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Blutige Rose

von

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Gefühl

Die Aula wirkte leer und seltsamerweise verstärkten die in Reihen aufgestellten Stühle den Eindruck noch. Die Sonne war schwach heute und 

der Raum war düster, aller Farbe beraubt. Ein großes Foto von Vivian, geschmückt mit schwarzen Bändern und weißen Blumen, stand neben 

einem kleinen Rednerpult.

Yugi saß am Ende einer Stuhlreihe und zupfte immer wieder an der schwarzen Binde um seinen Oberarm. Ihm war viel zu warm und er hatte 

das Gefühl, an der schweren Luft zu ersticken.

Er wünschte sich, daß Honda noch da wäre, doch sein Freund war wahrscheinlich schon wieder daheim in Domino. Yugi wäre auch am 

liebsten daheim, doch seine Eltern waren noch immer in irgendeinem Teil der Erde unterwegs, in dem Handies keinen Empfang hatten. 

So mußte Yugi bleiben, während andere bereits von deren Eltern heim geholt worden waren. Vorerst, wie der Direktor versichert hatte.

Yugi hörte Schritte hinter sich. Es kostete ihn enorme Mühe, nicht auf der Stelle herumzufahren. Er hörte mehrere Mädchenstimmen und 

entspannte sich langsam wieder. Eine Tür ging auf und frische Luft füllte den Raum. Yugi saugte sie tief in seine Lungen.

"Habt ihr schon gehört?" tuschelte eines der Mädchen hinter ihm. "Atem soll es gewesen sein."
 

Yugi wollte weghören, aber sie saßen so nah, daß er das Gefühl hatte, sie wisperten direkt in sein Ohr.
 

"Ja. Er hat ihr die Kehle herausgerissen", erwiderte eine andere, ihre Stimme zitterte von Angst und Bewunderung. "Er ist ja auch sehr stark, 

habe ich gehört."
 

"Puh! Ich hoffe, sie sperren ihn bald ein. Sowas gehört doch nicht an unsere Schule!"
 

"Ich wußte doch immer, daß mit dem irgendwas nicht stimmt."
 

Yugi schmeckte Bitterkeit in seiner Kehle, sein Magen rumorte. Jemand schob sich neben ihn und drückte ihn, bevor er aufspringen konnte, 

wieder auf seinen Sitz. Jonouchi! 
 

"Hey, Yugi. Sorry, wollte dich nicht warten lassen. Mann, draußen rennt die halbe Schule total aufgescheucht durch die Gegend. Ich dachte, 

daß hier sei ne Trauerfeier und keine Scheiß-Party für Lästerzicken."
 

Yugi hörte empörtes nach Luft schnappen hinter sich. Er mußte lächeln. "Ja, sowas dachte ich auch gerade", murmelte er leiser als Jonouchi. 

Er hörte Stühle hinter sich über den Boden scharren und dann eifriges Fußgetrappel. Yugi merkte, wie seine Finger schmerzten. Er mußte 

sie unbewußt in den Stuhl gekrallt haben. Er ließ los und rieb sich die Hände.
 

"Die spinnen."
 

"Wer genau?"
 

"Alle, die noch da sind", gab Jonouchi zurück. "Haben alle nen Sockenschuß, wenn du mich fragst. Die Lehrer verbarrikadieren sich im 

Lehrerzimmer und die Schüler erzählen die ganze Zeit ihr Märchen vom großen, bösen Atem."
 

"Du glaubst also nicht, was die Polizei sagt?" Yugi blickte seinen Freund an, froh über dessen saloppe Erzählweise, die alles irgendwie 

leichter erscheinen ließ.
 

Jonouchi schüttelte den Kopf, die Arme vor der Brust verschränkt. "Ich weiß nur eines: Vor wenigen Tagen war Atem noch der Schulheld 

und Frauenschwarm und jetzt ist er plötzlich ein Riesenarschloch und angeblich hat's jeder schon lange gewußt. Verdächtigen kann man viel, 

aber das alleine macht noch niemanden schuldig."
 

