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Extravaganza

[HolmesxWatson]
von

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Morbide Lethargie

Ursprünglich begann alles drei Wochen zuvor. Und um ehrlich zu sein, kommt es mir so vor als wären es lediglich einige Stunden her, als wir unseren neuen Auftrag empfangen hatten. Und für einen, im späteren Verlauf unserer Ermittlung, prägnanten und vor allem beinahe schon als schicksalhaften Fall, erschien der Tag, als uns der Baron zum aller ersten Mal besuchte, gänzlich normal, wenn nicht sogar von der üblichen Lethargie befasst zu sein. Denn während ich selbst lediglich in der Zeitung las, mich stumm den mir dargebotenen Zeilen hingab, hörte ich das leidlich geprüfte Stöhnen meines Wohngenossen, wie er unter seinem missmutig weiter ratterndem Verstand litt.
 

Es war einer jener Tage, wo dieser wunderbare, geniale Verstand wie ein Verirrter durch die Ödnis taumelte, um der erbarmungslosen Sonne entgegen zu brüllen, sie solle endlich den Regen herab schicken. Denn genauso sehr, wie die Natur das Wechselspiel zwischen Regen und Sonne benötigt um weiter zu existieren oder ähnlich wie ein Trunkenbold sein auf Verderben zeigendes Getränk benötigt, genauso sehr brauchte der nie stillstehende, ständig arbeitende Verstand von Sherlock seine Beschäftigung. Ohne dies, lockte ihn sein eigenes Genie gefährlich an den Rand des Wahnsinns, oder wie ich hin und wieder trocken feststellen musste, in den Sud der Lethargie. Und wenn jemand wie Sherlock Holmes in die Tümpel der Langeweile starrte, konnte man sich als sterbliches Wesen, dessen Gehirn nicht von solch einer grandiosen Genialität überlastet wurde, spärlich vorstellen wie das kindliche Gehabe zu dem erwachsenen Mann passte.
 

Und dennoch, Sherlock blieb Sherlock, auch wenn mein schmerzender Kopf mir deutlich zeigte, wie schwer es war meinen Kollegen auszublenden. Ein Ding der Unmöglichkeit, genauso gut hätte man versuchen können ein wild gewordenes Rhinozeros mit einem bloßen Stöckchen aufzuhalten. Wie gesagt, es war unmöglich.
 

Erneut erklang jenes jammernde Seufzen von dem Sofa zu mir herüber und mit einem resignierenden Geräusch faltete ich die Zeitung zusammen. Stumm wartete ich ab, ob Sherlock seine Stimme erheben würde, doch ein Teil von mir wusste, dass dies nicht geschehen würde. Hin und wieder konnte man es schaffen, so manch einen Schachzug des Detektivs heraus zu ahnen, doch um aus ihm mehr als nur einen vagen Versuch eines Handelns heraus zu finden, musste man die Fähigkeiten seines Bruders innehaben. Was ich, zu meinem Bedauern, leider nicht mein Eigen nennen durfte. Noch war ich – gelinde gesagt- lediglich ein laienhafter Lehrling, der versuchte mit stolpernden Schritten hinter seinem Meister – in meinem untrüglichen Falle Sherlock- herzueilen.
 

Es raschelte und ich konnte sehen wie sich Sherlock aufsetzte. Diffus vom beständigen Schleier des Nieselregens gebrochen, erleuchtete ein mattes Licht des Tags die Szenerie, welcher ich hin und wieder beiwohnen durfte. Fast schon träge legte sich das matte Licht über Sherlocks Gesicht, während er missmutig die Wand anstarrte. Das wirre Haar stand ihm noch schlimmer vom Kopf ab, als es normalerweise tat – wenn ein Zustand der Normalität jemals in diese Wohnung Einzug erhalten würde.
 

„Was ist los, Sherlock?“ Getraute ich endlich meine Stimme zu erheben. Kurz pustete ich über meinen dampfenden Tee. Aromatischer Geruch kitzelte warm meine Nase, während ich über den Rand meiner Tasse zu Sherlock schielte. Ich spürte förmlich wie hinter der Stirn meines Wohngenossen der Verstand gegen das Leerlaufprinzip ankämpfte.
 

„Nichts! Das ist los, John!“, hektisch sprang er auf und stand für einen Moment unschlüssig im Raum, ehe er mit genervtem Gemurmel über herum liegende Bücherstapel schritt und eine ausholende Bewegung zum Fenster machte. „Sonst lechzen die Menschen nach Tod, Mord, Betrug und Diebstahl! Doch nichts! Noch nicht mal überhaupt gar nichts!“, er wirbelte herum, schien noch nicht einmal zu registrieren, wie sein Morgenmantel verrutschte, und blickte mir mit seinen durchdringenden Augen entgegen. Jovial zuckte ich mit den Schultern, nippte an meinem Tee und wartete. Sherlock zischte leise und wedelte mit der Hand: „Welch Glück, dass ich nicht in der Zeit des Nationalsozialismus als politischer Feind gelebt habe. Wusstest du, dass diese damals berühmten Persönlichkeiten eine ganz besondere Art und Weise der Folter unterzogen? Nein? Du enttäuschst mich John! Sie haben ihre Feinde in einen Raum gesteckt, wo rein gar nichts war!“, er raufte sich die schwarze Haarmähne und begann erneut durch den Raum zu wandern.
 

„Stell dir vor, mein brillanter Verstand müsste für Tage, wenn nicht sogar Jahre in ein und demselben Raum verbleiben, mit nichts mehr als dem absoluten Nichts! Das wäre in mancherlei Hinsicht sogar grauenvoller als diese Dilettanten beim Yard.“ Mit einem rascheln landete sein Körper erneut auf dem Sofa.
 

