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Forgivable Sinner II

to turn the wheel of fortune
von

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Part 2

Part 2:
 

"Heinrich... jetzt sag' schon! Wohin fahren wir denn?" Heinrich verzog seinen rechten

Mundwinkel zu einem breiten Grinsen. Er saß Kim in der Kutsche gegenüber und als der

Junge zum dritten Mal die selbe Frage stellte, rollte er mit den Augen und hob seinen

Zeigefinger.

"Uhuhuhh... zügle deine Neugier, Kim Prokter. Lass' dich einfach einmal überraschen. Lange

dauert es nicht mehr, wir sind gleich da, keine Sorge!"

Kim stieß einen hörbaren Seufzer aus. Diese Heimlichtuerei brachte ihn irgendwann noch

einmal um seinen Verstand.

"Manchmal benimmst du dich wie ein kleiner Junge...!" spottete Heinrich und dabei funkelten

amüsiert seine Augen. Ein Sonnenstrahl drang durch das Fenster der Kutsche, das halb von

einem kleinen Vorhang bedeckt war und breitete sein warmes Licht über Heinrichs blondes

Haar.

"Wir haben Glück, dass heute so schönes Wetter ist, sonst wäre unser Vorhaben im

wahrsten Sinne des Wortes wohl ins Wasser gefallen.... Da, siehst du... da vorne müssen wir

noch einmal rechts abbiegen, dann die Straße entlang und noch einmal links. Dann sind wir

da!"

"Ich bin ja mal gespannt, was du dir da wieder ausgedacht hast!"
 

Nach wenigen Minuten kam die Kutsche schließlich zum Stehen. Heinrich öffnete die kleine

Tür und trat als erster nach draußen, gefolgt von Kim.

Zuerst fühlten sie sich von der Sonne geblendet, doch die Wärme, die sie umhüllte, breitete

ein angenehmes Gefühl in ihrem Inneren aus. Heinrich strich sich durch seine langen Haare,

redete anschließend noch drei Worte mit dem Kutscher und nahm Kim dann bei der Hand

um ihn mit sich zu ziehen. Kim kam es so vor, als würde die gesamte Umgebung an ihm wie

in einem Traum vorbei ziehen. Er achtete nicht einmal auf den weißen Brunnen, an dem sie

soeben vorbeigingen, denn seine Aufmerksamkeit galt voll und ganz der prächtigen Residenz

am anderen Ende des Hofes. Viele einzelne gelb umrandete Fenster unterbrachen das

einheitliche Weiß des Gebäudes. Das Eingangstor war mit winzigsten Verzierungen

geschmückt, an denen sich das helle Licht der Morgensonne in vielen Farbfacetten

widerspiegelte.

"Ich sehe, es gefällt dir! Das freut mich, Kim, aber innen ist es sogar noch prunkvoller..."

Als sie die Türschwelle betraten, wurden sie bereits von einem düster blickenden Diener

empfangen, der sie mit einem gurgelnden "Guten Tag, meine Herren" empfing. Kim lächelte

ihn unsicher an und nickte mit dem Kopf.

"Er ist immer so schlecht gelaunt. Er war es schon vor 10 Jahren und ist es noch. Daran wird

sich wohl auch nichts mehr ändern..."

Der Diener warf Heinrich einen kritischen Blick zu, doch wendete sich dann von den beiden

ab um in der nächsten Minute auch schon hinter einer kleinen Seitentür zu verschwinden, die

in den Ostflügel des Schlosses führte.

Die große leere Vorhalle, in der sie nun standen, war dunkel. Die schweren Vorhänge waren

zugezogen und nur hier und da fielen einzelne dumpfe Lichtstrahlen in den Raum.

Kim stand dicht neben Heinrich. Worauf warteten sie? Was wollten sie hier überhaupt? Kim

wollte schon vorschlagen, wieder zu gehen, als er plötzlich eine Hand vor seinen Augen

spürte, die ihm die Sicht versperrte. Eine weitere Hand fühlte er an seiner Hüfte, wie sie

allmählich nach oben wanderte. Erschrocken wollte er sich umdrehen, doch auf irgend eine

Art und Weise konnte er das nicht, da ihn diese Hände festhielten.

