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Daylight against twilight

von

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Are you right?

Are you right?
 

Real

Is just a word

Real

Is like the hope in our hearts

Real

Is something in which I doubt hard

Real

Is more than a situation

R-E-A-L
 

Cherry wusste nicht, wo sie war. Alles um sie herum war dunkel, in dichte Finsternis gehüllt. War es Nacht? Sie versuchte, durch die Dunkelheit auszubrechen, aber selbst, als sie die Augen auf hatte, änderte sich nichts. Dunkelheit.

Plötzlich vernahm sie noch andere Dinge. Ein nasses, kaltes Objekt in Nähe ihrer Stirn, dumpfe Kopfschmerzen und das leise beständige Tippen einer Tastatur. Es durchdrang den Nebel in ihrem Kopf, aber es fiel ihr schwer, sich darauf zu konzentrieren. Am liebsten hätte sie einfach nur geschlafen. Aber das Tippen ließ es nicht zu.

Wo war sie überhaupt und was war eigentlich los? Angestrengt versuchte sie, die Dunkelheit weg zublinzeln, aber nichts geschah. Ein frustrierter Seufzer verließ ihren Mund. Das Tippen verstummte und die Stille war noch unangenehmer als die Kopfschmerzen. Cherry spannte sich an. Sie befand sich in einer ihr unbekannten Umgebung, mit höllischen Schmerzen und einer weiteren Person im Raum. Sämtliche Alarmglocken schrillten, als sie das kaum hörbare Quietschen hörte, was von einem Polstersessel stammte.

Schritte näherten sich. Cherry versuchte zu orten, von welcher Seite sie sich näherten. Von links. Ihre linke Faust spannte sich an und als sie merkte, dass der Unbekannte direkt neben ihr stand, wartete sie ab. Sie versuchte, ihren Atem unter Kontrolle zubringen. Es war schwer, aber sie merkte, dass sie ruhiger wurde.

Cherry wartete einige Sekunden lang ab, wiegte ihren Gegner in Sicherheit. Nur, um dann, wie von einer Tarantel gestochen, von der Unterlage aufzuspringen und auf dem Boden aufzukommen. Dann würde sie demjenigen, der vor ihr stand, die Faust ins Gesicht schlagen und erst dann würde sie ihn in aller Ruhe identifizieren.

Das war der Plan. Eigentlich.

Denn als die Blondine aufsprang, wurde ihr schwindelig und etwas fiel von ihrem Gesicht, landete mit einem ekligen Klatschen vor ihren Füßen. Helles Licht flutete ihre Augen, die sie unwillkürlich zusammenkniff. Dadurch sah sie nun jedoch nicht mehr den Unbekannten, nur einen etwas schemenhaften Schatten vor ihr. Cherry taumelte und knallte schließlich hart auf den Untergrund, mit dem Gesicht voran. Ein dumpfer Schmerzenslaut kam aus ihrem Mund.

Innerlich verfluchte sie sich, als sie über sich ein spöttisches Schnauben vernahm. Der Fremde hatte ihren lachhaften Angriff unbeschadet überstanden – ganz im Gegensatz zu ihr selbst. Als Cherry Blut schmeckte, musste sie beinah würgen. Zum Glück hatte sie im Fallen ihr Gesicht reflexartig mit den Armen geschützt, wodurch es nicht allzu viel abbekommen hatte. Dennoch spürte sie Schmerzen an der Unterlippe, ganz zu schweigen von ihren Kopfschmerzen, die nun einem gewaltigen Donner glichen.

Vorsichtig richtete die Blondine sich auf. Mit der Hand tastete sie ihre Unterlippe ab, nur um festzustellen, dass sie aufgeplatzt war und blutete. Das Blut in ihrem Mund rührte daher, dass sie sich aus Versehen auf die Innenseite ihrer Wange gebissen hatte. Ihr Blick fiel auf einen nassen Waschlappen. Das war also das mysteriöse Objekt gewesen, dass auf ihrer Stirn gelegen hatte. Jetzt wurde Cherry klar, dass man keineswegs versucht hatte, sie zu entführen oder gar zu töten, sondern nur ihre Kopfschmerzen hatte lindern wollen.

