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Braut wider Willen

FF zu Karmas Crossdressing-Wettbewerb
von

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Lady in Black

Joey starrte fassungslos auf sein Spiegelbild, das ihm aus dem mannshohen Spiegel in Yamis Schlafzimmer entgegensah, und schüttelte immer wieder mit dem Kopf. Er wollte nicht glauben, was er da vor sich sah. Das sollte er sein? Er musste einen Albtraum haben.

„Du siehst entzückend aus!“

Der enthusiastische Ausruf seines bunthaarigen Freundes belehrte ihn eines besseren. Die roten Lippen Joeys verzogen sich zu einem missmutigen Knurren.

„Ich kann mir schöneres vorstellen, als so durch die Gegend zu laufen. Können wir die Sache nicht einfach vergessen? Bitte, Yami, ich kann so nicht raus.“

„Wettschulden sind Ehrenschulden.“ Er klopfte ihm gönnerhaft auf die Schulter. „Trag es einfach wie ein Mann.“

„Aber sicher doch“, antwortete er giftig. „Ist ja auch so einfach, wenn man auf Acht-Zentimenter-Absätzen stehen soll und Weiberklamotten anhat!“

Er konnte nicht glauben, dass er so dämlich gewesen war, sich auf diese Wette mit Yami einzulassen – ausgerechnet mit dem König der Spiele! An jenem Abend vor zwei Wochen war er eindeutig lebensmüde gewesen oder zu betrunken, es kam auf das Gleiche heraus. Am Tag zuvor hatte sich sein Freund Valon überraschend nach über einem halben Jahr Beziehung von ihm getrennt. Der Blonde war aus allen Wolken gefallen. Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, hatte Yami ihn am Freitagabend kurzerhand in einen netten kleinen Club verfrachtet, den ihm eine seiner Kolleginnen am Theater empfohlen hatte.

Der Barkeeper, groß, dunkelhaarig und überaus attraktiv, hatte es ihnen beiden auf den ersten Blick angetan und eine lebhafte Diskussion ausgelöst, ob er schwul sei oder nicht. Yami hatte dafür plädiert, Joey dagegen gehalten, bis der Bunthaarige eine Wette vorgeschlagen hatte. Sollte er es nicht schaffen, diesen Leckerbissen von Barkeeper abzuschleppen, wollte er sich die Haare rosa färben. Nun ... er hatte es geschafft – und somit war es an seinem Freund, seinen Einsatz zu bezahlen.

Der Blonde trug ein schwarzes, ausgeschnittenes Kleid (an den entsprechenden Stellen sorgfältig ausgestopft), das knapp bis an die Knie der rasierten Beine (darauf hatte Yami bestanden) reichte, und versuchte auf den für seinen Geschmack viel zu hohen Absatzschuhen das Gleichgewicht zu halten. Auf diesen Mörderteilen, wie er die Schuhe beschimpfte, überhaupt zu stehen, war für ihn schon Anstrengung genug. Yami erwartete doch wohl nicht ernsthaft, dass er damit lief?

„Jetzt hab dich nicht so“, flötete Yami und steckte ihm eine der mit dem Lockenstab bearbeiteten Haarsträhnen hinter dem Ohr fest. „Ich glaube, ich lobe mich nicht zu viel, wenn ich sage, dass mir mit dir ein kleines Meisterwerk gelungen ist.“

„Möchten der Herr Oberstylist vielleicht noch unterschreiben?“

„Was sind wir heute bissig. An deinem Benehmen müssen wir aber noch arbeiten, bevor wir uns mit Tristan treffen, sonst gehst du nie als Frau durch.“

„Das will ich auch nicht.“

„Aber so war der Einsatz.“

„Ja, ja, erinner mich nicht daran.“

„Hör auf, so brummig zu gucken und zieh deinen Mantel an, sonst kommen wir zu spät.“

Yami griff nach seiner Jacke und half Joey galant in den anthrazitfarbenen Damenmantel, den er sich wie das Kleid von seiner Kollegin Tea geborgt hatte. Der Blonde machte einige vorsichtige Schritte, angelte sich die Handtasche vom Bett und folgte ihm aus der Wohnung. Das würde er ihm noch heimzahlen, egal wie.
 

