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Star Trek - Icicle - 04

Kampftaktiken
von

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Gegensätze und Gemeinsamkeiten

Tar´Kyren Dheran war erleichtert, dass die Vorrunde der Fechtmeisterschaft am nächsten Tag endlich beginnen würde. In den letzten Tagen hatte er weiterhin regelmäßig mit Pasqualina trainiert, dabei jedoch peinlich genau darauf geachtet, dass sowohl die Sicherheitsprotokolle eingehalten wurden, als auch darauf, der Spanierin nicht zu nahe zu treten. Dabei wurde er das merkwürdige Gefühl nicht los, dass ihr Letzteres nicht ganz passte.

Kannte sich einer mit irdischen Frauen aus!

Auch andere Besatzungsmitglieder der ICICLE begannen zu spüren, dass die Luft förmlich zu knistern begann, sobald sich beide gemeinsam in demselben Raum aufhielten.

Intensiver als an allen anderen Tagen hatten beide heute Morgen mit einander trainiert bis sie nahezu kraftlos ihre Degen fallen ließen und sich mit funkelnden Blicken maßen. Vollkommen ausgepumpt versuchten sie wieder zu Atem zu kommen.

Die unerhörte Energie, mit der die Spanierin den Andorianer beim Fechten bedrängt hatte, versetzte ihn immer noch in leichtes Erstaunen. Zwischenzeitlich hatte er den Eindruck gewonnen, es würde ihr nur darum gehen, auf ihn einzuschlagen, und nicht darum einen sportlichen Sieg zu erringen. Er war es schließlich, der das Schweigen brach.

„Begnügen wir uns für heute mit einem Unentschieden, Pasqualina. Ein irdisches Sprichwort besagt: Allzu scharf macht schartig.

„Du gibst also auf?“, fragte die Spanierin lauernd.

Die Antennen des Andorianers bogen sich unaufhaltsam nach Innen. „Vergiss es, nar y´ner mai Kumari. Ich sage, es reicht für heute!“

Pasqualina atmete einige Male tief durch. Dann entspannte sich ihre Haltung und sie schritt langsam auf Tar´Kyren Dheran zu, bis sie dicht vor ihm stand. Beinahe flüsternd fragte sie: „Was empfindest du für Christina Carey?“

Dheran erwiderte forschend ihren Blick und antwortete rau: „Christina war bisher die einzige Frau, mit der ich für Immer zusammen sein wollte. Doch das ist seit langer Zeit vorbei. Heute sehe ich sie als gute Freundin.“

Die dunkelbraunen Augen der Spanierin begannen zu funkeln als sie heftig entgegnete: „Du sagst diese Worte ohne dass dir dabei die Zunge zerspringt – also stimmt es vielleicht. Hör zu Tar´Kyren: Solange du dich nicht eindeutig zu mir bekennen willst sehe ich mich als ungebunden an, das erwähnte ich bereits. Vor einigen Wochen sagte ich, dass ich bereit bin zu warten, aber du solltest nicht zu lange zögern.“ Sie beugte sich schnell vor und küsste ihn sanft auf den Mund, bevor sie sich wieder zurückzog.

„Das habe ich vermisst“, gestand Dheran lächelnd.

Die Spanierin blickte ihn, halb herausfordernd, halb verschmitzt, an und meinte: „Das könntest du jeden Tag haben, mi corazon.“

Sie beendeten das Holodeck-Programm und machten sich auf den Weg zum Turbolift. Als sie unterwegs allein im Gang waren, legte der Andorianer seine Hand auf ihren Po und drückte sanft zu.

Pasqualina revanchierte sich mit einem schnellen Rippenstoß und meinte, mit unschuldigem Augenaufschlag: „Alles unter drei Sekunden gilt als Reflex.“

Sie mussten nicht lange auf den Lift warten.

Kaum dass sich das Schott des Lifts geschlossen hatte, umarmten sie sich stürmisch und Pasqualina küsste Dheran mit leidenschaftlichem Verlangen.

Beinahe zu spät bemerkten sie, dass der Lift bereits auf dem nächsten Deck wieder stoppte und nur einen Augenblick, bevor sich das das Liftschott öffnete, fuhren sie schnell aus einander.