Ein peinlicher Gedanke nahm in ihrem Kopf Gestalt an. Ohne sich zu dem Fremden umzudrehen, fragte sie: „Bin ich zufälligerweise vor Kurzem in Ohnmacht gefallen?“

Zuerst erhielt sie einige Minuten lang keine Antwort. Cherry fragte sich, ob der Kerl, wer auch immer er war, überhaupt ihre Sprache sprach oder zumindest verstand. Wieder tauchte die Frage auf, wo sie sich eigentlich befand. Langsam ging sie ihre letzten Erinnerungen durch. Sie fiel nicht oft in Ohnmacht, aber wenn es dann einmal passierte, wusste sie lange Zeit gerade einmal ihren Namen und ihren Wohnort, mehr aber auch nicht. In dieser Situation, wo man an einem völlig fremden Ort aufwachte und noch einen zum Sterben peinlichen Auftritt hinlegte, fiel es ihr besonders schwer, Ordnung in ihrem Kopf reinzubringen.

Plötzlich erstarrte sie. Cherry erinnerte sich an das letzte Telefonat mit ihrer ermordeten Mutter, ihren Flug nach Tokio, an die Suche nach dem richtigen Hotel und... an das Zusammentreffen. Das Zusammentreffen mit L.

Langsam erhob sie sich. Sie taumelte leicht und stützte sich an dem Glastisch ab, bis sie aufrecht dastand und sich nur noch umzudrehen brauchte, um ihm ins Gesicht blicken zu können.

Aber etwas ließ sie zögern. Die junge Sängerin konnte nicht sagen, was genau dieses Gefühl in ihr auslöste, aber es gefiel ihr nicht. Es erinnerte sie einfach zu sehr daran, dass sie trotz all dem Ruhm und dem damit verbundenen Selbstbewusstsein nicht allem gewachsen war. Auch, wenn sie sich nichts mehr wünschte.

Warum drehe ich mich nicht einfach um? Er ist schließlich ein stinknormaler Mensch!

In Gedanken war alles viel einfacher als in der Realität. Genauso gut könnte sie auch aus dem Zimmer gehen, das Taxi zum Flughafen nehmen und auf den nächsten Rückflug nach New York warten.

Aber dann wirst du nie erfahren, wie, durch wen und vor allem, warum deine Mutter starb. Wenn du damit leben kannst...

Nein, konnte sie nicht und genau diese Tatsache ließ sie einknicken. Widerwillig und auf alles, wirklich alles gefasst, drehte sie sich um.

Aber vor ihr stand einfach nur der schwarzhaarige junge Mann mit den seltsamen Augen, der sie beobachtete. Er zeigte keine Gefühlsregung, irgendetwas, was Cherry verraten hätte, was er in diesem Moment dachte. Stattdessen blieb er stumm. Sie fühlte sich von oben bis unten taxiert, was ihr gar nicht gefiel. Woher nahm der Kerl sich das Recht, sie wie ein Stück Fleisch abzuwägen, ob sie auch wirklich genießbar war?

„Ja.“ Cherry war für einen Moment verblüfft. L blickte sie weiter ruhig an und nichts deutete daraufhin, dass er gerade tatsächlich etwas gesagt hatte. Ihre grauen Augen wanderten unwillkürlich zu seinen Lippen. Sie waren schmal und sehr bleich, beinah so bleich wie seine Haut.

