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Braut wider Willen

FF zu Karmas Crossdressing-Wettbewerb
von

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Irrungen und Wirrungen

In seinem Kopf pochte es dumpf. Seine Stirn lehnte an etwas Festem, Kühlem, einer Glasscheibe, wie er feststellte, als er die Augen einen Spalt weit öffnete. Im Sekundentakt blitzten die Lichter der Straßenbeleuchtung auf und blendeten ihn. Er hob die Hand vor die Augen, blinzelte mehrmals und drehte langsam den Kopf nach links. Ebenso überrascht wie erschrocken stellte er fest, dass er auf der breiten Rückbank einer Limousine saß, ihm gegenüber auf einer zweiten Bank hockten die beiden Anzugträger und unterhielten sich leise. Unter seinen Fingern fühlte er weiches, zweifellos teures Leder. Das Mädchen, mit dem sie ihn verwechselten, schien die Tochter eines reichen Mannes zu sein, vielleicht eines Politikers oder Industriellen. Dafür sprach auch die Gegend, durch die sie fuhren, eine Villa reihte sich an die nächste. Und spann er den Faden weiter, musste es sich bei den zwei Kleiderschränken um ihre Bodyguards handeln.

Seine Gedanken flatterten aufgeregt hin und her, er wusste nicht, was er tun sollte. Die Tür aufreißen und wie im Film aus dem fahrenden Wagen springen? Dafür fuhren sie zu schnell und er war nicht lebensmüde. Und wenn er sie ansprach und noch einmal versuchte, ihnen den Irrtum zu erklären ... Er schüttelte kaum merklich den Kopf, den beiden traute er zu, dass sie ihn aus dem Auto warfen, bevor es angehalten hatte.

Die Entscheidung darüber wurde ihm abgenommen, der Wagen wurde langsamer und hielt vor einem großen schmiedeeisernen Tor, wie er durch die getönten Scheiben erkannte. Es öffnete sich, ließ sie passieren und schloss sich direkt hinter ihnen. Sie fuhren eine breite Auffahrt entlang, um einen großen Springbrunnen herum und hielten vor einem erleuchteten Anwesen. Während der Chauffeur die Tür öffnete und erst die Bodyguards, danach Joey ausstiegen, bereitete er sich innerlich darauf vor, seinem vermeintlichen Vater die ganze Sache zu erklären. Blieb nur zu hoffen, dass er seinen darauf sicher folgenden Ärger über die offensichtliche Unfähigkeit seiner Untergebenen nicht an ihm ausließ.

Ein Hausmädchen öffnete ihnen die Tür. Joey bemühte sich, nicht den Mund angesichts der riesigen Eingangshalle aufzusperren, die von imposanten Kristalllüstern erhellt wurde. Allein hier passte seine kleine Wohnung mindestens zweimal rein.

„Ihr Herr Vater befindet sich im Wohnzimmer“, sagte das Hausmädchen und half Joey aus dem Mantel. „Er hat sich große Sorgen um Sie gemacht, gnädiges Fräulein.“

Sie ruckte mit dem Kopf in Richtung einer großen Doppeltür, der er sich zuwandte und, noch einmal tief Luft geholt, das Wohnzimmer betrat, das ganz in Brauntönen und Beige gehalten war. Lange, helle Vorhänge an den raumhohen Fenstern, sorgfältig platzierte Grünpflanzen und weich geschwungene Holzmöbel verliehen dem Raum Gemütlichkeit und Eleganz zugleich.

„Celia, meine Kleine, na endlich!“

Aus einem Sessel, der mit dem Rücken zur Tür stand, sprang ein Mann auf. Seine langen Haare, die ihm ungebändigt über die Schultern fielen, waren bereits grau, obwohl er vom Aussehen her eher wie dreißig wirkte. Trotz der späten Stunde trug er noch einen Anzug, nur sein dunkles Jackett hing ordentlich zusammengelegt über der Sessellehne.

„Wir dachten schon, du ...“ Er stockte, blinzelte und sah Joey von oben bis unten an. „Du siehst irgendwie anders aus.“

„Es tut mir leid, Sir, aber ich bin nicht Ihre Tochter.“

„Ah ... Und wer sind Sie? Wo ist meine Tochter?“

„Ihre Leute haben mich verwechselt“, sagte Joey mit Frauenstimme. Er hatte den ganzen Nachmittag damit verbracht, diese höhere Tonlage zu üben und jetzt wollte er nicht auch noch das Gelächter von Maximilian Pegasus – denn kein anderer stand vor ihm – auf sich ziehen.

„Leo, Carl, reinkommen!“, dröhnte Pegasus’ Stimme bis in die Halle, wo die beiden Angesprochenen zusammenzuckten und verwirrt, was sie denn falsch gemacht hatten, hereinkamen. „Wen habt ihr mir da mitgebracht?“

„Ihre Tochter, Sir.“

Sie sahen sich verwundert an. Der eine kratzte sich am Hinterkopf, sein Kollege schob sich die Brille zurecht.

