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HOLLOW II

Bad Moon Rising
von

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Headache

Ich wäre dann auch mal wieder da.

Hier das neue Kapitel. Ich prophezeie in all meiner Weisheit, dass dieses Chap sehr Zero-lastig sein wird und nächste Woche Samstag Weltuntergang ist.
 

Der Song hierzu ist übrigens "Fuck Authority" von Pennywise (Auf welchen Chara der sich bezieht dürfte wohl klar werden)

Dieses Stück hat eine ganz spezielle Bedeutung für mich. Es erinnert mich ziemlich hart an meine frühere Jugend.

Jaja, damals in der Dorfpunk-Szene...

Der erste Vollrausch, die ersten Piercings, die ersten semi-kriminellen Machenschaften und asoziale Freunde.

Vollrausch und Machenschaften verzogen sich, die linke Einstellung und die Vorliebe für Punk blieb. Die asozialen Freunde natürlich auch.

So.

Genug Gefühlsduselei.

Los jetzt!
 

http://www.youtube.com/watch?v=H-Yihs6S0Ac
 

enjoy ♥
 

*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*
 


 

Zeros Villa, 09.36 Uhr ...
 

Zeros POV
 

Ein fahler Sonnenstrahl kämpfte sich durch die herbstgraue Wolkendecke. Unaufhaltsam und stur bahnte er sich seinen Weg durch Wasserdampf, schwebende Schmutzpartikel, kahle Äste und schließlich auch durch die Fensterscheibe. Prinzipiell hätte ich ihn für diese Meisterleistung bewundern sollen. Leider machte der Strahl den großen Fehler, auch meine am Vorabend sorgsam zugezogenen Vorhänge zu umgehen. Als sei diese Tat nicht schon Frevel genug, besaß er auch noch die Dreistigkeit, mir frontal ins Gesicht zu scheinen.

Ich ächzte und grabschte blind nach einem meiner Kopfkissen. Meine Hand fand ein rotes Samtkissen. Ich nahm es und drückte es auf mein Gesicht.

Mein Schädel brummte.

Gerade als ich versuchte wieder zurück ins Traumland zu kehren begann auf dem Fenstersims etwas zu piepen.

Ein Vogel.

Ich versuchte ihn zu ignorieren.

Das Tier schien jedoch, trotz Ignoranz, nicht sonderlich daran interessiert, dass ich meinen Kater ausschlafen wollte. Es stimmte nun sein Morgenlied an. Ein Presslufthammer neben dem Bett hätte nicht störender sein können. Wieder suchte ich nach einem Kissen. Keine Minute später knallte das mit Federn gefüllte Stoffsäckchen mit voller Wucht an die Fensterscheibe.

Ich hoffte inständig, dass der bescheuerte Vogel diese Botschaft verstand.

Eine Weile blieb es ruhig, dann begann das Gezwitscher von neuem. Diesmal lauter.

Entweder handelte es sich hier um einen ziemlich blöden Vogel, oder um einen ausgekochten Anarchisten, der sich daran aufgeilte, mir den Morgen zu versauen.

Nachdem ich mich nun mental derart aufgeregt hatte war ich wach. Ächzend rollte ich mich aus dem Bett und schlurfte zum Fenster. Mein Kopf quittierte die plötzlichen Bewegungen mit einem schmerzhaften Pochen. Vorsichtig schob ich den Vorhang zur Seite. Auf meinem Fenstersims hockte doch tatsächlich dieses fette Rotkehlchen und schrie die Nachbarschaft zusammen.

Ruckartig riss ich das Fenster auf. Die Glasscheibe traf den Vogel, der fiel vom Sims und segelte einige Meter nach unten. Gerade als ich eine Freudenarie anstimmen wollte, da ich sicher war dem nervigen Geschöpf den Garaus gemacht zu haben, fing sich das Tier wieder und flog, nicht ohne mir einen bösen Blick zuzuwerfen, davon.

Ich zuckte mit den Schultern.

Wenn er schon nicht tot war, dann hatte er doch wohl wenigstens eine Gehirnerschütterung.

Sein Schädel würde sich dann wohl in etwa so anfühlen wie meiner.

Das geschah ihm recht.

Ein zufriedenes Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. Die nächste Kopfschmerzwelle fegte es allerdings wieder fort.

Im Schneckentempo verließ ich mein Schlafzimmer und schlich die Treppe hinunter. Vielleicht fand sich in der Küche ja etwas das diesen verdammten Kopfschmerz linderte. Auf dem Weg in die Küche passierte ich die geöffnete Wohnzimmertür. Ein leises Geräusch brachte mich zum Stehen.

