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Damage Control

Ace/Nojiko
von

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III. Der Wald. Der Kofferraum. Eine Panne.

„Der Ort ist schön und gut“, bemerkte Nojiko irgendwann, „aber wir haben überhaupt nichts, um ein Loch zu buddeln. Keine Schaufel, gar nichts.“ Ace nickte kaum merklich. Dazu konnte er scheinbar nicht viel sagen, woraufhin beide Bellamy, in den Kofferraum gequetscht, ansahen. So abgelegen wie es war, hatte keiner der beiden die Angst, dass man sie sehen würde. Das einzige, was hier drinnen Augen hatte, waren Rehe und die vielen Krabbelviecher im Unterholz. Nichts, was zwei Beine hatte und die Polizei alarmieren konnte, da war sich Nojiko sicher.

„Ich hab’ eine Idee“, meinte Ace plötzlich und grinste sie verschmitzt an. Er umrundete das Auto, zog die Tür zum Rücksitz auf, schaltete das Deckenlicht dort an und kramte zwischen CDs und leeren Bierdosen herum. Bevor Nojiko nachfragen konnte, präsentierte Ace ihr einen Plastikbecher. Ihn entgegen nehmend, drehte Nojiko ihn in ihren Händen hin und her. Es war einer, den man an jeder Tankstelle für einen Dollar bekam und den man unbegrenzt nachfüllen konnte. Dem braunen Rand im Inneren nachzuurteilen, hatte Ace Cola getrunken. Nojiko hob eine Braue.

„Und damit willst du ein Loch graben, das nicht nur tief, sondern auch breit genug für einen Menschen ist?“

„In so einer Situation kann man halt nicht wählerisch sein.“ Abermals grinste Ace gelassen. Für ihn schien das alles Hand und Fuß zu haben. „Ich hab’ irgendwo noch einen, dann geht’s doppelt so schnell.“ Wieder ging er zum Kofferraum, fing dort an zu suchen. Nojiko stand nur daneben. Sie wusste nicht so recht, was sie von dem Ganzen halten sollte.

„Mach’ nicht so ein Gesicht“, sagte Ace dann, sein Grinsen noch eine Spur breiter. Und obwohl es beinahe unmöglich schien, wurde es größer, als er einen Spaten irgendwo hinter Bellamy herauszog. „Das war nämlich nur ’n Scherz.“

„Ist das dein Ernst?“, fragte Nojiko, schmiss sie den Pappbecher wieder auf den Rücksitz und die Autotür zu. Der Spaten war genau das, was sie jetzt brauchten! Und warum zum Teufel erlaubte er sich Späße, die dermaßen unerwünscht waren. Sie knuffte ihm in die Seite und nahm ihm den Spaten ab. „Woher hast du den?“

„Jobs.“ Nebenbei zog er noch eine Harke zum Ausklappen aus dem Kofferraum und drückte diese ebenfalls Nojiko in die Hand. „Makino hat Luffy und mich gebeten, uns um ihren Garten zu kümmern. Der brauchte mal ’ne Generalüberholung.“

„Du spielst also immer noch 'Mädchen für alles' im Dorf?“ Daraufhin lachte Ace leise auf und Nojiko wandte den Blick von ihm ab. Eigentlich ging es sie auch gar nichts an.

„Ich kann mich nicht beklagen“, sagte er und richtete seinen roten Cowboyhut. „Es sind gute Jobs. Im Grunde nicht viel anders als deiner.“

„Wie das denn?“

„Jede Orange, die du hegst und pflegst, ist wie jeder meiner Jobs. Du kriegst jede Orange bezahlt auf dem Markt, genauso wie ich jeden Job. Wir arbeiten von Orange zu Orange.“

Er zuckte heiter mit den Schultern. Dann griff er nach Bellamys Armen, zog ihn aus dem Kofferraum und hievte ihn sich ächzend über die Schulter. Als er davon marschierte, eine wahllose Richtung einschlug, schloss Nojiko den Deckel und trug das Equipment hinter ihm her. Keiner der beiden bemerkte das brennende Licht im Wagen. Nein, sie stiefelten durch dichtes Laub tiefer in den Wald davon, dass dieser schnell außer Sichtweite geriet. Nichts als Bäume und Sträucher, grün und braun blieben übrig. Nojiko war wirklich nicht kleinlich, doch jetzt wünschte sie sich, sie hätte keine Sandalen angezogen.
 

