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Last Desire 6.5

Just another Desire
von

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Die Leere und der dunkle Bruder

Es war an einem dunklen Dezemberabend, als es endlich aufgehört hatte zu schneien und L mit Frederica und seinen Eltern gemeinsam spazieren ging. Sie gingen gemeinsam durch die von Laternen erleuchteten Straßen und hatten sich warm angezogen. Die meiste Zeit hielt L die Hand seiner Mutter und von seinem Vater, während Frederica neben ihnen her lief und sich besonders warm angezogen hatte, da sie keine Kälte mochte. Ihr Haar hatte sie entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit zusammengebunden und mit einem Tuch verdeckt. Gefühlte -12°C herrschten und ein eisiger Wind wehte. Sie wollten alle zusammen auf den Weihnachtsmarkt gehen, doch L war nicht ganz wohl dabei, abends rauszugehen, selbst mit seinen Eltern nicht. Denn er hatte Angst vor der Dunkelheit und in seiner kindlichen Fantasie sah er irgendwelche unheimlichen Gestalten in den Ecken lauern. Und selbst die Lichter des Weihnachtsmarktes und die Musik vermochten seine Stimmung nicht zu bessern. Während seine Eltern heiße Getränke holen gingen, blieb Frederica bei L und sah, dass etwas nicht mit ihm stimmte. „L, was ist mit dir? Ist dir kalt?“ Er schüttelte den Kopf und sagte nichts. Sie nahm seine Hand und ging hinunter, um ihm in die Augen sehen zu können. „Was hast du denn dann? Du kannst es mir ruhig sagen.“ „Ich mag es nicht, wenn es dunkel ist“, sagte der 5-jährige nach einigem Zögern und wich ihrem Blick aus. Es war ihm peinlich, das zu sagen, aber Frederica lächelte nur und streichelte ihm sanft über seine vor Kälte geröteten Wangen. „Es ist doch nicht schlimm, wenn du vor etwas Angst hast. Weißt du, die Angst bewahrt uns davor, etwas Dummes zu tun.“ „Ich weiß. Mama sagt das ja auch immer wieder. Aber ich hab trotzdem Angst, dass da irgendwelche Monster sind.“

„Nun, vielleicht muntert dich ja eine kleine Geschichte auf.“ Sie gingen zu einer Bank hin und Frederica setzte sich, dann nahm L wie immer auf ihrem Schoß platz. Das Albinomädchen schlang ihre Arme um ihn, um ihn etwas zu wärmen. „Ich habe dir ja mal erzählt, dass Eva die Leere erschaffen hat und dass diese fortgegangen ist, um ein Herz zu finden. Aber die Geschichte geht noch weiter.“

„Echt?“

„Ja. Denn auf ihren Reisen hat die Leere jemanden getroffen, vor dem sich alle gefürchtet haben. Er war ähnlich einsam wie die Leere und unverstanden.“

„Erzähl mir die Geschichte!“
 

„Als die Leere so ziellos durch die Welt streifte und nicht so genau wusste, wohin sie gehen sollte, da erreichte sie einen Ort, der von den Menschen gemieden wurde und wo es nichts gab außer Finsternis und karges Land. Sie blieb stehen und überlegte sich, was es wohl dort gab und so fragte sie die Menschen, die in einem kleinen Dorf nicht weit entfernt lebten. Dort erfuhr die Leere, dass tief im Inneren des finsteren Landes ein Monster wohne. Ein bösartiges Wesen mit Augen so rot wie Höllenfeuer. Keiner wagte es, dorthin zu gehen, weil sie Angst hatten. Aber da die Leere keine Angst empfand, wollte sie in das finstere Land gehen, um sich dort umzusehen. Vielleicht gab es ja dort eine Möglichkeit, dass sie endlich diese innere Leere füllen konnte. Die Menschen warnten sie noch, dass es niemandem gelungen sei, lebend diesem Monster zu entkommen, doch davon ließ sich die Leere auch nicht abschrecken und so zog sie los. Sie nahm keine Waffe mit, kein Licht, rein gar nichts außer dem, was sie bei sich trug. Ihre Reise dauerte mehrere Tage an und da es so dunkel war, konnte die Leere nicht sehen, wohin sie gehen musste. Sie ging immer geradeaus da sie sonst Gefahr laufen würde, im Kreis zu gehen. Auf ihrem Weg hörte sie irgendwann eine Stimme und ein leises Kichern. Die Leere spürte, wie jemand sich ihr in den Weg stellte, blieb stehen und fragte „Wer bist du?“ „Ich bin die Lüge“, antwortete die Stimme und kicherte. „Was immer ich sage, verwirrt den Verstand der Menschen und was über meine Lippen kommt, ist falsch und mein Wesen ist verdorben und böse. Und wenn dich meine Worte erst verwirrt haben, wirst du nie wieder zurückfinden.“

