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A hard another life

Das Leben läuft manchmal nicht so, wie man es will.
von

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Nacktes Grauen und ein Entschluss

Beißender Rauch hing über dem Trümmerfeld und brannte in meinen Augen, deren Pupillen in der Abenddämmerung extrem geweitet waren, und in meiner geruchsempfindlichen Nase. Der Gestank war so stark, dass ich husten musste. Doch es half nichts, sondern brannte nur noch mehr in meinen Atemwegen. Aber das war mir im Moment eh egal, schließlich hatte ich ein viel größeres Problem. Ein wahrlich größeres.

Noch immer voller Entsetzen ließ ich meinen Blick über die Reste meines Zuhauses schweifen, die aufgrund der hereinbrechenden Nacht in tiefem Zwielicht lagen und nur spärlich durch die einzelnen Flammen, die noch zwischen den Trümmern glommen, erhellt wurden. Doch dank meiner Katzenaugen offenbarte sich mir selbst in der tiefsten Dunkelheit das gesamte Ausmaß der Zerstörung.

Das komplette Herrenhaus war bis auf die hintere Grundmauer eingestürzt. Überall lagen die Trümmer der Wände und Inneneinrichtung, sodass man nicht mehr unterscheiden konnte, was es einmal gewesen war oder welche Funktion die einzelnen Teile gehabt hatten.

Auch der weitläufige Garten war nun ein Feld der Zerstörung. Wo einmal Bäume meterweit in den Himmel gewachsen waren, befanden sich nur noch Löcher im Boden. In der Luft schwebten Ascheflocken, Rauch und Funken umher und gaben dem Ganzen ein geisterhaftes und unwirkliches Aussehen.

Alles sah aus, als hätte die Villa eine gewaltige Explosion zerrissen. Mir fuhr ein kalter Schauer durch den Körper, als mir das wahre Ausmaß der blindwütigen Zerstörung bewusst wurde. Doch was konnte nur so viel Kraft besitzen, geschweige denn erzeugen? Voller Schreck schüttelte ich den Kopf und konnte nur mit großer Mühe meine Tränen zurückhalten. Unser ganzer Besitz und Reichtum war zerstört! Ausgelöscht! Zertrümmert!

Plötzlich kam mir ein noch schlimmerer Gedanke und ich sprang auf. „Oh nein! Vater!“, rief ich und lief zu den Resten meines Zuhauses.

Wenn mein Vater während der Explosion im Haus gewesen war, dann ... ich konnte den Gedanken nicht zu Ende führen. Verzweifelt stieß ich einen Laut aus, der an das Gejammer einer Katze erinnerte, und ließ mich vor dem größten Trümmerhaufen auf die Knie fallen. An dieser Stelle musste meiner Vermutung nach das Arbeitszimmer gewesen sein. Dieser Raum war der Ort gewesen, an dem sich mein Vater am meisten aufgehalten hatte.

Ohne zu zögern, griff ich nach dem ersten Steinbrocken und warf ihn zur Seite. Die scharfen Kanten stachen in meine empfindlichen Handflächen, doch dies kümmerte mich nicht. Wichtig war nur, meinen Vater zu finden und, falls er noch lebte, ihn zu retten, wenn er verletzt war.

Ein leises Wimmern entfuhr sich meiner Kehle, während ich Trümmer für Trümmer wegschaffte. Die Nacht brach nun vollends herein und breitete ihre tiefschwarzen Schwingen über dem Firmament aus. Die Zwillingsmonde Lech und Nech, der Gold- und der Silbermond, standen sich gegenüber und würden im Laufe der Nacht ihre Bahnen entlang des Himmels ziehen.

Schon bald zeigte sich, dass es aussichtslos war. Der Haufen war einfach zu groß und einige Teile zu schwer, als dass sie ein Junge wie ich hätte bewegen können. Doch ich wollte nicht aufgeben, ich wollte mich nicht dem Schicksal ergeben, das mir schon so viel Grauenvolles zugefügt hatte. Also versuchte ich weiterhin, mit meinen nun schon aufgeschürften und blutverschmierten Händen einen Weg durch den Schutt meines zertrümmerten Zuhauses zu finden.

Nach einer Ewigkeit, so schien es mir, machte ich einen erschreckenden Fund: Eine leblose Hand, die zum Vorschein kam, als ich einen zerfetzten Holzbalken beiseiteschob.