Es war Rania Singh-Badt, die herein kam und freundlich grüßte.

Dheran fing einen vielsagenden Blick des Commanders auf und ging einen zusätzlichen Schritt zu der Inderin auf Distanz, während die Spanierin unauffällig versuchte, ihr etwas zerzaustes Haar in Ordnung zu bringen.

Die junge Inderin hatte das unbestimmte Gefühl etwas verpasst zu haben und sich etwas unwohl in ihrer Haut fühlend, blickte sie abwechselnd von der Spanierin zu dem Andorianer. Sie hatte davon munkeln gehört, dass zwischen beiden gerade die Fetzen flogen, doch diesen Eindruck hatte sie selbst keineswegs, während sie sagte: „Deck Zehn.“

Niemand sprach während der Fahrt ein Wort und doch wurde Rania Singh-Badt das Gefühl nicht los, die beiden Führungsoffiziere würden sich hinter ihrem Rücken unterhalten – auf einer Ebene, zu der sie selbst keinen Zutritt hatte.

Beinahe erleichtert verließ die Inderin die Liftkabine auf Deck Zehn und verlangsamte ihre Schritte erst, als sie um die nächste Gangecke geeilt war. Dabei drängte sich ihr das unbegründete Gefühl auf, so gerade eben entkommen zu sein.

In der Liftkabine sahen sich Dheran und die Spanierin einen Augenblick lang amüsiert an, bevor sie beide gleichzeitig begannen schallend zu lachen. Alle Spannungen der vergangenen Tage schienen sich mit diesem befreiten Lachen aufzulösen. Erst, als sie Deck Vier erreichten, beruhigten sie sich wieder.

Sie verließen gemeinsam den Lift und stießen beinahe mit Lieutenant Farok zusammen, der auf dem Weg zur Astrometrik war. Der Vulkanier grüßte und stellte fest, dass der Captain und der Commander einen gleichermaßen beschwingten Eindruck machten. Er blieb kurz stehen, blickte ihnen mit unbewegter Miene nach und hob schließlich unmerklich die Augenbrauen, bevor er den Lift betrat.

Ohne davon etwas zu bemerken erreichten der Andorianer und Pasqualina die Kabine des Captains. Neugierig fragte Pasqualina: „Sehen wir uns nachher?“

Dheran lächelte fein. „Gerne. Was hältst du von einem Abendessen auf dem Promenadendeck?“

„Was hältst du von einem Abendessen, bei dem es Reibekuchen gibt, in meiner Kabine?“, kam die Gegenfrage von Pasqualina. „Sagen wir, um 19.30 Uhr?“

„Ich werde pünktlich sein“, raunte Dheran ihr zu, bevor die Spanierin ihre Hand auf den Öffnungskontakt ihres Kabinenschotts legte. Sie zwinkerte ihm noch einmal vielsagend zu, bevor sie in ihrer Kabine verschwand.

Zufrieden mit der Entwicklung dieses Tages, wandte Dheran sich ab um seine eigene Kabine aufzusuchen. Er brauchte jetzt ganz dringend eine kalte Dusche.

 
 

* * *

 

Pasqualina erwachte am Morgen um 7.30 Uhr. Sie bewegte sich ganz vorsichtig etwas zur Seite, um Tar´Kyren, der noch fest schlief, nicht zu wecken. Danach richtete sie sich vorsichtig etwas auf, um sein Gesicht beobachten zu können. Es wirkte sanft und, zum ersten Mal, seit einigen Tagen, wieder zufrieden. Vielleicht kann man den wahren Charakter eines Wesens überhaupt nur sehen, wenn er schläft, überlegte die Spanierin. Denn im Schlaf hat es keine Möglichkeit, sich zu verstellen!

Eine Welle der Zuneigung erfasste sie und als sie es nicht mehr länger aushielt beugte sie sich zu ihm hin und küsste ihn auf seine Wangen und seine Lippen, bis der Andorianer einige undefinierbare Brummlaute von sich gab und aufwachte.

„Guten Morgen“, hauchte Pasqualina ganz sanft in Dherans Ohr und küsste ihn dann verlangend.

Noch im Halbschlaf erwiderte er ihren Kuss und legte seine Arme um sie.