„Was?“, fragte sie verwirrt. Er steckte seine Hände in die Taschen seiner Jeans, die ihm definitiv viel zu groß war; sie schlabberte wie ein Sack um seine dünne Gestalt. „Was haben Sie gerade gesagt?“

„Ich habe >Ja< gesagt.“

„Und worauf bezog sich dieses >Ja?<“ Musste sie diesem Typen tatsächlich jedes Wort aus der Nase ziehen? Cherry spürte, wie sie ungeduldig wurde. Sie hasste es, wenn Menschen unendliche Zeit benötigten, um auf eine einfache Frage mit einer einfachen Antwort einzugehen.

L sah sie an. „Das bezog sich auf deine Frage, ob du in Ohnmacht gefallen bist.“ Damit schien die Sache für ihn erledigt. Cherry jedoch wurde nur wütender. Dieser Kerl sprang mit ihr um, wie noch nie jemand mit ihr umgesprungen war und das schrie geradezu nach einer Änderung.

„Hey, wer hat dir erlaubt, mich zu duzen? Schließlich kenn ich dich grad mal drei Minuten!“

Wenigstens sprach er Englisch. Ein großer Vorteil, aber scheinbar auch der einzige. Seine Manieren ließen zu Wünschen übrig. „Und wer bist du überhaupt? Weißt du, vernünftige Menschen stellen sich nämlich vor, wenn sie jemandem begegnen.“

Er beachtete sie gar nicht. Stattdessen ging er zu einem Sessel, auf dem ein silberner Laptop abgestellt worden war. Er nahm den kleinen Computer hoch, hockte sich in dieser merkwürdigen Sitzhaltung auf den Sessel, welche sie auch schon bei ihrem ersten Aufeinandertreffen gesehen hatte, und legte das Gerät auf seinen Knien ab.

„Zu deiner ersten Frage: Du duzt mich schließlich auch, wie du wohl selbst feststellen musst. Zweitens kennen wir uns, dein unerwartetes Eintreten in ein Treffen mitgezählt, exakt zehn Minuten und vierundzwanzig Sekunden. Drittens hast auch du dich bisher nicht vorgestellt, was momentan das dringendere Problem darstellt, da du meinen Namen bereits kennst.“

Während er mit ihr sprach, lag sein Blick auf dem PC-Bildschirm und er tippte flink auf der Tastatur herum. In keiner Sekunde hob er den Blick, um sie anzusehen. Seine Stimme klang, trotz der teilweise spöttischen Worte, gleichgültig, als teilte er ihr bloß die Wetterlage mit. Und das regte Cherry mehr auf als alles andere.

Zornig stapfte sie auf den Sessel zu. Wenn man sie später fragen sollte, warum sie nun genau das tat, was sie jetzt tat, würde sie die Antwort nicht kennen. Nur, dass sein betont emotionsloses Auftreten sie zur Weißglut brachte. Cherry trat vor ihn, griff mit einer Hand nach dem Laptop und klappte mit einem hörbaren Knurren den Bildschirm zu. L, der noch seine Finger auf der Tastatur liegen hatte, zuckte leicht zusammen, als diese eingeklemmt wurden. Dennoch zeigte er keine Mimik. Wortlos sah er zu dem Mädchen auf, während er vorsichtig seine Finger hervorzog. Dieses musterte ihn.

„Jetzt hör mir mal zu, Junge: Mein Name lautet Cherry.“ Sie machte eine Pause, um ihm Zeit zugeben, damit er endlich verstand, mit wem er es hier zu tun hatte. Aber L blickte sie nur an, ohne zu blinzeln. Der ist echt gruselig! „Ich bin hier, weil meine Mum vor exakt vier Tagen gestorben ist – um genauer zu sagen: Sie ist ermordet worden!“

„Was habe ich damit zu tun?“

„Das kann ich dir sagen! Meine Mum arbeitete als amerikanische FBI-Agentin und erhielt vor einigen Tagen den Auftrag, nach Tokio zufliegen und hier irgendwelche Typen zu beschatten. Bei ihrem letzten Anruf musste ich miterleben, wie sie... wie sie...“, sie konnte nicht weitersprechen. Der Schmerz über den Verlust war noch zu frisch.