Sein Herz begann schneller zu schlagen. Er mochte es nicht, so berührt zu werden. Noch

dazu wenn er nicht wusste, wer da hinter ihm stand. Noch immer ruhte die Hand vor seinen

Augen und er griff danach um sich von ihr zu befreien als er ein leises Flüstern neben seinem

rechten Ohr vernahm.

"Ich lass' dich los, wenn du errätst, wer ich bin..."

Der Fremde stellte sich ganz dicht hinter ihn, Kim konnte bereits die Wärme spüren, die sich

an seinem Rücken ausbreitete.

"Ich... ich weiß nicht, wer Ihr seid... Woher sollte ich es denn auch wissen...?"

Ganz plötzlich lösten sich die Hände von Kims Körper und er drehte sich um.

"Heinrich! Du hast ihm also nichts von mir erzählt, ja? Ein schöner Freund bist du!" Kim

blickte in zwei glasklare blaue Augen, die Heinrich wütende Blicke zuwarfen.

"Dabei hätte unser kleines Spielchen so interessant werden können!"

Heinrich erwiderte nur ein Lächeln und beugte sich über den Jungen, wobei er mit seiner

Hand dessen Wange liebkoste. "Unzufrieden und vorlaut wie immer. Du hast dich nicht

verändert Bernard!"

Der Junge umfasste Heinrichs breite Schultern und stieß dabei ein leises Seufzen aus. "Ich

bin so froh, dich einmal wieder zu sehen. Du hättest mich ruhig öfter besuchen können. Wie

geht es dir?"

"Es ging leider nicht früher..."

Sie lösten sich aus der freundschaftlichen Umarmung. Als nächstes ergriff Heinrich das Wort.

"Kim ... darf ich vorstellen? Das hier ist Bernard de Balvenne. Und Bernard... von Kim hab'

ich dir ja bereits in meinem letzten Brief erzählt."

Kim reichte Bernard die Hand und lächelte ihm lieb zu. Dieser beugte sich nahe zu seinem

Gesicht und sah ihm tief in die Augen.

"Du scheinst ziemlich schüchtern zu sein. Wie alt bist du?"

Kim stutzte und antwortete dann nur mit einem kurzen "22".

"Ha, sogar ein Jahr älter als ich! Wieso wirst du denn jetzt rot? Das von vorhin muss dir nicht

peinlich sein. Es war doch nur Spaß, ich wollte dir nicht zu nahe treten... So, aber lasst uns

doch etwas in den Wintergarten gehen. Hier ist es viel zu dunkel. Ich kann eure hübschen

Gesichter ja gar nicht richtig erkennen!"

Bernard legte seinen Arm über Kims Schultern und führte seine Besucher in einen von der

Sonne durchfluteten Raum.

Reine Glaswände schirmten dieses Zimmer von der Außenwelt ab. In jeder Ecke standen

kleine gemütliche Sofas. Und auf einem ganz in der Nähe einer grünen Blattpflanze saß ein

zierliches Persönchen mit lockigen Haaren, die in ein Buch vertieft zu sein schien.

Bernard räusperte sich laut und das Mädchen blickte auf.

"Oh..." ihr feine Stimme klang überrascht. "Sind deine Gäste bereits angekommen, Bernard?

Nun, das freut mich sehr. In letzter Zeit ist unser Haus so schrecklich leer seit Mutter und

Vater auf Reisen sind." Ein Seufzer huschte über ihre kleinen sinnlichen Lippen.

Dann machte sie einen höflichen Knicks vor Heinrich und Kim, wobei sie ihr blassgraues Kleid

anhob. "Wie schön, dich so wohlauf zu sehen Heinrich. Wie geht es deiner Frau und deinem

Sohn?"

Heinrich nahm sie bei der Hand und gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. "Beiden geht es

sehr gut, vielen Dank der Nachfrage, Josèphine. Erlaube mir die Bemerkung, dass du eine

richtige junge Frau geworden bist, seit ich dir das letzte Mal begegnet bin..." Sie lächelte ihm

daraufhin mit einem strahlenden Zwinkern ins Gesicht.

"Noch genauso charmant wie früher. Und wer ist dieser Mann an deiner Seite?"

