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Braut wider Willen

FF zu Karmas Crossdressing-Wettbewerb
von

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Braut wider Willen

Der Vormittag war im Hause Pegasus von Hektik geprägt. Joey wurde von Yami um halb acht aus dem Bett gescheucht und erfuhr am Frühstückstisch zu seinem Entsetzen, dass von Celia mittlerweile jegliche Spur fehlte. Mai stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Sie schaffte es kaum, ihr Brötchen zu essen und sprang jedes Mal von ihrem Platz auf, sobald Croquet herein- oder auch nur in die Nähe des Esszimmers kam. Joey hatte keine Ahnung, wie er sie beruhigen sollte – davon abgesehen, dass ihm genug eigene Dinge im Kopf herumschwirrten, vor allem, ob Alister mit seiner Einschätzung bezüglich Pegasus Recht hatte.

„Miss Celia“, Croquet tauchte im Türrahmen auf, Mai schoss kerzengerade in die Höhe, „Ihr Vater wünscht Sie in seinem Arbeitszimmer zu sprechen, sobald Sie mit dem Frühstück fertig sind.“

Joey, den Mund voll Rührei, nickte zustimmend, Mai sank enttäuscht auf ihren Stuhl zurück.

Ein paar Minuten später klopfte es an Maximillians Bürotür.

„Du wolltest mich sehen?“

Er bedeutete ihm, die Tür zu schließen und gegenüber von ihm vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen. Durch die gekippten Fenster waren die Arbeiter zu hören, die unter dem Kommando des Hochzeitsplaners die restlichen Zelte aufstellten und einrichteten. Joey erschrak vor seinem „Vater“. Er hatte dicke Ringe unter den Augen, seine Haut war blass. Seine Erschöpfung schlug einem geradezu in dicken Wellen entgegen.

„Ich muss ehrlich zugeben“, begann er, nachdem er Joey eine Weile nur stumm angesehen hatte, „auf eine gewisse Weise bewundere ich meine Tochter. In meinem Leben als Geschäftsmann habe ich schon viel erlebt, musste so manche Krise meistern … Aber mich dieser Art in die Enge zu treiben, das hat niemand bisher geschafft. Endlich ist Celias großer Tag da … und ich habe keine Ahnung, wo meine Tochter sich herumtreibt.“

„Wäre es dann nicht besser, die Hochzeit abzusagen?“, fragte sein Gegenüber vorsichtig. „Noch ist es dafür nicht zu spät.“

Pegasus sah aus, als wäre ihm angeboten worden, seine Firma in die Luft zu jagen.

„Wie stellst du dir das vor, das ist unmöglich! Was soll ich unseren Gästen sagen? Was den Devlins? Und vor allem, was soll ich Duke sagen?! Dass seine Braut es sich kurzfristig anders überlegt hat und ihn am Altar stehen lässt? Nein, unmöglich. Unsere Familien wären beide blamiert bis auf die Knochen, unser guter Ruf in der Firmenwelt wäre dahin!“

„Aber was willst du sonst tun? Warte … wie wäre es, wenn Celia krank ist? Eine schlimme Grippe mit Fieber oder so, irgendwas, das sie für eine Weile ans Bett fesselt, und die Hochzeit wird eben verschoben. Das ist dann höhere Gewalt oder so. Und ihr hättet mehr Zeit zum Suchen.“

„Prinzipiell eine gute Idee, nur … als Dukes Cousine vor zwei Jahren geheiratet hat, hatte ihr Bräutigam am Tag vorher einen Autounfall und ein gebrochenes Bein. Sie hat so lange geweint, bis Christopher ihn im Rollstuhl aus dem Krankenhaus zur Kirche gebracht hat. Uns bleibt keine Wahl, diese Hochzeit wird heute stattfinden.“

„Und wie, wenn die Hauptperson fehlt?“

„Du hast meine Tochter die letzten Tage so wunderbar vertreten, ich bin sicher, wir bekommen nachher von dir auch ein schönes, klares ‚Ja, ich will’ zu hören, wenn ihr am Altar steht.“

„Ich soll Duke heiraten?“, krächzte Joey entsetzt. „Ab … a … aber …“

„Du musst nur dem Standesbeamten antworten und die Heiratsurkunde unterschreiben, das ist alles.“

„Aber das wäre Urkundenfälschung!“, platzte es aus ihm heraus. „Wenn das rauskommt – Ich will nicht ins Gefängnis.“

„Es wird nichts herauskommen, wenn du nichts sagst.“

„Vergessen Sie’s“, wechselte Joey plötzlich die Anrede. „Das mach ich nicht.“

„Du bekommst fünfzehntausend Dollar extra“, versuchte Pegasus ihn zu locken.

