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Die Legende von Blut und Asche

Castiel x Lysander [Sweet Amoris]
von

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Der rote Vogel im goldenen Käfig

Es war mitten in den Sommerferien gewesen. Bereits seit knapp zwei Monaten habe ich Lysander nicht mehr gesehen. Anfangs kamen noch kleine Briefchen zu dem leeren Bürogebäude. Da ich aber nicht schreiben konnte, schien er es nun auch gelassen zu haben. Seit einigen Wochen war der Kontakt nun komplett abgebrochen. Dennoch hatte ich jeden Zettel von ihm aufgehoben und wenigstens einmal am Tag dachte ich an das Vögelchen und was dieser wohl gerade trieb. Es war einer der heißesten Tage des Jahres gewesen und Nathaniel, seine Schwester Amber und ich waren gemeinsam ins Freibad gegangen. Eigentlich war das Meer nicht so weit weg, aber da wir ja nicht aus der Stadt kamen, war es unmöglich dorthin zu fahren. Stattdessen saßen wir nun hier auf der fast überfüllten Grünfläche des Freibades. Der leichte Geruch vom Chlor hing in der Luft. Kinderlachen, Stimmen und andere Geräusche sorgten dafür, dass man bei dem Sonnenbad nicht wirklich abschalten konnte. Nathaniel und Amber spielten mit einer Frisbee. Ich selber sah eine Weile zu, hatte mir dann aber die Sonnenbrille wieder hochgezogen und döste nun leicht vor mir hin. Erst als sich jemand zu mir setzte öffnete ich die Augen und blickte zu dem blonden Jungen.

„Wo hast du denn deine Schwester gelassen?“ Fragte ich nur.

„Sie wollte sich „abkühlen.“ Bei dem Wörtchen 'abkühlen' machte er mit den Fingern Anführungsstriche.

„Da waren ein paar Jungs gewesen und die will sie jetzt beeindrucken.“

„Kommt nur ziemlich blöd, wenn sie mit zwei Jungs hier ist“, fügte ich grinsend hinzu und Nathaniel stimmte mir zu.

„Wenn sie meint. Ich gönne ihr einen Freund. Vielleicht wird sie dann wieder vernünftig. Manchmal benimmt sie sich ja echt wie eine dumme Schnepfe.“ Diese Worte aus dem Mund ihres Bruders. Mein Grinsen wurde noch breiter. Dann fiel ich wieder in Gedanken.
 

„Du denkst an ihn, oder?“ Mein Freund hatte nach einiger Zeit das Wort ergriffen.

„Natürlich tue ich das. Ich muss oft daran denken, was er sagte.“ Er hatte mich erneut angesehen und folgte dann meinen Blick zu Amber, die in einiger Entfernung mit drei Jungs stand und mit ihnen redete und ab und an mit vorgehaltener Hand kicherte.

„Er ist wahnsinnig klug. Ich glaube, er war der Erste der vernünftig argumentierte.“ Ich musste erneut grinsen und sah den Blonden schelmisch an.

„Deswegen mag ich ihn so. Bei ihm wirst sogar du sprachlos.“ Er lachte leicht.

„Wie lange ist es her?“

„Fast zwei Monate. Ich hoffe es ist alles in Ordnung bei ihm.“

„Bestimmt. Vielleicht hat er viel zu tun. Jedenfalls weiß ich, dass außerhalb unserer Stadt derzeit nichts lief. Untersuchungen oder so was meine ich. Also kann da mal nichts passiert sein. Aber wenn er oft rein und raus rennt. Vielleicht ist es ja doch mal aufgefallen und sie haben ihn erwischt.“ Schockiert richtete ich mich auf. Konnte er nicht einmal Rücksicht nehmen? Als würde ich mir nicht schon genug Sorgen um ihn machen. Das Nathaniel mir dies auch noch indirekt bestätigte, ließ mich aus der Haut fahren.

