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Last Desire 12

von

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Schicksalsfrage

„Das war alles schon verrückt“, gab Lacie mit einem Schmunzeln zu und fuhr sich mit ihren blassen grazilen Fingern durch ihr hellblondes Haar. „Alice hat ganz überraschend mich zu ihrer Romanheldin gemacht und wir hatten wirklich Spaß an dieser Geschichte und ehrlich gesagt war ich wirklich überrascht, dass sie auf diese Idee kam. Nun ja, das ist eigentlich das ganze Geheimnis um meine Freundschaft mit Alice. Ähm… wenn ihr wollt, kann ich euch alles sagen, was ich über die Forschungen und das Institut weiß. Dazu bräuchte ich aber ein paar Blätter Papier und einen Stift.“ Frederica besorgte ihr die Utensilien und daraufhin begann Lacie eifrig zu zeichnen. Und was sie zeichnete, war nichts anderes als ein Bauplan. Und sie besaß wirklich Talent und sämtliche Pläne waren detailliert und professionell. „Zum Glück kann ich gut zeichnen. Wenigstens etwas Praktisches. Also, ich weiß nicht, wo das Institut selbst liegt, aber es besteht aus fünf Stockwerken, zwei davon sind unterirdisch. In den oberen Etagen befinden sich Labors, die Verwaltung, Kantinen, Büros und die Quartiere von Patienten, die dort zur Untersuchung da sind. Ich schreibe euch die einzelnen Räume aber noch mal auf, wenn der Plan fertig ist.“ Sie zeichnete eifrig weiter, während sie redete und obwohl sie nicht einmal ein Lineal benutzte, so waren ihre Linien gerade und sauber. „Die oberen Etagen sind eigentlich kaum von Bedeutung. Ebenso das erste Untergeschoss. Das zweite kann man nur mit einer speziellen Schlüsselkarte erreichen. Dort befindet sich nämlich das Herzstück der Anlage: Projekt Ain Soph und dort liegt auch quasi die Residenz des Alpha Proxys. Jeremiel wird sich wahrscheinlich auch dort aufhalten. In dieser Etage werden auch die Proxys herangezüchtet, während in der Ebene darüber der Unborn und die Genetik der Unvergänglichen erforscht werden. Außerdem werden dort die Proxys entwickelt, bis sie ausgewachsen sind und zur Ausbildung in die unterste Ebene gebracht werden. Es gibt insgesamt vier Personen, die mit Projekt AIN SOPH vertraut sind und quasi führende Rollen innehalten: Dr. James Brown, Prof. Dr. Yugure Heian, Dr. Heather Brown und Dr. Ann Schneider. James Brown ist für die Konditionierung der ausgewachsenen Proxys zuständig und übernimmt ihre medizinische Betreuung. Dr. Heather Brown ist James Browns Mutter und Josephs Ex-Frau, allerdings haben die beiden ein sehr unterkühltes Verhältnis, weil Heather nicht mit der Art und Weise umgehen kann, wie James mit den Proxys umspringt. Dr. Heian arbeitet ausschließlich in der oberen Ebene und kümmert sich um die „Produktion“ neuer Proxys durch die Infizierung von Embryos. Dr. Heather Brown überwacht das Wachstum und die Entwicklung der Embryos und Säuglinge und Dr. Schneider entsorgt die fehlgeschlagenen Experimente. Das unterste Stockwerk hat sogar seinen eigenen Stromgenerator, der beide Kellergeschosse mit Strom versorgt und es ist auch die am besten gesicherte Ebene, weil die Proxys eben extrem gefährlich sind.“ Schließlich hatte Lacie die Pläne fertig gezeichnet und begann die einzelnen Räume zu beschriften. Sie alle waren sprachlos über diese ganzen Insiderinformationen, die Lacie da hatte und die sie zusammengetragen hatte. Nastasja blieb misstrauisch und fragte auch sogleich „Woher haben Sie diese ganzen Informationen?“ „Tja… ich weiß es einfach. Ich kann das auch nicht so wirklich erklären“, gab sie zu. „Wie ich schon sagte: mein Gedächtnis ist leider auch sehr lückenhaft. Manche Dinge weiß ich einfach, ohne den Grund dafür zu kennen. Ich habe lange Zeit damit verbracht, herauszufinden, wieso ich all diese Dinge weiß und warum ich sie weiß. Und ich frage mich auch, was ich denn überhaupt bin, denn es ist ja kein Geheimnis, dass ich nicht menschlich bin, denn Menschen altern für gewöhnlich. Also was bin ich und wofür lebe ich eigentlich? Wieso bin ich hier und warum ist es mir so wichtig, mehr über Alices Tod und Joseph Browns Projekt herauszufinden? Das sind Fragen, nach denen ich suche. Solange ich diese Antworten nicht habe, fühle ich mich einfach... fremd. Ich weiß, woher ich komme, wer meine Familie ist und wie ich mit Namen heiße… aber das sagt immer noch nicht aus, wer ich bin. Es fühlt sich einfach an, als wäre da irgendetwas, das ich vergessen habe, oder was ich noch wissen muss. Und solange ich die Frage nicht beantworten kann, wird sich dieses Leben immer für mich anfühlen, als wäre es nicht mein richtiges. Als würde ich das Leben einer anderen Person leben.“ „Da hat aber jemand eine Identitätskrise“, bemerkte Beyond und kassierte für diesen Kommentar einen bösen Seitenblick von L. Doch er blieb bei seiner Meinung und fragte schließlich „Und was genau hast du jetzt vor, Lacie?“

