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Tabu

One Shots für Harry Potter RPGs
von

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Sun-myung I - Der Brief

Meine große Liebe habe ich nicht zuerst in der Schule, bei der Arbeit oder auf dem Besen gesehen, wie man vielleicht anhand unserer Lebenswege vermuten würde. Er ist mir auch nicht in den Medien aufgefallen oder auf der Straße, bei einer Feier oder beim Ausgehen mit Freunden. Nein, die Verbindung, die ich zu diesem Mann verspüre, geht wesentlich tiefer – und ist schon wesentlich länger vorhanden, als mir bis vor kurzem bewusst war. Und das, obwohl er nicht einmal weiß, wer ich bin.

Wozu ich dir das alles schreibe? Ah – manches Mal werde ich ein wenig sentimental und muss mich dir dann einfach mitteilen. Das kennst du bereits von mir. Und bei einem der Quidditchtrainerscheinkurse sollten wir über das Schlüsselerlebnis schreiben, weshalb wir uns dazu entschieden haben, den Quidditchspielern auf jede nur erdenkliche Art zur Seite zu stehen. Und auch wenn ich dir nun liebend gerne zugestehen würde, dass du der Grund bist – und sicherlich bist du auch ein großer Teil meiner Leidenschaft für den Besensport – so wäre das eine glatte Lüge. Du bist mitverantwortlich dafür, dass ich mich für euch engagieren will und euch zum Erfolg verhelfen will, ja. Aber das Schlüsselerlebnis ist er. Schon immer gewesen. Und je länger ich versuche, mich von ihm freizusprechen und mich davon zu überzeugen, dass ich über ihn hinweg bin … dass er nur eine Schwärmerei war und ist … desto mehr belüge ich mich selbst.

Also ist dieser Bericht vielleicht auch eine Art Beichte, die du mir gerne vorhalten kannst, wann immer ich aufgeben will. Du weißt, dass ich deine Unterstützung brauchen werde, irgendwann einmal. So, wie ich sie immer brauche.
 

Als mein Schlüsselerlebnis sich langsam zu eben jenem formte, war ich acht Jahre alt. Wir waren mit unseren Müttern im Park und Hana wich dir nicht von der Seite – sie war schon mit vier vollkommen in dich verschossen und ich erinnere mich genau daran, wie genervt ich davon war, dass sie deine Aufmerksamkeit vollkommen für sich hatte. Eun-ji wollte bereits zu den Großen gehören und pellte lieber mit unseren Müttern die Orangen, als sich mit mir zu beschäftigen, also stromerte ich allein durch den Park. Immer in Sichtweite, natürlich, vor allem weil mir dein Rufen noch heute in den Ohren klingelt. Die Art und Weise wie du mich rufst, hat sich all die Jahre nicht geändert und wo ich heute träumerisch lächele, war ich damals einfach nur frustriert und genervt. Daher ignorierte ich in Rufen und erkundete den Park allein.

Ich traf einige Kinder in unserem Alter und spielte eine Weile mit ihnen; ich glaube, irgendeine kreative Art des Fußballs, und da hörte ich ekstatisches Rufen.

Wie gebannt schaute ich zwei Jungen zu, die ein wenig größer als ich waren und wie ein Ei dem anderen glichen. In meinem Jahrgang gab es keine Zwillinge und auch in unserem Umfeld nicht, sodass ich für einen kurzen Moment glaubte, doppelt zu sehen.

Doch die Art und Weise wie sie beide dem Ball hinterherrannten war vollkommen anders; sie fesselte mich sofort.

Einer von ihnen hatte einen Verband um den linken Arm und rannte dennoch selbstvergessen dem Ball hinterher, während der andere ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen versuchte. Aber das brauchte er gar nicht. Es war wie jene Art der Magie, die uns seit klein auf begleitet, als der Softball zielgerichtet in den Unterleib des Jungen mit dem Verband rollte und ein Schrei voller Agonie folgte, der lautes Gelächter bei seinem Doppelgänger auslöste. Ich wollte sofort helfen, doch irgendwie war zwischen ihnen und mir eine unsichtbare Barriere. Sie waren derart in ihrer eigenen Welt gefangen, dass sie niemanden um sich herum wahrzunehmen schienen – auch andere Kinder in dem Park beobachteten sie, doch ähnlich wie ich trauten sie sich nicht näher. Der Verbandsträger und sein Doppelgänger hatten etwas an sich, das alle um sie herum erstarren ließ – und obwohl es sicherlich eine schmerzhafte Situation gewesen war, erwischte ich mich dabei, wie ich breit lächelte und mir insgeheim wünschte, mit den beiden befreundet zu sein.
 

