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I wish you'd stay

Ein Taito-Krimi
von

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Jeanskarma

Kapitel 3
 

Der Drehort war ein ziemlich exklusiv wirkender Laden des Labels "Pulse". Die Einrichtung wirkte sehr modern, wenn auch ein wenig abgehoben, aber auf eine angenehme Art und Weise. Die giftgrünen Wände dominierten das Erscheinungsbild des Geschäfts und lenkten fast ein bisschen zu stark von den Klamotten ab. Es gab ausschließlich Jeans... helle, dunkle, gemusterte, zerschnittene, bedruckte, bestückt mit jeder Menge Applikationen wie Ketten, Nieten und ähnlichem Kram. Erleichtert stellte Matt fest, dass das eine oder andere Modell tatsächlich seinen Geschmack traf. Die Vergangenheit hatte gezeigt, dass es vorteilhaft war, wenn man den Werbepartner nicht vollständig bescheuert fand.
 

"Stöber ruhig ein bisschen, Matt. Ich bin gleich wieder da." Brent wollte wohl noch etwas mit dem Geschäftsführer besprechen, oder mit den Angestellten. Kunden waren keine da, man hatte den Shop extra für ihren Besuch geschlossen. Mäßig motiviert widmete sich Matt dem dargebotenen Sortiment an Jeans und hoffte, dass Brent sich beeilte. Er war nicht unbedingt eine Shopping-Queen, ihm wurde beim Einkaufen einfach zu schnell langweilig.
 

*
 

Vielleicht hätte ich dem Chef vorhin besser zuhören sollen, schoss es Tai durch den Kopf als der wichtig wirkende Mann mit Zopf und feinem Anzug auf ihn zusteuerte. Zweifellos war ihm ein Detail entgangen, das den heutigen Tagesplan betraf. Er hatte den Laden um zwei für einen "exklusiven Gast" geschlossen, wie es auf der krakeligen Notiz vom Boss stand, aber den Rest konnte Tai leider nicht entziffern. War wohl sehr in Eile gewesen der Gute. Naja, auf jeden Fall war dieser Gast nun da - durch den Hintereingang reingeschlichen - ein blonder Typ mit Sonnenbrille und Lederjacke, und schaute sich die Ware an während Tai sich abwartend in der Mitte des Verkaufsraumes platziert hatte - nicht so ganz sicher, was von ihm erwartet wurde.

Der Anzugtyp, wahrscheinlich eine Art Manager oder Marketing-Chef, setzte ein geschäftmäßiges Lächeln auf und Tai sah, wie seine grauen Augen in Richtung des Namensschildes zuckten. "Herr Yagami, schönen guten Tag! Brent Cooper, wie geht's Ihnen? Ich würde Sie gern bitten, uns kurz mit der Location und den aktuellen Werbemodellen vertraut zu machen."
 

Mr. Cooper machte einen sehr freundlichen Eindruck aber sprach so schnell und mit einem starken amerikanischen Akzent, dass Tai einen Moment brauchte, um den Inhalt des Gesagten zu begreifen. Schließlich verbeugte er sich höflich. "Willkommen bei Pulse. Natürlich bin ich Ihnen gern behilflich." Tai setzte sein hilfbereites Verkäuferlächeln auf und folgte Mr. Cooper zu dem blonden Mann. Er gab sich Mühe, seriös und kompetent auszusehen. Dieser "exklusive Gast" war wichtig für den Chef, das hatte er deutlich gemacht. Trotzdem fragte er sich, worum genau es hier ging. Vielleicht war der blonde Typ Designer oder eine Art Sponsor?
 

*
 

Als Brent mit dem Verkäufer im Schlepptau zurückkam fiel Matt fast die Kinnlade herunter. Das Schicksal hatte wirklich einen seltsamen Humor. Wie sollte er sich jetzt verhalten? Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf.

"Matt, das ist Mr. Yagami, er zeigt dir alles und-" Das Klingeln von Brents Mobiltelefon unterbrach ihn. "Ach ihr schafft das auch ohne mich guys, sorry." Damit nahm er das Gespräch an und entfernte sich von den beiden, um in Ruhe sein Telefonat zu führen.

