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Apocalypse

Bevor Der Morgen Graut
von

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Gefühle

Dieses Mal nur wenig Autorengeplapper voraus:
 

Vielen Dank zunächst an alle Leser und Reviewer dieser Geschichte! Ein ebenso großes Dankeschön für alle Favo-Einträge!!!
 

Viel Asche auf mein Haupt dafür, dass ich noch immer keine regelmäßigen Updates schaffe... gnaaaah~ Vier Kapitel in einem Jahr ist eine wirklich beschämende Quote *mich selbst hau*

Ich gelobe Besserung!!! ;)
 

Viele Knutschis gehen an SummoningIsis fürs erneute schnelle betalesen! Die Frau hat auch noch Spaß dabei...tse, tse, tse... :-*
 

Und nun: Vorhang auf!
 


 

Kapitel 8: Gefühle
 

Nein. Das Wort ist dauerpräsent in den Irrungen und Wirrungen meiner Synapsen. Nein, weil ich nicht wieder damit beginnen will, die Sekunden seit Adams Abwesenheit zu zählen, wie ich es bereits vor einiger Zeit getan habe.
 

Ich glaube, wenn man Gefühle für einen anderen Menschen hegt, dann siecht die Zeit in seiner Abwesenheit träge dahin. Es ist erst eine Woche her, doch es kommt mir schon wie ein ganzer Monat vor. Und ich hänge in der Schwebe; weiß nicht, was ich tun soll. Abermals bin ich gelähmt, gefangen zwischen zwei Welten. Quälend ist das Gefühl sich im Streit vorerst von Adam getrennt zu haben. Ich habe das Gefühl, ich kann nicht richtig atmen. Auch das ist neu. Überhaupt ist mein Leben sehr viel komplizierter geworden seit ein gewisser Polizist Hals über Kopf in dieses getreten ist. Adam Wellert. Diese personifizierte Stärke, Selbstsicherheit und Dominanz, die aber auch eine weiche und zärtliche Seite besitzt. Ist es denn wirklich so offensichtlich? Die Antwort lautet: Ja! Ganz simpel. Er empfindet etwas für mich, was über Begehren weit hinausgeht. Und bei mir ist es nicht anders. Adam hat mir seine verletzliche Seite gezeigt mit dem Ergebnis, dass ich ihn verletzt habe.
 

Idiot!
 

Ich knalle das Geschirrtuch auf die Ablage und die trockene Kaffeetasse an die gegenüberliegende Wand. Sie zerbricht mit einem klirrenden Geräusch. Warum sind Menschen so? Warum verletzten wir einander? Warum nehmen wir alles so schrecklich ernst und weshalb hinterfragen wir so viel?

Weil wir Menschen sind, schießt es mir durch den Kopf. Weil wir widersprüchliche Gefühle empfinden. Weil wir nicht rational und berechenbar sind. Wir machen Fehler und ich frage mich mittlerweile, ob nicht auch ich einen großen Fehler begangen habe. Was einem zuerst als clever und richtig erscheint, entpuppt sich oft als falsch. Manchmal denke ich, dass ich einfach zu viel denke und ich wünschte, ich könnte mein Gehirn einfach fort schließen, um dann den Schlüssel wegzuschmeißen. So, wie ich es eben mit dieser verdammten Kaffeetasse getan habe!
 

Ich seufze. Nur gut, dass ich allein im Café bin. Lepture hätte mir angesichts meines kleinen Ausbruchs mit Sicherheit den Kopf abgerissen und mich nach Hause geschickt – für immer. Ich räume die Scherben weg, überprüfe anschließend, ob alles an seinem Platz ist, bevor ich die Rollos herunterlasse und den Laden abschließe. Durch die Hintertür verlasse ich das Karambolage und bleibe einen Augenblick in dem kleinen Hinterhof stehen. Meine Augen fixieren den schmalen Durchgang zur Straße, von wo Laternenlicht die enge Passage spärlich beleuchtet. Ich erinnere mich an meine dritte Begegnung mit Adam Wellert, als ich auf die Straße hinaus trete und um die Ecke biege. Dort hat er damals auf mich gewartet. Lässig an seinen schwarzen Audi gelehnt. Aber jetzt ist dort niemand. Kein Auto; kein großer, gut gebauter und dunkelhaariger Mann mittleren Alters. Mein Herz zieht sich ein wenig zusammen angesichts dieser Tatsache.
 

Aber es ist Adam Wellert, von dem wir hier sprechen: sein Handeln ist nicht vorhersehbar. Man weiß nie, wann er plötzlich neben dir steht – wie aus dem Nicht aufgetaucht.
 

Ich schnalle den Umhängegurt der Tasche enger und dann renne ich. Ich ignoriere den leichten, pochenden Schmerz meiner Schulter. Ich weiß nicht, weshalb ich laufe, aber ich renne einfach drauf los. In Richtung meiner Wohnung. Der Heimweg kommt mir wie eine Ewigkeit vor, was wohl auch daran liegt, dass ich heute nicht den Bus genommen habe. Zu Fuß dauert es ungefähr doppelt so lang. Vollkommen außer Atem komme ich an dem heruntergekommenen Apartmentgebäude an. Seit ich einige Zeit mit Adam zusammen war, fühlt sich diese Wohnung nicht mehr richtig an. Seltsamerweise hat sie nicht mehr dieselbe Bedeutung für mich: Zuhause. Vornüber gebeugt, meine Hände auf den Knien aufgestützt, ringe ich um Atem.
 

