Kapitel 1
Ich will euch gar nicht aufhalten, ich hoffe nur, dass ich euch einen schönen kleinen Einblick in die Freuden des Studentischen Lebensstils vermitteln kann xD
Kapitel 1
„Kon!!!“ hallte es laut und anklagend durch die ansehnliche Zweier-WG in der Südstadt von Tokyo. „Dein ekliges Teigzeugs hat die ganze Spüle verklebt!“ Ohja, man konnte sagen was man wollte, aber Kai Hiwatari war kein Morgenmensch. Ohne seine Tasse Kaffee war er sogar tödlich. Und die Tatsache, dass er furchtbar verkatert von der gestrigen Trinkorgie war, machte die Sache nicht wirklich ungefährlicher.
„Kaiii~i, biiiitteeee,“ flehte eine leise Stimme aus den Kissen, die wild auf dem Sofa im Wohnzimmer aufgetürmt waren. Ein einzelnes blaues Auge, das durch übermäßigen Alkoholkonsum getrübt war, blinzelte daraus hervor. Achja richtig, sie hatten ja gestern zu sechst gefeiert. Und was hatten sie nochmal gefeiert? Die Müdigkeit und das Nervengift in seinem Blut machten es schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Ahja, Freitag. Es war Freitag und das musste schließlich gefeiert werden. Ray hatte angeboten zu kochen, wenn der Rest die Flüssigkeiten besorgen würde.
Ja, die Bladebreakers, die nun in mehr oder minder ansprechbaren Zustand in seinem Apartment verteilt lagen, waren erwachsen geworden. Max war nun endgültig auf die Insel gezogen und studierte irgendetwas, das sich Kai nie merken konnte. Eine Mischung aus Technik, Biologie und Religion. Irgend so ein Modestudiengang, mit dem er nicht wirklich was anzufangen wusste. Kenny, der immer noch bei seinen Eltern lebte, hatte natürlich ein Stipendium erhalten und tat nun irgendwelche geheimen Forschungen in einer Eliteuniversität, deren Ziel es wohl war, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Tyson dagegen hatte wenig Lust auf noch mehr Schule gehabt, konnte sich aber dem tödlichen Zweiergespann aus Hillary und seinem Großvater nicht erwehren und musste ebenfalls studieren. Irgendwie hatte er es geschafft, sich mit den beiden auf Sport und Sportgeschichte zu einigen. Nun lebte er quasi in Max' Wohnung, da er jedes mal, wenn es ihm zu Hause mit den beiden zu bunt wurde, zu seinem besten Freund zog. Was in letzter Zeit eigentlich immer war.
Kai selbst dagegen war nach einem Jahr, das er in Russland verbracht hatte und wo er auch seinen Abschluss gemacht hatte, wieder nach Japan gezogen, dank seiner Volljährigkeit war er nun nicht mehr abhängig von dem Geld seines Großvaters. Wie sich sogar herausgestellt hatte, hatte ihm seine Mutter, die er als blasse und devote Ehefrau neben seinem Vater in seiner verschleierten Erinnerung hatte, ein Konto in Europa angelegt, auf welches sie ihren persönlichen Schmuck eingezahlt hatte. Mit der Veranlassung, dass er es mit Erreichen des 18ten Lebensjahres ausgezahlt bekommen sollte. Dieses Beispiel mütterlicher Liebe, das mit einem Mal so unerwartet gekommen war, hatte ihn dermaßen gerührt, dass er beschloss Russland und seiner Familie für immer den Rücken zu kehren und endlich ein neues Leben anzufangen. Auch Ray suchte zu diesem Zeitpunkt etwas Abstand von dem einengenden Käfig, den ihm die Ältesten seines Dorfes aufzwingen wollten. Und so beschlossen die beiden dass der erste Schritt in diese unbekannte und neugewonnene Freiheit doch einfacher zu zweit zu tätigen sei.