Stirnrunzelnd spähte ich ins Wohnzimmer und wünschte mir noch im selben Augenblick es nicht getan zu haben.

Etwas lag auf meinem Sofa.

Etwas, das im wachen Zustand wesentlich schlimmer war als alle fetten, grölenden Rotkehlchen dieser Erde zusammen.

Auf Zehenspitzen ging ich also nun zu dieser schlafenden Gestalt und kniete mich neben sie.

Ich streckte die Hand aus und packte mit spitzen Fingern eine der wirr herumliegenden, blonden Haarsträhnen. Vorsichtig zog ich daran.

Keine Reaktion.

Ich zog fester. Ein leises Grummeln von irgendwo unter dem Haarwust war zu hören. Dann begann die Kreatur leise und zufrieden zu Schnarchen. Unwillkürlich hob sich meine rechte Augenbraue.

War das zu fassen?

„Karyu! Aufstehen! Frühstück!“, brüllte ich zu der Stelle des Haarbergs hin, an der sich möglicherweise ein Ohr befand.

Innerhalb von Sekunden saß das blondierte Ungetüm kerzengerade und vollkommen verwirrt auf dem Sofa. Karyu blinzelte aus kleinen Augen durch die Gegend und fuhr sich mit seinen Spinnenfingern durch die hoffnungslos zerzausten Haare. Momentan erinnerte er mehr an einen Wischmopp, als an ein humanoides Wesen.

„Mh?“, antwortete er und zog die Stirn kraus.

„Aufstehen.“

Anstelle einer Antwort warf er mir einen hasserfüllten Blick zu und ließ sich zur Seite kippen. Der wollte doch tatsächlich weiter pennen! Ich musterte meinen ungebetenen Gast eine Zeit lang. Als er immer noch keine Anstalten machte sich zu bewegen entschloss ich mich härter durchzugreifen.

Die Kopfschmerzen ignorierend schwang ich mich aufs Sofa und hockte mich über mein schlafendes Opfer. Gnadenlos begannen meine Hände nun, Karyu in den Bauch zu pieken. Die Piekserei wurde schließlich und endlich zu einer ausgewachsenen Kitzelattacke.

Jetzt war er wach.

Definitiv.

„Zero! Lass das! Spinnst du, oder was?!“, fauchte es aus dem Haarberg.

Ungerührt kitzelte ich weiter und nutzte Karyus allmorgendliche Verwirrung voll aus. Ziemlich unkoordiniert schlugen zwei Hände nach meinen Oberschenkeln. Ich grinste gehässig.

„Ey geh runter von mir! Das ist voll schwul, weißt du das?“

Irgendwie war Karyu nun an ein Kissen heran gekommen, das er mir mit voller Wucht auf den Kopf schlug.

Volltreffer.

Da mir ohnehin schon der Schädel brummte, schaffte es dieses Manöver tatsächlich, mich kurz außer Kraft zu setzen. Diesen Moment nutzte die Blondine, um mich an der Hüfte zu packen und vom Sofa zu schubsen. Mit einem dumpfen Knall landete ich auf dem Holzboden.

Nun war es Karyu, der grinste. Ich warf ihm das Kissen ins Gesicht.

„Weißt du was wirklich schwul ist? Jeden Monat zum Frisör zu rennen und sich den Ansatz blondieren zu lassen. Das ist schwul. Oder ernsthaft darüber nach zu denken sich Extentions zu kaufen. Das ist auch schwul. Ziemlich schwul sogar.“ Ich lächelte Karyu süffisant an. Der verschränkte die Arme und kniff die Lippen zusammen. Das beeindruckte mich nicht im Geringsten. Darum setzte ich, um es gelinde auszudrücken, noch einen drauf.

„Außerdem hast du doch momentan eh nichts zu verlieren, man kann dich ruhig für schwul halten. Macht eh jeder. Immerhin hat deine Barbie sich ja auch aus dem Staub gemacht. Wie hieß sie noch gleich? Ach richtig. Aya-Dingsbums.“

„Mach so weiter und ich werf dich über die Schulter und lass dich da verhungern, du Gartenzwerg.“

„Es kann ja nicht jeder fähig sein aus der Dachrinne zu trinken, stimmt's?“

Wir starrten uns hasserfüllt an, dann begann Karyu zu grinsen. Ich hingegen setzte den arrogantesten Blick den ich im Repertoire hatte auf, während ich mir mein eigenes Grinsen angestrengt verkniff.

