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Star Trek - Timeline - 02-01

Das Sonneninferno
von

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Ankunft über Cheron

Persönliches Logbuch

Commander Valand Kuehn

Sternenzeit: 42361.7

 

Wir befinden uns weit hinter der Neutralen Zone, im Raum der Romulaner, und unsere Odyssee ist am Ende einer weiteren Etappe angekommen. Trotz der Freude darüber, morgen Nachmittag Cheron zu erreichen, und die Last der Verantwortung, für eine Weile, etwas in den Hintergrund treten zu lassen, solange wir Gäste der Romulaner sind, nagt doch der Zweifel in mir, ob ich richtig gehandelt habe, und nicht vielleicht Schiff und Crew einem ungewissen Schicksal aussetze.

Nachher werde ich mit Ti´Maran zu Abend essen. Überraschend hat sie mich dazu eingeladen, und ich freue mich darüber, zeigt es doch erneut, dass unsere Völker friedlich mit einander umgehen können.

Ich gestehe, dass mir die Romulanerin gelegentlich Rätsel aufgibt. Einmal habe ich das Gefühl, wir sind zwei verwandte Seelen, die sich seltsamerweise blind verstehen, obwohl wir zwei vollkommen verschiedenen Spezies angehören. Dann wiederum erscheint sie mir manchmal wieder unsagbar fremd und geheimnisvoll.

Ich bin ganz sicher nicht so naiv zu glauben, dass Tomalak sie ohne Grund zu uns an Bord geschickt hat. Andererseits glaube ich zuerst einmal an das Gute in allen Wesen – auch Tomalak wird diese guten Seiten haben, oder er hätte uns nicht seine Hilfe angeboten.

Vielleicht kann ich etwas dadurch bewirken, wenn es mir gelingt Ti´Maran davon zu überzeugen, dass die Föderation keine Bedrohung für ihr Volk darstellt. Ich hoffe es zumindest, denn diese Romulanerin ist mir sehr sympathisch. Noch habe ich ihren eigentlichen Auftrag nicht in Erfahrung gebracht, und ich hoffe, dass die Romulanerin mein Vertrauen in sie nicht enttäuschen wird, und ihr ebenfalls an einer zukünftigen Verständigung gelegen ist.

Es ist seltsam, und ich wage es kaum zu sagen, aber ich fühle mich auf seltsame Weise zu Ti´Maran hingezogen. Ich frage mich seit einigen Tagen, was es ist, dass mich anscheinend nur für außerirdische Frauen schwärmen lässt. Ist es möglicherweise die Andersartigkeit dieser Frauen, die diese Faszination bewirkt? Manchmal bin ich geneigt das zu glauben, auch wenn diese Tendenz während meiner Akademiezeit nicht erkennbar war. Oder war sie auch da bereits gegenwärtig, und ich habe es nur nie richtig gemerkt? Sollte es vielleicht mein Schicksal sein, dass ich mein privates Glück nur zwischen den Sternen finden kann, und nicht auf meinem Heimatplaneten? Diese Fragen gehen mir seit Tagen im Kopf herum, und nur die Zukunft wird erweisen können, ob dieser Gedanke richtig ist.

Seltsam – heute ist der erste Tag, an dem ich, seit Ahy´Vilaras Tod, wieder daran denke, zukünftig wieder eine feste Partnerschaft eingehen zu können. Bisher schien mir dieser Gedanke immer unendlich weit weg. Ich fühle jedoch andererseits, dass dies zunächst ein theoretischer Gedanke bleiben wird, denn bereit dafür fühle ich mich momentan nicht. Auch wenn ich tief in meinem Innern bereits heute spüre, dass auch dieser Punkt irgendwann kommen wird. Und seit langer Zeit spüre ich deswegen keine Schuldgefühle gegenüber meiner verstorbenen Frau.

Und daran hat zum Teil Ti´Maran Anteil denn letztlich war sie es, die mir eindringlich klargemacht hat, wie unsinnig meine Schuldgefühle wegen ihres Todes sind.

Vielleicht ergibt sich heute Abend eine Gelegenheit, in Erfahrung zu bringen, was Tomalak wirklich durch ihre Anwesenheit bezweckt, wobei ich sehr subtil vorgehen muss, denn die Romulanerin verfügt über einen scharfen und analytischen Intellekt.