"Sein Name ist Kim, Kim Prokter. Er ist ein guter Freund von mir und..." Heinrich zögerte und

sah flüchtig zu Kim. "...und Eduard."

/Verzeih' mir Kim. Hättest du gewollt, dass ich dich als Eduards Geliebten vorstelle? Wenn ich

doch nur manchmal in dein Inneres sehen könnte. Vielleicht habe ich dich jetzt verletzt...

vielleicht war es aber auch gut so... Wir werden sehen.../

"Ahhh... Eduard. Dein Bruder nicht wahr? Herzlich Willkommen, Kim. Ich hoffe sehr, dass du

dich bei uns wohlfühlen wirst." Dann hob sie ihr kleines Zeigefingerchen. "Und lass' dich von

meinem Bruderherz nicht verunsichern. Er treibt seine Späßchen mit jedem, der ihm in die

Quere kommt. Heinrich ist der einzige, den ich kenne, der Bernard darin noch übertrifft." Sie

schmunzelte, wartete jedoch nicht mehr auf Heinrichs Reaktion. Mit einer schnellen

Bewegung schlug sie ihr Buch zu und tippelte anschließend auf leichten Füßen aus dem

Wintergarten, wobei sie nur noch hinterher rief: "Ich will euere Männergesellschaft ja nicht

stören... Ruft Caroline, wenn ihr etwas braucht. Sie hat den Tee bereits fertig..." Dann

verschwand sie in der dunklen Vorhalle.
 

/Meine Schritte hallen schwer auf dem zerbrechlichen Marmorboden. Ich sollte nicht hier

sein... Zu sehr drückt mir die Last der Trauer aufs Gemüt und widersetzt sich der Freude der

Menschen um mich herum.../
 

Sie nahmen an einem kleinen runden Tisch platz, der etwas abseits im Wintergarten stand.

Es dauerte auch nicht lange, da kam bereits Caroline mit dem Tee.

Bernard stützte seine Ellenbogen auf die Tischplatte und faltete seine Hände, auf die er sein

Kinn legte. Mit einem Lächeln im Gesicht sah er Heinrich eindringlich an.

"Erzähl' mir mehr von deiner Frau. Sie ist wirklich ein bezauberndes Geschöpf. Wie alt ist

euer Sohn jetzt?"

"Noel ist zwei Jahre, wird aber bald drei. Er kommt ganz nach Madelene, aber das solltest du

besser selbst beurteilen. Ich bin sicher, dass du ihn in naher Zukunft einmal kennen lernen

wirst. Madelene würde sich sicher über einen Besuch von dir freuen, auch wenn ich dann

gerade nicht zu Hause sein sollte. Du hast einen sehr sympathischen Eindruck bei ihr

hinterlassen!"

Bernard blinzelte Heinrich offen zu und wendete sich anschließend zu Kim.

Dieser hatte schon die ganze Zeit mit gesenktem Blick dagesessen und rührte unaufhörlich in

seiner Tasse Tee.

Kim wich mit seiner Hand plötzlich etwas zurück, als er eine unerwartete Berührung

verspürte. Dann sah er auf.

"Was ist denn los, Kim? Fühlst du dich nicht wohl bei uns? Du scheinst mir die ganze Zeit so

abwesend. Worüber denkst du nach?"

Kim versuchte ein Lächeln, doch seine Augen verrieten, dass er nicht wirklich glücklich war.

Bernards Hand ruhte noch immer auf seiner und strahlte eine angenehme Wärme aus.

"Bitte denke nicht, dass es mir hier nicht gefällt. Das Schloss ist wirklich wunderschön und

ich habe dich und deine Schwester bereits liebgewonnen, aber..."

/... aber ich kann in Heinrichs Gegenwart einfach nicht vergessen. Ja, das ist es, was mich

quält und doch.../

Heinrich warf Bernard einen vielsagenden Blick zu und der Junge verstand, dass es besser

wäre, Kim nicht noch länger zum Reden zu bewegen.

"Schon in Ordnung, Kim. Keiner verlangt von dir, dass du dich rechtfertigst. Ich kann es bloß

nicht mit ansehen, wenn du so in dich gekehrt am Tisch sitzt und dich vor uns

auszuschließen scheinst. Das ist es doch, was du tust, nicht wahr?"

