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Idaina Ai No Omoide - Teil 2

Romeos Geschichte
von

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Von der Gegenwart

Ich verließ das Cafe, ohne mich noch einmal nach Juliette umgedreht zu haben.

Nachdem ich das Mädchen vor dem Auto gerettet hatte, waren wir zusammen mit ihrer immer noch schockierten Klasse in ein Cafe gegangen.

Wir hatten über dieses und jenes geredet und mir war aufgefallen, dass sie mich sehr an Michiko erinnerte. Alle Erinnerungen an ihren plötzlichen Tod waren wieder zurück zu mir gekommen. Ich hatte versucht mir nichts anmerken zu lassen, aber ich erzählte ihr trotzdem, dass sie mich an eine Person erinnerte, die ich einst sehr geliebt hatte.

Juliette war zuerst misstrauisch und schien mir kein Wort geglaubt zu haben, aber letztendlich konnte ich sie überzeugen indem ich ihr meine Identität verriet.

Juliette schien mir als ein sehr realistisches Mädchen. Trotz dass sie erst 16 war, wirkte sie ziemlich erwachsen. Das machte alles um einiges leichter. Jedoch war es letztendlich so gekommen, dass ich gehen musste. Sie war sich ihrer Entscheidung sicher, dass wir keinesfalls eine Beziehung eingehen könnten. Und ich hatte auch gemerkt, dass ich in Juliette nur Michiko gesucht habe. Und dieser Flashback. Ein Mädchen im selben Alter auf der Straße wird beinahe von einem Auto erfasst. All das hatte meine Gefühle aufgewühlt.

Doch nun wurde ich mir bewusst, dass es sinnlos wäre. Juliette war nicht Michiko. Doch noch viel wichtiger: Ich war nicht Taka. Nicht mehr. Schon lange nicht mehr.

Nun werden wir uns nie wieder sehen. Ich hatte keine Handynummer, kein Foto, nichts, was mich jemals an Juliette erinnern könnte. Vielleicht… aber auch nur vielleicht war das auch besser so. Ich hatte keine Lust, dass sich meine Vergangenheit noch mal wiederholt.

Ich wollte nicht noch einen Verlust riskieren.
 

Zurück im Hotel besprach ich noch einige Dinge mit der Band. Nur noch 2 Stunden bis zum Auftritt. Wir gingen die Setlist durch, probten unsere Aufstellung und die Mikos, sowie die Instrumente. Eine Zeit lang dachte ich nicht mehr an Juliette, sondern nur noch an meinen bevorstehenden Auftritt.

Ein zweites Mal musste ich in die Maske.

„Aber schlaf nicht wieder ein!“, warnte mich Kawashita-san.

„Haruka“, sagte ich kaum hörbar.

„Hast du etwas gesagt? Es klang wie mein Vorname“, fragte sie mich.

„Ach“, ich suchte nach einer Ausrede, „ich hab nur gerade versucht, mich zu erinnern wie du heißt.“ Ich lächelte sie an, obwohl tief in mir der Hass aufkam. Diese Frau…

„Ja, ich heiße Haruka.“ Sie lächelte mich auch an.

Nun wurde ich neugierig. Wie wohl ihre Zeit war nachdem sie zu ihrer Mutter gezogen ist?

„Familie?“, fragte ich.

Sie seufzte leise und meinte dann: „Nein, leider nicht. Ich konnte mich der Männerwelt noch nicht so öffnen. Irgendetwas blockt in mir drin immer ab.“

„Wieso das denn?“

„Ach… meine erste große Liebe aus Kindertagen. Er war mit meiner Schwester zusammen. Nein, Stiefschwester. Sie war ein Jahr jünger als ich. Sie hat mir immer alles weggenommen. Meine Stiefmutter hat sich immer um sie gekümmert. Sie war besser in der Schule, im Sport, sie war beliebter. Und sie hatte eher einen Freund. … Oh, entschuldige.“ Sie war sichtlich peinlich berührt.

„Achso.“, sagte ich leichthin, „und ist deine Schwester noch mit ihrem damaligen Freund zusammen?“ Ich wusste, dass ich damit in ihrer Wunde bohrte. Das war Absicht. Aber sie konnte das nicht wissen.

„Nein. Sie ist… bei einem Unfall ums Leben gekommen.“

„Das ist traurig. Und was hat er gemacht?“

„Er hat sich von der Außenwelt abgekapselt soweit ich weiß. Ich bin nämlich dann zu meiner Mutter nach Nagoya gezogen und habe mich nie wieder in Tokyo blicken lassen. Ich bin nicht mal zu ihrer Beerdigung erschienen, weil ich vor Taka-san Angst hatte.“

„Wieso Angst?“, erkundigte ich mich. Meine Vermutung war also richtig.