Irgendwann fanden sie glücklicher Weise eine besonders dicht bewachsene Stelle. Ace legte Bellamy auf dem Boden ab und klopfte ihm auf die Schulter, als wollte er ihm sagen, dass alles irgendwie schon in Ordnung kommen würde. Doch würde es wirklich? Konnte es überhaupt? Nojiko war sich da nicht mehr so sicher. Immerhin hatte sie einem Mann das Leben genommen. Unfall hin oder her. Wäre sie nicht gewesen, würde Bellamy noch am Leben sein. Und womöglich Nami wieder durch die Mangel nehmen, sagte die Wut in ihrem Bauch, die sie erst mit der Glock zu seinem Haus geführt hatte. Sie konnte sich daran erinnern, als würde sie noch jetzt vor seiner Tür stehen und auf die Klingel drücken. Als würde sie ihm jetzt, in diesem Augenblick Beleidigungen an den Kopf werfen. Als würde sie in dieser Sekunde die Waffe herausholen, weil er auf sie zukommt. Nojiko verzog unwillkürlich das Gesicht. Sie wollte nicht daran denken, wollte auch nicht in das Gesicht dieses Schweins schauen, weshalb sie ihre Augen schloss. Sie öffnete sie erst wieder, als sich ein Arm um ihre Schultern legte. Es war Ace’ Arm und sie lächelte zu ihm hoch. Danach griff Nojiko nach dem Spaten und begann zu graben, während Ace sich auf einen abgeknickten Baumstamm niederließ. Es kam ihr so vor, als wäre sie Bellamy das schuldig. Die Gefühlswelt war schon eine merkwürdige Sache. Aber Leben spielte schon immer gerne mit den Emotionen eines Menschen Tischtennis. Hin und her und ab ins Aus.
 

Inzwischen veränderte sich der Sonnenstand. Hier und da fanden Strahlen den Weg durch die dichten Baumwipfel, fielen Nojiko ins Gesicht. Schweiß stand ihr auf der Stirn und ihre Arme schmerzten. Jede Bewegung mit dem Spaten schien die letzte, doch sie zwang sich weiterzumachen. Das Loch war zwar keinen Meter tief bis jetzt, hatte aber die Form eines Sargs. Sehr passend, aber Nojiko hatte einfach nicht gewusst, was für eine Form sie sonst hätte ausheben sollen. Sie steckte den Spaten in die Erde und atmete tief durch.

„Wenn du so weitermachst, dann sind wir morgen noch hier“, sagte Ace grinsend und löste sie ab. Weiter wanderte die Sonne am Horizont und größer wurde der Berg Erde neben dem sargförmigen Loch. Irgendwann war es dann so weit, Dunkelheit flutete den Wald, aber das Loch war fertig.

„Das dürfte tief genug sein, damit wilde Tiere ihn nicht ausbuddeln“, sagte Ace, als er den Spaten fallen ließ. Nojiko knirschte mit den Zähnen bei diesem Gedanken und zusammen ließen sie Bellamy in das Loch sinken.

„Irgendwelche letzten Worte?“

„Eigentlich nicht...“, erwiderte Nojiko. Was sollte sie ihm sagen? Außer vielleicht, dass es ihr nicht so leid tat, wie angebracht war?

„Na gut“, antwortete Ace. „Dann ruh’ mal in Frieden, Kumpel.“ Damit schaufelte er das Loch zu. Das ging relativ schnell im Vergleich zum Ausheben. Schweigend beobachtete Nojiko wie sein Gesicht unter der braunen Erde verschwand. Ihr Magen drehte sich um. Aus mehreren Gründen. Da war der Verwesungsprozess, der ihr in den Kopf geschossen kam mit Maden und anderen Viechern, und Nami, die ihm Krankenhaus lag und von nichts ahnte. Irgendwie bekam sie das Gefühl, dass es hiermit leider nicht getan war.
 