Nun studierte Ray seit 3 Semestern Medizin, auch wenn ihn das Studium wohl nicht wirklich zu interessieren schien, da Kai ihn selten bis nie lernen sah. Hillary, die eine Ausbildung zur Krankenschwester absolvierte, machte ihm dafür regelmäßig die Hölle heiß. Er selbst hatte lange mit sich gehadert, was er denn nun mit seinem Leben anfangen solle. Schließlich hatte auch er sich für ein Studium entschieden und seinem Team wären beinahe die Augen aus den Köpfen gekullert, als er ihnen eröffnet hatte, dass er sich für Geschichte und, nunja, Kunst eingeschrieben hatte. Der empörte Brief seines Großvaters war natürlich nicht ausgeblieben und erfüllte ihn mit grimmiger Genugtuung.
Immer noch etwas benebelt hatte er es geschafft den Wasserkocher von einer zähen Schicht Teig zu befreien und Griff nun nach seinem Survival-Pack hinter der Abzugshaube. Er konnte Instantkaffee zwar wenig leiden, aber er würde einen Teufel tun als in das Chaos auf der Küchenzeile zu greifen, um die Kaffeemaschine auszugraben. Das mittelschwere Ergebnis ihrer gestrigen Sauforgie war die verwüstete Küchenzeile und die verstreuten Leichen in der Wohnung. Eine sehr schöne Wohnung, im Übrigen. Er war sehr froh, dass Ray sie für sie beide entdeckt hatte. Die Küchenzeile war durch einen Tresen zum Wohn- und Essbereich abgegrenzt. Das Bad war groß genug für eine Badewanne und sein Zimmer lag Richtung Süden, weswegen er immer genügend Licht zum Malen hatte.
„KON!“ schrie er diesmal lauter als seine Hand in undefinierbare Klebrigkeit griff, was von einem erneuten Wimmern quittiert wurde. Schließlich erhob sich Max von der Couch, schlurfte in die Küche. Das Selbstgefährdungslevel seiner nächsten Aktion bezeugte nur, wie verkatert und verpeilt er wirklich war. Er nahm Kai den dampfenden Becher Kaffee ab, leerte ihn zur Hälfte und setzte sich an den mit Flaschen übersäten Küchentisch.
Kai's Augenbraue begann unkontrolliert zu zucken.
Unter äußerster Anstrengung seiner Selbstkontrolle, schenkte er sich selbst eine zweite Tasse ein und begann den Küchentisch von den leeren Flaschen zu befreien. Befriedigt stellte er fest, dass Max bei jedem Klirren gequält zusammenzuckte.
„Oh, verdammt, Ray, das Zeugs ist ja überall!“
„Beschwer dich nicht, dir hat's auch geschmeckt,“ kam ein vergnüglicher, zu vergnüglicher Tonfall als Antwort. Ray, er musste wohl unter dem Tresen gelegen haben, schlenderten baren Fußes, mit einem widerlich süßem Grinsen auf den Lippen, in die Küche und setzte sich auf den Tisch. Ja, auf den Tisch. Wenn immer er etwas getrunken hatte, verhielt er sich immer so verdammt katzenhaft, dass es Kai schwer viel seinen Vorsatz „keine Mitbewohner“ aufrecht zu erhalten. Hmpf, ja klar, es fiel ihm ja auch nicht sonderlich schwer, nachdem Ray in dieser Hinsicht zum begriffsstutzigen Tyson mutiert war.
Ray hatte begonnen Max' blonden Schopf zu kraulen, was dem jungen Wasauchimmer-Student ein genüssliches Schnurren entlockte.
„Wieso bist du eigentlich so verdammt gut drauf!?“ fauchte Kai irritiert. Nein, er war wirklich nicht erträglich am Morgen. „Bist du etwa immer noch betrunken?“
Ray hielt inne und legte sich genüsslich den Zeigefinger an die Lippen, während er angestrengt nachdachte. „Hmmmm.... ja.... ja ich glaube das ist es!“ Daraufhin musste er so stark kichern, dass er schwankte und beinahe vom Tisch gefallen wäre. Kai verdrehte die Augen als auch Max anfing zu glucksen und ging dann mit leisen russischen Flüchen ins Bad.