In den letzten sechs Wochen ist ihre Gegenwart für mich so selbstverständlich geworden, dass ich mir nur schwer vorstellen kann, dass diese Zeit sich nun dem Ende nähert. Aber vielleicht können wir einander auf jenem Stützpunkt sehen, den Tomalak bei Beginn unseres Fluges nach Cheron sprach. Fest steht schon jetzt, dass ich bereits jetzt den Moment bedauern werde, an dem wir uns endgültig verabschieden müssen.

 
 

* * *

 

Im sanften goldgelben Dämmerlicht von Ti´Marans Quartier saßen sich die Romulanerin und Valand Kuehn am Esstisch gegenüber und prosteten einander mit repliziertem romulanischen Ale zu. Mittlerweile hatte Kuehn von Ti´Maran erfahren, dass es bei ihrem Volk Kali-Fal genannte wurde. Noch während der Norweger das Glas zum Mund führte, spürte er, wie sich seine Atemwege weiteten um das Aroma ganz aufnehmen zu können. Vorsichtig nahm er einen Schluck und nickte anerkennend.

„Jetzt verstehe ich, warum dieses Getränk, trotz des Verbots innerhalb des Föderationsraumes, sich solch großer Beliebtheit erfreut.“ Er setzte das halb geleerte Glas auf den Tisch und wandte sich den Speisen auf seinem Teller zu.

Die Romulanerin blickte fragend zu Kuehn und erkundigte sich, mit leicht ironischem Unterton: „Wie verträgt sich dieses Verbot damit, dass sie gerade dagegen verstoßen?“

„Ich verstoße nicht dagegen. Wie ich schon sagte: Es ist innerhalb der Föderation verboten – aber wir befinden uns nicht in Föderationsraum, nicht wahr?“ Ti´Maran nickte, und es schien so, als würde sie sich amüsieren. „Das ist eine sehr klare Rechtsauffassung. Ist jemand innerhalb Ihrer Familie Anwalt oder Politiker?“

„Mein Vater ist Diplomat“, erklärte Kuehn lächelnd. „Lustigerweise habe ich mein Empfinden für Recht und Gerechtigkeit aber eher von meinem Großvater geerbt. Der war weder das Eine, noch das Andere.“

„Dann besitzt bei Ihnen die Familie einen sehr hohen Stellenwert?“, fragte Ti´Maran schnell nach. Sie schien plötzlich sehr interessiert zu sein.

„Ja, die Familie hat mir stets sehr viel bedeutet. Und nach der Hochzeit, auch die Familie meiner verstorbenen Frau.“ Kuehn atmete tief durch. „Vermutlich verursacht darum der Gedanke daran, vor meine Schwiegereltern treten zu müssen, um ihnen den Tod ihrer Tochter mitzuteilen, mir jetzt schon Magenschmerzen. Denn auch ihnen bedeutet die Familie alles.

Ich hoffe inständig, dass ich ihnen auch danach noch willkommen sein werde. Ich würde es kaum ertragen, wenn sie mich niemals würden wiedersehen wollen.“

„Das kann ich gut verstehen“, bekannte Ti´Maran. „Auch auf Romulus besitzt die Familie einen sehr hohen Stellenwert. Ich merke, dass wir mehr gemeinsam haben, als ich zunächst dachte, als ich an Bord kam. Anfangs hatte ich zugegebenermaßen Bedenken, und der Auftrag behagte mir ganz und gar nicht.“

„Welcher Aspekt ihres Auftrages genau war es, der Ihnen nicht behagte“, hakte Valand Kuehn schnell ein. „Hat Commander Tomalak vielleicht etwas verlangt, das gegen ihr Ehrgefühl verstößt?“ Der Norweger fragte das beiläufig, mit einem feinen Lächeln, doch er beobachtete die Reaktion der Romulanerin sehr aufmerksam.

Ti´Maran nahm einen Bissen von ihrem Teller, wobei sie die unbedachte Äußerung verwünschte. Gleichzeitig aber fragte sie sich, ob sie nicht ganz bewusst einen Hinweis darauf gegeben hatte, was ihr eigentlicher Auftrag war. Vielleicht weil dieser Mensch ihr etwas bedeutete? Sie unterdrückte diese aufsteigenden Gedanken. Sie war Offizier des Romulanischen Sternenimperiums, und sie hatte zuerst einmal an das Wohl ihres Volkes zu denken.

Ernst antwortete sie: „Nein, es war nur so, dass wir nicht wussten, ob Sie nicht versuchen würden mich über mein Wissen auszuhorchen. Wir kannten zuvor Ihre Mittel nicht, verstehen Sie, Commander?“

Das Zögern bei dieser Antwort entging Valand Kuehn nicht, und es war untypisch für Ti´Maran, soweit er sie kennengelernt hatte. Sein aufkommendes Misstrauen verstärkte sich.