„Nein, danke. Ich mache mich nicht strafbar.“

„Gut, dann dreißigtausend.“

„Nicht für Geld und gute Worte.“

„Niemand wird davon erfahren. Fünfzigtausend und“, er hob die Hand, da Joey ihn unterbrechen wollte, „meine Garantie, dass deine Schwester ihr Stipendium behält.“

„Lassen Sie Serenity aus dem Spiel.“

„Das würde ich wirklich gerne, aber wenn du nicht freiwillig kooperieren willst … Ich kenne die Vorstandsmitglieder des Universitätsrates und den leitenden Dekan sehr gut. Du möchtest sicher nicht, dass sie ihr Studium aufgeben muss, nur weil ihr das Geld dazu fehlt.“

„Dreckskerl“, murmelte der Blonde so leise, dass nur er selbst es verstand. „Gut, ich werde Duke heiraten, Vater. Denk aber nicht, dass ich mit ihm auch die Hochzeitsnacht verbringe. Ich werde heute Abend rasende Kopfschmerzen haben.“

„Wenn du das sagst, Celia … Alister bringt in zwei Stunden dein Kleid. Ich an deiner Stelle würde bis dahin noch meine Unterschrift üben.“

Mit einem letzten wütenden Blick stürmte Joey davon.
 

Schön, dich wiederzusehen“, begrüßte Alister den Blonden grinsend, der an Celias Frisiertisch saß und sich die Haare von Yami auf große Lockenwickler drehen ließ. Er legte das Kleid, in einen großen Stoffsack zum Schonen gehüllt, auf dem Bett ab, zog sich einen Hocker heran und setzte sich zu ihnen.

„Mir wäre es lieber, hier säße jemand anders. Au, das zieht, Yami!“

„Darauf werden wir lange warten können. Ich habe es dir gesagt, wenn sie nicht gefunden werden will, wird sie es nicht. Da kann ihr Vater als Plüschhase verkleidet über die Wiesen hopsen.“

Die drei jungen Männer lachten bei der Vorstellung. Joey war froh, wenigstens noch ein paar fröhliche Sekunden zu haben, wenn dieser Tag schon sein persönlicher Weltuntergang werden sollte. Er hatte sich in den letzten Stunden vergeblich gemüht, die Unterschrift der Braut nachzuahmen. Von Celias fein gestochener Handschrift war er mit seiner Sauklaue noch meilenweit entfernt, ganz zu schweigen davon, dass ihm die Hand vom Üben wehtat.

Die Stunden bis zur Trauung vergingen wie im Flug. Nicht lange, nachdem Yami die Vorarbeiten für Joeys Frisur beendet hatte, wurde das etwas verfrühte Mittagessen aufgetragen, bevor sich der bunthaarige Stylist weiter an seinem Freund austobte. Joey wurden die gelockten Haare aufgesteckt, er wurde dezent geschminkt, während er sich weiter verzweifelt in der nötigen Unterschrift übte.

Alister und Yami halfen ihm in die Unterwäsche (wobei Joey befand, dass Reizwäsche völlig überbewertet wurde und er sich das blaue Strumpfband samt Strümpfen am liebsten gleich wieder ausgezogen hätte). Der Stylist biss sich die Unterlippe bei dem Versuch, nicht über ihn zu lachen, blutig.

„Dann mal zum wichtigsten Kleidungsstück“, lächelte Alister und öffnete den Reißverschluss des Schutzbeutels. Er hob das Kleid heraus und hielt es Joey vor die Nase. „Und?“

„Das ist … kein Baisertörtchen mehr“, grinste er „Was hast du damit gemacht?“

„Es in seinen Urzustand zurückversetzt. Wie ist es, ziehst du es an?“

„’ne große Wahl hab ich ja wohl nicht. Nee, das Kleid sieht hübsch aus. So hätte es Celia sicher gefallen.“

Rund zwanzig Minuten später trat Joey vor den großen Spiegel und betrachtete sich eingehend.

„Na, zufrieden mit dem Ergebnis?“, fragte Yami und zupfte ihm den langen Schleier zurecht, der an seinem Diadem befestigt war.

„Ja, ich denke schon.“

„Dann lächle mal, dass Pegasus eine glückliche Braut zum Altar führen kann.“

„Was ist, wenn ich bei der Hochzeit was vergeige? Wenn sie was merken und …“

Panik begann in ihm aufzusteigen. Selbst wenn er lediglich eine Rolle spielte, jemanden vertrat - Himmel, er würde gleich heiraten! Schlimmer noch, er würde Duke heiraten. Wenn durch irgendeinen blöden Zufall jemals Tristan und seine restlichen Freunde davon erfahren sollten (wie gut, dass Yami mittels Vertrag zur Geheimhaltung verpflichtet worden war), würden sie ihn bis an sein Lebensende damit aufziehen.

