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Fairy's Act

von

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Sosuras

Somas Lektionen waren hart.

Lia fand sich oft unfähig, diese wirklich zu befolgen. Er verlangte von ihr absolute Gehorsamkeit, nicht nachzudenken, sondern jedem seiner Befehle zu gehorchen, ohne sie zu hinterfragen. Es fiel ihr schwer, denn ihr alter Ausbilder hatte ihr beigebracht, zu denken und Entscheidungen zu treffen, die dem Wohle der Menschheit dienten. Aber Soma verlangte, Menschen anzugreifen, wenn er es befahl. Sie verstand nicht, warum er so etwas verlangen könnte, aber jedes Mal, wenn sie ihm versicherte, dass sie ihm gehorchen würde, bekam sie dafür eine Süßigkeit.

Bislang hatte sie nie Süßigkeiten essen dürfen, ihr Ausbilder war davon ausgegangen, dass Süßes sie träge machen würde. Mit Sicherheit stimmte das auch, wenn sie zu viel davon essen würde, aber Soma gab ihr nur wenig davon. Gerade genug, um sie danach regelrecht süchtig zu machen und sie nach mehr verlangen zu lassen.

Deswegen tat sie alles, was er wollte. Auch als sie bemerkte, dass sie offenbar nichts Besonderes für ihn war, denn er kümmerte sich auch um die anderen Spirits, nahm sich ihrer an und gab ihnen Süßigkeiten. Aber das änderte nichts daran, dass sie geradezu an seinen Lippen hing und jeden seiner Befehle ausführte. Auch als er von ihr verlangte, Rask zu töten, der ebenfalls mit der Ausbildung von Spirits betraut worden war. Sie fühlte keinerlei Bedauern, als sie das tat, aber warum auch? Immerhin hatte er es gewagt, Soma-sama zu bedrohen und für einen kurzen Moment hatte sie tatsächlich befürchtet, dass er ihr ihren Meister wegnehmen könnte. Deswegen hatte sie ihn getötete und sie hatte es nicht bereut, auch nicht, als sie gemeinsam mit Soma und den anderen Spirits Rakios den Rücken kehrte, um nach Sargios zu fliehen. Sie war bei Soma und nur das war wichtig, selbst dann noch als sie im Auftrag Sargios' gegen Rakios vorgingen. Aber es ging ihr schon lange nicht mehr um die Süßigkeiten, etwas anderes, weitaus Wichtigeres war an die Stelle ihrer Belohnung getreten.

Ich werde alles tun, was Soma-sama von mir verlangt. Einfach alles.
 

Eiskalt war noch untertrieben. Als Yuutos Bewusstsein in Sosuras erwachte, überkam ihn das Gefühl als würde er jeden Moment erfrieren, wenn er noch lange blieb. Dabei trug er bereits die Jacke seiner Schuluniform und darüber noch den Mantel, den er in Rakios bekommen hatte, als er deren Etranger geworden war. Er fragte sich, wie man in dieser unwirtlichen Gegend nur sein ganzes Leben verbringen konnte – und stellte diese Frage sofort an Esperia.

Nachdenklich legte sie den Finger an ihre Lippen. „Heute ist es noch vergleichsweise warm. Es war schon kälter auf dem Plateau.“

Er blickte sie mit unverhohlenem Unglauben an, bis er von Orupha abgelenkt wurde. Der rote Spirit hatte Tränen in den Augen und zitterte erbärmlich. „Mir ist so kalt.“

Uruka nickte zustimmend. „Es ist wirklich nicht sehr angenehm, Orupha-dono.“

Die einzige, die von dieser Kälte absolut nicht beeindruckt schien, war Aselia, die sogar ein wenig lächelte. Aber als blauer Spirit war das auch nicht weiter verwunderlich, wie Yuuto wusste.

„Und was tun wir jetzt?“, fragte er. „Könnt ihr den feindlichen Spirit spüren?“

Er konzentrierte sich ebenfalls auf die Energie eines ihm unbekannten Shinken, aber es war nichts zu spüren. Weder ein fremdes Shinken noch eine Feindseligkeit irgendwelcher Art.

Seine Begleiterinnen schüttelten die Köpfe. „Nichts.“

Yuuto sah Esperia ratlos an, da sie meist diejenige war, die ihm sagte, was zu tun war – und auch dieses Mal ließ sie ihn nicht im Stich: „Wir sollten versuchen, herauszufinden, wer den feindlichen Spirit gesehen hat und wo das war und dann setzen wir unsere Suche dort fort.“

Yuuto war regelrecht erleichtert, als er diesen Vorschlag hörte und ihn auch direkt abnickte. „Machen wir uns auf die Suche.“

Damit setzten sie sich in Bewegung. Sosuras war nur ein kleines, ein wenig verschlafenes Dorf, wie es aussah. Schnee bedeckte die Dächer, aber auf den Wegen wurde er offenbar regelmäßig fortgeräumt, damit man nicht knöcheltief hindurchwaten musste. Nur wenige Menschen waren unterwegs und jene, die es waren, hielten nicht inne, sondern liefen schnell, um der Kälte zu entfliehen. Sie warfen neugierige Blicke zu Yuuto und den Spirits, keiner von ihnen schien auch nur den kleinsten Argwohn zu hegen oder Angst zu empfinden. Aber auch keiner von ihnen blieb stehen, um eventuelle Fragen zu beantworten.

