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geisterJäger

inspiriert von Ghost in the Shell: SAC
von

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geister

Ein aufgeregtes Zucken in der Noosphäre ließ Drauves aus seiner Halbtrance erwachen, in der er jedes Mal versank, wenn er Sensorlogbücher und Berichte las. Einen Herzschlag später fiepte ein Alarm. Er pausierte den Strom an Daten, der über seine augmetischen Augen lief und wandte sich in die Richtung, aus der er die Aufregung empfangen hatte.

Eine unnötige, menschliche Geste.
 

>Bericht!<

>Seismische Sensoren SES-1317 und SES-1318 haben soeben angeschlagen. Aufschlag einer Masse in Sektor 13, Zaunabschnitt 4. Errechnetes Gewicht: Eins-eins-vier plus-minus drei Kilogramm.<
 

Sein elektronisches Unterbewusstsein hatte bereits eine Karte des weitläufigen Stützpunktes aufgerufen und den betreffenden Sektor markiert. Ein goldenes Quadrat hob eine Fläche nördlich von dem grauen Gewirr aus Gebäudegrundrissen, welches vor ihm in der Luft zu schweben schien, deutlich hervor.
 

>Adept Eraldo, geben Sie mir Augen dort draußen. <

>Jawohl, Diakon.<
 

Ein Schimmer lief über die Karte als er sich mit der Konsole des Techadepten verband und dessen Dateien aufrief. Jetzt war das goldene Quadrat durchsetzt mit einem verwaschenen rot glühenden Fleck und einigen blauen Runen, von denen sich eine auf den roten Fleck zubewegte.

Einige Fenster schoben sich seitlich in Drauves‘ Gesichtsfeld. Livebilder aus multispektralen Kameras flimmerten vor seinen Augen. Sichtbares Licht, Infrarot, Ultraviolett, sie alle zeigten dasselbe Bild: Den verkrümmten Körper eines Raubtieres, das verkrümmt im langen Schatten des Hochspannungszauns lag.
 

>Das Bild kommt von Servoschädel Kappa-34-„Oraphus“, Diakon. Sieht aus als wäre irgendein Viech in den Zaun gesprungen. Etwas Großes. Müsste ein Kharo-Puma sein. <
 

>Es handelt sich in der Tat um einen verendeten Puma Kharois Therisia, Adept. Präzision. Ihre Wortwahl klingt schon wieder wie von einem Fleischlichen. <

Drauves mechanische Augen fixierten die Gestalt des Adepten durch die halbdurchsichtigen Kamerabilder während er den Alarm deaktivierte. Noch so eine unnötig menschliche Geste, schalt er sich selbst.
 

Eraldo zuckte leicht zusammen und richtete sich in seinem Stuhl auf. >Entschuldigt, mein Diakon. Die letzten Tage waren anstrengend für den nicht-augmentierten Teil von mir. Mein Fleisch ist schwach. <
 

Bevor Drauves etwas erwidern konnte hallte die leicht verzerrte, sonore Stimme von Magos Fridoric von oben in die Überwachungsbucht: „Diakon Drauves. Ein weiteres Sensorecho?“
 

Drauves hatte aufgehört, sich zu fragen, wieso der Oberbefehlshabende der Basis trotz seines Maschinenkörpers auf diese primitive Art der Kommunikation zurückgriff. Vermutlich hatte es etwas nostalgisches und damit zu tun, dass sein Magos keinen Kehlkopf mehr hatte.

„Negativ. Lokale Fauna hat einen seismischen Sensor ausgelöst.“
 

„Fehlalarm fünf in dieser Woche. Sorgen Sie für mehr Disziplin, Diakon“, schnarrte Fridoric und glitt lautlos wieder zurück zu seinem Platz in der Mitte der stadionartigen Kommandozentrale.

Wäre es seinem neuen Körper möglich gewesen wäre Drauves ein Stück in sich zusammengesunken, unnötig menschlich oder nicht. Seit vor zwei Wochen ein Meteoritenschauer in der Atmosphäre von Theris‘ Sühne niedergegangen war lagen die Nerven aller Bewohner dieser Welt blank.
 

Planetare Verteidigungsstreitkräfte sowie der Adeptus Mechanicus und Gerüchten zufolge sogar die Inquisition hatten die vereinzelten Einschlagsstellen untersucht und keinerlei Hinweise auf Xenos oder sonstige Eindringlinge gefunden.

Aber trotzdem … Die nahe Fabrikwelt Graia stand seit Wochen unter Belagerung durch die Grünhäute und Arthakis, eine frisch gegründete Kolonie im selben Sektor, war erst vor wenigen Monaten von Eldarpiraten attackiert und nur Wochen danach von einem Tentakel des großen Verschlingers gepackt und vollständig ausgelöscht worden.

