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In all den Jahren

Für immer bei dir
von

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Dunkele Müdigkeit

Starr vor Schreck sah sie ihm noch immer in die Augen. Einen Moment zu lange. Doch als sie sich wieder etwas gefasst hatte, versagte ihr immer wieder ihre Stimme, als sie zum Sprechen ansetzen wollte. Am liebsten hätte sie sich einfach nur umgedreht und wäre davon gelaufen, aber das schien ihr mehr als lächerlich, so wie sie ihn fixiert hatte. Also unterdrückte sie die aufsteigenden Tränen, biss sich leicht auf die Unterlippe und wartete. Sie war ihm nun schon erfolgreich seit mehreren Tagen aus dem Weg gegangen, hatte auf keine seiner SMS reagiert und keinen seiner Anrufe beantwortet. Und jetzt stand er plötzlich ganz zufällig vor ihr, an einem verregneten Samstagmorgen in den Ferien.

 

„Kari…“, setzte er an und verstummte gleich darauf wieder. Auch er schien nicht recht zu wissen, was er sagen sollte. Gut so. Hatte sie ihn wenigstens genauso perplex gemacht wie er sie.

 

Sie schüttelte kaum merklich den Kopf und hatte sich schon wieder zum Gehen umgedreht, als sich plötzlich eine Hand auf ihre Schulter legte. Trotz der Kleidung konnte sie die Wärme deutlich spüren, die von ihm ausging. Fast so wie in ihrem Traum. Wie hatte er nur so schnell die Distanz zwischen ihnen beiden überbrückt?

 

Sie versuchte sich ihre Unsicherheit nicht anmerken zu lassen und das Folgende so lässig klingen zu lassen wie möglich: „Was ist?“

Selbst in ihren eigenen Ohren klang ihre Stimme dünn und brüchig. Punkt Takeru.

Er schien kurz mit sich zu ringen, lockerte seinen Griff um ihre Schulter aber nicht, sondern drehte sie vorsichtig zu sich. Sie ließ ihn gewähren und suchte fieberhaft nach den richtigen Worten, um der Situation entfliehen zu können. Doch dann tat er etwas, was sie beide überraschte. Er folgte einem aufsteigenden Impuls und zog sie fest an sich, in eine lange Umarmung. Unschlüssig baumelten ihre Arme erst an ihrer Seite, als sie sie schließlich doch hob und ebenfalls ihre Hände auf seinem Rücken platzierte.

So standen sie einige Minuten da, unfähig ein Wort zu sagen, vom Regen durchnässt. Die Stille hatte sie beide gefangen und erst eine gefühlte Ewigkeit später begann Takeru langsam und sehr ruhig „Ich habe dich so sehr vermisst!“, in ihr Ohr zu raunen.

 

In Hikari stiegen wieder Tränen auf. Ja, auch sie vermisste ihren besten Freund über alle Maßen. Aber war sie wirklich schon bereit, ihren Streit einfach so zu vergessen? Wieder einmal nachzugeben und ihm zu verzeihen? So wie sie es immer tat?

Die Antwort war schlichtweg: Nein. Dieses Mal war es nicht so leicht. Dies war kein normaler Streit, wer den Film aussuchen durfte. Dieses Mal ging es nicht um eine Kleinigkeit, wie wer das letzte Stück Kuchen haben konnte. Dieser Streit war anders gewesen und sie würde nicht schon wieder klein bei geben nur um einer unangenehmen Situation aus dem Weg zu gehen.

 

Langsam aber bestimmt nahm sie die Hände von seinem Rücken und schob ihn von sich. Es fühlte sich schlagartig unheimlich falsch an, als gehörten ihre Hände eigentlich dorthin und würden jetzt mit Gewalt entfernt werden. Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht“, hauchte sie und drehte sich von ihm weg um zu gehen.

 

Dieses Mal ließ er sie gewähren, doch sie wünschte sich innerlich so sehr, dass er es nicht getan hätte.

 
 

Erst als sie sich nicht mehr in seiner Sichtweite befand, löste sich der blonde Junge endlich aus seiner Starre. Er ballte die Faust, hätte am liebsten irgendetwas zerschlagen, so wütend war er auf sich selbst. Warum hatte er sie nur so bedrängt? Er wollte sich doch bei ihr entschuldigen und nun hatte er alles falsch gemacht, was er nur hätte falsch machen können.

