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Star Trek - Timeline - 02-01

Das Sonneninferno
von

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Ein Aufwärtstrend

Zweites Logbuch der U.S.S. ALAMO

Commander Valand Kuehn

Sternenzeit: 41102.8

 

Heute, am 07.02.2364 ist der große Tag heran gekommen. Wir haben den Warpkern und alle Nebenaggregate, so gut wir es mit den beschränkten Bordmitteln eines halbwracken Schiffes vermochten, repariert, so dass wir uns daran machen können, einen Kaltstart zu wagen. Die letzten sieben Monate haben uns alle Mühe und Kraft gekostet, aber es hat sich am Ende ausgezahlt. Kontinuierlich hat sich der Zustand von Schiff und Besatzung verbessert. Lieutenant-Commander Melanie Gerlach hat nur noch wenige Patienten in der Woche, die wegen psychischer Probleme zu ihr kommen, und langsam stellt sich nun auch wieder seelische Normalität an Bord ein.

Ich kann vermerken, dass der dienstliche Ablauf an Bord reibungslos funktioniert, da die Mannschaft zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammengewachsen ist. Jedermann an Bord ist davon überzeugt, dass wir heute Erfolg haben werden.

Sollte dies tatsächlich zutreffen, so ist es sicherlich zum großen Teil das Verdienst von Lieutenant Chirome und seiner technischen Crew, die geradezu unglaubliches geleistet hat. Aber auch alle anderen Besatzungsmitglieder verdienen meine volle Anerkennung und meinen Dank für ihren hervorragenden Einsatz.

In einer Stunde – etwa gegen 13:00 Uhr Bordzeit – werden wir erfahren, ob sich die Mühen der letzten Zeit auszahlen. Bereits jetzt spürt man die fiebrige Erwartung bei der gesamten Crew.

Lieutenant Chirome ist zwar der festen Ansicht, dass das Schiff mit dem Provisorium, das wir zusammengebaut haben, wohl nicht einmal ganz Warp-6 erreichen wird, aber selbst mit einer Geschwindigkeit die knapp darunter liegt, wären wir, inklusive der Erholungsphasen für den Warpantrieb, in der Lage, die Föderation in einem Jahr, und das Sol-System in knapp drei Jahren zu erreichen. Sofern nicht unerwartete Ereignisse dazu führen, dass unser Flug länger dauert. Wir alle an Bord können nur hoffen.

 
 

* * *

 

Commander Valand Kuehn hatte den Kaltstart des Warpkerns bewusst in den Bereich kurz nach 13:00 Uhr Bordzeit gelegt, da in der Zeit von 13:00 bis 15:00 Uhr sowohl die erste Schicht, als auch die zweite Schicht Dienst tat, und die Stationen somit ohnehin doppelt besetzt waren. Auf diese Weise musste er die Leute nicht zusätzlich mehr belasten, als es ohnehin schon der Fall war. Seit geraumer Zeit schon war man wieder zum vertrauten Zehn-Stunden-Schichtsystem zurückgekehrt, wobei die Kernzeiten um 06:00, 14:00 und 22:00 Uhr Bordzeit begannen. Abgelöst wurde jeweils eine Stunde davor. Auf diese Weise kam es zu jeweils zwei Stunden, die sich die Dienstzeiten überlappten, was sich als äußerst effizient herausgestellt hatte.

Nachdem Sylvie LeClerc ihn abgelöst hatte, machte sich Valand Kuehn umgehend auf den Weg in den Maschinenraum, um direkt vor Ort zu sein, wenn das Herz des Schiffes wieder anfangen sollte zu schlagen.

Chirome, den er bereits im Vorfeld darüber informiert hatte, beim Start anwesend sein zu wollen, wartete bereits ungeduldig, als der Norweger zu ihm herein kam.