„Joey …“ Ein fester Griff um seine Oberarme ließ ihn wieder zu sich kommen. „Hey, ganz ruhig, Kleiner. Du hast keinen Grund, in Angst auszubrechen. Pegasus führt dich zum Altar und dann musst du bloß noch an der richtigen Stelle ‚Ja’ sagen. Und ansonsten nur lächeln und winken.“

Joey atmete kräftig durch, nickte dann aber und verließ, von Alister und Yami gefolgt, das Zimmer.

Maximillian wartete in der Eingangshalle auf sie, in der Hand ein großes Blumenbouquet aus Orchideen und roten Rosen. Den Saum seines Kleides hebend, schritt Joey hoheitsvoll, wie er hoffte, die Treppen hinab.

„Du siehst wunderhübsch aus. Aber …“, er stockte, gerade im Begriff, Joey die Blumen zu reichen, „das ist ja ein ganz anderes Kleid als das, was wir bestellt hatten. Alister, was ist mit Celias Kleid geschehen?“

„Ich habe nur das geliefert, was Ihre Tochter von Anfang an gewünscht hat: Ein schlichtes Kleid ohne Schnörkel, ohne Ärmel, dafür mit weitem Rock und etwas Spitze als Verzierung am Rocksaum.“

„Warum wurde das nicht mit mir abgesprochen?“

„Mit Verlaub, Mr. Pegasus.“ Alister räusperte sich. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Vorstellungen der Braut häufiger mit denen ihrer Verwandten differieren, aber es ist vor allem wichtig, dass diejenige, die das Kleid am Ende trägt, sich darin wohlfühlt.“

„Und das tue ich“, griff Joey ein. Davon abgesehen, dass ich nach dem heutigen Tag nie wieder ein Kleid tragen werde, aber das hier ist tausendmal besser als das Baisertörtchen.

„Jetzt ist es ohnehin zu spät“, knurrte Pegasus unwillig. „Unsere Gäste warten. Gehen Sie beide vor, Croquet wird Sie zu Ihren Plätzen bringen.“

Sie warfen Joey noch einen aufmunternden Blick zu und verschwanden. Pegasus und Joey folgten ihnen langsam Richtung Salon, von dem aus sie gleich in den Garten schreiten würden.

In den weitläufigen Gartenanlagen waren rund ein Dutzend weiße Zelte errichtet worden, unter denen die vielköpfige Hochzeitsgesellschaft nach der Trauzeremonie feiern würde. Ballons und große Blumengestecke rahmten alles ein. Die Gäste hatten mittlerweile fast alle auf den Stühlen Platz genommen, die in langen Reihen, einen breiten Mittelgang lassend, aufgestellt waren.

Der Blonde trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Gleich, ein paar Minuten noch und er würde seine – nein, Celias – Unterschrift unter ein Dokument setzen und damit wer weiß wie viele Gesetze brechen. Er konnte von Glück reden, dass es nur eine standesamtliche Hochzeit werden sollte. Einem Priester hätte er nicht in die Augen sehen können.

„Also dann … nimm deinen Strauß“, forderte Pegasus ihn auf. „Lassen wir Duke nicht länger warten.“

Sie stellten sich nebeneinander auf. Pegasus hob den Arm, um den Musikern das Signal für den Hochzeitsmarsch zu geben, als sein Handy lautstark klingelte. Da er nicht wusste, wann er endlich etwas von Celia hören würde, hatte er es die letzten Tage stets bei sich getragen und laut gelassen.

„Einen Moment.“

Er zog es aus der Innentasche seines Smokings hervor und öffnete die Videonachricht, die er soeben erhalten hatte. Joey spähte an ihm vorbei auf den Bildschirm und erstarrte. Synchron hielten die beiden Männer die Luft an und lauschten. Als das Video beendet war, stolperte Maximillian kreidebleich rückwärts und sank im Sessel, der ihm am nächsten stand, zusammen.

„D … das … das kann nicht sein“, stammelte er und starrte schockiert auf sein Handy. „Wie … wie konnte sie nur …“

Joey sah sich hastig um, entdeckte eine Karaffe und schenkte ihm ein Glas Wasser ein, das er ihm reichte. Er selbst schwankte noch zwischen Entsetzen und der Überlegung, ob er sich einem Lachanfall hingeben sollte. Er hatte mit vielem gerechnet, nicht aber damit!