Ein dicker Kloß entstand in Cherrys Hals. Vergeblich versuchte sie, ihn hinunterzuschlucken. Trotzdem tat sie alles, um nicht vor diesem Idioten in Tränen auszubrechen. Diese Schwäche würde sie sich nicht geben, niemals. Obwohl sie in diesem Moment nichts lieber getan hätte. Sich einfach auf dem Sofa zu einer Kugel zusammenzurollen, alles andere auszusperren und einfach nur zu weinen, bis all der Kummer aus ihr hinaus geflossen war. Ihre Mutter war gerade mal vier Tage tot und man wollte ihr nicht einmal die Leiche überlassen, um sie anständig unter die Erde bringen zu können. Sie hatte sie seit dem Tod kein einziges Mal gesehen, verdammt nochmal!

In ihrem Kummer versunken, bemerkte Cherry nicht, wie L sich langsam erhob. Den Laptop stellte er auf den Glastisch. Erst, als er wieder sprach, zuckte sie zusammen und kehrte in die Wirklichkeit zurück.„Wie hieß deine Mutter?“

Cherry schluckte. „Warum willst du das wissen?“, fragte sie leise.

L stieß einen Atemzug aus, der beinah wie ein Seufzen klang. „Damit ich nachsehen kann, ob ich sie in den Akten habe und ob ich etwas mit dem Fall zu tun habe.“ Obwohl er das Gesicht in keiner Sekunde verzog, wusste Cherry instinktiv, dass er log.

„Du weißt bereits, dass du etwas damit zu tun hast, nicht?“ Erstaunt sah er sie an, scheinbar über ihre schnelle Erkenntnis, dass er sie angelogen hatte. Doch er entgegnete nichts, sondern wartete nur ab.

Cherry fügte sich. „Hitch“, erwiderte sie. Sie war so müde. „Melissa Hitch.“

L klappte den Laptop wieder auf und tippte wie wild auf der Tastatur herum. Cherry ließ sich währenddessen auf die Couch sinken, die dem Sessel direkt gegenüber lag. Erschöpft lehnte sie sich zurück. Am liebsten hätte sie die Augen geschlossen, denn der Jetlag machte sich bemerkbar. Zudem hatte sie seit dem Tod ihrer Mutter nur wenige Stunden geschlafen. Die Albträume kamen mit Regelmäßigkeit, jede Nacht, sobald sie bloß die Augen schloss. Schlaftabletten halfen nichts, sie machten alles bloß noch schlimmer. Denn dann konnte sie nicht mehr aufwachen und aus den Albträumen fliehen.

„Watari!“ Ls Stimme klang zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, halbwegs freundlich. Der alte Mann mit dem Anzug trat ins Zimmer. Er nickte Cherry höflich zu und sie erwiderte seine Begrüßung, wenn auch etwas lustlos. Dann wandte er sich L zu. „Sie haben nach mir gerufen, Ryuzaki?“

„Kontaktieren sie den Polizeichef Takimura. Ich brauche Informationen über die FBI-Agentin Melissa Hitch. Er soll mir ihre Akte an die vorhandene Mailadresse schicken.“

„Natürlich, ich rufe ihn an.“ Damit verbeugte Watari sich und verließ das Zimmer.

Cherry riskierte einen schnellen Blick zu L, der über den Laptop gebeugt war, und schloss die Augen. Vielleicht konnte sie ein paar Minuten entspannen und neue Kräfte sammeln für das, was ihr noch bevorstand...

„Du bist müde.“

Erschrocken riss das Mädchen die Augen wieder auf. L sah sie an. Seufzend richtete sie sich wieder auf. Dann schüttelte sie den Kopf. Leugnen war zwecklos, er würde sie sowieso durchschauen. Außerdem war dieses Versteckspiel auf Dauer zu anstrengend.