„Nun, ihr wollt doch Elohim erwecken, oder nicht? Ich könnte euch dabei behilflich sein.“

„Inwiefern?“

„Ich kenne da eine Methode. Zwar habe ich sie noch nicht ausgetestet, aber ich weiß, dass sie klappen wird. Wenn ihr erlaubt, würde ich es gerne versuchen.“ Sie tauschten kurz fragende Blicke aus und waren wieder an ihrem Diskussionspunkt angelangt, ob das wirklich so eine vernünftige Idee war. Denn sie hatten nämlich noch im Hinterkopf, dass es äußerst gefährlich war, schlafende Hunde zu wecken. Insbesondere, weil sie ja wussten, zu was für einem Tyrannen Elohim geworden war, nachdem das Attentat auf ihn verübt worden war. Was, wenn er dann wieder so wurde? L entschied, dass sie das erst mal in Ruhe besprechen wollten. So saßen sie eine ganze Weile zusammen und diskutierten. Es gab einige, die dafür waren und auch einige, die eher skeptisch blieben und es als ein großes Risiko ansahen, Elohim zu wecken. Liam war der Meinung, dass sie die Situation unter Kontrolle hatten, solange Dathan bei ihnen war, denn das waren immerhin Elohims letzte Gedanken gewesen, bevor er wieder verschwand. Also war es nicht unwahrscheinlich, dass da vielleicht eine Chance bestand, dass Elohim sich auf ihre Seite schlagen würde, wenn er erkannte, dass sie Dathan helfen wollten. Während hitzig diskutiert wurde und Nastasja teilweise wieder auf Russisch zu fluchen begann, weil es um ihre Nerven sowieso nicht zum Besten bestellt war, verhielt sich Lacie eher ruhig. Als es dann später wurde, wollte sich die Blondhaarige von ihnen verabschieden, wurde dann aber von L aufgehalten. „Wo willst du hin?“ fragte er und seine pechschwarzen Augen ruhten auf der Frau mit der kühlen aristokratischen Ausstrahlung. Diese wirkte durch seine Frage etwas verwundert und hob die Augenbrauen. „Ich wollte zurück nach Hause.“ „Nachdem der Alpha-Proxy versucht hat, dich umzubringen? Tut mir leid, aber das kann ich nicht verantworten. Insbesondere, da du wertvolle Informationen hast, die uns weiterhelfen könnten. Es wäre sicherer für dich, wenn du bei uns bleibst.“