„Nun …“, Joey biss sich auf die Lippen, um sich das Kichern zu verkneifen, „wer geht raus und sagt ihnen, dass die ganze Sache abgeblasen ist?“

Pegasus sah von seinem Glas auf.

„Hier wird überhaupt nichts abgeblasen. Damit kommt sie nicht durch.“

Er stellte das Wasser ab und straffte sich.

„Aber sie sagte doch, sie ist –“

„Das ist wieder eine ihrer Launen, nur um mir eins auszuwischen. Aber nicht so, Fräulein. Deinen Arm bitte.“

Er sah Joey auffordernd an. Dieser schüttelte nur in Gedanken seinen Kopf. Alle behaupteten, er wäre so ein Sturschädel, dann hatten sie aber noch nicht die Bekanntschaft mit Maximillian Pegasus gemacht.

An der Tür winkte Pegasus Croquet zu, der dem Streichquartett das Signal weitergab. Zu den Klängen des Hochzeitsmarsches schritten Joey und der Brautvater hinaus in den Sonnenschein des Spätnach-mittags, über den Rasen auf die Hochzeitsgesellschaft zu. Joey ließ den Blick zu beiden Seiten des Gangs streifen. Die Crème de la Crème war geladen worden, darunter der Bürgermeister und Seto Kaiba nebst Bruder. Duke stand mit dem Standesbeamten vor einem großen Blumenbogen und erwartete seine Zukünftige.

Joey konnte Pegasus nur seinen Respekt dafür zollen, wie ruhig er hier draußen trotz des eben Gesehenen blieb, auch als sie stehen blieben, er den Schleier zurückschlug, der das Gesicht des Blonden verhüllt hatte, und ihm einen kurzen Kuss auf die Stirn drückte. Ganz so, wie es von dem liebenden Vater erwartet wurde, der seine einzige Tochter zum Altar führte.

„Na dann“, meinte Duke und griff nach der Hand seiner Braut, um mit ihr gemeinsam die letzten Meter vorzutreten. „Bringen wir es hinter uns.“

Der Standesbeamte hielt einen längeren Monolog über die Vorteile der Ehe und wie sich die Ehepartner zueinander verhalten sollten.

„So frage ich also dich“, kam er nach einer gefühlten Ewigkeit zum entscheidenden Punkt und sah Joey an, „willst du Duke Devlin zu deinem Mann nehmen?“

„Ja, ich will.“

Joey hätte sich die Zunge abbeißen können. Duke bejahte auf die Frage des Beamten ebenfalls und griff nach dem Ring, der ihm hingehalten wurde, um ihn Joey an den Finger zu stecken. Er musste etwas fester drücken, um ihn an seinen Platz zu bekommen, Celias Finger waren ein klein wenig schlanker als die ihres Vertreters. Dieser hätte Dukes Ring um ein Haar fallen lassen, schaffte es dann aber doch mit zitternder Hand, ihn ihm überzustreifen.

„Hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau.“

Duke beugte sich vor und küsste Joey kurz. Dieser wusste nicht, wen er mehr bedauern sollte: Duke oder die echte Celia, dass sie mit jemandem verheiratet wurde, der nichts von ihr wissen wollte.

„Dann bitte ich nun um Ihre Unterschriften auf der Heiratsurkunde.“

„Ladies first“, sagte Duke.

„Danke, aber ich lasse dir gern den Vortritt“, erwiderte Joey, der extra umständlich versuchte, seinen Blumenstrauß so zu positionieren, dass er nicht im Wege war.

„Gib mal her, Liebes.“ Yui war plötzlich an seiner Seite und nahm ihm die Blumen ab. Duke hatte derweil unterschrieben und reichte nun den Füller weiter.

Joey zögerte kurz. Als Pegasus ihm heute Morgen die Pistole auf die Brust gesetzt hatte, war die Situation noch eine andere gewesen. Selbst wenn er mit ihrem Namen unterschrieb, würde es nichts nützen. Celia war volljährig. Der Füller kritzelte schwungvoll über das Papier und hinterließ als Namenszug Joseph Jay Devlin.

Der Beamte steckte die Urkunde ohne einen weiteren Blick darauf ein. Celias und Dukes Eltern drängten nach vorne, um ihnen zu gratulieren. Unter Reisschauern traten die beiden den Weg durch den Mittelgang und zu den Festzelten an, wo sie die Glückwünsche und Geschenke ihrer Gäste entgegennahmen.

„Ich hätte nicht gedacht, dass noch der Tag kommt, wo du heiratest, Devlin“, sagte Kaiba, der, dicht von seinem Bruder Mokuba gefolgt, dem Brautpaar die Hände schüttelte.