Sie stellten den Wagen in einer Nebenstraße nahe der Disko ab, vor der sie sich mit ihrem Freund verabredet hatten. Joey hatte sich während der ganzen Fahrt Ermahnungen anhören müssen, sich nicht dauernd ins Gesicht zu fassen und das Make-up zu verschmieren, das Yami mit viel Liebe aufgetragen hatte. Dabei hatte er dank der weichen Gesichtszüge seines Freundes noch nicht einmal wirklich viel tun müssen, was er ihm aber wohlweislich verschwieg. Joey würde ausrasten, bekäme er zu hören, er habe eine feminine Seite.

Der kurze Weg zu Fuß kam ihm heute um vieles länger vor als sonst und schon von den wenigen Schritten taten ihm die Füße weh. Wie er in diesen Folterinstrumenten einen ganzen Abend überstehen sollte, war ihm schleierhaft.

Tristan, der bereits ungeduldig auf sie wartete, musterte Joey von oben bis unten und begann nicht, wie von diesem erwartet, lauthals ob seiner Erscheinung zu lachen, sondern ließ ein bewunderndes Pfeifen hören.

„Wow! Yami, du hast dich mal wieder selbst übertroffen.“ Er grinste von einem Ohr zum anderen. „Wie heißt du denn, Schönheit?“

„Tristan, du –“

„Das hätte ich ja beinahe vergessen“, fiel Yami ihm ins Wort. „Heute Abend heißt du Joana.“

„Willst du mich auf den Arm nehmen?“

„Oh, mitnichten, meine Liebe. Das würde ich mir mit einer Dame ohne ihr Einverständnis niemals erlauben.“

„Du ...!“

„Immer schön freundlich lächeln, nicht knurren“, erwiderte Yami, dessen Lächeln Joey schon fast zur Weißglut brachte, und hakte ihn bei sich unter.

Mehr oder weniger elegant stolzierte die kleine Gruppe auf die Disko zu und an der langen Schlange, die sich davor gebildet hatte, vorbei. Der Türsteher warf ihnen nur einen kurzen Blick zu und winkte sie dann kommentarlos durch. Man kannte sich. Kurz nachdem sie das Tor passiert hatten, öffneten sich die Schleusen des Himmels und es begann wie aus Kübeln zu regnen.

Die drei setzten sich an einen Tisch etwas abseits der großen Tanzfläche und sahen eine Weile den sich dort tummelnden Tänzern zu. Über die Hälfte waren Jugendliche, die sich noch austobten, bevor sie in einer guten halben Stunde, um Punkt Mitternacht, die Disko verlassen mussten. Joey schnappte sich die Getränkekarte und versteckte sich dahinter, scheinbar sehr interessiert an dem Angebot. So wollte er nicht gesehen und schon gar nicht von irgendjemandem erkannt werden.

Yami schüttelte kichernd den Kopf und winkte einem der Kellner, ihre Bestellung aufzunehmen.

„Für uns zwei Cola – was möchtest du, Joana?“

„Ein Erdloch“, wurde hinter der Karte hervorgemurmelt.

„Also dann drei Cola“, bestellte er und zog ihm, sobald der Kellner davongeeilt war, um die Bestellung an die Bar weiterzugeben, die Karte weg.

„Hey, das ist meine!“

„Ich hatte nichts davon gesagt, dass du dich verstecken darfst. Versuch doch wenigstens, den Abend zu genießen.“

„Hmpf ...“

„Du hast die einmalige Chance, einen Abend aus der Sicht des andern Geschlechts zu erleben“, pflichtete Tristan Yami leise bei.

Joey seufzte und verschränkte die Arme vor seiner ausgestopften Brust. Auf die Erfahrung hätte er gut verzichten können. Der Kellner stellte ihre Colagläser auf dem kleinen Tisch zwischen ihnen ab und zwinkerte ihm zu. Seine Freunde bissen sich auf die Lippen, um nicht doch mit Lachen anzufangen. Der pikierte Ausdruck in seinem Gesicht war zu komisch.