Drauves‘ Verstand mochte mit dem Konzept von „Angst“ nicht mehr viel anfangen, doch er konnte verstehen, dass seine Untergebenen sie empfanden.
 

Einen Moment lang dachte er darüber nach, seinen Untergebenen eine leichte Dosis Beruhigungsmittel zu verabreichen, entschied sich dann aber dagegen. Er sollte die ohnehin schon überanstrengten Adepten nicht noch mit Psychopharmaka belasten.

Stattdessen trennte er die Datenkabel von seinem Nacken und erhob sich von seinem Sessel. Surrend schoben die Servomotoren seiner Beine ihn in eine stehende Position.
 

Für einen Moment sah er sein kleines Reich wie jeder unmodifizierte Mensch es sehen würde: Als eine düstere Senke in einem großen Raum aus nacktem Stahl, der nur von einigen vereinzelten Lampen erhellt wurde.

In dieser Senke saßen in Alkoven zwölf Menschen auf selbstanpassenden Sesseln aus denen zahlreiche Kabel in verschiedenste Anschlüsse an ihren mehr oder weniger mechanisierten Körpern liefen.

Wie im stählernen Netz einer mechanischen Spinne starrten die Adepten auf die nackten Metallwände und schienen mit ihren Fingern in die Luft zu greifen während die Kabelstränge ihnen laufend Daten aus den Sensoren zukommen ließen, welche die Peripherie des Stützpunktes überwachten.
 

Drauves‘ Implantate schalteten auf drahtlose Verbindung zur Noosphäre um und der Raum wurde erfüllt von golden leuchtenden Datenfenstern, Anzeigen und Bedienfeldern. Sie alle waren nur sichtbar für diejenigen, welche über die nötigen Segnungen des Omnissias verfügten.
 

Er bewegte die klauenartigen Zehen durch und machte einige hölzerne Schritte entlang seines Abschnitts des Kommandograbens. Seine Neuralimplantate hatten sich noch nicht ganz auf die brandneuen Beine kalibriert, was ihm ein unelegantes Staksen verlieh als er die Reihe seiner Adepten entlang ging um einige einfache Aufgaben zu vergeben. Eine Kalibrierung hier, eine Simulation dort. Nichts schwieriges, aber genug, um den jungen Männern etwas die Eintönigkeit ihrer Aufgaben zu nehmen.
 

„Warum benützen wir keine Servitoren um diese Sensoren zu überwachen? Die benötigen nicht einmal Schlaf“, meldete sich eine genervt klingende Stimme von der anderen Seite der Bucht leise zu Wort.

>Disziplin! <, schnarrte Drauves in die Noosphäre, >Und ich weiß, dass Sie erst kürzlich in die Obhut des Omnissias aufgenommen wurden, aber ein wenig mehr Denkvermögen hätte ich mir doch erhofft. Vielleicht sollten wir Ihre Stelle tatsächlich mit einem Servitor besetzen. Vielleicht mit Ihnen selbst. <

Der junge Adept zuckte bei dem Gedanken zusammen. „Ja, mein Diakon. Entschuldigt, mein Diakon.“
 

Drauves legte sich gerade einen kurzen Vortrag darüber zurecht, dass in den meisten Einrichtungen des Mechanicus Servitoren eine so ermüdende Aufgabe übernommen hätten, doch dass die Cogitator-Intelligenzen dieser lobotomisierten Wesen zwar ausdauernd aber nicht zu kreativem Denken fähig waren wie es an einem kritischen Posten nötig war - und warum diese Beschränkung für eine Maschinenintelligenz eine Notwendigkeit darstellte.
 

Ein schriller Alarm unterbrach seinen Gedankengang. >Schusswaffengebrauch in Sektor 23! <, plärrte ein Adept in die Noosphäre. Dann: >Element verloren! Eindringlingsalarm! <

Rote Lampen blitzten auf und sofort entflammte das Datennetz in hektischer Aktivität. Der für die innere Sicherheit des Stützpunktes zuständige Mech-Diakon Gratianus nebenan verteilte einige Befehle über Prioritätskanäle bevor Fridoric wie eine metallene Wächterfigur über ihm auftauchte.
 