„Na, wieder zurück?“, höre ich eine bedrohliche Stimme aus den Schatten zu mir sprechen. Wie passend. Der unheilvolle Schatten, der mich versucht daran zu erinnern, wer ich wirklich bin und dass ich nicht mit Adam zusammen sein könne. Dieser Schatten bekommt nun ein Gesicht, denn es ist Rick, der aus der unbeleuchteten Fläche auf mich zutritt. Das wird unschön. Wo ist plötzlich der Mut hin, der mich noch eine Woche zuvor dazu getrieben hatte, Rick gewisse Dinge via Telefon an den Kopf zu schleudern? Adrenalin pumpt durch meinen geschändeten Körper, doch ich versuche mich zu beruhigen.
 

„Sieht ganz so aus“, versuche ich leichthin zu sagen, aber wie mein Tonfall tatsächlich bei Rick ankommt bleibt fraglich.
 

„Lass uns nach oben gehen. Ich will das nicht hier auf der Straße klären.“
 

Bedächtig steigen wir die Treppen zu meiner Wohnung hinauf. Ich kann Ricks intensiven Blick die ganze Zeit in meinem Rücken spüren und ich beginne mich zu fragen, ob er mir wohl jeden Augenblick einen Dolch in den Rücken stößt.
 

Auf leisen Sohlen betreten wir den kleinen Raum. Fast habe ich das Gefühl zu meiner eigenen Hinrichtung aufzubrechen. Die Stimmung zwischen Rick und mir ist so angespannt; beinahe scheint es, als könne man die kleinen, durch die Luft surrenden Blitze greifen. Während Rick sich seiner Jacke entledigt und auf einem der Stühle Platz nimmt, setze ich Wasser für einen Tee auf.
 

Bedrückende Stille.
 

„Hatte ich nicht gesagt, ich würde mich bei dir melden?“, breche ich das unangenehme Schweigen.
 

„Und wie lange hätte ich deiner Meinung nach darauf warten sollen? Bis zum Jüngsten Gericht?“ Die Ironie ist nicht zu überhören. Die unterschwellige Wut allerdings auch nicht.
 

Ich bleibe äußerlich ruhig, während ich innerlich fast sterbe. Zu Rick gewandt, spreche ich ohne Eile: „Ich musste einige Entscheidungen treffen und das habe ich getan.“ Mein fester Blick begegnet seinem zornigen. Er erwidert nichts.
 

„Ich verlasse die Familie.“
 

Zum ersten Mal fällt mir auf, wie bekloppt das eigentlich klingt: Familie . Wir sind doch nicht bei der Mafia! Nur eine Vereinigung von Kleinkriminellen, die Drogen verschieben. Aber vielleicht nennt Rick das Ganze so, weil er nach Höherem strebt – im kriminellen Sektor. Ich mustere Rick für einen Augenblick. Ja, wenn man genauer darüber nachdenkt, würde er ganz ausgezeichnet in das organisierte Verbrechen passen. Und er ist gefährlich. Das wird mir in diesem Moment wieder außerordentlich bewusst.
 

„Das dachte ich mir bereits“, sagt er mit einer plötzlichen Sänfte und vollendet seinen Satz mit einem resignierten Seufzen. Überrascht begegne ich seinem Blick. Trotz der veränderten Stimmlage hat sein Gesichtsausdruck nicht an Härte verloren. Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet! Durchdrehen hätte ihm viel eher entsprochen. Die kleinen und großen Zahnrädchen in meinem Kopf beginnen sich wie wild zu drehen. Irgendetwas stimmt hier doch nicht. Rick würde mich nicht so ohne weiteres gehen lassen…oder etwa doch?
 

„Es war mir schon von Beginn an klar, als ich dich das erste Mal traf, dass dies nicht deine endgültige Zukunft sein wird. Du bist dafür nicht geschaffen.“
 

Mit großen Augen starre ich ihn an. Einerseits, weil er mir scheinbar zugesteht einfach zu gehen, andererseits, weil er mir gerade offenbart hat, dass ich für den Job des Kleinkriminellen nicht geschaffen bin. Dabei dachte ich immer, ich hätte gute Arbeit geleistet?
 

„Heißt das…soll das heißen, dass du mit meiner Leistung nie zufrieden warst?“
 

Ich erkenne, wie sich sein geschlossener Mund zu einem selbstgefälligen Lächeln verzieht. Irgendetwas an dieser Gefühlsregung gefällt mir nicht. Nervös fahre ich mir durch meine weizenblonden Haare. Ich blicke in seine dunklen Augen, die mich undurchsichtig ansehen. Das mulmige Gefühl in meinem Magen wird stärker.
 

„Was soll es denn sonst heißen, du Dummerchen“, höre ich ihn mit seiner rauchigen Stimme hauchen.
 

Aha. Ich fühle mich, als habe mir jemand mit voller Wucht seine Faust in den Magen gerammt. Aber ich wollte es doch so. Ich habe doch die Entscheidung getroffen mein Leben zu ändern. Also muss ich wohl auch mit dieser Art von Reaktion umgehen – egal wie sehr sie mich trifft. Obschon es recht seltsam ist, dass ich mich davon beeindrucken lasse, wo mir doch bewusst geworden ist, dass Drogen verschieben sowieso nie mein Traumberuf war. Aber da ist noch etwas anderes, was mir Sorgen bereitet: Hat Rick mich gerade etwa wirklich ‚Dummerchen’ genannt oder habe ich mich da verhört?
 

„Gut, ich lasse dich gehen. Wenn du diese eine Sache für mich tust….“
 

Rick steht auf, geht langsam auf mich zu. Er streicht meine Haare hinter mein Ohr, kommt mir gefährlich nahe. Sein Atem streift mein Gesicht. Er riecht nach Minze. Seine Hand, dessen Finger gerade noch flüchtig meine Haare berührt haben, hält jetzt sanft meinen Hinterkopf.
 

„Ich brauche dich für einen letzten Job“, säuselt er. Seine Augen glitzern gefährlich. Ich schlucke hart, denn diese Situation hat absolut etwas Bedrohliches.
 

