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Schatten der Vergangenheit

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Vielen Dank für eure lieben Kommis. Dafür gibt das neue Kapitel zur Abwechslung mal etwas früher als gewohnt. ;)
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.

Eure Zerina Komplett anzeigen

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Missgeschick

Harry war es gewohnt, auf der Abschussliste der Slytherins zu stehen, was er vor allem Draco Malfoy zu verdanken hatte. Klar, es war nervig, aber nichts, was Harry schlaflose Nächte beschert hätte. Außerdem hatte das Haus der Gryffindors ihn stets mit offenen Armen empfangen, ihm Halt und Wärme gespendet, wie er sie nie zuvor in seinem Leben gekannt hatte. Und dann waren da noch Ron und Hermine, auf die er sich immer hatte verlassen können. Sie waren die besten Freunde, die man sich nur wünschen konnte.

Doch nun war es anders. Er hatte keinen Ort mehr, der ihn willkommen hieß, an den er sich zurückziehen konnte, wenn ihm alles zu bunt wurde, wo seine Freunde, die Familie der Löwen auf ihn wartete. Er war alleine, gestrandet in einer längst vergangenen Zeit, umgeben von Baby-Todessern und dem Fluch seines Lebens höchstpersönlich. Es war schwierig, den Anfeindungen der Slytherins zu entgehen, wenn man von früh bis spät mit ihnen zusammen hocken musste, in einem Raum mit ihnen eingesperrt war.

In der Nacht nach seinem… Gespräch mit Riddle, in dem seine Lordschaft Harry das unglaublich großzügige und fast unwiderstehliche Angebot unterbreitet hatte, auf seine Seite zu wechseln -allein bei der Erinnerung wurde Harry kotzübel-, hatte der junge Gryffindor kein Auge zugetan. Gehüllt in das erwartungsvolle Summen der, wahrscheinlich, übertriebenen Anzahl von Schutzzaubern, die sein Bett wie eine unsichtbare Mauer umgaben, einzig an einem leichten Flimmern in der Luft zu erkennen, dafür aber umso deutlicher dank der großen Menge magischer Energie zu spüren, mit der Harry sie gespeist hatte, war er einfach nicht zur Ruhe gekommen. Ständig hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden, als würden die Schlangen nur auf eine Gelegenheit warten, ihn für seine Aufmüpfigkeit zahlen zu lassen. Was, wie sich am nächsten Tag sehr zu seinem Leidwesen herausstellte, sogar ziemlich nah an der Wahrheit lag.

Der Morgen war eine Endlosschleife aus gehässigem Getuschel, abwertenden Blicken, schadenfrohem Gelächter und anderen, kleineren Sticheleien, gefolgt von leise gemurmelten Zaubersprüchen am Mittag -anscheinend wurden die Schlangen mit der Zeit mutiger-, die Harry über seine eigenen Füße stolpern, sein Bücher wiederholt auf unerklärliche Weise vom Tisch fallen oder, was ihn ganz besonders nervte, seine Feder beim Schreiben mitten im Zaubertränke-Unterricht aus seiner Hand springen und eine Tanzeinlage hinlegen ließ, wobei sie dunkle Schnörkel aus Tinte auf dem Pergament zog, direkt über Harrys Aufzeichnungen, sodass der grünäugige Junge kein einziges Wort mehr entziffern konnte. Schließlich gab Harry genervt seufzend auf und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, die Arme vor der Brust gekreuzt.

Diese kleinen Sticheleien waren eine waschechte Plage, für Slytherin-Verhältnisse allerdings noch recht… harmlos. Und genau das machte Harry Sorgen. Das konnte noch nicht alles sein. Das war unmöglich. Slytherins waren die Meister der Vergeltung. Harry konnte das erwartungsvolle Knistern des Sturmes, der zweifellos auf ihn zukam, praktisch auf seiner Haut prickeln fühlen. Die Schlangen planten etwas. So wie immer. Sie würden es sich niemals gefallen lassen, von einem Halbblut an der Nase herumgeführt zu werden. In seiner Zeit wäre es einfach gewesen, das alles zu ertragen, dank seiner Freunde, seines Hauses, doch hier war es einfach nur lästig und ermüdend. Harry war schlichtweg, heillos genervt.

Gut, im Nachhinein musste er sich wohl oder übel eingestehen, dass es nicht gerade eine seiner besten Ideen gewesen war, den Schlangen die Abstammung seiner Mutter auf die Nase zu binden, doch er stand zu seiner Entscheidung. Er war stolz auf seine Eltern. Sie waren großartige Menschen gewesen, die bis zu ihrem letzten Atemzug gekämpft hatten, um ihn zu beschützen. Die ihn mit ihrer Liebe vor einem frühen Tod bewahrt hatten. Nichts und niemand würde ihn dazu bringen, ihr Andenken mit Füßen zu treten.

Nein, wirklich bodenlos und unheilbar dumm hatte er sich in dem Moment benommen, in dem er Riddle offen ins Gesicht gelacht hatte. Harry verstand nicht, was da über ihn gekommen war. Vielleicht war es die Anspannung gewesen, vielleicht Riddles, zugegeben vollkommen absurde, Worte oder der Gryffindor verlor schlicht und einfach nur den Verstand, das Übliche halt, aber… was auch immer der Grund gewesen sein mochte, Harry wusste, dass er damit sein Todesurteil unterschrieben hatte. Direkt vor der Nase des Sensenmannes höchstpersönlich. Ja… Wenn man im Wörterbuch den Begriff 'bescheuert' nachschlug, klebte daneben als leuchtendes Beispiel bestimmt ein Bild von ihm selbst. Gewundert hätte es ihn nach der Aktion Weißgott nicht.