„Hör auf so zu reden. Es geht ihm gut...“

„Ja, natürlich. Entschuldige. Sei trotzdem vorsichtig. Du weißt, nicht jeder steht auf deiner Seite“, murmelte er leicht. Natürlich wusste ich das. Ich stand zwischen den Stühlen zweier unterschiedlicher Fronten. Seufzend erhob ich mich und ging ohne weiteres zu einem Schwimmbecken um mich abzukühlen.
 

Am nächsten Morgen schreckte mich das fiese klingeln der Haustür aus den Schlaf. Warum konnten meine Eltern einfach keine normale Klingel haben? Eine etwas dezentere und nicht dieses fiese Geräusch. Mein Blick ging zu meinem Wecker. Halb 7. Wer auch immer da unten stand, hatte es verdient in das nächste Badezimmer gezogen und ertränkt zu werden. Murrend ging ich die Treppe hinunter. Demon lag vor der Wohnungstür und wedelte mit dem Schwanz.

„Du Verräter. Du würdest wahrscheinlich sogar Diebe reinlassen. Hauptsache du wirst gestreichelt. Bist wirklich ein toller Wachhund“, gab ich verschlafen zu dem dunklen Fellknäuel vor der Haustür. Noch einmal wurde auf den Klingelknopf gedrückt. Das Bedürfnis, diese Person vor der Tür zu ertränken stieg mit jeder Sekunde an.

„Verdammt, man. Ich komme doch schon“, zickte ich. Was fiel dieser Person eigentlich ein? Morgens um halb 7 klingeln und dann noch erwarten, dass man innerhalb von Sekunden die Tür aufmacht.

„Was ist los?“ Ich riss die Tür auf und erblickte eine junge Frau mit silbergrauem, langen Haar und bernsteinfarbenen Augen. Sie hatte auf der linken Seite eine weiße Feder ins Haar geflochten gehabt. Neben ihr stand ein brünetter Junge. Ich kannte ihn noch von der letzten Begegnung mit 'Aschenvogel'. Sie waren wohl vom Volk der weißen Vögel. Ein wenig perplex fragte ich mich, was sie wollten. Wahrscheinlich wussten sie von Lysander, wo ich wohnte. Trotzdem machte ich mir Sorgen.

„Hi, sorry das wir stören ...“, begann das Mädchen. Sie trug ein weißes Sommerkleid und dazu ungewöhnlich hohe und schwarze Schnürstiefel.

„Soll ich ihn vielleicht doch lieber zusammenschlagen, Rosa?“ Der Junge haute seine Faust in die andere Hand und grinste breit. Ich wich zurück.

„Was wollt ihr hier und überhaupt..?“

„Na na na, wir sind jetzt die, die reden.“ Sie drängten mich leicht ins Haus und der Junge schloss die Tür hinter sich. Das Mädchen erblickte Demon, der zu meinem bedauern immer noch vor der Tür saß und freudig mit dem Schwanz wedelte, und stürzte sich auf diesen und vergrub die Hände in sein seidiges Fell.

„Oh Gott, bist du ein süßer Hund. Du kommst auch mit, okay?“

„Wohin mitkommen?“

„Wir wollen dich abholen.“ Abholen? Zu was denn bitte? Wie wäre es erst mal mit vorstellen, bevor ihr Chaoten in mein Haus stürmt und mich überfallt. Zähneknirschend blickte ich in die giftgrünen Augen des Jungen. Er lächelte.

„Wir sind im Auftrag unserer Dorfältesten hier. Wir sollen dich abholen. 'Aschenvogel' möchte dich gerne sehen.“ Was? Lysander wollte mich sehen? Erleichtert blickte ich ihn an.

„Ihn geht es also gut? Ich habe mir Sorgen gemacht. Ich dachte, nach der Sache mit dem unbeantworteten Zetteln wäre er sauer oder so etwas.“ Fragend zog der Junge die Augenbraue hoch.

„Zettel? Davon weiß ich nicht, aber du sollst mitkommen. Du kannst dein Hund mitnehmen und Sachen. Es geht nämlich zum Meer.“ Zum Meer?

