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Apocalypse

Bevor Der Morgen Graut
von

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... Den Bullen loswerden ...

Kapitel 3: …Den Bullen loswerden…
 

Eine gefühlte Ewigkeit hat es gedauert.
 

„Du entwickelst dich zu einem echten Gefahrenpotenzial!“
 

Ricks Worte hallen immer noch durch meinen Kopf. Ich schaue auf die Uhr. Es ist noch keine Stunde her, seit ich meine Wohnung verließ. Das zurückgebliebene Chaos war einfach zu viel für mich.

Rick hatte meine Bruchbude komplett auf den Kopf gestellt. In den frühen Morgenstunden stand er plötzlich vermummt in meiner Tür, bedeutete mir kein Wort zu sagen. Stattdessen kommunizierte er über einen großen weißen DIN A4 Zettel mit mir.
 

Ich wette, deine Bude ist verwanzt.
 

Das war der erste Satz auf dem Zettel gewesen. Ich war schockiert, zweifelte aber gleichzeitig an Ricks Verstand. Warum um alles in der Welt sollte meine Bude verwanzt sein? Die Vorstellung war absurd. Natürlich brauchte ich nicht lange, um mir selbst darauf zu kommen: Ich hatte – bescheuert wie ich war – einen Bullen unbeaufsichtigt in meinem Zimmer gelassen, während ich mich im Bad umgezogen hatte. Wie konnte ich nur so verdammt blöd sein?
 

Nachdem ich Rick – via Blatt – die ganze Geschichte mitgeteilt hatte, hatte er damit begonnen mein Zimmer auf den Kopf zu stellen. Tatsächlich hatte er auch zwei Wanzen gefunden: eine im Telefon und eine unter der Spüle. Im Badezimmer konnte nichts sein, da dort nur ich gewesen war.

Das Telefon hatte Rick dann gegen ein neues ausgetauscht, ebenfalls mein Handy.

„Für alle Fälle“
 

Bei dem Gedanken an das Gespräch, was dann folgte, erfasst mich noch jetzt ein Schaudern. Ich hatte es bereits größtenteils in mein Unterbewusstsein verbannt, doch zwei entscheidende Aussagen hämmern noch immer in meinem Schädel, so präsent als hätte Rick sie mir gerade erst ins Gesicht geschrieen:
 

„Verdammte Scheiße! Bist du Anfänger oder was? Du entwickelst dich zu einem echten Gefahrenpotenzial!“
 

„Wirklich, Vic! Du bringst unsere kleine Familie in Gefahr. Die Familie, die ich geschaffen habe. Du musst den Bullen los werden…“
 

…………….Den Bullen loswerden……..
 

Ich schlucke, während ich durch den Park spaziere. Es ist kühl heute. Die Sonne hat sich hinter einer dicken Wolkendecke verzogen.
 

…………….Den Bullen loswerden……..
 

Noch immer versuche ich mir einzureden, dass Rick es nicht so meint, wie er es ausgedrückt hat. Ich soll ihn loswerden. Na gut. Er soll das Interesse an mir verlieren, mich nicht mehr überwachen und sich wieder seiner ganz alltäglichen Berufspraxis widmen.
 

Aber ich soll ihn nicht umbringen…..! Ausgeschlossen! Rick hat es nicht so ausgedrückt!
 

….aber er hat es so gemeint…! meldete sich mein Unterbewusstsein.
 

Hätte ich damit rechnen sollen? Der Tag, an dem ich das erste Mal ein Leben auslösche? Wie eine Kerze im Wind? Weil Rick es so will? Würde ich wirklich für Rick töten? Oder töten können? Schuldete ich ihm tatsächlich so viel?
 

Ich bleibe an dem See stehen, blicke hinunter in das tiefblaue Wasser. Es erinnert mich an zwei Saphire… .

Ich sehe mich gespiegelt im Wasser. Bin das wirklich noch ich? War ich jemals ich?

Wie von selbst finden meine Hände ihren Weg in meine weizenblonden Haare und raufen sie, bis sie wuschelig zu allen Seiten stehen.
 

