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Gib mir Liebe - Kou

von

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Kontaktaufnahme

Der nächste Tag kam und Kou war zu früh dran, so dass er sich noch auf eine Bank auf dem Campus setzte, welche von einem Baum beschattet wurde. Es war ein sehr heißer, sonniger Tag und keine einzige Wolke wollte sich blicken lassen. Kou trug zwar nur ein leichtes Hemd mit kurzen Ärmeln und eine ebenso luftdurchlässige Hose, trotzdem floss er regelrecht dahin. Er sehnte sich nach ein wenig Abkühlung und dachte mit Wehmut an die Klimaanlage in jenem Haus, wo er seine Kindheit und Jugend verbracht hatte. Natürlich vermisste er nicht die zahlreichen prekären Situationen, in denen er seine Eltern erwischt hatte, wie sie es mit ihren jeweiligen Affären getrieben hatten. Mit Bitterkeit dachte Kou dachte an eine Situation, die für ihn als Kind sehr verstörend gewesen war. Er war aus seinem Mittagsschlaf aufgewacht und hatte die leisen Schreie einer Frau gehört. Er hatte sich umgedreht und seinen Vater gesehen, wie dieser sich an seinem Kindermädchen vergriffen hatte. Sie weinte und bat gleichzeitig um mehr, was Kou damals nicht verstanden hatte. Er war so verstört gewesen, vor allem, als sein Vater ihm angeboten hatte, mitzumachen, so dass er aus dem Zimmer gerannt war und nach seiner Mutter gesucht hatte. Doch auch sie war keine gute Trösterin, vielmehr hatte sie das gleiche „Problem“ wie Kou´s Vater, denn sie war in diesem Moment mit dem Gärtner zugange.

Kou gab einen ärgerlichen Laut von sich und vergrub sein Gesicht in einer Hand, als wolle er jene Bilder nicht sehen, die sich jedoch vor seinem inneren Auge abspielten. Warum dachte er ausgerechnet jetzt daran?

Na gut, seine Vergangenheit gehörte nun einmal zu ihm. Er hatte die Werte seiner Eltern nicht in Frage gestellt, er hatte sich sogar selbst irgendwann daran beteiligt, die ständig wechselnden weiblichen Angestellten sexuell zu nötigen, auch gerne unter der fachkundigen Anleitung seines eigenen Vaters. Er hatte es nicht besser gewusst, er war ein dummes, naives Kind gewesen, welches sich leicht hatte beeinflussen lassen. Die Tatsache, dass sich seine Eltern niemals an ihm vergangen hatten, tröstete in diesem Zusammenhang nur mäßig, denn letztendlich war Kou in seiner Schulzeit wie sein Vater gewesen, ehe Seri und Tamaki ihm quasi bewiesen hatten, dass es auch anders ging. Ein paar gleichaltrige Mitschüler hatten ihm bewiesen, dass es wirklich Liebe, Zuneigung und echte Gefühle gab und nicht nur die puren, animalischen Triebe, wie Kou es eben kennengelernt hatte.

Mittlerweile hatte er keinen Kontakt mehr zu seinem triebgesteuerten Vater und seiner vergnügungssüchtigen Mutter und Kou war sehr froh darüber, diesem Gefängnis entkommen zu sein. Es war natürlich nie so gewesen, dass seine Eltern ihn aufgehalten hatten, was wieder einmal bewies, dass sie keinerlei Bindung hatten.

So gesehen waren Seri und Tamaki seine Ersatzeltern, die ihm eine andere Wirklichkeit aufzeigten und ihm ein neues Ideal vorlebten, welches auch Kou gerne für sich erreichen wollte. Doch bis sie seine nun engsten Vertrauten geworden waren, hatte es gedauert und Kou wunderte sich noch heute, warum sie ihm überhaupt verziehen hatten. Nach allem, was er ihnen angetan hatte...
 

„Wir wählen heute zunächst die Klassensprecher, ein Mädchen und einen Jungen“, vermeldete der Lehrer zu Beginn der ersten Einheit.

Ich zögerte nicht lange und meldete mich freiwillig, so wie jedes Mal. Die Klasse hatte ich im Griff, auch, wenn einige über meine Säuberungsaktionen Bescheid wussten. Trotzdem getraute sich niemand an mich heran, zumal ich ja der Sohn des Schuldirektors war und vielleicht auch aus Gründen der Bewunderung, weil ich einfach tat, was ich wollte.

„Ja, ich will“, sagte ich und empfing das Wohlwollen des Lehrers.

„Takarai-kun, es ist gut, dass du die Aufgabe übernehmen willst.“

Ich lächelte und begann zeitgleich mit der ersten Phase meines ausgeklügelten Plans.