Erst nach einer geraumen Weile gab Pasqualina ihn wieder frei.

Dheran blickte sie liebevoll an und meinte ungewöhnlich sanft: “An diese Art geweckt zu werden, könnte ich mich glatt gewöhnen.“ Er drehte sich herum und zog sie dabei mit sich, bis sie, in seinem rechten Arm, auf dem Rücken lag. Halb über sie gebeugt, küsste er sie leidenschaftlich, um seine Lippen dann langsam über ihren Hals zu ihren Brüsten wandern zu lassen. Er saugte zärtlich an ihren empfindlichen Brustwarzen.

Pasqualina war ganz weg, von seiner Zärtlichkeit und gab ein verlangendes Seufzen von sich. Dann zog die Spanierin den Andorianer wieder zu sich herauf, blickte ihn verträumt an und flüsterte: „Ich würde am liebsten schreien, vor Glück.“

„Lieber nicht!“ kommentierte Dheran warnend, „sonst alarmiert der Schiffscomputer ein Überfallkommando der MACO´s. Die stürmen dann die Kabine, mit Lieutenant-Commander Filiz an der Spitze, und finden uns in einer eindeutigen Situation vor. Das gäbe einen handfesten Skandal.“

Pasqualina lachte erheitert, bei dieser Vorstellung und antwortete leise: „Das wäre es mir glatt wert.“

„Küss mich lieber“, raunte Dheran zurück.

Das ließ sich die Spanierin nicht zweimal sagen. Erst nach geraumer Weile lösten sich ihre Lippen von einander und Dheran blickte zur Wanduhr. „Wir haben schon nach acht Uhr“, stellte er verblüfft fest. „Jetzt wird es Zeit für mich, sonst komme ich zu spät zu Valand. Wir sind um neun Uhr auf der OBERON verabredet.

„Das wäre es mir glatt wert“, seufzte Pasqualina.

Sie duschten gemeinsam, wobei sie sich Mühe gaben, sich nicht ständig zu streicheln und zu küssen, was ihnen jedoch nicht ganz gelang, bis Dheran die Spanierin widerstrebend von sich schob und zur Eile mahnte.

In der Tat war er spät dran.

Dheran musste sich mit dem Anziehen beeilen, und schafften es gerade noch so eben, pünktlich bei Valand zu sein, wenn auch ohne gefrühstückt zu haben.

Valand Kuehn empfing den Freund in seiner Kabine. Der Konteradmiral gähnte unterdrückt und wies auf die Sitzecke. „Nimm doch Platz, Tar. Ich habe heute Morgen noch nicht gefrühstückt – möchtest du auch etwas?“

„Gerne“, antwortete Dheran und setzte sich ungezwungen in einen der hell bezogenen Sessel. „Dein Abend scheint wohl auch etwas länger gewesen zu sein?“

Kuehn blickte über die Schulter zu ihm und ein angedeutetes Schmunzeln umspielte seine Lippen. „Auch?“

Dheran wirkte für einen Moment überrascht. In den vergangenen Jahren hatte er wohl vergessen, das sein Freund auch auf kleinste Feinheiten und Zwischentöne achtete. Wenn man nicht permanent von den Besten herausgefordert wird, beginnt man nachlässig zu werden, dachte der Andorianer finster. Dann gestand er: „Es war eine bewegte Nacht.“

„Oh“, machte Kuehn und orderte am Replikator zwei große Portionen Rührei mit Speck und Bratkartoffeln. Dazu zwei Gläser mit andorianischem Mineralwasser. „Hattest du also endlich Erfolg bei Christina?“ Er stellte zwei Tabletts auf den Tisch und ließ sich seinem Freund gegenüber am Tisch nieder.

Der Andorianer zögerte die Antwort hinaus und blickte zunächst auf seinen Teller. Dabei dachte er ironisch, dass seine Arterien bei diesem Anblick vermutlich in Panik geraten wären, wenn er ein Mensch gewesen wäre. Dann erwiderte er den fragenden Blick seines Freundes und erklärte: „Nein, ich war mit Pasqualina zusammen.“

Nur selten hatte Dheran seinen Freund wirklich verblüfft gesehen. Dies war einer der seltenen Momente.

