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Hunters

Die Erinnerungen des alten Silver
von

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Kapitel Vierzehn

~Kapitel Vierzehn~

Gemütlich schlenderte dir Gruppe durch den Wald. Es war früher Nachmittag und die Sonne schien durch die Blätter. Hier und da wagten sich die ersten Waldbewohner aus ihren Verstecken heraus, ergriffen aber schnell wieder die Flucht. Zoran war Gedankenversunken. Vier Tage waren vergangen, seit Blake die Seewassernymphe besiegt hatte. Etwas stimmte an der Geschichte nicht. Ein normaler Mensch wäre nicht dazu im Stande gewesen, diesen mächtigen Zauber zu durchbrechen. Und wie war er mit dem schweren Schwert und dem dicken Ledermantel bloß aus dem Wasser gekommen? War Blake vielleicht gar kein Mensch? Abermals begutachtete Zoran seinen jüngsten Begleiter. Er wirkte viel zu schmächtig für sein Auftreten. Und etwas unmenschliches konnte er nicht an ihm erkennen. Keine besonderes, äußeres Merkmal. Das Einzige, was Zoran hin und wieder erschaudern ließ, waren seine kalten, schwarzen Augen. Sie wirkten fast wie Glasperlen. Keine Wärme war darin zu finden.

Er lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Anderen, denn immer über Blake nachzudenken machte ihn irgendwie nervös. Hinter ihm liefen Sharon und Callum, welcher die abenteuerlichsten Anekdoten aus seinem Leben zum Besten gab und in Sharon eine begeisterte Zuhörerin fand. Zoran konnte sich von Tag zu Tag besser mit ihm abfinden. Er brachte frischen Wind in die Gruppe und seine Jagdfähigkeiten hatten ihnen schon das ein oder andere Mal ein gutes Abendessen beschert. Doch je lauter es hinter ihm wurde, desto Stiller wurde es zu seiner linken. Seit nunmehr zwei Tagen hatte Fay kaum ein Wort gesprochen. Sie wirkte nervös und aufgeregt. Immer wieder lief sie voraus und begutachtete den Weg. Zoran begann allmählich sich um sie zu Sorgen. »Fay?« Wortlos schaute sie kurz zu ihm auf, dann blickte sie wieder auf den Weg. »Alles in Ordnung?« Sie nickte. »Ja, alles bestens.« »Du wirkst aber ganz und gar nicht so. Ist etwas passiert?« Ein Seufzer. »Nein. Alles bestens.« So ruhig und in sich gekehrt hatte Zoran sie noch nie gesehen. Doch trotz seiner Sorgen beschloss er, sie in Ruhe zu lassen.

Als die Sonne unterging kamen sie an eine kleine Weggabelung. »Wo lang?« fragte Zoran Callum. »Der schnellste Weg in die Stadt führt nach rechts. Wir sollten morgen Abend dort sein.« »Na dann mal los.« Entschlossen liefen sie in die Richtung, die Callum ihnen empfohlen hatte. Nach einigen Metern jedoch bemerkte Zoran, dass jemand fehlte. Fay stand noch an der Weggabelung und schaute den Pfad nach links hinunter. »Was ist los? Wir wollen weiter.« Callum, Sharon und Blake blieben ebenfalls stehen. »Was ist los, Antika? Willst du da Wurzeln schlagen?« Nervös schaute Fay sich um, dann sprach sie zu den Anderen. »Hört mal, ich hab was wichtiges zu erledigen. Wir treffen uns in zwei Tagen Mittags am Südtor der Stadt, in Ordnung?« Keiner sagte etwas. Zögernd ergriff Zoran das Wort. »Du kommst alleine klar?« Dann kam wieder Fay's ansteckendes Lächeln zum Vorschein und sie zwinkerte ihm zu. »Ich bin zehn Jahre alleine klar gekommen.« Zoran nickte. »Gut, dann sehen wir uns in zwei Tagen.« Ohne ein weiteres Wort spurtete Fay den Pfad nach links hinunter und verschwand im Schatten des Waldes. Wortlos ging Zoran wieder weiter. »Warte mal, Großer, du willst sie einfach gehen lassen?« »Was spricht dagegen?« Entsetzt starrte Callum ihn an. »Was dagegen spricht? Du kannst doch nicht einfach so eine junge Frau Nachts alleine durch die Gegend schicken. Es ist noch immer Winter, da draußen wimmelt es nur so von wilden Bestien. Und von Soldaten mal ganz schweigen!« Zoran seufzte genervt. »Du hast doch gehört, die hat es die letzten zehn Jahre auch alleine hinbekommen, das schafft sie schon.« »Aber...« Zoran blieb stehen und schaute Callum fest in die Augen. »Vertrau ihr einfach.« Damit war für Zoran das letzte Wort zu dem Thema gesprochen.
 