„Ich habe auch jemanden, den ich empfehlen möchte. Ich finde, dass Nagakura-san als Klassensprecherin geeignet ist.“

Ein Raunen ging durch die Klasse, doch damit hatte ich gerechnet. Gelassen lehnte ich mich auf meinem Platz zurück und nahm zufrieden wahr, wie Tamaki Hayasaka sich sichtlich überrascht nach mir und Seri Nagakura umdrehte. Anscheinend war die Klassensprecherwahl nun doch interessanter als der Blick aus dem Fenster.

„Und, was meinst du, Nagakura-san?“, fragte der Lehrer nun mein potenzielles Opfer, welches aufsprang und sich mit „Wie? Was? Worüber?“ äußerte.

Ich meldete mich zu Wort und informierte sie.

„Werden wir zusammen Klassensprecher!“

„Hä?... Ähm, aber ich...“, sagte sie und sah nicht überzeugt aus.

„Ich finde, dass Nagakura-san das nicht annehmen sollte. Die Stelle ist nichts für jemanden, der neu in der Risu-ka ist.“

Tamaki meldete sich nun also auch zu Wort, aber auch damit hatte ich gerechnet.

„Das stimmt...“, stimmte der Lehrer Tamakis Einwurf zu, doch das würde kein Problem sein, ich hatte schließlich meinen Plan und dazu gehörte auch ein Ass im Ärmel.

„Ich werde sie schon unterstützen“, meinte ich vorerst und wartete auf einen weiteren Einwurf von Tamakis Seite.

„Danke, aber ich kann nicht...“, versuchte Seri neben mir hervorzubringen, doch Tamaki sprach jetzt abermals und alle Aufmerksamkeit richtete sich auf ihn.

„Selbst wenn sie schon immer in der Risu-ka gewesen wäre, wäre sie nicht geeignet.“

Zufrieden nahm ich wahr, wie Seri neben mir zusammenzuckte. Es würde nur noch eine Frage der Zeit sein, ehe ihr Kampfgeist sie zu einer Dummheit und damit in meine Falle trieb.

Ich seufzte und gab mich enttäuscht von Tamaki.

„Ich finde, man sollte keine Vorurteile haben.“

„Ich bin absolut sicher, ich kenne sie ja schon lange“, sagte Tamaki entschieden und ich wandte mich nun wieder an Seri.

„Nagakura-san, was meinst du?“

Doch die Frage war überflüssig gewesen, denn ich spürte den puren Kampfgeist neben mir und Seri meldete sich laut und deutlich zu Wort.

„Ich werde Klassensprecherin.“

Oh ja, sie war wirklich entschlossen und sie wandte sich mit ihren nächsten Worten direkt an ihren Freund.

„Ob das wirklich unmöglich ist, das zeige ich dir, Tamaki!!“, rief sie und unterstrich dies mit einer ausdrucksstarken Pose.

Tamaki schien seinen Fehler zu bemerken, doch es war zu spät und ich lachte stumm in mich hinein. Die Falle war zugeschnappt...


 

Abermals gab Kou einen Laut von sich, dieses Mal klang es, als ob er Schmerzen hätte. Und die hatte er auch, wenn er nur daran dachte, was noch passiert war. Er wollte alles gerne vergessen und auslöschen, all diese Erinnerungen in den hintersten Winkel seines Kopfes verdrängen, bis sie verstummten und ihm nicht mehr die Ruhe raubten.

Kou bemerkte, dass er zitterte und er zwang sich lang und tief durchzuatmen. Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, seine Atmung ging schnell und ihm war unsagbar schlecht, sein Magen rebellierte. Nein, er konnte seiner Vergangenheit nicht entkommen, sie würde ihn nicht entkommen lassen, sondern ihn sein restliches Leben lang foltern. Nicht, dass er das nicht verdient hatte, aber er hätte gerne ein paar Momente kostbarer Ruhe genossen, doch das schien ihm nicht vergönnt zu sein.

Mehrmals atmete er nun ein und aus, langsam beruhigte Kou sich wieder, doch sein Inneres blieb trotz allem aufgewühlt wie die tobende See an einem stürmischen Tag. Verdammt, warum konnte er nicht einfach darüber hinwegkommen?!

„Hey, ist alles in Ordnung? Macht dir die Hitze zu schaffen?“, fragte eine Stimme und Kou blickte auf.

Vor ihm stand Seri!

Sein Herz setzte einen Schlag komplett aus, dann klopfte es schneller weiter, doch dann nahm er die schwarzen Haare wahr und er erinnerte sich. Nein, das war nicht Seri, dafür aber ihr Zwilling.

Hastig erhob er sich und wollte gehen, doch sie stellte sich ihm in den Weg und zwang ihn, sich wieder hinzusetzen.

„Halt mal, du siehst gar nicht gut aus!“, sagte sie und befühlte mit ihrer Hand seine Stirn, um zu testen, ob er sich heiß anfühlte.

