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Blast from the Past

Das Phantom der Oper
von

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Drittes Kapitel

Madame Giry
 


 

Flauschig. Warm. Hier fühlte ich mich behaglich und geborgen. Wach war ich noch nicht. Doch wandelte ich noch in dem wohligen Zustand, zwischen Wachen und Schlafen. Am liebsten würde ich die nächsten sieben Jahre hier liegen, in diesem Zustand. Ich wurde nicht von meinen Alpträumen gequält und war aber von der kalten, harten Realität noch zu weit weg. Leider hielt dieser Zustand nicht ewig an. Denn mein Verstand wurde immer munterer und ich konnte meine Sorgen nicht länger unterdrücken.
 

Aus einem anderen Teil der Wohnung hörte ich Geschirr klappern. Und der leichte Geruch von gebackenen Croissants stieg mir in die Nase. Diese war, zu meinem Glück für einen Augenblick nicht so zugestopft. Der Tee und die Bettruhe scheinen gut zu helfen. Das Geschirr klapperte noch immer und es zauberte mir ein trauriges Lächeln auf die Lippen.
 

Dieses Geräusch rief eine der wenigen glücklichen Erinnerungen meiner Kindheit herauf. Damals muss ich vier oder fünf gewesen sein. Zu jener Zeit wachte ich oft durch diesen Klang - das durch meine Mutter verursacht wurde - auf. Ich wünschte, sie wäre noch immer bei mir und sie wäre diejenige die gerade in der Küche stand um uns ein leckeres Frühstück zu zaubern. Doch ich wusste dass das nicht geht. Sie hatte mich vor vielen Jahren verlassen. Und ich war alt genug zu wissen das Träume nie in Erfüllung gehen.
 

Ich öffnete meine, ein weiteres Mal, zugeklebten Augen und setzte mich auf. Die Tür war einen Spalt offen und Rowen war nirgends im Zimmer zu sehen. Beschwerlich richtete ich mich auf, ging aus dem Zimmer und fand mich in einem breiten Flur wieder. Die Wohnung schien nicht ganz so klein, wie ich vermutet hatte. Ich ging in die Richtung aus der die Geräusche kamen und ein großer, schwarzer wolfsähnlicher Hund kam mir entgegen. Rowen wedelte mit dem Schwanz beschnupperte mich und lief freudig um mich herum. Zusammen liefen wir den langen Flur entlang und gingen zur linken Tür. Bevor ich die Klinke auch nur berühren konnte, wurde sie ruckartig aufgezogen und eine verdutzte Frau stand vor mir, mit einem Tablett in der Hand, mit dem wohl leckersten Frühstück das ich je in meinem Leben gesehen hatte. Hatte sie es wirklich extra für mich gemacht? Diese Frau war unglaublich. „Guten Mor…“, sagte ich, wurde aber von einer aufgebrachten Madame Giry begrüßt. Wenn man es denn so nennen kann. „Was suchst du hier Kind? Ab marsch ins Bett sonst holst du dir noch den Tod. Du bist noch viel zu schwach zum Aufstehen. Was ist wenn du wieder in Ohnmacht fällst? Auf dem kalten Boden würde sich dein Zustand verschlechtern und du würdest garantiert eine Lungenentzündung kriegen. Willst du das etwa?“ Ich stand kurz verdattert da. Als sie angefangen hatte zu meckern, dachte ich sie wirft mich raus, doch da hatte ich mich wohl offensichtlich geirrt. Ich wagte es nicht, ihr zu widersprechen und verkroch mich schnell wieder unter die Decke, Rowen dicht hinter mir her.

Ich wusste nicht dass diese nette Frau so unheimlich wirken konnte, wenn sie aufgebracht war. Doch ich war ihr nicht böse. Sie hatte sich schließlich nur Sorgen um mich gemacht. Ich spürte wie sich ein zweites Lächeln an diesem Morgen sich auf meine Lippen stahl. Ein schönes Gefühl machte sich in mir breit. Ein Gefühl des akzeptiert seins, des Dazugehörens und des angenommen Werdens. Als ich das zuletzt fühlte lebte meine liebe Mutter noch. Das ist lange her.