„Wie, aber?“

„Es tut uns leid, dass wir dich so überfallen haben. Es soll eine Überraschung für 'Aschenvogel' sein. Irgendwie ist er seit einiger Zeit sehr verschlossen und ruhiger als sonst. Sein Bruder macht sich Sorgen um ihn. Deswegen hat Lulu, unsere Dorfälteste, vorgeschlagen dich zu holen. Da er viel von dir erzählt. Also sind wir los und ja. Nun sind wir hier.“ Das Mädchen hatte das Wort ergriffen.

„Alles schön und gut, aber könnt ihr euch mal vorstellen? Ich hab es nicht so gerne, wenn fremde Leute in meinem Haus sind, mich entführen wollen und nicht mal den Anstand besitzen, sich vorzustellen“, sagte ich trocken zu den beiden vor mir. Das silberhaarige Mädchen hielt erschrocken die Hand vor dem Mund.

„Oh entschuldige. Das war ziemlich unhöflich von uns. Mein Name ist Rosalia oder auch 'Schneeeule' und er da“, sie deutete auf den Jungen.

„Kentin oder 'Mäusebussard'“ Also stimmte es, was Lysander mal erzählte. Jeder im Dorf war einem Tier zugeordnet oder besser gesagt einem Vogel.

„Freut mich auch. Ich bin Castiel.“ Die beiden sahen sich an. Kentin verschränkte die Arme vor der Brust und holte einen Laptop hervor und begann ihn zu starten.

„Sammel dein Zeug zusammen. Du kommst morgen erst nach Hause“, warf mir Rosalia entgegen. Sie hatte sich von Demon gelöst und lief im Haus umher.
 

Ein paar Minuten später stand ich mit Sack und Pack unten. Sack und Pack bestand aus einem Rucksack mit dem nötigsten Zeug das man brauchte.

„Was ich nicht verstehe ist, wie wollt ihr das mit den Armbändern machen? Diese werden kontrolliert. Sie registrieren wo wir sind.

„Dafür bin ich da.“ Kentin saß auf dem Sofa und tippte etwas auf der Tastatur des Laptops ein. Er war recht schnell bei den Anschlägen gewesen und ich musste zugeben, dass ich beeindruckt war.

„Dein Hund hat schon eine Fälschung vom Identifikationshalsband.“ Rosalia lächelte breit und Kentin fuhr mit stolzgeschwellter Brust fort.

„Ich habe ein Programm entwickelt, dass bestimmte Funktionen des Reifs ausschalten und auf andere Sachen übertragen kann. So, dass niemand bemerkt, dass du diese Stadt verlässt. Trotzdem ist dein Armband noch so funktionstüchtig, dass du ihn außerhalb des Hauses benutzen kannst. Jedoch wird diese Aktivität außerhalb nicht registriert, da das System der Gesellschaft nicht registriert, dass du das Haus verlässt. Du bist also sozusagen Inkognito unterwegs. Ist in vielen Sachen recht praktisch.“ Er erklärte es so präzise, dass ich nicht davon ausging, dass er Fehler machte. Er wusste genau, was er tat.

„Okay, ich verstehe es nicht ganz.“

„Solange wir es tun, ist es in Ordnung.“ Er winkte mich zu sich und öffnete ein versteckten USB-Anschluss des Identifikationsreifs. Er stöpselte ein kleines Kabel an und verband mich mit seinem Laptop. Ein kurzes piepsen ertönte und wenige Sekunden später, erschien ein Zahlencode auf dem Bildschirm.

„Sind das meine Daten?“ Ich hatte so etwas noch nie gesehen. Es war ein Binärcode gewesen. Ein extrem langer Code. Immer wieder wechselten sich die grünen 1 und 0 auf dem schwarzen Bildschirm in einer schieren Unendlichkeit ab.

„Ja, so ist es. Aber keine Angst. Ich kann ihn nicht lesen. Dazu ist er viel zu kompliziert und meine Fähigkeiten nicht ganz so ausgebaut. Außerdem ist ihre Barcodedatei äußerst sicher. So was kann man nur mit speziellen Geräten lesen. Ich kann nur einen Code hinzufügen, der dafür sorgt, dass der Reif nur auf dieses Haus registriert bleibt und dieses nicht verlässt. Sobald wir morgen wieder hier sind, werde ich den Code löschen und alles ist wie vorher. Niemand wird mitbekommen, dass du weg warst.“ Ich war wirklich beeindruckt und musste leicht pfeifen. Rosalia erhob sich und grinste etwas.

