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Sein wahres Ich - One Shot-Sammlung

Seine wahren Gefühle
von

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Forever

Als er aufwachte und einen Blick aus dem Fenster warf, seufzte Subaru erleichtert.

Das Wetter war perfekt.

Regen war schließlich dafür bekannt, alles wegzuspülen.

Er setzte sich im Bett auf. Es war kalt, grau und trist.

Ein typischer Herbsttag eben.

Aus dem Radiowecker, der neben ihm auf dem kleinen Nachttisch stand, erklang die monotone Stimme eines Nachrichtensprechers.

Er berichtete von einem Mord, ein junges Mädchen, dass auf dem Heimweg von der Schule verschwunden ist. Gestern wurde die Leiche des Mädchens verscharrt am Waldrand gefunden.

Ihm wurde übel, als er an die Gechichte dachte.
 

Der Blondhaarige schlug die Decke zurück, stand auf und streckte sich einmal herzlich. Komisch, wie gut es tat, sich zu strecken.

Es war 7 Uhr morgens, viel zu früh für Subaru, aber Aoi arbeitete bloß neun Stunden, da musste er jede Sekunde ausnutzen.

Ohne sich anzuziehen, kniete sich Subaru nieder und zog den Pappkarton, den er eigens für heute besorgt hatte, unter dem Bett hervor.

Er faltete ihn zusammen und erhob sich schließlich, ehe er alles aus seinem Zimmer, was kein Möbelstück war, in den Karton räumte.

Und er besaß, weiß Gott, nicht viel.

Als er fertig war, machte er sein Bett, saugte schnell und sah sich schließlich um.

Jetzt sah alles genauso aus, wie es vor seinem Einzug ausgesehen hatte.
 

Sein Weg führte in weiter ins Badezimmer, die Zahnbürste und sein Kamm waren schnell eingepackt. Auch die Fotos im Wohnzimmer waren schnell weggeräumt.

Fotos, auf denen er drauf war. Sein fünfter Geburtstag. Er und seine Plüschkuh Muh. Ein Familienfoto. Er und Aoi beim Fußballspielen. Er mit 18.

Er mit...

Das letzte Foto auf dem Kaminsims, auf dem er abgebildet war, flog unsanft in den Karton.

Es war kein Platz mehr für Erinnerungen.

Nach einer halben Stunde hatte Subaru seinen Gang durch Aois Wohnung beendet.

Nun stand er, den Karton unter dem einen Arm, einen kleinen Haufen Kleidung unter dem anderen, vor der der kleinen Apartmentwohnung und starrte schweigend auf das dunkle Holz.

"Mach´s gut, Aoi"
 

Als er ins Freie trat, peitschte ihm augenblicklich eiskalter Regen gegen die nackte Brust.

Der scharfe Wind schnitt ihm ins Gesicht, als er, nur mit einer Jeans bekleidet, durch die ganze Stadt lief und nach einem trockenen Ort suchte.

In einer leerstehenden Tiefgarage fand er schließlich diesen Ort.

Mit ausdrucksloser Miene warf der Blondhaarige den Inhalt des Kartons und die Kleidungsstücke auf einen Haufen und zog anschließend das Feuerzeug, das er aus Aois Wohnung hatte mitgehen lassen, aus der Tasche seiner Jeans.

Er griff nach einem der Bilderrahmen, zerbrach das Glas an seinem Knie und musterte das Stück Papier.

Er sah einen strahlenden 17-jährigen Jungen, der überglücklich mit drei anderen Personen vor der Eishalle stand.

Er erinnerte sich an diesen Tag. Ein schmerzhafter Tag, wenn man nicht Schlittschuh laufen konnte...

Jetzt würde dieser Tag nicht mehr präsenz sein.

Die Flammen des Feuerzeuges leckten gierig an dem Stück Papier und der Blondhaarige warf einen letzten Blick auf die vier langsam verschwindenen Gesichter, ehe er das brennende Foto auf den Haufen, bestehend aus Erinnerungen, warf.
 

Das Feuer knisterte und erleuchte Subarus Gesicht, der regungslos dastand und dabei zusah, wie sich sein ganzes Leben in Asche verwandelte.

Nach einer weiteren Stunde verließ er die Tiefgarage schließlich.

Er hatte gehofft, sich besser zu fühlen, nachdem er seine Existenz zerstört hatte. Aber er fühlte sich nicht besser.