„Wie ich sehe, sitzen Sie bereits auf glühenden Kohlen, Chirome. Nun denn, wenn Sie bereit sind, dann legen sie bitte los.“

Der Bolianer blickte den Commander fragend an, und Sarah Mintal übernahm es, ihm zu erklären, was es mit den glühenden Kohlen auf sich hatte. Schließlich grinste der Bolianer und meinte: „In Ordnung, Commander. Dann halten Sie sich jetzt gut fest.“

Kuehn beschloss den nicht ganz ernst gemeinten Rat des Bolianers dennoch zu befolgen und schritt zu Sarah Mintal an den Haupt-Schalttisch. Von dort aus konnte er nicht nur am besten überwachen, was der momentane Chefingenieur der ALAMO tat, sondern sich auch notfalls einen Halt verschaffen.

Währenddessen stand Chirome an einer der beiden großen Seitenschalttafeln und aktivierte nacheinander die Nebenaggregate. Nachdem er sich gewissenhaft davon überzeugt hatte, dass alle Aggregate innerhalb normaler Parameter arbeiteten sagte er: „Achtung, Commander, ich nehme jetzt den Start des Warpkerns vor.“ Dabei blickte er zu Mark Langdon, der an der zweiten Schalttafel stand, bereit den Chief zu unterstützen.

Wie bei dem ersten Versuch, vor über fünfzehn Monaten, wurde das Schiff von einem tiefen, langsam ansteigenden Brummen erfüllt, als Chirome und Mark Langdon den Startprozess initiierten. Dabei behielten sie permanent die Anzeigen der Seitenkonsolen im Auge. Doch nichts ungewöhnliches ereignete sich.

Einige Minuten warteten sie ungeduldig, bis der Warpkern auf Temperatur war, bevor Chirome den Materie/Antimaterie-Fluss startete. Wie schon beim ersten Versuch glühte der Warpkern schwach auf und das Gerät gab ein dumpfes Pochen von sich. Das Pochen steigerte sich nach einigen Sekunden zum typisch rhythmischen Arbeitsgeräusch des Warpkerns, blieb jedoch im Vergleich zu dem gescheiterten Versuch diesmal konstant. Das Glühen der Reaktionskammerringe wurde intensiver und stabilisierte sich.

Für einen Moment wurde es so still im Kontrollraum, dass man nur das gleichmäßige Arbeitsgeräusch hören konnte. Dann sagte der Bolianer lakonisch: „Es funktioniert.“

Im nächsten Moment sprachen alle Anwesenden gleichzeitig, jubelten, und schüttelten sich die Hände. Sarah Mintal umarmte Kuehn einfach, und errötete bis unter die Haarwurzeln, als ihr der Fauxpas bewusst wurde. Schnell gab sie ihn wieder frei.

Valand Kuehn, der selbst den gleichen Enthusiasmus verspürte, und den emotionalen Ausbruch der Frau nur allzu gut verstand, lachte aufmunternd und meinte beruhigend: „Machen Sie sich deswegen keine Gedanken, Miss Mintal. Ich weiß, wie es gemeint war.“

„Danke, Commander.“

Kuehn nickte noch einmal und schritt hinüber zu Chirome, der noch immer nicht ganz zu glauben schien, dass der Warpkern problemlos arbeitete. Er beglückwünschte den Bolianer, und danach auch Mark Langdon und den Rest des Teams. Dann wandte er sich wieder zu dem Bolianer und erklärte. Bitte bleiben Sie wachsam, wir werden jetzt versuchen, das Schiff auf Warp zu beschleunigen. Erst wenn das ebenfalls funktioniert werden wir wirklich einen Grund zum feiern haben.“

Damit verließ Kuehn den Maschinenraum und bekam nicht mehr mit, wie Mark Langdon zu Sarah Mintal schritt und anzüglich meinte: „Ich hoffe doch, dass du nicht vorhast auf diese Weise Karriere zu machen. Was ist denn das für eine Art, sich einfach dem Commander an den Hals zu schmeißen?“ Damit ließ er die fassungslose Frau stehen und wandte sich amüsiert seiner Konsole zu.