„Dann können wir los? Darf ich den Hund an der Leine nehmen?“ Sie grinste immer noch übers ganze Gesicht und Kentin musste leicht seufzen.

„Du bist echt schlimm, Rosa.“ Ich nickte und reichte ihr die Leine vom Geschirr.

„Er heißt übrigens Demon.“
 

Wir gingen die leeren Straßen unseres Viertels entlang. Es war warm, trotzdem lag eine angenehme Frische in der Luft. Die Straßen waren leer. Immerhin war es Wochenende und da auch noch Ferien waren, waren die meisten Familien im Urlaub. Urlaub hieß, das man Wochen vorher einen Antrag stellt und dann die Stadt verlassen kann. Natürlich nur in eine anderen Stadt. Wer weiß, was in der Wildnis zwischen den einzelnen Städten passierte. War ja nichts aus zu schließen. Seufzend vergrub ich die Hände in meinen Taschen. Kentin ging neben mit her. Rosa ging mit Demon ein wenig vor. Der Weg war weit gewesen bis zu den Stadttoren. Wir konnten mindestens eine Stunde einplanen. Bis dahin waren diese dann auch offen und wir konnten ohne Problem da hindurch. Ich blickte auf das Kleine Armband an meiner Hand. Es sah genauso aus wie vorher. Ich wusste nicht mal, dass es einen USB-Anschluss hatte. Es konnte daran liegen, dass es nur bei bestimmten Sachen benutzt wurde.

„Mach dir nicht so viele Gedanken über das Armband. Es wird alles gut gehen, dass weiß ich.“

„Genau, du musst Kentin vertrauen. Wir wollen dich nicht in Gefahr bringen. Du bist wichtig für Aschenvogel.“

„Warum nennt ihr ihn nicht beim richtigen Namen?“ Fragte ich dann. Die beiden sahen mich perplex an.

„Kennst du denn seinen richtigen Namen?“ Ich nickte und die beiden sahen sich wieder an.

„Das hat er uns nicht gesagt. Normalerweise teilt er niemanden seinen richtigen Namen mit. Er musst dir sehr vertrauen.“

„Er meinte am Anfang mal, dass es gefährlich wäre, wenn ich ihn kennen würde.“ Kentin seufzte und blickte hinauf zum azurblauen Himmel.

„Da hat er Recht. Die Gesellschaft dieser Stadt weiß, wer er ist. Sie kennen das Orakel und das er ein wichtiger Verbindungspunkt zwischen unserem Volk, Espérance und den Abnormalen ist. Sollte ihn etwas zustoßen, werden auch wir alle vernichtet werden.“

„Er ist doch nur ein normaler Mensch.“

„Das denkst auch echt nur du. Für uns und den anderen ist er ein Hoffnungsträger. Ohne ihn ist unser Volk nichts. Er hat ein Wissen in sich, dass mit seinem tot ausgelöscht wird. Ein Wissen, dass er sich selber angeeignet hat.“ Rosalia hatte den Blick leicht gesenkt und seufzte. Kentin redete aber weiter.

„Er ist unser Auserwählter und die Politik weiß das auch. Deswegen suchen sie ihn. Normalerweise dürften wir ihn alleine nicht in die Stadt lassen. Es wäre viel zu gefährlich, aber er besteht darauf. Wir wollen gar nicht wissen, was passiert, wenn er in ihren Händen ist.“ Rosalia drehte sich um und sah Kentin böse an.

„Jetzt hör auf damit. Mach Castiel doch nicht so viel angst.“

„Wenn er schon ein Freund von ihm ist, soll er auch wissen, wie wichtig er ist.“ Sein Blick richtete sich dann wieder zu mir.

„Wenn Lysander wegen dir in Gefahr gerät, werde ich es dir nie verzeihen. Niemand wird dir das verzeihen.“ Er ging dann schneller und lief nun vor dem Mädchen. Diese fiel zu mir nach hinten und blickte mich an.