„Habt ihr Tomaten auf den Augen? Das ist nicht Celia! Sie hat zwar große Ähnlichkeit mit ihr, aber das ist nicht meine Tochter. Ihr habt eine fremde Frau entführt!“ Pegasus wandte sich an Joey. „Ich bitte um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten. Selbstverständlich lasse ich Sie umgehend nach Hause bringen. Und danach habe ich mit euch beiden noch ein Hühnchen zu rupfen!“

Die Wut, die sich in ihm aufgestaut hatte, prasselte auf die zwei herab, statt sich wie geplant als Standpauke über seiner Tochter zu entladen.

„Wo ist sie? Wo ist mein Liebling?“, schallte es da aus der Eingangshalle und nur Sekunden später kam eine blonde Frau in den Raum gestürmt, die dem überraschten Joey um den Hals fiel und ihn an sich zog. „Ich hab mir solche Sorgen gemacht, einfach wegzulaufen. Was ist dir da nur eingefallen, mein Schatz?“

„Ähm, Liebling ...“, begann Pegasus und tippte ihr auf die Schulter. „Mai, das da ... ist nicht Celia.“

„Was redest du da, ich werde doch wohl meine Toch –“

Mai trat einen Schritt zurück, musterte die vermeintliche Celia und ließ sie los.

„Oh ... Tatsächlich. Aber die Ähnlichkeit ist verblüffend. Wie kommt sie zu uns?“

„Diese Trottel haben sie angeschleppt.“

„Wir dachten wirklich, sie ist es“, verteidigte sich Leo.

„Wir haben die ganze Stadt nach ihr abgesucht.“

„Dann werdet ihr jetzt eure Hinterteile ins Auto bewegen und noch mal alles absuchen. Ich will, dass ihr sie findet und das schnell.“ Seine Hand fuhr an seine Stirn und massierte diese, als hätte er Kopfschmerzen. „Ich sehe schon die Schlagzeilen vor mir ... Millionenerbin flieht vier Tage vor Hochzeit ... Feier des Jahres geplatzt ...“

„Das wäre ein gefundenes Fressen für die Presse“, seufzte Mai. „Wo steckt das Kind nur?“

Joey verbiss sich das belustigte Grinsen. So war das also. Yami, über den neuesten Klatsch stets auf dem Laufenden, hatte ihm letztens etwas darüber erzählt, dass Celia Pegasus, einzige Tochter des Besitzers von Industrial Illusions, in Kürze heiraten sollte ... Nur hatte sie offensichtlich keine Lust dazu, wenn sie ein paar Tage, bevor die Hochzeitsglocken läuteten, ausbüxte.

Es klopfte kurz an der Tür, gleich darauf trat ein Mann im Anzug ein, der so steif wirkte, als hätte er einen Besen verschluckt.

„Haben Sie was herausgefunden, Croquet?“, wandte sich Pegasus hoffnungsvoll an seinen Assistenten.

„Sie hat mit ihrer Kreditkarte drei Flugtickets gekauft, eines nach Rom, eines nach Oslo und eines nach New York.“

„Dieses raffinierte kleine Biest.“

Kurz huschte ein Lächeln über das Gesicht des Vaters. Setzte sie doch tatsächlich eine der Verwirrtaktiken, die er ihr für den späteren Umgang im Geschäftsleben beigebracht hatte, bei ihm ein. Sie konnte zu einem dieser Orte geflogen sein, aber sich ebenso gut sonst wo befinden. Lediglich den Zeitpunkt für die Erprobung ihres Wissens hatte sie absolut ungünstig gewählt.

„Suchen Sie sie weiter, wir müssen sie finden“, wies er Croquet an. „Wenn sie morgen nicht zum Essen mit ihren zukünftigen Schwiegereltern hier ist, haben wir ein Problem.“

Joey hatte der Unterhaltung schweigend zugehört, sich nicht getraut, sie zu unterbrechen. Nun aber hielt er es für angebracht, Pegasus noch einmal an sein Versprechen zu erinnern, ihn nach Hause zu bringen. Er war müde und wollte sich endlich aus diesen Kleidern schälen. Und noch mehr dieses unmögliche Schuhwerk loswerden.

„Ähm ... Ich würde dann ganz gerne“, begann er, verstummte jedoch, als sich Mai zu ihm umwandte und mit einem undefinierbaren Blick ansah.

„Mir kommt da so eine Idee“, murmelte sie und umkreiste ihn.

Sein Blick folgte ihr misstrauisch. Dieses Funkeln, das auf einmal in ihre Augen trat, jagte ihm Angst ein.

„Celia ist zwar weg, aber bis zur Hochzeit haben wir noch einen Berg von Terminen, die wir nicht absagen können“, sagte Mai. „Maxi-Darling, wäre es nicht möglich, sie solange von einem Double vertreten zu lassen, bis wir sie gefunden haben?“

„Und wo willst du auf die Schnelle eine Frau finden, die so aussieht wie sie und diskret genug ist, um das mitzumachen?“

„Sie steht vor uns.“ Mai deutete auf Joey. „Wir würden Sie natürlich entsprechend dafür entlohnen, keine Frage.“

„Äh ...“

Er fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen und sah ungläubig zwischen den beiden hin und her. Das war jetzt nicht wahr, oder?