„Wie man hört, soll es bei dir und Kisara ja auch bald soweit sein.“

„Das dauert noch bis Dezember.“

Joey unterdrückte ein erstauntes „Oh!“, als er das hörte. Er hätte nicht gedacht, dass dieser Eisklotz überhaupt zu einer Beziehung fähig war.
 

Am Ende wusste Joey nicht, wie viele Hände er geschüttelt hatte, nur dass ihm der Arm wehtat und ihm jemand halb die Hand zerquetscht hatte. Er war froh, sich auf seinen Platz an der Festtafel im Hauptzelt setzen zu können. Siegfried von Schröder, ganz in seinem Element, behielt die Kellner im Auge, die das sechsgängige Menü servierten und den Gästen die Weine einschenkten, die zu den verschiedenen Gängen gereicht wurden.

Die Väter von Braut und Bräutigam hielten jeweils eine Ansprache, in der sie wiederholt betonten, wie überaus glücklich sie über die Verbindung ihrer Familien seien. Joey machte sich bald nicht mehr die Mühe, zu genau hinzuhören. Das alles kam ihm zu geheuchelt vor. Als die Abenddämmerung einsetzte, wurden Kerzen und, außerhalb der Zelte, Fackeln entzündet.

„Celia“, Duke trank den letzten Rest seines Champagners aus, „ich denke, es wird Zeit für unseren Hochzeitstanz. Die Leute sehen aus, als wollten sie auf die Tanzfläche.“

„Sie sollen sich keinen Zwang antun, ich hindere sie nicht daran.“

„Doch, in gewisser Weise schon. Wir müssen den Tanz eröffnen.“

Joey verschluckte sich an seinem Wasser und hustete. Noch eine Sache mehr, die er nicht bedacht hatte. Duke erhob sich von seinem Stuhl und hielt ihm auffordernd die Hand hin. Der Blonde schickte ein Stoßgebet Richtung Himmel und versuchte sich an seinen Tanzkurs zu erinnern, den er vor dem Abschlussball seiner Schule mit Tristan und Yami gemacht hatte. Schicksalsergeben folgte er Duke aus dem Zelt zu einem großen, mit Fackeln beleuchteten Platz, an dessen Rand sich das Streichquartett stellte. Aus dem Augenwinkel bekam er mit, wie sich ihre Gäste erhoben und ihnen nachkamen.

Die Musiker begannen Second Waltz, einen Wiener Walzer, zu spielen. In der Mitte des Fackelkreises zog Duke ihn eng zu sich heran, wartete kurz, um den Takt richtig zu treffen, und machte die ersten Schritte. Joey kratzte zusammen, was er noch an Wissen zu diesem Tanz auftreiben konnte und versuchte sich seinen Bewegungen anzupassen. War der Beginn noch einigermaßen langsam, wurde die Musik bald schneller, bis die beiden nur so über den Rasen wirbelten und Joey seine ganze Konzentration darauf verwenden musste, Duke nicht auf die Füße zu trampeln. Ganz verhindern konnte er es dennoch nicht, einmal traf er ihn sogar mit dem Absatz seines Schuhs. Das Gesicht des Schwarzhaarigen verzog sich kurzzeitig vor Schmerz, er sagte jedoch nichts.

Als das Lied endete und sie sich voreinander verbeugten, war Joey schwindlig. Leicht auf Duke gestützt, verließ er die Tanzfläche und machte ihren Gästen Platz, die sich darauf drängten.

„Na also, war doch gar nicht so schlimm“, sagte Duke und rückte ihm den Stuhl zurecht.

„Wie man es nimmt. Tut mir leid wegen deinem Fuß.“

„Ach, kann doch mal passieren“, winkte er ab.

„Celia!“ Pegasus tauchte im Eingang des Hauptzeltes auf. „Erweist du deinem alten Herrn die Ehre eines Tanzes?“

In den folgenden Stunden kam Joey nicht viel zum Sitzen, der Großteil der männlichen Gäste wollte unbedingt mit der Braut tanzen und Duke ließ es sich nicht nehmen, seine „Frau“ noch einige Male auf die Tanzfläche zu ziehen. Irgendwann schaffte es auch Alister, ihn zu einem langsamen Walzer aufzufordern.

„Und, hast du dir schon was einfallen lassen, wie du die Hochzeitsnacht überstehen willst?“

„Ja, ich setz mich rechtzeitig mit der Begründung, ich hätte Kopfschmerzen, ab und verzieh mich in mein Zimmer.“

„Habt ihr noch was von Celia gehört?“

Das Lächeln auf Joeys Gesicht verwandelte sich zu einem immer breiter werdenden Grinsen.