Lange Jahre hatte ich vergessen, dass ich ihn da das erste Mal gesehen habe und wirklich bewusst wurde mir das auch erst vor kurzem – dass Kangjeon So-hwa derjenige gewesen war, der durch den Park getollt war, ohne Rücksicht auf Verluste und ohne auf seinen schon verletzten Arm achtzugeben … und vermutlich ging mir das Licht auch nur auf, da sein Verhältnis zu Bällen sich nie änderte. Fernab von Klatschern schien er verflucht und die Bälle suchten sich stets ihren Weg in für uns Männer durchaus schmerzhafte Bereiche.

Natürlich wusste ich mit acht auch noch nicht, dass ich von ihm auf eine ganz andere Art verzaubert worden war. Ich hatte ihn einfach nur cool gefunden. Hatte mir gewünscht, mit ihm befreundet zu sein. Erst heute weiß ich, dass es die ersten Anzeichen gewesen waren – die ersten Anzeichen dafür, dass ich nicht zwingend auf das Geschlecht achte, sondern dass die Ausstrahlung eines Menschen mich einfängt. Dass ein Lächeln mein Herz schmelzen lässt. Und dass ein heimliches Funkeln, ein Geheimnis in dunklen Augen für mich der magischste Zauber von allen ist.

Und vielleicht auch, dass ich ein Fable dafür habe, wenn der erste Eindruck so gar nicht zu dem passen mag, wie der Mensch schlussendlich ist.
 

Du erinnerst dich vielleicht noch an In Maya, die in unseren gemeinsamen ersten Sommerferien zu Besuch gekommen war. Ich erinnere mich jedenfalls sehr gut daran, wie du sie mit Blicken zu erdolchen versucht hast und ich habe damals nicht wirklich verstanden, wieso. Maya war so ein nettes und liebes Mädchen und sie war wohl meine erste Freundin, wenn man das so nennen konnte. Wir haben Händchen gehalten und Kleeblätter gesucht und sicherlich warst du enttäuscht, weil ich die Kleeblätter nicht mit dir gesucht habe. Heute weiß ich das – damals war ich zehn, also bitte verzeih mir. Dass sie nach einer Woche auch wieder ging beendete unsere kurze Beziehung und heute frage ich mich hin und wieder, was In Maya wohl heute tut. Ob es ihr gut geht und ob sie ihren Traum gefunden hat.
 

Meinen ersten richtigen Kuss habe ich wohl mit dreizehn bekommen – wenn man Wangen- und Handküsse nicht mitzählen will, was ich nicht tue – und vielleicht schockiert es dich, wenn ich dir erzähle, dass es tatsächlich ein Mitschüler von So-hwa war.

Es war seine Geburtstagsfeier und er hatte viele aus den jüngeren Jahrgängen eingeladen. Ich weiß nicht mehr genau, wie es überhaupt dazu kam, dass ich schlussendlich mit bei dem Spiel gemacht habe, aber vermutlich wollte ich einfach dazugehören. Und eine seiner Cousinen … oder Freundinnen? … jedenfalls hat sie ihn dazu gedrängt, mich zu küssen. Was auch immer sie davon hatte und ob es nur als Scherz gemeint gewesen ist weiß ich bis heute nicht und es ist auch egal, wenn ich zurückblicke. Denn immerhin hat mir der Kuss bewusst gemacht, dass ich auch Männer küssen wollte und dass das Geschlecht für mich keine Rolle spielte. Es war ein harmloser Kuss, eine harmlose Nacht und dennoch habe ich von einem Park in der Kindheit und von deinen Rufen geträumt. Komisch, oder, was das Gedächtnis manches Mal aus Erinnerungen macht?
 

Ich sah So-hwa erst wieder, als er schon auf dem Sprung nach Amerika war. Er war in unserer Schule eine große Nummer – jeder kannte ihn. Sein Name perlte von allen Lippen, jeder in meinem Jahrgang fand ihn entweder zum Kotzen – aus Eifersucht – oder aber Umwerfend – aus all den offensichtlichen Gründen. Du weißt, zu welcher Kategorie ich gehörte, auch wenn ich zu peinlich berührt von meinem eigenen Verhalten war, um es wirklich öffentlich zu machen.