Er lief weiter, der Regen prasselte immernoch unaufhörlich auf ihn ein.

Auf dem Weg zu Kyoutai, einem ehemaligen Yakuza-Sprössling, mied er die Wege, die ihm zum Park, der Bushaltestelle, der Tierhandlung oder ins Nobelviertel führten.

Diese Orte waren nicht gut für sein Herz.
 

Er fand Kyoutai an seinem Standardplatz, einem verlassenen Eisenbahnwagon.

Rauchend saß der junge Mann vor dem Wagon und starrte in den Himmel.

Als er Schritte vernahm, sah er auf.

"Subaru", kam es leicht überrascht von dem Einäugigen, ehe er sich erhob und den Blondhaarigen grinsend musterte.

"Was machst du denn hier? Wie geht´s?"

"Ich brauch ´ne Knarre ..."

Sein Gegenüber hob eine Augenbraue, zog kräftig an seiner Zigarette und lehnte sich an die Wand in seinem Rücken.

"Warum?"

"..."

"Hmmm" Kyoutai fuhr sich durch sein feuerrotes Haar.

"Ich deale nicht mehr mit Waffen"

"Es ist wichtig. Bitte"

Ein Seufzen entrang der Kehle des 27-jährigen, dann schaute er in die Ferne.

Sein schwarzer Umhang wehte leicht im Wind.

"Na schön... Was bekomme ich denn dafür?"

Der Blondhaarige sah ihn ausdruckslos an.

"Ich habe nichts"

"Das sehe ich", gestand Kyouta und er steckte sich eine neue Zigarette in den Mund.

"Subaru. Heutzutage ist nichts mehr umsonst"
 

Subaru nickte. Das wusste er.

"Ich tu alles, was du willst"

"Hmmm?" Der Einäugige musterte sein Gegenüber nachdenklich.

"Du scheinst es wirklich ernst zu meinen..."

Kyoutai stieß sich von dem Wagon ab und ging auf den Blondhaarigen zu.

"Du hast viele Narben", stellte er fest, als er sich den Körper des 18-jährigen genau ansah.

"Anscheinend hast du viel durchgemacht"

Als Antwort drehte Subaru nur den Kopf zur Seite.

"Nun gut", kam es bloß von dem eindeutig Älteren, ehe er dem Blondhaarigen die Anweisung gab, ein paar Schritte nach hinten zu gehen.

Währenddessen hatte sich Kyoutai ins Innere des Wagons verzogen und kam wenig später mit einer glänzenden Pistole hinaus.

Deie Regentropfen spiegelten sich in dem Metall wider und Subaru sah, wieder Rothaarige die Waffe in seinen Händen wog.

"Ein schönes Teil"

Subaru wollte sich gerade auf den Weg zu ihm machen, um eben dieses 'schöne Teil' entgegenzunehmen.

"Warte", durchfuhr Kyoutais Stimme die Luft.

"Bleib da stehen!"
 

Der 18-jährige tat, wie ihm befohlen wurde.

Wartend stand er da, den Blick so leer, dass man meinen könnte, er hätte nie auch nur eine Emotion gezeigt.

Er beobachtete, wie der Ex-Yakuza plötzlich den Arm hob und die Pistole direkt auf ihn richtete.

Ohne zu zögern betätigte er den Abzug und Subaru schloss abwartend die Augen.

Doch die Kugel streifte ihn bloß an der Schulter und hinterließ lediglich eine stark blutende Wunde.

Der Blondhaarige fasste sich an das schmerzende Körperteil und starrte auf seine blutige Hand.

"Also", kam es von Kyouta, während er durch den Regen auf ihm zulief, ihm seine Ketten vom Halse rief und schließlich mit aller Kraft das schwere Stück Metall gegen Subarus Hinterkopf schlug.
 

Subarus Kopf flog nach vorne, während er sich keuchend den Kopf hielt und versuchte, den Schmerz zu ignorieren.

"Sieh auf", befahl der Rothaarige - und Subaru sah auf.

"Das war dafür, weil du so ein Idiot bist. Einfach aufzugeben ist feige"

"..."

"Hier" Er drückte dem Blondhaarigen die Waffe in die Hände.

Ein leichtes Lächeln umspielte die Lippen des Einäugigen.

"Pass auf dich auf"

"Tzz..."
 

Der Regen war wirklich praktisch. Er spülte das Blut, das unaufhörlich aus der Wunde an seiner Schulter strömte, spurlos weg.