Er erinnerte sich wieder an einen seiner Ausbilder, bei der RED-SQUAD, der einmal gemeint hatte, dass selbst paranoide Wesen mitunter reale Feinde hätten. Schließlich erklärte er sachlich: „Ja, und ich denke, dass mein Erster Offizier ähnliche Bedenken hatte, wie Sie.“ Er beschloss das Thema zu wechseln und erkundigte sich: „Was werden Sie machen, wenn wir den erwähnten Stützpunkt erreicht haben?“

Ti´Maran schien erleichtert darüber zu sein, dass Valand Kuehn nicht weiter in sie drang, und antwortete: „Ich denke, dass die Crews unserer beiden Schiffe Landurlaub bekommen. Auch die TERIX und ihr Begleitschiff benötigen Wartung. Wir waren lange unterwegs, bevor wir informiert wurden, dass unsere Stützpunkte angegriffen worden sind. Wir konnte jedoch nicht ermitteln, durch wen.“

„Aber die Zeugen des Angriffs müssen doch etwas zu berichten gehabt haben.“ Der Blick der Romulanerin verfinsterte sich. „Es gab nirgendwo Überlebende, Commander. Wir konnten lediglich Signaturen einer uns unbekannten Partikelwaffe scannen.“

„Dann kann es also weder die Föderation, noch das Klingonische Reich gewesen sein“, erklärte Valand Kuehn überzeugt.

„Zumindest scheint es so“, erwiderte Ti´Maran ausweichend. Dann wechselte sie abrupt das Thema und erkundigte sich: „Kennen Sie übrigens einen Captain Jean-Luc Picard?“

Kuehn schüttelte den Kopf und erklärte: „Nein, aber während meiner Akademiezeit wurde er durch das „Picard-Manöver“, bei der Schlacht von Maxia, bekannt. Soweit ich weiß, kommandierte er zu diesem Zeitpunkt die U.S.S. STARGAZER. Warum fragen Sie?“

„Nun, einem unserer Kommandanten ist dieser Captain Picard begegnet, einige Monate bevor wir auf Ihr Schiff stießen. Er befand sich nach Auskunft des Kommandanten Tebok an Bord eines neuen Schiffstypen der Sternenflotte.“

„Die neue GALAXY-KLASSE“, entfuhr es Valand Kuehn und seine Augen begannen zu leuchten. „Sie ist also einsatzbereit? Ich habe bisher nur davon gehört, aber keines der Schiffe je im Einsatz gesehen. Ich beneide Ihren Commander. Hat er gesagt, wie der Name des Schiffes ist?“

Ti´Maran schmunzelte ob der Begeisterung des Menschen. „Der Name war ENTERPRISE. Was bedeutet er?“

„Er bedeutet Unternehmung aber auch Unternehmensgeist oder Unternehmungslust.

„Ein passender Name für ein Raumschiff“, meinte Ti´Maran. Dann wurde sie eine Spur ernster und sie fragte: „Wissen Sie, ob es neuartige Partikelwaffen an Bord der GALAXY-KLASSE gibt. Möglicherweise welche, deren Signatur bisher unbekannt sein könnte?“ Valand Kuehn war, als habe man einen Kübel Eiswasser über seinem Kopf ausgeleert.

Das war es also. Man misstraute ihnen nicht nur, sondern man versuchte auch, durch Ti´Maran, zu erfahren, was er davon wusste. Auch Ti´Maran glaubte also, selbst nach den sechs Wochen an Bord, dass die Föderation Welten der Romulaner angegriffen hatte. In all der Zeit hatte Ti´Maran ihm also nur etwas vorgespielt.

An diesem Punkt seiner Überlegungen angekommen, verfinsterte sich der Blick des Norwegers, und er stand abrupt auf. Zornig funkelte er die Romulanerin an und zischte wütend: „Darum ging es also die gesamte Zeit über! Sie wollten in all den Wochen lediglich in Erfahrung bringen, was ich bezüglich der neuen GALAXY-KLASSE, und über ihre Bewaffnung weiß, weiter nichts. Und ich Narr hatte wirklich gedacht, dass es eine Möglichkeit geben könnte, dass unsere beiden Völker auf einer gewissen Vertrauensbasis mit einander umgehen können. Ich habe mich wohl geirrt.“ Damit wandte er sich zum Gehen.