Valand Kuehn legte seine Gabel zur Seite und sagte ehrlich erstaunt: „Da komme ich nicht mehr mit. Seit einer halben Ewigkeit schwärmst du mir etwas von Christina Carey vor, und plötzlich bist du über sie hinweg und es soll dein XO sein? Habe ich was verpasst?“

„Nichts währt ewig – eine Torheit schon gar nicht“, entgegnete Dheran mürrisch. „Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es möglicherweise eine fixe Idee ist, sich an einen Traum zu klammern, der längst Vergangenheit ist.“

„Das klingt aber gar nicht nach dem Tar´Kyren, den ich kenne“, meinte Kuehn und setzte sein Frühstück fort. Er musterte den Freund aufmerksam und fügte dann hinzu: „Dein Erster Offizier muss geradezu außergewöhnlich sein, wenn sie es tatsächlich geschafft hat, dass du Christina endgültig losgelassen hast.“

Dheran reagierte lediglich mit einem heftigen Bewegen seiner Antennen.

„Du hast Christina doch losgelassen?“, hakte Kuehn nach.

Tar´Kyren Dheran ließ seine Gabel sinken und blickte seinen Freund mit einem Blick an, den dieser nicht zu deuten wusste. Er hatte ihn bisher noch nie an ihm gesehen. Erst nach einem langen Moment wurde dem Konteradmiral langsam klar, dass Dheran peinlich berührt war, und er brauchte nur einen Augenblick um sich zusammen zu reimen, warum.

„Du empfindest für beide Frauen dasselbe, ist es das?“

Dheran nickte und erklärte: „Ich bin selbst in höchstem Maß erstaunt darüber, Valand.

Und die Tatsache, dass sich Christina vor einigen Tagen mit mir ausgesprochen hat, macht die Lage eher komplizierter, statt einfacher. Was würdest du in meiner Situation machen?“

Der Konteradmiral warf dem Freund einen bedauernden Blick zu. „Ich war nie in einer solchen Lage, daher kann ich dir hier nicht gut raten, Tar. Nur du kannst letztlich eine Entscheidung treffen. Höre auf das, was dein Herz dir sagt.“

„Im Moment spricht es nicht mit mir.“

„Vielleicht hörst du nur nicht richtig zu“, entgegnete sein Freund prompt. Dabei beließ er es und wechselte abrupt das Thema. „Tar, der Grund warum ich mit dir reden wollte ist ein ganz anderer. Tarun erzählte mir von der letzten Frage, die du ihm in seinem Büro gestellt hast, und er bat mich, mit dir zu sprechen.“ Er ließ seine Worte wirken und erkannte an den nach vorn gebogenen Antennen des Freundes, dass dieser ihm aufmerksam zuhörte. „Um es kurz zu machen: Es war meine Idee, nicht die von Tarun. Gleichzeitig bitte ich dich hiermit keinerlei Fragen zu stellen, sondern uns beiden zu vertrauen.“

Dherans Blick bekam etwas wölfisches. „Das klingt ziemlich mysteriös, um nicht zu sagen, verschwörerisch.“

„Keinerlei Fragen!“ wiederholte Kuehn fest entschlossen um unvermittelt zu fragen: „Du warst während deiner ersten Mission für die 5.Taktische Flotte im Delta-Quadranten, und hast dort Kontakt mit einem Voth namens Forra Gegen gehabt?“

Dutzende von Fragen brannten Dheran auf der Seele, doch er hütete sich, nach einem forschenden Blick in Kuehns Augen, auch nur eine einzige zu stellen. Mühsam beherrscht antwortete er statt dessen: „Ja, er war es, der uns zurück in den Alpha-Quadranten brachte.“

„Was für einen Eindruck hattest du von diesem Wesen? Ich meine, wirkte er vertrauenswürdig auf dich?“

Dheran machte ein ernstes, nachdenkliches Gesicht, bevor er antwortete: „Er machte zumindest den Eindruck, auch wenn man sich da bei einer Echse schwer auf den Eindruck verlassen kann, den sie macht, da kaum ein erkennbares Mienenspiel vorhanden ist. Aber wenn du mich nach einer Vermutung fragst – ja, ich denke er ist vertrauenswürdig.“