„Okay“, sagte Lacie und schien sich sogar zu freuen, dass sie hier bleiben konnte. „Wenn ich euch keine Umstände mache, dann gerne. Ich müsste nur noch mal in meine Wohnung zurück und ein paar Sachen holen.“

„Ich begleite sie. Ich hab ja eh ein Auto“, bot sich Dathan an und schnappte sich sogleich seine Jacke und den Wagenschlüssel. Damit verabschiedeten sie sich vorerst von den anderen und gingen nach draußen. Es war eiskalt und es schneite sogar ein wenig. Lacie rieb sich die Hände und zitterte ein wenig. Trotzdem strahlte sie richtig und im blassen Mondlicht hatte sie mit ihren hellblonden Haaren und ihrer blassen Haut schon fast etwas gespenstisch Schönes an sich. „Da freue ich mich ja richtig, dass du Freunde gefunden hast, Dathan. Ich hatte mir schon fast Sorgen gemacht, dass du Schwierigkeiten mit ihnen bekommen könntest, aber sie scheinen ja ganz nett zu sein. Und? Was ist da mit dir und Nastasja?“ Bei dieser Frage errötete Dathan und senkte schüchtern den Blick. Er bekam beim besten Willen kein Wort mehr hervor, aber Lacie dachte sich da schon so ihren Teil und hätte ihn fast umarmt, aber sie ließ es, weil sie wusste, dass er bei so etwas vor Angst noch komplett erstarren würde. „Das ist ja schön. Meine Güte, das hätte ich ja am allerwenigsten erwartet. Dafür, dass du so große Berührungsängste hast, bist du ja deutlich mutiger geworden.“

„Nun… um ehrlich zu sein… äh… die… die… die Initiative ist eher von ihr ausgegangen, als von mir.“

„Aber du hast dich darauf eingelassen und das ist ein großer Fortschritt für dich. Dafür, dass du kaum das Haus verlassen hast, hast du viel an Selbstsicherheit dazugewonnen und das sieht man dir auch an. Und das wird wahrscheinlich nicht nur an deinem neuen Aussehen liegen.“ Schüchtern lächelte Dathan und gemeinsam stiegen sie ins Auto. Sofort drehte er die Heizung auf, aber es würde dauern, bis es spürbar wärmer wurde. „Wie gefällt es dir denn?“ „Ich sagte es dir doch schon: für mich hast du immer hübsch ausgesehen.“ Bei diesen Worten musste der Unvergängliche schmunzeln. Sie fuhren die Straße entlang und inzwischen war es gänzlich dunkel geworden. Der Schnee fiel nun dichter und London machte bei diesem Wetter einen sehr verträumten Eindruck. „Nastasja sagte mir genau dasselbe.“ „Na weil es ja auch stimmt. Für mich bist du genauso ein wunderbarer Mensch wie für sie und wenn sie dich so liebt wie du bist, dann kannst du dir doch nicht mehr wünschen. Ich hoffe jedenfalls, dass ich eines Tages auch so jemanden finden werde, der mich so liebt. Es muss sicher sehr schön sein, geliebt zu werden.“