Riddle benahm sich seit gestern Abend noch seltsamer als ohnehin schon. Wenn das überhaupt noch ging. Nach wie vor war er verdächtig nett und hilfsbereit Harry gegenüber. Er begleitete ihn wie ein Hund sein Herrchen -bei dem Vergleich musste der Gryffindor unwillkürlich grinsen-, half ihm, sich in den Stoff einzufinden, er hatte ihm sogar seine penibel geführten, in eleganter, gut leserlicher Handschrift verfassten Aufzeichnungen in die Hand gedrückt, gegen die selbst Hermines Mitschriften wie ein einziges Gekrakel wirkten! Und das wollte was heißen! Aber das alles war es nicht, was Harry störte. Er hatte sich mehr oder weniger mit Riddles Heuchelei und falsche Freundlichkeit abgefunden, obwohl er bezweifelte, dass das ein gutes Zeichen war. Nein, was ihn wirklich störte, war, dass Riddle ihn nicht mehr… bedrängte. Er rückte Harry nicht mehr wegen seiner Vergangenheit auf die Pelle, er versuchte nicht mehr, Harry durch geschickte Wortspiele Informationen zu entlocken oder ihn in die Enge zu treiben, bis er ihm von sich aus alles gestand. Natürlich wäre Harry nie etwas rausgerutscht, egal, wie viel Mühe sich seine Lordschaft auch gab, aber dass Riddle es nicht einmal mehr versuchte, rief in Harry eine nie gekannte Panik wach, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgte. Hinzu kam zum einen der siegessichere Ausdruck, der Riddles Augen keine Sekunde mehr verlassen zu wollen schien, zum anderen waren da noch die Baby-Todesser, die Harry mit jedem ihrer Blicke unmissverständlich einen langsamen, äußerst qualvollen Tod versprachen, also wie gehabt, das Problem jetzt war nur, dass eine gewisse erwartungsvolle Stimmung zwischen ihnen herrschte, als wäre alles schon beschlossene Sache und sie würden nur noch auf das Kommando ihres Herrn und Meisters warten, wie gute, brave Speichellecker es nun einmal taten. Hoffentlich gab der junge Lord ihnen auch genügend Leckerchen zur Belohnung.

Missmutig bedachte Harry die Feder, die unschuldig neben seinem beschmierten Pergament lag, als könnte sie keiner Fliege etwas zu leiden tun, mit einem mörderischen Blick. In den anderen Fächern hätte es ihn vielleicht nicht gestört, wenn seine Feder plötzlich zum Leben erwacht wäre, doch Zaubertränke war und blieb nun einmal sein schlechtestes Fach, wofür er vor allem Snape die Schuld gab, daher war er gar nicht einmal so unglücklich darüber gewesen, den Stoff ein zweites Mal durchnehmen zu müssen, auch wenn er das Buch des Halbblutprinzen schmerzlich vermisste. Die vielen, kleinen Hinweise hatten ihm sein Leben um einiges erleichtert, doch dann erinnerte Harry sich an den Fluch, den er darin gefunden hatte, und verwarf den Gedanken sogleich wieder. Es war gut, dass er das Buch los war. Er hätte Malfoy mit diesem verdammten Zauber beinahe umgebracht! Schon allein bei der Erinnerung daran, wie sein Erzrivale auf den Fliesen in einer Lache seines eigenen Blutes gelegen hatte, lief Harry ein Schauer des Grauens über den Rücken. Nein, so war es besser. Da quälte er sich lieber auf eigene Faust durch sein Hass-Fach und lief Gefahr, den Kessel zum Explodieren zu bringen!

...Tatsächlich brodelte das giftgrüne Gebräu in dem Zinnbehälter besorgniserregend stark, vor allem, wenn man bedachte, dass im Lehrbuch ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass der Trank überhaupt nicht brodeln durfte!

Alarmiert wandte Harry sich seinem Tischnachbarn zu, dessen Aufgabe es gewesen war, die Temperatur im Auge zu behalten, während Harry sich um das Protokoll kümmerte. Je weniger er mit dem eigentlichen Brauen zu tun hatte, desto besser, doch das Gleiche konnte man anscheinend auch von Alphard Black behaupten, denn anstatt sich um den Trank zu kümmern, hatte der Junge mit den grauen Augen und der langen, dunklen Mähne es vorgezogen, ein Nickerchen einzulegen, das Gesicht in der Beuge seines rechten Armes vergraben, der lang ausgestreckt auf der Holzplatte ihres Tisches lag. Harrys Herz sank ihm in die Hose. Nun, da er darauf achtete, drang sogar ein leises, gleichmäßiges Schnarchen an seine Ohren, das ihm eine Warnung hätte sein sollen, zuvor jedoch in dem Blubbern des seltsamen Gebräus untergegangen war.

Die unsagbare Erleichterung, die Harry verspürt hatte, als er in den Klassenraum getreten war und in der hintersten Reihe einen leeren Platz neben der Kopie seines Patenonkels gesehen hatte, auf den er natürlich sofort ohne nachzudenken zugesteuert war, da die einzige Alternative gewesen wäre, eine weitere Stunde eingeklemmt zwischen Abraxas Malfoy und Tom Riddle ertragen zu müssen, verschwand mit einem Schlag. Wenn sie nicht schnell eine Lösung fänden, würde der ihnen die fragwürdige Brühe noch um die Ohren fliegen, nichts, worauf Harry unbedingt scharf gewesen wäre, vor allem, da er keine Ahnung hatte, was sie da eigentlich fabriziert hatten. Damit wollte er bestimmt nicht in Berührung kommen. Wo war nur Hermine, wenn man sie brauchte, damit sie einen vor der Dusche eines falsch gebrauten Trankes bewahrte? Harry hätte heulen können.

Mit anwachsender Panik griff Harry nach Alphards Schulter, um ihn wachzurütteln, doch Sirius' Doppelgänger ließ lediglich ein verstimmtes Grunzen vernehmen, bevor er zu dem dunklen, friedlichen Geräusch seines Schnarchens zurückkehrte. Frustriert fuhr Harry sich mit einer Hand durch das Haar. Sein Blick zuckte hilflos zu dem nun schäumenden Gebräu, während er Alphard immer heftiger schüttelte, doch dieser weigerte sich vehement, auch nur ein Auge zu öffnen, obwohl Harry den starken Verdacht hegte, dass er bereits wach war.