"Danke." Aufgemuntert lächelte Yugi Jonouchi an. "Es tut gut, zu hören, daß ich nicht allein bin."
 

Die Aula hatte sich in der Zwischenzeit gefüllt. Von seinem Platz aus konnte Yugi Atems wilden Haarschopf mehrere Reihen vor sich entdecken, 

flankiert von Anzu, Kaiba und Bakura, wenn ihn nichts täuschte. Auch wenn Yugi Atems Gesicht nicht sehen konnte, die angespannten 

Schultern Atems sprachen Bände. Wie Atem dieser drückenden Bürde standhalten konnte, war Yugi ein Rätsel. Er selbst würde sich wohl 

im nächsten Mauseloch verkriechen, ganz besonders als er das Gemurmel vernahm, das langsam den gesamten Raum füllte und die Atemluft 

verdrängte. Auch ohne genau zu verstehen, worum es ging, konnte Yugi die Vorwürfe und die Verdächtigungen aus dem Tonfall heraushören.

Stille kehrte erst ein, als der Direktor ans Rednerpult trat. Yugi lauschte dessen Worten über die Vergänglichkeit des Seins, die Tragik eines 

frühen Todes, und doch hätte er am Ende nichts mehr davon wiedergeben können. 

Ihm folgten einige Freunde Vivians. Sie lobten sie, erzählten Anekdoten, brachen in Tränen aus... Und Yugi wußte nur zu gut, wie sie sich 

fühlten. Dennoch hatte er immer wieder das Gefühl, daß sie Atem voller Wut ansahen, daß sie ihn verantwortlich machten. Daß sie einen 

Sündenbock brauchten.

Yugi schloß die Augen, dachte an Vivians leblosen, vernichteten Körper. Es war erschreckend gewesen, doch ein Tod mit Gesicht war leichter 

vorstellbar als der konturlose Schatten, der um ihrer aller Beine kroch, geduldig, wartend, niemals aufgebend.
 

Als die Stunde vorbei war, hielt Yugi es nicht mehr auf seinem Platz. Er mußte hinaus an die frische Luft, fort von wütenden Augen, Tränen und 

seinen eigenen Erinnerungen. Er wußte nicht mal, ob er wegen Vivian oder Großvater traurig war. 

Yugi murmelte Jonouchi eine Entschuldigung zu, dann lief er aus der Halle, hinaus in kühle, klare Luft. Die Sonne war endgültig hinter den 

grauen Wolkenbergen verschwunden. Die Luft schmeckte nach Regen. Wie passend, dachte Yugi. 

Als er sich umblickte, entdeckte er Anzu und Kaiba. Sie standen nicht weit von ihm entfernt unter einem der zahlreichen Bäume des Pausenhofs. 

Sie unterhielten sich, doch Yugi verstand nichts. Als Kaiba schließlich ging, trat Yugi zu Anzu, die sich müde gegen den Baum lehnte. 

Als sie ihn sah, lächelte sie schwach.

"Das war anstrengend", meinte Yugi leise und blickte hinüber zur Aula, die sich nur langsam leerte.
 

"Ja. Sicher noch mehr für dich." Anzu seufzte und zog ihre schwarze Schuluniformjacke vor der Brust zusammen. 
 

"Holen deine Eltern dich nicht heim?" erkundigte sich Yugi und ging nicht weiter auf ihren Kommentar ein. Die Antwort darauf war sowieso klar.
 

"Ich kann die Leute hier nicht im Stich lassen. Jetzt, wo Atem nicht mehr Schülersprecher ist..." Sie runzelte unzufrieden die Stirn. "Kaiba wird 

eine Weile brauchen, um sich das Vertrauen der Schüler zu erarbeiten."
 

"Kaiba? Hältst du das für eine gute Idee?" Yugi dachte an die stetigen Auseinandersetzung zwischen diesem und Jonouchi.
 

"Die Lehrer haben ihn berufen, für die Zwischenzeit. Er hat gute Noten, ist intelligent und kann organisieren. Nur an seinem Charakter muß er 

noch arbeiten." Anzus linker Mundwinkel zuckte.
 