„Ich kann nicht!“ Der Blickkontakt bricht und im selben Moment pfeift der Wasserkessel. Seine Hand verlässt meinen Hinterkopf. Ich drehe mich um und gieße das siedende Wasser in die Tassen, in denen bereits Teebeutel hängen. Dabei spüre ich meine Schulter. Rick steht noch immer hinter mir.
 

„Du kannst nicht?“, fragt er ungläubig.

„Ja, ich bin verletzt“, füge ich leise an.

„Verletzt? Ist das der Grund für deinen merkwürdigen Anruf vor einer Woche?“

„Unter anderem“, entgegne ich nonchalant.

„Was ist passiert?“
 

Er steht noch immer so nah bei mir. Ich habe Rick immer als eine Art Freund, der aber gleichzeitig auch Respektsperson für mich ist, betrachtet – und jetzt? Ich erschaudere, als ich mir die Situation vor einigen Minuten erneut vor Augen führe. Wäre Rick Adam gewesen, hätte ich diese Berührung sicherlich genossen, aber bei Rick fühlte sie sich einfach nur falsch und Ekelhaft an. Was mich jedoch am meisten irritiert, ist das mir so unbekannte Verhalten Ricks. So nah ist er mir noch nie gekommen. Liegt es daran, dass unsere Wege sich bald trennen werden? Will er mir gar zeigen, wie viel ihm an mir liegt? Diese komplette Situation ist vollkommen verfahren….
 

„Erinnerst du dich an diese Typen? Die, die immer im Park abhängen?“

Ich spüre Ricks bohrenden Blick in meinem Rücken. „Du meinst die, die dich damals zusammengeschlagen haben und die Drogen entsorgt haben, nicht wahr?“
 

Ich nicke bloß. „Wir sind uns wieder begegnet und dieses Mal ist es nicht nur bei einer Prügelattacke geblieben.“

„Sondern?“, hakt Rick sogleich nach.

Flink drehe ich mich um – ohne dabei auf meine Schulter zu achten. Ich kneife aufgrund des abrupten, ziehenden Schmerzes kurz ein Auge zu. Gleichzeitig drücke ich Rick seine dampfende Tasse Tee in die Hände. Seelenruhig fasst er das heiße Gefäß und stellt es wieder auf der Ablage ab. Plötzlich bin ich zwischen Rick und der Küchenablage eingeklemmt.

„Okay, was ist los, Vic?“

Mein Kopf wandert leicht in den Nacken; ich schaue in sein Gesicht, umrahmt von diesem dunklen, lockigen Haar. Seine Augen sind fast schwarz. Aber er erwidert meinen Blick nicht, sondern begutachtet meine Schulter. Scheinbar ist ihm meine verräterische Reaktion sehr wohl aufgefallen. Ich trage noch immer meine alte Jacke im Collegestil, die Rick mir nun sanft abstreift.
 

„Du hast dich verändert, Vic“, sagt er nun leise, während er jetzt vorsichtig durch das Shirt hindurch meine Schulter abtastet. Natürlich spürt er die darunter liegenden Bandagen. Natürlich entgeht Rick nichts. Seine Augen bohren sich in die meinigen.
 

„Warum bist du nicht zu mir gekommen?“
 

Ich antworte nicht, entferne stattdessen vorsichtig seine Hand, die mittlerweile schon halb auf meiner Brust liegt.
 

Meinen dampfenden Tee in beiden Händen haltend, winde ich mich an Rick vorbei, gehe zu meinem Bett und setze mich vorsichtig hin.
 

„Warum bist du nicht zu mir gekommen?“

Ricks Frage, die er nun übermäßig ernst betont, bricht die Stille.
 

Er weiß es. Er weiß, dass ich bei seinem verhassten Polizisten war. Und scheinbar gefällt ihm das ganz und gar nicht….

Früher wäre ich wahrscheinlich als erstes zu ihm gekommen, weil Rick alles war, was ich hatte. Aber die Position des wichtigsten Menschen in meinem Leben ist mittlerweile neu besetzt und deshalb bin ich wohl zu Adam gegangen. So einfach ist das. Es hat sich richtig angefühlt. Unterschwellig habe ich wohl auch erkannt, dass Ricks Beziehung zu mir im Prinzip darauf beruht, dass er etwas von mir verlangt. Und wie verhält es sich mit Adam? Ein Stück weit anders bestimmt, immerhin war er sehr besorgt um mich und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das nur gespielt war….
 

Adam… Ich seufze innerlich.
 

Rick mustert mich interessiert. Ich kehre zurück in die Realität und erwidere seinen interessierten Blick.
 

„Also, Vic, wann bist du denn wieder einsatzbereit?“
 

Einsatzbereit. Bin ich ein Roboter? Lediglich zum arbeiten zu gebrauchen; Drogen zu verschieben?
 

„Weiß nicht. Ein paar Wochen vielleicht?“, gebe ich eine allgemeine Einschätzung leichthin ab. Er nickt geschäftsmäßig. Rick wirkt jetzt wieder wie immer.

„Gut“, stellt er fest. „Ich melde mich dann rechtzeitig bei dir. Es handelt sich um eine größere Sache und hoffentlich können wir verhindern, dass sich die Polizei dieses Mal einmischt….“
 

Vielleicht bilde ich es mir nur ein oder klingt seine letzte Aussage ein wenig wie eine an mich gerichtete Frage? Denkt er etwa, weil ich eine Verbindung zu einem von der anderen Seite habe, dass ich eine Polizeipräsenz unterbinden könnte? Dabei hatte ich gerade noch das Gefühl, Rick sei auf eine sonderbare Art und Weise eifersüchtig auf Adam und war er es nicht, der mich schon öfter dazu angehalten hat, den Bullen loszuwerden? Das alles macht überhaupt gar keinen Sinn. Auch die Tatsache, dass mein Mentor mir gerade eben noch so nahe gekommen ist, irritiert mich noch immer. Darüber hinaus hat er mir etwas zugesagt, was ich niemals für möglich gehalten hätte: dass es mir freisteht zu gehen – ohne große Auseinandersetzung. Die Kombination dieser Faktoren behindert mein rationales Denken und es gelingt mir somit auch nicht eine logische Schlussfolgerung zu ziehen.
 

