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Extravaganza

[HolmesxWatson]
von

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Der perfide Morgen danach

Einsamkeit und Leere, dies waren die einzigen Nomen, welche Mirco im Zusammenhang mit dem Baron bringen konnte; und Etwas was er nicht zu benennen vermochte. Nicht einmal in seiner Muttersprache – in keiner ihm bekannten Sprache wollte dieses ‚Etwas‘ eine Gestalt annehmen. Am Morgen hatte der Baron immer noch auf dem Sofa gesessen, als wäre er der Inbegriff einer heroischen Statue, befleckt mit geronnenem Blut. Mirco wusste nichts über die umnebelte Vergangenheit seines ‚Chefs‘. Einzig kurze, zusammenhanglose Zitate, deren Inhalt pure Dunkelheit in sich barg, waren kleine Hinweise auf das vorige Leben des Barons. Der Baron sah auf und Mirco gab ihm stumm die neuste Ausgabe der Morgenzeitung. Wortlos nahm der Baron sie entgegen und begann zu lesen, während Mirco seinerseits ein Buch aufschlug. Plötzlich seufzte der Baron gequält auf und lehnte sich kraftlos zurück. Seine klaren Züge wurden leichenblass und ein Ausdruck schierer Endgültigkeit verhärtete sein Gesicht, ließ es wie Granit erscheinen. Leise sagte er: „Es ist soweit, Mirco.“ Alarmiert stand Mirco auf. „Was ist soweit? Herr, was?“ – „Das Spiel.“ Verwirrt runzelte Mirco die Stirn. „Welche Art von Spiel, meint ihr Herr?“ – „Die wohl blutigste Art, welche du je erblickt hast, Junge.“
 

Wenn man mit dem Morgengrauen erwacht, spezifisch ausgedrückt, dann aufsteht, wenn der Tag selbst sich verschlafen aus dem nächtlichen Traum erhebt, so sollte man in gewisser romantischer, wenn nicht sogar verschlafener Freude verspürender Stimmung sein. Doch an diesem Morgen begrüßten mich – nebst dem herrlichen Sonnenaufgang über London, der mir in diesem Moment redlich egal war- die Nachwirkungen einer ruhe- und rastlosen Nacht.
 

In meinem Kopf dröhnten zehn Konzerte einer Heavy Metal Band, die mir schier die Schädeldecke einzudrücken versuchte, während mein Körper jegliche Art von Verspannung deutlich mit peinvollen Signalen meldete. Gerädert und müde fuhr ich mir über das Gesicht. Kurz sah ich zu dem Schädel rüber. Leere Augenhöhlen stierten mir entgegen, während der Schädel sein immerwährendes Lächeln zur Schau stellte.
 

Und ich war ein Ersatz dafür? Schönen Dank auch.
 

„Eigentlich hätte ich nicht erwartet, dass du schon in dieser Frühe wach bist. Um ehrlich zu sein wundert es mich, dass du überhaupt Schlaf finden konntest, nach deinem Aussehen her, wirkst du wie ein Mensch, der seit Tagen vergessen hat zu Schlafen. Meines Erachtens ist dies zwar keine lobenswerte Eigenschaft, schließlich wird der Verstand von den Träumen getrübt, aber da nicht jeder Mensch wie ich sein kann…“ Ich konnte mir das nonverbale Schulterzucken deutlich vorstellen, während Sherlock sprach. Seine Stimme klang ruhig, als wäre er tief in Gedanken versunken.
 

Ich setzte mich auf und erblickte seine aufrechte, schlanke Gestalt im Türrahmen. Seine grauen Augen schienen ein unendliches Nichts direkt in der Luft zu fixieren. Es wirkte verträumt, aber nicht auf eine diffuse Art und Weise, sondern eher, als erblicke Sherlock in diesem Zustand die ganze Tragweite der Welt. Dann blinzelte er, ein Ausdruck der Verwirrung huschte kurz über seine blassen Züge, ehe er meine Gestalt musterte und mit einem schiefen Lächeln eine dampfende Tasse empor hielt. „Tee?“
 

Leise stöhnend nickte ich und stand auf.
 