„Jetzt wo du es sagst ... so schlecht ist die Idee gar nicht“, überlegte Pegasus.

„Ich halte das für keine gute Idee“, wich Joey aus.

„Wenn es am Geld liegt, ich zahle Ihnen, was Sie wollen –“

„Nein, daran liegt es nicht.“ Er wechselte zu seiner normalen Stimme zurück. „Sehen Sie ... ich bin ein Mann. Ich trage diese Sachen nur, weil ich eine Wette verloren habe. Meine Freunde haben mich gezwungen, einen Abend so mit ihnen auszugehen.“

In diesem Fall konnte er seine Farce einfach nicht länger aufrechterhalten. Sie hatten ein Recht darauf, zu erfahren, wer er war. Dieses Mal war es am Ehepaar Pegasus, ziemlich verdutzt aus der Wäsche zu schauen.

„Sie sind ...“ Pegasus taumelte zum nächsten Sessel hinüber und ließ sich darauf nieder. „Alle Achtung, das habe ich überhaupt nicht gemerkt.“

„Tut mir leid“, murmelte Joey, der sich auf einmal sehr geknickt fühlte. „Ich schätze, Sie müssen sich wen anders dafür suchen.“

„Nein, nein, warten Sie“, unterbrach ihn Mai. „Warum eigentlich nicht? Ich meine, wir haben nichts gemerkt, Leo und Carl haben nichts gemerkt ...“

„Weil sie Idioten sind“, brummte Pegasus. „Aber du hast Recht, Mai. Herr ... Wie heißen Sie?“

„Joey Wheeler.“

„Herr Wheeler, wenn Sie für ein paar Tage in die Rolle unserer Tochter schlüpfen, bis wir sie gefunden haben, biete ich ihnen, sagen wir, tausend Dollar pro Tag. Was sagen Sie?“

„T-tau ... tausend?“

„Gut, zweitausend.“

Joey schlug völlig entgeistert in die ihm dargebotene Hand ein. Damit würde er an einem Tag weit mehr verdienen als sonst in einem ganzen Monat.

„Schön, dann setzen wir doch gleich einen Vertrag auf und bringen die Sache unter Dach und Fach. Kommen Sie.“

Pegasus führte ihn in sein Büro, ließ ihn in einem bequemen Sessel Platz nehmen und begann seine Finger über die Tastatur des Laptops fliegen zu lassen. Wenige Minuten später legte er ihm die zweifache Ausfertigung eines Vertrages vor, ein einfacher Arbeitsvertrag, wie er ihn mit seinen Hausangestellten schloss, nur hatte er in diesem ein paar Modifikationen vorgenommen, um ihn an die besondere Situation anzupassen.

„Lesen Sie ihn sich aufmerksam durch, bevor Sie unterschreiben“, mahnte er. „Insbesondere die Verschwiegenheitsklausel. Sie werden niemandem von unserem Abkommen berichten. Wenn ein falsches Wort davon an die Presse dringt, werden Sie sich wünschen, nie geboren worden zu sein.“

Joey schluckte, nickte dann und setzte seine etwas zittrige Unterschrift neben die von Pegasus, nachdem er den Vertrag von vorne bis hinten gelesen hatte. Als er die vergoldete Kappe auf den geliehenen Füller schob, fiel ihm ein, dass er die eigentlich wichtigste Frage vergessen hatte.

„Wer ist denn nun der Verlobte Ihrer Tochter?“

Er war sich ziemlich sicher, dass Yami da etwas erwähnt hatte, aber er konnte sich nicht erinnern.

„Wie, das wissen Sie gar nicht?“, fragte er überrascht. „Es geht doch seit Monaten durch die Medien.“

Genau genommen konnten seine Frau und seine Tochter nicht mal eine Speisenverkostung für das Hochzeitsmenü machen, ohne dass darüber berichtet wurde.

„Am Sonnabend vereint sich Industrial Illusions mit seinem Konkurrenten Devlin Industries. Wenn Celia erst mal mit dem Erben Duke Devlin verheiratet ist, werden wir die Kaiba Corporation in Grund und Boden stampfen können.“

Man sah ihm den Stolz überdeutlich an. Joey dagegen wünschte sich, der Boden würde sich auftun und ihn verschlingen. Das konnte einfach nicht gut gehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  trinithy
2010-09-23T15:32:53+00:00 23.09.2010 17:32
"Maxi"
*weglach*
Oh je, was wohl passiert wenn Joey Dukes Verlobte geben muss, bestimmt eine ganze Menge lustiges Zeug xD

Also ich finde es wie immer sehr schön geschrieben, humorvoll, gut zu lesen, eben wie gewohnt gute Qualität :-P


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