Kuehn machte einen erleichterten Eindruck. Er rang kurz mit sich, bevor er dem Freund erklärte: „Ich habe einen Offizier der Sternenflotte zu einem Treffen mit ihm geschickt. Sagt dir der Name Chakotay etwas?“

„Der Mann, der als Erster Offizier auf der VOYAGER diente, nachdem sie im Delta-Quadranten gestrandet war. Ich habe ihn nie persönlich kennen gelernt, aber in den letzten Monaten höre ich nun seinen Namen bereits zum zweiten Mal. Forra Gegen bestellte mir Grüße für ihn. Ich hatte den Eindruck, dass er Chakotay als eine Art Freund ansieht.“

„Chakotay hat sich ähnlich geäußert, aber es beruhigt mich, eine Bestätigung von dir zu erhalten. Im Gegensatz zu ihm kenne ich Dich.“

„Vertraust du mir auch?“, hakte Dheran schnell ein.

„Genauso so sehr, wie du mir vertraust“, versetzte Kuehn.

Dheran schluckte diese kleine Spitze kommentarlos und meinte dann: „Ist schon ein komischer Zufall, dass das alles in einem Jahr passiert, in dem die Wahl zum Chiefadmiral ansteht, nicht wahr? Wie man hört hat Sherman gute Aussichten, Stones Nachfolger zu werden. Gehörte nicht Leyton einst zu Admiral Shermans engsten Vertrauten?“

Kuehn nickte finster. „Ja aber irgendwie gelang es Sherman sich rechtzeitig von ihm zu distanzieren.“

Dherans Antennen bogen sich nach Innen. „Ich halte nicht sehr viel von solchen Winkeladvokaten. Bei Männern wie Tarun weiß man, zumindest meistens, woran man ist. Ich denke, dass er ein weitaus besserer Chiefadmiral wäre.“

„In diesem Fall würde die 5.Taktische Flotte einen neuen Oberkommandierenden brauchen“, gab Kuehn zu bedenken. „Kein Vorteil, ohne Nachteil.“

Die beiden Männer beendeten ihr Frühstück.

Als Valand demonstrativ zum Wandchronographen blickte, erhob sich Dheran und meinte: „Die ersten Turnierkämpfe beginnen um 15.00 Uhr. Ich werde mich noch etwas ausruhen, um fit zu sein. Das würde dir wohl auch gut tun.“

Kuehn nickte. „Später habe ich dann noch eine Verabredung mit Captain Revers. Mich interessiert die Schiffsklasse, zu der die MARYLAND gehört, und er hat mir angeboten, mich durch das Schiff zu führen.“

Dheran blickte seinen Freund eindringlich an. Bevor er sich endgültig zum Gehen wandte sagte er ernst: „Ich würde niemals denken, dass du etwas zum Nachteil der Föderation tun würdest, dazu kenne ich dich zu gut, Valand. Du kannst jederzeit auf mich zählen. Aber irgendwann, mein Freund, wirst du nicht darum herum kommen mir alles zu erzählen.“

Mit einer Mischung aus Beklemmung und Erleichterung blickte Valand Kuehn seinem Freund nach, als er die Kabine verließ. Leise murmelte er: „Das werde ich ganz sicher, mein Freund, und dann wirst du dir vermutlich wünschen, ich hätte es nicht getan...“

 
 

* * *

 

Während Captain Frank Revers an Konteradmiral Valand Kuehns Seite durch die hellen Korridore der MARYLAND schritt, legte sich jenes unwohle Gefühl, dass ihn immer in der Gesellschaft höherrangiger Offiziere überkam etwas. Vielleicht weil sich bisher herausgestellt hatte, dass der Konteradmiral nicht seiner allgemeinen Vorstellung von Flaggoffizieren entsprach – besonders nicht jenen im Stab des Sternenflotten-Kommandos. Auch gab er Revers nicht, wie andere Admirale dies gerne taten, den Eindruck, nur Gast auf seinem eigenen Schiff zu sein. Revers mochte die Angewohnheit des Konteradmiral aufmerksam zuhören zu können und mit sachlichen Fragen, schnell zum Kern einer Sache zu kommen.