„Hast du denn niemanden?“

„Nein, woher denn auch? Die letzten Jahre war ich damit beschäftigt, mehr über Alices Tod und das Projekt AIN SOPH herauszufinden, dass ich dafür einfach nicht die Energie aufbringen konnte. Wobei ich aber offen gestanden zugeben muss, dass es da jemanden gibt, dem ich sehr gerne begegnen würde…“ Sie erreichten nach einer Weile die Wohnung, wo Lacie wohnte und stiegen aus. Die Wohnung selbst war schlicht, aber dennoch hübsch eingerichtet und man fand einige Antiquitäten, ein Schachspiel auf dem Wohnzimmertisch und sogar ein altes Klavier mit Notenblättern. Lacie ging direkt ins Schlafzimmer und packte ein paar Sachen ein. Dathan schaute sich derweil in der Wohnung um und bemerkte, dass alles sehr sauber gehalten und aufgeräumt war. Neben dem Schachbrett lag ein Buch mit dem Titel „Wohin der Wind mich trägt“, von Celia Walters. Dathan sah es sich genauer an und tatsächlich las er, dass es um eine Person namens „Lacie Dravis“ ging. Sie hatte nicht gelogen. Alice hatte sie tatsächlich als Vorlage für ihre Romanfigur genutzt. Und da fiel ihm auch gleich etwas auf. „Sag mal Lacie, ist es nicht irgendwie komisch, dass eure Namen zusammen mit Celia ein Anagramm zueinander bilden?“ „Ich weiß und das fand ich auch schon immer witzig. Alice meinte, dass es wohl vielleicht Schicksal war, dass wir uns mit solchen Namen getroffen haben. Ich hab meinen Namen erst nicht so wirklich gemocht, weil ich immer „Lassie“ genannt wurde, so wie der Hund aus dem Film. Sonderlich amüsant ist das ja nicht direkt. Zumindest nicht für mich.“ Schließlich ging Lacie noch ins Bad, um den Rest einzupacken. Dabei summte sie leise ein Lied dabei und schien guter Dinge zu sein. Nach einigem Zögern fragte der Unvergängliche „Und du kannst wirklich meinen Vater zurückholen?“ „Ja, zumindest für eine gewisse Zeitspanne. Wie lange das andauert, kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Es ist eine recht simple Technik, man muss nur wissen, wie sie man sie einsetzt. Du würdest ihn schon gerne sehen, oder?“ Ja, das wollte er. Um ehrlich zu sein konnte er kaum noch an etwas anderes denken, seit er seine Anwesenheit nach all der Zeit so deutlich gespürt hatte. Er wollte Antworten haben auf so viele Fragen. Und sie waren zum Greifen nah. „Keine Sorge“, sagte Lacie und kam schließlich mit ihrer gepackten Tasche zurück. „Ich möchte ihn genauso gerne sehen. Wir werden schon einen Weg finden. Aber weißt du, ich fand unseren Besuch bei Madame Arcana wirklich sehr aufschlussreich, denkst du nicht auch?“ Nun, Dathan hatte sich eigentlich nicht sonderlich viele Gedanken darum gemacht, aber jetzt wo er so darüber nachdachte, musste er wieder an den Teufel denken, der auf seiner Karte abgebildet war. Die Wahrsagerin hatte etwas vom Blockadenlösen gesagt. Meinte sie damit seine Angst und seine Unsicherheit? „Ich finde, dass sie den Nagel ziemlich gut auf den Kopf getroffen haben“, bemerkte Lacie schließlich und schloss die Tür ab, bevor sie die Treppen wieder runtergingen. „Denn im Grunde haben die anderen sehr viel durchmachen müssen und ganz egal, wie viel Schlimmes passiert ist, es hat sich hinterher alles zum Guten gewandt und es wird sich auch zum Guten wenden, wenn wir den Alpha-Proxy aufgehalten haben. Deshalb glaube ich auch fest daran, dass für uns beide und auch für deinen Vater alles positiv verlaufen wird. Und eines darfst du nicht vergessen: du kannst genauso stark sein wie bei der mentalen Verbindung, du musst nur an dich selbst glauben und dein Ziel klar vor Augen haben. Dann wirst du auch viel selbstsicherer werden. Aber das wird schon kommen.