Valand Kuehn erreichte kurze Zeit darauf die Brücke. Sylvie LeClerc hatte an den Maschinenkontrollen die Fortschritte im Maschinenraum überwacht. So wussten die beiden Brückencrews von dem Erfolg und man blickte sich auch hier triumphierend an.

Zielstrebig schritt Valand Kuehn, der von neuer Energie erfüllt zu sein schien, zum Sitz des Captains und nahm darin Platz.

„Bitte alle auf ihre Stationen“, bat er nachsichtig. Die Crew beeilte sich, seiner Aufforderung Folge zu leisten. Als Sylvie an der noch immer defekten Wissenschaftsstation saß, blickte Kuehn nach vorne. CONN und NAV waren bereit. Die Steuerung des Schiffes hatte Thania Walker übernommen, da sie die erfahrenste Pilotin für Großraumschiffe war.

„Dann wollen wir es wagen“, erklärte Kuehn mit fester Stimme. „Miss Walker, gehen sie zunächst auf Warp-1. Achtung – Beschleunigen.“

Die Pilotin reagierte sofort. Für einen Moment gewann Valand Kuehn, dass es nicht funktionierte, doch dann veränderte sich die Anzeige auf dem Hauptschirm, und die Sterne bildeten das altbekannte Streifenmuster, wie es für den Flug im Subraum üblich war.

Kuehn spürte sein Herz vor Aufregung pochen, und in diesem Moment erkannte er, wie weit er noch davon entfernt war, ein so abgeklärter Offizier zu werden, wie es Captain Cianera Crel gewesen war. Dennoch nach Außen hin beinahe unnatürlich ruhig, sagte er: „Thania, steigern sie jetzt unsere Fahrtstufe langsam auf Warp-5. Sagen Sie laufend die vollen Warp-Faktoren dabei an.“

„Aye, Commander.“ Die gebürtige Kanadierin beschleunigte langsam und gleichmäßig, wobei sie in Abständen von einigen Sekunden durchgab: „Warp-2... Warp-3... Warp-4... Warp-5. Befohlene Fahrtstufe erreicht.“

Verhaltener Jubel erfüllte die Brücke, doch ein Blick von Sylvie LeClerc mahnte schnell wieder zur Ordnung, während Kuehn verstehend lächelte. Dann erklärte er: „Thania, weiter beschleunigen in Schritten von einem Zehntel Warp. Dabei laufend die Fahrtstufe ansagen.“

Thania Walker bestätigte. „Warp-5,1... 5,2... 5,3... 5,4... 5,5... 5,6... 5,7... 5,8...“

Das Schiff begann schwach zu vibrieren. Gleichzeitig sprang Sylvie LeClerc auf und war an der OPS. „Die strukturelle Integrität wird schwächer“, meldete sie sich gleich darauf, mit warnendem Unterton.

Kuehn reagierte schnell. „Auf Warp-5,7 zurückgehen.“

„Verstanden, Warp-5,7 eingestellt.“

Das Vibrieren hörte auf und Sylvie LeClerc erklärte erleichtert: „Strukturelle Integrität bleibt konstant.“ Zu dem jungen Crewman an der OPS sagte sie: „Achten Sie darauf, dass der Wert für die strukturelle Integrität des Schiffes nicht abnimmt.“

„Aye, Ma´am.“

Derweil hatte Kuehn seinen Kommunikator aktiviert und Lieutenant Chirome angerufen. „Chirome, wie sieht es bei Ihnen da unten aus. Wir fliegen momentan mit einem Wert von Warp-5.7 – mehr ist nicht drin, ohne dass die ALAMO auseinanderfällt.“

Chiromes Antwort erfolgte umgehend. „Der Warpkern kann diese Belastung maximal sechs Stunden aushalten, Commander. Danach müssen wir für etwa elf Stunden abschalten.“

„Ist das ein sicherer Wert?“, erkundigte sich Kuehn.