„Los jetzt, Blondie. Frühstück. Und Kopfschmerztablette.“

„Kopfschmerztablette hört sich gut an.“, murmelte Karyu während er sich vom Sofa aufrappelte.
 


 

Sagas Schlafzimmer, 09.40 Uhr ...
 

Sagas POV
 

Ich schaffte es kaum noch die Augen offen zu halten. Die ganze Nacht über hatte ich wach gelegen, irgendetwas in mir weigerte sich strikt einzuschlafen. So lag ich also noch immer bewegungslos auf der Matratze und starrte an die Decke. Draußen auf dem Flur hörte ich sich nähernde Schritte, die sich, kaum dass sie meine Zimmertür erreicht hatten, in gleich bleibendem Tempo wieder entfernten.

Tsukasa.

Wahrscheinlich auf dem Weg in die Küche zum frühstücken.

Während ich schon seit einigen Jahren ein Leben in der Dunkelheit führte, hatte er all die Jahre über seinen geregelten Tagesablauf beibehalten. Ich wusste bis heute nicht, wie er das durchstand. Er war nicht fähig tagsüber das Haus zu verlassen, weigerte sich aber trotzdem strikt den Tag zu verschlafen. Ich nahm an, dass dieses Verhalten ein letzter Versuch war, sich wenigstens etwas Menschlichkeit zu bewahren. Es war nur eine Frage der Zeit bis er aufgeben würde.

Meine Augen brannten und fühlten sich trocken an. Ich schloss sie für eine Weile, doch auch das änderte nichts an diesem unangenehmen Gefühl. Trotzdem hielt ich sie geschlossen.

Je länger ich herum grübelte, desto deutlicher wurden die zusammenhanglosen Bilder, die sich auf den Innenseiten meiner Lider abzeichneten. Ich dachte an dies und das. An alle, die mir bis jetzt begegnet waren und es geschafft hatten einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Eine einzelne Person nahm einen ganz bestimmten Platz in meinem Kopf ein. Gut versteckt und in die hinterste Ecke meines Bewusstseins gequetscht, stand die Kiste in der ich alle Erinnerungen an Hizumi aufbewahrte. Die Guten und die Schlechten.

Manchmal, in einem stillen Moment, fischte ich ganz bewusst einige dieser Gedankenfetzen aus dem Inneren der Kiste und ließ sie Revue passieren. Jedes Mal hinterließ die Erinnerung ein beklemmendes Gefühl. Trotzdem hätte ich mir wohl lieber die Hand abgehackt, als auch nur eine dieser Erinnerungen zu vergessen. Sie waren mir wichtig, so sehr es auch weh tat.

Mit ihnen konnte ich dem was ich verloren hatte nahe sein, wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde.

Ich fragte mich, ob es Hizumi genauso ging.

Wahrscheinlich nicht. Ich bezweifelte stark, dass er mich nach alledem vermisste. Die Fakten, die ich in manchen Nächten von Freunden und Bekannten zu hören bekam, gaben mir Recht.

Im Großen und Ganzen ist die Vampirgesellschaft, trotz ihrer unterschiedlichen Clans und Sekten, ziemlich überschaubar. Kennt man eine Hand voll bestimmter Individuen, kennt man alle anderen. Und sei es über vier Ecken. Gerade deswegen verbreiten sich Tratsch und Gerüchte jedes Mal wie Lauffeuer. Man sollte kaum glauben wie extrem informationssüchtig die meisten mit den Jahrhunderten werden.

Eine dieser Informationen kam mir vor etwa einem Jahr zu Ohren. Ein Freund steckte mir eines Abends, dass Hizumi offenbar regelmäßig bei einem seiner flüchtigen Bekannten ein und aus ging. Offenbar gab es einige dieser „Bekanntschaften“. Meistens wechselten sie jedoch so schnell, dass selbst die größten Lästermäuler Mühe hatten auf dem neuesten Stand zu bleiben.

Ich gab mich unbeeindruckt, zuckte nur die Schultern und schwafelte etwas von „Nicht mein Problem.“ Mein Freund warf mir einen mitleidigen Blick zu, dann wechselte er das Thema.

Den Rest der darauf folgenden Nacht verbrachte ich damit, zu hause unter der Bettdecke zu liegen und die gesamte Welt zu verfluchen. In mir schwelte eine unsinnige und deshalb umso schrecklichere Eifersucht. Allein die Vorstellung, dass jemand Fremdes Hizumi berührte, machte mich rasend.

Das Schlimmste war, dass ich kein Recht hatte etwas dagegen zu unternehmen.