Aber ich weiß noch wie sehr mein Herz gezogen hat als klar war, dass er in Amerika weiter zur Schule gehen würde. Und ich weiß noch, wie sehr ich dir damit in den Ohren lag, dass wir in die USA müssen. Dass die Möglichkeiten da grenzenlos seien und wie ich extra einige Kurse in unserer Schule gewechselt hatte, um mehr über die große Nation auf der anderen Seite der Welt zu erfahren. Ich war rettungslos in diesen Jungen verliebt und würde ihn verlieren, dessen war ich mir absolut sicher. Es gab keine Möglichkeit, dass unsere Eltern genug Geld oder aber genügend Verständnis für ein Auslandssemester würden aufbringen können und niemals hätte ich ohne dich gehen können.

Also versuchte ich ihn zu vergessen. Und mit jedem Monat gelang es mir ein bisschen besser. Ich ließ mich auf andere Menschen ein, wenn die Zeit zwischen den Kursen es zuließ, und lernte dazu. Mein Herz wurde gebrochen – ich erfuhr, dass Menschen nicht immer das waren, was sie vorgaben zu sein und wurde nach Strich und Faden verarscht. Ah, als ich zu studieren begann, musste ich das auf die harte Tour lernen und du warst immer da – ob im Feuer, per Pergament oder am Telefon – um mich wieder aufzubauen. Was ich ohne dich getan hätte, weiß ich nicht.
 

Obwohl ich ihn vergessen wollte, saugte ich jede Information, jedes Interview, jedes Detail aus den USA über ihn auf. Erinnerst du dich an die Magazin-Sammlung, die meine Mutter entdeckte und glaubte, dass ich lieber Quidditch spielen statt tanzen wollte? Ah. Danke, dass du ihr nicht gesagt hast, dass ich all das Taschengeld für IHN ausgegeben habe, nicht für meinen Traum. Naja … obwohl er schon irgendwie zu meinem Traum geworden ist, nicht wahr?

Wann immer er kurz davor gewesen war zu einer Randnotiz in meinem Herzen oder meinen Gedanken zu werden, drängte er sich penetrant auf.

Entweder sein plötzlich berühmt werdender Zwillingsbruder hatte Premiere und er tauchte dort auf, schillernd und großgewachsen und verdammt-noch-einmal-viel-schöner-als-noch-zuvor …

… oder er machte Schlagzeilen, da er sich für die Belange von Schwächeren einsetzte und dafür sowohl von der Presse zerrissen wie auch gefeiert wurde. In Korea verfolgte man seinen Aufstieg und schließlich auch seinen Fall mit großem Interesse und ich hörte Leute um mich herum über ihn reden, als würden sie ihn kennen und wann immer sein Name fiel, konnte ich nicht anders, als ihn zu verteidigen. Er kämpfte da draußen in einem fremden Land ganz allein für unsere Nation – für das Bild der Koreaner – für eine bessere Repräsentation … aber viel wichtiger: er kämpfte für seinen Traum und dafür, sich selbst im Ruhm nicht zu verlieren.

Mein Herz war übervoll an Zuneigung zu ihm … und ich verzehrte mich so sehr nach ihm … du weißt, wie sehr ich bereit war, alles aufzugeben und ihm nachzureisen und dich zu verletzen. Ich bin froh, dass ich es nicht getan habe – du bist mir das Wichtigste auf der Welt, Chae, und selbst So-hwa kann sich damit nicht messen.

Nun.

An deinen guten Tagen zumindest nicht.
 

Und jetzt? Jetzt ist er zurück in der koreanischen Liga. An unserer Universität. Ich werde für ihn tanzen – jubeln – schreien. An der Seitenlinie mein Bestes geben, damit er zu neuen Höhen aufsteigen kann. Ob ich jemals meine Augen von ihm nehmen kann, wenn ihr gemeinsam fliegt? Ich hoffe, ich werde auch dir ordentlich Energie geben können und sie nicht komplett ihm schenken. Und vielleicht – nun, vielleicht werde ich irgendwann auch den Mut finden, um ihm zu gestehen, wie tiefgehend meine Schwärmerei für ihn ist. Dass sie schon lange viel mehr als das ist. Dass ich kein verliebter Teenager mehr bin – dass ich weiß, wie abwegig das alles für ihn klingen muss – und dass ich mich unendlich dumm dabei fühle, dermaßen verliebt zu sein, wo ich ihn doch überhaupt nicht kenne.

Aber ich kann mir in Bezug auf Kangjeon So-hwa einfach nicht helfen. Jeder rationale Gedanke versagt und selbst wenn ich nicht den Mut aufbringe ihm sofort zu sagen, was alles in meinem Herzen für ihn verborgen ist …

… so würde ich wirklich gerne einen Kaffee mit ihm trinken gehen und ihn kennenlernen. Ja. Meinst du, das kriegen wir beide hin, Chae? Dass ich ihn irgendwann einmal zum Kaffee einlade?



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