Gerade wollte Harry aufgeben und einen Arm heben, um Professor Slughorn auf sich aufmerksam zu machen, da er selber keine Ahnung hatte, wie er das Unheil wieder bereinigen sollte, doch noch bevor er sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte, stieg das Brodeln im Kessel auf eine bedrohliche Lautstärke an.

Dank jahrelanger Übung, vor falsch gemischten Tränken mit unbekannten Auswirkungen in Deckung zu gehen, rutschte Harry von seinem Stuhl unter die dicke Platte des Tisches, wobei er Alphard instinktiv an einem Arm mit sich zog. Hastig legte er sich die Hände auf die Ohren und schon im nächsten Moment explodierte das Gebräu mit einem ohrenbetäubenden Knall, den Harry sogar durch seine Handflächen, wenn auch etwas gedämpft, hindurch vernehmen konnte. Ein Seitenblick auf Alphard zeigte ihm, dass der hochgewachsene Junge es ihm gleich tat, einen Gleichmütigen Ausdruck auf den aristokratischen Gesichtszügen, als wäre es für ihn nichts neues, dass Tränke in seiner Nähe in die Luft folgen. Seine grauen Augen kreuzten Harrys und ein leises, verschlagenes Schmunzeln trat auf seine Lippen, das in Harry die Frage aufwarf, ob dieser ganze Schlamassel nicht vielleicht sogar Alphards Absicht gewesen war, doch bevor er diesen Gedanken weiter verfolgen konnte, wurde er von einem hohen, panischen Kreischen abgelenkt.

Von seinem sicheren Platz unter dem Tisch aus beobachtete der Gryffindor, wie unzählige Spritzer des giftgrünen Trankes durch die Luft folgen, um als große und kleine Pfützen sowohl auf dem Boden als auch auf Tischen und Bänken zu landen. Harrys Blick fiel auf ein braunhaariges Mädchen, aus deren Richtung er auch spitzen Schrei vernommen zu haben glaubte, nur wenige Schritte von seinem Versteck entfernt, das fieberhaft die Hände an seinem Umhang abwischte, dessen dunkler Stoff leuchtend giftgrüne Flecken aufwies. Mit bangem Gesichtsausdruck hielt sich die junge Hexe eine zitternde Hand vor die Augen, auf der mehrere, unförmige grüne Tropfen prangten. Abermals rubbelte sie ihre Hand an dem Umhang ab, mit dem gleichen Erfolg: die grünliche Verfärbung hob sich weiterhin deutlich von ihrer hellen Haut ab. Harry schluckte, dann ließ er seinen Blick weiter durch den Raum gleiten. Jeder Schüler in einem Umkreis von geschätzt fünf Schritten, egal, ob sie wie Alphard und Harry unter einem der Tische kauerten oder verdattert in der Gegend herumstanden, war übersät mit grünen Spritzern, die sie, egal wie sehr sich die junge Hexen und Zauberer auch bemühten, nicht wieder loswurden, so als wäre das Gebräu bis in alle Ewigkeit in ihre Haut, Uniform und Haare eingesickert. Harry hoffte, dass dem nicht so war, denn ansonsten wären bestimmt die meisten der Mädchen auf blutige Rache aus. Das würde er nicht überleben.

Nur langsam ließ der giftgrüne Regen nach, und als er endlich erstarb, wartete Harry noch mehrere Herzschläge, um sicher zu gehen, bevor er letztendlich unter dem Tisch hervorkroch, wobei er sehr genau darauf achtete, mit keinem einzigen der Flecken auf dem Boden in Kontakt zu kommen.

„Mr. Black“, hörte Harry eine kurzatmige, panische Stimme rufen, kaum dass er sich aufgerichtet hatte.

Er drehte sich um und sah Professor Slughorns beleibte Gestalt auf sich zurollen, gefolgt von, natürlich, niemand geringerem als Tom Vorlost Riddle, Harrys persönlichem Plagegeist, dessen Gesicht in einer Mischung aus gespielter Sorge und echter Belustigung, die ihn beinahe… menschlich wirken ließ, auf seltsame Weise verzogen wirkte, als wüsste er nicht, ob er seine Maske des Musterschülers aufbehalten oder sich einfach dem Drang, laut loszulachen, hingeben sollte. Harry war auf keine der beiden Möglichkeiten sonderlich scharf. Von ihm aus hätte Riddle an seinem unterdrückten Lachen ersticken, doch leider tat ihm der junge Lord diesen Gefallen nicht. Wäre ja auch zu schön gewesen. Hätte ihm in der Zukunft jede Menge erspart.

Verstohlen ließ Harry seinen Blick über Riddles Gesicht und Kleidung schweifen, doch zu seiner maßlosen Enttäuschung musste der Gryffindor feststellen, dass wohl keiner der grünen Tropfen den Möchtgern-Lord getroffen hatte. Anscheinend war die erste Reihe von dem lästigen Gebräu verschont geblieben. Wirklich zu schade.

„Professor!“, rief die hohe Stimme eines Mädchens zwei Tische weiter, das den Tränen nahe schien. „Das Zeug kommt einfach nicht ab! Was soll ich tun?“ Verzweifelt wischte sie sich mit dem Ärmel ihres Umhangs über die Nase, auf deren Spitze sich ein besonders hinterhältiger, grüner Fleck verirrt hatte. Abermals meldete sich das schlechte Gewissen in Harry. Er hoffte wirklich, dass Professor Slughorn ein Gegenmittel für das grüne Zeug würde herstellen können.

Weitere Schüler meldeten sich zu Wort, sie jammerten und beschwerten sich, einige, allesamt Reinblüter, drohten sogar, ganz in Malfoy-Manier, Briefe an ihre Eltern zu schreiben, in denen sie ihnen von diesem Vorfall berichten würden. Was auch immer sie damit zu erreichen versuchte, war Harry ein Rätsel, aber wenn es sie glücklich machte...

Slughorn versuchte verzweifelt, Herr der Lage zu werden. Er blieb bei mehreren, grün gepunkteten Schülern stehen, um beruhigend auf sie einzureden und ihnen zu vergewissern, dass er so schnell wie möglich ein Gegenmittel herstellen würde, bevor er keuchend vor Alphard und Harry stehen blieb.