"Leider zu wahr. Aber vielleicht hilft es ihm." Yugi setzte sich auf eine kleine Bank, Anzu folgte ihm.
 

"Keine Ahnung."
 

Für eine Weile schwiegen sie beide und beobachteten das Treiben vor der Aula. Yugi fragte sich, ob Atem schon wieder auf seinem Zimmer war.

"Darf ich dich was fragen?" brach Yugi schließlich die Stille und trat einen runden Kiesel über das Pflaster. Anzu nickte und sah ihn neugierig an. 

"Was hatte Vivian gegen dich? Daß sie von Atem besessen war, das weiß ich, aber warum war sie ständig so gemein zu dir?"
 

Anzu lachte auf. "Oh, sie war eifersüchtig. Weißt du, in unserem ersten Jahr hier waren Atem und ich für eine Weile zusammen. So ungefähr 

einen Monat." Sie lachte erneut, als könnte sie es selbst nicht glauben.
 

Überrascht sah Yugi sie an. "Wow! Ihr zusammen? Dann seid ihr ja danach tolle Freunde geworden. Das schafft nicht jeder."
 

"Der Punkt war, wir waren immer gute Freunde. Aber wir waren ein furchtbares Liebespaar." Über Anzus Gesicht fiel ein Schatten. "Wir beide 

hatten ganz unterschiedliche Vorstellungen vom Leben und was nach der Schule kommt. Wir haben uns oft gestritten. Am Ende haben wir 

beschlossen, daß unsere Freundschaft zu gut ist, um sie mit solchem Unsinn zu ruinieren. Es ist toll, wenn man Freunde sein kann und 

gleichzeitig in Sachen Liebe auf einer Wellenlänge liegt, aber wenn nicht... Dann sollte man seine Prioritäten setzen. Vivian war ab dem ersten 

Schultag in Atem verschossen. Sie hat es nicht besonders gut verwunden, daß er eine Freundin hatte, die nicht sie war... und noch weniger, 

daß wir uns auch nach der Trennung noch gut verstanden haben."
 

"Das erklärt eine Menge." Yugi trat einen zweiten Kiesel. "Ich glaube nicht, daß Atem es war", wechselte er abrupt das Thema. "Aber er will 

nicht, daß ich ihn verteidige. Er will..."
 

"...daß du nicht in seine Angelegenheiten hineingezogen wirst. Ich kenne den Spruch." Anzu lächelte bitter. "Er sorgt sich immer um die, die 

ihm nahe stehen."
 

Yugis Augen wurden größer und er spürte, wie ihm das Herz im Halse schlug. "Ähm... Ich stehe ihm... nahe?"
 

"Nicht?" erkundigte Anzu sich und sie lächelte schelmisch.
 

Yugi fühlte, wie Hitze auf seinen Wangen erblühte. Er sah weg, während seine Finger sich ineinander verschränkten. "Doch, schon. Irgendwie."
 

"Vertrau auf Atem. Er wird das schon klären." Anzu drückte Yugis Schulter, dann stand sie auf. "Tut mir leid, aber ich muß jetzt. Ich muß Kaiba 

einweisen." Sie rollte komisch-verzweifelt mit den Augen und Yugi mußte lachen.
 

"Viel Glück." Er sah ihr noch eine Weile nach. Anzu sagte also, Atem und er, Yugi, ständen sich nahe. Ob sie ähnlich wie Honda dachte? Aber 

Anzu wußte ja nichts über Yugi und sie hatte auch nichts erwähnt, daß Atem sich auf diese Weise für Jungs interessierte. Yugi rieb sich stöhnend 

über die Augen. Atem war ihm ein Rätsel. Das war wohl einer der Gründe, warum Yugi sich so zu ihm hingezogen fühlte. Er stand gerade auf, 

als eine weitere Gruppe aus der Aula kam. Sie diskutierten offenbar angeregt und als sie nahe genug waren, hörte Yugi, worum es ging. Leider.
 