Jedoch nicht für Blake. Angewidert starrte er zwischen die Bäume, zwischen denen Fay soeben verschwunden war. Er wusste, wohin dieser Weg führte. Wenn man dem Pfad nur lang genug folgte, landete man zwangsläufig irgendwann vor dem berühmten roten Felsweg, der zum schwarzen Kristallschloss führte. Kayt's Festung. Blake glaubte nicht daran, dass Fay in zwei Tagen in der Stadt sein würde, als wäre nichts weiter dabei. Vielmehr glaubte er daran, dass Fay sich auf dem Weg zu ihrem ach so tollen General befand. Ob sie sie verraten würde? Immerhin war sie keine Gesuchte. Blake traute ihr nicht, Für ihn war sicher, dass Fay's Blut genauso verräterisch war, wie das von Kayt.

Er beobachtete die Anderen aus den Augenwinkeln. Zoran ging stur geradeaus. Für ihn war Fay so was wie sein kleines Engelchen, wie Blake sie sarkastisch in seinen Gedanken betitelte. Er würde ihm niemals glauben, dass sie eine Verräterin sein könnte. Kurz wandelten Blakes Augen zu Sharon, die immer noch versuchte, sich auf das geschehene einen Reim zu machen. Als letztes musterte Blake den Banditen. Nur zu gerne würde er einen seiner Dolche zücken und den Kerl von seinem arroganten Dasein erlösen. Er konnte den Kerl einfach nicht leiden. Dieser Callum war von der Sorte Mensch, die Blake durch ihre bloße Anwesenheit den letzten Nerv raubten. Mal ganz abgesehen davon, dass er ihm die Sache mit dem tritt in der Mine noch immer nicht verziehen hatte. Callum schien von Blakes herabwürdigenden Blicken nicht das Geringste zu bemerken. Sein Blick ruhte ebenfalls zwischen den Bäumen. Er wirkte besorgt.

Es war bereits mitten in der Nacht als die Vier beschlossen, ein Lagerfeuer zu machen. Callum suchte im Dickicht nach Feuerholz. Zoran hatte es sich bereits, wie üblich, auf einem Baumstamm gemütlich gemacht. Blake saß gelangweilt an einem Baum und schärfte seine Dolche. Amüsiert beobachtete er, wie Callum angestrengt versuchte, das leicht modrige Holz anzuzünden. Nach etwas mehr als zehn Minuten gelang es ihm letztendlich.

Das Feuer prasselte und spendete ihnen Wärme. Callum und Sharon schliefen bereits. Blake schaute zu Zoran hinauf. Etwas stimmte nicht. Er saß kerzengerade auf dem Baumstamm, sein Blick starr geradeaus gerichtet. Dann sah er kurz Blake an. Er deutete ihm zu schweigen und zeigte zwischen die Bäume. Hatte Fay etwa Soldaten angetroffen und ihnen ihren ungefähren Standort verraten? Nein, eher nicht. Soldaten hätten sie längst gehört. Ein rascheln war zu vernehmen. Es wurde immer lauter. Selbst Callum wurde davon wach. Auch er machte sich bereit, einen Pfeil zu schießen. Doch als sie sahen, was dieses Geräusch verursachte, blieben sie verdattert und ungerührt auf ihren Plätzen. Ein junger Mann lief an ihrem Lagerfeuer vorbei. Nackt. Splitternackt. »E-Emilio?« platzte es aus Callum heraus. »Du kennst den Exhibitionisten? Wieso wundert mich das nicht?« »Hey, Emilio! Warte!« Der Nackte war einfach an ihnen vorbei gegangen. Auf Callums ruf blieb er stehen und drehte sich um. »Oh. Hallo Callum.« sagte er tonlos. »Was machst du hier? Und warum bist du nackt?« Sharon war von dem Krach aufgewacht. Als sie den nackten Mann erblickte stieg ihr die Schamesröte schlagartig ins Gesicht und sie hielt sich die Augen zu. »Warum steht da ein nackter Mann am Feuer?« Zoran sprang von seinem Ast herunter. »Frierst du denn gar nicht?« Der besagte Emilio zuckte mit den Schultern. Blake schaute an ihm herab. »Klar friert er, sieht man doch.« »BEI ALLEN GÖTTERN!« Sharon hatte sich nun komplett abgewandt und hielt sich die Ohren zu. »Willst du dir nicht vielleicht erst einmal was anziehen?« »Ich hab nichts.« Callum kramte in seiner Tasche. »Ich hab was. Hier! Und bitte, mach hin. Dein Anblick ist nicht gerade feierlich!.«