Allerding schmerzten die Regentropfen auch.

Es war bereits mittag, in einer Stunde würde Aoi nach Hause kommen und er musste sich beeilen.

Er atmete tief ein und aus starrte auf das große Schild über sich, auf dem 'Hauptbahnhof' stand.

Ein Mädchen ging an ihm vorbei, lächelnd, den Arm um ihren Freund geschlungen.

Subaru schlug mit der Faust gegen eine Mauer.

Blut rann seine Hand hinunter.

Blut...

Bald würde es noch mehr davon geben.

Er packte sich an den Hals, wo er die Waffe unter einem Halstuch verborgen, mit sich trug.

Das war wirklich das letzte Mal gewesen, das er geklaut hatte.

Er spürte die Blicke der anderen Leute auf sich.

Kein Wunder.

Wann sah man schon einen 18-jährigen, nur mit Jeans und Halstuch bekleideten, Jungen mit einer Schuss- und einer Platzwunde am Hauptbahnhof stehen und mit emotionsloser Miene zur großen Uhr schauen?

Mehrere Leute sprachen ihn an, aber er ignorierte sie.
 

Seine Füße waren wund vom rauen Asphalt und es hatten sich Blasen gebildet.

Ihm war speiübel und er wusste nicht, wieso.

Er übergab sich hinter einem Mülleimer und wischte sich über den Mund.

Bloß noch eine halbe Stunde. Es wurde Zeit.

Subaru blickte sich um. Der nächste Zug fuhr auf Gleis 23 ein.

Schweratmend stieg er die lange Treppe zu besagtem Gleis hinauf.

Jede Stufe war der Horror.

Er hielt sich im Hintergrund, wollte die Menschen nicht sehen.

Ein kleines Mädchen, vielleicht fünf Jahre alt, musterte den Blondhaarigen mit großen Augen.

"Buh!", machte er und erschrocken fuhr die Kleine herum und verschwand.

Ungeduldig blickte er zur Uhr, jede Minute kam ihm wie eine Ewigkeit vor.

Als die Stimme einer Frau durch die Lautsprecher erklang und den einfahrenden Zug ankündigte, schloss der Blondhaarige kurz die Augen.

Der Zeitpunkt war gekommen.

Mit lautem Getöse fuhr das Fahrzeug ein, die Menschen drängelten sich in Trauben in das Gefährt, ohne auf ihre Umgebung zu achten.

Subaru nutzte diesen Moment, lief los und sprang ca. 300 Meter vor dem Zug auf die Schienen.
 

Die Türen schlossen sich.

Subaru griff sich an den Hals.

Ein lautes Geräusch.

Er entfernte das Halstuch und warf es neben sich auf den Boden.

Der Zug setzte sich in Bewegung.

Stille.

Die Pistole lag schwer in seiner Hand.

Noch 250 Meter.

Erinnerungen kamen zurück. Er verdrängte sie.

Noch 200 Meter.

Er hatte alles getan, was möglich war. Niemand sollte mehr daran denken, dass es ihn je gegeben hatte.

Noch 150 Meter.

Er hob den Arm und hielt die Pistole an seine Schläfe.

Er wollte in Vergessenheit geraten.

Noch 100 Meter.

Hiermit wollte er sich für alles entschuldigen.

Noch 50 Meter.

Mit gesenktem Kopf und einem kleinen Lächeln betätigte er den Abzug. Und er wusste, es war aus, für immer.
 

~~°~~
 

Ein Foto flog durch die Luft. Es zeigte zwei Menschen, ein Mädchen und einen Jungen. Verliebt hatte er sie angesehen und er schien so glücklich, wie noch nie gewesen zu sein. Er hatte es einfach nicht verbrennen können. Nicht sie.
 

Fin.
 

Ein Engel kam vom Himmel.

Ein Engel, nur für ihn.

Er kannte ihren Namen nicht,

sah nur ihr Gesicht.

Er war ein Niemand,

ein namensloser Straßenjunge.

Untalentiert, dumm, tollpatschig.

Er war geboren, um zu leiden.

Sein Schicksal war vorherbestimmt.

Es sollte so enden.

Die letzte Nacht. Der letzte Tag.

Ein Augenblick, eine Bewegung.

Und alles war vorbei.

Seine Träume waren ausgeträumt,

sein Leben nichts mehr wert.

Er würde niemals glücklich sein.

Denn Erinnerungen sterben nie



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