Ein beißender Geruch schlich sich in meine Nase und ich wich ein paar Schritte zurück. Ich konnte nicht genau sagen, was dies für ein Geruch war, denn ich hatte so etwas Abscheuliches noch nie gerochen. Doch ich vermutete, dass er nichts Gutes verhieß.

Nach einigen Sekunden des Zögerns versuchte ich, den Körper frei zu legen. Mein ganzes Wesen sträubte sich und ich legte unterbewusst die Ohren an, während der Schwanz nervös hin und her zuckte. Aber ich musste es tun. Ich musste mich davon überzeugten, ob dies mein Vater war und, ob dieser Mensch noch lebte.

Als ich einen besonders großen Stein wegrollte, kam mir sofort ein neuer Schwall dieses abscheulichen Geruchs in die Nase. Ich würgte, blickte nach unten und - wich hastig einige Schritte zurück, ehe ich stolperte und auf mein Hinterteil fiel.

Der Anblick, der sich mir bot, war zu schrecklich, als dass ich meinen Blick abwenden konnte. Vor mir lag die zertrümmerte und verschmorte Leiche einer unserer Diener. Ich konnte ihn nur als solchen erkennen, da die übrig gebliebenen Kleiderfetzen ganz deutlich auf die ehemalige Dienerkluft deuten ließen. Doch, um welchen Diener es sich handelte, konnte ich beim besten Willen nicht mehr sagen. Dazu war die Leiche viel zu zerschunden, verschmort und zertrümmert. Genauer gesagt hingen nur noch wenige verbrannte Fleischfetzen an den geborstenen Knochen, während trockenes Blut an den Steinen ringsum haftete.

Da wurde mir bewusst, welchen Ursprung der Gestank hatte. Sofort drehte ich mich um und übergab mich. Hastig stand ich auf, lief ein paar schwankende Schritte und brach schließlich auf einem Fleck unverbranntem Gras hinter einem Stein zusammen. Ich war plötzlich hundemüde und total fertig. Tränen der Verzweiflung und Trauer rannen über mein vor innerem Schmerz verzerrtes Gesicht.

Es war aussichtslos. Die verschmorte Leiche des Dieners hatte mir gezeigt, dass ich meinen Vater nicht mehr retten konnte. Alles war verloren. Mein Zuhause war zerstört und mein Vater höchstwahrscheinlich tot. Ich wusste nicht, wohin ich gehen oder was ich machen sollte. Und um dem Ganzen die Krönung aufzusetzen, wurde ich noch zu allem Überfluss in diese schreckliche Bestie verwandelt! In dieser Gestalt konnte ich mich von keinem Menschen blicken lassen. Wirklich, schlimmer konnte es gar nicht mehr kommen! Wieso musste mich das Schicksal so bestrafen?

Weinkrämpfe schüttelten mich, während ich mir auf die Lippen biss und mit einem Schluchzer kämpfte. >Oh, du verdammte Welt! Was hast du mir nur angetan?<, dachte ich verbittert.

Plötzlich vernahm ich ein leises Knacken. Es war so leise, dass es ein normaler Mensch gar nicht hören konnte, doch dank meines verbesserten Hörsinnes war es für mich klar und deutlich. Erschrocken drehte ich mich herum und rappelte mich auf, sodass ich hinter dem Fels kniete und darüber hinwegspähen konnte.

Es brauchte eine Weile, ehe ich den Ursprung des Geräusches herausfand: Zwei in Umhänge gehüllte Gestalten näherten sich vom unzerstörten Tor in der Mauer, die unser Grundstück umgab, den Ruinen. Sie setzten ihre Schritte mit Bedacht, konnten aber nicht verhindern, dass ich sie dennoch hörte. Einige Schritte vor dem ersten Trümmerhaufen blieben sie stehen.

Eine dieser verhüllten Personen steckte die Hände in die Taschen des Umhangs und stieß einen lauten Seufzer aus. „Ach herrje, was für eine Zerstörung! Ich glaube, hier gibt es nichts für uns zu holen!“, murmelte diese und ich erkannte an der tiefen, volltönenden Stimme, dass es ein Mann war.

Schreck durchzuckte mich. Waren das etwa Diebe, die nun versuchen wollten, irgendwelche Reichtümer aus den Ruinen zu bergen? Wenn das der Fall war, dann musste ich so schnell wie möglich weg von hier, ehe sie mich entdeckten.