Wer bin ich?!
 

Es schreit aus all meinen Poren!
 

WER BIN ICH?!
 

Ich greife nach einem Stein und schleudere ihn soweit hinaus, wie ich kann. Hart schlägt er auf das saphirblaue Wasser auf. Zerstört den Frieden der Oberfläche.

In meinen tristen grauen Augen sammelt sich die Verzweiflung.

Wut übermannt mich und ich lasse sie an einer alten Eiche am Seeufer aus. Ich mache mir nicht die Mühe die Tritte gegen den alten Stamm zu zählen.

Völlig erschöpft lasse ich mich auf eine Bank, etwas weiter vom Ufer entfernt, sinken.
 

Eine ganze Weile sitze ich so da. Versuche meinen Kopf abzuschalten, mich zu entspannen, doch es will mir einfach nicht gelingen.
 

…………….Den Bullen loswerden……..

…………….Den Bullen loswerden……..

…………….Den Bullen loswerden……..
 

„Wer ist Rick?“
 

Ich schrecke auf, drehe mich zur Seite und erblicke ihn.

Adam Wellert sitzt neben mir auf der Parkbank als wäre es das Natürlichste der Welt. Seit wann saß er schon da? Ich hatte nicht bemerkt, dass sich jemand zu mir gesellt hatte.

Er schaut mich nicht an, stattdessen blickt er hinaus auf den See. Ich tue es ihm gleich.
 

Es vergehen einige Minuten, ich habe keine Lust ihm zu antworten.
 

„Wer ist Rick, Victor?“
 

Seltsam. Heute besitzt seine tiefe samtene Stimme keine Macht über mich. Sie hat ihren manipulierenden Zauber eingebüßt – zumindest für den Augenblick.

Er wird also keine Antworten von mir bekommen. Ich werde nicht auspacken! Sich darüber im Klaren zu sein, macht die Situation einfacher.
 

„Oder Eddie, Seamus und … Andy?“
 

Bei dem letzten ausgesprochenen Namen kann ich ihn lächeln hören.

Ich schwieg.

Es vergehen wieder einige Minuten.
 

„Weißt du, Victor, du brauchst mir überhaupt nichts erzählen. Ich weiß bereits alles, was ich wissen muss. Du hängst da mit drin. Ihr seid eine kleine Bande von Drogenkurieren. Eine Familie. Eine, die ohne Frage die Bekämpfung des Drogensumpfes erschwert. Aber jetzt, da ich das alles bereits weiß, ist es nur noch eine Frage der Zeit, nicht wahr?“
 

Ich schwieg. Ist das Schweigen nicht bereits ein Eingeständnis meinerseits?
 

…………….Den Bullen loswerden……..
 

Es gibt immer noch etwas, das dieser Bulle nicht weiß. Oder weiß er etwa auch, dass sein Tod beschlossene Sache ist?

Erst jetzt schaue ich ihn wieder an. Emotionslos verharrt der Blick meiner grauen Augen an seinem Gesicht.
 

„Schade, das war einfach“, sagt er.

Adam klingt enttäuscht. Scheinbar hat er mehr erwartet. Vielleicht so etwas wie echte Konkurrenz?

Ist das alles gar nur ein Spiel für ihn? Eines, das er zu leicht gewonnen hat?
 

„Komm.“

Adam Wellert erhebt sich von der Bank und hält mir seine Hand entgegen. Ich starre sie an als könnte sie jeden Augenblick in die Luft gehen.
 

„Ich lade dich zum Frühstück ein.“

Frühstück?“, frage ich ihn als wäre er vollkommen verrückt.

„Ja, Frühstück. Ich möchte den Jungen mit den traurigen Augen kennen lernen, bevor ich ihn einbuchte.“

Ich kann mich nicht dagegen wehren – seine Worte zaubern ein Lächeln auf meine Züge.

Ich stehe auf, schiebe meine Hände in die Taschen meiner zerschlissenen Jeans und trotte an seiner Seite zum Parkausgang.
 