Tai hustete und lächelte ihn ein wenig unschlüssig an. "Freut mich, Sie kennen zu lernen." Yamatos Herz schlug bis zum Hals. Regungslos und sämtlicher Worte beraubt starrte er sein Gegenüber an.
 

*
 

Als der Blonde nicht auf ihn einging, fragte Tai sich fieberhaft, ob er irgendetwas Bestimmtes hätte tun sollen. Oh Mann, die Kündigung war ihm so gut wie sicher! Das peinliche Schweigen dröhnte in seinen Ohren. Sprach der VIP vielleicht gar kein Japanisch? Zu blöd, dass sein Englisch so schlecht war. Er versuchte, seine Unsicherheit mit einem Lächeln zu überspielen und räusperte sich während er nach den Resten seines Schulenglischs fahndete.
 

"Es ist... schön, dich wiederzusehen, Tai."
 

Sein Herz blieb stehen.
 

Die Stimme des anderen durchzuckte ihn wie ein Blitz. Mit geweiteten Augen stand er da und ein leichtes Schwindelgefühl ergriff ihn, als der Blonde die Sonnenbrille abnahm. Blaue Augen kamen zum Vorschein und lösten das Rätsel um seine Identität...
 

Das war zu viel. Er wollte sich irgendwo festhalten.... wusste nicht was er sagen, denken, fühlen sollte. Seine Gedanken drehten sich im Kreis, dass ihm schwindelig davon wurde. Er blickte in Matts Gesicht, das sich nur wenig verändert hatte... ein bisschen kantiger, erwachsener ja. Der Hauch eines Lächelns umspielte den Mund des Sängers. Tai war völlig überfordert damit, diese Situation zu definieren. Was war jetzt angemessen? Er konnte unmöglich in seiner neutralen Verkäuferrolle verharren.

Ein kleiner Teil von ihm wollte jubeln, Matt anspringen und umarmen. Ein anderer Teil wollte wütend auf ihn sein, ihn anschreien. Schließlich aber gewann eine seltsame Euphorie die Oberhand in ihm. Er spürte, dass seine Hände vor Aufregung zitterten. Er hatte unfassbar viel Glück, dass der Zufall sie nun zusammenführte! Nun konnte er das Problem seiner Vergangenheit endlich aus dem Weg räumen. Matt stand direkt vor ihm.

Aber – wie sollte er anfangen? Hallo Matt, ich bin beziehungsunfähig seit du mich damals sitzen gelassen hast, bitte hilf mir, indem du mir sagst, dass dir das mit uns rein gar nichts bedeutet hat und verschwinde dann wieder aus meinem Leben.
 

Ja, genau so.
 

"Ich.. wow,... also.", brabbelte er wenig intelligent. Wo sollte er nur anfangen? Er hatte so viel zu sagen. Wie viele Wochen hatte er damit verbracht, in seinem Innern Gespräche mit Matt zu führen? Aber irgendwie herrschte das reinste Chaos in seinem Kopf. Er nahm sich zusammen und versuchte es erneut. "Das ist..eine ziemliche Überraschung."
 

Das Lächeln auf dem Gesicht seines ehemals besten Freundes flackerte wieder auf. Ein warmer Schauer rauschte über Tais Rücken.
 

"Ja, für mich auch."
 

*
 

Dieses Gespräch fühlte sich so unwirklich an. Jahrelang hatte Funkstille geherrscht und plötzlich standen sie sich gegenüber, nach sieben Jahren... es war so viel passiert. Schuldgefühle ergriffen ihn, als er in die braunen Augen schaute. Es hätte nicht so weit kommen dürfen. Er hatte ihre Freundschaft damals sterben lassen, er hatte den ersten Schritt auf den Abgrund zu gemacht, hatte sie beide hinabgestürzt, ohne Rücksicht auf Verluste alles zerstört für... was auch immer. Dann war er fort gegangen um seinen Traum von der Musik zu verwirklichen, das kam genau richtig, was hätte ihn denn auch in Japan gehalten? Die Trümmer ihrer Freundschaft? Er hatte nicht den Mut und die Kraft gehabt, jeden Tag wieder in Tais Gesicht zu sehen, seine Stimme zu hören und so zu tun, als wäre nichts gewesen. Sie hätten nicht mehr zurück gehen können. Er war schuld. Und jetzt lächelte Tai ihn an? Vergeben und vergessen?
 