„Sei ihm nicht böse. Er ist sein bester Freund und er ist für uns alle eine wichtige Person. Er hat nur Angst um ihre Zukunft.“ Natürlich konnte ich sie alle verstehen. Doch störte mich etwas. Der Druck den sie so noch mehr auf ihn aufbauen. Eines Tages wird Lysander daran zerbrechen, dass wusste ich. Er ist so ein zierliches Wesen.

„Ich verstehe euer Volk ja und auch die anderen Menschen. Aber ihr setzt Lysander wirklich unter Druck.“ Das Mädchen legte fragend den Kopf schief.

„Er hat mir erzählt, dass er Angst hat zu versagen und unter dem Druck sehr leidet. Ich bin froh, dass er die Freiheit hat, alleine in die Stadt zu kommen. Ihr haltet ihn fest wie ein Vogel in einem Käfig. Auch wenn er euer Auserwählter ist, hat er ein Recht darauf, seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Lasst ihn diese Freiheit. Er braucht sie. Er geht sonst kaputt unter dieser Last.“

„Du redest wirklich weise für einen Gestochenen. Du hast eine ganz andere Perspektive als die anderen von euch. Du hast genau den Blick den man braucht.“ Verstand sie eigentlich was ich meinte? Seufzend ging ich nicht mehr darauf ein. Ich wollte sehen, wie Lysander innerhalb seines Volkes ist. Wenn mir aber etwas missfällt, werde ich eingreifen. Notfalls nehme ich ihn ein paar Tage mit zu mir. Er braucht auch mal ein wenig Erholung.
 

Der Rest unseres Weges verlief schweigsam. Als wir den versteckten Eingang zur Schleuse durchquerten, fing Rosalia wieder an zu reden.

„Wie könnt ihr jeden Tag, hier durch gehen? Ich hätte viel zu viel Angst, dass jemand mal hier ist und was repariert.“

„Kann passieren, aber das wissen wir meistens schon vorher, da auf der anderen Seite der Schleuse ebenfalls ein Sicherheitslämpchen am Pad leuchtet. Diese Leute waren damals zu blöd, um das Sicherheitssystem nur auf einer Seite zu installieren. Hätten sie es gemacht würde man es nicht bemerken und sie hätten uns längst aufgespürt. Idioten.“ Er zuckte mit der Schulter und tippte, wie Lysander damals, den Code auf dem Pad ein und die Sicherheitstür zur Schleuse öffnete sich. Diesmal ging es dahinter in einen dunklen Gang weiter. Ich schluckte leicht und folgte den beiden. Nach einer Minute schloss sich die Sicherheitstür wieder und wir waren im dunklen Gang. Kentin holte eine kleine Taschenlampe hervor und erleuchtete den Gang. Es war so wie der Anfangsbereich auf der anderen Seite. Ein einfacher langer Gang, der komplett weiß und steril gefliest war. Eine weitere Besonderheit war, das die Öffnung sich nicht oben, sondern vor uns befand. Der Brünette öffnete sie und sofort kam uns das helle Sonnenlicht entgegen. Als ich raus trat sah ich nichts weiter als endlose weite Steppe. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass das Tor in der meterhohen Mauer war. Es war Wahnsinn die Stadt von außen zu sehen. Zwischen der Stadtschleuse und dieser Mauer lag der Bahnhof der uns mit den anderen Städten verband. Ein Gleis war jedoch nirgends zusehen. Ob sie unterirdisch fuhren oder auf einer anderen Seite? Als ich mich wieder zu den beiden herumdrehte, sah ich einen blauen, verrosteten Pickup. Ken und Demon sprangen sofort hinten hinein und lehnten sich gegen die Fahrerkabine.

„Pass bloß auf meinen Hund auf“, sagte ich zu ihn. Er nickte nur und hielt die Leine fest in der Hand. Das Mädchen stieg auf der Beifahrerseite ein. Als ich folgte, sah ich, das ein Mann am Steuer saß. Er hatte schwarzes Haar und Amethystfarbene Augen. Er blickte Rosalia an und küsste sie leicht. Dann sah er an ihr vorbei und mich an. Ein sanftes Lächeln umspielte seine Züge.