Ich greife nach dem Toast und tue mir gleichzeitig etwas von dem gebratenen Bacon auf meinen Teller. Amerikanisches Frühstück war wirklich gut.

Adams Desinteresse ist wieder jener konzentrierten Aufmerksamkeit gewichen, die er mir gestern Abend zum ersten Mal zu Teil werden ließ. Der Scanblick seiner Saphire ist beinahe schon unangenehm.
 

…………….Den Bullen loswerden……..
 

Was würde das bringen? War es nicht etwas übertrieben Adam gleich auszuschalten? Vor allem, wenn an seine Stelle der Nächste treten und weitermachen würde?

Gibt es überhaupt eine Möglichkeit dem kriminellen Teufelskreis zu entfliehen? Oder lief es zwangsläufig auf ein Duell zwischen uns und der Polizei hinaus, bei dem nur die letztere Seite gewinnen konnte? War es wirklich nur, wie Adam gesagt hatte, eine Frage der Zeit?
 

„Also? Was wollen sie von mir?“ , frage ich ihn in einem nüchternen Ton.
 

Mir ist klar, dass ich mich auf dünnem Eis bewege. Im Prinzip spielen wir nun ja mit offenen Karten. Er wusste, wer ich bin und umgekehrt. Entscheidend ist jetzt der Umgang miteinander. Ich weiß, dass ich nicht zu viel verraten darf und dass ich die wirklich wichtigen Informationen für mich behalten muss.
 

„Wie wäre es für den Anfang, wenn du mir etwas über dich erzählst?“

Adam nahm einen Schluck schwarzen Kaffee.

„Nun, was konkret möchten sie denn wissen?“

Seine Augen ruhen immer noch auf mir. Sie analysieren jede noch so kleine Mimik und Bewegung, um daraus Schlüsse zu ziehen. Jedenfalls kommt es mir so vor.

Er lächelt.

„Fang mit deiner Kindheit an.“

Ich grinse. Das ist nicht wirklich sein Ernst, denke ich amüsiert.

„Nun ja,“ setze ich an, „da gibt es nicht wirklich viel zu erzählen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass sie sicherlich bestens mit meinen Akten vertraut sind.“

Jetzt ist es an ihm zu grinsen.

„Du“, sagt er einfach nur.

Verdutzt gucke ich ihn an.

„Victor, ich wollte sagen du sollst mich duzen.“

Ich zucke mit den Schultern.

„Wie du möchtest Adam.“

Für einen Moment schauen wir uns an – Auge in Auge.
 

„Nun Victor, ich weiß, dass du vor langer Zeit einmal ein sehr glücklicher Junge warst.“

Ich reiße mich zusammen, denn ich will ihm nicht zeigen, wie sehr seine Aussage mein Innerstes getroffen hat. Meine Vergangenheit ist nach wie vor mein wunder Punkt. Ich hoffe inständig, dass er keine Reaktion in meinem Gesicht ablesen kann.

„Was ist dann geschehen“, hakt er nach.
 

Warum fragt er das? Will er mich absichtlich verletzten? Ich weiß, dass er die Geschichte meiner Vergangenheit aus den Akten kennt – sie ist bestens dokumentiert.

Ich durchschaue ihn: Er will diese Geschichte offenbar aus meinem Mund hören, um abschätzen zu können ob ich mit ihr abgeschlossen habe oder ob sie mich noch immer kränkt.
 

„Bis zu meinem zwölften Lebensjahr lebte ich bei meinen leiblichen Eltern. Wir waren glücklich, auch wenn wir nicht sonderlich viel Geld hatten. Dann, bei einem Autounfall, starben sie und ich kam ins Heim. Nach kurzer Zeit kam ich in die erste Pflegefamilie. Es waren drei Familien in zwei Jahren, wenn ich mich recht entsinne. Die letzte war am Schlimmsten. So schlimm, dass ich mit 14 weglief. Ich schloss mich einer Gruppe junger Punks an, hauptsächlich Kids, die von Zuhause weggelaufen sind und so lebte ich eine Zeit lang auf der Strasse. Ich schaffte es, wieder auf die Beine zu kommen und mir meine eigene kleine Existenz aufzubauen. Und siehe da, hier bin ich.“
 

Die Rolle, die Rick bei meiner Vergangenheit spielte, habe ich geflissentlich ausgelassen. Ohne Rick hätte ich es nie geschafft auf die Beine und weg von der Straße zu kommen. Er hatte mein Potenzial erkannt und mich seiner, wie er es nennt, Familie zugeführt.
 