Ein tiefer Seufzer entwich meiner Kehle.

Es war zum Kotzen.

Ich brauchte dringend Ablenkung. Diese ständigen Grübeleien brachten mich eines Tages noch ins Grab.
 


 

Zeros Villa, ca. 10.00 Uhr ...
 

Mit hängenden Schultern hockte Karyu an Zeros Küchentisch und schlürfte seinen Kaffee.

„Lass das.“, murrte sein Gegenüber.

„Was denn?“

„Das Geschlürfe.“

Karyu hielt inne, und ließ die hellblaue Kaffeetasse ein Stück weit sinken. Er studierte Zeros Mimik sehr eindringlich und stellte fest, dass sein Freund ihn böse anfunkelte. Die Augenbraue stand in Angriffsstellung. Ohne den Blick von Zero zu abzuwenden, hob Karyu die Kaffeetasse im Zeitlupentempo wieder an die Lippen.

„Wag es nicht.“, knurrte Zero und beugte sich ein Stück weit über den Tisch.

Karyu starrte weiter und legte schließlich lautlos die Lippen auf den schmalen Keramikrand der Tasse. Eine spannungsgeladene Sekunde verstrich, in der beide die Luft anzuhalten schienen. Dann durchbrach ein ohrenbetäubendes Schlürfgeräusch die Stille.

„Karyu!“ Mit voller Wucht schlug Zero seinem Gegenüber mit der flachen Hand vor die Stirn. „Benimm dich nicht ständig wie ein Zwölfjähriger!“

Mit leisen Jammerlauten rieb Karyu sich den schmerzenden Kopf und sah beleidigt zu wie Zero in aller Stille seinen Tee trank.

„Nur weil du langweilig bist.“

„Ich bin nicht langweilig, ich bin vernünftig.“

„Ist dasselbe.“

Zero verdrehte die Augen und spülte mithilfe des Tees eine weitere Kopfschmerztablette hinunter. Die dritte an diesem Morgen.

„Eins sag ich dir. Wenn du mich nochmal dazu überredest ein paar Bierchen mit dir zu trinken, dann setzt es was.“, murmelte Zero monoton und rieb sich die rechte Schläfe.

Karyu zuckte daraufhin nur mit den Schultern und legte den Kopf leicht schräg.

Scheinbar dachte er nach.

Dann grinste er.

„Ich dachte du wärst vernünftig. Vernünftige Leute betrinken sich nicht hemmungslos. Auch nicht mit mir. Gehe ich Recht in der Annahme, dass du dich an nichts mehr erinnerst?“ Während er sprach knackte Karyu mit den Fingerknöcheln und stellte seine leere Tasse zurück auf den Tisch.

Er sah den Kleineren breit grinsend an.

„Vergiss es, Karyu. Ich kenne dich schon zu lange. Bei mir zieht der Trick mit dem besoffenen Sex nicht.“, antwortete Zero gelangweilt.

„Vielleicht war es dieses mal ja anders. Du wirst ganz schön anhänglich wenn du getrunken hast, weißt du das?“

„Ich werde höchstens müde. Ich könnte außerdem niemals so betrunken sein, dass ich mit dir in die Kiste springen würde.“

„Gestern Nacht sah das aber ganz anders aus.“

„Wenn du nicht willst, dass ich diesmal die Faust nehme, dann trinkst du jetzt deinen Kaffee und hältst den Mund. Die Kopfschmerzen an sich reichen schon, da muss ich nicht auch noch taub werden von deinem Gefasel.“ Er streckte die Hand aus und schnippte Karyu mit dem Zeigefinger direkt zwischen die Augen. Der wich zurück und rümpfte die Nase.

„Du bist echt langweilig.“

„Und du kämm dir mal die Haare.“

Dieser Satz brachte Karyu nun dazu, endgültig und unwiderruflich zu schmollen. Beleidigt verschränkte er die Arme und bedachte Zero von Zeit zu Zeit mit dem ein oder anderen bösen Blick. Der genoss währenddessen die plötzliche Ruhe und ging zum Kühlschrank, um sich eine frische Blutkonserve zu holen. Er riss die Tüte, wider seiner sonstigen kultivierten Gewohnheiten, direkt mit den Zähnen auf und leerte den Inhalt auf einen Zug. Etikette stand momentan ganz hinten an. Die Bewältigung des Kopfschmerzes ging vor. Als er zu ende getrunken hatte, setzte Zero sich wieder zu Karyu an den Tisch.

„Ich brauch Urlaub.“, murmelte der Ältere träge und wippte auf seinem Stuhl hin und her.