Doch ein inneres Gefühl sagte mir, dass ich noch bleiben sollte. So bewegte ich mich nicht und wartete darauf, was die zwei Diebe noch zu sagen hatten.

Nun war es die zweite Gestalt, die einen Seufzer ausstieß, die Arme vor der Brust verschränkte und sagte: „Da hast du wohl recht. Aber was ist hier nur passiert? Das kann doch kein gewöhnlicher Brand gewesen sein!“ Auch die zweite Gestalt war ein Mann, allerdings war seine Stimme nicht so tief wie die des ersten, was mich darauf schließen ließ, dass er jünger war.

Der ältere Mann stieß ein Brummen aus. „Ich habe gehört, dass vor zwei Tagen ein Trupp Soldaten hier aufgetaucht sei. Man munkelt, der König habe sie geschickt, um den Hausherrn Arbas Lore’san und seine Dienerschaft ins Schloss zu bringen. Es sollte wohl zu seiner Sicherheit sein, aber Lore’san hatte sich dagegen gewehrt und ist zu Hause geblieben.

Tja, das war wohl die falsche Entscheidung, denn einen Tag darauf, mitten in der Nacht, erschütterte eine gewaltige Explosion die gesamte Stadt und zerriss dieses Haus. Es muss eine gewaltige Macht gewesen sein, aber wir können von Glück reden, dass es die umliegenden Villen nicht getroffen hat. Niemand kann sagen, wo die Explosion ihren Ursprung oder wer sie verursacht hat, aber es gibt Leute, die behaupten, dass sie vor diesem schrecklichen Vorfall eine Gruppe vermummter Gestalten auf dem Grundstück gesehen hatten. Aber das ist nur ein Gerücht“, erklärte er seinem jüngeren Begleiter, der daraufhin fragte: „Gibt es Überlebende, die vor der Explosion fliehen konnten?“

„Nein, die gibt es leider nicht. Keiner konnte entkommen. Selbst Arbas Lore’san, der sich in diesem Moment im Haus befunden hatte, wurde von der Explosion getötet, denn niemand hat daraufhin etwas von ihm gehört.“

Während ich den Dieben lauschte, machte sich erneut Entsetzen in mir breit. Wie um alles in der Welt konnte mein Vater nur so starrköpfig gewesen sein? Er hätte ins Schloss gehen sollen! Oder hatte Arbas einen bestimmten Grund? Leider konnte ich ihn nicht mehr fragen.

Ich richtete meinen Blick wieder auf die zwei Gestalten. Der Jüngere machte ein paar Schritte auf den nächsten Schutthaufen zu und stieß mit seinem Fuß einen Stein um.

„Naja, wie dem auch sei, lass uns wieder gehen! Ich glaube nicht, dass wir hier etwas finden werden. Außerdem behagt mir der Gedanke nicht, an solch einem Ort nach Beute zu suchen.“

Er drehte sich wieder um und sein älterer Gefährte nickte zustimmend. „Da hast du wohl Recht! Überlassen wir dieses Trümmerfeld den Leuten des Königs, die morgen kommen“, antwortete er und sie machten sich gemeinsam auf den Rückweg.

Ein großer Stein fiel von meinem Herzen, als ich die beiden Männer hinter der nächsten Ecke verschwinden sah. Gut, sie würden nun kein Problem mehr für mich darstellen. Dennoch heiterte mich diese Tatsache herzlich wenig auf, denn ich wusste immer noch nicht, was ich tun sollte.

Plötzlich musste ich gähnen und da fiel mir ein, dass ich dringend etwas Schlaf brauchte. Die vergangenen Tage waren sehr anstrengend und die Nacht in dieser Höhle unterm Baum war alles andere als erholsam gewesen.

Somit rappelte ich mich mühsam auf und suchte mir unter einem umgestürzten Baum an der Westseite unseres Grundstückes nahe der großen Grenzmauer einen sicheren Platz für die Nacht. Ich wollte das Grundstück noch nicht verlassen, denn ich musste das gesamte Ausmaß der Zerstörung bei Tageslicht betrachten. Dass weitere Diebe kommen könnten, kümmerte mich momentan wenig. Wenn ich schlief, würde ich sie sicherlich rechtzeitig hören und somit genug Zeit zum Verschwinden haben.

