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Damage Control

Ace/Nojiko
von

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IV. Ein Traum. Ace' Kumpel. Die Angst.

Der Himmel über ihrem Kopf war blutrot und es war schwül. Es war so heiß, dass die Luft um sie herum flimmerte. Sie stand auf einer Lichtung, wo Bäume und Sträucher gespenstige Tänze tanzten. Gleichzeitig war es still, so still, dass Nojiko ihr Herz gegen ihren Brustkorb hämmern hören konnte. Orangerotes Licht fiel durch die Baumkronen und brach sich auf dem blonden Haar des Mannes vor ihr. Nojiko stand einfach nur da, konnte sich nicht rühren, nicht einmal den Klumpen in ihrem Hals herunterschlucken. Sie wusste, dass es nur ein Traum war. Es musste einer sein! Doch die Welle aus Angst und Panik erschlug sie trotz allem.

„Dachtest du etwa, du hättest mich erledigt?“

Sein Lachen war schallend und laut. Selbst als sein Mund wieder zugeklappt war, dröhnte es noch in ihren Ohren. Es jagte ihr kalte Schauer über den Rücken.

„Du bist genauso ein Träumer wie deine dumme Schwester!“, spuckte er und abermals folgte Gelächter. „Und obendrein bist du noch eine elende Mörderin. Wie ist es, jemand auf dem Gewissen zu haben? Dabei kannst du mich nicht töten, denn egal, wohin du gehst, mit deinem zarten Gewissen, werde ich immer dabei sein. Du wirst immer an mich denken. Immer!“ Und das Lachen hörte nicht auf. Es schien von allein Seiten zu kommen, von oben und unten, von außen und aus ihrem Inneren. Schweiß bildete sich auf Nojikos Stirn, ihre Haut war klamm und kalt. Und sie konnte nichts tun, nur dastehen, Bellamy anstarren, während sich zwei unsichtbare Hände um ihren Hals legten und langsam, quälend langsam zudrückten.

Das ist nur ein Traum, ein beschissener Traum, dachte sie. Die Luft wurde knapp. Lider schlossen sich, als sie sich anstrengte, Sauerstoff in ihre Lungen zu ziehen.

Was ist, wenn nicht?, wisperte eine Stimme. Jene, in ihrem Kopf. Jener Überlebensinstinkt mit Megafon. Was ist, wenn nicht? Wenn es kein Traum ist? Wenn es Realität ist?

„Ich hätte vermutlich das Gleiche getan“, sagte eine andere Stimme. Sie war merkwürdig ruhig, vertrauensselig. „Große Brüder verstehen halt große Schwestern.“
 

Nojikos Augen öffneten sich. Hektisch sog sie Sauerstoff ein. Sie saß kerzengerade im Dodge und starrte durch die Frontscheibe in den Wald hinaus. Die Sonne fiel hier und da durch die Baumwipfel und irgendwo zwitscherten Vögel. Es war ein schöner, warmer Frühlingstag, der einem Bilderbuch entsprungen sein konnte. Da war kein wiederauferstandener Bellamy und auch keine Stimmen. Nicht einmal Ace. Verwirrt blinzelnd sah sie sich um, während sie ihre steife Schulter massierte. Sie hatte noch nie in einem Auto übernachten, den Nackenschmerzen nach zu urteilen, würde sie es auch nicht wieder tun. Gähnend stieg sie aus, ließ aber die Autotür angelehnt, als sie nach Ace Ausschau hielt. Von diesem war keine Spur. Wäre es jemand anderes gewesen, hätte Nojiko geglaubt, man habe sie hier im Wald sitzen lassen. Nur handelte es sich hierbei um Ace, dem sie absolut vertraute. Wie könnte sie auch nicht, wenn sie ihn angerufen hatte, um eine Leiche verschwinden zu lassen.

Bellamy...

Der Traum war ihr so real vorgekommen, so detailliert. Selbst die Narbe über Bellamys Auge hatte sie sehen können. Und was er gesagt hatte, machte ihr noch immer Gänsehaut. Zartes Gewissen? Eigentlich hatte sie ihr Gewissen niemals als zart gesehen. Sie war nicht gerade sensibel. Glaubte sie zumindest.
 