Wieder lächelte Bernard, dann ließ er Kims Hand los, wobei sein Daumen noch einmal sanfte

Liebkosungen ausführte.
 

"Entschuldigt bitte... aber... würde euch etwas Gesellschaft vielleicht doch nichts

ausmachen? Eigentlich hatte ich gehofft, dass Alicia jeden Moment an der Tür klingelt, aber

jetzt habe ich Nachricht erhalten, dass sie krank ist und mich leider nicht besuchen kann..."

Heinrich und Kim standen höflichkeitshalber auf, als Bernards Schwester den Wintergarten

betrat. Mit einem flüchtigen Blick streifte sie Kim, dann sah sie Heinrich ins Gesicht.
 

/Sehr schön, Joséphine. Vielen Dank für die kleine Unterbrechung. Du hast seine

Aufmerksamkeit auf dich gelenkt und nun kann ich ihn ganz unbemerkt beobachten. Seinem

schmalen Körper mit meinen Augen entlang fahren und mir vorstellen, was sich hinter dem

luftigen weiten Hemd mit der seidenen Weste verbirgt. Nimm ihn mir ja nicht weg,

Joséphine, hörst du? Nimm ihn mir nicht weg... oder wir sind nicht länger Bruder und

Schwester.../
 

"Aber es ist uns eine Ehre, wenn sich eine nette junge Dame wie du zu uns gesellt. Bitte..."

Heinrich rückte einen Stuhl vor und das Mädchen nahm mit einer geschmeidigen Bewegung

darauf Platz. Sie bedankte sich bei Heinrich mit einem Schmunzeln.
 

Sie saßen noch bis in den späten Nachmittag und redeten über alle möglichen Dinge, bis

Joséphine plötzlich Kim mit ihren Blicken fixierte. Ihr kleiner Zeigefinger spielte mit einer

Locke glänzenden Haares. "Ich hoffe, es hört sich jetzt nicht zu unhöflich an... aber was ich

mich schon die ganze Zeit frage ist... nun..." Sie blickte kurz in die Runde und sah dann

wieder zu Kim.

"Kim... bist du verheiratet? Hast du eine Geliebte?" Man konnte Joséphine ansehen, dass ihr

diese Frage peinlich war, denn ein zarter roter Schimmer legte sich über ihre heißen

Wangen.

Kim schluckte, sein Blick wurde auf einmal leer und er schien ins Nichts zu starren, durch die

Tischplatte hindurch, auf der seine Hände lagen. Seine Augen schweiften zu einer dunklen

Ecke des Raumes.

"Ich... habe..." Er sah auf, ein Funkeln in den traurigen Augen.

"Ich habe geliebt... doch diese Liebe endete im Verrat. Verrat, weil ein Versprechen

gebrochen wurde, an das ich mich mein Leben lang geklammert habe."
 

/Nein, Kim... Eduard hat keinen Verrat begangen. Nur ich, ich allein, sein schandhafter

Bruder.../
 

Bestürzung zeichnete sich auf Joséphines Gesicht ab. Sie wollte etwas erwidern, doch Kim

war bereits vom Tisch aufgestanden und entschuldigte sich für einen Moment mit zitternder

Stimme. Dann hatte er den Wintergarten verlassen und war in der schwarzen Vorhalle

verschwunden.

Joséphine wollte aufstehen und ihm nachgehen, doch sie fühlte sich an ihrer rechten Hand

festgehalten. Bernard warf ihr einen nichtssagenden, gleichgültigen Blick zu und stand statt

ihrer auf.

"Ich glaube nicht, dass er dich jetzt sehen möchte, Schwester..."

Heinrich bemerkte einen betroffenen Blick in Joséphines Gesicht und strich ihr tröstend über

die Haare.

"Mach' dir keine Gedanken, Kleines. Für deine Frage brauchst du dir wirklich keine Vorwürfe

zu machen. Kim ist dir sicher nicht böse, er braucht nur etwas Zeit, die Erinnerung zu

verkraften..."