„Aber wenn du immer lügst, so wäre doch die Tatsache, dass du gesagt hast du wärst ein Lügner, die Wahrheit.“

„Wahr gesprochen. Ich lasse dich weiterziehen. Geh du nur deinen Weg.“ Damit ließ die Lüge die Leere passieren und diese hörte irgendwann ein Geräusch. Es klang nach dem Klimpern harter Münzen und nach einer Stimme, die zählte. Die Leere ging weiter und die Geräusche wurden lauter. Schließlich spürte sie, dass jemand ihr den Weg versperrte und so fragte sie „Wer bist du?“ „Ich bin die Habsucht“, antwortete die Stimme. „Jeder, der hierher kam, wollte alles haben und verlor jedoch alles. Willst du dein Glück versuchen? Du könntest als reichster oder als ärmster Mensch zurückkehren.“

„Ich bin bereits arm und habe nichts. Ich kann dir nichts geben, nicht einmal ein Herz. Alles was ich will ist, weiterzuziehen.“ Und da die Habsucht wohl sah, dass die Leere nichts bei sich hatte, verlor sie ihr Interesse und ließ die Leere daraufhin weiterziehen. Und dann, als die Leere schon müde geworden war von der langen Reise, da vernahm sie unzählige Stimmen. Verlockende Düfte und Klänge, die einen Menschen bezaubern konnten, umschwirrten sie. Jemand ging um die Leere herum und so blieb diese stehen und fragte „Wer bist du?“

„Ich bin die Versuchung“, antwortete die Stimme und ergriff den Arm der Leere. „Wer sich hierher verirrt, den nehme ich mit in mein Reich und lasse ihn alle Freuden der Welt zuteil werden. Dir soll es an nichts mangeln, wenn du mit mir kommst.“ Doch die Leere lehnte ab und sagte „Ich bin leer und habe keine Interesse an den Freuden dieser Welt. Ich bin gekommen, um das Monster zu finden, das hier leben soll. Also lass mich weiterziehen.“ Und da die Versuchung der Leere nichts anhaben konnte, musste sie diese ziehen lassen. Die Leere ging noch sehr lange weiter, bis ihr die Füße wehtaten und sie kaum noch laufen konnte. Aber dann erreichte sie das Ende der Finsternis und erblickte eine große Landschaft und ein altes verfallenes Schloss, in welchem niemand zu leben schien. Dennoch ging die Leere weiter und erreichte schließlich das Schloss. Sie fand ein bequemes Nachtlager und ruhte sich dort aus. Als sie Stunden später erwachte, da hörte sie eine Stimme, die einem Menschen wohl das Fürchten gelehrt hätte und diese fragte „Wer bist du und was suchst du in meinem Reich?“ Die Leere sah einen finsteren Gesellen mit Augen so rot wie das Fegefeuer und antwortete wahrheitsgemäß „Ich bin auf der Suche nach etwas, das mein leeres Herz zu füllen vermag. Ich bin die Leere, erschaffen aus Eva.“