Es war praktisch schon finster, als sie Laub über die Stelle harkten und sie sich endlich auf den Rückweg machen konnten. Allerdings stellte sich das als schwieriger heraus, als sie gedacht hatten.

„Weißt du, aus welcher Richtung wir gekommen sind?“

„Aus Westen“, entwich es Ace und er kramte in seiner Hosentasche. Nojiko zuckte mit den Schultern. Das sagte ihr gar nichts. Woher sollte sie in der Dunkelheit wissen, wo Westen war? Zwar hatte sie mal gehört, dass man die Himmelsrichtungen irgendwie an den Sternen ablesen konnte, aber die konnte sie nicht sehen und die würden ihr auch nicht mehr sagen.

Unterdessen holte Ace seinen Schüsselbund heraus, befestigt an ihm ein Kompass in der Form eines Anhängers, der Himmelsrichtungen und Temperaturen anzeigte. Nojiko kannte ihn gut. Sie hatte Ace den Kompass zum Geburtstag geschenkt, bevor er mit Zoro und Luffy zum Campen aufgebrochen war.

„Den hast du noch?“, entwich es ihr wie von selbst. Inzwischen versuchte Ace die Nadel des Kompass im Dunkeln zu erkennen.

„Warum sollte ich nicht?“, erwiderte er heiter. „Geschenke gibt man nicht zurück.“ Dazu konnte Nojiko nicht viel sagen, nur, dass es ihr lauwarm den Rücken herunterlief. Sie zog ihr Mobiltelefon aus der Hosentasche und klappte es auf. Das Licht des Displays gab die Nadel preis und sie strauchelten und stolperten nach Westen. Und vielleicht war es Planung oder reiner Zufall, aber irgendwann fanden sie das Auto wieder, nachdem sie beinahe an ihm vorbeigelaufen wären.

„Seit wann verlässt du dich auf Kompasse?“, fragte Nojiko grinsend, als sie in den Dodge stiegen.

„Seit du mir einen geschenkt hast.“

„Verstehe“, erwiderte sie, obwohl sie eigentlich gar nichts verstand. Wie konnte er so was einfach sagen? Wie konnte es zwischen ihnen so unkompliziert sein, nachdem sie ihn nicht vertrauenswürdig genannt hatte. Nachdem sie ihm gesagt hatte, dass er sein Leben als ein reines Abenteuer sah und ihr das alles zu planlos war. Doch nun waren sie hier und plötzlich hatte Ace einen Plan, anstatt kopfüber ins Unbekannte zu stürzen.
 

„Der Wagen springt nicht an“, riss Ace’ Stimme sie aus seinen Gedanken. Nojikos Augenbraue zuckte in die Höhe.

„Was?“

„Der Wagen springt nicht an?“, wiederholte Ace, versuchte abermals den Wagen zu starten, doch bekam nur ein leises Keuchen als Antwort. Er kramte sein eigenes Handy aus der Hosentasche, öffnete die Motorhaube, stieg aus und leuchtete damit hinein. Nojiko folgte ihm, schaute zu, wie er an den Kabeln zupfte, checkte, ob keines lose war. Aber das schien nicht das Problem. Nein, Ace klappte den Deckel mit einem Knall zu und sie setzten sich zurück in den Wagen. Dort probierte Ace das Radio, doch auch das war tot.

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, die Batterie ist leer“, sagte er irgendwann und sah zum ersten Mal finster drein.

„Das heißt was genau?“

„Das wir hier festsitzen.“

Eigentlich hätte diese Wendung Nojiko nach alledem nicht überraschen sollen. Zu ihrem Erstaunen tat es das nicht mal wirklich. Sie war die Ruhe in Person. Sie zuckte mit den Schultern und lehnte ihren Kopf nach hinten gegen den Sitz.

„Dann übernachten wir eben hier“, sagte sie.