„Ein weiterer Fehlalarm?“, grollte seine tiefe Stimme. Ohne zu wissen, dass Gratianus völlig emotionslos war, hätte man in seiner Antwort beinahe einen besorgten Unterton hören können: „Negativ, mein Magos. Waffenservitor Xi-881 in Sektor 23 hat soeben einen Eindringlingsalarm ausgesendet. Drei Komma sechs Sekunden später riss die Verbindung ab, gleichzeitig fiel Transformator 15-Delta aus. Da wir in diesem Winkel keine Kameras zur Verfügung haben wurde Xi-872 angefordert um den Vorfall zu untersuchen.“
 

Fridorics gepanzerte Hände griffen fest um die Reling an der er stand. „Befehl wiederrufen. Zwei Skitarii von Zenturie Fünf zu Sektor 23. Ich will diesmal eine kompetente Aufklärung des Vorfalls.“
 

Lange Sekunden verstrichen in denen im Drauves‘ und Gratianus‘ Gräben nur vereinzelt Nachrichten über die Noosphäre ausgetauscht wurden und die meisten Anwesenden stillschweigend die Karte des Stützpunktes beobachteten auf der die blau eingezeichneten Skitarii dem gelben Alarmsymbol immer näher kamen.
 

>Gruppe Weiß im Zielgebiet. <, meldeten die Skitarii, >Kein Kontakt mit Eindringlingen. Einer der Transformatoren ist beschädigt und wirft Lichtbögen, erbitte Deaktivierung. <
 

Fridoric persönlich unterbrach die Stromverbindungen der gesamten Reihe an Transformatoren. Kurz darauf öffneten sich einen Moment später mehrere Bilder um ihn herum als Weiß Eins begann, die Überreste des Servitors zu untersuchen während Weiß Zwei ihn mit seinem Plasmagewehr absicherte.

Der metallene Käfig der den Servitor vor den Hochspannungsleitungen in seinem Patrouillengebiet abschirmen sollte war völlig verbogen. Das darunter - was der Skitarius trocken als „schweres Polytrauma des Thorax, ausgelöst durch Explosion des Energiekerns“ bezeichnete - ließ mehrere Adepten würgen und brachte selbst Drauves beinahe dazu, die organischen Teile seines Gesichts zu verziehen.
 

>Primärer Speicherkern zerstört. Suche Reserve-Speicherkern … Reserve-Speicherkern intakt. Stelle Verbindung her. <

Die Bilder des zerfetzten Servitors wurden ersetzt durch die letzten Sekunden seiner Aufzeichnungen:

Eine körnige Aufnahme eines schmalen Fußwegs zwischen einem Quartiersgebäude und dem Transformatorblock, der kurzzeitig gleißend ausgeleuchtet wurde als eine elektrische Entladung auf den Servitor übersprang. Eine vage humanoid aussehende Gestalt erschien für einen Augenblick als verschwommener Umriss. Dann kamen die Läufe des Zwillings-Autogewehrs ins Bild, die nur eine kurze Salve abgeben konnten bevor ein zweiter, noch grellerer Blitz die Aufnahme abrupt beendete.
 

„Abgleich des Umrisses mit der Datenbank gibt keinen eindeutigen Treffer“, meldete einer von Fridurics persönlichen Adepten bevor sich Weiß Eins wieder meldete: >Erbitte Befehle. Gruppe Weiß kann in kürzester Zeit mit dem Rest der Zenturie Fünf verstärkt werden und diesen Abschnitt der Basis durchkämmen, mein Magos. <
 

„Negativ. Sucht nach Spuren. Nach unseren bisherigen Informationen könnte es sich dabei auch um eine Fehlreaktion auf einen Fehler im CCD-Sensor des Servitors handeln, besonders wenn er von einer solchen Entladung getroffen wurde.“ Fridoric beorderte noch vier weitere Skitarii zu Sektor 23, doch Drauves nahm ihn schon nicht mehr wahr sondern atmete schnappend ein.

Diesmal störte er sich nicht einmal mehr an seiner menschlichen Reaktion, denn er war schon zu sehr von seinem Geistesblitz eingenommen: >Adept Eraldo. Ich brauche die Aufzeichnungen von Generator Drei von Zeitindex neunzehnhundertvierzehn bis neunzehnhundertsiebzehn. Jetzt.<
 

Diagramme tauchten vor Drauves geistigem Auge auf. Die Spannungskurven des Generators, der unter anderem den Hochspannungszaun versorgte. Sie waren nahezu ideal. Keine Anomalien.
 

Er leitete die Daten mit nur einem kurzen Kommentar versehen an Friduric weiter der anscheinend zum selben Schluss kam wie sein Untergebener. Was auch immer die seismischen Sensoren ausgelöst hatte war nicht am Zaun verendet sondern vielmehr auf der Innenseite gelandet und war jetzt vermutlich von einem Servitor entdeckt worden.