„Eva?“ rief die finstere Gestalt, als sie das hörte. „Ich bin die Finsternis, Evas dunkle Seite und ihr Bruder. Einst waren wir ein gemeinsames Wesen, bevor wir uns auseinander entwickelten. Sie ist mein Licht, ich bin ihr Schatten. Deshalb ist auch alles, was ich tue, von schlechter Natur. Du bist ein Narr, dass du hergekommen bist. Denn niemand, der hierhergekommen ist, der fand wieder zurück.“ Doch die Leere zeigte nicht die geringste Angst und das verwirrte den dunklen Bruder und so fragte er „Warum läufst du nicht weg, so wie alle anderen auch?“ „Weil ich keine Angst empfinden kann. Und wenn du mir etwas Böses gewollt hättest, dann hättest du mich getötet, als ich schlief.“ Und diese Worte verwunderten den dunklen Bruder. Er hatte es noch nie erlebt, dass jemand keine Angst vor ihm und der Finsternis hatte. Für gewöhnlich rannten alle vor ihm weg und wollten nichts mit ihm zu schaffen haben. Aber die Leere lief nicht davon und sie hatte keine Angst. Der dunkle Bruder ließ daraufhin die Leere bei sich leben und zeigte ihr sein Leben. Er erzählte, dass er und Eva erbitterte Feinde gewesen waren und versucht hatten, sich gegenseitig zu töten. Eva wollte die Welt vor ihrem dunklen Bruder beschützen und er wollte alles zerstören. Aber als sie erkannt hatten, dass ihre Kämpfe zu nichts führen würden, beschlossen sie, Frieden zu schließen. Und so nahm Eva einen Teil der Finsternis in sich auf und ihrem dunklen Bruder gab sie einen Teil ihres Lichts. So waren sie imstande, in Frieden zu leben. „Doch egal was ich tue, ich bleibe ihr dunkler Bruder. Es ist nicht schlimm, denn alles, was Licht hat, wirft auch Schatten. Ohne meine Finsternis könnte Evas Licht nicht bestehen. Sie braucht mich genauso wie ich sie brauche. Deshalb ist die Finsternis genauso wichtig wie das Licht.“ Die Leere blieb lange Zeit bei Evas dunklem Bruder und lernte viel und erfuhr, wie die Welt wirklich funktionierte. Der dunkle Bruder besaß ein erstaunliches Wissen und kannte die Menschen sehr gut. Er kannte die Mittel, mit denen sich die Menschen beherrschen ließen und wonach sie gierten. Die Versuchung, die Habsucht und die Lüge waren seine Kinder, die die schlechtesten Seiten der Menschen verkörperten und zu seiner einzigen Familie geworden waren. Doch je länger die Leere bei dem dunklen Bruder blieb, desto mehr fühlte er sich zu ihr hingezogen. Da die Leere als Einzige bei ihm blieb und niemals Angst vor ihm zeigte, da fühlte er, wie das kleine Licht, welches Eva ihm einst schenkte und was er beinahe vergessen hatte, heller strahlte und sein Innerstes mit einem ganz neuen Gefühl erfüllte. Zum ersten Mal empfand er so etwas wie Glück und Liebe. Ja, er war glücklich dass er jemanden bei sich hatte, der nicht von ihm erschaffen worden war und der freiwillig bei ihm blieb. Der dunkle Bruder ließ daraufhin die Finsternis verschwinden, die sein Reich versteckte und rief seine Kinder wieder zu sich. Die Leere wurde in diese Familie aufgenommen und half dem dunklen Bruder, sich mehr auf dieses Licht in seinem Herzen einzulassen. Auch wenn es nicht immer einfach war, die Leere blieb da und lernte auch selbst viel. Aber dennoch fand sie im Reich des dunklen Bruders nichts, was ihr leeres Herz füllen konnte. Und sie begriff, dass sie weiterziehen musste. Also ging die Leere zu Evas dunklem Bruder und sagte „Du hast mich viel gelehrt, aber dennoch blieb mein Herz leer. Ich empfinde nichts, deshalb kann ich weder deine Güte noch deine Grausamkeit angemessen erwidern. Ich muss gehen und weitersuchen.“ Doch der dunkle Bruder wollte die Leere nicht gehen lassen. Er fürchtete, sie würde nicht zurückkehren, wenn sie gefunden hatte, was sie suchte und sich dann genauso vor ihm fürchten würde wie all die Menschen auch. Er wollte sie bei sich haben und bot ihr alles an, was sich die Menschen wünschen würden. Geld, Reichtümer, wirklich alles. Aber das war es nicht, was die Leere wollte. Und da der dunkle Bruder den Gedanken nicht ertragen konnte, die Leere zu verlieren, da bot er ihr das größte Geschenk von allen an. Er sagte „Nimm mein Licht, welches Eva mir gab und nimm es als dein Herz an. Sollte es das sein, was du als einziges wünschst, dann gebe ich es dir gerne.“ Doch die Leere lehnte ab, denn sie wusste wohl, dass der dunkle Bruder dieses kleine Licht dank ihr zu schätzen gelernt hatte und es brauchte. „Du brauchst dein Licht, um Liebe und Güte zu empfinden. Ich will es nicht, weil es dir schon gehört. Und ich möchte nicht, dass du dein Licht verlierst und dann nichts Gutes mehr in dir steckt. Ich will mein eigenes Licht und meine eigene Finsternis suchen gehen und dann zu dir zurückkehren.“ Doch der dunkle Bruder zweifelte an den Worten der Leere und erwiderte „Wenn du ein Herz hast, wirst du mich fürchten und hassen. Und dann werde ich wieder einsam sein. Lieber gebe ich dir meines, dann werde ich wenigstens nicht traurig sein, wenn du für immer fortgehst.“ Doch die Leere nahm den dunklen Bruder in den Arm und sagte „Ich werde dich weder fürchten noch hassen, wenn ich ein Herz haben sollte. Denn ich weiß um dein gutes Herz, das Eva dir gab. Es mag sein, dass du die Finsternis bist, aber du sagtest selbst, dass die Finsternis nichts Schlechtes an sich hat. Sie ist nur ein Bestandteil in dieser Welt und ohne sie gäbe es auch kein Licht. Ich gebe dir mein Wort, dass ich zu dir zurückkehren werde. Solange du diesen kleinen Funken Licht in dir drin nicht verwirfst, habe ich keinen Grund, dich für immer zu verlassen.“ Und so ließ der dunkle Bruder die Leere schweren Herzens ziehen. Er war sehr unglücklich darüber, aber er wusste, dass er sie nicht aufhalten konnte. Denn die Leere wollte ein Herz haben und er beschloss daraufhin zu warten. Bis zu dem Tag, an dem die Leere das fand, was sie sich so sehr wünschte und dann zu ihm zurückkehrte.“
 