Er wollte sich entschuldigen, sagen, dass es ihm leid tat, dass er ihre Freunschaft vermisste, wollte auf Tai zugehen und ihn umarmen. Aber er tat nichts von all dem. Er war nach wie vor ein Egoist und ein Feigling. Was sollte eine Entschuldigung nach sieben Jahren denn bitte bringen? Sein Gewissen erleichtern? Tai schien die Sache abgehakt zu haben, er sollte nicht wieder darin herumwühlen... Er konnte die Vergangenheit nicht ändern. Wahrscheinlich würde es Tai nur wütend machen, irgendwelche Ausreden anzuhören. Aber vielleicht...
 

"Ihr steht ja immernoch hier rum!"
 

Matt zuckte zusammen, hatte den Ort, den Grund seiner Anwesenheit und seinen Manager bereits vollkommen vergessen.
 

Brent blickte zwischen ihren Gesichtern hin und her und schien die merkwürdige Atmosphäre zwischen den beiden sofort zu spüren. "Everything okay with you, Matt? Gibt es Schwierigkeiten, soll ich-"
 

"Alles okay Brent.", fuhr er dazwischen bevor Brent seinen Satz beenden konnte. Er wusste, wohin das sonst führte. Brent war eigentlich ein lockerer Typ, aber wenn es um Fremde ging, neigte er zur Übertreibung. Einmal hatte er einen Stylisten gefeuert, weil er Yamato versehentlich mit einer Sicherheitsnadel gestochen hatte. Er beschloss, die Sache lieber aufzuklären bevor Brent Misstrauen gegenüber Tai entwickelte.
 

"Taichi ist zufällig ein alter Schulfreund von mir, das ist alles."
 

Brents skeptische Miene wechselte sofort zu überfreundlich und ein erneuter Redeschwall brach aus ihm heraus. "So ist das also, long time no see, was? Ihr könnte nachher über die alten Zeiten reden, aber bitte lass dir vorher die Modelle zeigen, die du tragen sollst, Matt. Ich will nicht, dass sie beim Dreh dann zu groß sind oder so! Am besten ihr nehmt nochmal Maß! Leider muss ich los, da ist noch eine andere Sache. Ich lasse dir Georg da. I'll call you later. Hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen Mr. Yagami, wir sehen uns dann zum Dreh! Bye!"
 

*
 

Tai zog eine Augenbraue hoch. Der Typ war ja noch aufgedrehter als er selbst an seinen besten Tagen. Aber Mr. Cooper schien es damit weit gebracht zu haben, das war... beruhigend. Sein Blick wanderter von der Hintertür, durch die der Manager gerade gerauscht war, zurück zu Matt. Dreh? Modelle tragen? Maß nehmen? ...
 

"Man du hast es echt weit gebracht... Sänger UND Model."
 

Matt schüttelte energisch den Kopf. "Fang du jetzt nicht auch noch damit an."
 

"Womit?"
 

"Ach egal! Erzähl mir lieber, wie es dir geht und was du die ganzen Jahre getrieben hast!" Der Blonde hatte sich lässig gegen die Wand gelehnt, die Hände in den Hosentaschen und schaute ihn aufrichtig interessiert an. Das war kein Höflichkeitstheater. War er nicht wegen etwas ganz anderem hergekommen? Was sollte er davon halten? Matt stand da und wollte scheinbar die "guten alten Zeiten" wieder aufleben lassen, als sei nichts gewesen. Einen Augenblick lang dachte Tai an Masao. Er musste die Gelegenheit ergreifen um mit Matt ein klärendes Gespräch zu führen bevor er wieder verschwand.
 