Schnell erhob sich Ti´Maran und stellte sich dem Norweger in den Weg. „Ja es stimmt. Das war ursprünglich mein Auftrag!“, erwiderte sie heftig. „Aber dann haben ich Sie besser kennengelernt, Valand Kuehn, und mir wurde bewusst, dass Sie nichts mit diesen Angriffen zu tun haben. Aber verstehen Sie doch, wir mussten herausfinden, ob nicht doch ein neues Schiff der Föderation in der Lage sein könnte, die Angriffe durchgeführt zu haben. Was hätten Sie denn getan?“

„Ich hätte es mit der Wahrheit versucht, Sublieutenant“, erwiderte Kuehn kalt. „Auf der Erde gibt es ein Sprichwort das besagt: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht. Damit wandte er sich endgültig ab und verließ das Quartier.

Kaum dass sich das Schott hinter ihm geschlossen hatte, riss sie sein Trinkglas vom Tisch.

„Veruul!“, schrie sie durch das geschlossene Schott hinter Kuehn her und warf das Glas vor das Schott, das mit einem hellen Ton daran zerschellte.

 
 

* * *

 

Ausgesprochen mürrisch saß Valand Kuehn am nächsten Vormittag im Sessel des Captains und starrte auf den Hauptschirm. Er hatte vor etwa einer Stunde Tomalaks Schiff angerufen und darum gebeten, seinen Ersten Offizier im Austausch gegen Ti´Maran umgehend zu ALAMO zurück zu schicken. Tomalak selbst hatte sich gemeldet und seinem Wunsch entsprochen. Valand hatte Sylvie, nach ihrer Rückkehr, knapp Willkommen geheißen, und sich danach im Bereitschaftsraum ihren Bericht angehört. Vor etwa zehn Minuten hatte er dann die Brücke betreten, während Sylvie noch einen Kaffee im Bereitschaftsraum trank, und seitdem saß er fast reglos im Kommandantensessel und brütete vor sich hin. Er hatte das Gefühl gehabt, dass Ti´Maran gerne noch einmal unter vier Augen mit ihm gesprochen hätte, doch seine Enttäuschung hatte das nicht zugelassen.

Seine Haltung änderte sich erst, nachdem sie in das System einflogen, und Kurs auf den Planeten Cheron hielten. Schließlich meldete McCrea, dass die drei Schiffe sich einer gewaltigen Raumstation näherten.

Auf den Schirm wurde neben dem Planeten Cheron, eine Station sichtbar, die mit einer lichten Weite von über sieben Kilometern alle bisher gebauten Sternenflottenbasen weit in den Schatten stellte. Von Oben glich sie einem Zahnrad, wobei sich in jeder der zwanzig Einbuchtungen eine Werftanlage befand, die auch Schiffe von der Größe der TERIX aufnehmen konnte. Eine von ihnen, das ahnte Valand Kuehn, würde schon bald die ALAMO aufnehmen. Als sie näher kamen wurde auch das Profil von der Seite ersichtlich. Von dieser Warte glich die Station eher einem Konus mit stark konkav gewölbten Seiten. Kuehn schätzte, dass die Höhe der Station, inklusive Antennen, nicht ganz deren Durchmesser erreichte.

Wie der Norweger er vorausgesehen hatte, schleppten die beiden romulanischen Warbirds die ALAMO zu einer der unbesetzten Buchten, deren Tiefenstrahler gerade aktiviert wurden. Offensichtlich stand Tomalak bereits in längerer Funkverbindung zur Station und hatte die Aufnahme des Föderationsschiffes angekündigt. Mindestens die Hälfte der anderen Buchten war belegt, und in zwei von ihnen erkannte Kuehn die Gerippe im Bau befindlicher Schiffe, die bereits dieselbe Grundstruktur aufwiesen, wie die TERIX.

„Fantastisch“, entfuhr es Sylvie LeClerc, die von dem Norweger unbemerkt, ebenfalls die Brücke betreten hatte. „Dagegen wirkt selbst Sternenbasis-1 über der Erde kümmerlich.“

„Ja, das ist eine tolle Anlage“, gab Kuehn ihr Recht. „Ich frage mich, ob sie uns ausgerechnet deshalb zu dieser Basis gebracht haben, um uns zu beeindrucken und wir später von der gewaltigen Schiffsbaukapazität berichten. Vielleicht will man uns dahingehend manipulieren?“

Sylvie blickte ihn mit gelindem Erstaunen an. „Seit wann bist du denn so pessimistisch. Das passt gar nicht zu Dir.“

„Ich habe in der letzten Zeit ein paar Dinge dazugelernt“, erwiderte Kuehn finster, ohne zu erklären wie er seine Worte meinte. Nach einer Weile warf er der Französin einen entschuldigenden Blick zu und fügte hinzu: „Wir reden später, auf dem Rückflug, darüber.“

„Nur wenn uns diese Spitzohren nicht doch noch hopsnehmen“, orakelte die blonde Frau düster und erntete ein amüsiertes Schmunzeln des Norwegers.