„Du musst Castiel sein. Freut mich sehr dich kennen zu lernen. Mein Name ist Leigh.“ Wie Lysander wirkte er sehr ruhig und etwas schüchtern.

„Er ist Lysanders großer Bruder und mein Verlobter“, erklärte mir das Mädchen mit breitem Grinsen. Sein Bruder also. Das erklärte es wohl. Sie waren sich sehr ähnlich. Zumindest vom Charakter her.

„Labbert nicht. Drückt auf die Tube. Es wartet eine fette Wassermelone auf mich.“ Leigh rollte mit den Augen und drückte aufs Gaspedal.

„Warst du schon mal am Meer, Castiel?“ Die bernsteinfarbenen Augen legten sich auf mir. Mit einem leichten Kopfschütteln verneinte ich diese Frage. Dabei hatten wir das Meer vor der Tür.

„Dann freust du dich bestimmt, oder?“ Wieder ein Lächeln. Sie schien ein verdammt fröhliches Mädchen zu sein. Ich wette sie brachte Pepp in diesen Haufen. Ich sah durch den Rückspiegel zu Kentin. Er lag auf den Boden und Demon hatte den Kopf auf seinen Bauch gelegt und döste. Diese Leute hatten eine wirklich positive Ausstrahlung. Normalerweise hasste Demon alle Menschen. Doch auch schon bei Lysander war er sehr freundlich gewesen. Ein wirklich komischer Hund. Wir fuhren eine alte Straße entlang. Früher war sie bestimmt mal viel befahren worden. Doch nun wurde sie nur noch von dem Volk und den anderen Leuten, die in den Dörfern , die verlassen wirkten, lebten. Ab und an durchfuhren wir mal eines dieser kleinen Dörfer. Die meisten Häuser waren heruntergekommen. Doch einige waren notdürftig wieder aufgebaut. Es gab kleine Marktstände und hier und da konnte man einige Menschen sehen, auch Kinder die mit einem Ball spielten. Wie beneidete ich sie doch darum. Wenn keine Dörfer zu sehen waren gab es meist nur triste Steppe oder, nahe eines Dorfes, Acker und Felder die bepflanzt waren.

„Halt mal an, Leigh.“ Ken hatte sich hinten etwas erhoben und sprang dann vom Wagen, als Leigh anhielt. Er rannte zu einem Feld auf dem der Mais meterhoch stand und pflückte ein paar von ihnen ab.

„Lecker, lecker Mais“, grinste er sanft. Rosalia schüttelte sich leicht und als Ken wieder aufgesprungen war ging es weiter. Vor uns lag bereits das Meer. Man konnte schon sehen wie das blaue nass mit dem Himmel fast verschmolz.

„Da bist du erstaunt, wie?“ Leigh lächelte mich leicht an und hielt den Pickup dann vor den Sanddünen. In der Ferne konnte man einige bunte Sonnensegel ausmachen, die mit einigen Eisenstangen in den Sand gesteckt wurden, und den nötigen Schatten spendete. Ich stieg aus und nahm meinen Rucksack. Demon wedelte mit seinem Schwanz und sah mich freudig an. Er schien sich jetzt schon darüber zu freuen, dass er mal ordentlich Auslauf bekam.

„Ich freu mich auch hier zu sein, Demon“ lachte ich meinen Hund an. Ich nahm ihn dann an die

Leine und ging mit den dreien mit.
 