„Wir sehen uns, Victor“, wispert Rick mysteriös. Dann fällt die Tür ins Schloss. Scheinbar ist das Thema jetzt für ihn beendet. Ich kann ein schweres Seufzen nicht unterdrücken. Irgendetwas an dieser Situation ist doch oberfaul, aber es will mir nicht recht gelingen, darauf zu kommen….
 


 

Wie hält man ‚ein paar Wochen‘ durch, ohne den Menschen treffen zu können, der einem ungemein wichtig ist? Gar nicht, ist die überaus einfache Antwort. Man lebt in den Tag hinein. Und mein Leben war neben dem Verschieben noch nie sonderlich spannend.

Also was tue ich wohl den ganzen Tag? Genau: Ich arbeite im Café. Ich bediene aller Art Kunden: Vom verschüchterten Schulmädchen bis zum meckernden Opa ist wirklich alles dabei. Meine Mimik und Rhetorik funktionieren im Arbeitsalltag problemlos auf Knopfdruck. Auch wenn ich das Meiste nicht wahrnehme: Aussagen von Kunden, die über die Äußerung der Bestellung hinausgehen, werden von mir gerne komplett ausgeblendet.
 

Die Tage ziehen sich träge dahin: Keine nervenaufreibenden Nacht- und Nebelaktionen, kein Rick und ebenfalls kein Adam Wellert. Nur die unspektakuläre Arbeit im Café. Ich habe also viel Zeit zum nachdenken und so sinniere ich tatsächlich zweieinhalb Wochen nach meiner Trennung von dem Polizisten darüber, womit sich eigentlich andere – normale – Leute ihre Zeit vertreiben, wenn sie nicht gerade arbeiten. Wahrscheinlich unternehmen sie etwas. Treffen sich mit Freunden oder Sonstiges. Und just in dem Moment, als ich mir darüber Gedanken mache, fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Ich habe überhaupt keine Freunde! Kaum dass dieser Gedanke meinen Kopf durchquert, lasse ich beinahe die Kaffeetasse aus meiner Hand fallen, die ich soeben eigentlich servieren will.
 

„Alles okay bei dir, Victor?“ Tim guckt mich besorgt an.

Etwas irritiert erwidere ich seinen Blick, kann mir das laute ‚hä?’ gerade noch verkneifen. Stattdessen setze ich ein mildes Lächeln auf. Freunde. Tim erscheint plötzlich in einem anderen Licht. Ich habe nie sonderlich viel mit dem unscheinbaren Jungen, meinem Kollegen, zu tun gehabt, aber was nicht war, kann ja noch werden.
 

„Alles bestens“, sage ich nun und serviere dem wartenden Gast endlich seinen Kaffee. Tim wendet sich ab und geht zurück zum Tresen, hinter dem er nun den Nachschub an Kuchen in der Auslage drapiert. Ich folge ihm prompt, stelle mich neben ihn und beginne geistesabwesend die Ablage mit einem Putzlappen zu wischen. „Sag mal“, setze ich vorsichtig an, „hast du heute nach Dienstende schon etwas vor?“ Meinem Kollegen entgleitet beinahe der Kuchenschieber und er blickt mich überaus irritiert an. „Was?“, frage ich eine Spur pikiert.

„Nichts, nichts“, kommt es hektisch von Tim. „Ich…das ist nur das erste Mal, dass du mich so etwas fragst. Weißt du…nimm’s mir nicht übel, aber ich…naja, ich habe dich irgendwie immer für einen Einsiedlerkrebs gehalten.“ Er lächelt mich etwas unsicher an. In diesem Augenblick weiß ich wirklich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Es bestätigt mir, wie sehr ich mich eigentlich aus dem sozialen Leben zurückgezogen habe. Wenn man es genau nimmt, dann bin ich nie Teil davon gewesen.
 

„Ja, irgendwie hast du ja Recht“, füge ich leicht verlegen an, „aber irgendwie ging mir gerade durch den Kopf, dass wir schon seit Langem zusammenarbeiten, jedoch nie etwas gemeinsam gemacht haben.“

„Das stimmt…“, entgegnet Tim mit nachdenklicher Stimme und diesem sanften Lächeln.

„Also, wie wäre es, wenn wir dann heute Abend etwas trinken gehen?“ Hoffentlich liege ich damit richtig – ist es nicht das, was junge Menschen so machen?

„Hmm, okay“, sagt Tim nun. Und wie ein kleines Kind freue ich mich tatsächlich über diese Zusage. „Du kannst auch gerne das Lokal wählen, Tim“, hofiere ich, um ihm einfach den Vorrang zu lassen, aber auch, weil ich mich in diesem Bereich überhaupt nicht auskenne. Er nickt freudig.
 

Wow, ich bin also zum ersten Mal mit jemandem so richtig verabredet. Einfach nur, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Schon seltsam ist das: ein wenig bedrückend, aber gleichzeitig auch schön. So schön, dass ich nach einer halben Stunde Bedenkzeit dem Feierabend entgegenfiebere. Der auch tatsächlich recht schnell eintritt.
 