"Ich habe die Schule beendet und gejobbt. Ich spiele immernoch Fußball, inzwischen in der Regionalliga, naja." Er zuckte mit den Schultern als er realisierte, wie lächerlich dieser kleine Erfolg in den Ohren eines internationalen Musikstars klingen musste. Für Tai war der damalige Aufstieg in die Liga ein Wahnsinnsereignis gewesen, inzwischen gab es sogar einige Stimmen, die ihm in Kürze eine Karriere in der Nationalmannschaft voraussagten, aber das hielt er für unwahrscheinlich.
 

Überrascht bemerkte er das breite Grinsen auf dem Gesicht des Sängers. "Das ist doch super! Sicher schaffst du es noch in die Nationalmannschaft! Ich freu mich für dich!" Tai kratzte sich etwas verlegen am Hinterkopf. "Danke." Verdammt wie sollte er nur anfangen?!
 

Als das Gespräch nun ein paar Sekunden stagnierte, stieß sich der Blonde von der Wand ab und musterte die Regale vor denen Tai stand. "Also, wir sollten uns um diese Werbesache kümmern."
 

Tai seufzte innerlich. Hatte er wirklich erwartet, dass sie jetzt ihre Probleme von damals klären würden? Wahrscheinlich war das für Matt gar keine so große Sache mehr, vielleicht hatte er es gar vergessen? Der Gedanke schmerzte ihn. Nein, so war Matt nicht. Zumindest nicht der Matt, den er früher seinen besten Freund genannt hatte. Dieser Matt hier war ein Star, ein Promi und ein Geschäftsmann. Und das hier war einer seiner Geschäftstermine. Ein Eintrag in seinem Terminkalender. Aber... hatte Kari nicht erzählt, dass Yamato sein Elternhaus besucht hatte?
 

"Tai?"

Er zuckte zusammen. "Ähm, ja, aber.. kannst du mir vielleicht nochmal genau erklären, um was es dabei geht? Mein Chef hat sich da nicht so deutlich ausgedrückt."
 

"Ich soll in einem Pulse-Werbespot die neuen Jeansmodelle tragen. Brent will unbedingt, dass ich mir die Teile vorher angucke, na du hast ihn ja gehört. Zeig mir einfach, welche es sind, für mich sieht hier alles gleich aus."
 

Ein Werbespot also, kein Musikvideo. Tai nickte und bedeutete Matt, dass er ihm folgen sollte. Sie gingen zu einem der riesigen Schaufenster in dem dürre Puppen die hochpreisige Kollektion präsentierten. "Das hier sind die neusten..." Tai blieb vor dem Regal stehen und musterte seinen Kunden fachmännisch von der Hüfte abwärts. Welche Größe würde Yamato passen? Sein momentanes Outfit saß lässig, ließ aber klar erkennen, dass der Sänger eine schlanke Figur ohne überflüssige Fettpolster hatte. Wahrscheinlich kam er bei seinem stressigen Job kaum zum Essen... und stundenlange Konzerte stellte Tai sich körperlich durchaus anstrengend vor.. anders als Fußball zwar, aber man brauchte bestimmt eine gute Kondition für die ganze Singerei.
 

Yamato betrachtete die zusammengelegten Jeans kritisch, zog eine aus dem Stapel heraus, faltete sie auseinander, spähte nur kurz auf das Schild mit den Maßen und hielt sie sich prüfend an. Die Länge stimmte immerhin. "Welche Größe hast du?", fragte Tai schließlich. Matt war ja keine reiche Teenagerin, die zerschmolz, wenn er ihr absichtlich eine kleinere Konfektionsgröße andichtete, als sie trug.
 

Der Sänger machte ein nachdenkliches Gesicht. "Keine Ahnung."
 

Wahrscheinlich kauften normalerweise irgendwelche Angestellten Klamotten für ihn ein. Erneut belehrte ihn seine innere Stimme. Dein Freund Matt ist jetzt ein Star.
 

"Ich probier einfach mal, dann werden wir ja sehen." Der Blonde verschwand in eine der Umkleidekabinen an der Wand neben ihnen. Tai sah ihm nach, hörte das leichte Rascheln des Stoffs. Es war merkwürdig. Jetzt stand Matt hinter dem Vorhang und zog sich um. Tai kniff die Augen zusammen. Es war sinnlos, gegen die Bilder zu kämpfen, die bei dem Gedanken durch seinen Kopf rauschten. Der Film lief vor seinem inneren Auge ab, schwarzer Jeansstoff, helle Haut, Zittern, Herzklopfen, Keuchen. Er fühlte sich schlecht.
 

