDER, eine taktische Version der INTREPID-KLASSE. Ideal für schnelle Unterstützung und Aufklärung.“

Tar´Kyren Dheran nickte anerkennend, blickte in die Runde und stellte dabei fest, dass Valand und Sylvie LeClerc sich, heftig miteinander diskutierend, nach Nebenan begeben hatten. Dann wandte er sich wieder zu John und erkundigte sich mit fragender Miene: „Weißt du zufällig wer jetzt noch fehlt?“

Der schlaksige Australier nickte: „Ja einer der fehlenden Captains ist Elisabeth Dane. Die wird sich freuen, wie eine Schneekönigin, wenn sie dich sieht.“

„Ich glaube eher, dass sie mir eine reinhauen wird, weil ich mich, in den letzten zehn Jahren, so selten bei ihr gemeldet habe“, orakelte der Andorianer düster.

„Das wird sich ja gleich herausstellen“, meinte John feststellend, wobei er dem Andorianer über die Schulter sah. „Da ist sie nämlich bereits.“

Tar´Kyren Dheran wandte sich, bei den Worten des Australiers um und er erkannte sofort die strohblonde Frau, mit den unverkennbar azurblauen Augen. Noch immer sprenkelten dunkle Sommersprossen die gebräunte Haut über ihrer Nase und unter den Augen, etwas, das Dheran bereits während ihrer gemeinsamen Akademiezeit sehr interessant gefunden hatte. Mit ihren langen, leicht gewellten Haaren, und ihrer sportlich, hochgewachsenen Figur, sah sie, heute mehr denn je, wie ein klassisches Model aus.

Langsam schritten sie auf einander zu. Erst als sie dicht vor einander standen, legte die blonde Kalifornierin ihre Selbstbeherrschung ab und fiel dem Andorianer stürmisch um den Hals. „Tar´Kyren, mein Großer Blauer, ich habe dich vermisst.“ Sie drückte ihn fest an sich, so als würde sie ihn nie wieder loslassen wollen.

Auch Tar´Kyren war im Moment ergriffen, und sanft nahm er die Frau in seine Arme. Als ihre Emotionen, die durch seinen Geist jagten, zu intensiv wurden, blockierte er sie mental und atmete dabei erleichtert aus. Ganz deutlich hatte er gespürt, dass sich ihre Gefühle für ihn nicht verändert hatten.

Als Elisabeth Dane den Freund schließlich zögernd frei gab und ihn etwas von sich schob, um ihn sich genau anzusehen, da lachte sie offen. Gespielt ernst meinte sie dann: „Eigentlich sollte ich dir eine reinhauen, weil du dich so selten gemeldet hast, mein Lieber.“

Dheran warf John McTiernan einen kurzen, bezeichnenden Blick über die Schulter zu, und Elisabeth fragte neugierig: „Habe ich da gerade etwas verpasst?“

Der Andorianer erklärte ihr, worüber er und John sich kurz vor ihrem Eintreten unterhalten hatten, und die Kalifornierin lachte belustigt auf. Gleichzeitig legte sie dabei ihre Hand sanft auf seine Wange. Dabei erklärte sie leise, mit glücklichem Lächeln: „Die letzten zehn Jahre scheinen eine kleine Ewigkeit gewesen zu sein, Tar´Kyren. Die Bildübertragungen auf FEDERATION-SKYNET werden dem nicht gerecht, was ich nun vor mir sehe, muss ich sagen. Aus dir ist ein stattlicher Mann geworden.“

„Und aus dem schüchternen, blonden Mädchen, das wir alle als „The Fog“ kannten, ist eine wunderschöne Frau geworden“, gab Dheran lächelnd das Kompliment zurück.