Madame Giry kam mir auch gleich mit dem Tablett hinterher ins Zimmer und stellte es auf den Nachttisch. Nun konnte ich mir das Essen erst einmal richtig betrachten und mir lief während dessen das Wasser im Mund zusammen. Ich musste mich beherrschen um nicht mit dem Sabbern anzufangen. Auf dem Teller lagen drei frische Croissants, daneben in einem großen Glas, frisch gepresster Orangensaft, ein bauchiges Glas voller Erdbeermarmelade und heißer Pfefferminztee.

„Guten Morgen Kleines. Ich entschuldige mich für meinen Ausbruch, aber wenn jemand schwer krank ist, bin ich der Meinung dass dieser nicht das Bett verlassen sollte. Da bin ich sehr konsequent. Geht es dir besser?“ „Nun ja, ein wenig. Meine Nase ist im Moment nicht mehr so verstopft. Und das Fieber scheint auch runter gegangen zu sein.“ „Das freut mich zu hören. Könntest du mir nun erzählen wo du herkommst und warum du in dieser stürmischen Nacht vor der Tür der Oper lagst? Was ist mit deiner Familie?“ Mein Gesicht verfinsterte sich und es stiegen Tränen in meine Augen, die ich jedoch geschickt bekämpfte. „Ich stamme aus einem Zigeunervolk. Sie haben mich wegen einer Lüge verbannt. Meine Eltern sind schon lange tot. Außer ihnen habe ich keine Verwandten.“ Meinen Onkel und meine Tante die noch lebten verschwieg ich. Ich weiß nicht so recht warum, aber ich wollte nicht über sie reden. Ich wollte ein neues Leben anfangen. Ohne meine lieblose Vergangenheit. Ich sah kurz zu Rowen und erzählte weiter. „Rowen ist, wie schon erwähnt, seit seiner Geburt bei mir. Wir waren nie getrennt. Wir pilgern schon seit ein paar Monaten oder sogar schon fast ein Jahr, ich kann mich nicht erinnern, durch Frankreich. Vor ein paar Wochen sind wir in Paris angekommen. Es können aber auch schon einige Monate her sein. Wenn man nur darauf bedacht ist zu überleben, hat man keine Zeit darüber Buch zu führen, wann man wo gewesen ist. In der Nacht bevor ich auf den Stufen der Oper Unterschlupf gefunden hatte, lebte ich in der Notre Dame de Paris, doch da durfte ich nicht so lang bleiben. Ich hatte zwar gegen die Türen der Oper geklopft, nein, sogar gehämmert, aber niemand öffnete mir. Und so waren wir gezwungen dort zu bleiben, sonst hätten wir uns wieder dem Gewitter aussetzen müssen.“ Ich verstummte. Sollte sie noch mehr wissen wollen, würde ich ihr nicht mehr erzählen. Das ginge mir dann zu weit. Ich sah Madame Giry an. Sie hatte sich während meiner Erzählung auf den Stuhl des Schreibtisches gesetzt. Nun nickte sie, als ich mit meiner Rede endete, Gedankenverloren vor sich hin. Nach kurzer Zeit kam sie wieder aus ihren Gedankenschwarm zurück und blickte mich mitleidig an. Dann stand sie entschlossen auf und sagte: „Nun, für die nächste Zeit brauchst du dir keine Sorgen über eurer Überleben machen. Du wirst hier bleiben. Zumindest bis du dich wieder völlig erholt hast und dann sehen wir weiter. Ich werde jetzt erstmal einen Arzt holen und …“ „Nein! Bitte nicht. Ich werde auch so wieder gesund. Mir geht es doch schon besser. Bitte holen sie keinen Arzt.“ Ich wollte nicht, dass ein fremder Mann mich anfasste und meinen hässlichen Körper sah. Bei dem Gedanken daran, dass ein Mann mich anfasst, strömte ein Gefühl des Ekels durch meinen Körper und ich schlang die Arme um meine angewinkelten Beine. Madame Giry sah mich an und schien zu verstehen. Sie legte mir eine Hand auf die Schulter und lächelte mich aufmunternd an. „Ist schon in Ordnung. Ich werde keinen Arzt holen, wenn du es nicht willst. Aber du musst mir versprechen das du immer im Bett bleibst, viel trinkst und nur aufstehst um ins Bad zu gehen um deine Toilette zu machen.“ Diese Frau war wirklich unbeschreiblich und genauso sah ich sie auch an. Meine tränennassen Augen blickten in die Ihren und sprühten vor Dankbarkeit. „Nun muss ich aber los. Ich bringe dir noch eine Kanne voll Tee, das Bad liegt gegenüber von deinem Zimmer und ich werde heute Abend um ca. 20 Uhr zurück sein. Die Wohnungstür werde ich absperren, in Ordnung?“ „Ja, danke.“ „Hör auf dich andauend zu bedanken. Ich mache das gerne. Und nun iss, sonst wird der Tee kalt.“ Sie ging kurz weg um dann mit einer vollen heißen Kanne Pfefferminztee wieder zu kommen. Ich wandte mich wieder dem leckeren Essen zu und schlang die Croissants regelrecht in mich hinein. Madame Giry staunte nicht schlecht. „Dein Hund aß genauso. Wann war denn eure letzte Mahlzeit?“ „Das ist schon zwei Tage her. An jenem Tag an dem Sie mich fanden hatten, hatten wir unsere letzte Mahlzeit. Aber es war nur ein Laib Brot, nicht sehr viel.“ „Dann wird es ja Zeit das du dich hier mal so richtig satt isst.“ In diesem Moment wollte ich mich wieder bedanken, doch verkniff ich es mir. „Ach du meine Güte, jetzt muss ich aber los. Tschüss ihr beiden, bis heute Abend.“ Ehe ich noch etwas fragen konnte, war sie auch schon aus dem Haus. Ich wollte sie fragen wo sie eigentlich arbeitete. Vielleicht ja sogar in der Oper, schließlich kam sie gerade aus dieser als sie mich fand. Allerdings konnte es sein, dass sie sich nur eine Vorstellung angesehen hatte und mich dann gefunden hatte. Ich wusste ja auch nicht wie spät es in dieser Nacht war. Es hätte früh um drei und auch kurz vor Mitternacht sein können.