„Ich habe einen vierzehn stündigen Flug hinter mir. Natürlich ist man dann müde – jedenfalls normale Menschen.“ Sie musterte seine tiefen Augenringe. „Aber du scheinst auch nicht allzu viel Schlaf bekommen zuhaben.“

Er gab ihr keine Antwort. Langsam frustrierte dieser Kerl Cherry. Er stellte tausend Fragen, doch sobald sie selbst eine stellte, wich er ihr aus. Auf Dauer würde das nicht gutgehen. Aber sie hatte ohnehin nicht vor, lange zubleiben. Sobald der nächste Flug nach New York ging, würde sie wieder nach Hause gehen.

Gelangweilt musterte sie ihre Fingernägel. Sie waren schwarz unter den Rändern und angeekelt ließ Cherry sie wieder aus den Augen.

Watari betrat den Raum, in der Hand ein Telefon. Er reichte es L, der es zwischen zwei Fingerspitzen nahm und einige Zentimeter vom Ohr entfernt hielt. Fassungslos musterte Cherry diese Haltung. Es schien beinah so, als ekle L sich vor dem Mobiltelefon.

„Ja?“ Für einen Augenblick schwieg der Detektiv. Leise stellte Watari vor Cherry auf die Tischplatte einen Becher. Sie schnupperte. Frischer Kaffeeduft drang in ihre Nase und ein erleichtertes Aufseufzen kam aus ihrem Mund. Dankbar sah sie Watari an, der ihr ein freundliches Lächeln schenkte. Cherry bemerkte, dass seine Augen recht sanft aussahen. Er erinnerte sie an einen alten Opa.

Während sie das koffeinhaltige Getränk in kleinen Schlucken genoss, lauschte sie dem Telefongespräch von L.

„Hier spricht L. Es geht um eine der von mir angeforderten Agenten aus Amerika. Ihr Name lautet Melissa Hitch.“ Einige Sekunden verstrichen. „Ich möchte ihre Akte.“ Nun entstand am Ende des Hörers eine lange Pause, bis eine männliche Stimme herum druckste. Cherry konnte keine Worte verstehen, aber Ls Mundwinkel verzogen sich ein minimales Stück nach unten.

„Ich brauche Informationen... gut, wenn Sie mir diese auch am Telefon liefern können, dann fangen Sie an, Polizeichef Takimura.“

Nun verstrichen einige Sekunden. Cherry fragte sich, warum L eigentlich Englisch sprach, wo er doch scheinbar mit dem japanischen Polizeichef sprach. Erst, als als sie Watari ansah, der neben dem Sessel von L stand, begriff sie. Watari warf ihr einen Blick zu und zwinkerte. L sprach Englisch, damit sie alles verstehen konnte! Ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit durchströmte sie für den seltsamen Kauz. Vielleicht war er doch nicht so ein unhöflicher Flegel, wie sie anfangs gedacht hatte.

L sprach wieder und Cherry konzentrierte sich. „Wen hat Mrs Hitch beschattet?“ Ein Augenblick verstrich. „Aha. Gut. Sonst irgendwelche Auffälligkeiten?“ Plötzlich runzelte er die Stirn. Cherry merkte auf. „Sie hat Mr Penber einen Tag lang ersetzt? Und auf wen war dieser angesetzt?“

L schwieg nun lange Zeit; am anderen Ende redete der Polizeichef auf Japanisch, was Cherry nicht verstehen konnte. Schließlich sagte L: „Danke, Herr Takimura, Sie haben mir sehr geholfen. Auf Wiederhören.“ und legte mit diesen Worten auf.

Danach reichte er Watari mit spitzen Fingern das Handy. Der nahm es an sich und steckte es in die Hosentasche. Nun schwieg L lange Zeit, während Cherry mit jeder Sekunde, die verstrich, immer unruhiger wurde. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus.

„Und? Was hast du rausbekommen?“, platzte sie ungeduldig heraus.
 

L schwieg. Cherry zappelte herum und erst, als sie drauf und dran war, L den leeren Kaffeebecher an den Kopf zuwerfen, öffnete er den Mund.