Wenig später saßen sie alle hellwach um das Feuer. Emilio starrte wortlos in die Flammen. Er trug jetzt eine braune Lederhose, einen Pullover aus feinem, blauen Stoff und ein paar alte Stiefel. »Sag mal, wie kam es zu deiner... Situation?« fragte Zoran vorsichtig. »Räuber.« »Hast du dich gar nicht verteidigt?« »Wozu? Ist doch egal. Der Kram hat mir eh nichts bedeutet.« Blake amüsierte sich innerlich köstlich über diesen seltsamen Typen. Irgendwas stimmte nicht mit ihm. Er versuchte, der Sache auf den Zahn zu fühlen. »Was genau ist eigentlich los mit dir? Wenn mich so ein paar Räuber ausgeraubt hätten, wären sie bereits einen Kopf kürzer.« Aus den Augenwinkeln konnte er beobachten, wie Callum dreckig grinste. »Du kommst auch noch dran!« Callum ignorierte das. »Na ja, wie soll ich sagen, das mit Emilio ist eine lange Geschichte. Willst du sie erzählen?« »Mach du. Hab keine Lust.« Callum räusperte sich. »Ihr müsst wissen, Emilio kommt aus einer langen, traditionsreichen Linie von Schwarzmagiern.« Die anderen wurden hellhörig. »Nun ja, eines Tages hat Emilio sich verliebt. In... wie hieß sie gleich?« »Linda.« »Ach ja, genau. Jedenfalls war Emilio ganz versessen auf das Mädchen. Nur war diese an jemand Anderem interessiert.« »An dir.« Callum räusperte sich. »Das tut nichts zur Sache.« »Du hast sie ausgenutzt.« »Wie gesagt, das tut nichts zur Sache...« »Sie hat sich die Augen ausgeheult.« »Himmel noch eins, da war ich Neunzehn! Kann ich endlich fortfahren?« Blake hatte diesen komischen Kerl jetzt schon in sein Herz geschlossen. »Jedenfalls hat Emilio einen Dämon heraufbeschworen. Und einen Pakt mit ihm geschlossen. Ihm sollte das Herz seiner Angebeteten gehören und der Dämon durfte dafür etwas von Emilio einfordern.« Zoran meldete sich zu Wort. »Lass mich raten: er hat es nicht hinterfragt?« Callum schüttelte den Kopf. »Nein, hat er nicht. Das Mädchen war ihm hoffnungslos verfallen. Aber der Dämon hat sich Emilios Gefühle und Emotionen zu eigen gemacht. Er kann nicht mehr lieben. Oder traurig sein. Oder hassen. Ich könnte diese Liste jetzt endlos fortführen.« »Könntest du nicht. Die Anzahl von verschiedenen Gefühlen ist hoch, aber begrenzt.« Scheinbar teilnahmslos kommentierte der Magier seine, wie Blake fand, doch recht tragische Geschichte. Er selbst hielt nichts von Gefühlsduseleien, aber so ganz ohne Gefühle leben? Das bedeutete auch, nicht zu hassen oder sich zu fürchten. Nicht, dass Blake sich vor allzu vielen Dingen fürchtete. Aber die Angst ist ein guter Trainer und ermahnt einen stets zur Vorsicht. Blake begutachtete den Schwarzmagier. Er war kleiner als Zoran und Callum, dünn und wirkte ausgemerzt. Seine Haut hatte im Schein des Feuers einen gräulichen Ton. Sein leuchtend blondes, kurzes Haar war nach hinten gekämmt. Er sah nicht aus wie ein typischer Schwarzmagier. Nur das kräftige Silber seiner Augen verriet ihn. Alle, die diese Kräfte im Laufe ihres Lebens erarbeiteten, hatten diese dunklen, silbernen Augen. Vorsichtig meldete sich die Prinzessin zu Wort. »Entschuldige Mal, aber gibt es einen unterschied zwischen einem Magier und einem Schwarzmagier?