„Er hat bestimmt gedacht, dass ich Schuld an dem Unfall bin. Und das war ich auch.“ Sie ließ ihren Kopf hängen und ich merkte, wie sie mit den Tränen kämpfte.

„Du musst nicht darüber reden.“, sagte ich sanft.

„Okay.“ Sie wischte sich mit der Hand über ihr zartes Gesicht.

„Aber eins noch. Hast du diesen Taka-san jemals wieder getroffen?“

„Nein, nie wieder. Ich hatte mich ungefähr 5 Jahre nach Michikos Tod bei seinen Eltern erkundigt. Damals war ich schon Kosmetikerin und über ihn hinweg. Aber seine Eltern sagten, dass er nicht mehr da war. Er war irgendwo anders hin gezogen. Niemand konnte mir Auskunft über sein Verbleiben geben. Irgendwann gab ich auf und mir schien, als wäre er untergetaucht. Ich hoffe es geht ihm gut.“

„Es geht ihm gut… ganz bestimmt.“ Ich sah sie an und sie lächelte traurig.

„Ja.“

Schweigend machte sie sich weiter ans Werk und beschmierte mich mit Make-Up und Kajal und diversen anderen Schönheitsprodukten, bis sie mich entließ.
 

Das Konzert war ein voller Erfolg. Die Halle war ausverkauft und die Menge tobte.

Ich ließ mich fallen und konzentrierte mich nur noch auf die Musik, die Bühne und die Zuschauer. Die Fans sangen jedes meiner Lieder lauthals mit und es beeindruckte mich zutiefst, obwohl ich Momente wie diese zur Genüge erlebt hatte.
 

Auch der Rest der Tour lief wie am Schnürchen. Bald hatte ich Juliette vergessen. In meinem Kopf schwirrten so viele andere Dinge, an die ich jetzt denken musste. Der Filmdreh, das neue Album, der Videodreh. Ich hatte kaum noch Zeit für mich selbst und widmete mich voll und ganz meiner Arbeit. Man könnte meinen, der gewöhnliche Alltagstrott hätte wieder eingesetzt, wenn da nicht die einsamen Nächte wären.

Sobald ich mich in mein dunkles Zimmer legte und ich niemanden mehr um mich hatte, der mich mit verschiedensten Dingen berieselte, lies ich mich treiben.

Ich dachte an Berlin und an Juliette. Fragte mich, was sie jetzt wohl machte, wo sie war und vor allem, ob sie an mich dachte. Auch an meiner Vergangenheit musste ich häufig denken. Was hatte sich alles verändert. Wenn ich es so betrachte, hatte sich mein Leben doch um 180° gedreht. Ich war ein neuer Mensch. Deshalb konnte mich Kawashita-san nicht wieder erkennen. Ich hätte es auch nicht gewollt. Ganz im Gegenteil, war es mir nur recht, dass sie mich nicht erkannte und mir ganz frei von ihrer Vergangenheit erzählte, die zum Teil auch die meinige war.

Eines Abends versuchte ich Juliettes Bild hoch zu beschwören, doch ich konnte mich nur noch vage an ihr Gesicht erinnern. Wo war das alles nur hin? Kann es wirklich so schnell passieren, dass mein einen Menschen vergisst? Wie sollte ich sie dann irgendwann wieder erkennen? Ich dachte an Michiko. Sie sah ich noch ganz klar und deutlich. Ich lächelte und dachte an die friedliche Zeit vor dem Unfall.

Aber ich wollte Juliette keinesfalls vergessen. Auch wenn es soweit kommt, wir sie doch unbewusst ein Teil meines Lebens bleiben. Schließlich hatte sie mir doch meine eigenen Erinnerungen zurück gebracht. Sie war und ist etwas Besonderes.

Über diesen Gedanken schlief ich letztendlich ein.
 

Die Tage vergingen. Die Monate vergingen. Es war alles wie immer. Immer noch.

Ich dachte am Abend nicht mehr an diverse Mädchen, sondern an meine Arbeit.

Als nächstes stand eine weitere Europa-Tour an.

Ganz in der Arbeit vertieft wusste ich nicht, welch Veränderung ein weiterer Auftritt in Berlin für mich bedeuten würde. Mir war auch noch nicht bewusst, dass ich vor der Vergangenheit einfach so weglaufen konnte, wenn sie mich einmal wieder eingeholt hatte.

Und dass man nicht einfach so vergessen sollte.

Aber warum zum Teufel verband ich mit Berlin irgendeine Erinnerung? Warum war da etwas tief in mir, was mir etwas versuchte zu sagen? Warum wusste ich nicht was es ist? Warum hatte ich dieses Gefühl?

Ich sollte es so bald wie möglich erfahren.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Asmodina
2011-10-04T07:50:28+00:00 04.10.2011 09:50
Armer Gackt..jetzt verstehe ich das Ganze erst..obwohl ich mir immer noch wünsche, das er SIE bekommt


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