„Jupp, haben wir. Mehr als gehört, sie hat uns ein hübsches Video geschickt.“

„Und, und?“

„Sie hat vor ein paar Stunden in Las Vegas geheiratet – zehn Minuten, bevor Pegasus mich zum Altar gebracht hat.“

Alister stoppte mitten im Tanz und starrte ihn an.

„Sie und Hayato haben es also doch getan.“ Nun begann auch er zu grinsen. „Ich bin stolz auf meine Kleine!“

Sie setzten ihren Tanz fort, um nicht aufzufallen.

„Wie lange sind die zwei schon zusammen?“

„Fast drei Jahre. Sie hat ihn nach den ersten Monaten Pegasus vorgestellt. Er hat dafür gesorgt, dass Hayatos Vater nach Amerika versetzt wurde, hat ihm nur nichts gebracht, die zwei sind heimlich trotzdem zusammengeblieben und haben sich so oft wie möglich getroffen. Ach, ich freu mich so für die beiden, sie haben es verdient. Aber was ist mit der Hochzeit von Duke und dir?“

„Ich hab mit meinem Namen unterschrieben und Celia ist schon verheiratet, also ist mein Ja-Wort ungültig. Und ich … ich werde zusehen, dass ich möglichst weit weg bin, wenn Pegasus es erfährt.“

„Das wäre besser, glaube ich“, lachte Alister.
 

Als es Mitternacht schlug, wurde die vierstöckige Hochzeitstorte, garniert mit Orchideenblüten, hereingeschoben. Siegfried reichte Duke ein großes Messer, um die Torte anzuschneiden. Dieser winkte Joey zu sich heran.

„Das machen wir zusammen, wie es sich gehört“, sagte er und wartete, bis Joey die Hand auf seine legte und sie den ersten Schnitt in die Sahnecreme setzten.

Siegfried reichte ihnen zwei Gabeln und einen Kuchenteller, auf den sie das abgeschnittene Stück mittels Tortenheber schoben und probierten.

„Köstlich.“ Duke lächelte Joey höflich zu. „Es wäre ja schön, wenn ich das gleiche über unsere Hochzeitsnacht sagen könnte.“

In Joey wuchs das Bedürfnis, den Schwarzhaarigen zu schlagen. Celia konnte so froh sein, dieser Ehe entkommen zu sein.

„Wann wirfst du denn deinen Strauß?“, rief Miyu von der anderen Seite des Zeltes zu ihnen herüber.

Ach, da war ja noch was.

Joey sah sich nach seinen Blumen um, die er vor Beginn des Essens beiseite gelegt hatte. Yuis Rufe schallten über das Festgelände und riefen die noch unverheirateten Damen unter den Gästen zusammen, die sich eng zusammenscharrten und begierig die Arme in die Luft reckten. Ein albernes Ritual, wie Joey fand, drehte sich aber brav um und warf den Brautstrauß. Kaum hatte er ihn losgelassen, drehte er sich um, um zu sehen, wo er landete. Die Blumen segelten über die Köpfe der Frauen und Mädchen hinweg und fielen Yami in die

Hände, der hinter ihnen gestanden hatte.

„Oh … ups“, machte der Stylist und sah verdattert auf die Blumen.

Joey kicherte leise, momentan war sein Freund nicht mal vergeben.

„Damit müsste dann ja alles erledigt sein.“ Er wandte sich Duke zu. „Ich fürchte nur, aus der Hochzeitsnacht wird nichts. Mir dröhnt der Kopf, ich hoffe, du bist mir nicht zu böse, wenn ich mich zurückziehe.“

„Wie du meinst, dann bringe ich dich noch kurz auf unser Zimmer.“

„Unser …“ Joey stockte.

„Hast du vergessen, dass dein Vater uns für heute eine seiner Gästesuiten hat herrichten lassen?“ Duke hakte ihn unter. „Du musst dir keine Sorgen machen, dass ich dir an die Wäsche gehe, Celia. Soweit ich gesehen habe, ist das Bett breit genug.“

Lass mich doch bitte endlich jemand aufwachen!, dachte Joey verzweifelt.

Im Schein der Fackeln fanden sie mühelos den Weg zum etwas weiter abseits gelegenen Gästetrakt der Villa. Duke zückte die Schlüssel, die ihm sein Schwiegervater ausgehändigt hatte, und öffnete die Tür zu ihrer Suite. Joey schaltete das Licht an und sah sich im Schlafzimmer um. Duke hatte Recht, das Bett war auf jeden Fall breit genug, dass sie genug Platz zwischen sich lassen konnten, ohne dass einer von ihnen aus dem Bett fiel.