„Sherlock! Nicht jeder kann“, weiter kam ich nicht, denn mein werter Kollege unterbrach mich brüsk: „Natürlich kann nicht jeder seinen logischen Verstand einsetzen und dabei auch noch Kombinieren.“ Konnte ich da den Hauch von Verbitterung vernehmen? Noch bevor ich sonderlich viel Aufmerksamkeit der Ergründung des Rätsels ‚Sherlock Holmes‘ befassen konnte, klopfte es an der Tür.
 

Ruckartig und mit einer behändigen Schnelligkeit, wie ich sie ihm nicht zugetraut hätte, stand Sherlock auf und riss die Tür mit einem energischen Ruck auf. Ich stand ebenfalls auf um herauszufinden wer uns besuchen würde. Eine erschrocken dreinschauende Mrs Hudson. In manchen Momenten tat mir jene gute alte Seele von mütterlicher Frau leid, vor allem in jenem Augenblick, wo Sherlock seinen angestauten Missmut kundtat: „Mrs Hudson! Wenn die Welt nicht am Rande der Apokalypse ist oder keinerlei Rätsel zu lösen sind, muss ich sie unverzüglich darum bitten, kehrt zu machen und mich nicht weiter zu behelligen!“
 

„Jetzt hör mal! Du kannst doch Mrs Hudson nicht für deine Langweile verantworten!“, schalt ich ihn, doch mein werter Freund schnaubte nur abfällig. Kurz kniff er die Augen zusammen, ehe er etwas ruhiger fortfuhr – mich gänzlich außer Acht lassend: „Nun, Mrs Hudson?“
 

Sie blinzelte kurz und schaute zu mir herüber. Ergeben seufzte ich und zuckte mit den Schultern.

„Ein Baron war hier bei mir unten und gab mir dies.“ Sie holte einen zusammen gefalteten Zettel hervor und drückte diesem Sherlock in die Hand. Von neuen Geistern beseelt schaute dieser zuerst auf den Zettel dann auf Mrs Hudson. Auffordernd machte er eine Geste mit der Hand: „Weiter Mrs Hudson! Was hat der Baron noch gesagt?“ Man konnte sehen wie sich sein Geist, einem wilden und vor allem hungrigen Tier gleich, auf jenes bevorstehende Rätsel stürzte.
 

Kurz druckste unsere Vermieterin herum, ehe sie unter dem bohrenden Blick zweier grauer Augen, die womöglich Stahl zerschneiden konnten – wäre es ihnen irgendwie möglich-, erzählte uns Mrs Hudson, dass der Baron nur meinte, sie solle den Zettel erst nach einer Stunde seines Besuches herbringen. Leicht musste ich lächeln. Mit jedem verstreichenden Tag schloss ich diese gutmütige alte Dame mehr und mehr in mein Herz. Sie hatte sich wirklich an die Anweisung gehalten.
 

Als Mrs Hudson fort war, reichte mir Sherlock den Zettel mit der in forschen Wörtern gekleideten Bitte, ich sollte den Inhalt vorlesen. Während ich das einfache Blockpapier auseinander faltete, griff Sherlock nach seiner Violine und zupfte leise an den Saiten.
 

Es war eine ordentliche Schrift, die weder maskuliner, noch deutliche Zeichen von femininer Hand darlegte, welche mir sofort ins Auge stach.

„John, nun ließ endlich vor.“, ungeduldig rutschte Sherlock auf seinem Sessel herum, während er die Geige fest in der Hand hielt. Neugierde und ein aufgeregter Funke flammten mir schier aus seinen Augen entgegen, während er mich und anschließend den Zettel musterte.
 

Seufzend wandte ich mich wieder dem ominösen Brief zu, er war nicht wirklich lang, überhaupt bestand er aus recht wenigen Sätzen:
 

Verehrter Mister Holmes und Doktor John Watson,

erwarten sie mein Kommen heute Abend um sieben,

vielleicht möchte sich euer Verstand eines Rätsels bedienen, dass zuweilen keinerlei Aufschub mehr erlaubt,
 

gezeichnet,

der Baron
 

Verwirrt zog ich die Brauen zusammen.

„Hm. Interessant. Noch etwas John? Irgendeine Besonderheit?“ Er hob fragend eine Braue, eine Geste, in der ebenfalls eine fordernde Ungeduld mit schwang. Ich betrachtete den Zettel. Nein, keinerlei Besonderheiten, also schüttelte ich den Kopf. Sherlock schien jedoch mit meiner Meinung noch nicht zufrieden zu sein und stand auf, nahm mir den Zettel aus der Hand und studierte ihn mit gerunzelter Stirn. „Hm.“, machte er erneut, dann wandte er sich ab und setzte sich mit geschlossenen Augen und aneinandergelegten Händen wieder auf den Sessel. Die Geige griffbereit auf dem Schoß. Obwohl er in diesem Moment immer noch den Morgenmantel trug, sein Haar zerzaust war und dunkle Schatten einer schlaflosen Nacht unter seinen Augen lagen, wirkte er wie eine steinerne Statue, tief zwischen den endlos erscheinenden Gängen des eigenen Gedankenirrgartens versunken.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Jackiieh-Chan
2011-08-16T08:38:26+00:00 16.08.2011 10:38
Dam dam daaaam xD

Hehe, weiter weiter weiter.
Jetzt wird es doch erst spannend :)

Sag mal hab ich das überlesen oder du nicht geschrieben ??
Die beiden sind doch aus der neuen/alten BBC Serie oder ??

Lg Jacky


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