„Deine Mutter kam, zusammen mit zwölf weiteren Agenten, in Tokio an. Danach wurde sie auf die zu beschattende Person zugeteilt, für die ich ihre Fähigkeiten ausreichend erachtete. Es handelte sich dabei um einen Polizist, der im Zivildienst eingesetzt wurde. Es ging alles gut. Sie sammelte viele Informationen, die bewiesen, dass es sich dabei nicht um den Gesuchten handelte.“

Cherry runzelte die Stirn. „Von welchem Gesuchten sprichst du?“ L überging ihre Frage.

„Aber dann hat sie einen anderen Agenten für vierundzwanzig Stunden ersetzt, den Agenten Raye Penber. Und dann, genau zwei Tage später, wurden alle zwölf FBI-Agenten gleichzeitig ermordet.“

Er verstummte und Cherry war erschrocken und ungläubig zugleich. Nachdem sie ihre Gedanken sortiert hatte, stellte sie die erste Frage, die ihr in den Sinn kam.

„Woher weißt du, dass sie alle... ermordet worden sind? Woran starben sie denn?“

„An einem Herzstillstand“, erwiderte der Schwarzhaarige ruhig. Cherry starrte ihn an.

„Willst du mich verarschen?“

L verzog kaum sichtbar das Gesicht. „Nein.“

„Aber... was ist denn an einem Herzstillstand Mord?“, Cherry verstand die Welt nicht mehr. Aber L schien sie tatsächlich nicht reinlegen zu wollen. Er seufzte nur kaum hörbar und erhob sich. Er ging zu dem Flachbildfernseher und schaltete ihn ein.

Das Bild eines ernst drein blickenden Nachrichtensprechers erschien. Im Hintergrund war das Bild eines Gebäudes zusehen, darunter stand in englischen Buchstaben „Zehn weitere Häftlinge ermordet aufgefunden“. Es war anscheinend ein amerikanischer Nachrichtensender. Überrascht beugte Cherry sich vor, um besser verstehen zu können, wovon dort gesprochen wurde.

„... heute Morgen sind in dem Gefängnis südöstlich von der Hauptstadt Tokio zehn weitere Häftlinge tot aufgefunden worden. Alle zehn starben, laut eines Polizeisprechers, an Herzstillstand. Dies ist bereits die fünfzehnte Tat von KIRA in dieser Woche. Laut Polizei ist man bisher keinen einzigen Schritt weiter als zuvor, was in der Bevölkerung zu Entsetzen und Angst führt. Gleichzeitig steigt jedoch der Ausruf, dass KIRA die Kriminellen ihrer gerechten Strafe zuführt und dass diese Welt bald eine bessere sein wird. Zu Gast im Studio ist nun der Psychologe...“ L schaltete den Fernseher wieder aus.

Stille breitete sich aus. Cherry war zu entsetzt über das, was sie gerade erfahren hatte. Da draußen lief ein Massenmörder von einem entsetzlichen Ausmaß frei herum, der alle Kriminellen hinrichtete und sich nun auch an Unschuldige heranmachte. Und die Bevölkerung schien ihm auch noch Recht zugeben, die Aussage des Sprechers einbeziehend. Und genau dieser Mann hatte, dass begriff die Sängerin nun, auch ihre Mutter auf dem Gewissen.

Cherry sah L an. „Er war es, oder? Dieser... KIRA?“ Sie hob die Hand, noch bevor L Zeit hatte, ihr zu antworten. „Sei bitte ehrlich.“

„Ja, es war allem Anschein nach KIRA. Die Vorgehensweise stimmt mit denen, die uns bekannt sind, vollständig überein.“

„Warum hat er sie ermordet - die Agenten, meine ich?“

„Weil sie ihm vermutlich im Weg waren, nehme ich an, und weil sie vielleicht sogar etwas über seine wahre Identität herausgefunden haben. Sie wurden ihm wohl zu gefährlich, darum musste er sie beseitigen.“ Watari reichte L eine Tasse und eine kleine Schüssel mit Zucker. L dankte ihm mit einem beiläufigen Nicken.