Matt schob den Vorhang beiseite und trat heraus. "Was sagt der Jeansverkäufer dazu?" Tai schob die Gedanken von sich und blickte Matt an, der sein Shirt mit den Händen leicht heraufgezogen hatte um ihm die Jeans gänzlich vorzuführen. Wie konnte jemand einfach nur in den Stapel greifen und genau die Hose greifen, die wie angegossen saß? Er selber brauchte Ewigkeiten, wenn er denn mal eine neue Jeans kaufte und er KANNTE seine Größe im Gegensatz zu dem Sänger.
 

Der Bund umarmte seine schmalen Hüften, die Taschen saßen wo sie sollten, die Jeans wirkte wie auf seinen Leib geschneidert. Yamato drehte sich vor dem Spiegel, um sich selber zu betrachten und Tai starrte unverblümt auf seinen Hintern. Unfassbar. Das war ja nicht mehr normal, er hatte stundenlang Kunden beraten, aber selten solche Ergebnisse erzielt! Eindeutig übernatürlich. Jeans-Karma... oder so. Er schüttelte den Kopf.
 

"Der Jeansverkäufer sagt dazu, dass wir nichts nachmessen brauchen."
 

Dieser Werbespot würde für einen Ansturm von epischem Ausmaß sorgen, so viel stand fest. Er hörte Matt erleichtert ausatmen.
 

"Umso besser." Matt zog den Vorhang erneut hinter sich zu, wieder raschelte es so verboten aber diesmal blickte Tai aus dem Schaufenster hinter ihnen, vor dem einige Passanten stehen geblieben waren. War ja klar, dass sich sowas schnell herumsprach. Ein breitschultriger Riese trieb die Zuschauer zum Weitergehen an wie ein Schäferhund seine Schafsherde. Security. Tai ließ die Schultern hängen. Matt stand vielleicht zwei Meter entfernt von ihm aber eigentlich war er auf einem anderen Planeten. Er fuhr sich durchs Haar. Es war sinnlos, dieses Gespräch führen zu wollen, oder? Gleich würden sich ihre Wege trennen. Dieses Mal wahrscheinlich für immer. Sein Hals zog sich zusammen.
 

*
 

Das Pflichtprogramm war erfüllt und würde Brent hoffentlich zufrieden stellen. Er schob den Vorhang zurück und trat mit der halb zusammengelegten Jeans über dem Arm wieder in den Verkaufsraum. Er übergab Tai das Kleidungsstück. "Schreib's einfach auf und gib es an deinen Chef weiter." Er hatte jetzt keinen Nerv für Anprobieren oder gar Maßnehmen. Das war unter normalen Umständen schon nicht sein Fall und im Moment stand er ein bisschen neben sich. Seine Gedanken kreisten um Tai. Da war er, der Freund nach dem er sich sehnte, das offene Ohr, das ihm zuhörte, das Lächeln, das ihn aufbaute und die Freude, die ihn mitriss.
 

Aber so einfach war es nicht. Oder?
 

Ein paar Sekunden lang standen sie sich schweigend gegenüber und die Gedanken rasten unaufhörlich durch seinen Kopf. Eine sanfte Stimme in seinem Kopf wollte die alte Freundschaft zurück und flüsterte ihm unaufhörlich zu, was er sagen sollte. Tai, es tut mir leid, wie es damals gelaufen ist... lass uns nochmal von vorn anfangen, ja?
 

Ein zitroniger Geruch schlich sich in seine Nase.... Bergamotte. Tai hatte schon immer gut gerochen. Die Note beschwor Bilder in seinem Kopf herauf, Erinnerungen. Fatal.
 

"Also..", begann er. Verdammt, wieso war das so schwierig? Er gab Interviews vor Millionen von Zuschauern aber er schaffte es nicht, eine einfache Entschuldigung in Gegenwart seines ehemals besten Freundes auszusprechen. Was bist du doch für ein Loser, Ishida.
 