« Genervt verdrehte Blake die Augen. Die Dummheit der Prinzessin erreichte jeden Tag einen neuen Höhepunkt. Wieder einmal war es Zoran, der sich aufopferte. »Es gibt drei Arten von Magiern: Normale Magier, Schwarzmagier und Weißmagier. Normale Magier Verwenden ihre Kräfte dazu, in die Zukunft zu sehen oder Gegenstände schweben zu lassen oder weiß der Kuckuck was noch. Es sind nur kleine Tricks und Spielereien. Im Laufe seines Lebens hat ein Magier dann die Möglichkeit, sich auf die weiße Magie oder schwarze Magie zu spezialisieren. Weiße Magie dient dem Schutz der Menschen. Damit kann man Menschen heilen, sie stärken oder schützen. Schwarze Magie den dem Angriff. Sie beinhaltet, die vier Grundelemente in einem Kampf für sich zu nutzen. Also Feuer, Wasser, Eis und Blitz. Richtig soweit?« Emilio nickte. »Und, warum sollte man sich für die schwarze Magie entscheiden?« fragte sie in die Runde. Emilio sah ihr in die Augen. »Weil man mit weißer Magie nicht töten kann.« Wenn es nicht so peinlich gewesen wäre, hätte Blake ihn für diese Antwort am liebsten Umarmt. Endlich mal jemand der die Welt nicht schön redet! Als er Sharons erschrockenen Gesichtsausdruck sah, winkte Zoran schnell ab. »Keine Sorge, Schwarzmagier sind bei weitem nicht so schlecht, wie ihr Ruf. So wie bei Fay.« Callum nickte. »Stimmt, auf dieser Welt gibt es nur einen Antika, den man fürchten sollte.« Blake staunte. Das erste, und wohl auch das letzte Mal, waren die Beiden derselben Meinung. Zoran starrte Callum böse an. »Bist du irre, das einfach so zu erzählen?« »Ach was, das interessiert ihn eh nicht. So wie alles. Wie denn auch?« Unbeeindruckt meldete sich Emilio zu Wort. »Hab heute einen Antika gesehen.« Alle Augen waren nun auf ihn gerichtet? Zoran wollte es genauer wissen. »Einen Antika? Wo? Wann?« »Vor etwa drei Stunden. Ein Mädchen. Lange schwarze Haare, schwarzer Umhang. Blasse Haut.« »Das war Fay, unsere Begleiterin. Wir treffen sie in der nächsten Stadt wieder.« Blakes Interesse war geweckt. »Woran genau hast du denn erkannt, dass sie eine von denen ist? Ihr komisches Stigma versteckt sie doch die meiste Zeit.« Emilio zeigte auf seine Augen. »Hab da so einen Blick für.« Mehr Erklärung bekamen sie von ihm nicht. »Scheint egoistisch zu sein, eure Begleiterin.« Für diese Aussage erntete er böse Blicke von Zoran und Callum. »Fay? Egoistisch? Niemals!« »Ihr schlaft hier draußen im Wald und sie in einem Gasthaus. Weckt so etwas normalerweise nicht Ärger in den Menschen? Oder Neid?« Blake kochte innerlich vor Zorn. Na warte, die würde er sich vorknöpfen. »Wo ist das Gasthaus?« fragte er so ruhig er konnte. Emilio deutete zwischen die Bäume. »Immer geradeaus. Zwei Stunden von hier.« Mehr brauchte Blake nicht zu wissen. Er sprang auf und stapfte in die Richtung, in die Emilio gedeutet hatte. Sharon rief ihm hinterher. »Hey, warte doch! Ich will auch im Gasthaus übernachten!« »Hey Blake, bleib stehen!« rief Zoran ihm hinterher. »Vergiss es, dieses kleine Biest hat nichts wichtiges zu erledigen. Die will sich einfach nur mal eine Auszeit gönnen! Wahrscheinlich lacht sie sich gerade eins ins Fäustchen. Aber nicht mit mir!« »Dafür gibt es sicher eine logische Erklärung.« »Und welche bitte?« Nachdem nach fünf Sekunden keine Antwort zu hören war, fühlte Blake sich nur noch bestärkter. Und ohne ein weiteres Wort machte er sich auf den Weg.