Sie hatten die Besichtigung des leichten Kreuzers im Maschinenraum begonnen und befanden sich, nach einem kurzen Abstecher zur Krankenstation und zur Astrometrik, auf dem Weg zur Brücke der MARYLAND.

Sie nahmen für das letzte Stück den Turbolift, und nachdem sie ihn auf der Brücke verließen, legte Kuehn die Hände auf den Rücken und blickte sich interessiert um.

Direkt vor dem Turbolift lag die Taktische Station, unmittelbar hinter dem Sitz des Captains. Davor lag die CONN.

Lächelnd erklärte er an Revers gewandt: „Den größten Teil meiner Karriere habe ich auf Schiffen der AKIRA-KLASSE zugebracht. Das kleinste Schiff, auf dem ich gedient habe war ein Schiff der EXCELSIOR-KLASSE, und mein jetziges Schiff ist überhaupt erst der dritte Schiffstyp, auf dem ich Dienst tue. Aber ein kleiner Kreuzer wie dieser hätte mich durchaus gereizt.“

„Ich bevorzuge solche Schiffe, weil sich der Kontakt zu meiner Besatzung persönlicher gestaltet, als es an Bord großer Schiffe möglich wäre.“

Kuehn nickte verstehend. „Manchmal bedauere ich, dass ich nie die Möglichkeit hatte, eines dieser kleineren Schiffe zu kommandieren, Captain Revers.“

„Möchten Sie tauschen, Konteradmiral?“, erkundigte Revers sich launig.

Valand Kuehn lachte leise auf: „Nein, ich bin ganz zufrieden mit der OBERON und seiner Besatzung. Vermutlich möchte man immer gerade das, was man nicht hat.“

Frank Revers grinste schief: „Dazu kam vermutlich, dass man einer Legende des Dominion-Kriegs und einem Mann, der es darüber hinaus fertig brachte, ein so schwer angeschlagenes Schiff wie die ALAMO wieder nach Hause zu bringen, und das gerade mal als Lieutenant, nicht mit einem Minischiff abzuspeisen wagte.“

Kuehn entging nicht der leicht zynische Unterton des Grauhaarigen. Trotzdem blieb er ruhig und erklärte geduldig: „Hören Sie, Captain, dass Dheran und ich, bei all den haarsträubenden Einsätzen während unserer gemeinsamen Zeit auf der EXODUS, immer noch leben ist halb Zufall, halb Schicksal, halb Glück, halb Können und halb verrückt. Nach der statistischen Wahrscheinlichkeit hätte ich nämlich bereits während der Katastrophe auf der ALAMO das Zeitliche segnen müssen. Aber ich hatte Glück und überlebte. Leider reichte dieses Glück nicht auch für meine Frau aus, die sich ebenfalls auf der ALAMO befand. Sie starb in meinen Armen, ohne dass ich etwas für sie tun konnte.

Revers blickte den Konteradmiral betroffen an. „Tut mir leid, das wusste ich nicht.“

„Woher sollten sie auch“, entgegnete Kuehn. „Am Ende überleben Jene die Glück genug haben, und die mit dem meisten Glück befördert man und erklärt sie zu Helden oder Legenden, Captain. Aber es ist eine Tatsache, dass ich nach Ahy´Vilaras Tod beinahe wie paralysiert war, und kaum die Kraft gefunden habe weiterzuleben. Schließlich war es LeClerc, die mir klar machte, dass ich ihren Verlust akzeptieren, und weitermachen muss. Einzig der Wille war es letztlich, der entschieden hat.“

Revers machte ein betretenes Gesicht. „Ich wollte nicht respektlos erscheinen, Sir.“

Valand Kuehn musterte Revers einen Moment lang und lächelte flüchtig: „Das waren Sie nicht, Captain. Wie ist es mit Ihnen? Sind sie verheiratet?“

Positiv überrascht, dass das Thema damit für Kuehn erledigt war, schüttelte Revers den Kopf und erklärte: „Ich war verheiratet. Vor zwei Jahren reichte meine Frau überraschend die Scheidung ein.“

Mehr schien Revers nicht verraten zu wollen, und Kuehn war taktvoll genug, nicht weiter nachzufragen. Er meinte lediglich: „Unsere selbst gewählte Aufgabe ist anscheinend nicht gerade beziehungsfreundlich.“ Er bemerkte den fragenden Blick des Captains und erkundigte sich direkt: „Sie haben noch etwas anderes auf dem Herzen?“