„Nicht nur du, mein Lieber.“

„Eigentlich haben wir nen scheiß Job.“

„In der Tat.“

„Wir sollten mal zusammen nach Hawaii fliegen.“

„Hawaii, ja. Zusammen mit dir, nein.“

„Immer verletzt du meine Gefühle! Du bist kalt und grausam!“

„Und du bist nervig und kindisch.“

Zero gähnte und ließ sich langsam nach vorn fallen. Mit einem leisen „Klonk“ traf seine Stirn auf die Tischplatte.

„Ich hab so in etwa gar keine Lust gleich mit den bescheuerten Anarchen zu reden.“, sagte er mit belegter Stimme. „Alles was die können ist Häuser anzünden und Schwarzgeld scheffeln.“ Zero hob den Kopf ein Stück und verschränkte die Arme unter dem Kinn. Zu seiner Überraschung nickte Karyu bestätigend.

„Ich find sie auch ätzend. Aber sie sind nun mal die einzige wirklich einflussreiche Sekte in der Umgebung. Gerade jetzt müssen wir uns mit ihnen gut halten. Sollte der ganze Scheiß hier eskalieren, dann haben wir immerhin einen starken Verbündeten.“

„Was machst du eigentlich in der Zeit, in der ich mit diesen abgedrehten Punks rede?“

„Ich werde herausfinden wo wir alle momentan stehen. Und vor allem ob es eine Spur von unserer russischen Ratte gibt.“

„Klingt fair.“

Die Beiden warfen sich einen deprimierten Blick zu und seufzten synchron. In Momenten wie diesen wünschte Zero sich einen geregelten Job. Gärtner vielleicht. Die waren den ganzen Tag über draußen in der Sonne, hatten ein geregeltes Einkommen das nicht indirekt durch Drogen, Auftragsmorde und Nutten finanziert wurde und durften außerdem schicke Sonnenhüte tragen.

Ja.

Gärtner zu sein war wohl wirklich cooler.

Ächzend erhob sich der brünette Vampir.

„Ich geh jetzt duschen und mach mich dann auf den Weg. Solltest du übrigens auch tun.“

„Du willst mich loswerden.“

„Stimmt.“

Mit diesen Worten verließ Zero die Küche und verschwand im Badezimmer.
 


 

Schrottplatz, 13.34 Uhr ...
 

Zeros POV
 

Da stand ich nun, die Hände in den Taschen und wartete auf Souta, den selbsternannten Anführer der Anarchen-Truppe. Die Anarchen waren ein Phänomen. Sie hatten ein tief greifendes Problem mit sämtlichen Regierungsreformen und befürworteten eine vollkommen autoriätslose Gesellschaft. Gleichzeitig handelte es sich bei dieser Sekte allerdings um ein System das in Sachen Organisation seinesgleichen suchte. Dieses paradoxe Verhalten war ein weiterer Grund für mich, Mitglieder dieser Truppe zu meiden. Zumal es sich bei einem Großteil der Anarchen-Anhänger sowieso um junge Vampire mit absurden Idealen handelte. Einige von ihnen schreckten auch vor sinnloser Gewalt nicht zurück.

Brachte man es auf den Punkt, dann hieß das, dass es sich um eine Bande punkrockhörender Halbwüchsiger handelte, die mit ihrer ewig andauernden Pubertät allen anderen auf den Sack gingen.

Im Gegensatz zu den meisten Sekten waren die Anarchen, wie eben schon angedeutet, eine relativ junge Bewegung. Erst gegen Ende der sechziger Jahre begannen sich die ersten Vampire zusammen zu rotten. Der damalige Grund war Hass auf die Regierung gewesen. Verständlich, wenn man an Blake und seine Machenschaften zurück dachte. Mittlerweile hatte sich die Sekte jedoch weiter entwickelt. Aus einer anarchistischen Kleingruppe war eine mächtige Untergrundorganisation geworden, die nur aus geschäftlichen Gründen Waffenstillstand mit dem Rest der Tokyoter Vampirwelt hielt. Vor Jahren hatte es eine Eskalation zwischen einer Anarchenbande und einigen jungen Vampiren aus Kyoto gegeben. Im Endeffekt hatte dieser Streit fünf von sieben Personen die Existenz gekostet.