“ Dathan blieb stehen, als er das hörte und sah sie verwundert an. „Woher weißt du von der mentalen Verbindung?“ „Nun, ich weiß es irgendwie einfach. Wie gesagt: manchmal weiß ich einfach Dinge, ohne eine Erklärung dafür zu haben. Vielleicht hat das ja einen bestimmten Grund und vielleicht ist es der, dass ich euch helfen soll. Deshalb will ich eben mein Bestes geben, um euch zu unterstützen.“ Sie gingen schließlich zum Wagen und fuhren nach Hause. Mit einem nachdenklichen Blick hatte Lacie den Kopf ans Fenster gelehnt und sah nach draußen in den Schnee. „Weißt du, was ich mich manchmal frage? Warum gibt es uns Menschen überhaupt? Wenn wir wirklich eine Schöpfung der Sefirot sind, dann muss es doch einen Grund geben, wieso wir ihnen so ähnlich sind und warum sie sich ausschließlich unsere Körper aussuchen, um in dieser Welt zu existieren. Vielleicht, weil wir für sie nichts Weiteres sind, als eine kleine Ameisenfarm, die sie sich zum Spaß halten. Womöglich sind wir nur das Produkt einer Laune, oder aber wir sind alle potentielle Gefäße, von denen sie Besitz ergreifen können. Warum auch sonst ergreifen sie nur von Menschen Besitz und nicht von Tieren?“ Dathan wurde bei dieser Frage schlecht und so wirklich hatte er bis jetzt auch nicht darüber nachgedacht, warum es die Menschen gab. Und nun stellte Lacie die Vermutung auf, dass die Menschen nur deshalb erschaffen worden waren, weil sie entweder Unterhaltungsprogramm oder nur potentielle Wirtskörper waren? Schöne Vorstellung. „Meinst du das wirklich so?“ „Natürlich. Immerhin gehörte dein Körper vorher auch einem Menschen, bevor er zu deinem wurde. Dasselbe gilt für Nabi, Samajim, Minha, Liam, Eva und allen Unvergänglichen in dieser Welt. Im Grunde könnten alle Menschen auf dieser Welt bereits einen Unvergänglichen in sich tragen. Man sagt ja, die Seele sei unvergänglich und da ist der Gedanke doch nicht ganz so abwegig. Im Grunde sind wir nichts Weiteres als Fragmente der Ewigkeit. Demnach muss es schon vor langer Zeit, als Ain Soph sich in mehrere Fragmente abspaltete, doch ähnliche Lebewesen gegeben haben, die uns ähnlich sind.“ Eine interessante Theorie, aber auch nicht wirklich beruhigend. Und irgendwie kam sich Dathan miserabel vor, dass er in einem menschlichen Körper lebte. Als würde Lacie seine Gedanken verstehen, wandte sie den Blick zu ihm und lächelte. „Hey, du musst dich doch nicht schuldig fühlen, weil du in einem Menschenkörper lebst. Für die Unvergänglichen ist es der einzige Weg, ein Leben unter uns zu führen. Ich glaube, dass sie sich tief in ihrem Inneren danach sehnen, Wesen aus Fleisch und Blut zu sein, die leben und sterben können. Denn ein solcher Körper setzt voraus, dass er von jemandem geboren wurde. Es gibt also Vater und Mutter. Dieses Verhältnis gibt es bei den Unvergänglichen nicht. Es gibt nur Schöpfungen und Erschaffer und keine engen Blutsbande. Und wahrscheinlich ist es das, wonach sich die Unvergänglichen sehnen: ein ähnliches Familienleben, so wie wir es führen. Man sagt ja nicht umsonst, Blut sei dicker als Wasser. So etwas wie Familie gibt es bei den Unvergänglichen nicht, weil sie nur irgendwelche Fragmente und Schöpfungen sind. Da existieren keine engen Bindungen und wahrscheinlich sehnen sich einige von ihnen nach familiärer Nähe. Es existiert da eine Theorie, dass Hajjim einst diese Welt erschuf, weil er eine Welt schaffen wollte, in welcher er, Elohim und Samajim ein friedliches und abgeschiedenes Leben führen konnten. Und da sich die meisten Sefirot kaum um diese Welt kümmern, ist sie heute der Zufluchtsort für die Asylanten aus dem Krieg und für Unvergängliche, die diese Machtkämpfe leid sind.