„Was ist hier passiert?“, fragte er sofort, während er sich mit großen Augen das Dilemma besah, bevor er sie auf Harry, bei dessen Anblick er kurz stockte -wahrscheinlich hatte er vergessen, wer Harry war- und Alphard Black, der sich mit noch immer entspanntem Gesichtsausdruck endlich unter dem Tisch hervorgekommen war, richtete.

„Geht es Ihnen gut? Haben Sie sich verletzt?“

Heillose Verwirrung zierte das Gesicht des rundlichen Mannes. Sein besorgter Blick zuckte zwischen Alphard und Harry hin und her, während Riddle, der leicht versetzt hinter ihm stand, noch um seine Fassung kämpfen musste. Es schien nicht mehr viel zu fehlen, dann würde er sich vor Lachen auf dem Boden rollen. ...Klar, das wollte Harry sehen. Tom Riddle, der einen Lachkrampf bekam. Toller Scherz.

„Nein, Sir“, antwortete Harry nach einem kurzen Schweigen, das ihm zu verstehen gab, dass Alphard nichts sagen würde, mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend, das ihn verdächtig stark an Schuld erinnerte. „Uns geht es gut“, fügte er kleinlaut hinzu, den Blick auf starr auf Slughorn fixiert, der bei diesen Worten sichtlich erleichtert aufatmete, bevor er sein Augenmerk auf den Ursprung der Katastrophe, Alphards und Harrys Kessel, richtete. Riddles Anwesenheit blendete Harry für den Moment einfach aus, was nicht einfach war, da er die eisigen Augen praktisch auf seiner Haut prickeln fühlen konnte. Alphard sagte noch immer kein Ton.

„Wie konnte das nur geschehen?“, murmelte Slughorn gedankenversunken, während er in den Kessel stierte, aus dem nun kleine, grünliche Dampfwölkchen aufstiegen und ihm ins Gesicht schlugen, was ihn hustend zurückweichen ließ.

Für einen winzigen Moment zögerte Harry, der Verdacht, dass das alles nicht 'aus Versehen' geschehen war, wuchs mit jeder Sekunde, doch als er den Mund öffnete, behauptete er: „Ich weiß es nicht, Professor.“ Betont ratlos zuckte er mit den Schultern. „Von einem Moment auf den anderen ist uns das Zeug um die Ohren geflogen.“

Aus den Augenwinkeln bemerkte Harry, wie Riddle eine Augenbraue hochzog, während sein Blick wissend sowohl über Harrys als auch Alphards unversehrte Roben glitt. Harry beschloss, ihn zu ignorieren und stattdessen ein unschuldiges Gesicht aufzusetzen, um Slughorn von der Ehrlichkeit seiner Worte zu überzeugen.

„Wirklich seltsam“, murmelte der Professor gedankenversunken, während er ein kleines Röhrchen aus seiner Brusttasche zog, dessen Öffnung er an den oberen Rand des Kessels hielt, um mehrere Tropfen des fragwürdigen Gebräus aufzufangen. Kurz hielt er sich das Glas vor die zusammengekniffenen Augen, dann verschloss er es mit einem kleinen Korken und ließ es zurück in die Tasche gleiten, bevor er sich mit einem aufmunterndem Lächeln wieder Alphard und Harry zuwandte.

„Nun, was auch immer geschehen ist, ich bin froh, dass niemand verletzt wurde.“ Er fuhr sich mit einer Hand über das schüttere Haar, das er sich in dem Versuch, eine kahle Stelle ans einem Hinterkopf zu verbergen, quer über den Schädel gekämmt hatte. Das Ergebnis ließ eindeutig zu wünschen übrig.

Slughorn schien Harrys zweifelnden Blick zu bemerken, doch glücklicherweise interpretierte er ihn falsch.

Wohl in der Annahme, Harry befürchtete, Ärger für den vermurksten Trank zu bekommen, legte Slughorn ihm in einer freundlichen Geste eine Hand auf die Schulter, während er in beruhigenden Ton sprach: „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Unfälle geschehen nun einmal, vor allem in einem Fach wie Zaubertränke. Jedem ist schon mal ein Trank missglückt, das bleibt nicht aus. Glücklicherweise wurde niemand verletzt. Niemand macht Ihnen einen Vorwurf, Mr. ...“ Er brach ab, einen angestrengten Ausdruck auf dem Gesicht.

Harry musste sich ein Seufzen verkneifen. Slughorn hatte seinen Namen vergessen. Jetzt wusste Harry, wie Ron sich gefühlt hatte, wann immer dem beleibten Professor sein Name entweder entfallen oder er ihn falsch ausgesprochen hatte. Das wäre Slughorns zukünftigen Ich bei Harry niemals passiert, viel zu sehr war er von dem Gedanken besessen gewesen, den Jungen-der-lebte als eine Art Trophäe für seinen 'Slug-Club' zu gewinnen. Aber hier, in dieser Zeit, war Harry nicht der 'Junge-der-lebte', keine Berühmtheit, sondern einfach nur… nur Harry. Nur er selbst. Wenigstens einen Vorzug schien die reise durch die Zeit mit sich zu bringen. Bei diesem Gedanken konnte Harry sich noch nicht einmal mehr über Slughorn ärgern.

„Brown“, half Harry dem zerknirscht wirkenden Professor aus. „Harry Brown, Sir.“

Slughorns Gesichtsausdruck hellte sich augenblicklich auf. „Ja, natürlich, entschuldigen Sie.“ Er ließ Harrys Schulter los, um geschäftig in die Hände zu klatschen. „Nun, Mr. Brown, jedenfalls können Sie ganz beruhigt sein. Es wird weder für Sie noch für Mr. Black Konsequenzen geben. Es war ein Unfall, weiter nichts.“

Mehr als erleichtert, sich nicht direkt an seinem zweiten Schultag eine Strafarbeit eingehandelt zu haben, schlich sich ein leises Lächeln auf Harrys Lippen. „Danke, Sir.“

Dann stieß er Alphard, der, so war Harry nun überzeugt, ihnen den Ärger erst eingebrockt hatte, mit dem Ellenbogen in die Seite, damit auch er endlich die Zähne auseinander bekam.