Joséphine stieß ein leises Seufzen aus. "Sie muss... ihn sehr unglücklich gemacht haben.

Bestimmt liebt er sie noch immer. Keiner hat das Recht, einen anderen Menschen so sehr zu

verletzen..."

Die Worte des Mädchens hallten dumpf in Heinrichs Kopf.

/"Sie muss ihn sehr unglücklich gemacht haben..." Ja, das hat er. Er hat ihn sehr unglücklich

gemacht... Kim kann ihn nicht vergessen. Er kann es einfach nicht und ich habe es

aufgegeben, ihn wieder glücklich zu machen. Doch die Wahrheit bringt mich um. Ich muss

sie verschweigen. Zu schuldig. Ich bin zu schuldig.../
 


 

Bernard trat aus dem Schloss. Er hatte gesehen, wie Kim durch das Eingangstor geeilt war.

Die goldene Abendsonne schien ihm ins Gesicht und er sah sich um.

Kim lehnte mit hängenden Schultern an einer alten Trauerweide, deren dünne biegsame Äste

sich leise im lauen Wind bewegten.

Langsam näherte sich Bernard Kim und stellte sich dann neben ihn.

Schweigen.

Kim hatte seine Arme um sich selbst geschlungen, den Kopf gesenkt, wobei ihm die braunen

Haare über die Augen fielen. Bernard bemerkte nur die zwei kleinen schillernden Perlen, die

sich ihren Weg über Kims Wangen in die Tiefe bahnten.

"Bitte verzeih' die Worte meiner Schwester. Sie..." Doch seinen Satz konnte er nicht

vollenden, da Kim ihm ins Wort fiel.

"Sie konnte nicht wissen..." Ein bitteres Lächeln flog über Kims Lippen. "Niemand kann es

wissen. Niemand kann verstehen,... weil ich es ja selbst nicht kann."

Wieder kehrte eine kreischende Stille ein, nur durchbrochen von den flüsternden

Weidenzweigen, die sich im Wind aneinander rieben.

"Drei Jahre... mein Gott... verstehst du, was das bedeutet? Drei ganze lange Jahre sind

inzwischen vergangen und ich... spüre immer noch den selben Schmerz wie an jenem Tag.

Es..."

Mit einer flüchtigen Bewegung wischte er sich die Tränen aus den Augen.

"Es war so ungerecht. Wie konnte er das nur tun?"

"Er...?"

Bernard atmete tief durch, dann stellte er sich direkt vor Kim und fasste ihn sanft an den

Schultern.

"Er..., Kim? Soll das heißen... Hast du etwa einen..."

"Mann geliebt..." flüsterte Kim.

"Ja, ich liebte einen Mann. Verabscheue mich nun ...!"

Ein Kuss unterbrach Kim in seinem Satz. Die Zeit schien still zu stehen und Kim wusste nicht,

wie ihm geschah oder wie er darauf hätte reagieren sollen. Er fühlte nur Bernards warme

Zunge in seinem Mund, wie sie mit der seinen versuchte zu spielen und doch keinen

Widerklang fand. Bernard legte seine linke Hand an Kims Hüfte, mit der anderen fuhr er an

seiner Weste entlang, offnete ganz behutsam und vorsichtig die zwei obersten Knöpfe , so

dass er mit seinen Fingern Zugang zu Kims Hemdkragen hatte. Er konnte die kleine

Vertiefung zwischen den Schlüsselbeinen spüren und eine unheimliche Wärme breitete sich

in seinem ganzen Körper aus, bis... bis Kim aus seiner Trance zu erwachen schien und dem

Jungen langsam klar wurde, was Bernard vorhatte.

Er drückte Bernard sanft von sich und sah ihm dann in die blauen Augen.

"Willst du dich etwa über mich lustig machen? Hattest du deine Freude, ja?"

"Ja, meine Freude hatte ich, bis du mich von dir gestoßen hast. Verstehst du nicht, Kim? Ich

würde mich nicht über dich lustig machen. Nicht in dieser Sache."

"Willst du mir damit sagen..."

"Genau das! Ich finde ebenso Gefallen an jungen Männern. Wir zwei sind uns so ähnlich..."

Wieder näherte er sich Kim und strich ihm über die Wange.