"Ich werde dich dann nicht weiter von der Arbeit abhalten." Die sanfte Stimme seufzte tief und gab auf. Noch ein flüchtiger Blick in die braunen Augen. Tai lächelte, aber es sah anders aus als das alte Tai-Lächeln von früher.
 

***
 

Durchs Schaufenster konnte er sehen, wie Yamato in ein Auto einstieg und davonfuhr. Jetzt stand er ganz allein in dem riesigen Geschäft mit leblosen Schaufensterpuppen und fühlte sich seltsam traurig. Er atmete tief ein und aus und ordnete das Wirrwarr in seinem Kopf. Jetzt hatte er doch wieder zugelassen, dass Matt ging. "Mist!", schimpfte er und verlieh seinem Gefühl mit einem leichten Tritt gegen das nächstgelegene Warenregal Ausdruck. Er hatte es nicht geschafft, die Chance, die das Schicksal ihm auf einem goldenen Tablett serviert hatte, wahrzunehmen. Nein, stattdessen hatte sich seine Situation eher verschlimmert, zumindest fühlte es sich so an. Mit einem Schlag war Matt wieder ein Teil seines Lebens und er war wehrlos dagegen... dabei hatte er jahrelang daran gearbeitet, die Erinnerung an ihn zu vedrängen. Tja, soviel dazu. Er brauchte wahrscheinlich professionelle Hilfe dafür... einen guten Psychiater. Er kam sich so bescheuert vor.
 

Was nun?
 

Plötzlich schoss ihm der Grund von Yamatos Auftauchen wieder durch den Kopf. Werbedreh... genau. Vielleicht ergab sich dadurch tatsächlich nochmal die Chance, mit ihm zu reden. Obwohl... da würden sie bestimmt nicht wieder so ungestört sein mit irgendwelchen Werbeleuten und allem drum und dran... falls man Tai überhaupt erlauben würde, dabei zu sein. Verdammt die Gelegenheit war doch perfekt gewesen! Er widerstand dem Drang, seinen Kopf gegen eine Wand zu schlagen nur schwerlich.
 

Noch einige Minuten stand er in seine Gedanken versunken an der Stelle vor den Umkleidekabinen bis ihn ein elektronisches Piepen in die Wirklichkeit zurück holte. Irritiert schaute er sich um und versuchte, das Geräusch zu orten. Schließlich schob er den Vorhang der Kabine neben sich zur Seite und spähte hinein. Auf dem weißen Teppichboden lag ein Mobiltelefon dessen Display aufleuchtete. Mit ungläubigem Blick hob Tai es auf. Auf dem Bildschirm stand "ein unbeantworteter Anruf von Sam". Ohne darüber nachzudenken drückte Tai eine der Tasten und die Botschaft verschwand. Auf dem Display erschien nun das Bild eines blauen Wolfs und der Schriftzug "Teenage Wolves". War das Matts Telefon? Es musste beim Umziehen aus seiner Hosentasche gerutscht sein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2013-04-24T15:19:32+00:00 24.04.2013 17:19
Oh je oh je, da haben sich unsere beiden Süßen also wirklich wiedergesehen.
Ich fands ziemlich witzig wie Tai ihn einfach mal gar nicht erkannt hat und sich nru so dachte "Hi, irgendein Blonder."-mäßig. Ist aber glaube ich auch verständlich. Wer würde schon damit rechnen? :P
Es ist auch meiner Meinung nach ziemlich amüsant, dass die beiden eigentlich miteinander reden wollten, aber beide denken, dass es dem anderen irgendwie doch ziemlich egal ist und sie so alle beide still waren.. Schade eigentlich,aber so wäre das ganze ja eh viel zu schnell aufgeklärt worden. :P Ein bisschen Spannung muss sein.

Uuuuuuuuuuund Matt hat sein Handy vergessen, hoffentlich denken die anderen jetzt nicht, dass Tai es ihm geklaut hat. Dem Super-Star Matt. ;) Komische Vorstellung. Er hat Security und alles, das schon heftig. er muss ja RICHTIG berümt sein :O

Bin echt gespannt wies weiter geht und freu mich auf's nächste Kapitel! :)

Ginnie


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