„Ah, ja, klasse, danke“, kam es etwas holprig von dem jungen Black, als hätte er dem Gespräch nicht eine Sekunde zugehört und müsste sich nun bemühen, den Faden aufzunehmen.

Harry unterdrückte ein Seufzen, doch Slughorn schien zufrieden zu sein, womit das ganze Thema eigentlich hätte erledigt sein sollen. Tja, weit gefehlt.

„Sir“, schaltete sich nun Riddle, der bisher verdächtig still gewesen war, mit gespielt zurückhaltendem Tonfall ein, einen gequälten Ausdruck auf dem Gesicht, als wäre es ihm unangenehm, überhaupt etwas zu sagen. Misstrauisch verengte Harry die Augen. Was hatte dieser verlogene Schleimbeutel vor?

Eine böse Vorahnung beschlich Harry, doch da schien er nicht der einzige zu sein. Als der Gryffindor Alphard einen schnellen Seitenblick zuwarf, erkannte er, dass sich jeder einzelne Muskel im Körper des jungen Blacks bis zum Zerreißen angespannt hatte. Seine hinter dem Rücken verborgenen Hände waren zu Fäusten geballt, außerhalb von Slughorns und Riddles Sichtweite, und seine Kiefermuskeln mahlten angestrengt, während er Riddle ebenso misstrauisch beobachtete wie Harry. Hah, anscheinend gab es unter den Slytherins doch jemanden, der zumindest ein wenig Grips besaß.

Riddle bemerkte ihre bohrenden Blicke, woraufhin er ihnen sein unschuldigstes Lächeln schenkte, das ihm weder Harry noch Alphard, wie der Gryffindor an seinen weiterhin verkrampften Muskeln erkannte, abkaufte, bevor sich der dunkle Lord direkt neben Slughorn stellte, der den Musterschüler erwartungsvoll mit einer gewissen Bewunderung im Blick bedachte. Harrys Herz sackte ihm in die Hose. Slughorn hatte Riddle damals, also, in der jetzigen Vergangenheit… Harry machte eine gedankliche Pause. Zu diesem Zeitpunkt, legte er sich schließlich fest. Zu diesem Zeitpunkt hatte Slughorn Riddle praktisch aus der Hand gefressen, vollkommen verzaubert von seinem falschen Charme und seinem Schauspiel als ehrenwerter Musterschüler, daher glaubte er wahrscheinlich alles, was Riddle ihm auftischte, egal ob Lüge oder Wahrheit, und dieses unheimliche Lächeln auf dem Gesicht des Möchtegern-Lords versprach nichts Gutes. Wenn Riddle beschlossen hatte, Alphard und Harry in die Pfanne zu hauen, waren sie erledigt.

Harry hätte kotzen können. Das alles erinnerte ihn viel zu sehr an seine eigene Zeit, an die vielen Male, die Malfoy ihn bei seinem Hasslehrer, meistens zu unrecht, angeschwärzt hatte, was Snape natürlich jedes Mal ohne mit der Wimper zu zucken ausgenutzt hatte, um Harry Nachsitzen aufzubrummen, egal ob berechtigt oder nicht. Harry konnte nicht glauben, dass ihm das Gleiche auch in dieser Zeit drohte, mit Slughorn als eine, wie er hoffte, etwas mildere Variante von Snape und Riddle als Malfoy, nur doppelt so nervig, fies und hinterhältig. Toll. Wie konnte man so viel Pech haben?

Wütend über diese Ungerechtigkeit, bedachte der Gryffindor Riddle mit einem mörderischen Blick, was diesem lediglich ein Engelslächeln ins Gesicht trieb. Bei Merlin, wie sehr er Riddle hasste! Und das nicht nur, weil er im Laufe der Zeit zu einem psychopathischen Massenmörder, gemeinhin bekannt als Lord Voldemort, mutieren würde! ...Nicht dass dieses Wissen sonderlich dabei half, ein besseres Licht auf Tom Riddle zu werfen. Im Gegenteil, aber das war es nicht mal. Es lag einfach an seiner… ganzen Art! Die Überheblichkeit, diese heuchlerische Maske des Musterschülers, die gespielte Freundlichkeit, das falsche Lächeln,… Gott, Harry konnte ihn nicht ausstehen. Schade, dass er da wohl so ziemlich der Einzige war.

„Ja, Tom?“, hörte der junge Gryffindor, der hartnäckig versuchte, die junge Version seines Erzfeindes Blicken zu töten oder wenigstens zum Schweigen zu bringen, Professor Slughorn in einem schmeichelndem Tonfall sagen, den, in Harrys Augen, kein Lehrer annehmen sollte, wenn er mit einem seiner Schüler sprach, da er viel zu deutlich zeigte, dass er in seinen Augen eine bevorzugte Behandlung verdiente. Wie bei Snape und Malfoy. Verdammt.

„Professor“, begann Riddle gespielt unsicher, einen entschuldigenden Ausdruck auf dem verlogenen Gesicht, „es ist mir wirklich unangenehm, das zu sagen, und ich möchte natürlich auch niemandem etwas unterstellen!“, beteuerte er hastig mit weit aufgerissenen Augen. Die Unschuld vom Lande. Wie süß. Scheiße, Slughorn würde ihm alles abkaufen.

Harry schnaubte abwertend, im gleichen Augenblick, in dem Alphard ein höhnisches Lachen ausstieß, jedoch so leise, dass weder Slughorn noch Riddle es hören konnten. Harry war ziemlich überrascht. Für einen Slytherin zeigte Alphard seine Abneigung gegenüber dem Kopf ihres Haus ziemlich… offen. Interessant. Harry war davon überzeugt gewesen, dass Riddle bereits jeden in Slytherin um den kleinen Finger gewickelt hatte oder es zumindest niemand wagen würde, sich ihm auf irgendeine Art und Weise, wenn auch noch so unscheinbar, entgegenzustellen. Da hatte er sich wohl geirrt, aber was kümmerte es ihn, wie weit Riddles Einfluss bereits reichte? Harry würde sich nicht einmischen. Er würde die Vergangenheit nicht ändern. Basta.