Wieso konnte ich ihr nicht einfach sagen, dass es mir leidtut? Wieso musste ich sie sofort so überrumpeln? Ich bin so ein Idiot!

Finster sah er noch eine Weile in die Richtung, in die sie gegangen war. Erst jetzt merkte er, wie kalt ihm war und dass seine Sachen komplett durchnässt waren.

Kari hatte keinen Schirm dabei, auch sie ist klitschnass. Seine Gedanken kreisten nur um sie. Er fluchte innerlich, dann lief er los, in die Richtung, in die verschwunden war und hinter ihr her.
 


 

Am Anfang war sie sehr langsam gegangen, doch irgendwann hatten sich ihr Schritte beschleunigt und sie rannte nun schon fast. Wie hatte sie nur zulassen können, dass er sie so überraschte? Und wieso hatte sie seine Umarmung erwidert? Sie war sauer auf ihn. Traurig und enttäuscht. Er hatte nicht das Recht, sie so an sich zu ziehen. Und doch hatte sie sich nicht gewehrt, sondern es auch noch sehnsüchtig zugelassen. So viel Macht hatte er also über sie. So wenig Kontrolle hatte sie über sich selbst. 

Ihr heißer Atem erzeugte kleine Wolken in der kalten Luft. Man merkte jeden Tag mehr, dass es nun schon Herbst war und langsam auf den Winter zuging. Die Herbstferien waren fast vorbei und die Schule begann in einer Woche wieder. Und schon bald war ihr 17. Geburtstag.

Normalerweise freute sie sich immer darauf. Es gab Kuchen, Geschenke und sie verbrachte den Tag immer mit ihrer Familie und ihren Freunden. Doch dieses Jahr freute sie sich nicht darauf. Sie dachte an Takeru und dass er wegen ihrem Streit nicht den Tag mit ihr verbringen würde und schlagartig wollte sie gar nicht mehr Geburtstag haben. Sie wollte sich nur noch verkriechen und schlafen. Eine unendlich tiefe Müdigkeit machte sich in ihr breit und raubte ihr in Form eines schwarzen Schleiers fast vollständig die Sicht. Dass sie stehen geblieben war, merkte sie erst jetzt und als sie sich grade auf eine Treppenstufe zu ihrer Linken setzen wollte, verlor sie das Gleichgewicht und schlug unsanft auf dem Boden auf. Sie vernahm dumpfe Schritte hinter sich, die in ihren Ohren viel zu laut und hämmernd klangen und versuchte die Ursache auszumachen. Vergebens. Sie sah nichts als Dunkelheit und schloss die Augen. Die Schwärze umschloss sie, schien sie zu wiegen wie ein Kind, beruhigte sie. Und sie ließ es zu, genoss die Ruhe, in der sie sich seit Langem endlich mal wieder befand.

 

Und plötzlich nahm sie nichts mehr war.  



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Schaput31
2014-09-18T08:34:06+00:00 18.09.2014 10:34
ich kann mich meinen beiden Vorrednern nur anschließen!
Das Szenario ist richtig gut geschrieben und dein Schreibstil gefällt mir!
Bin gespannt wie es weitergeht!^^
Von:  Juju
2014-09-17T11:40:41+00:00 17.09.2014 13:40
So, da bin ich und habe deine FF auch gelesen. :) So weit so gut.
Ich bin mal sehr gespannt, was T.K. gemacht hat. Muss ja etwas sehr Schlimmes gewesen sein, wenn man sich ansieht, wie Kari drauf ist. Vielleicht waren sie zusammen und er ist fremdgegangen? Keine Ahnung. Wir werden sehen. :P
Die trübe Stimmung kommt übrigens sehr gut rüber.
Antwort von:  PanicAndSoul
18.09.2014 09:30
Hey schön dass du sie liest :) das freut mich! Nächstes Kapitel erfährst den Grund für den Streit es bleibt spannend ;)
Von:  PurpleTaiga
2014-09-16T20:27:27+00:00 16.09.2014 22:27
Oooooh, ich frage mich, was T.K. angestellt hat. :'(
Ich finde, die Stimmung kommt echt gut rüber!
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung :3
Antwort von:  PanicAndSoul
18.09.2014 09:28
Das kommt schon im nächsten Kapitel das auch schon in der Freischaltung ist ;)
danke für das Lob und danke fürs Lesen :)


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