Der Magos richtete sich auf: „Alarmstufe Vier! Zenturie Fünf, versammeln und Sektor 23 sowie alle angrenzenden Sektoren durchkämmen.“
 

>Einschussloch entdeckt! < meldete Weiß Eins. > Einschlagspunkt passt zur Höhe des Servitors und impliziert eine Position des Schützen auf halber Höhe von Erhebung E553. < Friduric quittierte die Entdeckung mit einem knappen „Land Speeder“.
 

Während eine Schwadron der schnellen Kampfschweber sich auf den Weg machte den Berg südlich der Basis zu untersuchen, verteilten sich Skitarii und mehrere Kampfläufer um Sektor 23 um den mysteriösen Geist zu jagen.
 

Für lange Minuten geschah nun wieder nichts. Die Nervosität der Adepten wuchs spürbar, und die surrenden und klickenden Waffen der furchteinflößenden Skitarii an den Eingängen brachten alles andere als Entspannung.

Dass der Pilot des führenden Land Speeders schließlich meldete, dass von einem Schützen keine Spur zu finden war, konnte die Situation kaum frustrierender machen.

In der angespannten Stille, die darauf folgte, klang die hohe Stimme einer Adeptin aus Gratianus‘ Gefolge unheimlich laut: „Silhouette entdeckt! Sektor 35, Munitionsdepot Vier.“
 

Drauves rief das Bild auf und sah aus den Augen einer der Kameras des Depots eine verwaschene Gestalt die sich gegen die untergehende Sonne abzeichnete. Sie schien äußerst schlank, hatte einen langgezogenen Kopf von dem zwei Finnen abstanden und eine Art breiten Rucksack.

Er fragte sich einen Moment, ob ein Geist der eine ganze Zenturie aus Skitarii an der Nase herum führen konnte einen derartigen Fehler begehen würde, doch er stellte seinen Magos nicht in Frage als dieser die Hälfte von Zenturie Fünf zu Sektor 35 beorderte.
 

Ein Brummen stellte sich in der Noosphäre ein während die fünfzig Skitarii sich neu formierten und abrückten. Über die knappen Codenachrichten, die von den zwei Hälften der Zenturie eintrafen, setzte sich die zögerliche Meldung eines verwirrt klingenden Techpriesters kaum hinweg: >Zentrale? Ich … Ich weiß nicht einmal wie ich hier her komme aber … ist für heute eine Inspektion der Legio vorgesehen? <
 

>Negativ. Basis im Alarmzustand. Kanäle freihalten <, sendete ein Servitor barsch zurück bevor Gratianus ihn überschrieb: >Erklärung. <

>Also, mein Lord, ich… Ich war in meinem Hangar und habe Berichte meiner Untergebenen empfangen und plötzlich stehe ich vor Hangar Primaris und…<

>Kommen Sie zur Sache, Techpriester! <, blaffte Gratianus ihn an. Der Mann musste wirklich verwirrt sein um einen so unzusammenhängenden Bericht abzugeben.

>Mein Lord, ich … Nun ja, Tor 4 von Hangar Primaris steht offen. <
 

„Was?! Mercurii zu Hangar Primaris! Sofort! Zenturie Fünf, nachrücken.“ Die heftige Reaktion von Magos Friduric ließ einige seiner Adepten zusammenzucken. Drauves beobachtete, wie sich zwei der gedrungenen Kampfläufer von den Skitarii absetzten und durch die Basis sprinteten.

„Kontakt mit seismischen Sensoren! Massive Bewegung zehn Komma drei Kilometer südöstlich der Basis!“, rief ein Sensoradept aus Drauves Abteilung. „Beim Omnissias, über eintausend Tonnen! Das muss eine ganze Armee aus Panze - “ „Auspexkontakt!“, übertönte ihn sein für die Luftraumüberwachung zuständiger Kollege. „Einhundertvierzehn Radarkontakte. Süd-Süd-West, Entfernung fünfzig, Höhe neun Kilometer. Schnell näherkommend.“
 

Drauves brach ihre hektisch aufgesetzten Einsatzgesuche für die Planetaren Verteidigungsstreitkräfte mit einem Gedankenimpuls ab. >Benutzt eure minderwertigen Elektronengehirne! Im Südosten ist nur offenes Grasland, keine Armee könnte sich dort verstecken. Und bei der momentanen Wetterlage würde jedes Flugzeug in dieser Höhe Kondensstreifen erzeugen, aber auf keiner Kamera ist irgendetwas zu sehen. Unsere Sensoren werden offensichtlich gestört. Jeden Kontakt dreifach überprüfen. Durch Adepten mit natürlichen Augen, falls nötig. <
 

Er ignorierte den Stich den ihm diese letzte Anweisung versetzt hatte und wandte sich dem Hauptbildschirm zu. Auf diesem war gerade zu sehen, wie Scheinwerfer an den kantigen Kinnladen der gepanzerten Läufer aufflammten und durch Tor 4 in das gewaltige Kirchenschiff des Hangars leuchteten. Ein Mitglied der Imperialen Armee hätte einen Mercurius vermutlich als eleganteren Sentinel identifiziert, doch die Maschinen des Adeptus Mechanicus waren viel hochentwickelter als das.