„Fertig?“

„Fertig“, antworte ich umgehend mit einem seichten Lächeln. Schnell habe ich meine Jacke angezogen, das Palituch umgelegt und den Riemen meiner Tasche über der Schulter enger geschnürt. Tim scheint ehrlich begeistert von unserem Vorhaben – ganz ungezwungen, als wolle er eben wirklich etwas mit mir unternehmen. Das ändert trotzdem nichts an der Tatsache, dass ich immer noch leicht nervös bin, Angst habe vielleicht etwas falsch zu machen. Wir verlassen das Kaffee, lassen unseren gemeinsamen Chef allein zurück, der heute das Lokal abschließen wird. Tim geleitet mich durch die Straßen des Viertels bis wir zu der nächsten U-Bahn-Haltestelle kommen.
 

Zwanzig Minuten später sind wir bereits da: Keenwich – die Partymeile unserer großen, grauen und hässlichen Stadt, die nur wenige schöne Ecken zu bieten hat.
 

Wie Ferrywall zum Beispiel. Dort wo Adam wohnt. Adam
 

In diesem Augenblick verstärkt sich mein Gefühl des Unwohlseins schlagartig. Ich verdränge die mentalen Aufnahmen unserer letzten gemeinsamen Minuten.
 

„Alles okay?“, erkundigt Tim sich jetzt freundlich bei mir und ich wünschte, er hätte nicht gefragt. Seine unschuldige Höflichkeit verstärkt den Druck der Adam-Bilder in meinem Kopf und ich muss mich wirklich auf die Gegenwart konzentrieren, um sie loszuwerden.
 

„Ja“, entgegne ich einfach nur. „Ist nur etwas länger her, wenn du verstehst was ich meine.“ Eine winzige Notlüge. Würde ich Tim erzählen, dass ich noch nie auf diesem Kiez unterwegs war, würde er mich höchstwahrscheinlich für verrückt erklären oder gleich schreiend die Flucht ergreifen.
 

Freundschaft.
 

Das ist wieder ein anderes Gefühl. Kein Begehren, kein rasantes Herzklopfen, kein kopfloses Handeln. Eher rational, aber dennoch freudig.
 

„Hier gehe ich immer sehr gerne hin“, reißt Tim mich nun aus meinen Gedanken. Nachdem wir uns gute fünf Minuten durch angetrunkene Menschengruppen hindurchgedrängelt haben, stehen wir mittlerweile vor einem modern anmutenden Glasbau, in dem eine Szene-Bar liegt. Das Neon-Leuchtschild schreit mir den Schriftzug Cruzzer entgegen. Ich hätte nicht gedacht, dass Tim – der eher der zurückhaltende unscheinbare Typ ist – in solchen Bars gastiert. Ich hätte ihm einen Irish Pub eher zugetraut und wenn ich ehrlich bin, hätte der mir auch besser gefallen. Schon nach den ersten Schritten fühle ich mich mit meinem Palituch und der Collegejacke total deplatziert zwischen diesen ganzen, wie sagt man noch gleich, Lackaffen? Yuppies?
 

Wir nehmen im hinteren Teil des Lokals Platz und warten auf unsere Bedienung. Tim bestellt sich einen Cocktail, dessen Name ich nicht aussprechen kann und ich…ja und ich? „Ähm…ein Bier“, sage ich schnell. So oft trinke ich keinen Alkohol. Das letzte Mal, das war…mit Adam. Wein. Berauschende Empfindungen. Harter Sex.
 

Ich schlucke hart.
 

Mein Herz schlägt abermals eine Spur schneller. Beinahe schüttle ich energisch den Kopf um diese mich überrollenden Gedanken und Gefühle, deren Auslöser Adam Wellert ist, zu vertreiben.
 

„Also, Prost!“

Ich schrecke hoch, gucke Tim mit großen Augen an und schnalle erst in diesem Moment, dass unsere Getränke bereits an den Tisch gebracht wurden. Viel zu schnell greife ich zu meinem Bier und verteile eine kleine Menge auf dem Tisch. Das verstärkt Tims skeptischen Blick nur noch mehr. Ich verhalte mich wie ein verdammter Trottel. Weil ich nicht bei der Sache bin. Weil ich die ganze Zeit über an Adam denke.
 

Ich proste Tim zu und nehme den ersten Schluck des leicht bitteren und gleichzeitig erfrischenden Getränks. Mein Kollege scheint sich beruhigt zu haben, sein Blick ist wieder wie immer und er lächelt leicht.
 

„Erzähl doch mal“, kommt es jetzt vom ihm, „was machst du eigentlich so in deiner Freizeit?“ Schon wieder ist es Tim, der versucht eine Unterhaltung in Gang zu setzen. Was mache ich in meiner Freizeit? Ich denke einen Augenblick nach und spiele im Kopf ein mögliches Szenario ab, wie Tim wohl reagieren würde, erzählte ich ihm die Wahrheit.
 

‚Eigentlich nichts besonderes. Ich ziehe nachts um die Häuser und verschiebe Drogen, werde dabei von Polizisten verfolgt und weiß noch nicht mal wirklich, warum ich das mache. Ansonsten treibe ich ein wenig Sport: laufen – und du?’
 

Ich verwerfe die in Gedanken ausgemalte Aussage – natürlich.
 

„Also ich laufe gern. Das hat etwas überaus Befreiendes. Ansonsten mache ich die Dinge, die wohl so jeder in seiner Freizeit macht: lesen, Musik hören, sich ab und an mal mit ein paar Leuten treffen.“

Erneut eine Notlüge, um möglichst normal zu erscheinen, um ins Bild zu passen. Was Tim nicht weiß ist, dass ich mich höchstens mit anderen Leuten treffe, um kriminellen Tätigkeiten nachzugehen. Für kurze Zeit driften meine Gedanken zu Eddie, Seamus, Andy und Rick. Und dennoch: vielleicht, so hoffe ich, werden meine Aussagen eines Tages auch wirklich der Realität entsprechen.
 