Ihre kühle Hand fühlte sich angenehm auf seiner erhitzten Haut an und Kou schloss kurz die Augen, weil er es doch irgendwie genoss, obwohl er es nicht sollte.

„Mir geht es gut...“, sagte er und schüttelte ihre Hand schließlich ab, während er wieder seinen emotionslosen Gesichtsausdruck aufsetzte wie eine Maske.

„Oh, du kannst ja doch mit mir reden. Warum nicht gleich so?“, lächelte sie ihn an und setzte sich dann neben ihn.

„Ich bin übrigens Kaoru. Kaoru Saeda.“

Kaoru...

Kou wollte erst gar nichts sagen, doch er war ein höflicher Mensch und wusste, was sich gehörte.

„Kou Takarai.“

„Also Kou... ein schöner Name. Aber so richtig gut geht es dir trotzdem nicht, oder?“, fragte sie ihn und er schaute sie verständnislos an.

„Wovon redest du da?“

„Na du lächelst ja nicht einmal, obwohl heute ein so wundervoller sonniger Tag ist“, erklärte Kaoru und lächelte offen und herzlich.

Kou hätte es gern erwidert, doch ihr Aussehen, welches Seri so ähnelte, verstärkte die Erinnerung nochmals und wieder schmerzte sein Magen. Ein Stechen fuhr hindurch und Kou zuckte zusammen, was nicht unbemerkt blieb.

„Du solltest nach Hause gehen und dich ausruhen, dann geht es dir morgen vielleicht schon wieder gut. Ich kann dir dann auch meine Notizen geben, wenn du wieder da bist, wir haben ja bestimmt die gleichen Kurse. Einverstanden?“, fragte sie hilfsbereit, doch Kou hätte es lieber gehabt, wenn sie einfach den Mund gehalten hätte.

Sie drückte sich aus wie Seri, sie lachte wie Seri, sie lächelte wie Seri, sie sah aus wie Seri, sie hatte den gleichen Charakter wie Seri... sie war die schwarze Vergangenheit, die sich an ihm rächen wollte und aus Grausamkeit war sie nett zu ihm, damit er sich noch schlechter fühlte.

„Kou? Antworte mir“, richtete Kaoru das Wort an ihn und stupste ihn sanft in die Seite.

„Warum tust du das für mich?“, fragte Kou unvermittelt und das Zittern setzte erneut ein.

Kaoru machte ein nachdenkliches Gesicht und strich ein paar verirrte Haarsträhnen hinter ihre Ohren, dann antwortete sie.

„Du hast mir gestern aufgeholfen, kein anderer hätte sich dazu bequemt. Das war sehr nett von dir und ich möchte mich gerne revanchieren“, antwortete sie ihm und wieder lächelte sie so sanft, dass es Kou in der Seele wehtat.

Genau so einem zarten Geschöpf, diesem Engel, hatte er wehgetan und er würde es auf ewig büßen, denn man beschmutzte kein heiliges Wesen, das war ihm klar geworden.

„Dann mach das... ich... ich gehe jetzt“, sagte Kou und stand auf, schulterte den Träger seiner Umhängetasche wieder richtig und setzte sich in Bewegung.

„In Ordnung, dann bis bald und gute Besserung, Kou!“, rief Kaoru hinter ihm her.

Gute Besserung? Es würde ihm niemals gut oder besser gehen...

Kou nahm den direkten Weg zur Straßenbahn und setzte sich an einen freien Fensterplatz. Er lehnte seine Stirn gegen das kühle Glas und starrte nach draußen, ohne die Umgebung wirklich zu sehen, die an ihm vorüberzog. All das schien unwichtig zu sein in Anbetracht der stillen Rache, die auf ihn noch zukam. Er zweifelte ein wenig an sich.

War Kaoru überhaupt echt?

War sie wirklich ein Mensch?

War sie ein Geister der Vergangenheit?

Oder war sie eine Rachegöttin, die er sich selbst ersonnen hatte, damit sie jene Strafe über ihn kommen lassen konnte, die er meinte zu verdienen?

Alles drehte sich in Kou´s Kopf und er sah nicht mehr klar durch dieses Gedankenkarussell, welches sich unaufhörlich um die eigene Achse zu drehen schien. Was sollte er denn jetzt tun?

Sollte er sich mit Händen und Füßen wehren?

Sollte er es einfach erdulden, was da noch auf ihn zukommen würde?

Sollte er Seri und Tamaki um Hilfe bitten?

Kou seufzte abgrundtief auf und sah verzweifelt auf das verzerrte Spiegelbild, welches ihm das Fenster der Straßenbahn lieferte.

Vielleicht wurde er auch einfach nur verrückt...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2012-07-06T19:16:50+00:00 06.07.2012 21:16
>___<
oje, oje...
das scheint echt übel zu werden...
..aber stimmt, dass is auch eine theorie...
möglicherweise gibt es Kaoru gar nich :O
...^^"


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