Emilio behielt recht. Nach knapp zwei Stunden kam er bei einem Gasthaus an. Der Morgen dämmerte bereits und in den Fenstern waren Lichter zu sehen. Er schaute sich um. Die Anderen hatten es noch nicht geschafft, ihn einzuholen. Ihm blieb noch Zeit um sich in aller Ruhe umzusehen. Vorsichtig schlich auf das Gasthaus zu und hielt sich geduckt unter einem Fenster. Dann spähte er unauffällig durch die Scheibe. Vor sich sah er den Speisesaal. Eine Theke stand an der Wand, gefüllt mit allerlei Flaschen, vermutlich Wein. Mehrere kleine Tischgruppen standen im Raum verteilt. Es war ein sehr kleines, abgelegenes Gasthaus. Plötzlich sah er ein Licht vom Flur durch die Tür scheinen. Er wollte gerade seinen Hals recken um besser sehen zu können, da packte ihn jemand an der Schulter und drückte ihn zu Boden. »Bist du irre?« zischte Zoran ihm wütend zu. »Was soll denn das?« Angewidert schlug er Zorans Arm weg. »Ist es dir egal, dass sie uns gelinkt hat?« »Und wenn schon, was geht es dich an?« Blake wollte antworten, doch Zoran deutete ihm zu Schweigen. Die Wirtin des Hauses, eine kleine, ältere, rundliche Frau, betrat den Speisesaal. Dicht gefolgt von einer gut gelaunten Fay. Offensichtlich gut ausgeruht streckte sie sich. Dann gab die der Wirtin einen dicken Kuss auf die Wange. »Siehst du, Blake? Sie hat nur Freunde besucht.« »Und kann uns nicht mitnehmen?« »Die verschleppte Prinzessin, ihre Entführer und einen gesuchten Räuber?« »Hast du gesehen, wie freundschaftlich die miteinander umgehen? Eine einfache Erklärung von Fay hätte gereicht!« Zoran antwortete nicht mehr. »Was ist hier los?« Keuchend hockten sich Callum und Sharon dazu. Emilio schlenderte gemütlich hinter ihnen her. »Seid gefälligst ruhig!« »Was ist da drinnen los?« wollte Sharon wissen. Neugierig lugten sie durch das Fenster. Fay blickte sich nervös um. Dann nahm sie eine Kerze und ging hinter die Theke, duckte sich... und verschwand. »Wo ist sie hin?« »Vermutlich durch eine Bodenklappe in den Keller.« Blake fühlte sich mehr als bestätigt. »Habt ihr gesehen, wie sie sich umgeschaut hat? Irgendwas plant die!« Sharon kratzte sich fragen am Kopf. »Es wirkt schon irgendwie verdächtig.« Callum und Zoran blickten sich stumm an. Man konnte ihnen ansehen, dass sie nach einer plausiblen Ausrede für diese Situation suchten, aber keine fanden. »Ich wette, die macht da unten irgendwas krummes. Sehen wir nach!« Blake schritt langsam auf den Haupteingang zu. Er wartete auf einen weiteren Protest der Anderen, doch diese folgten ihm stumm. Die Neugier hatte wohl auch sie gepackt. Leise drückte er die Eingangstür auf. Kein Mensch war zu sehen. Sie vernahmen scheppernde Geräusche, wohl aus der Küche. Sie befanden sich nun in der Diele. Nur eine Empfangstheke und ein Kaffeetisch standen dort. Links von ihnen ging es in den Speisesaal. So leise wie möglich schlichen sie zu der Theke, hinter der Fay verschwunden war. Keiner sagte auch nur ein Wort. Vorsichtig öffnete Blake eine Holzluke auf dem Boden. Beim öffnen knarrte sie laut. »Fay, bist du das?« hörten sie aus der Küche. Schnell dirigierte Blake sie die schmale Treppe hinunter und noch bevor die rundliche Wirtin das Speisezimmer betrat, war die Luke schon wieder verschlossen. Der Keller des Gasthauses war ein langer Flur mit mehreren Türen. Unter einer der Türen war Licht zu erkennen. Vorsichtig schlichen sie sich näher heran. Blake versuchte an der Tür zu lauschen. Er konnte zwar Fay's Stimme vernehmen, aber kein Wort verstehen. Er sah die Anderen an, die ihm stumm zunickten. Langsam zählte er mit seinen Fingern bin drei. Dann stürmte er das Zimmer, gefolgt von Zoran, Sharon und Callum. Blake war auf so ziemlich alles gefasst. Aber der Anblick, der sich ihm bot, verschlug ihm das erste Mal seit langem die Sprache.
 