„Und? Waren das nun Informationen, die dir bei deiner Ermittlung weiterhelfen?“

Wieder lächelt Adam.

„Nein, aber darum geht es mir auch nicht.“

Sein Lächeln wird entwaffnender.

„Worum dann?“, frage ich ihn.

Er schaut mir in die Augen, seine tiefblauen Saphire fesseln mich. Er versucht mich mit seinem Blick zu halten. Denkt er etwa, ich würde gleich davon laufen?

Seine tiefe samtene Stimme ertönt und als mein Gehirn das Konglomerat der folgenden Nachricht und des andauernden Blickes verarbeitet, begreife ich das schockierende Geständnis:
 

„Victor, ich finde dich sehr interessant. Man könnte fast behaupten du faszinierst mich. Noch nie habe ich einen Menschen gesehen, der leblosere Augen hat als du.“
 

Die Art wie er das ausdrückte! Seine Worte pflanzen ein merkwürdiges warmes Gefühl in meinen Bauch und ich kann beim besten Willen nicht sagen, ob ich das als angenehm oder unangenehm empfinde. Ich realisiere nicht, dass mein Mund etwas geöffnet ist und dass mir der Atem stockt. Was ist das für ein merkwürdiges Gefühl?

Ich bemerke zeitgleich, dass Adam ein äußerst angenehmes Erscheinungsbild hat, aber ist mir das nicht schon auf der Polizeiwache aufgefallen? Und ich begreife, dass es mich auf sonderbare Art und Weise reizt in seiner Nähe zu sein, obwohl ich hier gerade mit dem „Feind“ am Tisch sitze und gleichzeitig auch mit dem Feuer spiele. Verdammt! Dieser Kerl will mich doch einbuchten – das hat er selbst gesagt. Was zur Hölle ist los mit mir?
 

Weder lächelt Adam noch grinst er – er sieht mittlerweile aus dem Fenster und leert mit einem Schluck seine Kaffeetasse.

„Ich werde wieder zurück ins Revier fahren.“

Und als er sich wieder mir zuwendet, fügt er hinzu:

„Sei schön artig. Wir wollen doch nicht, dass ich dich gleich wieder dabei erwische, wie du gegen das Gesetz verstößt.“

Er zwinkert mir zu, zückt sein Portemonnaie und legt einen Geldschein auf den Tisch.

Ich sehe zu ihm auf. Eine Frage brennt mir auf der Zunge. Ich muss mich zusammenreißen, um sie nicht auszusprechen!
 

Wann sehe ich dich wieder…….?
 

Erst als Adam das Bistro verlassen hat, schüttele ich energisch meinen Kopf und sacke auf meinem Stuhl zusammen.

Ich sollte den Bullen loswerden und nicht darauf erpicht sein ihn wieder zu sehen !

Wenn Rick nur….
 

……mein Handy klingelt… .

„Hallo?“

Ricks Stimme ertönt:

„Kommst du heute Abend vorbei? Wir müssen alle miteinander reden.“

„Ist gut“, antworte ich.

dut…dut..dut

Schon aufgelegt. Typisch Rick.

Ich seufze. Im Moment ist mein Leben wirklich turbulent. Ständig dieses Auf und Ab.

Ich stehe auf und gehe nach Hause.
 