„Wo warst du?“ Ich nahm den Tee entgegen und nippte vorsichtig daran. Mit einem geheimnisumwitterten Ausdruck reichte Sherlock mir lediglich die Zeitung. „Zuerst solltest du dir dies durchlesen. Es wird uns in unserem neuen Fall deutlich weiter bringen.“ Elegant schmiss er sich auf den Sessel und wirkte für den Bruchteil eines kurzweiligen Moments wie ein zufriedener Kater. Wachsam und jegliche Regung in meinem Gesicht studierend beobachtete Sherlock mich, während ich verwirrt das Titelblatt begutachtete.
 

TUMULT MIT TODESFOLGE.
 

Griente mir die Überschrift entgegen. Daneben befand sich eine Photographie, von der gleichen Qualität, welche eine verwackelte Aufnahme mit einem Handy besaß. Pixel zerstörten Zusammenhänge und verschwommene Kontraste schienen alles in sich aufzunehmen. Ich wusste nicht warum, doch erneut hallte in meinem Kopf die unheilvolle Warnung des Barons wieder. Langsam las ich mir Zeile um Zeile durch, welche an diesem Morgen den Londoner den Tag versalzen würde.
 

In der Nacht von Gestern auf Heute wurden mehrere Menschen Zeugen eines Überfalles, welcher sich auf öffentlicher Straße zutrug. Ein Mann mittleren Alters, laut Aussage mehrerer Zeugen, schrie urplötzlich panisch auf. Bei dem genauen Wortlaut, dessen was der Mann laut rief, sind sich die anwesenden Passanten nicht sicher. Michelsen Sand, 23, sagte aus, dass der schreiende Mann immer wieder das Wort „Woyzeck“ rief. Es entstand Tumult indem Sandra Loreen, 54, von einer vermummten Gestalt angerempelt wurde. Diese stahl der älteren Dame die Tasche. Laut Mrs. Loreens Aussage, wurde nur die Tasche mit den frischen Einkäufen gestohlen. Erst als sich der Tumult gelegt hatte wurde den Passanten gewahr, welche Tragödie sie anheim wurden. Der Mann mittleren Alters, dessen Identität noch nicht geklärt wurde, lag schwerstverletzt auf dem Boden. Er erlag seinen Verletzungen noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Scottland Yard ermittelt. DI Lestrade, führender Ermittler, schwieg sich zu den seltsamen Ereignissen von gestern Nacht auf heute Morgen aus.
 

Ich riss die Augen weit auf, als ich den Namen Woyzeck las. „Aber das ist doch…“ – „Ganz recht. Woyzeck und ich vermute, dass dies der gesuchte Schwager des Barons ist. Nun sollten wir uns folgende Fragen stellen: Wer war das Opfer? Warum rief er ausgerechnet einen solch ungewöhnlichen Namen? Vor allem jedoch sollte uns interessieren, was uns der werte ‚Baron‘ verschwiegen hat.“ Sherlock lehnte sich zurück und legte die langen Finger aneinander.
 

„Verschwiegen?“ Ich legte die Zeitung beiseite und schaute meinem Wohngenossen verwirrt entgegen. Ein leicht genervtes und tadelndes Seufzen verließ die Lippen von Sherlock. Schalk blitzte unverhohlen in seinen Augen auf, während das Grau seiner Iris eine lodernde Tiefe offenbarten. Jenes lohende Feuer wollte mich gefangen nehmen, doch die dunkle Stimme meine Kollegen riss mich aus jenem unheimlich anziehenden Bann seiner Augen: „Natürlich hat er uns etwas verheimlicht. Ein Mann, wie der ‚Baron‘ besteht – rein metaphorisch gesehen- regelrecht aus dem Geflecht der Lüge. Es reizt mich erneut zu ihm zu gehen. Er hat es geschafft nichts über sich preiszugeben. Keinerlei Deduktionen über sein Selbst oder gar seine Vergangenheit waren mir möglich als ich in das Hotel kam.“
 

„Moment! Du hast selbst gesagt er wäre ein Romantiker in unserer heutigen, modernen Zeit, oder hab ich mich verhört?“ Ich stellte aufgeregt den Tee auf einen Stapel von Büchern und verschränkte die Arme vor der Brust, angriffslustig und trotzig. Einzig eine gehobene Augenbraue kommentierte mein Gebaren mit mildem Spott.
 