„Man wird Verdacht schöpfen“, erwiderte Ace und sah zu ihr herüber. Er grinste nicht.

„Niemand weiß, wo wir sind. Ich werde einfach allen sagen, dass wir die Nacht miteinander verbracht haben, weil es zwischen uns wieder gefunkt hat.“

„Ach,... hat es das denn?“

„Ich weiß es nicht.“

Sie grinste ihn an, dann wurde sie ernst.

„Warum hast du mir geholfen?“ Es brannte ihr schon die ganze Zeit auf der Zunge. Doch Ace sah aus dem Seitenfenster, dass sie sein Gesicht nicht richtig sehen konnte. Nicht mit der Dunkelheit im Wagen.

„Weil ich an deiner Stelle vermutlich das Gleiche getan hätte“, sagte er irgendwann, als sie glaubte, keine Antwort mehr zu bekommen. Inzwischen fing Nojiko an zu frösteln und rieb sich die nackten Arme. „Große Brüder verstehen halt große Schwestern.“ Und da war es wieder, dieses Grinsen. Gleichzeitig beugte Ace sich zum Rücksitz herüber, griff nach der Wolldecke, die er da herumzuliegen hatte und reichte sie Nojiko. Anschließend machte er es sich wieder in seinem eigenem Sitz gemütlich.

„Wenn du dich erkältest, denkt Genzo wieder das schlechteste über mich.“ Daraufhin lachte Nojiko auf.

„Bestimmt“, sagte sie und legte sich die kratzige Wolldecke über.

Das Ganze war schon fast romantisch, fast zum Verlieben. Ace war ein Kerl zum Verlieben - schon immer gewesen. Aber manchmal war Verlieben nicht genug. Und manchmal kam es einem nur so vor und man stieß es von sich, um dann zu bemerken, dass Verlieben alles war, was man gebraucht hätte. Denn Verlieben war jung und unverbraucht. Verlieben hielt Jahre, Jahrzehnte oftmals, während Liebe zerbrach. Liebe kroch einem wie Sand durch die Finger, wenn man nicht aufpasste.

„Ich denke, es hat zwischen uns gefunkt“, brachte sie irgendwann über die Lippen. Schweigen folgte ihren Worten, dass sie zu Ace herüberschaute.

Dieser lehnte mit dem Kopf am Seitenfenster und schlief.
 

Tbc.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Wintersoldier
2010-12-06T15:26:21+00:00 06.12.2010 16:26
So, jetzt kommt endlich auch mal der Kommentar von mir. Eigentlich hätte ich ja gedacht, wenn ich schon so lange brauch und daher auch solange darüber nachdenken kann, würde mir noch irgendwas sinnvolles einfallen, was ich zu dem Kapitel sagen könnte, aber irgendwie... finde ich einfach nichts zum Kritisieren.

Deine Charakterdarstellung ist toll, du verstehst es, die Atmosphäre richtig aufzubauen, und am den Verlauf kann man bisher auch nicht rummäkeln. Ich liebe die Interaktion zwischen Ace und Nojiko. Und der Punkt, an dem du aufhörst mit dem Kapitel, ist gut gewählt, weil immer noch alles, aber auch wirklich so gut wie alles noch passieren kann. Und gerade das macht es ja spannend. :D
Von: abgemeldet
2010-11-16T17:19:40+00:00 16.11.2010 18:19
es ist süß.
aber irgendwie auch bitter.

aber ich mag die idee, deinen schreibstil, deine darstellung der charaktere. es wirkt alles sehr autentisch.
ich werde die ff mit freuden weiter verfolgen ;)
Von:  PurplePassion
2010-11-14T14:32:38+00:00 14.11.2010 15:32
oh gooott!! das war sooo toll! :D
ich hab mich voll gefreut weiterzulesen! und diese ganze southern-atmosphere! genial! außerdem beschreibst du das alles so toll, man kann sich super hineinversetzen! ;)
und das zwischen ihnen ist soo süß, maan schreib biitte biitee weiter! ich verstehe garnicht warum ICH die erste bin die dir schreibt! xD
ich freu mich schon! ;)

pp


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