Natürlich blieb die ganze Geschichte nicht ohne Folgen. Überall im Land kam es zu Bandenkriegen und Überfällen. Irgendwann sah also selbst Karyu ein, dass etwas getan werden musste. Aus diesem Grund schlossen er und Souta einen gewissen Vertrag ab. Eine Art offizieller Waffenstillstand, ein Handelspakt. Der Pakt zwang Souta dazu seine Meute in Schach zu halten, im Gegenzug gewährte Karyu ihm und dem Rest der Sekte Schutz vor Angriffen aller Art.

Trotz aller Anfangsschwierigkeiten schien der Plan aufzugehen, es wurde ruhiger. Nur noch ab und an hörte man von vereinzelten Schlägereien. Von ihnen war jedoch keine der Rede wert.

Doch auch dieser innenpolitische Erfolg änderte rein gar nichts daran, dass Souta ein riesengroßes Arschloch war.

Um ehrlich zu sein hatte ich keine Ahnung wie alt er genau war, äußerlich wohl kaum älter als neunzehn. Trotzdem legte dieser Typ eine Arroganz an den Tag, die nicht einmal ich aufzubringen vermochte.

Wie zur Bestätigung drang das Geräusch von Schritten an mein Ohr. Ich hob den Blick und sah, dass Souta mir entgegen kam. Ihm folgten zwei andere, vermutlich noch blutjunge, Vampire, die ich nicht kannte.

„Tagchen Zero.“, begrüßte er mich grinsend und klopfte mir auf die Schulter. Ich ignorierte diese Geste und nickte ihm zu.

„Guten Tag, Souta.“

„Also, was liegt an?“

„Zuerst einmal liegt an, dass wir diese Sache unter vier Augen besprechen. Deine beiden Schoßhündchen können gehen.“

Souta schob die Unterlippe vor und sah mich gespielt deprimiert an.

„Aber Zero, das sind doch meine Freunde.“

Ich bemühte mich ruhig zu bleiben. Genau diese Art verabscheute ich so sehr an ihm. Dieser permanente Versuch der Provokation. Doch ich ließ mich nicht von ihm aus der Bahn bringen. Dieser Triumph würde ihm verwehrt bleiben.

„Komm mit, wir gehen ein Stück.“, sagte ich an Souta gewandt. Seinen Begleitpersonen warf ich einen eindeutigen Blick zu. Ich bemerkte wie sie zusammenzuckten und sich hilflos anschauten.

„Also gut, ihr habt gehört was der alte Mann gesagt hat. Wartet hier auf mich, wird nicht lange dauern.“, säuselte Souta und machte eine verscheuchende Handbewegung. Ich setzte mich in Bewegung, er folgte mir.

„Was wollt ihr?“, fragte er schließlich unverblümt, nachdem wir um einen Berg rostiger Autos gegangen waren.

„Ich denke mal du wirst mitbekommen haben, dass wir kurz vor einem möglichen Krieg stehen?“

Souta entkam ein hämisches Lachen.

„Ja. Ihr steht vor dem Krieg. Ihr und eure Bonzengesellschaft. Was hat das alles mit uns zu tun?“, fragte er scheinheilig.

Ich brauchte gar nicht hinzusehen um zu wissen, dass er immer noch grinste. Langsam blieb ich stehen und drehte mich zu ihm hin.

„Ich werde dir sagen was das mit euch zu tun hat.“, begann ich nun mit ruhiger Stimme zu erklären. „Ihr lebt hier, genau wie wir. Bis jetzt war das alles hier eine schöne, mehr oder minder friedliche Koexistenz zweier vollkommen verschiedener Vampirgruppen. Aber soll ich dir was verraten? Wenn wir Krieg haben, dann juckt das keinen mehr. Am wenigsten die Russen. Glaubst du wirklich ihr seid die einzige Sekte die ein bisschen Anarchist spielen will? Ich verrate dir mal was. Außerhalb dieses Herrschaftsgebietes gibt es Gruppierungen die nur darauf warten Leuten wie euch den Arsch aufzureißen. Die interessieren sich einen Scheiß für eure Piercings, eure Schlagringe und eure blöden Sprüche. Die brechen euch das Genick noch bevor euch überhaupt ein Spruch einfällt.“

Mit großer Genugtuung sah ich, wie Soutas Gesichtszüge für den Bruchteil einer Sekunde entgleisten. „Du bist noch zu jung um begreifen zu können wie so ein Krieg zwischen Vampiren aussieht. Darum solltest du vielleicht ein einziges Mal dein unterstrapaziertes Gehirn einschalten und eine Entscheidung treffen. Die könnte dir nämlich sehr wahrscheinlich den Arsch retten. Also, was ist?“

Souta starrte mich aus zusammengekniffenen Augen an. Seine Springerstiefel kickten ein Stück Altmetall über den staubigen Schottergrund. Momentan erinnerte er eher an ein bockiges Kind, als an einen Anführer.