„Ja, Konteradmiral.“ Revers zögerte einen kurzen Augenblick bevor er offen fragte: „Haben Sie nie mit dem Gedanken gespielt, sich zu den Taktischen Flotten versetzen zu lassen?“

„Nein“, gab Kuehn offen zu. „Im Gegenteil, ich habe zwei Anfragen von Admiral Rossdale auf Versetzung zur 1.Taktischen Flotte abgelehnt, da ich der Auffassung bin, dass den Sektorenflotten ebenso viel Aufmerksamkeit zukommen sollte, wie den Taktischen Flotten. Ich halte ein ausgewogenes Verhältnis beider Institutionen für unabdingbar. Mittelfristig werden beide Flottenteile enger zusammenarbeiten müssen, um möglichen Bedrohungen effizient begegnen zu können. Und ich sehe meine Berufung darin meine Sektorenflotte auf eine solche Aufgabe, so gut wie möglich, vorzubereiten.“

Für einen kurzen Moment spürte Revers die Entschlossenheit des Konteradmiral und er zog unbewusst einen Vergleich zu Tar´Kyren Dheran. Ihm wurde in diesem Moment klar, warum diese beiden so verschiedenen Männer Freunde geworden waren. Was er ebenfalls erkannt hatte war, dass dieser Admiral weit davon entfernt war, sich zu einem Schreibtischtäter zu entwickeln, oder den Kontakt zu den Offizieren an der Front zu verlieren, und ein Teil seines Misstrauens, gegen Admirale der Sternenflotte, verlor sich in diesem Moment. Er blickte Kuehn offen an und hakte ein: „Ich finde es interessant, dass Sie und Captain Dheran sich, trotz der offensichtlichen Unterschiede in ihren Charakteren, in mancherlei Hinsicht doch recht ähnlich sind.“

Ein beinahe spitzbübisches Schmunzeln stahl sich auf das Gesicht des Konteradmiral. „Ich glaube, Sie sehen meinen Freund nicht so, wie er wirklich ist. Tar und ich kennen uns seit Akademiezeiten, und ich kann ihnen versichern, dass er nicht der Kalte Krieger ist, als den man ihn oft sieht. Sicherlich liegt ihm der Kampf im Blut, aber das gilt in allen Belangen, und nicht nur für die taktische Kriegsführung. Nur wenige Leute wissen, dass Tar´Kyren Dheran sieben Sprachen, in Wort und Schrift beherrscht, darunter Alt-Bajoranisch, und zwar ohne auf Referenzmaterial zurückgreifen zu müssen. Darüber hinaus hat er seine Studien bezüglich Archäologie, nach seiner Akademiezeit, weitergeführt, und besitzt einen Akademischen Grad auf diesem Wissensgebiet.“

Captain Revers blickte Kuehn für einen Augenblick wie ein Wundertier an. „Doktor Dheran...?“

Kuehn nickte amüsiert. Ja, doch er führt den Titel nicht offiziell. Ihm ging es um die Studien an sich; nicht darum einen Titel zu führen. Erzählen Sie das aber bitte nicht herum, ich denke, dass wäre meinem Freund nicht recht.“

„Ich bin nicht gerade als Klatschtante berüchtigt“, versetzte Revers trocken.

Kuehn musterte den Captain eindringlich, bevor er meinte: „Wenn ich einen anderen Eindruck von Ihnen hätte, dann hätte ich Ihnen nicht davon erzählt. Im Allgemeinen kann ich mich auf meine Menschenkenntnis verlassen, und die sagt mir, dass Sie vertrauenswürdig sind, Captain.“

Frank Revers´ anfängliche Vorbehalte gegen den Konteradmiral verflüchtigten sich, obwohl er den unbestimmten Eindruck gewonnen hatte, dass Kuehns Charakter noch sehr viel vielschichter war, als er ahnte. „Danke, für die positive Einschätzung, Sir“, antwortete er diplomatisch, bevor er meinte: „Kommen Sie, ich zeige Ihnen den Rest des Schiffes.“



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