»Was zur Hölle macht ihr denn hier?« Zoran brachte keinen Ton heraus. Vor ihm stand Fay und schaute irritiert in die Gesichter ihrer, soeben hereingeplatzten, Gefährten. »Habt ihr mir hinterher spioniert? Blöde Frage, natürlich habt ihr das!« Zoran brauchte einen Moment um sich im Kopf neu zu ordnen. Fay war nicht alleine in dem Zimmer. In ihren Armen hielt sie ein Kind. Einen kleinen Jungen, keine zwei Jahre alt, mit pechschwarzem, zerzaustem Haar und müden grünen Augen. Sharon war die Erste, die sprach. »Machst du jetzt einen auf heimliche Kinderfrau oder was?« Fay seufzte laut auf. »Irgendwann musstet ihr es ja mal erfahren.« Sie atmete tief durch. Zoran ahnte schon, was jetzt kommen würde. »Also... das hier ist Kassyan... mein Sohn.« Ungläubig schüttelte Callum den Kopf. »Wie, dein Sohn?« Fay strich dem kleinen Jungen durch sein Haar. »Tja, nun wisst ihr Bescheid.« Blake schaute die Beiden abfällig an. »Na toll, noch so ein Antika.« Immer noch verwirrt ergriff Zoran nun das Wort. »Das ist also dein großes Geheimnis. Du bist Mutter.« Er war selbst überrascht, wie enttäuscht er klang. »Es tut mir leid, Zoran. Aber ich konnte es euch nicht erzählen.« Ein hämisches Lachen war von Sharon zu hören. »Sieh an, wer hätte gedacht, dass Fräulein Perfekt so ein schmutziges Geheimnis hat? Und, weiß General Kayt davon?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, davon wissen nur ich, Gritt und ihre Angestellte Sofia.« »Gritt ist die Wirtin, nehme ich an?« Fay wollte antworten, doch dann schaute sie verwirrt zum Eingang des Zimmers. »Wer seid ihr?« fragte sie und drückte ihren Sohn fest an sich. Callum antwortete. »Oh, das ist Emilio.« Zoran hatte gar nicht bemerkt, dass er sich zu ihnen gesellt hatte. »Ihr spioniert mir nach und bringt auch noch einen Fremden mit? Das hier darf niemand erfahren!« In ihren Augen lag ein Blick, der Aussagte, dass sie bereit war zu töten. Callum versuchte die Situation zu beschwichtigen. »Nein, keine Sorge, Emilio wird kein Wort sagen, nicht war?« Er zuckte mit den Schultern. »Meinetwegen.« Das machte es auch nicht gerade besser. Nur Blake setzte dem ganzen noch die Krone auf. »Wo wir gerade schon bei Kayt waren... Mir fällt auf, dass das Balg dasselbe Stigma hat, wie er.« Alle Blicke ruhten nun auf dem kleinen Jungen. Neben seinem rechten Auge war tatsächlich dasselbe gezackte Stigma zu sehen, welches auch Kayt hatte. Allerdings war seines nicht rot, sondern in einem kräftigen tintenblau. Fay seufzte. »Antika bekommen immer das Stigma ihres... Vaters.« Sharon meldete sich wieder zu Wort. »Halt, Moment. Was soll das bedeuten, Fay?« Dann gab Emilio die schlimmstmögliche Antwort, die man in darauf hätte geben können. »Es bedeutet, dass die Beiden mindestens einmal erfolgreich Sex hatten.« Betretendes Schweigen lag im Raum. Bis Blake plötzlich lauthals anfing zu lachen. »Ich fasse es nicht! ­Und ich dachte, ich wäre derjenige mit schmutzigen Geheimnissen, aber das hier ist Gold Wert!« Er erntete einen kräftigen Seitenhieb von Zorans Ellenbogen. Plötzlich stand die rundliche Frau, die zuvor durch das Fenster beobachtet hatten, in der Tür. Ihre Hände umklammerten einen Besen. »Alles in Ordnung Liebes? Wer sind denn diese Gestalten? Na wartet, ihr Flegel, gleich setzt es was!« Mit einen ordentlichen Hieb, den man der kleinen Frau gar nicht zugetraut hatte, schlug sie mit dem Besen um sich. Blake konnte sich noch ducken, Callum nicht. Dieser bekam den dicken Holzstiel mit voller Wucht an die Schläfe. »Gritt! Gritt!« »Finger weg von meinen Schätzen, ihr Banditen!« »Gritt! Stopp! Das sind meine Freunde!« Noch einmal holte sie Schwung und traf Zoran am linken Oberarm. Doch spürte dieser davon nichts. Der Besen jedoch war dahin. Schwer atmend rieb sich die, schon etwas ältere Dame, das Kreuz. »Deine. Freunde?«