„Sicher wären zwölf Stunden, Commander“, gab der Bolianer Auskunft.

„Dann legen wir die Pausen auf zwölf Stunden fest, Mister Chirome. Kuehn, Ende.“ Valand Kuehn lehnte sich entspannt im Sessel des Captains zurück und schloss für einen Moment seine Augen. Dann blickte er wieder auf den Bildschirm der auch weiterhin den beruhigenden Anblick der Sternenstreifen übermittelte, und fast unhörbar flüsterte er: „Wir werden nach Hause kommen.“

 
 

* * *

 

Persönliches Logbuch

Commander Valand Kuehn

Sternenzeit: 41103.7

 

Der heutige Tag war einer der glücklichsten, seit der Katastrophe.

Die U.S.S. ALAMO zum ersten Mal, seit mehr als fünfzehn Monaten, erfolgreich einen Teil der Strecke, zurück in Föderationsraum, mit Warpgeschwindigkeit zurückgelegt. Damit ist uns ein zweiter wichtiger Schritt auf unserer Heimreise gelungen. Ich wollte nur, Ahy´Vilara wäre dabei gewesen. Immer wieder denke ich an sie, wobei ich in der letzten Zeit mit Erschrecken festgestellt habe, dass die Bilder der Erinnerungen langsam verblassen. Es fällt mir immer schwerer, mir bestimmte Momente bildlich ins Gedächtnis zu rufen. Ich habe Angst, dass diese Bilder irgendwann völlig fort sein könnten. Was mir bleibt sind die Aufnahmen von ihr, auf meinem PADD. Anfangs habe ich sie mir jeden Abend angesehen. Mittlerweile schaue ich sie nur noch gelegentlich an. Ich habe mit Melanie darüber gesprochen, weil ich Angst davor habe, dass meine Gefühle für sie – so wie meine Erinnerungen – immer mehr nachlassen.

Melanie meinte, dass dies eine ganz normale Entwicklung sei, und dazu ein gutes Zeichen, weil es, wie sie meint, ein Beweis dafür ist, dass ich den Verlust meiner geliebten Frau zu verarbeiten bereit bin.

Nach dem Gespräch mit Melanie bin ich tief in mich gegangen, und ein Teil von mir spürt, dass sie Recht hat. Ein anderer Teil sträubt sich hingegen immer noch, Ahy´Vilara wirklich loszulassen, auch wenn mittlerweile die Einsicht da ist, dass dieser Moment irgendwann kommen wird. Kommen muss...

Ich bin erleichtert, dass die Tatsache, dass Melanie und ich mit einander geschlafen haben, nicht zu einem ernsthaften Konflikt zwischen uns geführt geführt hat. Natürlich waren wir noch eine geraume Weile etwas befangen, in manchen Situationen, aber darüber sind wir hinweg, und wir sind glücklich darüber, dass es uns gelang die vorherige Freundschaft zu einander, zu bewahren.

Mit Sylvie verstehe ich mich besser den je, und zwischen Chirome und mir ist mittlerweile eine Freundschaft gewachsen, wie ich sie zuvor kaum für möglich gehalten habe, da wir doch sehr verschieden sind. Doch anscheinend bin ich ein Wesen, dass den Gegensatz braucht, denn wie sonst wäre es zu erklären, dass ich mich mit Wesen wie Tar´Kyren Dheran, Sylvie LeClerc oder auch Chirome so gut verstehe? Und auch meine verstorbene Frau passt in dieses Schema.

Sarah Mintal hingegen ist ein Original. Trotz ihrer flapsigen Art und ihrer Angewohnheit schlimmer zu fluchen, als zehn Tellariten, kann man ihr nie wirklich böse sein. Zusammen mit Lieutenant Kovak, dem vulkanischen Wissenschaftsoffizier, hat sie es vor einigen Tagen geschafft eine der beiden Wissenschaftsstationen der Brücke wieder notdürftig zusammen zu flicken, so dass wir wieder damit beginnen können, die Sensordaten wissenschaftlich auszuwerten. Zunächst wird Kovaks hauptsächliche Aufgabe darin bestehen, unseren Standpunkt genauer zu ermitteln, was nicht ganz leicht werden dürfte. Dennoch vertraue ich auf die Fähigkeiten dieses jungen Vulkaniers. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn es uns nicht gelingen sollte, unseren Kurs schon bald exakter festzulegen, als bisher.