"Daß der sich überhaupt noch aus seinem Zimmer traut. So ein drecksunverschämter Arsch!" rief einer der Jungen und verzog das Gesicht zu 

einer angewiderten Fratze.
 

"Ja. Aber da hockt er und tut so, als sei er unschuldig. Ich wette mit euch, daß er sie gekillt hat, er mochte sie ja auch noch nie", ereiferte sich 

ein Mädchen, das Yugi auf der Feier hatte sprechen sehen. "Er war sich ja immer zu gut für uns."
 

Yugi ballte seine Hände zu Fäusten und drückte diese krampfhaft an seine Seiten. Er mahlte mit den Zähnen, preßte die Lippen zusammen, 

doch all das half nicht zu verhindern, daß es aus ihm herausbrach: "Er hat ihr nichts getan! Und du, du hast doch auch zu diesem Fanclub 

gehört, da hast du dich aber nicht über ihn beschwert. Viel lieber habt ihr über Anzu abgelästert. Ihr seid drecksunverschämt und widerlich! 

Soviel Gemeinheit macht mich krank."
 

Die ertappten Lästerer starrten ihn wie versteinert an. Anna und Emi tauchten hinter ihnen auf. Als die beiden Yugi erkannten, wollten sie zu 

ihm, doch Yugi war schneller. Er drehte auf der Hacke um und stürzte davon. Über den Pausenhof, hinter die Turnhalle. Fast fiel er über 

einen falschen, durchnäßten Grabstein. Er rannte in den Wald, Tiere raschelten im Gehölz. Yugi hielt erst inne, als er beinahe in die 

Knutschbude rannte. Er wußte nicht, was er hier sollte, aber hier waren keine boshaften Stimmen mehr, keine anklagenden Augen.

Yugi erinnerte sich an das rote Glühen aus der Bude. Er dachte an seinen Verfolger mit den brennenden Augen. Yugi drückte die Tür langsam 

auf und spähte hinein. Am Fenster stand ein Gestell mit zwei roten Glühbirnen. Die Kabel liefen ins Leere, die Batterie fehlte offensichtlich.

Yugi mußte leise glucksen. Auf dem Boden lag eine Decke, daneben eine leere Packung Chips.
 

Seltsam beruhigt zog Yugi den Kopf aus der Hütte. Kaum blinzelte er in den grauen Himmel, da spritzten ihm die ersten Wassertropfen ins 

Gesicht. Er fühlte, wie seine Haare schwer wurden und schnell duckte er sich zurück in die Hütte und schloß die Tür. Gerade rechtzeitig, 

denn nun entleerte der Himmel Regen wie aus Kübeln. Yugi war froh, daß Jonouchi das Dach repariert hatte. Es trat kein Tropfen durch und 

Yugi hoffte, das würde so bleiben, bis das Wetter sich beruhigt hatte. 

Er machte es sich auf der Decke bequem und umarmte seinen Oberkörper, während er dem Trommeln der Regentropfen auf dem Häuschen 

lauschte. Frischer Duft, leicht moosig, drang durch die Ritzen und Yugi lehnte sich gegen die Wand. Es war beruhigend und fast schon zu 

entspannend.

Für einige Minuten blickte Yugi an die Decke und dachte an nichts. Dann quietschte die Tür.

Yugi konnte sich nicht mal richtig erschrecken, da sah er schon Atems besorgtes Gesicht. Er machte eine auffordernde Geste und Atem 

schlüpfte hinein.

Yugi keuchte leise und zog die Beine an. Dennoch war es jetzt wirklich eng, dabei waren sie wirklich keine Riesen.

"Was machst du hier?"
 

"Ich habe davon gehört, wie du mich heldenhaft verteidigt hast. Emi und Anna waren ganz erschrocken, als du einfach weggelaufen bist. Ich 

habe sie ins Haus geschickt und habe dich gesucht." Atem lächelte schief, blonde Strähnen klebten an seinen hohen Wangenknochen und 

Wasser tropfte auf seine Schultern.
 

Yugi lächelte und stieß mit seinem Knie gegen Atems. "Ich brauchte dringend frische Luft. Ich konnte mir das alles nicht mehr anhören."
 