Sie schritten jetzt langsam in den Hangar, jede Bewegung der Lichtkegel begleitet von zwei langläufigen Maschinenkanonen.
 

„LENKWAFFENSTART!“ Eine Servitorenstimme plärrte urplötzlich aus einer der Kommandosenken der Skitarii. „Schwadron Gamma, SOFORT …“

Die Warnung kam zu spät. Beide Läufer wurden fast gleichzeitig am Rücken getroffen. Einer von ihnen wurde von der Wucht des Einschlags in den Hangar katapultiert, der andere explodierte einfach an Ort und Stelle. Die Detonation war so vernichtend, dass die beobachtenden Kameras für einen Moment nur Statik übertrugen.

Alarmsirenen plärrten in der gesamten Anlage und in der Zentrale brach etwas aus, was unter den Standards des Mechanicus beinahe als Panik zu beschreiben gewesen wäre. Adepten und Gehilfen mussten ihren Schritt beschleunigen um noch durch die sich schließenden Panzertüren zu kommen. Ein weiteres Dutzend Skitarii löste sich aus seinen Alkoven um die Eingänge abzusichern während andere Adepten verzweifelt versuchten, den Angreifer zu orten.
 

Eine heftige Erschütterung brachte alle Anwesenden für einen Moment zum Schweigen und die unmodifizierten Menschen in der Zentrale dazu, sich verängstigt umzublicken. Sogar die Servitoren schienen einen Augenblick innezuhalten.

„Mein Magos, die Truppen melden, dass Theriocephalas sich soeben aus seinem Kokon gelöst hat!”

„Theriocephalas hat was? Gruppe Grün, Bildübertragung! Jetzt!“ Magos Friduric starrte auf die hololithische Repräsentierung des Titanenhangars, des monumentalen Herzstücks der Basis vor der jetzt ein verzerrtes Bild der riesigen schwankenden Kriegsmaschine auftauchte die in den Trümmern ihres Kokons stand. „Das ist unmöglich. Es würde mindestens eine Stunde an Riten für den Maschinengeist erfordern um auch nur den Reaktor zu starten. Die einzig logische Erklärung ist, dass es sich um eine weitere Täuschung handelt.“
 

>Sämtliche Kameras aus dem Hangar selbst zeigen Normalbetrieb, auch die Servitoren melden keine Vorkommnisse und laut Telemetriedaten sind alle Titanen komplett inaktiv. <, stellte einer von Gratianus‘ Adepten fest.

>Alle Moderatii sind in ihren Quartieren <, bestätigte ein Servitor, >Verifiziert durch Dreifachüberprüfung mit Fingerabdruck, Passphrase und Stimmerkennung. Biosporenanalyse läuft. Nur Princeps Undine befindet sich an Bord von Theriocephalas. <
 

Drauves trat einen Schritt hinaus aus seiner Sensorbucht. >Mein Lord, lasst mich mit eigenen Augen den Hangar überprüfen. Unsere Sensoren werden beeinflusst, möglicherweise sind auch die Skitarii von dieser Häresie betroffen. <
 

Die Antwort bestand nur aus dem Maschinenäquivalent eines knappen Nickens - einem schlichten „True“ in der Noosphäre. Drauves löste die letzten Verbindungen zu seinem Arbeitsplatz und stapfte aus der Zentrale. Zwei Skitarii schlossen sich ihm wortlos an und folgten ihm in die anbrechende Dunkelheit hinaus.
 

Etwa nach der Hälfte der Strecke zum Hangar begann der Boden unter Drauves Krallenfüßen zu erzittern. Er kannte diese Erschütterungen: Schritte eines Titanen. Also war tatsächlich eine der Gottmaschinen erweckt worden.

Eine Mischung aus Angst vor den Folgen eines wildgewordenen Kriegstitanen und vor allem Zorn über die schiere Häresie des Vorgangs erfüllte sein halb-organisches Herz.