“ Nun, diese Theorie klang eigentlich schon viel besser. Dathan versuchte sich an damals zurückzuerinnern. An die Zeit mit seinem Vater und was dieser ihm gesagt hatte. Er erinnerte sich sehr wage an Hajjim, der ein sehr fröhlicher und lustiger Geselle war. Es war ihm immer noch ein Rätsel, wieso Elohim ausgerechnet einen seiner besten Freunde getötet hatte. Auch Lacie wusste darauf noch keine genaue Antwort. „Ich denke, wir werden es erfahren, wenn wir deinen Vater gesprochen haben. Und eines verspreche ich dir: egal was auch passieren wird, ich werde euch helfen und dafür sorgen, dass es ein glückliches Ende für dich und deinen Vater gibt. Samajim glaubt fest daran, dass Elohim den Frieden bringen und diese ewigen Machtkämpfe endlich beenden wird. Und auch ich glaube, dass er es schaffen wird und dass wir mit seiner Hilfe den Alpha-Proxy stoppen können.“ Mit so viel Unterstützung konnte ja eigentlich nicht viel schief gehen und es sah bisher doch ganz gut für sie aus, aber dann sagte Lacie etwas, das ihn nun doch etwas verwunderte. „Aber ehrlich gesagt kann ich die Motive des Alpha-Proxys schon verstehen.“ „Wieso das denn?“ Nun wirkte Lacie sehr nachdenklich und ihr Blick wirkte fast schon betrübt. In dem Moment erinnerte sie ihn irgendwie an… Alice. „Das Motiv des Alpha-Proxys ist Vergeltung. Es geht ihn ähnlich wie Kira um die Zerstörung der vorherrschenden Gesellschaft, die voller Leid, Intrigen, Verrat und Egoismus ist. Aber während Kira dem Wahnsinn verfiel und sich zu einem Gott machen wollte und sein eigentliches Ziel aus den Augen verlor, so treibt unseren Feind der Zorn voran. Kira war nicht emotional angetrieben, es war eine kindliche Naivität, die in Stolz, Hochmut und Größenwahn eskalierte. Aber nun hier haben wir es mit einem Gegner zu tun, der die ganze Welt seinen Zorn spüren lassen will. Und da frage ich mich, was nun gefährlicher ist: ein Massenmörder mit Megalomanie, der von Stolz und Hochmut erfüllt ist, oder jemand, der emotional vorangetrieben wird. Ich denke, dass es gefährlicher ist, wenn man es mit einem emotional geladenen Gegner zu tun hat. Denn dieser ist unberechenbar, impulsiv und hat für gewöhnlich nichts zu verlieren, deshalb wird er auch jedes Risiko in Kauf nehmen, um sein Ziel zu erreichen. Seien es Leute, die Selbstjustiz üben oder Amokläufer. Kein besonders schöner Vergleich, aber ich denke, er trifft es am besten. Unsere Gegner sind ein Amokläufer und jemand, der Selbstjustiz üben will, weil die Gerechtigkeit versagt hat.“

„Und was sollen wir dagegen tun?“

„Na was sowohl Samsara, als auch Minhas Karten uns gesagt haben: wir müssen die Fragmente zusammenfügen, um unseren Feind zu besiegen. Ansonsten werden wir wohl kaum eine Chance haben, fürchte ich. Aber lass nicht den Kopf hängen. Es mag zwar düster aussehen, aber ich weiß, dass wir es schaffen werden.“ Dennoch war Dathan nicht ganz wohl bei der Sache und er sorgte sich auch um die anderen, insbesondere um Nastasja. Er wollte nicht, dass irgendjemand starb oder in ernste Gefahr geriet. Aber vor allem wollte er nicht, dass sein Vater wieder endgültig zum Tyrannen wurde, der nur noch blutige Rache wollte. Aber eines beschäftigte ihn noch zusätzlich: Lacies Worte über die Ameisenfarm und den Lebenssinn der Menschen… das erinnerte ihn irgendwie an die Worte in Samsaras Abschiedsbrief. Ob das ein Zufall war? Nun, er hatte gerade einfach nicht den Kopf dafür und verdrängte es auch wieder.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  pri_fairy
2015-01-25T17:47:43+00:00 25.01.2015 18:47
Tolles Kapitel :)


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