Er stellte bald fest, dass dies noch die mit Abstand harmloseste Anmache gewesen war. Als sich Yami und Tristan auf die Tanzfläche verabschiedeten, nicht ohne ihm mehrmals gut zugeredet zu haben, mit ihnen zu kommen, setzte sich kurz darauf ein Mann zu ihm, der seinen dreißigsten Geburtstag eindeutig hinter sich hatte. Höflich, aber bestimmt lehnte er die angebotenen Getränke ab und beschränkte sich auf einsilbige Antworten, als der Mann versuchte, ein Gespräch mit ihm in Gang zu bringen, bis er enttäuscht aufstand und ging. Erleichtert, den aufdringlichen Kerl los zu sein, lehnte er sich für einen Augenblick gegen die Rückenlehne des Cocktailsessels, in dem er saß, und beschloss dann, doch seinen Freunden zum Tanzen zu folgen.

Noch auf dem Weg zu ihnen, den er sich durch die tanzende Menge bahnte, erkannte er, dass er vom Regen in die Traufe geraten war. Beinahe jedes Mal, wenn er an einem Jugendlichen oder Mann vorbei musste, spürte er fremde Finger an seinem Körper ... Arme, Rücken, Schulter, Taille, am Oberschenkel, überall. Er warf empörte Blicke nach allen Seiten um sich und war froh, als er bei Yami und Tristan ankam.

„Du siehst so gehetzt aus“, begrüßte der Brünette ihn und zog ihn neben sich.

„Wärst du auch nach einer Wanderung durch das Grabscherland“, brummte er und begann zu tanzen.

Das ungewohnte Schuhwerk schränkte seine Bewegungsfähigkeit ein, statt wie sonst über das Parkett zu hopsen, beschränkte er sich auf kleine Schritte und schielte gelegentlich unauffällig zu den Mädchen in seiner Umgebung, um sich ihren Bewegungen anzupassen. Mit der Zeit wurden seine Hüftschwünge von selbst weicher und passten sich an den Takt der Musik an. Als er das sah, gratulierte Yami sich selbst zu seinem genialen Einfall mit der Wette, ließ sie den Blonden doch ganz neue Tanzqualitäten bei sich entdecken.

Dass er damit die Aufmerksamkeit mehrerer Männer auf sich zog, die ihn anzutanzen versuchten, bemerkte Joey anfangs gar nicht. Er hatte die Augen zu drei Vierteln geschlossen und bewegte sich seinem Gefühl nach, wenigstens kurz vergessend, was er trug und wo er sich befand. Die Hand, die über seinen Hintern strich, und den sich an ihn schmiegenden männlichen Oberkörper konnte er jedoch nicht mehr ignorieren. Bevor sich der Arm des Unbekannten um ihn legen konnte, trat er ein paar Schritte nach vorn und fuhr herum, einen wütenden Kommentar wegen sexueller Belästigung schon halb auf den Lippen. Tristan schaltete sich rasch dazwischen.

„Entschuldige, das ist meine Freundin, die du da anbaggerst“, sagte er und sah sein Gegenüber warnend an. Gleichzeitig ergriff er Joeys Hand, zog ihn an seine Seite und legte ihm einen Arm um die Taille, was diesen überrascht stumm bleiben ließ.

„Sorry, konnt’ ich ja nicht wissen.“ Der Mann nickte ihm zu und verschwand in der Menge.

Joey machte sich von Tristan los und funkelte ihn und Yami abwechselnd böse an.

„Deine Freundin, Tris? Mir reicht’s, ich verschwinde. Du hattest deinen Spaß, Yami.“

„War das jetzt so schlimm?“, wunderte sich der Angesprochene.

„Ich wünsch euch einen schönen Abend.“

Es reichte ihm, er wollte raus. Raus aus allem, aus dieser Disko, dem Kleid, am besten gleich raus aus seinem Leben, wenn er schon dabei war. Seine Freunde auf der Tanzfläche stehen lassend, bahnte er sich einen Weg an deren Rand und durchquerte die Disko mit zwangsweise kleinen Trippelschritten, für größere Schritte war das Kleid unten zu eng geschnitten. Auf halbem Weg blieb er stehen und sah sich suchend nach dem Hinweisschild für die Toiletten um, die Cola machte sich bei ihm bemerkbar. Er hatte keine Ahnung, dass ihm die Blicke zweier Männer in dunklen Anzügen folgten, die sich kurz zunickten und ihm nachgingen.