Als ich einen einigermaßen bequemen Platz gefunden hatte, rollte ich mich auf dem kalten Boden zusammen und versuchte, zu schlafen. Meine umherirrenden Gedanken machten es mir nicht leicht. Sie kehrten immer wieder zu meinem explodierten Zuhause und dem Elend, in dem ich steckte, zurück. Aber als ich schon die Hoffnung aufgeben wollte fiel ich endlich in einen unruhigen Schlaf, gespickt mit heimsuchenden Albträumen.
 

Mit eingezogenem Schwanz schlich eine kleine Gestalt an den schlafenden Sam heran und blieb einen Meter entfernt von ihm sitzen. Es war die rotbraune Katze und man konnte ihr regelrecht ihr Mitgefühl für den Jungen ansehen. Am liebsten wäre sie zu ihm hin gegangen und hätte ihn durch ein paar Schmuseeinheiten etwas aufgemuntert und ihm somit gezeigt, dass er nicht alleine war und sie seine Gefühle teilte. Doch sie wusste, dass sie das nicht konnte. Außerdem hätte es Sam sicherlich nicht geduldet, weil er ja keine Tiere mochte, wie sie schon festgestellt hatte.

Daher begnügte sich das kleine Raubtier damit, ihn zu beobachten, während sie ein leises, beschwichtigendes Schnurren von sich gab. Sie musste feststellen, dass Sam die Fähigkeit, selbst während des Schlafens alles in seiner Umgebung hören zu können, noch nicht nutzen konnte, sonst hätte er sie sicherlich wahrgenommen. Also fühlte sie sich dazu verpflichtet, die Nacht über auf ihn aufzupassen.

Die Katze schüttelte den Kopf. Dieser Junge musste noch viel lernen! Aber diese Tatsache minderte ihr Mitgefühl keineswegs. Ganz im Gegenteil, es wurde sogar noch größer. Da kam ihr plötzlich eine Idee und sie stand auf, kratzte sich kurz mit einem Hinterbein am linken Ohr und verschwand wieder in der Dunkelheit.

Kurz darauf kam sie wieder, hatte aber dieses Mal eine fette Maus im Maul, die bereits tot war. Diese Beute aß sie aber nicht selbst, sondern legte sie vor Sam auf den Boden.

Zufrieden mit dieser Tat setzte sich die Jägerin wieder auf ihren ursprünglichen Platz und beobachtete Sam weiterhin. Dadurch, dass sie sich nicht bewegte, glich sie einer Statue, die sich nur hin und wieder aus ihrer Erstarrung löste, um sich über die Flanke zu lecken oder die Ohren in eine Richtung zu lenken, aus der ein verdächtiges Geräusch kam.

Sie wusste, dass sie, wenn Sam wieder aufwachte, sofort wieder verschwinden musste.
 

Die ersten Sonnenstrahlen des neuen Morgens kitzelten mein Gesicht und ich wachte, geplagt von unzähligen Albträumen, wieder auf. Keuchend erhob ich mich und legte eine krallenbewehrte und noch immer blutige Hand an meine Stirn. Orientierungslos fragte ich mich, was ich hier machte, doch dann fiel mir alles wieder ein. Ein Stöhnen entrang sich meiner Kehle, als mir jeder Gedanke heiß und kalt durch den Kopf fuhr.

Natürlich war mein Schlaf alles andere als erholsam gewesen. Das hätte ich mir ja denken können. Noch immer schwirrten in meinem Kopf die Albträume und mein Rücken tat weh, als hätte ich auf einem Haufen Dornen geschlafen.

Nach einer Weile konnte ich wieder klar denken und richtete den Blick auf meine Umgebung. Es war früher Morgen und die Stadt begann, sich wieder zu regen, als einige Menschen schon aus den Häusern strömten, um ihren Arbeiten nachzugehen.

Mir war klar, dass ich so schnell wie möglich verschwinden musste, aber ich wollte unbedingt einen letzten Blick auf das Grundstück werfen. Also drehte ich mich um und begann, die Krone des umgestürzten Baumes hinaufzuklettern. Somit hatte ich einen guten Überblick über die Umgebung und die wenigen vom Herbst bunt gefärbten Blätter würden mich vor neugierigen Blicken schützen.

Es dauerte, zu meiner Überraschung, nicht lange und ich hatte einen einigermaßen stabilen Ast erreicht, der sich etwa zwei Meter über dem Boden befand. Eigentlich war ich noch nie gut im Baumklettern gewesen, denn ich hatte mich immer an jedem Ast den Kopf angestoßen oder war runter gefallen, sodass ich schnell die Lust daran verlor.