Ich atmete die Luft des Meeres tief ein. Nahm den Laut der Seemöwen auf und genoss die leichte Brise die mein Gesicht umspielte. Ich hatte die Sneakers und Socken ausgezogen und in der Hand, damit ich den warmen Sand an meinen Füßen spüren konnte. Ein wahnsinnig tolles Gefühl, dass kein Freibad der Welt ersetzen konnte. Das wusste ich. Je näher wir kamen, desto mehr Stimmen vernahm ich. Ich hörte Musik. Popmusik. Nicht dieser Elektronikmüll den es bei uns zu hören gab. Die Leute musterten mich und fingen an zu tuscheln. Es war mir aber egal. Ich ließ mein Blick über das kleine Meer aus bunten Sonnensegeln schweifen, doch nirgends entdeckte ich Lysander. Rosalia packte mich an der Hand und zog mich mit. Sie brachte mich zu einem Kreis, der aus drei Sonnensegel, welche darunter mit Kissen ausgelegt waren, bestand. In der Mitte dieses Kreises lag eine Wassermelone. Unter einem grünen Sonnensegel ließ sich Rosalia mit Leigh nieder. Das Sonnensegel daneben wurde von einer älteren Frau besetzt. Sie sah mich aus freundlichen, braunen Augen an.

„Das ist Lulu, unsere Dorfälteste“, stellte Leigh sie mir vor. Ich verneigte mich leicht.

„Du bist also Castiel. Es freut mich sehr, dich zu sehen. So setze dich doch.“ Sie deutete auf das Sonnensegel unter dem noch keiner saß. Ich ließ mich nieder und Kentin ließ sich neben mir fallen. Wir hatten hier den perfekten Platz. Wir waren genau im Mittelpunkt gewesen. Um uns herum waren alle Sonnensegel bereits besetzt gewesen. Lysander konnte ich trotzdem noch nicht sehen. Ich erblickte nur viele Menschen in Badehose und Bikini.

„Lysander ist mit Noel unterwegs. Sie sind gleich wieder da.“ Sie erhob sich leicht und ging davon. Ein leicht verächtliches Schnauben meines Nachbarn.

„Noel … dieser Spinner.“ Er hatte sich bereits ausgezogen und stand nun in einer blauen Badeshorts und einem weißen Hemd vor mir. Leigh zog sich nicht aus und hatte sich etwas auf den Kissen unter dem Sonnensegel bequem gemacht. Rosalia hatte nun auch ihr Kleid ausgezogen und saß in eine wunderhübschen Badeanzug da.

„Ich kann deinen Ärger gegenüber Noel einfach nicht verstehen, Ken.“

„Hör auf mich Ken zu nennen“, murrte der Junge nur.

„An diesem Kerl stört mich einfach alles. Blöder Angeber.“ Er hatte sich in Lotosposition hingesetzt und sah zu mir.

„Willst du dich nicht umziehen? Könnte in diesen Klamotten echt heiß hier werden.“ Seufzend sah ich ihn an und entkleidete mich dann auch. Zum Glück hatte ich mir die rote Badeshorts mit den weißen Hibiskusblüten schon Zuhause angezogen. Die Klamotten stopfte ich dann in meinen Rucksack, welchen ich dann hinter der Kissenreihe unter dem Sonnensegel verstaute. Demon, der sich vor diesem hingelegt hatte, hob plötzlich den Kopf und wedelte mit dem Schwanz. Flink nahm ich ihn das Geschirr ab und schon war er aufgesprungen gewesen. Ich packte ihn am Halsband und ging neben ihn her. Wer weiß, was er wieder gerochen hatte. Ich wollte keinen Ärger haben, also ging ich lieber erst mal mit.
 

Weiter vorne am Strand wurde eine lange Tafel aufgestellt und mit allen möglichen Leckereien gefüllt. Früchte, Gemüse, Fleischspieße, Garnelen, Getränke in allen Farben, Pudding und Götterspeise. Alles was man sich erträumte. Sogar eine kleine Eistruhe mit Eis wurde aufgebaut. Doch diese Tafel hatte nicht das Interesse meines Hundes geweckt. In der Ferne konnte ich erkennen, wie zwei Personen auf diese Party zukamen. Einer davon war Lysander gewesen. Er wirkte seltsam. Sein Blick war gesenkt. Sein Gesicht war leicht blass gewesen und er wirkte noch zierlicher als bei unserem letzten Treffen. Er trug eine kurze beigefarbene Hose und ein grünes Ärmelloses Sweatshirt mit Kapuze. Neben ihn ging ein hochgewachsener Mann. Er hatte blondes, langes Haar, das hinten zu einem Zopf gemacht war. Links und rechts hing eine Haarsträhne heraus. Er wirkte ein wenig älter. Vielleicht 20, allerhöchstens 22 schätzte ich ihn. Demon holte mich aus den Gedanken, als er sich von mir losriss und bellend auf Lysander zu rannte. Dieser hob den Blick und ein Lächeln umspielte seine Züge, als er mich erblickte. Er kniete sich nieder und strich dem Tier leicht durch das Fell.