Mein Kollege nickt fachmännisch, während ich meine Freizeit kurz schildere – ganz so als segne er alles mit seiner Kopfbewegung ab. Ich nehme erneut einen großen Schluck des Biers. Langsam, glaube ich, werde ich doch warm mit dieser mir unbekannten Situation.
 

„Und du?“

„Ich male zum Beispiel sehr gern. Sportlich habe ich im Vergleich zu dir wahrscheinlich einiges nachzuholen. Ansonsten im Großen und Ganzen dasselbe wie du.“ Er lächelt. Ich denke: gut.
 

„Und? Hast du eine Freundin?“

Seine vollkommen belanglos gestellte Frage veranlasst mich dazu, mich am Bier verschlucken. Hastig schüttle ich den Kopf, während ich vergebens darum bemüht bin, gewisse Szenen mit einem gewissen Mann vor meinem inneren Auge auszublenden.
 

Unbequem. Diese ganze Fragerei. Allmählich verfestigt sich doch der Eindruck eines Verhörs, wo man unablässig gelöchert wird und als Verteidigung dieselben Fragen seinem Gegenüber stellt:
 

„Und du?“

„Ja, schon seit einem Jahr!“, erklärt Tim nun freudig. Geht es ihm mitunter vielleicht auch darum? Etwas von sich selbst preiszugeben? „Sie ist wirklich toll.“
 

„Aha, erzähl mal“, hake ich nach, weil ich in diesem Moment der festen Überzeugung bin, dass es sich so gehört und ich meinen Kollegen auch nicht enttäuschen will, dessen Augen gerade angefangen haben zu glitzern. Er setzt mit seiner Erzählung an, aber ich höre ihm nicht zu. Ich bin weit, weit weg. Wo Adam wohl gerade steckt? Was er tut? Denkt er auch so oft und dem Ausmaß an mich, wie ich an ihn? Vermisst er mich denn auch…wenigstens nur ein bisschen?
 

In diesem Augenblick, in dieser Bar, an diesem Abend, neben Tim sitzend, durchquert mich bloß ein Gedanke: ich würde ihn jetzt wahnsinnig gern sehen. Bei ihm sein, anstatt in dieser Bar voller Yuppies abzuhängen und Bier zu trinken und mir das selbstdarstellerische Gequatsche von Tim anzuhören….
 

Moment!

Halt!

STOPP!
 

Irgendetwas läuft verkehrt.

Genau!

Ich bin noch immer zu fixiert. Habe ich nicht den Weg des Abstands eingeschlagen, um über alles nachzudenken? Um alles auf die Reihe zu kriegen? Mein Gehör schärft sich, ich schenke Tims letzter Aussage mein Ohr und lächle ihn freudig an.

„Mensch, Glückwunsch. Das scheint ja wirklich ein toller Fang zu sein.“

Ein verträumtes, verliebtes Lächeln stiehlt sich auf die Lippen meines Kollegen und in diesem Moment empfinde ich wirklich so etwas wie ehrliche Freude für mein Gegenüber.
 

„Für dich finden wir auch noch jemanden“, witzelt er nun.

„Ne, ne, lass’ mal“, sage ich nur. Ich verspüre nicht das Bedürfnis Tim gleich an unserem ersten gemeinsamen Abend über einen gewissen, gut aussehenden Polizisten aufzuklären. Geschweige denn, dass ich das jemals in Erwägung ziehen würde.
 

„Wieso denn nicht“, will er nun schon wieder wissen. Auch wenn ich vorher nie viel mit anderen Menschen zu tun gehabt habe, kann ich schon jetzt mit Sicherheit sagen, dass mir diese Art der Kommunikation gehörig auf den Strich geht. Dieses unerträgliche Bohren.
 

„Das geht dich nichts an, okay“, entgegne ich deshalb einfach nur – vielleicht eine Spur zu hart. Tim sieht mich ein wenig pikiert und wütend zugleich an. Aber das ist mir egal. Ich muss ja nicht gleich am ersten Abend eine Freundschaft schließen, vor allen Dingen nicht zu jemandem, der die ganze Zeit über versucht mir persönliche Details zu entlocken, die ich ihm aber nicht verraten will.

Andererseits, meldet eine Stimme in meinem Kopf, ist das hier dein Kollege. Du wirst ihn wieder sehen und mit ihm zusammen arbeiten müssen. Ich seufze kurz, fahre mir durch mein weizenblondes Haar.
 

„Sorry“, murmle ich, „ich will einfach nicht über so etwas sprechen, okay.“

Tim lässt sich Zeit bis er reagiert. Ein einfaches „Okay“, verlässt seine Lippen. Die Atmosphäre zwischen uns ist eine Spur kälter geworden. Scheinbar passt mein simples Nein nicht in seine Welt. Vielleicht hat er ja nur solche Art von Freunden, die absolut keine Geheimnisse voreinander haben – was im Grunde genommen ja kein schlechter Gedanke ist. Aber Tim und ich sind keine Freunde: wir sind lediglich Arbeitskollegen, die zusammen einen trinken gehen. Und nachdem ich etwas Zeit mit ihm im privaten, außerberuflichen Umfeld verbracht habe, kann ich auch mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass wir auch niemals Freunde werden. Dennoch war es ganz nett: es war ein Versuch. Ein Anfang. Ein erster Schritt.
 

Das leichte unangenehme Gefühl, das mich schon seit meiner Initiative heute Nachmittag begleitet, hat sich nur noch verstärkt. Wir trinken aus. Wir unterhalten uns über Belangloses. Wir gehen getrennter Wege. So einfach ist das.
 

Adam.
 