„Dazu sind wir nicht wichtig genug, Sylvie. Die neue GALAXY-KLASSE wäre da schon eher die Kragenweite der Romulaner. Ich habe erfahren, dass ein Schiff dieser Klasse in Dienst gestellt wurde, die U.S.S. ENTERPRISE, unter Captain Picard.“ Sylvie blickte erstaunt. „ Der Captain Picard, von der STARGAZER?“

„Höchstpersönlich“, bestätigte Kuehn. „Er ist ebenfalls Franzmann.“

„He, bitte etwas mehr Respekt vor Franzosen. Wie du siehst bringen die es zu etwas.“ Der Norweger winkte ab. „Lassen wir das, ich...“

Kuehn wurde unterbrochen, als Petty-Officer McCrea meldete, dass sich Tomalak erneut meldete und auf den Hauptschirm schaltete.

„Sie werden bemerkt haben, dass wir unser Ziel erreicht haben“, begann Tomalak ohne Einleitung. Sobald wir die Traktorstrahlen unserer Schiffe deaktivieren, wird sie der Leitstrahl der Werft erfassen. Sie brauchen dann nichts weiter zu tun, die Werftmannschaft ist informiert und wird sie hereinholen. Danach wird ein Docktunnel an eine ihrer Seitenschleusen gefahren, über den sie das Schiff später verlassen können. Sie werden dort dann vom Stellvertretenden Leiter der Station in Empfang genommen, der ihnen Ihre Quartiere zuweist, und sie mit den Gegebenheiten der Station vertraut machen wird. Später, so hoffe ich, werden Sie und Ihr Erster Offizier zusammen mit mir, dem Stationsleiter, und einigen weiteren Offizieren, zu Abend essen. Ich werde mich etwa eine halbe Stunde zuvor bei Ihnen melden.“ Valand Kuehn unterdrückte den Ärger, den er wegen Ti´Maran noch immer empfand und nickte verbindlich. „Wir freuen uns darauf, Commander Tomalak.“

„Dann sehen wir uns später. Tomalak, Ende.“

Das Konterfei des Romulaners verschwand vom Bildschirm und Kuehn wandte sich zu Sylvie um. „Du hast es gehört. Heute Abend gibt es romulanische Spezialitäten.“

„Toll, die hatte ich sechs Wochen lang. Langsam bekomme ich Sodbrennen davon. Ich kann Dir versichern, an deren Küche ist gar nichts speziell.“

„Das eine Mal wirst du auch noch überstehen“, spöttelte Kuehn und nahm die Meldung von Thania Walker, dass die ALAMO nun vom Leitstrahl der Station erfasst und gesteuert wurde, gelassen entgegen. Er wandte sich wieder Sylvie zu. „Du hast die Brücke.

Sollte etwas sein, ich bin in meinem Quartier und packe einige persönliche Gegenstände ein.“ Sylvie LeClerc nickte, und sie wusste, dass es die Haarsträhne seiner verstorbenen Frau war, und die Phiole mit Ahy´Vilaras Blut, die er mitzunehmen gedachte.

 
 

* * *

 

Die Übergabe der U.S.S. ALAMO war problemlos vonstatten gegangen. Nachdem sämtliche Datenbanken gesichert und gegen unbefugten Zugriff geschützt worden waren, hatte die Crew das Schiff verlassen und in die Obhut der Werftcrew gegeben. Zwar gab es in den Datenbanken des Föderationsschiffes keine Dateien, welche die Romulaner nicht hätten einsehen dürfen, ohne dass der Föderation dadurch ein Nachteil entstand, aber Kuehn hatte beschlossen, so zu tun, als wäre es anders. Wenn die Romulaner unbedingt ihre Paranoia pflegen wollten, dann konnte es vielleicht nicht schaden, dieser Paranoia Nahrung zu verschaffen, um einen Trumpf auf der Hinterhand zu haben. Zweifellos würde Tomalak am heutigen Abend das Thema Datenbank-Download noch einmal anschneiden, besonders da er erfahren würde, dass die Datenspeicher der ALAMO gesichert waren.