 
 

* * *

 

„Man könnte fast meinen, es würde mit dem Teufel zugehen“, knurrte Sylvie LeClerc, als sie Valand Kuehn am nächsten Tag auf der Brücke ablöste. „Kovak versucht sein Bestes, aber wir haben bislang keinen Stern ausmachen können, der als Orientierungspunkt in Frage käme. Natürlich funktionieren auch unsere lateralen Sensoren nicht optimal.“

Valand Kuehn nickte. „Das wird schon werden. Wir dürfen jetzt nicht gleich alles auf einmal wollen. Es ist überhaupt ein kleines Wunder, dass wir wieder Warp-Kapazität haben.“

„Du hast ja Recht – aber man wird es wohl noch sagen dürfen.“

Valand grinste. „Darfst du. Lass uns mit Kovak mal durchgehen, was wir bisher ermitteln konnten.“

Gemeinsam schritten sie hinüber zur Wissenschaftskonsole, an der Kovak damit beschäftigt war, den letzten Orientierungspunkt vor der Katastrophe mit den Sternenkarten abzugleichen, und aufgrund der letzten bekannten Kursdaten, unmittelbar vor dem Einschlag der beiden Plamaausläufer, die wahrscheinlichste Position der ALAMO zu ermitteln. Durch ein Annäherungsverfahren unter Zuhilfenahme des Mittelwertprinzips, hatte er zwar einen ungefähren Kursvektor ermitteln können, der das Schiff mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Föderationsraum zurück bringen würde, doch es bestand weiterhin die Gefahr dabei, unabsichtlich romulanisches Territorium zu verletzen. Und niemand an Bord konnte sagen, welche politisch fatalen Folgen für die Föderation dies möglicherweise haben würde.

Als Valand Kuehn und Sylvie LeClerc bei ihm erschienen, blickte er auf und grüßte freundlich distanziert.

Beide erwiderten den Gruß und Valand Kuehn fragte: „Konnten Sie unseren Kurs schon genauer bestimmen, Mister Kovak?“

„Nein, Commander“, antwortete der Vulkanier ruhig, während er den beiden Offizieren gleichzeitig die Daten zeigte, nach denen man momentan den Kurs des Schiffes bestimmte. „Es wäre hilfreich einen, oder noch besser zwei unverwechselbare Sterne oder Stellare Objekt zu erfassen, deren relative Position zur Erde wir kennen. Dann wäre es ein simples mathematisches Problem unsere Position annähernd exakt zu bestimmen. Unsere bisherigen Berechnungen sind bestenfalls unzureichend.“

Kuehn lächelte schwach. Ihm war bekannt, dass Vulkanier nichts davon hielten Dinge abzuschätzen. Sie bevorzugten exakte und klar Definitionen, die sich logisch begründen ließen. Das war ihre Stärke – und zugleich auch ihre Schwäche. „Danke, Mister Kovak. Ich hoffe, dass wir bald in der Lage sein werden, mindestens ein solches Objekt zu identifizieren. Einige der Spezialisten versuchen zur Zeit die Leistung des noch funktionierenden Teils des Computerkerns zu steigern. Und Mister Chirome bemüht sich, die lateralen Sensoren besser auszurichten, als bisher.“

Kovak hob etwas die Augenbrauen. „Ich wollte damit keine Kritik üben, Sir.“

Kuehns Lächeln wurde etwas breiter. „Natürlich nicht, denn das wäre unlogisch.“

Die Züge des Vulkaniers drückten so etwas wie verhaltene Überraschung aus, als er bestätigend meinte: „Korrekt, Commander.“