>Extreme Hitzeentwicklung in Hangar Primaris! < Die Warnung des Skitarius war gerade in Drauves Kopf angekommen und von dem Cogitator in seinem Gehirn mit der Bewaffnung von Theriocephalas in Verbindung gebracht worden als schon ein brutaler Ruck durch die Welt ging und den Diakon samt seiner Begleiter beinahe zu Fall brachte.

Als er wieder aufsah hatte sich eine glühende Bresche in den gewaltigen Hangartoren aufgetan und zwei riesige Waffenläufe schoben sich durch das Loch um gegen das angeschmolzene Metall zu drücken bis die Halterungen des Tores mit einem markerschütternden Knirschen nachgaben.
 

Angst ergriff Drauves während der Warlord-Kriegstitan durch das aufgebrochene Hangartor schritt.

Echte, menschliche Angst.

Ein Gefühl, das er seit zwei Jahrzehnten nicht mehr gehabt hatte, das er jetzt nicht mehr haben sollte, und eines das ihn völlig überwältigte.

So stand er wie geschockt da während Theriocephalas hölzern aus dem Hangar stapfte, umgeben von etwas, das einer zuckenden golden glühenden Wolke glich. Die Noosphäre, die über der gesamten Anlage lag, schien sich gegen den fehlgeleiteten Maschinengeist des erwachten Titanen zu wehren.

Auch die Skitarii und Kampfservitoren, die vor dem Hangar Stellung bezogen hatten, blieben in Ehrfurcht stehen, wohl wissend, dass ihre Waffen gegen das Monstrum nicht das Geringste ausrichten konnten.
 

Erst als der Fuß des Titanen einen abgestellten Transportpanzer vor dem Hangar zermalmte, erwachte Drauves aus seiner Starre. Sein Pflichtbewusstsein drängte ihn, von den Vorkommnissen Meldung zu erstatten, aber sein Selbsterhaltungstrieb überzeugte ihn davon, vorher hinter der Ecke einer Baracke Deckung zu suchen. Nicht, dass ein Meter aus Permabeton vor den Waffen eines Titanen schützen konnten, aber die psychologische Wirkung war enorm. Er blieb einen Augenblick an die Wand gelehnt stehen und verfluchte seine Hilflosigkeit. Selbst seine hochgerüsteten Begleiter schienen zumindest besorgt zu sein.
 

Sie wussten genau so gut wie Drauves selbst, dass es außer einer starken Melterladung die ein Skiatrius am Bein befestigen könnte, in der gesamten Basis nichts gab um den Titanen effektiv zu stoppen. Selbst die anderen Titanen müssten erst lange Riten der Aktivierung hinter sich bringen und wären dann als Aufklärungs-Legio - die sonst nur aus leichten Titanen bestand - noch immer dem Warlord in schierer Feuerkraft unterlegen.
 

Ein hohes Pfeifen ließ den Techpriester aufsehen, gerade als er Verbindung zur Kommandozentrale aufnehmen wollte. Seine persönliche Erfahrung mit den Waffen der Gottmaschinen war begrenzt, aber die Datenbank in seinem Gehirn-Cogitator identifizierte das Geräusch als das Aufladen der Kondensatoren eines Vulkangeschützes.
 

Allein, dass der unbekannte Feind es geschafft hatte die Melterkanone zu aktivieren war Ketzerei genug. Die Frechheit zu besitzen, den monströsen Laser in seinem anderen Arm vor dem Aktivieren der Deflektorschirme mit Energie zu versorgen musste den Maschinengeist mit schierem Ekel vor seinem falschen Meister erfüllen, selbst wenn es Princeps Undine der Rote selbst sein sollte.

Und tatsächlich: Theriocephalas schien in der Bewegung gegen sich selbst zu kämpfen, er strauchelte und seine Arme zuckten als wolle er sie gleichzeitig heben und senken.
 

Dann plötzlich ging ein Ruck durch die Gottmaschine, der selbst den verstärkten Spezialbeton unter ihren Füßen splittern ließ. Das Pfeifen des Vulkangeschützes blieb, doch der Titan stand still.

Drauves erlaubte sich ein erleichtertes Seufzen und griff auf die Noosphäre zu.

Noch bevor er seine Meldung abschicken konnte flammte ein gleißender Blitz durch das halb-sichtbare Datennetz und eine kreischende Rückkopplung aus den Lautsprechern des Titanen gellte in seinen Ohren, lauter als alles was er bisher gehört hatte.

Das durchdringende Kreischen ließ ihn wie betäubt in die Knie gehen und vernebelte seinen Verstand. Erst Sekunden nachdem es abgeklungen war bemerkte er die beiden Skitarii, welche zuckend vor ihm auf dem Boden lagen. Der Zusammenbruch der Noosphäre hatte sich anscheinend in ihre Gehirne zurückgeschlagen.
 