"Die Polizei hat mich heute aus dem Unterricht geholt. Es wundert mich, daß du das noch nicht weißt, wo doch sonst offenbar jeder darüber 

spricht." Atem schob verächtlich schnaubend das Lampengestell beiseite und lehnte sich besser ans Fenster.
 

"Das spielt keine Rolle", murmelte Yugi müde und zupfte an seinen Ärmeln. "Sie haben ein Opfer gefunden und sie werden solange 

weitermachen, bis du nicht mal mehr morgens aufstehen willst. Sie werden dir die Lebenskraft aussaugen."
 

Atem hob eine Augenbraue. "Das hört sich in der Tat grausam an." Ein Bein lehnte er gegen Yugis. "Aber meine Zeit hier ist sowieso fast zu 

ende. Ich werde es schon aushalten. Du hingegen hättest dich einfach nur raushalten müssen."
 

"Das ist der falsche Weg." Yugi sah auf und direkt in Atems Augen. Er spürte Hitze in seinem Bauch und auf seinen Wangen. Plötzlich wurde 

ihm das Atmen schwer und er rieb seine schwitzigen Hände an der Jacke ab. "Sag mal, wenn du ein Geheimnis hättest, eins, von dem du 

weißt, daß es auf Ablehnung stößt, daß es dir eine Menge Ärger und Schmerz bringen kann, wenn du es aussprichst... Was, wenn du es 

jemandem sagen willst?"
 

Atem wirkte überrascht. "Hast du so ein Geheimnis, Yugi? Ein so schmerzvolles, daß du es niemandem je sagen kannst?"
 

Yugi nickte zögernd. Verdammt, was machte er hier? "Schmerzvoll genug für mich jedenfalls", präzisierte er und schluckte mühsam. Warum 

mußte Atem ihn so ansehen? Yugis Beine brannten, wo Atem sie berührte.
 

"Nun, das kommt auf die Person an, der du es sagen willst. Wenn du sie gut kennst und weißt, daß sie dich verstehen wird, dann wäre ich 

einfach ehrlich."
 

"Ehrlich..." Yugi zog sich die Kehle zusammen. "Wenn ich ehrlich zu dir wäre, würdest du mich dann wirklich nie wieder sehen wollen?"
 

"Was ist denn das für eine Frage?" Atem rutschte näher und kniete sich vor Yugi.
 

Yugi wurde der Hals nun aus einem anderen Grunde eng. Atem war ihm noch nie so nah gekommen, außer vielleicht, als er Yugi getragen hatte, 

doch da war Yugi zu abgelenkt gewesen, um viel zu bemerken und wieso hatte er früher nicht gesehen, wie perfekt Atems Gesicht war und...

Yugi mußte durchatmen, sein Kopf spielte genauso verrückt wie die Schmetterlinge in seinem Bauch. Wenn er sich nur ein paar Zentimeter 

vorbeugen würde, dann... Er schloß die Augen und biß sich auf die Lippen.

"Nicht", hörte er Atems sanfte Stimme. "Verletz dich nicht selbst."
 

Yugi hätte am liebsten gelacht. So stellte er es sich vor, wenn man etwas genommen hatte. Oder zuviel getrunken. Sein Kopf sackte nach 

vorne, gegen Atems Schulter. Er roch etwas Würziges, etwas Männliches. Vielleicht war es das, was ihm das Gefühl gab, als würde er 

irgendwo auf Wolken schweben?

"Ich mag dich", wisperte er schließlich. "Ich bin schwul."

Yugi ließ die Augen geschlossen. Er wußte, gleich würde der schöne Traum äußerst häßlich enden, aber solange wollte er jeden 

Sekundenbruchteil auskosten und sich alles merken. Atems Geruch, das Gefühl ihrer Nähe, Atems Arme, die ihn umschlangen...
 

Yugi blickte blinzelnd in Atems Gesicht, in dem sich unzählige Emotionen spiegelten. Yugi hatte Atem noch nie so geöffnet gesehen und 

doch fand er kein Stück Ablehnung, Wut, Haß oder Ekel.