„Ich konnte soweit nur das deduzieren, was er mich ließ. Ich vermute, dass sogar das russisch angehauchte ‚e‘ gewollt war. Einzig eine Sache konnte er vor mir nicht verbergen.“ Er hatte sich nach vorne gelehnt und starrte den Schädel an. Dunkel fielen seine ungebändigten Locken in die Stirn, während er die Brauen tief in die Stirn zog. Ich konnte schon sehen, wie hinter Haut und Schädelplatte ein rastloser Geist einem Zahnradwerk gleich zu arbeiten begann.
 

Unsicher trat ich von einem Fuß auf den anderen, nicht auffällig als hätte ich heiße Kohlen unter den Füßen, doch immer noch viel zu unruhig für Sherlock Holmes. Sein Blick huschte zu mir herüber. „Was hat er preisgegeben?“, platzte es schier aus mir heraus. Ein pfeilschnelles Lächeln mit der Nachsicht eines belehrenden Professors gesegnet, huschte über seinen geschwungenen Mund. „Ich dachte du hättest mir zugehört, Doktor? Dieser Mann ist krank, wenn nicht sogar todkrank.“ Er schwieg und ließ mich mit verwirrter Miene und meinen eigenen Gedanken zurück. Warum hatte ich nicht selbst erkannt, dass der ‚Baron‘ krank war? Schließlich war ich der Doktor und nicht Sherlock!
 

Plötzlich sprang Sherlock auf.

„Wir sollten aufbrechen John! Schließlich müssen wir rechtzeitig da sein!“ Rasch hatte er sich seinen Mantel übergezogen und band sich gerade den Schal, als er mich mit ungeduldigem Gesichtsausdruck musterte. „John, ich hoffe du kennst die genaue Definition von Eile.“ Murrte er leicht. „Ja, natürlich, aber wohin?“ Unwirsch wedelte er mit der Hand, während die andere seine Handschuhe hervor holte. „Das werde ich dir später erläutern, jetzt ist Eile angesagt!“
 

Und während ich mich beinahe verknotete, bei dem Versuch meine Jacke schnell überzustreifen und gleichzeitig Sherlock die Treppe hinterher stolperte, schien eine innere Erregung von meinem Wohngenossen Besitz ergriffen zu haben. Die Nachwirkungen meiner ruhelosen Nacht schienen fast vergessen, einzig ein leichtes Pochen hinter meinen Schläfen zeugte noch davon.
 

„Sherlock warte!“, rief ich aus. „So früh schon auf den Beinen, Doktor Watson?“ hörte ich hinter mir die verwunderte Stimme unserer Vermieterin. „Guten Morgen Mrs. Hudson!“, rief ich, ehe die Haustür zufiel und ich in das wartende Taxi stieg.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Horrifer
2011-08-30T00:53:53+00:00 30.08.2011 02:53
Ich finde die Fanfiction echt gut geschrieben! Eigenartig/schade dass du nicht mehr Kommentare bekommst.
Ich muss aber ehrlich zugeben, dass ich am anfang skeptisch war, ob die Charaktere richtig rübergebracht werden könnten, deswegen habe ich mit dem lesen gezögert. Viele haben schon Schwierigkeiten bei deutlich einfacheren Persönlichkeiten diese richtig wiederzugeben. Aber dir ist das wirklich gut gelungen, ich bin wirklich sehr beeindruckt. Mach weiter so, dein Ausdruck und dein gesamter Schreibstil sind sehr gut :D

LG
Von:  Jackiieh-Chan
2011-08-29T18:31:23+00:00 29.08.2011 20:31
Man ist das alles verwirrend der liebe Doctor tut mir echt leid xD

Lg Jacky


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