Und er, Valand Kuehn, würde um die Herausgabe der Dateien pokern, auch wenn er lieber Skat zu spielen pflegte.

Kuehn, der nach einer Dusche in der geräumigen Zimmerflucht stand, die er an Bord der Raumstation bewohnte, und sich ankleidete, lächelte kalt. Ja, er würde darum pokern, als würde die Existenz der Föderation davon abhängen, ob die Romulaner diese Dateien bekamen, oder nicht. Tomalak hatte das Spiel auf diese Weise begonnen, als er Ti´Maran zu ihm, auf die ALAMO, geschickt hatte, und nun kam die Revanche dafür.

Er ballte die Fäuste, als er sich bei diesen Rachegedanken ertappte. So kalt hatte er niemals sein wollen, aber Tomalak hatte ihm dieses Spiel aufgezwungen. Und auch Ti´Maran, die seine Gefühle auszunutzen gedacht hatte, um an Informationen zu gelangen.

Zeit erwachsen zu werden, und sich von einigen Illusionen zu verabschieden, überlegte Valand Kuehn düster. Doch da war immer noch jene mahnende Stimme in ihm – sein Gewissen, und er war erleichtert, dass sie noch da war. Auch wenn sie etwas an Einfluss eingebüßt zu haben schien. Unbewusst legte sich die Hand des Mannes auf die Brusttasche, in der er die Haarsträhne und das Blut seiner verstorbenen Frau bei sich trug, und er schloss seine Augen. Für einen Moment glaubte er ihre Stimme zu hören, die ihn daran erinnerte, wer er war, und wie er sein sollte.

Keine Angst, ich werde immer der bleiben, der ich bin, dachte er. Aber ich werde andererseits, von nun an, auch das tun, was die jeweilige Lage erfordert, ohne dabei meine Prinzipien zu verraten, das verspreche ich.

Der Norweger war nie besonders religiös gewesen, aber in diesem Moment hoffte er inständig, dass seine Gedanken nicht ungehört blieben.

Vor etwa zehn Minuten hatte sich Tomalak über Interkom gemeldet, und ihm mitgeteilt, dass er und Sylvie, in zwanzig Minuten von einem Offizier abgeholt werden würden.

Das gab ihm Zeit sich gedanklich noch etwas auf die kommende Begegnung mit diesem Romulaner vorzubereiten. Bislang hatte man ihn und die Crew der ALAMO zuvorkommend behandelt, und Kuehn konnte nur hoffen, dass sich dies nicht ändern würde. Diese momentane Abhängigkeit von den Romulanern gefiel ihm nicht sonderlich.

Er kleidete sich fertig an, und setzte sich in einen der breiten Sessel um noch etwas zu entspannen. Fast überrascht öffnete er seine Augen wieder, als der Türsummer betätigt wurde, und erhob sich. Das Schott öffnete sich, als er seine Hand auf den Kontakt, an der Wand daneben, legte.

Draußen wartete ein schlanker Romulaner mittleren Alters und Sylvie LeClerc, die der Offizier zuvor abgeholt hatte. Er bat die beiden Menschen ihm zu folgen.

Nach kurzer Zeit erreichten sie einen der zahlreichen Turbolifts, den sie benutzten um schneller Vorwärts zu kommen. Als sie schließlich vor dem Quartier ankamen, das Tomalak zur Zeit bewohnte, betätigte der Romulaner den Türmelder, ließ beide Sternenflottenoffiziere eintreten und entfernte sich dann.

Valand Kuehn fragte sich, ob wirklich alle Installationen der Romulaner in Grün- und Brauntönen gehalten waren, denn auch hier herrschten diese beiden Farben überwiegend vor.

Tomalak schritt auf sie zu und begrüßte sie freundlich, wenn auch Wachsamkeit in seinen Augen lag. Er führte sie zu dem großen Tisch hinüber, an dem der Norweger neben einem hager wirkenden älteren Romulaner auch Ti´Maran wiedererkannte. Kuehns Vermutung über die Position des Hageren bestätigte sich, als Tomalak ihn vorstellte. „Das ist Kommandant Horakan. Er leitet diese Station schon seit einigen Jahren Ihrer Zeitrechnung.“ Valand Kuehn und Sylvie LeClerc verneigten sich leicht in Richtung des Kommandanten, der den Gruß stumm auf dieselbe Weise erwiderte.