„Was forderst du?“

Na ging doch.

„Dasselbe wie immer. Ich fordere gegenseitigen Schutz. Sollte es zum Angriff auf euch kommen, werden unsere Leute mit allen Mitteln versuchen euch zu helfen. Umgekehrt erwarten wir also das gleiche. Mehr nicht. Es geht hier lediglich um Kooperation.“

„Ich könnte kotzen bei dem Gedanken euch geldgeilen Arschkriechern schon wieder in die Hand zu spielen. Ewig werdet ihr damit nicht durchkommen.“

Ein triumphierendes Lächeln umspielte meine Züge.

„Das werden wir dann sehen.“ Ich streckte die Hand aus und suchte Soutas Blick. „Also, sind wir uns einig?“ Mit einem angewiderten Schnauben ließ mein Gegenüber nun seinerseits die rechte Hand nach oben schnellen und schlug ein.

„Sehr schön. Dann bist du jetzt entlassen. Viel Spaß mit den Schoßhündchen.“

„Fick dich, alter Sack.“

Souta drehte sich um, zeigte mir zum Abschied den Mittelfinger und verschwand zwischen den Schrottbergen. Ein Seufzer der Erleichterung entfuhr mir. Was für ein Tag.

Erst Kopfschmerzen, dann nervige Vögel, dann Karyu und zu guter letzt noch ein dauerhaft pubertierender Sektenführer. Ich machte mich schleunigst auf den Nachhauseweg.

Immerhin wartete dort ein Bett auf mich.
 

Der Regen der gegen die Fensterscheiben prasselte riss mich aus meinen wirren Träumen. Im Halbschlaf griff ich nach meinem Wecker. Schon halb neun. Ich hatte tatsächlich den gesamten Nachmittag verschlafen. Es war ewig her, dass mir so etwas passiert war. Etwas benommen setzte ich mich auf. Immerhin waren die Kopfschmerzen verschwunden. Zumindest für den Moment.

Ich überlegte kurz, ob es wirklich sinnvoll war aufzustehen. Im Kopf machte ich eine kurze

pro-kontra Überschlagsrechnung. Die ergab im Endeffekt, dass ich genauso gut im Bett bleiben konnte. Karyu würde sich schon melden wenn es ein Problem gab. Ich ließ mich zurück in die weichen Kissen fallen und sah zum Fenster hinaus. Draußen war es bereits stockfinster. Ich mochte die Herbstmonate. Gerade die allgegenwärtige Melancholie, die die meisten Menschen so sehr an den grauen Tag hassten, hatte es mir angetan. Wenn die Tage dunkler wurden lag diese ganz besondere Atmosphäre über der Stadt ...

Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken. Zweifelsohne mein Türklopfer. Ich blinzelte verwirrt und schaltete das Licht an. Wieder klopfte es. Leise fluchend verließ ich das warme Bett und zog mir eine Jeans und einen herumliegenden Pulli an. Wer auch immer das war musste mich nicht unbedingt in Unterwäsche die Tür öffnen sehen. Wahrscheinlich handelte es sich bei dem nächtlichen Besucher sowieso nur um Karyu. Dem würde ich was erzählen.

Wieder klopfte es. Diesmal lauter.

„Jaja, ich komm ja schon.“, murmelte ich leise. Als ich die Tür öffnete fuhr mir ein kalter Windstoß durchs Haar. Die Hand noch auf der Türklinke versuchte ich im Halbdunkeln zu erkennen wer da auf der Türschwelle stand. Ganz offensichtlich handelte es sich nicht um Karyu.

Die Haare meines Besuchers waren schwarz und nicht barbieblond.

„Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte ich, zugegebenermaßen,

Die Gestalt antwortete nicht, sondern schaute mich wortlos aus hellbraunen Augen an.

Plötzlich durchzuckte mich etwas wie ein Blitz.