L drehte den Kopf zu Frederica und sah sie mit seinen großen Augen an. Von Angst vor der Dunkelheit war jetzt keine Spur mehr zu sehen. „Und ist die Leere später zu Evas Bruder zurückgekehrt?“ „Ja, das ist sie. Und sie wurde zu einem Teil von seiner Familie. Eva ließ sie ihren eigenen Weg gehen und war zufrieden, dass die Leere ein eigenes Zuhause gefunden hatte. Aber dennoch kam die Leere oft Evas Familie besuchen. Aber du siehst: die Dunkelheit an sich ist nicht böse. Sie ist notwendig, damit es auch Licht geben kann. Genauso wie es Gut und Böse in dieser Welt gibt. Aber es stimmt schon, dass es in der Dunkelheit gefährlich werden kann, wenn man nicht aufpasst. Solange du mit mir oder deiner Mama und deinem Papa unterwegs bist, wird schon nichts passieren. Wichtig ist nur, dass du nicht alleine in die Dunkelheit gehst und auch nicht mit Fremden mitgehst.“

„Ja weiß ich. Mama und Papa haben mir das auch schon gesagt.“

„Was haben wir gesagt?“ Sie schauten auf und sahen, dass Nastasja und Henry mit den Getränken zurückkamen. Ein heißer Kakao war jetzt genau das Richtige für solch eine Eiseskälte. Frederica grinste und kniff dem kleinen L scherzhaft in die Wange. „Ach, ich hab ihm nur eine kleine Geschichte erzählt, weil er Angst im Dunkeln hatte. Und ich hab ihm erklärt, dass es nicht schlimm ist, Angst zu haben und dass er sich eben nicht alleine in der Nacht umhergeht.“ Nastasja setzte sich zu ihnen dazu und L suchte daraufhin sofort die Nähe zu seiner Mutter und umarmte sie. „Ich hab dich lieb, Mama.“ Und zärtlich gab die Russin ihm einen Kuss schloss ihn nun ihrerseits in die Arme. „Ich dich auch, L. Und denk immer daran: dein Papa und ich werden dich immer sehr lieb haben. Egal was auch kommen mag. Dasselbe gilt natürlich auch für Frederica, deine große Schwester.“ Und damit tätschelte sie ihr den Kopf, woraufhin das Albinomädchen fröhlich grinste und dann aufsprang. „Hey, können wir nicht alle zusammen nachher auf das große Riesenrad? Bitte!“ Henry und Nastasja sahen sich kurz an. „Okay, dann gehen wir alle zusammen aufs Riesenrad und morgen gehen wir dann zusammen los und suchen einen schönen Weihnachtsbaum aus.“

„Au super!“ rief Frederica begeistert und nahm L auf ihren Rücken, um schon mal loszurennen. „Los kommt! Gehen wir alle auf das Riesenrad!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2014-10-31T15:11:27+00:00 31.10.2014 16:11
Ein Klasse Anfang *-*


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