Nur zögerlich traute sich der Mech-Diakon wieder in Richtung des Titanen zu blicken. Was er sah, beunruhigte ihn zutiefst. Nicht nur, dass Theriocephalas sich wieder bewegte und aus dem Schatten des Hangars trat. Nein, er tat es viel flüssiger und eleganter als ein solches Monstrum es tun sollte. Selbst mit vollen vier Moderati an Bord waren Warlord-Titanen üblicherweise schwerfällige Maschinen, da selbst der mächtige Maschinengeist einer solchen Gottmaschine an seine Grenzen kam wenn sich einer der dutzende Tonnen schweren Arme im Lauf bewegen sollte.
 

Jetzt aber bewegte sich die Kriegsmaschine mit eleganten, fast lässigen Schritten über den Exerzierplatz und stellte sich breitbeinig auf.

Feuerposition für den Beschuss von Makropole Tamaron, analysierte Drauves‘ Gehirn überflüssigerweise. Schutzklappen öffneten sich und gaben den Blick auf die mehreren Dutzend Raketen in den Apokalypse-Lafetten auf den breiten Schultern des Titanen frei.

Jede der Artillerieraketen trug einen zweihundert Kilogramm schweren bunkerbrechenden Sprengkopf, der mehr als ausreichend war, um bei einem Treffer jeden Armeebunker, jede Flugabwehrstellung oder jedes Munitionslager in Tamarons Außenbezirken auszuradieren. Vom Schaden, den die notorisch ungenauen Lenkwaffen an Habitat- und Fabrikblöcken anrichten würden, ganz zu schweigen.

Die Schmiedemakropole, gleichzeitig Hauptstadt des Nordkontinents, würde die tödlichen Flugkörper viel zu spät bemerken. Wenn sie durch die dichte Glocke aus Smog überhaupt jemand kommen sah.
 

Geschosse detonierten an der Flanke des Warlord-Titanen als eine Zenturie Leman Russ Kampfpanzer das Feuer auf die Gottmaschine eröffnete, doch es war zu wenig und zu spät: Feuer schlug aus Theriocephalas‘ Raketenwerfern und ein Schwarm aus tödlichen Lenkwaffen erhob sich in die Abendluft.
 

Drauves versuchte eine Warnung in die Noosphäre auszustoßen und verfluchte sich sofort für seine Unüberlegtheit als Interferenzen in seinen Kopf schlugen.

Bevor Drauves sein konventionelles Funkgerät aktivieren konnte um eine Warnung abzusetzen steigerte sich das hohe Singen der Vulkankanone zu einem ohrenbetäubenden Pfeifen, gleichzeitig veränderte der Titan seine Haltung etwas und hob seinen Waffenarm.
 

Der Kopf des Mech-Diakonen schwirrte noch immer von den Interferenzen in der Noosphäre, aber er brauchte nicht komplett bei klarem Verstand sein um an der Ausrichtung der Waffe das Ziel des Titanen zu bestimmen: Die Kuppel des riesigen Raumabwehrlasers vor Tamaron war auch von Drauves‘ momentanen Standort nicht zu übersehen, selbst aus siebzehn Kilometern Entfernung. Theris‘ Faust. Eine uralte, ehrwürdige Konstruktion und Monument aus den frühen Tagen des Imperiums, Zeichen für die Größe des Omnissias.
 

Blitze zuckten den Lauf der Waffe entlang, die ursprünglich gebaut worden war um andere Titanen zu vernichten, und setzten sich auf Antennen in der Umgebung fort. Einige Servitoren die keine hundert Meter von dem Titanen entfernt standen fielen einfach tot um als statische Entladungen ihre lobotomisierten Gehirne ausbrannten.
 

Selbst Drauves‘ bedeutend hochwertigere Implantate protestierten gegen die schiere Konzentration von Energie, welche sich in Theriocephalas‘ Arm sammelte. Ein stechender Schmerz, der noch um einige Stufen schlimmer wurde als die Waffe feuerte.

Jemand schrie verzweifelt. Drauves brauchte einen Moment um zu realisieren, dass diese hilflose Reaktion von ihm selbst gekommen war.
 

Der Mech-Diakon musste tatenlos zusehen wie der Turbolaser in der Schutzkuppel der mächtigen planetaren Laserlanze einschlug. Der kohärente Lichtstrahl verdampfte in einem Wimpernschlag einen kreisrunden Ausschnitt der über einen Meter dicken Ceramithülle und schmolz eine Bresche bis in den darunterliegenden Plastonid-T-Stahl der Haltekonstruktion für die Spulen des Schildgenerators.