Grimmig verschränkte Harry die Arme. Ihm fiel ein leichtes Zucken in Riddles Mundwinkeln auf, ganz offensichtlich waren ihm ihre Reaktionen auf seine Worte nicht entgangen, allerdings beeinflusste es sein Schauspiel nicht eine Sekunde. Die Maske des verantwortungsbewussten Vertrauensschülers zeigte keinerlei Risse, seine Lippen verzogen sich zu einem entschuldigenden Lächeln. Einzig in seinen Augen konnte Harry sein wahres Ich durchblitzen sehen, die Verschlagenheit, die Grausamkeit. Unwillkürlich knirschte er mit den Zähnen. In Riddles Augen trat ein zufriedenes Funkeln. Mistkerl.

Slughorn blieb das alles selbstverständlich verborgen. „Natürlich, Tom, das weiß ich doch“, versicherte er in behutsamen Tonfall, woraufhin Riddle vorgab, erleichtert aufzuatmen. Vor Wut vergrub Harry seine Finger tief in sein Fleisch.

Riddle straffte die Schultern, als müsste er sich für seine nächsten Worte wappnen. „Professor, ich bin mir sicher, dass Harry an diesem Vorfall keinerlei Schuld trägt“, er schenkte dem vor Wut zitternden Gryffindor ein warmes Lächeln, das praktisch danach schrie, dass man seine Faust in ihm versenkte, „und es war mit Sicherheit auch keine Absicht von Mr. Black“, ein eiskalter Blick für Alphard, „aber ich kam nicht umhin zu bemerken, dass bei der Herstellung des Trankes etwas… nachlässig gehandelt wurde.“

Slughorn strich sich nachdenklich mit der Hand über das Kinn, ganz gebannt von Riddles Wroten, bevor er den Möchtegern-Lord mit einem Nicken aufforderte fortzufahren. Riddle kam dem selbstverständlich mit Feuereifer nach.

„Ich möchte niemanden in Schwierigkeiten bringen, Sir, und ich spreche es auch nur an, weil ich mir Sorgen um die Sicherheit der anderen Schüler mache“, Slughorn schien tief gerührt, Harry hätte sich am liebsten übergeben, Alphard lachte abermals spöttisch, lauter als zuvor, was ihm einen verstörten Blick des Professors einbrachte, „aber als Vertrauensschüler sehe ich es als meine Pflicht, so schwer es mir auch fällt, Sie darüber zu informieren, dass Mr. Black womöglich während des Brauen eingeschlafen ist, was der Grund für dieses Unglück sein könnte.“ Riddles Gesicht zeigte Bedauern, die Schadenfreude in seinen Augen sprach jedoch ganz andere Bände.

Slughorn maß Alphard mit einem ungewohnt strengen Blick. „Ist das wahr, Mr. Black?“

Bevor Alphard etwas sagen konnte, ging Harry dazwischen. Nicht, weil er Alphard für unschuldig hielt, das genaue Gegenteil eigentlich, sonder aus dem ganz einfachen Grund, weil es Riddle war, der diese Anschuldigen vorbrachte, was Harry schon aus Prinzip gegen den Strich ging. Nach gestern Abend hatte Harry genug davon, sich duckmäuserisch und 'unterwürfig' zu geben. Wenn er schon mit Riddle in dieser Zeit festsaß, konnte er dem Möchtegern-Lord wenigstens das Leben schwer machen. Sein Todesurteil hatte er bereits unterschrieben, verpackt und abgeschickt, als er Riddle in dessen Gegenwart ausgelacht hatte. Wenn er schon starb, dann wenigstens mit offenen Augen und Stil. Oder besser: er hatte die Schnauze voll, sich von Riddle an der Nase herumführen zu lassen.

„Sir, Riddle muss sich irren“, mischte Harry sich mit fester Stimme ein, sehr zu Riddles Unmut, wie der Gryffindor hocherfreut an seinem wütenden Gesichtsausdruck feststellen durfte, der kurz hinter seiner Maske hervorblitzte. Er war es wohl nicht gewohnt, dass ihm widersprach. Gleich darauf hatte sich der Möchtegern-Lord natürlich wieder gefangen, doch diese eine Sekunde, in der seine Maske verrutscht war, reichte aus, um Harry selbstsicherer werden zu lassen. Ja, er tat das Richtige.

Der Professor wandte sich ihm zu, sein Blick um einiges freundlicher als noch Sekunden zuvor. Harry gab sich einen Ruck: „Alphard ist nicht eingeschlafen, er hat die ganze Zeit über genau auf die Temperatur geachtet.“

In Riddles Augen blitzte etwas dunkles, mörderisches auf, das Harry lieber nicht weiter untersuchen wollte, während Slughorn eine Augenbraue hob. Er war eindeutig nicht überzeugt. „Sind Sie sicher?“

Harry hatte keinerlei Schwierigkeiten dabei, dem Professor ins Gesicht zu lügen. Schließlich ging es hier um eine gute Sache: Tom Riddle vorzuführen.

Harry nickte. „Ja, Sir. Ich saß direkt neben ihm, ich muss es wissen.“

Unsicher blickte der Professor zwischen Harry und Riddle hin und her, dann sagte er schließlich etwas zittrig: „Nun, also, Mr. ...“, offensichtlich war ihm Harrys Name wieder entfallen, „Brown, ich würde Ihnen ja gerne glauben, aber wenn Tom sagt...“

Harry schnitt ihm unwirsch das Wort ab. „Dann hat Riddle sich eben verguckt. Ich weiß nicht, was bei dem Trank schief gelaufen ist, aber Alphard war die ganze Zeit über wach.“

Es ärgerte ihn, dass Alphard die ganze Zeit über schwieg, schließlich ging es hier um ihn, trotzdem würde er nicht klein beigeben, daher reckte er trotzig das Kinn und schaute Slughorn herausfordernd in die Augen. Riddles Anwesenheit versuchte er so gut es ging auszublenden, auch wenn der forschende Blick der eisblauen Augen auf seinem Gesicht es ihm nicht leicht machte.