Keiner, außer ein Junge, der sich gegen eine Hauswand drückte und der Aselia mit einer Mischung aus Furcht und Wut ansah. Er schien der einzige zu sein, der ihnen möglicherweise helfen könnte.

Yuuto gab ihnen zu verstehen, dass sie warten sollten und ging zu dem Jungen hinüber. „He, Kleiner.“

Nur widerwillig wandte der Junge den Blick von Aselia ab, um Yuuto anzusehen. „Was ist?“

„Du hast den feindlichen Spirit gesehen, stimmt's?“

Der Junge runzelte seine Stirn und nickte zustimmend. „Habe ich. Er hat meine Schwester getötet!“

„Wir kommen aus Rakios, um den Spirit zu fangen.“

Bei diesen Worten hellte sich das Gesicht des Jungen auf. „Ja, wirklich?“

Yuuto nickte. „Kannst du mir sagen, wo du diesem Spirit begegnet bist? Wir haben im Moment keinen Anhaltspunkt.“

Es war gut möglich, dass sie bereits das Land, möglicherweise sogar den Kontinent, verlassen hatte und deswegen nichts spürbar war, aber vielleicht wollte der Spirit sie das auch nur glauben lassen. Sie mussten alles tun, was in ihrer Macht stand, um herauszufinden, was mit ihm geschehen war.

Der Junge nickte sofort. „Natürlich kann ich das, solange ihr diesen Spirit dafür bestraft.“

Unverhohlener Hass flammte in seinen Augen auf und Yuuto konnte ihm das nicht einmal verübeln. Aber dennoch, er war sich sicher, dass der Spirit einen Grund haben musste, um Menschen anzugreifen und er würde herausfinden, was der Grund war.

„Dann tu das bitte.“

Der Junge nickte noch einmal und wartete darauf, dass Yuuto die Spirits mit sich winkte. Orupha kam sofort herübergestürmt, um den Jungen zu begrüßen. „Hallo, du!“

Er blickte sie nicht sonderlich begeistert an, was sie mit Verwirrung erfüllte. Als junger Spirit besaß sie einen speziellen Draht zu Kindern, aber die offene Abneigung dieses Jungen gegenüber Spirits irritierte sie offenbar ein wenig. Normalerweise, so wusste Yuuto, waren Kinder ihnen gegenüber aufgeschlossen, die Erwachsenen waren es, die ihnen mit Angst und dem daraus resultierenden Hass begegneten. Aber dieser Junge war Zeuge geworden, wie eine ihm nahestehende Person von einem Spirit getötet worden war, daher konnte Yuuto dieses Gefühl nachvollziehen. Würde das Gefühl nicht besänftigt werden, war zweifellos sicher, dass er zu einem Erwachsenen heranreifen würde, der Spirits verabscheute und dann würde er über kurz oder lang ein Vater werden, der seinen Kindern lehrte, dass es richtig sei, Spirits zu hassen. Früher hatte Yuuto sich noch nie Gedanken darum gemacht, was Furcht alles anrichten konnte, aber seit er mit den Spirits zusammen lebte, dachte er wesentlich mehr über solche Dinge nach.

Ohne auch nur ein Wort an die Spirits zu richten, führte der Junge sie durch die Stadt. Die Gebäude weckten in Yuuto die Überlegung, ob es wirklich gut war, in einer solchen Gegend Häuser aus Stein zu bauen. Stein neigte dazu, schnell zu verkühlen und war dann nur schwer wieder warm zu bekommen. Holz war warm, aber die Gefahr, das gesamte Haus abzubrennen war jederzeit gegeben. Vermutlich war es diese Begründung gewesen, die alle von Steinhäusern überzeugt hatten.

Die Gedanken lenkten ihn von der Kälte ab, was er auch gut gebrauchen konnte. Die Sonne hatte inzwischen ihren höchsten Stand im Süden erreicht, aber sie erschien hinter den hellen Wolken nur wie ein milchiger Fleck, der nicht imstande war, Wärme zu spenden und auch mit seinem Licht nur zurückhaltend war. Nein, für Yuuto war diese Gegend absolut nichts, was er sich zum Leben vorstellte.

Ein wenig wehmütig dachte er an seine Heimat zurück. Selbst im Dezember war es nur selten so kalt geworden, dass er oder Kaori Mäntel anziehen mussten oder dass Schnee gefallen wäre. Er wollte sich gar nicht vorstellen, wie hoch die Heizkosten ansonsten geworden wären.

In Rakios würde er sich selbst nach dem Krieg keine Sorgen darum machen müssen. Aber dennoch war er entschlossen, mit Kaori zurück nach Hause zu gehen. Er warf einen Seitenblick zu Aselia, die neben ihm lief. Ihr würde er auch noch sagen müssen, dass er wieder nach Hause ging, er musste noch überlegen, wie er das am besten bewerkstelligen sollte.

Aber vorerst war der Spirit wichtiger und so folgte er dem Jungen weiter, ohne etwas zu sagen.



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