Valand Kuehn wechselte einen amüsierten Blick mit Sylvie LeClerc und erklärte: „Du hast die Brücke, ich werde Chirome besuchen und mich nach den Fortschritten erkundigen. Vielleicht kann er uns etwas zaubern, das uns weiterhilft.“

Kovak blickte dem Commander fragend hinterher, bevor er sich zu der Französin wandte und irritiert fragte: „Glaubt der Commander wirklich an Zauberei?“

Sylvie LeClerc fiel es schwer ein Lachen zu unterdrücken, als sie erwiderte: „Mister Kovak, das war nur ein irdisches Sprichwort.“

„Sie meinen, eine Art bildlicher Vergleich?“

„Richtig, Lieutenant.“

„So etwas kennt man auf Vulkan nicht.“

Die blonde Frau grinste offen. „Schade, Mister Kovak. Logische bildliche Vergleiche wären sicherlich – faszinierend.“ Damit ging sie, und Kovak überlegte bei sich, dass er die Menschen noch sehr lange studieren müssen würde, um ihre Eigenarten zu verstehen. Besonders aber das, was Menschen Humor nannten.

 
 

* * *

 

Kuehn fand Chirome in einem der Zugangsschächte zu den lateralen Sensoren der Backbordsysteme auf Deck-10. Der Bolianer hatte einige der Wartungsklappen geöffnet und war mit dem Oberkörper halb in einer der Kammern verschwunden, in denen sich die Schaltelemente der Sensoren befanden.

Kuehn gab sich Mühe etwas Lärm bei seiner Annäherung zu machen, damit der Bolianer ihn kommen hörte, um nicht möglicherweise durch ihm erschreckt zu werden. Als er bis auf wenige Meter in dem engen Schacht heran gekommen war, zog sich Chirome aus der Kammer zurück, und blickte an seinem Körper hinunter zu ihm.

„Ach, Sie sind es, Valand.“

„Ja, ich bin es nur“, spöttelte Valand Kuehn gutmütig. „Hatten Sie jemand anderen erwartet, Chirome?“

Etwas genervt erwiderte der Bolianer: „Eigentlich ja. Sarah geht mir heute bereits den gesamten Tag über auf die Nerven, wegen der verdammten Umweltkontrollen. Sie ist der Meinung, dass es im Maschinenraum zu warm ist. Dabei habe ich ihr schon so oft erklärt, dass ich bei exakt 23 Grad Celsius am besten arbeiten kann. Sie meint hingegen, sie käme aus Finnland, wo immer, bei allen Sternendämonen, das auf der Erde auch liegen mag, und sie wäre somit ein kühleres Klima gewöhnt.“

„Vielleicht sollten Sie ihr etwas entgegen kommen, und sich auf 22 Grad einigen“, schlug Valand Kuehn vor.

Das Gesicht des Bolianers drückte nur zu deutlich aus, was er von diesem Vorschlag hielt. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, ergriff Kuehn erneut das Wort: „Kommen Sie, Chirome, springen Sie über ihren Schatten. Das eine Grad weniger bringt Sie nicht um, und sie haben dann ein gutes Argument gegenüber Sarah, nicht noch weiter mit der Temperatur herunter zu gehen, weil Sie derjenige waren, der zuerst eingelenkt hat.“

Noch während der Bolianer über die Worte des Commanders nachdachte, sprach sein Kommunikator an und Sarah Mintal meldete sich mit ärgerlicher Stimme. „Hör zu, Chirome: Möglicherweise magst du ja Temperaturen, wie in einem Backofen. Aber ich gehe hier unten ein, wie eine Primel.“

Der Bolianer blickte den Commander bezeichnend an, bevor er seinen Kommunikator antippte und erwiderte: „Also schön, Sarah. Wir einigen uns darauf, eine Temperatur von 22 Grad Celsius einzustellen, kein Grad weniger. Und Plus, wenn ich bitten darf, ich möchte nicht, dass es da unten anfängt zu schneien.“