Nach mehrmaligem Nachfragen und falsch eingeschlagenen Wegen, die ihn zu einer der Bars, der Tür zum Personalbereich und dem Raum geführt hatten, in dem Tabledance angeboten wurde, gelangte er endlich und gerade noch rechtzeitig zu den Toiletten. Aus Gewohnheit steuerte er die Herrentoilette an, aus der, wenige Schritte, bevor er die Tür erreichte, zwei Männer traten und ihn erst verwirrt ansahen, dann grinsten. Joey drehte auf dem Absatz um und marschierte zur Damentoilette, Yami zum hundertsten Mal für seine Idee verfluchend. Miss-mutig durfte er dort feststellen, dass vor ihm zwei Frauen standen und warteten, da alle Kabinen besetzt waren. Ein Problem, das er noch nie verstanden hatte, bei den Männern gab es so gut wie nie Warteschlangen. Ihm blieb nichts übrig, als die Beine zusammenzukneifen, bis er endlich an der Reihe war. In der Kabine sah er sich mit dem nächsten Problem konfrontiert, dieses Mal in Form seiner Kleidung und er begann zu begreifen, warum Frauen länger brauchten. Kleid oder Rock zu raffen, Strumpfhose und Slip herunterzuziehen und nach dem Toilettengang alles wieder an seinen Platz zu bringen, kostete viel mehr Zeit als das schnelle Aus- und Anziehen einer Hose. Auch das Händewaschen war nicht so einfach, wenn einem dabei eine Handtasche an der Schulter schlackerte und jederzeit zu fallen drohte.

In Grübeleien versunken, wie er am besten nach Hause kam, ob er ein teures Taxi nehmen oder es riskieren sollte, in seiner Aufmachung mit der U-Bahn zu fahren, verließ er die Toilettenräume und stieß gegen etwas, das sich wie eine Schrankwand anfühlte. Als er aufblickte, sah er sich zwei Anzug tragenden Männern gegenüber, die trotz der späten Stunde Sonnenbrillen trugen.

„Wir haben überall nach Ihnen gesucht“, sagte der eine und ergriff ihn am Arm.

„Hey, was –“

„Kommen Sie bitte mit, gnädiges Fräulein.“

„Das ist eine Verwechslung!“

Joey wehrte sich gegen den festen Griff so gut er konnte, während er von den beiden zum Ausgang geschleift wurde.

„Lassen Sie mich los oder ich schreie.“

„Machen Sie bitte keinen Ärger und kommen Sie. Ihr Vater wird sehr böse werden, wenn Sie nicht nach Hause kommen.“

„Was? Hören Sie, ich bin nicht die, für die Sie mich halten. Ich ...“

Ein Tuch wurde ihm vor Mund und Nase gehalten, ein ihm unbekannter Geruch stieg in seine Nase. Ihm wurde schwarz vor Augen und er sank in den Armen des Anzugträgers zusammen.

„Ich hasse es, das zu tun“, seufzte der eine und steckte das mit Chloroform getränkte Tuch in einen Plastikbeutel. „Aber sie lässt uns mal wieder keine Wahl.“

„Das gnädige Fräulein hat einen sehr eigenen Kopf. Wie ihr Vater.“

Sie durchsuchten Joeys Handtasche nach seiner Garderoben-Wertmarke, holten seinen Mantel und verließen mit ihm den Club unbemerkt durch einen Nebenausgang.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  trinithy
2010-09-23T15:09:07+00:00 23.09.2010 17:09
*lach*
Meine Meinung zu dem Kapitel kennst du ja, ich liebe es.
Joey als Frau sieht bestimmt herrlich auch und wie er sich da in der Dsco gefühlt haben muss, als er auch noch angemacht würde *grins*




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