Dann wies Tomalak auf die Romulanerin und erklärte: Sublieutenant Ti´Maran haben sie bereits kennengelernt. Ihr Bericht ist sehr positiv ausgefallen, Commander Kuehn. Ich dachte das würden Sie gerne wissen.“

„Danke, Commander Tomalak. Es war sehr interessant Ihren Sublieutenant an Bord der ALAMO zu haben.“ Dabei warf er der Romulanerin einen kurzen Seitenblick zu, den nur sie zu deuten wusste.

„Bitte, setzen Sie sich“, schlug Tomalak vor und deutete auf zwei freie Plätze am Tisch, der eine etwas längliche, sechseckige Form aufwies. Während sich Valand Kuehn an die Schmalseite, Tomalak gegenüber setzte, nahm Sylvie LeClerc zu Valands Rechten, neben Ti´Maran Platz.

Eine Ordonanz, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, servierte nun Platten mit romulanischen Gerichten. Dazu wurde Kali-Fal gereicht, und Valand warf seiner Begleiterin einen warnenden Blick zu, den sie richtig interpretierte. Auch sie hatte bereits von den Nebenwirkungen auf den menschlichen Körper gehört.

Der Norweger nahm genug um nicht unhöflich zu erscheinen, aber nicht so viel, um es im Falle eines Falles nicht mit Todesverachtung herunter bringen zu können. Immerhin hatte er noch die mahnenden Worte von Sylvie im Ohr.

Sie prosteten einander mit dem Kali-Fal zu, und Valand beobachtete die drei Romulaner dabei, wie sie ihr Besteck ergriffen, bevor er sein eigenes nahm. Er wollte nicht dadurch unangenehm auffallen, dass er es möglicherweise falsch herum hielt. Es stellte sich jedoch sehr schnell heraus, dass dies kaum möglich war, denn es unterschied sich nur gering von dem Besteck, welches auch Menschen benutzten.

Dennoch, so wusste Kuehn, konnte man sich auch durch Kleinigkeiten blamieren, die weniger offensichtlich waren. So nahmen beispielsweise Japaner Reis und Nudeln nur von der Seite aus der Schüssel, nie direkt von oben – es sei denn, sie hätten den Göttern opfern wollen. Auch legte man die linke Hand dort nie auf, sondern stets unter den Tisch. Solche kleinen Fehler wollte Valand Kuehn hier vermeiden.

Nachdem er einige Bissen probiert hatte, atmete er erleichtert auf. Zwar schmeckten die Speisen entweder zu fade oder zu scharf, aber man konnte sie essen, ohne dass einem davon übermäßig übel wurde. Sylvie LeClercs Gesichtsausdruck sprach hingegen eine andere Sprache. Valand war sich sicher, dass ihr im Moment ein Wurstbrot lieber gewesen wäre.

Tomalak war höflich genug, zu warten, bis sie zu Ende gespeist hatten, bevor er sich in seinem Sessel zurücklehnte, und das Thema, nach einigen belanglosen Sätzen, auf die Datenbanken der ALAMO brachte. Seine Augen verengten sich unmerklich, als er Kuehn direkt ansah, und sagte: „Kommandant Horakan berichtete mir, dass die Datenbanken der ALAMO gesichert worden seien. Natürlich wurde das von der Reparaturcrew nur zufällig, bei einem Routinecheck der Schiffsfunktionen entdeckt.“

„Natürlich“, entgegnete Kuehn verbindlich. „Es ist eine Standardmaßnahme, wenn das Schiff in fremde Hände gegeben wird, und kein Misstrauen unsererseits. Ich gestatte mir darauf hinzuweisen, dass die Datenbanken, bei nicht autorisiertem Zugriff, oder auch nur einem solchen Versuch gelöscht werden. Auch das ist lediglich eine Standardprozedur.“

Horakan musterte Kuehn forschend, während Tomalak ihn mit einem finsteren Blick bedachte und fragte: „Was gedenken Sie uns als Gegenleistung zukommen zu lassen, für die Hilfe, die wir Ihnen leisten? Ich denke, dass es nur angebracht wäre, wenn wir im Gegenzug Einsicht in Ihre Forschungsarbeit nehmen dürften.“

Sowohl Valand Kuehn, als auch Sylvie LeClerc wussten, dass es diesem Romulaner wohl kaum um Forschungsergebnisse ging, und die Französin wollte eine entsprechende Bemerkung machen, doch Valand hielt sie davor zurück, indem er unter dem Tisch seine Hand auf ihr Knie legte und spürbar fest zudrückte. Er selbst antwortete dabei: „Die meisten unserer Forschungsdaten gingen bei der Katastrophe verloren, Commander. Ich glaube kaum, dass Sie mit den Fragmenten etwas anfangen können. Ansonsten enthalten unsere Datenbanken nur Daten über die ALAMO, die nicht Jedermann zugänglich sein sollen. Nur Offiziere der Sternenflotte dürfen diese Dateien einsehen, darum sind sie verschlüsselt. Selbst meine Autorisation ist zu gering, um diese Dateien aufzuschlüsseln.“ Das war nicht gelogen, auch wenn er verschwieg, dass die Autorisation von drei Offizieren anhand eines Notfallcodes dennoch erfolgen konnte. Aber das musste Tomalak nicht unbedingt erfahren.