Etwas später saßen sie alle in dem kleinen Speiseraum und frühstückten. Gritt spendierte ihnen Brot und Aufschnitt. Callum rieb sich immer noch schmerzverzerrt den Kopf. »Immer ich!« Sharon konzentrierte sich auf ihr Frühstück. Sie war wohl erleichtert, dass es seit langem mal wieder etwas gab, was nicht zuvor vor ihren Augen gehäutet werden musste. Emilio beobachtete sie dabei. Alle saßen am größten Tisch. Nur Blake saß alleine am Fenster und schaute nachdenklich in die Ferne. Zoran wollte gerade in sein Brot beißen, als etwas an seinem Kopf zog. »Nein, Kassyan, so etwas macht man nicht!« Fay's kleiner Sohn hatte sich Zorans Haare geschnappt und einmal, so kräftig er konnte, daran gezogen. Auf die Ermahnung seiner Mutter reagierte er mit einem Schmollmund. »Tut mir leid, Zoran, ich glaube, er fand deine Haarfarbe so faszinierend.« Zoran schaute ihn mit großen Augen an. »Du findest meine Haare faszinierend, kleiner Mann?« Als Kassyan ihn daraufhin anlachte, musste auch Zoran lächeln. Er hatte dasselbe, ansteckend freundliche Lachen, welches er an Fay so mochte. »Der ist wirklich verdammt süß!« sagte Callum. »Selbst ohne Stigma sieht man sofort, dass es deiner ist.« Sie lächelte. Zoran schaute zu Blake. »Was ist los?« Ihm war nicht entgangen, dass Blake schon seit einigen Minuten angespannt den Wald beobachtete. Als Zoran auch aus dem Fenster sah, blieb ihm der Bissen fast im Hals stecken. »Soldaten!« »Was?« Plötzlich herrschte Hektik. »Sie sind auf dem Weg hierher. Keine halbe Stunde von hier, Wir müssen weg!« Callum schaute ihn zweifelnd an. »Und das kannst du von hier aus sehen?« Zoran antwortete nicht, sondern richtete seinen Blick auf die Soldaten. »Rote Banner. Die gehören zu Kayt.« »Vielleicht gehen sie auch vorbei?« sagte Sharon vorsichtig, »Nein, die machen immer hier halt.« antwortete Gritt. »Fay, Liebes, sieh zu dass du Land gewinnst. Du weißt, dass wir nicht zulassen, dass er gefunden wird.« Während die Anderen hastig ihre Sachen zusammensuchten, drückte Fay ihren Sohn ganz fest an sich. Tränen standen ihr in den Augen. Zoran konnte sie flüstern hören. »Ich verspreche dir, ich komme ganz bald wieder, mein Schatz. Und irgendwann hole ich dich in ein besseres Leben.« Sofia, die junge Bedienstete von Gritt, reichte Fay ihren Rucksack und ihren Mantel. Dann gab Fay ihrem Sohn noch einen Kuss und übergab ihn an Gritt. Als sie ihn losließ, fing er bitterlich an zu weinen. »Nicht weinen, ich komme ganz bald wieder.« Nur schweren Herzens nahm Zoran sie am Arm. »Komm jetzt, wir müssen los.« Dann rannten sie, gemeinsam mit den Anderen, aus dem Gasthaus hinaus in den Wald. Weg von den Soldaten.



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