„Wo liegt eigentlich Tyson?“ kam es dumpf von Max, der seinen Kopf immer noch in den Armen vergraben hatte.
„Ich glaube der liegt hinter der Couch...“ kam es nachdenklich von Ray, nur um wieder in einem Kichern zu enden. Ohje, er hatte wirklich noch einen in der Krone. „Ich weiß noch, dass ich Hillary angeboten habe in meinem Bett zu schlafen...“
„Okay, und Kai ist irgendwann auf dem Sessel eingeschlafen... glaubst du der Vodka ätzt ihm irgendwann mal noch die Hirnzellen weg?“
„Nyaaaaa~“ Ray streckte sich genüsslich, „ich wüsste nicht das es da wegzuätzen gebe.“ Ja, im Trinken war der gute Kai äußerst russisch geblieben, verspielt stupste Ray eine Flasche Vodka mit dem großen Zeh an und betrachtete fasziniert, wie die klare Flüssigkeit darin schwappte.
Ein erstickter Laut kam aus dem Badezimmer.
„Oh, scheint so als hätte Kai Kenny bemerkt....“
„Hmh, oder umgekehrt,“ grinste Ray. Kenny hatte den Faible dafür entwickelt ins kühle Bad zu gehen, wenn ihm der Alkohol zu sehr zu Kopf stieg. Laut fluchend stapfte nun der Russe, halb nass und nur mit einem Handtuch bekleidet quer durch die Wohnung. Das anschließende Knallen der Tür versetzte ihnen allen einen bösen Kopfschmerz, doch konnten sich weder Ray noch Max erwehren und mussten lautstark loslachen.
Das Leben der ehemaligen Weltklasseblader war doch ein schönes. Anstrengend, ja, aber doch im Grunde genommen ein Leben, dass er sich all die Jahre immer gewünscht hatte.
Im Laufe des Tages erwachten die anderen einer nach dem anderen aus ihrem komatösen Zustand und tröpfelten aus der Wohnung. Ray, der mit voranschreitender Stunde dann doch nüchtern und ironischerweise sehr verkatert wurde, sah sich wieder einmal der Unerbittlichkeit von Kai gegenüber, der darauf bestand die Wohnung wenigstens ein bisschen in einen bewohnbaren Zustand zu bringen. Und dann war er auch noch dazu verdonnert worden, die Küche zu schrubben. Nein, nein, ihr ehemaliger Teamleader hatte nichts von seinem einstigen Furcht einflößenden Charakter eingebüßt, dachte er verdrießlich als er auf einen besonders hartnäckigen Fleck starrte. Er hatte ja auch Teigklöße machen müsse. Die zugegebenermaßen einfach genial geschmeckt haben, aber er hätte es wirklich sehen müssen, dass es in einer kleinen Essensschlacht ausarten würde. Diese hatte sich zum Glück nur auf die Küche beschränkt, allein der Gedanke die ganze Wohnung schrubben zu müssen, ließ ihn gequält aufstöhnen.
„Jammer nicht,“ kam es unbarmherzig von der Couch. Okay, das wars! Er hatte nun wirklich genug. Verärgert schmiss er die Putzutensilien unter die Spüle und riss sich die Handschuhe von den ohnehin schon wunden Fingern.
Kai lag quer auf der Couch in eine Decke gewickelt, eine Flasche Wasser und ein Putzeimer neben ihm. Also doch nicht so russisch im Trinken, wie er gerne hätte, dachte Ray und setzte sich unbarmherzig auf die Füße seines besten Freundes. „Du stinkst nach Putzmitteln,“ knurrte ihn dieser nur an, um dann, eingelullt vom Fernseher, wieder weg zudösen. Ray tat es ihm gleich.