„Tja, dann wünsche ich dir eine gute Nacht.“

Er drehte sich zu Duke um und erstarrte. Dieser drehte den Schlüssel im Türschloss um und lächelte ihn an.

„Du hast doch nicht ernsthaft gedacht, dass ich auf unsere Hochzeitsnacht verzichte.“

„Ehrlich, Duke, das ist keine gute Idee.“

Joey wich langsam vor ihm zurück, gar nicht so einfach, wenn er darauf achten musste, sich mit den Schuhen nicht im Kleid zu verheddern. Dukes Grinsen wurde mit jedem Schritt, den er auf ihn zumachte, breiter.

„Und warum nicht?“

„Ich sagte doch schon, ich habe Kopfschmerzen.“

„Warum glaube ich dir das nur nicht“, flötete er.

Joey stieß mit den Beinen gegen die Seitenkante des Bettes. Duke gab ihm einen Stoß gegen die Schulter und beförderte ihn damit auf die Bettdecke. Bevor er sich auch nur halbwegs aufrappeln konnte, war der Schwarzhaarige schon über ihm und hielt ihn fest. Mit der anderen Hand strich er sanft über Joeys Hals, was ihn scharf die Luft einziehen ließ.

„Lass mich in Ruhe!“

Er versuchte ihn von sich zu schieben. Duke packte seine Handgelenke und presste sie neben Joeys Kopf auf die Decke.

„Früher hast du dich nie so angestellt … Joey.“

Dieser starrte wie gelähmt zu ihm hoch.

„Du … wie hast du? Woher weißt du?“

Dukes Blick wanderte zu den Narben auf Joeys Oberarm.

„Ich erkenne meine Handschrift, wenn ich sie sehe. Du hast dich verraten, als du sagtest, du wärst von einer Katze gekratzt worden … oder eher gesagt einem Kater. Ich hätte dich damals nicht gehen lassen dürfen.“

„Aber weshalb das ganze Theater mit der Hochzeit, wenn du die ganze Zeit wusstest, dass ich es bin? Hast du dich nicht gefragt, was mit der echten Celia ist?“

„Sie hat mir gestern eine Mail geschrieben und mir alles erklärt. Und ehrlich gesagt, es hat Spaß gemacht, dich die letzten Tage zu beobachten.“

„Du bist doch …“ Joey lachte leise.

„Ich habe den Fehler einmal gemacht. Aber dieses Mal lasse ich dich nicht wieder gehen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von: abgemeldet
2011-03-29T20:31:52+00:00 29.03.2011 22:31
wahahahaha *amBodenrollundvorlachenkrümm*
is das geil!!! Woher nimmst du nur immer diese genialen Ideen?!
Und Bakura... *loslach* allein die Vorstellung, wie er sich an einer Stange rekelt... einfach zum brüllen!
Und ich kanns nur immer wieder sagen, du schreibst einfach genial.
Freue mich schon auf die letzten Kapis.
lg Fox
Von:  trinithy
2011-01-25T18:56:14+00:00 25.01.2011 19:56
Also, endlich, endlich habe ich das hier auch mal nachgeholt..und mich einerseits gefragt wieso ich das nicht längst getan habe andererseits ists schade, dass es schon vorbei ist^^

Die Kapis waren echt super lustig, ich hab voll oft gelacht!
Dass Joey jetzt wirklich Duke geheiratet hat, aber mit seinem eigenen Namen unterschrieben hat...oh ha wenn Pegasus das rauskriegt....^^

Und das Ende ist natürlich echt super...ich bin versucht dir eine Pistole auf die Brust zu setzten und zu sagen "Schreib weiter"^^
Aber ich denke ich kann mich noch grad so gedulden...

Auch wenn ich das mit Joey und Duke jetzt genau wissen/lesen will :D

Ich freue mich auf jede weitere Zeile dieser FF.

LG
Von:  Noir10
2011-01-22T23:55:27+00:00 23.01.2011 00:55
Oh man ich bin mehrere tode alleine bei dem kappi schon gestorben aber dukesollte joey nun gut behandeln also echt jetzt!!
^^-^^

Von: Karma
2011-01-09T16:33:33+00:00 09.01.2011 17:33
So, da bin ich auch endlich. Und ich muss sagen, ich LIEBE dieses Kapitel. Aber das weisst Du ja schon. Du warst ja schliesslich dabei, als ich es gelesen hab.
^.~

Es ist von vorne bis hinten richtig schön stimmig. Die Hektik am Morgen, diese kleine Einlage mit Dukes Cousine (herrlich, diese Szene!) und dann erst Celias Videobotschaft ... Ich kringele mich hier gerade vor Lachen. Das Kapitel ist einfach toll. Mir tut nur der gute Max ein bisschen leid. Da macht ausgerechnet sein herzallerliebstes Töchterchen so was mit ihm.
*armen Max pat*
Dabei hat er's doch nur gut gemeint, auch mit dem Baisertörtchen und so.
*kicher*