„Ace?“, rief sie aus, um sich auf andere Gedanken zu bringen. Immerhin war es nur ein Traum gewesen. Ein simpler Traum, nichts weiter. „Ace, wo bist du?“

Sekunden später raschelte es im Gebüsch zu ihrer Rechten und Ace trat hervor. Er trug sein typisches Grinsen auf den Lippen. Nojiko ersparte sich die Frage, wo er gewesen war, als sie seine Hände am Verschluss seiner Hose sah. Sie senkte den Blick peinlich berührt, aber auch irgendwo amüsiert zu Boden und strich sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht.

„Ich dachte schon, du bist abgehauen“, scherzte sie, als Ace nichts sagte.

„Für so einen hältst du mich also“, erwiderte er belustigt. Sein gelbes Hemd war offen und hing ihm lose um die Schultern, als er zum Auto zurückkehrte. „Gut geschlafen?“ Er öffnete die Tür zum Rücksitz und kramte abermals zwischen all den Sachen herum. Nojiko wunderte sich unwillkürlich, was er noch alles herumfuhr. Es kam ihr fast so vor, als würde er in seinem Wagen wohnen. Obwohl sie schätzte, dass es dafür wohl doch noch zu wenig Zeug war.

„So gut, wie es sich im Sitzen halt schlafen lässt.“

„Mit der Zeit gewöhnt man sich dran“, meinte Ace, als er sich wieder aufrichtete. Dann drückte er ihr eine angefangene Wasserflasche und einen Energieriegel in die Hand. „Nach dem Frühstück fühlst du dich garantiert besser.“ Das bezweifelte Nojiko, aber dankbar war sie trotzdem.

„Wie alt ist der?“, fragte sie schmunzelnd und hielt den Riegel in die Höhe, bevor sie sich wieder ins Auto setzte. Ace setzte sich ebenfalls mit einem und einer halbleeren Colaflasche hinein.

„Höchstens ein, zwei Monate?“ Er zuckte mit den Schultern, als er das Papier aufriss und abbiss. „Luffy lässt das Zeug immer hier liegen“, fügte er mit vollem Mund hinzu. „Falls du danach noch Hunger hast, auf dem Rücksitz sind bestimmt noch welche. Ein paar davon sind allerdings noch von Halloween, also nicht mehr so jung.“

„Ist er für Halloween nicht ein bisschen alt?“

„Probieren tut er es trotzdem.“

„Hat er sich verkleidet?“, fragte Nojiko.

„Als Pirat“, erwiderte Ace und beide teilten ein Grinsen. Luffy ging immer als Pirat, jedes Jahr und das seit er klein war. Als Nojiko und Ace noch die Highschool besucht hatten, waren sie mit Luffy immer am Abend von Halloween durch Kokosville gezogen. Nojiko hatte Ace’ Hand gehalten, als sie hinter Luffy her geschlendert waren. Unterdessen hatte dieser an jede Tür geklopft und Süßigkeiten eingesackt, an denen Ace sich bedient hatte, um sie mit Nojiko zu teilen. Damals war alles noch unkompliziert und einfach und unschuldig gewesen. Als Kinder waren sie noch unbefleckt gewesen, jetzt trug Nojiko so viel Schuld mit sich herum, dass sie nicht wusste, wohin damit. Ace schien ihren Gedanken zu verfolgen.

„Ich hab’ Zoro angerufen“, meinte er irgendwann und schmiss das Papier des Riegels auf den Rücksitz. „Er sollte in einer Stunde hier sein. Wir sollten uns auch bald auf den Weg zurück zur Straße machen.“

„Du hast Zoro... von Bellamy erzählst?“, fragte Nojiko, nachdem sie sich am Wasser verschluckt hatte. Sie hustete und Ace klopfte ihr sachte auf den Rücken.

„Nur, dass mein Auto liegengelieben ist und ich ’ne Mitfahrgelegenheit brauch’“, erwiderte er schulternzuckend.

„Und wie erklärst du, dass ich reinzufällig auch da bin?“

„Ganz einfach“, sagte Ace und grinste verschmitzt, dass es Nojiko lauwarm den Rücken herunterlief. „Wir haben die Nacht miteinander verbracht, weil es zwischen uns wieder gefunkt hat.“ Und Nojiko wurde sich der Hand bewusst, die nun bewegungslos in ihrem Nacken lag. Sie schloss die Augen für einen kurzen Augenblick.