„Demon“, hauchte er. Das konnte ich bis zu mir sehen, wie seine Lippen diesen Namen formten. Er drückte den Kopf leicht rein und erhob sich dann, als ich näher kam.

„Castiel, wie schön dich zu sehen.“ Er lächelte mich leicht an. Der Fremde sah mich mit einem herablassenden Blick an.

„Ich freue mich auch, dich zu sehen und -“ Ich wollte weiter reden, aber er hob die Hand. Dann sah er zu dem Mann neben ihn.

„Noel, würdest du mich mit Castiel alleine lassen? Ich habe etwas mit ihm zu bereden, was ich gerne unter 4 Augen mit ihm besprechen will.“ Der Blick des Mannes verfinsterte sich.

„Wie du wünschst. Aber denk an meine Worte, Aschenvogel. Der Schein trügt manchmal.“ Dann ging er an uns vorbei. Als er etwas weg war, atmete der Silberhaarige durch und man sah, dass sich die Spannung von seinem Körper löste. Dann sah er mich an und lächelte.

„Wollen wir ein Stück gehen?“ Ich nickte und wir gingen ein Stück wieder zurück.

„Schön, dass du hier bist. Ich hätte nicht gedacht, dass Kentin und Rosalia es wahr machen und dich wirklich holen. Es freut mich aber sehr.“ Er lächelte nun wieder wie früher. Nur die Blässe verschwand nicht.

„Sag, wie geht es dir?“

„Sehr gut und dir? Du wirkst blass. Ich mache mir Sorgen um dich.“ Er wurde rot und schüttelte den Kopf.

„Ich hätte dir gerne noch ein paar Zettel gebracht, aber leider war ich verhindert.“ Er ging auf meine Frage nicht ein, was mich unsicher werden ließ. Vertraute er mir so wenig?

„Du warst verhindert? Ich habe echt gedacht, dass du nicht mehr geschrieben hast, weil ich nicht geantwortet habe.“ Ein Kopfschütteln und ein weiteres Lächeln.

„Ihr könnt doch nicht schreiben. Deswegen habe ich mit einer Antwort nicht gerechnet.“

„Sag mir bitte, was los war.“ Sein Blick ging zum Meer und er blieb stehen.

„Ich war krank gewesen. Hatte Pfeiffersches Drüsenfieber gehabt und war bis vor kurzem ans Bett gefesselt gewesen. Die Krankheit ist einige Tage nach unserer letzten Begegnung ausgebrochen. Ein Freund hat die Zettel für mich versteckt. Doch war es irgendwann so schlimm, dass ich keine Kraft hatte welche zu schreiben. Ich wollte dir keine Sorgen bereiten. Tut mir leid.“

„Dummkopf! Dafür musst du dich doch nicht entschuldigen. Wie geht es dir jetzt?“

„Ganz gut, ich bin froh, dass du da bist und es heitert mich mehr auf. Entschuldige, wie Noel dich behandelt hat.“

„Ach da stehe ich drüber. Ganz schön arroganter Kerl.“ Ich hatte meine Arme verschränkt und Lysander nickte mir zu.

„Er kämpft um meine Gunst. Schon seit Monaten. Lulu meint er wäre der beste Fang den ich haben könnte. Doch ich komme mit ihm nicht klar. Er ist ganz nett und so, aber er hat eine seltsame Art. Ich bin bei ihm immer total verkrampft.“

„Er kämpft um deine Gunst?“ Mein fragender Blick ließ seinen Blick senken.

„Er will mich heiraten.“ Bitte WAS?!



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