Der düstere Blick der beiden Romulaner sprach Bände. Ti´Maran hingegen wirkte eher nachdenklich. Sie hatte ihn kennengelernt, doch sie enthielt sich irgendwelcher Kommentare, auch wenn der Norweger sich in diesem Moment sicher war, dass sie seine Aussagen gelinde gesagt anzweifelte. Für einen Moment blickte Ti´Maran ihn an, und eine Bitte schien in ihrem Blick zu liegen.

Kuehn wandte sich schnell wieder den beiden Männern zu, als Horakan zum ersten Mal das Wort ergriff und erklärte: „Der vorläufige Bericht der Werftcrew besagt, dass wir etwa drei Monate ihrer Zeitrechnung für die dringendsten Reparaturen veranschlagen müssen. Möglicherweise auch etwas mehr. Und selbst dann werden Sie kaum schneller fliegen können, als mit Warp-6,5. Allerdings werden Sie dann diese Geschwindigkeit permanent für mindestens eine Woche halten können, bevor sie eine kleine Erholungsphase für die Aggregate einlegen müssen. Es wäre außerdem hilfreich, wenn ihre Techniker meine Leute unterstützen würden.“

Kuehn nickte dankbar. „Ich werde Miss Kerath und Mister Chirome nachher in Kenntnis davon setzen, dass das Technische Team mit eingebunden werden soll.“

Der Romulaner nickte verbindlich.

Tomalak ergriff die Gelegenheit sich erneut zu Wort zu melden. „Commander Kuehn, ich fordere Sie noch einmal eindringlich auf, sich meinen Vorschlag zu überlegen. Aber überlegen Sie nicht zu lange, meine Geduld ist nicht unendlich, wie der Kosmos. Sie können nicht erwarten, dass Sie etwas von uns bekommen, ohne sich dafür erkenntlich zu zeigen.“ Trotz des diplomatischen Tonfalls spürte Valand Kuehn sehr deutlich, dass eine unüberhörbare Warnung darin enthalten war. Tomalak hatte nach dem Köder geschnappt, und schon sehr bald gedachte Valand Kuehn, die Leine einzuholen. Laut sagte Kuehn: „Ich werde über Ihre Worte nachdenken, Commander Tomalak.“

Sie verbrachten noch eine halbe Stunde mit Gesprächen über die Unterbringung der ALAMO-Crew auf der Station, und wie genau die Technische Abteilung des Föderationsschiffes in die Reparaturarbeiten mit eingebunden werden sollte.

Danach verabschiedeten sich die beiden Sternenflottenoffiziere von ihrem Gastgeber, und Tomalak wies Ti´Maran an, seine Gäste zu ihren Kabinen zurück zu bringen.

Nachdem sie das Quartier der Französin erreicht hatten, und diese sich von Ti´Maran und Valand Kuehn verabschiedet hatte, geleitete die Romulanerin den Mann schweigend zu seinem Quartier. Erst vor dem Eingang überwand sich der Norweger, seine Begleiterin anzusehen und zu sagen: „Ich danke Ihnen, für den positiven Bericht an Tomalak, Sublieutenant.“

Ti´Maran sah ihn forschend an. Dann erwiderte sie, mit gedämpfter Stimme: „Ich möchte, dass Sie wissen, Commander, dass meine Sympathie für sie, an Bord der ALAMO, nicht nur vorgetäuscht war. Ich hoffe immer noch, dass Sie einsehen werden, dass ich nicht gegen den Befehl meines Vorgesetzten handeln konnte. Wenn man es genau nimmt, dann habe ich es letztlich dennoch getan. Gute Nacht.“

Sie wollte sich schon abwenden, doch Valand erwiderte schnell: „Ich war enttäuscht, Sublieutenant. Ich möchte gerne glauben, dass Sie wirklich nicht anders handeln konnten. Gute Nacht, Ti´Maran.“ Damit verschwand er in seinem Quartier und ließ eine bedrückte Romulanerin zurück.



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