„Toshiya?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Von:  Trashxbaby
2011-06-11T14:25:40+00:00 11.06.2011 16:25
Karyu *__________________* ♥ Er ist so HOT....>D
*gg*
*hust*
Also das war ja wirklich ziemlich Zero-lastig XD aber ich mag ihn ja inzwischen ziemlich gern ♥ Und den pubertierenden Punk XDDDD Mega geil ey~ Irgendwie is mir der kleine Freak sympatisch <3

Und naiiiiiin wie ich mich weggepisst hab bei der Ich-schlürfe-rein-aus-Trotz-aus-meiner-Tasse-Szene xDDDD Mega geil~

Aber hauptsache Toshiya...O3OY is das wirklich Toshiya??? Boahr ich will weiterlesen und muss ausgerechnet JETZT zur Arbeit T______T *drop* Naja wird das wohl bis heute Abend warten müssen...Q^Q Ich bin so gespannt >////<
Von:  Shiyoism
2010-08-03T18:54:45+00:00 03.08.2010 20:54
Mahhh Saga und Tsu wohnen zusammen yay...allerdings Q_Q
Warum isser nimmer mit Hizu zusammen das is soooooooo ...du musst sie wieder zusammenbringen...*blinku* @____@~

Karyuuuuu~ aso der gute...der is einfach nur lol x"D was will der mit frauen?!Hat er sein Spielzeug Tsukasa etwa freiwillig gehn lassen?! xD

Un Toshiya~ °-° holla da bin ich gespannt was kommt...wird er etwa nun nicht mehr so das putzige etwas sein sondern so ein total tougher Kerl?! Das wäre toll <3~

schreib schnell weiter~
Von:  LostMemory
2010-07-24T19:25:57+00:00 24.07.2010 21:25
Woah... dieses Kapitel!!
Ich war am lachen und schon wieder dann fast am heulen und dann wieder am lachen... >_____<
vor allem wieder mal dein schreibstil bringt mich dazu...
ich hoffe nur, dass weder hizu noch saga nachher stirbz ._____.
trotzdem klasse und weiter so!!
lG LostMemory
Von:  _Hizu
2010-07-20T18:16:07+00:00 20.07.2010 20:16
TOSHIYA? *_______________________*
jhfcjsd Toshiya is wieder da? Bitte lass es Toshiya sein *-*

Wie immer ein tolles Kapitel :3 Ich steh auf die Szenen zwischen Karyu und Zero. Immerwieder witzig. x3

Kann kaum erwarten bis es weitergeht *-* TOSHIYAAAAA~
Von:  Vampire-Mad-Hatter
2010-07-19T17:30:32+00:00 19.07.2010 19:30
Karyu und Zero waren wieder der Knüller! *lol*
Aber der Schluss war mehr als gemein! O.O
Toshiya ist wieder zurück! Aber hat er sich verändert? Was ist in all den Jahren passiert? Und warum kehrt er gerade jetzt zu Zero wieder zurück?
Fragen über Fragen! XD
Bin gespannt wie das zwischen Zero und Toshiya wird!
Ein super Kapitel! ;)
Von: abgemeldet
2010-07-18T19:59:23+00:00 18.07.2010 21:59
lang lebe der sarkasmus xD
zero und karyu sind einfach ein tolles team, egal wie sehr zero ihn hasst, ohne ihn kann er wahrscheinlich auch nicht :D
supertoll geschrieben mal wieder, klasse bemerkungen und das ende war ja mal dufte...ich bin gespannt^^
Von:  xX_REBELL_Xx
2010-07-18T17:56:03+00:00 18.07.2010 19:56
O_____________________O
toshiya!! er lebt!!!
*freudentanz aufführ*
oh mein gott!!!!!!

ich liebe das verhalten von zero und karyu untereinander XD
herrlich...schwul XD~~
göttelchen die wären ein süßes pärchen~
aaaber!
zero gehört toto und karyu... ayu-dingsbums? XD
who knows~~~~

lg und ich hoffe es geht bald weiter~~
Von:  klaiya0110
2010-07-17T19:45:44+00:00 17.07.2010 21:45
OMGGGGGG!!! Ich glaubs nicht! Totchi ist wiklich wieder da??? Das wäre ja herrlich! Und wieso musstest du ausgerechnet jetzt aufhören?!
Das war voll fies...
Von: abgemeldet
2010-07-17T14:29:30+00:00 17.07.2010 16:29
wwwwwwwwwwwwwwwwwwwwww *_*

toshiya!!!!!!!!!!! ist er wirklich zurück? vor allem aber interessiert mich...ist er immer noch wie damals???? O_O

ansonsten wie immer ein tolles kap! ich liebe sarkasmus! XD

und ich liebe die diskussionen zwischen karyu und zero

bin gespannt wie es weitergeht!

lg keigu
Von:  _-Nick-_
2010-07-17T10:48:30+00:00 17.07.2010 12:48
uii *freu*
ein neues Kapi und was für eins hehe
hoffe es wird bald spannend ^^
ein tolles lustiges Kapi
schreib schnell weiter
*kekse dalass*

lg Vanna&Nick♥


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