"Willst du mich denn nicht, Kim?"

Keine Antwort.

"Wenn ich ein bisschen zu schnell für dich war, dann tut es mir leid. Ja, vielleicht hätte ich

warten sollen, aber ich war einfach überwältigt... Ich bin eben noch jung, man hat seine

Gefühle manchmal nicht ganz unter Kontrolle... Bitte verzeih'!"

Kim achtete gar nicht darauf, was Bernard versuchte, ihm zu sagen. Er war viel zu verwirrt.

Wie hatte er diesen Kuss nur zulassen können, wie diese Berührung?
 

"Wo bleibt ihr beiden denn?!" Heinrich stand plötzlich in der Eingangstür und winkte ihnen

kurz zu. Er lächelte, war vermutlich zuversichtlich, dass es Kim bereits wieder besser ging.

Dann wandte er den beiden Jungen wieder den Rücken zu.

Bernard und Kim schwiegen eine Weile und rührten sich nicht von der Stelle.

"Ich nehme an, Heinrich will aufbrechen..."

"Kim?"

Zwei blaue Augen, so unendlich tief...

"Willst du heute nacht nicht hier bleiben? Es würde uns sehr freuen. Heinrich könnte auch

hier übernachten..." Doch noch während er diese Frage stellte, war Kim bereits einige

Schritte in Richtung Eingangstor gelaufen.

"Hasst du mich jetzt?"

Ein Kopfschütteln.

"Bleibst du dann?"

"Das geht leider nicht..."

"Und weshalb? Denkst du ich komme nachts in dein Zimmer geschlichen und falle über dich

her? Habe ich mich nicht bereits entschuldigt?"

Kim atmete tief durch und drehte sich dann Bernard zu.

"Was du getan hast oder nicht, Bernard... spielt überhaupt keine Rolle. Ich bin dir deswegen

nicht böse. Gerne würde ich heute nacht hier bleiben, aber ich fürchte, dass das eine

Unmöglichkeit darstellt. Ich muss morgen sehr früh wieder zum Dienst. Der Herzog sieht es

nicht gerne, wenn sich seine Angestellten frei nehmen." Und dann fügte er leiser hinzu: "Es

geht einfach nicht, bitte versteh' das..."

"Gut, aber dann kommst du mich bald wieder besuchen, ja? Ich weiß auch schon wann. Das

ist ein Sonntag, da wirst du doch einmal Zeit haben? Joséphine hat in drei Wochen

Geburtstag. Ich bin sicher, sie ist überaus glücklich, wenn du kommst... Sagst du ja?

Außerdem kann ich an solchen Tagen Unterstützung immer gut gebrauchen." Er kicherte vor

sich hin. "Ihre Freundinnen hängen mit immerzu am Bein, wenn du verstehst, was ich

meine. Ich verstehe ja, wenn sie meinem Charme nicht entkommen können, aber auf die

Dauer kann das ganz schön lästig werden...! Also, kommst du?"

Ein sonniges Lächeln legte sich über Kims Gesicht. "Sehr gerne sogar..."
 

Eine halbe Stunde später saßen Heinrich und Kim auch schon wieder in der Kutsche und

näherten sich Schloss Trevelsburg.

"Die ganze Zeit sprichst du schon kein Wort mehr mit mir. Hat dir der Besuch heute

missfallen?"

"Nein, hat er nicht. Ich frage mich nur die ganze Zeit..."

"Was fragst du dich?"

"Hast du etwa versucht, einen neuen Liebhaber für mich zu finden?... Jetzt tu' nicht so

überrascht Heinrich von Kalau! Sag' mir nicht, du wusstest nichts von Bernards Vorlieben..."

"Erzähl' du mir nicht, dass der Kleine auf Männer steht... Dazu schwärmt er zu oft von

Frauen, denen er schon begegnet ist. Das war sicher nur wieder einer seiner dummen

Scherze. Soweit ich weiß ist er sogar verlobt..."

Kim überlegte. "Vielleicht hast du recht... Es war sicher nur ein Scherz."
 

/Und in meinem Inneren tut sich eine Leere auf, die zu füllen ich nicht fähig bin./
 

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