Während ich so darüber nachdachte nahm ich mir den Tee und nippte daran. Er war zwar besser als die letzten Beiden, aber dennoch nicht ganz mein Geschmack. Nachdem ich die Tasse geleert hatte, schenkte ich mir noch eine ein, und trank auch diese leer. Das war ein überwältigendes Gefühl. Ich lag in einem schönen, warmen Bett, in einer tollen Wohnung, mein Magen war gesättigt und ich brauchte mir im Moment um nichts Sorgen machen. Das hätte ich nie gedacht. Ich dachte immer Gott hätte mich verlassen. Doch er schien jetzt seine volle Aufmerksamkeit auf mich gerichtet zu haben. Ich lag noch eine Weile so da, dachte daran, was ich doch für ein Glück habe, und streichle Rowen - der seinen Kopf auf die Bettkante gelegt hatte - geistesabwesend seinen Kopf. Irgendwann fühlte ich in meiner Lendengegend ein natürliches Bedürfnis, stand auf, diesmal nicht so mühsam wie sonst, und ging ins Badezimmer, das gegenüber Meines Zimmers lag. Starrend blieb ich in der Tür stehen. Das war wohl das schönste Badezimmer das ich je gesehen hatte. Der Boden und die Wände waren mit weißem Fließ verziert. Eine große, weiße Badewanne stand darin, ein ebenso weißes Waschbecken mit einem buchenholzfarbenen Schränkchen darunter und einem großen, ebenfalls in dieser Farbe gehaltenen, Schrank daneben. Über dem Becken hing noch ein schöner Spiegel, mit einem goldenen Rand. Neben der Badewanne stand das Ziel meines Bedürfnisses. Ich setzte mich darauf und lies dem Wasser seinem freien Lauf. Nachdem es geschehen war, stand ich auf und richtete meinen Blick zum Spiegel. Erstarrt blieb ich einen Moment stehen.



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