Cherry begann langsam, alles zu verstehen. Nun machte alles mehr und mehr einen Sinn.

„Also jagst du diesen KIRA. Um ihn hinter Gitter zubringen.“ Sie wartete seine Antwort gar nicht erst ab, sondern sprach einfach weiter. „Aber wie soll er ihm völlig fremde Menschen ermorden? Befand sich überhaupt jemand in der Nähe der Agenten, zu ihrem Todeszeitpunkt?“

L ließ unzählige Zuckerwürfel in seine Tasse fallen. Cherry beobachtete ihn skeptisch, sagte aber nichts. Sollte er seinen Kaffee oder Tee doch trinken, wie er wollte.

„Das ist nichts, was für dich von Bedeutung ist. Du wolltest lediglich wissen, wie und von wem deine Mutter ermordet worden ist.“ Er deutete mit der freien Hand, die keinen Zuckerwürfel hielt, auf die Tür. „Unten warten Taxis, ansonsten kannst du auch die Info bitten, dir eines zurufen. Und eines noch: Du bist mir nie begegnet.“

Damit schien für den Detektiv das Gespräch beendet und er wandte seine Aufmerksamkeit wieder seiner Tasse zu. Watari verharrte ebenfalls an Ort und Stelle, jedoch schien er, im Gegensatz zu L, deutlich zu spüren, dass Cherry keinesfalls vorhatte, nun zu gehen.

Im Gegenteil: Sie wollte unter allen Umständen bleiben. Dieser Kerl hatte ihre Mutter kaltherzig ermordet und würde vermutlich nicht zögern, noch weitere Unschuldige zu ermorden. Vielleicht war sogar L selbst der Nächste, wer wusste dass schon? Und außerdem versprach diese Angelegenheit überaus interessant und abenteuerlustig zu werden.

Doch das waren nicht ihre Hauptgründe. Nein, sie wollte dabei helfen, dieses Schwein für immer und ewig wegzusperren. Sie wollte KIRA in die Augen blicken, wenn sie ihm selbstgefällig ins Gesicht spukte.

Cherry wollte ihre Mutter rächen.

Wie festgenagelt blieb sie sitzen. Einige Minuten lang gelang es L, sie gekonnt zu ignorieren, doch dann wandte er sich ihr wieder zu. „Ist noch etwas?“

„Ich bleibe hier“, sagte sie ruhig. Watari zog hörbar die Luft ein. „Ich werde dir dabei helfen,

KIRA dingfest zu machen. Er hat meine Mutter getötet und das wird er mir büßen. Mit seinem eigenen Leben und seiner Freiheit.“

L stellte mit einem hörbaren Klacken seine Tasse ab. Dabei verschüttete er etwas von der Flüssigkeit auf dem Glas. Watari holte schnell einen Lappen und machte sich ans Aufwischen, während er jedoch sorgfältig das Gespräch belauschte.

„Das wirst du nicht tun.“

„Ach, und warum nicht, wenn ich fragen darf?“

„Weil es zu gefährlich ist. Jeder, der gegen ihn agiert, muss um sein Leben fürchten. War deine Mutter kein abschreckendes Beispiel dafür? Ich habe dir bereits zuviel erzählt.“

Wütend schlug Cherry mit der Faust auf den Tisch, so dass es klirrte. Watari zuckte zusammen, L blieb jedoch vollkommen gelassen sitzen. Bei ihm schienen sämtliche Gefühlsregungen abzuprallen wie an einer Wand.