Dann beugte Atem sich vor und ihre Lippen berührten sich.

Yugi konnte nicht mehr atmen, seine Lippen kribbelten, die Schmetterlinge in seinem Bauch tanzten Tango. Er schloß die Augen und 

bewegte seine Lippen zärtlich gegen Atems. Sie waren etwas kühl, fester als Yugis und ihr Geschmack erinnerte Yugi an Zimt. Er sank

 auf den Boden, Atem folgte ihm.

Noch ein Kuß, ganz zart, ganz kurz. Yugi erschauderte bis ins Mark vor Vergnügen und Glück. Atems Lippen glitten über Yugis Wange und 

Yugi keuchte unwillkürlich auf. "A-atem!"
 

Der hielt inne und blickte Yugi warm lächelnd tief in die Augen. "Also das ist dein Geheimnis. Ich finde, es ist etwas Wundervolles."
 

Yugi lachte atemlos auf und seine Finger krallten sich in Atems Jacke. "Denkt nicht jeder. Und... Und du..." Erst jetzt sank die Bedeutung 

des eben Geschehenen ein und Yugi fragte verwirrt: "Du magst mich auch? So, meine ich? Das hätte ich nicht gedacht."
 

"Ich habe dir doch schon mal gesagt, du sollst dein Licht nicht unter den Scheffel stellen. Ja, ich mag dich. Mehr als das." 
 

Atem küßte Yugi erneut, diesmal länger.

Yugi fühlte leicht Atems Zunge und spürte, wie er hart wurde. Es hätte ihm unangenehm sein müssen, doch Atem schien sich nicht daran 

zu stören. Seine Lippen brachten Yugis Haut zum glühen, fanden mit Leichtigkeit jeden sensiblen Punkt in Yugis Gesicht und an Yugis Hals, 

bis Yugi mit einem leisen Wimmern nur noch die Sterne sah. Er hatte nie gewußt, wieviele Stellen es gab, die ihm den Atem raubten. 

Oder vielleicht war es Atem.

Yugi lächelte, dennoch war er auch verlegen. "Tut mir leid... Ich wollte nicht..."
 

"Aber ich", murmelte Atem gegen Yugis Ohr. Er strich über Yugis Bauch.
 

Yugi schloß überwältigt die Augen. "Nur... Jetzt brauche ich eine frische Unterhose."
 

"Mit dieser Schuld werde ich leben müssen." Atem küßte Yugi leicht auf die Lippen, dann setzte er sich auf. Er zog Yugi an sich, bis der an 

seiner Brust lehnte. Das Unwetter draußen hatte sichtlich nachgelassen. "Bald können wir hier raus."
 

"Ich will eigentlich nicht", flüsterte Yugi und atmete tief Atems Duft ein. Sie beide waren inzwischen getrocknet. "Ich denke nicht, daß du 

ihnen das sagen willst."
 

"Nein. Nicht, bis mein Name wieder reingewaschen ist. Mit einem möglichen Mörder zusammen zu sein, macht auch dich zu einem 

attraktiven Ziel."
 

Yugi seufzte, doch er nickte. "Ich weiß nur zu gut, was du meinst. Ich habe einmal einen anderen Jungen sehr gern gehabt. Wir waren 

Freunde. Ich dachte, er würde mich verstehen. Nicht unbedingt dasselbe fühlen, aber es verstehen. Ich habs ihm gesagt. Als ich am 

nächsten Morgen wieder in die Schule kam, wurde ich am Eingang mit "Hey, Schwuli!" begrüßt. Ich kannte den anderen noch nicht mal 

und das gehörte noch zu den netten Sachen, die ich mir anhören durfte. Ein ganzes Jahr lang...Ohne meinen Großvater, Miho und Honda 

hätte ich es vielleicht nicht geschafft, das zu überstehen. Dennoch gab es Tage, da..."
 

Atems Lippen schmiegten sich gegen Yugis Schläfe. "Du bist sehr stark."
 