Dann feuerte das eigentliche Vulkangeschütz.
 

Eine meterdicke Lanze aus blauem Licht, stark genug um Götter zu töten, krachte in die Verteidigungsanlage und verdampfte hunderte Tonnen Stahl, Fokuskristalle und supraleitende Spulen. Innerhalb einer halben Sekunde wurde die jahrtausendealte Konstruktion zu unnützer Schlacke verbrannt, der Panzerhandschuh von Theris‘ Faust zu wertlosem Altmetall degradiert.
 

Regungslos stand Drauves da und sah der geschundenen Metallkuppel zu, wie sie sich anschickte, in Zeitlupe zusammenzubrechen.
 

Ein lautes Quietschen erinnerte ihn an den Titanen, der noch immer unter der Kontrolle eines unbekannten Feindes stand. Theriocephalas hatte sich in der Hüfte gedreht und sein Meltergeschütz vaporisierte mit einer fast beiläufigen Geste die Kampfpanzer, die auf ihn gefeuert hatten. Dann machte er sich auf den Weg zurück zum Hangar ohne sich um seine Raketen zu kümmern die in diesem Moment die Flugabwehrstellungen von Tamaron verwüsteten.
 

Drauves sah sich hilfesuchend um. Er musste irgendetwas tun. Jemanden warnen. Truppen anfordern. Zur Not selbst eine Waffe in die Hand nehmen um die gefallene Gottmaschine zumindest zu verlangsamen bevor sie ihre kleinen Brüder vernichten konnte.
 

Er wusste, dass keine hundert Meter weiter ein Waffendepot lag. Dort sollten sich Melterbomben finden.

Seine mechanischen Beine trugen ihn um zwei Ecken, wo er angewurzelt stehen blieb.

Hier war die Noosphäre wieder verfügbar und sein Gehirn wurde überschwemmt von einer Flut aus Hilferufen und Warnungen. Eine davon schob sich glühend rot vor alle anderen: >WARPEREIGNIS! <

Sie stammte von Avus Veneris, einem leichten Kreuzer der Imperialen Navy, der sich laut Koordinatenanzeige momentan in seinem Orbit an einem Punkt über Theris Alpha befand.
 

Drauves schaute automatisch nach oben und seine augmentierten Augen konnten tatsächlich den Kreuzer ausmachen: Ein aggressiver Dolch in den grau-blauen Farben der Sektorflotte, von der Abendsonne beleuchtet, und jetzt die einzige effektive Verteidigung, die Theris‘ Sühnes Nordhalbkugel vor einem Angriff aus dem Weltall hatte.
 

Eine Prioritätsmeldung drängelte sich in die Noosphäre, eine Warnung der Avus Veneris, erfüllt von Statik: „…eitkräfte auf Theris‘ Sühne. … iffe unbekannter Bauart sind in das System eingedrungen und befinden sich im schnellen Anflug. Kampfgruppe … aus Avus Veneris und vier Begleitschiffen nimmt den Kampf auf. Erfolgschancen ungewiss. Feind in der Überz… Alle … geraten, sich auf … Invasion vorzubereiten. Der Imperator besch…“ Die aufgeregte Stimme aus dem Orbit ging komplett in Statik unter als Beschuss gegen die Schilde der Avus Veneris brandete.

Der Schutzschirm kämpfte gegen die Treffer an, die in kurzer Folge in das Schiff einschlugen, und brach schließlich zusammen. Kurz darauf wurde der kantige Rumpf des Armatus-Kreuzers von einer Salve mittig getroffen.

Der Hals des kilometerlangen Raumschiffes, der den massiv gepanzerten Bug mit den Triebwerken verband, brach einfach entzwei wie ein morscher Zweig im Wind.
 

Zwei schlanke, kleinere Raumschiffe, von einer Form wie sie Drauves noch nie gesehen hatte, waren für einen Moment im Sonnenlicht zu sehen wie sie ober- und unterhalb des zerfetzten Kreuzers vorbeifegten. Dann rollten ihre mattschwarzen Rümpfe herum und verschwanden gegen den Hintergrund des Abendhimmels, wo selbst seine verbesserten Augen sie nicht mehr ausmachen konnten.
 

Er wusste nicht, wer dieser Feind war.

Er wusste nicht, wer in der Lage war, die beste Verteidigung, die der Mechanicus aufbringen konnte, einfach zu umgehen.

Er wusste nicht, wer in der Lage war, einen Titanen, den ultimativen Avatar des Maschinengottes, unter seine Kontrolle zu bekommen.

Er hatte nur das sehr schlechte Gefühl, dass er es viel zu bald herausfinden würde.



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