Ich bleibe auf der überfüllten Straße stehen, richte meinen Blick gen Himmel und ziehe tief Luft in meine Lungen. Wäre ich mit ihm in der Bar gewesen, dann wäre der Abend sicherlich ganz anders verlaufen.
 

Dann wären wir jetzt auf dem Weg zu ihm. Und dann….
 

Was ist bloß los mit mir. Ich bin ein wirres Konstrukt, irgendwie uneins. Anscheinend kann ich mich nicht wirklich entscheiden, was ich nun will. Und dann geht mir diese Nähe zu Adam nicht aus dem Kopf.
 

Während mir die Nähe von Rick zuwider ist. Wenn ich an diese Szene zurückdenke, erschaudere ich auch jetzt noch leicht vor Abscheu. So habe ich meinen Mentor wirklich noch nie erlebt und ich hoffe, dass dies auch nicht wieder vorkommen wird.
 

Nur noch ein Job. Ein verdammter Job und ich werde frei sein. Eine Tür wird sich schließen, ich werde etwas zurücklassen und mich stattdessen in eine neue Etappe bewegen. Was mich wohl dort erwarten wird? Ich muss an Adams Worte denken:
 

‚Wie wäre es, wenn du dich an der staatlichen Polizeiakademie einschreibst.’
 

Und:
 

‚Ich meine es ernst, Victor. Jemanden wie dich kann die Polizei dieser Stadt wirklich gebrauchen. Du bist unglaublich schnell, wie ich bereits am Abend unseres Kennenlernens feststellen durfte. Hinzu kommt dein Insiderwissen, gepaart mit schneller Auffassungsgabe und Intelligenz.’
 

Ja, vielleicht sollte ich diesen Gedankengang Adams wirklich noch einmal überdenken; ihm eine Chance geben. Wer weiß, eventuell entpuppt sich dies ja doch als der richtige Weg für mich. Aber ich sollte wirklich genau darüber nachdenken – ohne Adam in diese Überlegungen mit einzubeziehen. Wenn ich es tue, dann nicht um dem älteren Polizisten zu gefallen….
 

Ich sollte nach Hause gehen. Ich sollte eine Checkliste anfertigen, aber nicht mehr heute Abend. Die Müdigkeit fährt bereits in meine Knochen. Morgen: ein neuer Tag, ein neuer Anfang?
 

Vorsichtig finden meine Finger ihren Weg zu der verletzten Schulter, tasten vorsichtig daran herum. Es fühlt sich schon besser an: nicht mehr so unsagbar heiß. Und es schmerzt weniger. Scheint, als habe der Heilungsprozess endlich angeschlagen…. Mit dieser Erkenntnis entschwinde ich in die Nacht.
 


 

Am kommenden Morgen ist es nicht der schrille Ton des alten Weckers, der mich aus meinem traumlosen und erholsamen Schlaf zurück in die Realität befördert: warmes Sonnenlicht fällt durch die ramponierten Vorhänge und streichelt mein Gesicht.
 

„Adam“, nuschle ich ins Leere, ehe ich mit dem ersten Augenaufschlag registriere, dass ich allein bin. Leicht peinlich berührt, gleite ich mit meiner Hand über Gesicht und Hals. Einen Moment verweile ich mit meinem Blick an der Zimmerdecke, bevor ich mich schwungvoll erhebe und ins Badezimmer hinübertapse.

Es dauert keine zehn Minuten, dann bin ich schon fertig.
 

Eine Checkliste, was? Heute muss ich ungläubig darüber schmunzeln. Stelle mir vor, wie ich Notizen auf ein Blatt Papier kritzele… Stattdessen gehe ich alles noch mal im Kopf durch: ich, Polizist.
 

Sportlich – check.

Schnelligkeit – check.

Insiderwissen – check.

Schnelle Auffassungsgabe…Ich erinnere mich an den Abend der Verfolgungsjagd, als ich Adam das erste Mal begegnet bin. Wie schnell ich reagiert habe, als mir bewusst wurde, dass Adam Andy verfolgte und jener den Polizisten geradewegs auf die heiße Spur führte…

Schnelle Auffassungsgabe – check.

Intelligenz…hmmm….check? Doof bin ich ja schließlich nicht…

Durchsetzungsvermögen… Ich denke an Rick, ich denke an Adam, ich denke an meine Vergangenheit. Non-check. Aber ich arbeite ja dran. Die Emanzipation des Victor Saxtra, muss ich glucksend denken und gleichzeitig amüsiert den Kopf über mich selbst schütteln.
 

Der Tag im Café verläuft unspektakulär wie immer: Kunden kommen und gehen. Der Chef behält auch heute seine klassische Laune bei, die sich besonders durch diese leichte Griesgrämigkeit charakterisiert – aber natürlich nicht den Gästen gegenüber, sondern nur dem Personal.

Tim spricht kaum mit mir. Er hat zwar ‚Hallo’ gesagt, aber dabei haben wir es auch bislang belassen. Diese leicht bedrückende, unangenehme Spannung zwischen uns stehend. Vielleicht braucht es ja nur etwas Zeit bis sich die Dinge zwischen uns wieder normalisieren?
 

Zeit.
 

War es nicht auch das was ich benötigte, als ich mich von Adam ‚verabschiedete’? Zeit? Gewiss. Und doch wünschte ich mir in diesem Augenblick nichts sehnlicher als ihren Fluss zu beschleunigen – vorzuspulen. Ich, als Polizist, an Adams Seite – warum gefällt mir dieser Gedanke plötzlich so gut? Fakt ist, dass mir dieser Gedanke gefällt, losgelöst von jeglichem Einfluss. Ein beglücktes Grinsen huscht über meine Lippen, während ich Kuchen auf einem Teller drapiere. Selten sah man einen glücklicheren Kellner.
 