Slughorn schien verzweifelt, gefangen zwischen ihren Worten, unsicher, welcher Aussage er glauben sollte, doch die Last wurde ihm von den Schultern genommen, als ein Mädchen mit tränenüberströmten Gesicht an ihn herantrat.

„Professor, tun Sie doch etwas!“, verlangte sie schnippisch. „So kann ich mich doch nicht in der nächsten Stunde zeigen!“ Sie zeigte auf die grünen Flecken auf ihrer rechten Wange.

Offensichtlich erleichtert über die Fluchtmöglichkeit, legte Slughorn ihr beruhigend einen Arm um die angespannten Schultern. „Na, na, keine Sorge, meine Liebe. Das kriegen wir schon wieder hin.“ Etwas lauter sagte er dann: „Diejenigen, die nicht getroffen wurden, können den Klassenraum verlassen.“

Einzig die Schüler der ersten beiden Reihen begannen, ihre Sachen zusammenzupacken, darunter auch Abraxas Malfoy und Riddles Gefolge. Harry war ehrlich enttäuscht.

Slughorns kleine Augen richteten sicher abermals auf Alphard und Harry. „Sie auch, meine Herren. Der Unterricht ist für heute beendet.“ An Riddle gewandt fuhr er mit einem schleimigen Lächeln fort: „Tom, wären Sie so nett, mir bei dem Brauen des Gegenmittels zu helfen?“

Erwartungsvoll blickte er seinen Lieblingsschüler an, doch Riddle reagierte nicht. Stattdessen starrte er Harry fassungslos an, offenbar geschockt, dass Alphard und Harry trotz seiner Bemühungen fürs erste ungeschoren davonkamen. Slughorn hatte ihm nicht aufs Wort gehorcht wie seine Speichellecker. Wahrscheinlich brach für seine Lordschaft gerade eine Welt zusammen.

Harry musste grinsen und dieses Mal tat er nichts, um es zu verhindern. Warum auch? Er hatte gewonnen. Riddle hatte seinen Willen, fürs Erste, nicht bekommen. Harry hätte vor Freude Purzelbäume schlagen können.

„Tom?“, wiederholte Slughorn zögerlich, sichtlich irritiert, von seinem Musterschüler ignoriert zu werden.

Das schien Riddle endlich in die Realität zurückzuholen. Seine Mundwinkel hoben sich zu einem Lächeln, doch es wirkte hohl und kalt. Seine Augen waren weiterhin auf Harry geheftet, ließen ihn nicht eine Sekunde los. Der Gryffindor hielt seinem bohrendem Blick entschlossen stand.

„Natürlich, Professor“, entgegnete Riddle übertrieben freundlich, dann drehte er sich langsam mit starrem Blick um und folgte einem verstörten Slughorn und dem weinenden Mädchen in Richtung Lehrerpult. Als er sich noch einmal zu Harry umdrehte, teilte das unheimliche Lächeln noch immer sein Gesicht. In seinem Blick lag ein dunkles Versprechen, doch Harry ließ sich davon nicht einschüchtern. Scheiß drauf. Er hatte gewonnen. Diesen Triumph würde er sich von Riddle in diesem Moment nicht verderben lassen.

Selbstgefällig lächelnd wollte Harry nach seinen Sachen auf dem Tisch greifen, erstarrte jedoch, als er die mit grünen Flecken übersäten Schreibutensilien und Bücher erblickte. Na, großartig. Einen Moment spielte er mit dem Gedanken, mit seinen Sachen, gepunktet wie sie waren, den Raum zu verlassen, besann sich dann jedoch eines besseren. Wo sollte er Ersatz herbekommen? Und wie sollte er ihn bezahlen? Er hatte kaum Geld, nur das, war er auch in der anderen Zeit in seinen Koffern aufbewahrt hatte, aber ansonsten war er arm wie eine Kirchenmaus. Es war schon ein Wunder, dass es überhaupt etwas von seinem Besitz, darunter auch sein Tarnumhang und die Karte des Rumtreibers, in diese Zeit gefunden hatte, da musste er so sorgfältig wie möglich mit ihnen umgehen. Über das Warum oder Wie, wollt er sich zu diesem Zeitpunkt nicht den Kopf zerbrechen, dafür brauchte er eine ruhigere Minute -oder mehrere Stunden in der Bibliothek.

Daher packte er mit einem leisen Seufzen auf den Lippen seine Sachen und warf sich seine, ebenfalls grün verfärbte, Tasche über die Schulter, dann ging er schweren Herzens auf das Lehrerpult zu, hinter dem Slughorn mit Riddles Hilfe fieberhaft alle möglichen Zutaten in einen großen Kessel warf, aus dem roter Qualm aufstieg.

Doch auf halbem Weg hielt er inne.

„Harry, warte mal“, hielt ihn eine tiefe Stimme zurück, die der Gryffindor beim besten Willen nicht einzuordnen wusste, dennoch blieb er stehen und drehte sich auf der Suche nach ihrem Ursprung um.

Alphard Black kam mit locker über die Schulter geworfener -gepunkteter- Tasche auf ihn zu geschlendert, ein verschlagenes, leicht überhebliches Grinsen auf den vornehmen Gesichtszügen. Harry traf beinahe der Schlag, als ihm wieder einmal schmerzhaft bewusst wurde, wie viel Ähnlichkeit Alphard Black mit seinem zukünftigen Neffen Sirius hatte. Es war schon fast beängstigend. Das gleiche, selbstsichere Lächeln, die gleichen, vor Schalk glitzernden, silbernen Augen, fast identische Gesichtszüge. Nur bei der Frisur musste Harry Abstriche machen. Alphard Blacks Haaren waren, wenn auch nicht viel, kürzer als Sirius' es gewesen waren. Doch ansonsten sahen sie exakt gleich aus. Das war doch verrückt.