Elisabeth Dane machte ein Gesicht, als habe sie in eine Zitrone gebissen. „Hey, du weißt, dass ich diesen Spitznamen aus Akademiezeiten nicht sonderlich mag.“ Dann grinste sie verschmitzt und meinte: „Lass dich lieber nochmal drücken. Nach fast zehn Jahren kann ich das ja wohl verlangen, nicht wahr?“

„He, Tar´Kyren, gib anderen Leuten auch eine Chance, Lizzy zu begrüßen“, beschwerte sich John McTiernan scherzhaft.

„Warte gefälligst bis du an der Reihe bist“, konterte Elisabeth Dane trocken. Dann löste sie sich seufzend endgültig von Tar´Kyren und begab sich mit ihm zu John und T´Rian.

 

* * *

 

Während Elisabeth Dane und Tar´Kyren Dheran sich begrüßten, redete Valand mit ernster Miene auf seine Freundin Sylvie ein. Schließlich erklärte er mit gefährlich leiser Stimme: „Verdammt, Sylvie, wir brauchen Tar – das weißt du ebenso gut, wie ich. Und zwar nicht nur für diesen einen Auftrag, sondern auch zukünftig. Dabei werden wir schon sehr bald, auf Gedeih und Verderb, auf einander angewiesen sein. Deshalb können wir uns diesen alten, und mehr als lächerlichen, Zwist von damals nicht länger leisten.“

„Aber warum soll ich denn nachgeben“, fauchte die Französin ebenso leise zurück.

„Weil Tar es garantiert nicht tun wird. Und immerhin warst du es, die angefangen hat, wenn ich mich recht erinnere, oder nicht?“

„Ich soll mich also bei Tar´Kyren entschuldigen?“

„Du wirst dich bei ihm entschuldigen“, verbesserte Valand Kuehn. „Das ist ein Befehl, dir bleibt also gar keine Wahl, Cherie.“

„Merde...!“

Valand Kuehns blickte leicht ungehalten. „Fluche soviel und solange du willst, nachdem du dich entschuldigt hast. Aber jetzt setze deinen hübschen Hintern in Bewegung, bevor ich dir mit Artikel 5 der Sternenflottenprotokolle Beine mache.“

„Darüber reden wir noch“, zischte Sylvie LeClerc wütend, bevor sie sich abrupt abwandte und in den Nebenraum hinüber stapfte.

Seufzend folgte Valand ihr nach nebenan.

Sylvie LeClerc fand den Andorianer, in der Gesellschaft von T´Rian, John McTiernan und Elisabeth Dane. Schnell begab sie sich an seine Seite und sprach ihn an: „Captain Dheran, ich würde Sie gerne, in einer dringenden Angelegenheit, unter vier Augen sprechen.“

Der Andorianer blickte die Französin mit leichter Überraschung im Blick an, bevor er antwortete: „Natürlich, Commodore.

Gemeinsam zogen sie sich in den Nachbarraum zurück, wo Commodore LeClerc stehen blieb, und sich sichtlich wand, bevor sie Dheran direkt in die Augen sah und erklärte: „Es kommt vielleicht etwas überraschend, aber ich möchte mich hier und heute für das, was ich auf Elisabeth´s achtzehnten Geburtstag sagte, entschuldigen. Dieser leidige Zwist zwischen uns muss ein Ende haben.“

Wie vom Donner gerührt stand der Andorianer da, und konnte kaum glauben, was Sylvie LeClerc ihm eben eröffnet hatte. Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht damit. Als er endlich die Sprache wiederfand, fragte er misstrauisch: „Woher kommt dieser Sinneswandel, nach so vielen Jahren?“

In den Augen der Französin blitzte es auf, als sie erwiderte: „Ich möchte nicht, dass Valand noch länger zwischen uns beiden steht und sich hin und her gerissen fühlt. Ich liebe ihn nämlich, und ich tu das für ihn.“

Tar´Kyren Dheran blickte auf die Hand, die sie ihm darbot. Nachdenklich ergriff er sie und sagte: „Ich nehme die Entschuldigung an. Vielleicht sollten wir dann zukünftig auch auf das Sie verzichten?“

„Wenn man dir den kleinen Finger reicht...“, spöttelte die Französin, womit sie gleichzeitig stillschweigend ihre Zustimmung gab. „Und ab sofort werden wir nie wieder über diese leidige Sache reden, ist das klar, Tar´Kyren?“

Dheran grinste schief. „Vollkommen klar, Sylvie.“

„Mon Dieu, du erinnerst dich noch an meinen Namen.“

Für einen Moment sahen sich sich taxierend an. Dann begannen sie beide, etwas gezwungen zu grinsen, und begaben sich wieder nach Nebenan, zu den Anderen.