"Wirklich?" Yugi blickte Atem in die Augen. Als Atem nickte, lächelte er. "Fühlt sich aber nicht immer so an."
 

"Du bist hier, oder? Trotz aller Widrigkeiten. Denk mal drüber nach."

Ihre Lippen fanden sich zu einem vorerst letzten, zarten Kuß, als der Regen draußen aufhörte.
 

"Jetzt weiß ich ganz genau, warum die Hütte Knutschbude heißt", stellte Yugi grinsend fest. Atem lachte.

Leichteren Herzens lief Yugi mit Atem zurück zum Wohnheim, doch noch vor dessen Tür trennten sich ihre Wege. Yugi wußte nicht, wie sie 

beide nun in Kontakt bleiben sollten. Atem war ja nicht mehr Yugis Tutor und fürs Erste konnten sie nicht einfach ständig zum anderen 

rennen. Nicht vor dem Rest der Schule, die Atem gerne hinter schwedischen Gardinen gesehen hätte.

Yugi schlurfte ins erste Stockwerk. Wenn er doch nur irgendetwas hätte, was... Wie vom Blitz getroffen blieb er mitten auf dem Gang 

stehen. Aber natürlich! Wie hatte er das nur vergessen können? Wie hatten sie alle das vergessen können?

Weil ein verletztes Mädchen in der Schule und ein totes Mädchen im Wald wohl doch zu unterschiedlich waren. Auch Anna war angegriffen 

worden, auch sie war am Hals verwundet worden. Yugi schoß in sein Zimmer und stieß vor Aufregung fast gegen den Schreibtisch. 

Hektisch durchsuchte er die Papierstapel darauf.

Doch als Anna verletzt worden war, hatte Atem Yugi gegenüber gesessen, in einem Raum mit mehreren anderen Leuten. Er konnte ja 

nicht an zwei Orten gleichzeitig sein.

Wieso war Yugi nur so vernagelt gewesen? Wahrscheinlich weil er bei Anna immer an seinen Großvater hatte denken müssen. Er war so sehr 

mit seinem eigenen Kummer beschäftigt gewesen, daß er die reale Gefahr, hier, an seiner Schule, nicht begriffen hatte. Der konturlose, 

farblose Schatten hatte eine schwarz-rot-weiße Gestalt angenommen. Eine Gestalt, die man packen konnte.

Yugi stieß einen Triumphschrei aus, als er festen Karton zwischen die Finger bekam. Er zog die Visitenkarte hervor, dann nahm er sein 

Handy und tippte Kommissar Watanabes Nummer ein und wählte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Sandy
2013-10-14T09:50:32+00:00 14.10.2013 11:50
Hallo hier bin ich noch mal jetzt hab ich mehr Zeit. :-).
Also ich sagt ja schon das mir das Kapitel super klasse gefällt oh super Atem und yugi hatten sich geküsst und die ersten Annäherungen oh wie süß und das draußen in der knutschbude und echt super fande ich wie yugi zu atem hilt wie die anderen Schüler so lästern. Alles zusammen echt klasse und bin gespannt wie es weiter geht sind jetzt Atem und yugi zusammen und was hat yugi jetzt vor da er die Polizei anrufen will ob er Atem Namen wieder rein waschen kann vor den ganzen Schule. ? Bin auf jedenfalls wiederddabei bei den nächsten Kapitel die noch erscheinen werden:-) hoffe bis demnächst wieder LG von mir Sandy:-):-)
Von:  Sandy
2013-10-14T07:17:26+00:00 14.10.2013 09:17
Hallo habe gerade gesehen das du ein neues Kapitel reingestzt hast .ich habe es mir auch gleich durch gelesen war wieder super toll ich wollt dir nur schnell mal die kurze Fassung hinten lassen da ich gerade wenig Zeit habe aber genug Zeit für das Kapitel auf jedenfall.smile.also wieder spitz mir gefällt deineff immer besser. Ps wenn ich später mehr zeit habe kommt ein lägerer Kommentar von mir:-) weiter so lg von mir sandy echt klasse ff und klasse Kapitel.


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