Etwas aus der Bahn geworfen, wartete Harry, bis Alphard ihn eingeholt hatte. Insgeheim wunderte er sich, dass der junge Black seinen Namen überhaupt kannte, schließlich war er bei ihrer Vorstellung geistig in anderen Sphären unterwegs gewesen und bei dem Gespräch vorhin schien es auch nicht anders gewesen zu sein. Nein, eigentlich war es ein Wunder, wenn Alphard überhaupt irgendetwas mitbekam. Harry hatte noch nie in seinem Leben einen Menschen getroffen, der so viel schlief. 'Schlafmütze' war bei Alphard noch untertrieben.

Der junge Black hatte Harry eingeholt und betrachtete ihn mit einem wachen Blick, der im starken Kontrast zu seiner üblichen Schläfrigkeit stand, dann legte er dem kleineren Jungen kameradschaftlich eine Hand auf die Schulter.

„Danke, dass du mich nicht bei Slug verpfiffen hast. Hast was gut bei mir.“

Etwas verdutzt wusste Harry darauf nichts zu antworten. Alphards Grinsen wurde noch eine Spur breiter. „Lass dich nicht von Riddle unterkriegen, Kleiner.“

Mit diesen Worten schlenderte zum fröhlich pfeifend zum Lehrerpult und ließ einen überforderten Harry zurück.

Kleiner?

 

Dass Tom sie die ganze Zeit über mit blitzenden Augen grimmig beobachtet hatte, merkte keiner von ihnen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Liar
2015-09-14T11:46:18+00:00 14.09.2015 13:46
Hi,

einfach köstlich. Hoffe es geht so weiter mit den Beiden auch wenn ich keine Ahnung hab wie sie dann später mal zusammen auf einen Zweig kommen sollen. Ich bin echt gespannt was du dir da noch so alles ausgedacht hast und kann es kaum noch erwarten weiter zu lesen.
Wie Harry sich nicht unterkriegen lässt, das kennen wir ja schon von ihm, aber diesmal ist er ganz allein und das ist echt ne beachtliche Leistung von ihm. Bin gespannt wie es weiter geht im Moment steh es ja ziemlich ausgeglichen zwischen den Beiden würd ich sagen, Tom allerdings hat Heimvorteil. Wobei ich jetzt echt auf die Rache von Tom warte und auf den Auftritt von Malfoy der so wirklich hatten die Beiden ja noch nicht viel zu tun außer in dieser einen Stunde wo aber auch nichts passiert war. Einfach herrlich. Kann mir das Gesicht von Tom bildlich vorstellen einfach hammermässig und seine Baby-Todesser werden bestimmt noch mehr Gemeinheiten auf Harry los lassen. Ein Wunder das er überhaupt noch lebt^^
Mach weiter so Liebes.
es ist perfekt!

LG Liar
Antwort von:  Zerina
18.10.2015 17:30
Hallo~

Ich weiß es selber noch nicht genau, um ehrlich zu sein, aber irgendwann werde ich bei dem Slash ankommen. Hoffentlich. Irgendwann... Aber es macht einfach so viel Spaß, sie sich streiten und diese kleinen Machtkämpfe ausfechten zu lassen. >_< Ich liebe Rivalmance~
Harry kämpft bis zum bitteren Ende. ;) Aber Tom darf man nicht unterschätzen~ Er hat immer einen Plan. Armer Harry. Aber er ist stark, das schafft er. Go, Harry!
X3 Tom kann es bestimmt kaum glauben, dass er seinen Willen nicht bekommen hat. Das ist er nicht gewohnt. ;) Das wird er nicht auf sich sitzen lassen~ Mehr dazu im nächsten Kapitel, das ich heute noch hochlade.

Vielen Dank für deine lieben Kommis. Ich freue mich, dass dir die FF gefällt.

LG,
Zerina
Von:  aliuta
2015-08-31T08:32:55+00:00 31.08.2015 10:32
Reingelegt mit Löschpapier...das wird Riddle nicht so toll gefunden haben, das er mal nicht bekommt, was er will. Und Harry scheint jetzt auch nicht mehr so gänzlich alleine zu sein...:)
Antwort von:  Zerina
18.10.2015 17:12
Hallo aliuta,

vielen Dank für die Kommis.
Endlich hat Harry Riddle mal richtig einen ausgewischt. ;) Wurde auch Zeit. XD
Alphard scheint erst einmal beeindruckt zu sein. Mal sehen, wie sich das entwickelt. ;)

LG,
Zerina
Von:  Zebran20121
2015-08-27T19:04:18+00:00 27.08.2015 21:04
Hallo

ja endlich Harry 1 Riddle 0 Endlich hat Harry auch mal gepunktet er soll ihm zeigen wo der Hammer henkt:).Ich bin schon gespannt was sich Riddle als Rache ausdenken wird. Aber sag mal bei Alphard kann es sein das ich da irgendwas verpasst habe? müsste er nicht eigentlich Sirius Großvater sein? du hast Sirius ja als Alphards Neffen bezeichnet dann wäre er ja sein Onkel oder hab ich da irgendwas verpasst. ich freu mic schon drauf weiterlesen zu können bis die tage.

LG Zebran


Antwort von:  Zerina
27.08.2015 21:48
Hallo Zebran20121,

danke für den Kommi. Ja, es war an der Zeit, dass Harry Tom mal einen reinwürgt, nicht wahr? ;)
X3 Aber Riddles Rache wird fürchterlich sein.^^ Das wird ein Spaß~
Alphard Black ist der Bruder von Sirius' Mutter Walburga Black und der Cousin zweiten Grades sowie der Schwager seines Vaters Orion Black, demnach also Sirius' Onkel. Nachzulesen auf harrypotter.wikia.com. ;)

LG,
Zerina
Von:  Sayuri88
2015-08-27T18:48:39+00:00 27.08.2015 20:48
Hihi erste tolles kapi ich bin echt gespannt wie das weiter geht.
Antwort von:  Zerina
27.08.2015 21:49
Hallo Sayuri88,

schön, dass dir das Kapitel gefallen hat.
Vielen Dank für den Kommi.

LG,
Zerina


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