Allerdings ist die Sache mit Serenity ein echter Schlag unter die Gürtellinie.
*Max dafür hau*
Joey so zu erpressen ist wirklich nicht die feine englische Art. Aber verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Maßnahmen, nicht wahr?
*trotzdem kichern muss*

Der Plüschhase, der Plüschhase! Die Vorstellung!
*vor Lachen zusammenbrech*

Hach ja, das Nicht-mehr-Baisertörtchen. Joey sieht sicher echt entzückend aus in diesem Kleid.
*schmacht*

Uh, ich liebe Maxis Reaktion nach dem Erhalt der Videobotschaft. Nein, Celia kommt ihm nicht damit durch. Und zack, wird mal eben die falsche Tochter verheiratet.
*lol*
Das ist herrlich, wirklich. Fast so herrlich wie Joeys Unterschrift unter dem Dokument. Ob ihm bewusst ist, dass das rechtsgültig ist? Ich bin echt gespannt, wer ihm das erklärt.
*kicher*
Ich kann mir Dukes süffisantes Grinsen dabei förmlich vorstellen. So kann Joey ihm definitiv nicht mehr aus den Krallen (XD) entkommen. Die Gesichter seiner Eltern stelle ich mir ZU geil vor.
*lach*

Ich LIEBE Joeys Unterschrift! Die ganze Szene ist so toll!
*wie ein peinliches vierzehnjähriges Fangirl rumquiek*
Sorry, ich konnte nicht anders.
^^°

Reisverschwendung, Reisverschwendung!
XD

Und ich mag die Erwähnung von Seto und Kisara. Die Zwei sind ein hübsches Paar.
*___*

Der Walzer ist toll. Armer Duke, da werden ihm glatt die Füße zertrampelt.
*grins*
Aber er wollte es ja so.

„Köstlich.“ Duke lächelte Joey höflich zu. „Es wäre ja schön, wenn ich das gleiche über unsere Hochzeitsnacht sagen könnte.“

Ich bin mir sicher, das wirst Du, mein Katerchen.
*schnurr*
*~*

Du musst übrigens noch eine Fortsetzung hierzu schreiben. Immerhin muss Yami ja jetzt auch noch unter die Haube, nachdem er schon den Brautstrauß gefangen hat*
*mächtig breit grins*

Ich LIIIIIIIIIEBE das Ende des Kapitels. Duke ist so toll.
„Früher hast du dich nie so angestellt … Joey.“
Hach ja, ich will wissen, was früher war. Details, bitte. Fotos, Videos. Her damit!
*an Dir rüttel*
XD

So, da hast Du Deinen Kommi. Und ich will meine Hochzeitsnacht - oder vielmehr die von Joey und Duke. Und dann will ich eine Fortsetzung. Und ein Prequel. Und überhaupt noch viiiiiiiel mehr!
*die Wörter aus Dir rausschüttel*
Und die Videos nicht vergessen, ja?
^.~
*hibbelig aufs nächste Kapitel wart*

Karma
Von:  Shanti
2011-01-08T09:57:02+00:00 08.01.2011 10:57
hiiiiiiiiiiiiiiii

das kappi is richtig geil geworden xD^^
bis zum nächsten kappi^^

lg

shanti
Von:  mu_chan
2011-01-07T22:29:24+00:00 07.01.2011 23:29
woa shit wie qail!xD
duke is der wahnsinn...wusste davon und sacht nüscht!
ich komm jetzt noch nich ausm lachen raus!
der hamma!
jetzt bin ich doppelt so neugierig wie es weiter geht weil offiziell sind se ja jetzt mann und mann!^-^
glg mu_chan
Von:  LeaGreywolf
2011-01-07T22:27:32+00:00 07.01.2011 23:27
Herrlich! Wirklich eine super FF geworden. =D
Das war ja sooo gemein von Duke, aber schon irgendwie typisch.
Ich werd sicher noch ne Weile vor mich her grinsen.
Von:  Toastviech
2011-01-07T22:27:05+00:00 07.01.2011 23:27
OOOHHHHHAAA
omG
DAS IST GEIL

..............................

Sorry, dass musste raus. Irgendwie hat es mich gepackt.
Das Kapitel war, wie du sicher gemerkt hast, wunderbar. Mir hat es sehr gut gefallen. Und du kannst dir sicher denken, dass ich auf die Fortsetzung brenne.

lg Toasty


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