Doch, wie ich zu meinem großen Erstaunen feststellen musste, halfen mir die krallenförmigen Fingernägel und der Schwanz sehr dabei, das Gleichgewicht nicht zu verlieren und, um einen guten Halt an der verkohlten Rinde zu haben.

Oben an meinem Aussichtspunkt ließ ich meinen Blick über das Trümmerfeld schweifen, stets darauf bedacht, nicht zu der Leiche zu blicken, die ich gestern entdeckt hatte. Wie ich letzte Nacht schon festgestellt hatte, war keine einzige Mauer bis auf die südliche Grundmauer stehen geblieben. Überall lagen Bruchstücke herum und hier und da konnte ich etwas Goldenes aufblitzen sehen. Es waren wohl Überreste von unseren wertvollsten Sachen. Die Feuer waren allesamt abgebrannt, sodass ich keine einzige Bewegung mehr wahrnehmen konnte.

Zwar bot sich mir von dieser erhöhten Position nichts mehr, was ich nicht schon letzte Nacht gesehen hatte, aber dennoch gaben die morgendlichen Sonnenstrahlen und die neblige Luft dem Ganzen ein gruseliges und erschreckendes Aussehen.

Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken und ich begann, nach einer Weile wieder hinunter zu klettern. Als ich mich nur noch einen Meter über dem Boden befand, stieß ich mich ab und sprang, sodass ich federnd landete.

Ich wusste zwar immer noch nicht, was ich tun sollte, aber Tatsache war, dass ich von hier verschwinden musste, ehe die Leute von König Richard hier eintrafen. Ich legte die Ohren an und stieß unwillkürlich ein leises Knurren aus, denn ich hatte herzlich wenig Lust, in dieser Gestalt entdeckt, gefangen und ins Schloss gebracht zu werden. Auch wenn der König in meinen Augen ein guter Herrscher war, ich war mir aufgrund meiner Erfahrung bei den Spielleuten nicht sicher, was sie mit mir anstellen würden und mochte es auch gar nicht herausfinden.

Als ich bemerkte, was ich tat, hörte ich sofort auf zu knurren.

„Na toll, jetzt fängt das schon an!“, murmelte ich ärgerlich und schüttelte mich. Jetzt musste ich ja schon aufpassen, was ich im Unterbewusstsein tat!

Nachdem ich mich nun endlich wieder beruhigt hatte, drehte ich mich gen Norden und schritt auf das Tor zu, um das Grundstück zu verlassen. Doch ich hatte kaum zwei Schritte getan, als ich spürte, wie etwas Weiches unter meiner Schuhsohle zerquetscht wurde. Verwundert hielt ich inne, blickte nach unten und hob den Fuß. Dort lag, halb zerquetscht, eine tote Maus.

Angewidert rümpfte ich die Nase. „Ja igitt! Was hat denn die da zu suchen? Wie eklig!“, schimpfte ich und kickte den kleinen Leichnam wie zur Bekräftigung meiner Worte mit einer gekonnten Bewegung in den nächsten Schutthaufen. Anschließend rieb ich die vom Blut befleckte Schuhsohle trocken, als ich plötzlich nochmals inne hielt. Der Grund war, dass ich etwas Goldenes im Gras entdeckt hatte.

„Nanu? Was haben wir denn da?“ Ich legte den Kopf schief, lief zu der Stelle und ging dort in die Hocke, um mir das genauer anzusehen. Es sah aus wie eine goldene Kette. Vorsichtig streckte ich die Hand danach aus und hob das kühle Metall auf. Ich erschrak, als ich den sonnenförmigen Anhänger erblickte und die Kette wiedererkannte. Mein Vater hatte sie immer getragen.

Ich konnte mir nie erklären, was er an diesem hässlichen Stück so toll gefunden hatte, aber er hatte mir einmal erklärt, dass sie von meiner Mutter stammte. Auf einmal wurden meine Augen feucht, als ich an den sehnsüchtigen Gesichtsausdruck zurück dachte, den er immer hatte, wenn er von ihr sprach.

Plötzlich wusste ich, was ich tun musste. Ich stand auf und blickte auf den Anhänger in meiner Hand. Nach kurzem Zögern umfasste ich mit beiden Händen die Kette und legte sie mir um den Hals.

Ich werde meine Mutter suchen und ihr sagen, was meinem Vater widerfahren war. Zwar war mir diese Frau egal, schließlich hatte sie sich nicht um mich geschert und uns früh nach meiner Geburt verlassen, aber ich war es meinem Vater schuldig. Vielleicht konnte ich ihr somit auch noch zeigen, dass sie damals einen großen Fehler begangen hatte.