Als wenige Minuten später der letzte Captain eintraf, und von Valand Kuehn zu den bereits anwesenden Männern und Frauen begleitet wurde, blickte John McTiernan hinüber zu Tar´Kyren Dheran, der etwas abseits bei Elisabeth Dane stand, und raunte T´Rian zu: „Gleich wird hier die Luft brennen.“

 

* * *

 

Eine spürbare Spannung erfüllte den Raum, als Tar´Kyren zu Valand Kuehns Begleiterin blickte, und diese, fast in demselben Moment zu dem Andorianer hinüber sah. Die Frau neben dem Konteradmiral war Rigelianerin, und in Tar´Kyren Dheran brachen Erinnerungen an seine Jugendzeit mit Urgewalt an die Oberfläche, denn es handelte sich nicht um irgendeine Rigelianerin, sondern um Alev Scenaris – seine Ex-Freundin.

Mit Alev Scenaris hatte er das Erste Mal erlebt, und sie waren, über ein Jahr lang, an der Akademie, zusammen gewesen. Später hatten sie sich im Streit getrennt. Sie hatten sich zwar im Jahr 2362 ausgesprochen, wobei es recht stürmisch zugegangen war, aber dabei längst nicht alle Reibungspunkte klären können. Beide hatten gehofft, dies später nachholen zu können, doch ein Wiedersehen hatte sich, bis zum heutigen Tag, nicht ergeben.

Ein Sturm der verschiedensten Gefühle tobte in dem Andorianer, und es war der Rigelianerin deutlich anzusehen, dass es ihr ganz ähnlich erging. Als Valand mit ihr zu ihm kam, beließ Alev es dabei ihm die Hand zu geben, bevor sie sich schnell abwandte und sich zu T´Rian und John, McTiernan gesellte.

Elisabeth Dane, die Tar´Kyren Dherans Enttäuschung über diese recht kühle Begrüßung deutlich mitbekam, legte tröstend ihre Hand auf seine Schulter und sagte leise: „Sie braucht etwas Zeit, um mit der Tatsache zurecht zu kommen, dass du hier bist. Ich glaube fest daran, dass sich Alev im Grunde freut, dich in der nächsten Zeit sehen zu können, mein Großer Blauer.“

„Ich wollte, ich hätte deine Zuversicht“, erwiderte Dheran mit bitterem Unterton. „Vielleicht haben Alev und ich uns bereits zu lange nicht gesehen, als dass sich zwischen uns die alte Vertrautheit jemals wieder einstellen wird.“

Die Kalifornierin lächelte zuversichtlich. „Das glaube ich nicht. Und du wirst es nicht herausfinden, indem du dich hier in den Schmollwinkel verziehst. Geh in die Offensive, wie du es früher immer getan hast, Tar´Kyren. Oder hast du das etwa verlernt?“

Verwundert blickte Dheran der blonden Frau an seiner Seite in die Augen. Dann straffte sich seine Gestalt und unternehmungslustig blickte er zu Alev, T´Rian und John hinüber. „Du hast Recht, Lizzy. Ich werde einen Weg finden, mit Alev über all das zu reden, was noch zwischen uns steht.“

„Das ist der Tar´Kyren den ich kenne“, lachte Elisabeth und sie stupste ihn scherzhaft mit dem Ellenbogen in die Seite. „Komm, lass uns zu den Dreien hinüber gehen.“



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