„Gar nicht mal so dumm gedacht“, erwiderte sie dann schmunzelnd.
 

Wenige Zeit später baute Ace kurzerhand die Batterie des Dodge aus und steckte sie in Luffys Rucksack, den er ebenfalls auf dem Rücksitz hatte liegen lassen. Danach machten sie sich auf den Weg zurück zur Straße. Bei Tageslicht war diese weitaus einfacher zu finden, als gestern Nacht der Wagen. Besonders, weil sie dem zugewachsenen Feldweg folgen konnten. Es war ein Kinderspiel. Trotzdem nagten Schuldgefühle an Nojiko, als sie Ace hin und wieder über die Schulter blicken sah. Er beobachtete wie der rote Dodge Viper langsam hinter Bäumen und Büschen zurückblieb. Sie wusste, wie sehr er an diesem Wagen hing. Beinahe instinktiv griff sie daher nach seiner Hand und verhakte ihre Finger ineinander. Vielleicht war es mehr eine alte Gewohnheit, die jetzt, da sie mit Ace zusammen war, wieder hochkam, als ein simpler Instinkt.

„Zoro denkt immerhin, dass wir die Nacht miteinander verbracht haben“, meinte sie auf Ace’ grinsenden Seitenblick hin. Dieser hüllte sich in Schweigen, doch Nojiko hätte wetten können, dass jenes Grinsen noch ein Stückchen größer geworden war. Es ließ sie lächeln, während sie beide weiter einen Fuß vor den anderen setzten.

Es dauerte nur einige Minuten, bis der Wald sich lichtete und schließlich ganz wich, um die Straße preiszugeben. Grauer Asphalt mit Schlaglöcher hier und da zog sich links und rechts bis zum Horizont. Die Straße schien weder Anfang noch Ende zu besitzen. Nojiko ließ seine Hand los, als sie in beide Richtungen schaute. Kein Auto weit und breit. Alles wirkte wie ausgestorben, als wären sie die letzten Menschen auf diesem Planeten. Es erinnerte sie an all die Zombiefilme, die zu Halloween im Fernsehen gekommen waren und die sie sich mit Nami angesehen hatte. Sie hatten einen Fernsehabend veranstaltet mit einer Schüssel Süßigkeiten, während sie auf Kinder an der Tür gewartet hatten. Leider war es nicht Halloween und das hier kein Film. Nein, das war die Realität, die nie mehr so unbefangen sein würde, wie sie es an jenem Abend gewesen war. Nichts war mehr wie früher, denn sie hatte einen Mann umgebracht und seine Leiche in dem nächstbesten Wald verscharrt. Und sein Mörder würde niemals seine gerechte Strafe erfahren, denn Nojiko gab ihre Tat nicht zu. Bellamy würde niemals seine unverdiente Ruhe finden, weil Nojiko sich entschieden hatte, lieber sich selbst zu retten. Und alles, was ihr einfiel, war: „Wann kommt Zoro denn endlich?“

Ace, der sich an einen der Baumstämme gelehnt hatte, zuckte mit den Schultern.

„Die Stunde ist noch nicht mal rum“, meinte er, vergrub die Hände in den Hosentaschen und studierte unterdessen Nojikos Rückseite.
 

Als Zoros alter Mercedes tatsächlich auftauchte, stieß sich Ace vom Baum ab und kam neben Nojiko zum Stehen. Er legte ihr nonchalant eine Hand auf die Schulter und murmelte ein trockenes „Na also“. Nojiko warf ihm einen schrägen Blick an den Kopf, bevor ihre Augen wieder zu Zoros Wagen wanderten, der vor ihnen am Straßenrand hielt. Im Gegensatz zu Ace, der seinen Dodge hegte und pflegte, sah Zoro seinen Mercedes nur als Auto an. Die Kratzer und Beulen des Wagen sprachen Bände. Er sah noch schlimmer aus, als Nojiko ihn in Erinnerung hatte.