Ein Schnaufen war zu vernehmen, bevor die Finnin grimmig antwortete: „Also schön, du blauer Dickschädel, dann eben 22 Grad. Sarah, Ende.“

Chirome blickte wieder zu Kuehn und seufzte schwach. „Zufrieden, Commander?“

„Sehr zufrieden, Chirome.“ Kuehn grinste belustigt. Dann wurde er wieder sachlich und fragte: „Wie sieht es aus, können wir die Leistung der lateralen Sensorphalanxen steigern? Mister Kovak konnte bisher keine geeigneten Stellaren Objekte ausmachen, die uns eine genauere Bestimmung unserer Position ermöglichen.“

„Ich gebe mein Bestes, Commander, aber es wird sicherlich einige Monate dauern. Wir müssen die einzelnen Sensoren nämlich alle auf die gleiche Leistung bringen, oder das Ergebnis wird verfälscht. Wissen Sie, wie viele einzelne Sensorengitter das betrifft?

Kuehn überschlug in Gedanken, was er von den lateralen Sensoren der EXCELSIOR-KLASSE wusste, und meinte vorsichtig: „Über hundert?“

„Exakt 208 einzelne Sensorengitter“, erklärte Chirome. Und für jedes Gitter können wir einen kompletten Tag veranschlagen, eher mehr. Wenn ich eine optimistische Schätzung abgeben müsste, dann würde ich sagen, dass wir gegen Ende des Jahres soweit sein werden.“

Kuehn nickte. „Danke, Chirome. Beginnen Sie bitte sofort. Ich bin dankbar für jeden Extratag, den Sie einsparen. Ich versuche, Ihnen einige weitere Leute zu unterstellen, die ich entbehren kann.“

„Das wäre gut, Valand.“ Der Bolianer zögerte und Kuehn spürte, dass er noch etwas sagen wollte. Gleich darauf meinte Chirome: „Darf ich Sie etwas Persönliches fragen?“

Der Norweger nickte: „Nur zu.“

Chirome überlegte kurz, wie er das, was er fragen wollte, am besten in Worte fasste. Dann sagte er: „In den letzten Monaten, nach der Katastrophe, da haben Sie sich unermüdlich eingesetzt, um uns so weit zu bringen. Und wir alle hatten den Eindruck, als würden Sie keine Sekunde daran zweifeln, dass wir es schaffen werden. Was hat Ihnen diese unerschütterliche Kraft gegeben? Ich selbst bin manchmal verzweifelt, wenn ich ehrlich bin. Doch Ihr Vorbild, und auch das von Sylvie, hat mich jedes Mal weitermachen lassen.“

Kuehn wirkte beinahe gerührt. Er blickte Chirome in der engen Röhre an und antwortete ganz offen: „Auch mir ging es so, Chirome. Wissen Sie, es gehört zu den menschlichen Eigenschaften immer dann am besten zu sein, wenn es am schlimmsten ist. Eine Charakterschwäche, wenn man so will. Aber eine, die uns in dieser Lage manchmal genützt hat.“

Chirome blickte verständnislos. „Charakterschwäche?“

„Ja, denn wir könnten eigentlich immer so sein, nur sind wir es nicht.“

„Das könnte Stimmen“, gab der Bolianer nach einem Moment zu. „Aber mir ist es lieber so, als umgekehrt.“

Kuehn grinste schwach. „Mir auch, Chirome.“ Er machte Anstalten, sich wieder zu entfernen, als ihm noch etwas einfiel, und er sagte: „Ich bin froh, dass Sie und Sarah solche kleinen Probleme haben, wie eben.“

Chirome blickte fragend zu dem Norweger und Valand Kuehn erklärte: „Na ja, wenn man kleine Probleme hat, dann hat man zumeist keine großen Probleme.“ Damit verabschiedete er sich und ließ einen etwas nachdenklichen Bolianer zurück.



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