Und doch: ‚Gut, ich lasse dich gehen. Wenn du diese eine Sache für mich tust…’

Eine letzte Aktion also…Ich kann immer noch nicht recht glauben, dass es wirklich dabei bleiben soll… Es erscheint mir doch eine Spur zu einfach, aber ich komme einfach nicht auf den faulen Haken… Vielleicht gibt es tatsächlich auch keinen.
 

Nach dem Feierabend begebe ich mich direkt auf den Weg nach Hause. Ich kenne die Route mittlerweile schon in- und auswendig. Und so sitze ich im Bus, beobachte die Häuser und spärlichen Grünflächen, die an mir vorbeiziehen, als mein Mobiltelefon plötzlich einen surrenden Laut von sich gibt – eine SMS.
 

‚Hey Vic, wir sind bei mir in der Bude und pokern. Bock? – Eddie.’
 

Kurz, prägnant und schmerzlos. Keine niedlichen Smileys. Pokern also. Für einen Moment bezweifle ich, dass es eine gute Idee ist, sich mit den Leuten zu treffen und Spaß zu haben, von denen man ja eigentlich loskommen möchte. Nach weiteren fünf Minuten komme ich aber zu dem Entschluss, dass es ja letztendlich nur eine Runde Pokern und nichts Festes ist. Außerdem macht es wirklich Spaß und ja, ich mag Eddie. Wenn ich mir eine Freundschaft vorstellen könnte mit einem der wenigen Leuten, zu denen ich wirklich Kontakt habe, dann ist das wohl Eddie. Andererseits: vermische niemals berufliches mit privatem, das verkompliziert bloß alles unnötig. Ich seufze schwer und laut.
 

Zuhause angekommen schäle ich mich aus den Arbeitsklamotten und ziehe mir bequemere Kleidung an. Dann ergreife ich mein Handy und tippe eine Antwort:
 

‚Bin in 20 bis 30 Min da. Hoffe ihr haltet so lang ohne mich durch?!’
 

Ein Lächeln huscht über mein Gesicht als ich auf den Sende-Button drücke. Wie lange ist es her, dass wir gemeinsam was gemacht haben, was absolut nichts mit Drogen zu tun hatte? Ich erinnere mich an diesen einen sehr lang zurückliegenden Abend bei Rick. Damals war Andy noch nicht ‚Part of the Gang’ gewesen. Spontan gleiten meine Gedanken zu diesem absonderlich wirkenden jungen Mann, dessen Verhalten mir noch immer eine Gänsehaut verursacht und den ich, genau genommen, schon von Beginn an unheimlich fand. Ist der eigentlich auch heute Abend auch da? Ich hoffe nicht…
 

~~~
 

Ihr findet mich jetzt übrigens auch auf Twitter, wo ich regelmäßig über den Fortschritt meiner Story/ies berichte! Würde mich freuen, wenn ihr mir folgt:

twitter.com/ToedlicheSchoko



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  SummoningIsis
2011-02-04T06:46:11+00:00 04.02.2011 07:46
Und auch hier nochmal: I ♥ ur style. Ich hab ja auch echt lange auf das Kapitel gewartet, du hast mich nicht enttäuscht. Und ja, auch ich bin gespannt, wie es Adam geht und wann es ein Wiedersehen geben soll - und der letzte Job? Wo ist der Haken? Man soll gespannt sein :)
Von:  tenshi_90
2011-02-03T21:33:42+00:00 03.02.2011 22:33
Hey!

Das is eine echt gute Story =)

Adam leidet jetzt bestimmt genauso schlimm wie Vic =(

Hoffe es gibt ein Happy End für die beiden.. Aber dennoch hab ich das Gefühl, dass dieses letzte Ding einen großen Haken hat und etwas mit Adam zu tun haben könnte...

Bin gespannt wies weiter geht =)

LG
Von:  rihaij
2011-02-03T18:24:49+00:00 03.02.2011 19:24
Sehr schöne, spannende Story. Bin sehr gespannt, wo es sich hin entwickeln wird. Ich denke mal auch, der letzte Job wird es in sich haben. So einfach lässt niemand jemand aus so einer Organisation.
Gruß Rih
Von:  Priestly
2011-02-03T17:18:19+00:00 03.02.2011 18:18
Hach jaaaaaaaaaaaaaaa es geht weiter *strahl*

hmmmmmmmmm ich weiß ja nicht xD ... ich glaube auch da gibt es einen Haken -.- das ist bestimmt eine zu große Nummer oder er will ihn ausliefern oder er lässt ihn doch nicht los -.-
wäre wirklich zu einfach ... aber warum sagt er nicht einfach
NEIN DAS WARS !!! -.- ich weiß ja ich weiß ja :(
Aber ein Versuch wäre es :( *seufz*

Mich würde ja schon interessieren was Adam nun die ganze Zeit macht ???
Oh man ... so oft wie Victor an ihn denkt ... hach man lol
eine verfahrene Situation :(
kann es nicht besser sein -.-

aber ich finde seine Liste schon mal gut und das er sich den Gedanken
durch den Kopf gehen lässt hm ... aber trotzdem hab ich einfach Angst, das bei diesem letzten Ding was schief geht :(

Adam soll nicht so sein und zu ihm -.-
der weiß doch wie Vic ist und das das alles nicht so einfach ist *schnüf* .... hach ja und Tim xD sry aber ich kann Vic verstehen xD
aber auch Tim lol ... da geht man schon mal weg und wenn eben so ein Kommentar kommt fragt man nach xD haha das Victor aber nix sagen will kann ich auch verstehen herje xD Freunde das ist eben ne Sache noch für sich hehe ...

Bin schon sehr gespannt wie es nun weiter geht oO !!!
Und WAS MACHT ADAM ????????????
LG :D Pries ^.^


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