„Du bist ein echter Held, Zoro“, begrüßte ihn Ace, als er sich auf dem Beifahrersitz schob und den Rucksack mit der Batterie zwischen seinen Füßen abstellte. Der Angesprochene grummelte etwas unverständliches und bedachte Nojiko mit einem knappen Blick im Rückspiegel. Auch dieser Blick sprach Bände, woraufhin sich Nojiko mit zittrigen Fingern anschnallte. Im Nachhinein war sie sich sicher, dass die Leiche zu entsorgen, noch der einfachste Teil gewesen war. Doch anderen Menschen – Menschen, die sie kannte – offen in die Augen sehen zu können, war etwas vollkommen anderes.

„Was macht sie hier?“, fragte Zoro, als er weiterfuhr. Nojiko schaute aus dem Seitenfenster, obwohl sie seine Worte durchaus verstanden hatte. Ace grinste, das konnte sie sehen, als sie einen Blick in den Seitenspiegel warf.

„Erklär’ ich dir später“, erwiderte er im zweideutigen Ton.

Die meiste Zeit der Fahrt war es still. Nur monotone Fahrgeräusche lullten Nojiko ein, dass sie sich fast erschrocken hätte, als Ace’ Stimme wieder erklang.

„Hast du morgen schon was vor?“, fragte er an Zoro gewand.

„Was willst du jetzt wieder?“

„Wieso denkt eigentlich jeder gleich so abwertend von mir?“ Er lachte rau auf, doch Zoros Gesicht blieb genauso ausdruckslos wie zuvor auch. „Ich dachte mir nur, dass du mich morgen wieder hierher zurückfahren könntest, damit ich die Batterie wieder einbauen kann.“ Ace deutete auf den Rucksack und Zoro nickte kaum merklich.
 

Inzwischen flog ein Schild mit ‚Kokosville 3 Meilen’ an ihnen vorbei. Nojiko schluckte. Kokosville bedeutete hintergehen und lügen. Kokosville bedeutete sich dem stellen, was sie getan hatte.

Und wenn man Dinge vermeiden wollte, dann verging die Zeit bekanntlich noch schneller. Minuten waren plötzlich nichts weiter als Sekunden, als die Zeit einem wie Wasser durch die Finger floss. Deshalb fand sich Nojiko kurz darauf vor ihrem Haus wieder und stieg wie benommen aus. Sie sah zu dem zweitstockigen Haus herüber. Es war im viktorianischem Baustil erbaut worden und hatte eine breiten Veranda vor der Eingangstür, doch Nojiko sah es jetzt mit anderen Augen. Es war kein simples Haus mehr, nicht ihr Zuhause, sondern das Schafott, wo ihr Henker auf sie wartete.
 


 

Tbc.
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Wintersoldier
2010-12-06T15:37:59+00:00 06.12.2010 16:37
Ich hab ja versprochen, wenn ein Kommentar kommt, kommt der nächste gleich hinterher, also... mir gefällt ja der Satz sehr schön: „Ganz einfach“, sagte Ace und grinste verschmitzt, dass es Nojiko __blauwarm__ den Rücken herunter lief. ;P

Ich mochte die Traumsequenz am Anfang. Du stellst Nojikos Zweifel sehr nachvollziehbar da und ich bin mir fast schon sicher, dass sie nicht lange mit dieser Schuld rumlaufen kann, so wie sie sich darüber den Kopf zerbricht. Da würde man ja fast schon gerne wissen, wie Ace darüber so denkt. Der scheint so locker drauf zu sein, als sei gar nichts gewesen...

Zoros kleiner Auftritt war auch sehr schön. Bei "Ace' Kumpel" hab ich zwar irgendwie an Marcus gedacht und nicht an Zoro, aber egal. Es ist eigentlich immer gut, wenn Zoro auftaucht. ^^

So, mehr hab ich auch schon wieder nicht zu sagen. Abgesehen davon, dass ich mich schon auf das nächste Kapitel freue. ♥
Von:  PurplePassion
2010-11-29T17:14:05+00:00 29.11.2010 18:14
hach, das arme ding hält es aber nicht lange aus ohne zu beichten! :S ich finde es sooo cool, dass noch andere op charas miteingebaut werden! :D zoro ist dir gut gelungen, finde ich. hab mich voll gefreut dass der vorgekommen ist. ;)
ich freu mich wie immer schon riesig auf's nächste kapi, jetzt kommt's ja erst zum eingemachten, wa?
mach's gut!

pp


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