„Du ermittelst gegen ihn und fürchtest mehr um dein Leben als jeder andere! Du bist ihm ebenbürtig, dass weiß ich. Und dass es gefährlich ist, weiß ich selbst, dass musst du mir nicht extra sagen. Aber jeder riskiert sein Leben; der eine mehr, der andere weniger. Und ich will nicht untätig herumsitzen, während weitere Menschen, die ich vielleicht liebe, sterben!“

„Du willst Rache nehmen. Ein völlig sinnloses und zudem noch riskantes Unterfangen“, warf L ihr vor. „Rache ist ein Gefühl, was hier mehr als unangebracht ist.“

„Sie war meine Mutter!“, schrie Cherry. Mittlerweile war sie laut geworden. L schien sie einfach nicht zu verstehen und wollte es scheinbar auch gar nicht. „Ist es da etwa verwunderlich, dass ich so denke?! Was würdest du denn tun, wenn er deine Mutter ermordet hätte?“

Instinktiv spürte Cherry, dass sie nun zu weit gegangen war. L wurde plötzlich gefährlich ruhig, noch ruhiger als zuvor. Wataris Kopf schnellte nach oben und er fixierte Cherry mit einem tadelnden Blick.

„Ich würde ihr vermutlich keine einzige Träne hinterher weinen.“ Geschockt starrte sie ihn an. Seine Miene war vollkommen ausdruckslos, nur seine rechte Hand war zur Faust geballt. Doch als er merkte, dass Cherry sie anstarrte, löste er sie schnell.

„Es... es tut mir... Leid“, verlegen stotterte sie herum. Die Worte schien so nichtssagend, sie schienen den Schmerz und die Wut, die in Ls Geste gelegen hatte, nicht annähernd zu lindern.

L antwortete nicht, stattdessen nahm er wieder den Laptop an sich.

„Wenn wir zusammenarbeiten, möchte ich dich bitten, dein Temperament in Zukunft zu zügeln.“ Er sah sie nicht an, während er sprach. „Es könnte dich in einige unangenehme Situationen bringen, was ich, wenn möglich, gerne vermeiden will. Ansonsten heiße ich während der Ermittlungen im KIRA-Fall Rue Ryuzaki.“

Damit verstummte er.

Cherry stand wie gelähmt da und wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Hatte er gerade tatsächlich zugestimmt, dass sie mit ihm an dem Fall arbeitete? Sie konnte es kaum fassen. Aber ihr Herz hüpfte wie wild. Er hatte es ihr wirklich erlaubt! Sie wusste gar nicht, wohin mit all der Freude. Endlich konnte sie etwas tun, musste nicht länger die passive Beobachterin spielen!

Watari räusperte sich. Cherry drehte sich zu ihm um. „Meine Liebe, wenn es Ihnen nichts ausmacht, werde ich Ihnen nun zeigen, wo Sie schlafen können und ihr Gepäck unterbringen. Folgen Sie mir bitte.“ Mit diesen Worten verließ er das Zimmer und Cherry folgte ihm. Sie warf einen letzten Blick auf L.

Zu ihrer Überraschung blickte er ihr ebenfalls hinterher. Innerlich hoffte er, nicht soeben die falsche Entscheidung getroffen zu haben.
 

Real
 

You told me once

You told me twice

That the change is here

But

Tell me one more time

That it’s real
 

I told you once

I told you twice

That I’m alive

But

Tell you one more time

That it’s real
 

Real

Is just a word

Real

Is like the hope in our hearts

Real

Is something in which I doubt hard

Real

Is more than a situation

R-E-A-L
 

You told me once

You told me twice

That nothing is finally

But

Tell me one more time

That it’s real
 

I told you once

I told you twice

That you’re safe

But

Tell you one more time

That it’s real
 

Real

Is just a word

Real

Is like the hope in our hearts

Real

Is something in which I doubt hard

Real

Is more than a situation

R-E-A-L
 

What is real?

Is it real when you feel it?
 

Real

Is just a word

Real

Is like the hope in our hearts

Real

Is something in which I doubt hard

Real

Is more than a situation

R-E-A-L

R-E-A-L



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