Wie um meinen Entschluss zu bestätigen, nickte ich, hob die Hand zur Kapuze meines Umhangs und zog sie mir über den Kopf. Somit konnten die Bewohner Tarirs meine absonderliche und verabscheuungswürdige Gestalt nicht sehen.

Anschließend wandte ich mich nach Norden und schritt auf das Tor zu, um das Grundstück endgültig zu verlassen. Bevor ich aber den ersten Schritt auf die Straße machte, drehte ich mich um und betrachtete mein zerstörtes Zuhause ein letztes Mal. Eine einzelne Träne lief an meinem Gesicht hinunter. Hastig wischte ich sie weg, wandte mich um und verschmolz mit dem Zwielicht, das aufgrund der aufgehenden Sonne zwischen den Mauern herrsche.
 


 


 

~Nacktes Grauen und ein Entschluss – Ende~
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Soo, nun endlich bin ich mit meinem fünften Kapitel fertig. =) Wie versprochen ist es wieder eines über meinen Hauptprotagonisten Sam.
Leider ist es etwas kurz geraten. Normalerweise wollte ich noch einiges mehr schreiben, aber dann habe ich erkannt, dass es dann doch zu viel gewesen wäre. Somit habe ich mich dazu entschlossen, das große Kapitel in zwei kleinere zu spalten.
Ich möchte mich entschuldigen, dass dieses Kapitel auch nicht gerade spannend ist. >_< Tut mir leid, aber es kann nicht immer so zugehen. Aber eines kann ich versprechen: das Nächste wird sicherlich spannender! >:D Außerdem habe ich dieses hier wieder einmal relativ offen enden lassen. ^^°

Ich glaube, es wird jetzt immer klarer, wieso ich diese Geschichte auch als „Drama“ eingestuft habe. Dem armen Sam ist schließlich schon einiges widerfahren. Mal sehen, was noch so alles auf ihn wartet ...
Nunja, ich möchte mich hier wieder einmal bei meinen Betaleserinnen bedanken, die sich diese Geschichte so schnell angesehen haben. Vielen Dank!
Jetzt will ich euch nicht weiter aufhalten! Ich hoffe, ihr freut euch auf das nächste Kapi genauso wie ich!

Eure Issu =3
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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Katzenelch
2012-12-10T15:21:05+00:00 10.12.2012 16:21
Der arme Sam... Ursprünglich ist er ja ein Charakter, den man nicht sooo gern mag, aber so etwas gönnt man niemandem T_T Irgendwie hoffe ich ja doch, dass sein Vater davongekommen ist (Was auch immer geschehen ist!?)

Wo wir auch schon bei der FF an sich wären. Kompliment, die Geschichte ist einfach wunderbar! Sie fesselt beim Lesen, lässt spannende Fragen offen und lässt mit den Charakteren mitfühlen.
Außerdem ist der Schreibstil an sich auch erste Sahne ;)

Freue mich schon rieeesig auf das nächste Kapitel °(^.^)°
Von:  _Saliona_
2012-08-21T18:19:14+00:00 21.08.2012 20:19
Ja in diesem Kapitel war wirklich nicht viel los, aber es muss ja nicht immer ne mords Action sein ^^ Fand es zur Abwechslung auch mal ganz gut und du hast die Szenen, wie Sam im Trümmerhaufen verzweifelt nach seinem Vater sucht, echt super beschrieben!
Am ekligsten fand ich ja immer noch die Stelle, bei der er die verschmorte Leiche entdeckt, wuah, wie aus einem Albtraum. >.< Das hast du ganz erschreckend beschrieben. Aber das ist gut. ;D
Dann fand ich diese zwei komischen Gestalten seltsam... Ich meine, dass die bestimmt nochmal vorkommen werden. ^^
Und die Katze war soo lieb, dass sie ihn sein "Essen" extra für ihn gejagt hat und dann schmeißt der Tölpel es einfach weg! X'DDD
Schön ist auch, dass du seine tierischen Eigenschaften schön langsam hervorhebst, wie, dass er auf einen Baum jetzt mühelos klettern kann und er das früher nie sehr mochte. ;)
Na, ich bin ja mal gespannt, wie es weitergeht! :)
Hdgggdlieb,
deine Sali ;}


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