Als ich die Tür zu meiner Wohnung öffne, trifft mich der Schlag. Ich habe ganz vergessen, wie es hier aussieht. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass die verbleibende Zeit bis zu meinem Schichtbeginn im Café nicht ausreicht, um hier aufzuräumen. Ich seufze. Ich hätte das gleich heute Morgen erledigen sollen, anstatt einfach die Flucht zu ergreifen!

Ich durchquere das Chaos und lass mich bäuchlings aufs Bett fallen.
 

Meine Augen schließen sich wie von selbst und das Erste, was meine Gedanken erfüllt und vor meinem inneren Auge erscheint ist …. Adam.
 

Ich erinnere mich an unser heutiges Treffen. Wie er einfach aus heiterem Himmel neben mir auf der Parkbank saß, wie er schon da versuchte mich zu verunsichern und wie er das im Bistro fortsetzte. Ich gebe es nicht gerne zu, aber dieser Polizist bringt mich völlig aus dem Konzept.
 

Das rabenschwarze kurze Haar, das sich geschmeidig an seine ovale Kopfform anpasst und seidig glänzt.

Das kantige Kinn, die schmale Nase und die vollen Lippen, die sich so oft zu einem lieblichen Lächeln verziehen… .

Dieser breite Brustkorb, der an einen Panzer erinnert.

Die muskulöse durchtrainierte Figur und die dunklen, tiefblauen Augen in dessen Vergleich selbst die schönsten und reinsten Saphire vor Neid erblassen.

Und zuletzt diese Stimme, die wie flüssiges Karamell über seine Lippen rinnt…so weich…so verführerisch….
 

Ich bemerke nicht, dass mein Atem schwer und langsam über meine leicht geöffneten Lippen kommt.

Ich bemerke auch nicht, dass mein Herz eine Spur schneller schlägt.

Ich blende das warme Gefühl aus, dass sich langsam in meinem Unterleib ausbreitet.
 

!!!
 

Ich reiße meine Augen auf. Worüber denke ich da eigentlich nach?!
 

Ein piependes Geräusch beendet meinen Gedankengang. Ich bin für den Moment noch zu aufgewühlt, sodass ich mich wundere woher es kommt. Einige Sekunden später realisiere ich schließlich, dass es der Handyalarm ist, der mich daran erinnert, dass ich mich bald auf den Weg zur Arbeit machen muss.

Träge erhebe ich mich und ziehe mich um und verlasse dann meine Bude.
 

Es ist schon nach 20:00 Uhr, als ich bei Rick im Sessel sitze.

Die Atmosphäre ist angespannt. Sie kommt fast jener gleich, die in dem Verhörraum im Polizeirevier geherrscht hatte.

„Also, was machen wir jetzt?“

Es ist Eddie, der das fragt. Er und Seamus gucken mich an als sei ich ein unliebsames Krebsgeschwür.

Rick meldet sich daraufhin zu Wort:

„Victor ist erst mal draußen. Es wäre Wahnsinn ihn gleich wieder mit einzubeziehen.“

Seamus hustet.

„Ich finde, du solltest ihn gleich ganz rausschmeißen!“
 

Ich lächle bitter – so viel zum Thema Familie!

Dennoch bin ich nicht besorgt. Ich weiß, dass es Rick zu riskant ist jemanden zu kicken. Immerhin könnte ich so zu einer echten Gefahr werden. Zumindest wenn ich aus Rachegelüsten auspacken würde. Das ändert jedoch nichts an der Situation, die – zugegebenermaßen – scheiße ist. So wie es aussah hatte ich wohl das Vertrauen von Eddie und Seamus verloren und es würde dauern, bis es wieder wie früher sein wird.
 

„Ruhe! Niemand hat dich nach deiner Meinung gefragt, Seamus! Wir sind eine Familie, wir müssen einander vertrauen, uns unterstützen und uns nicht gegenseitig die Hölle heiß machen. Wenn es soweit kommt, können wir gleich einpacken!“

Seamus schnaubt. Langsam aber sicher platzt mir der Kragen.

„Hört mal! Ich habe mich doch nicht absichtlich von den Bullen schnappen lassen! Ich habe Andy geholfen, der geradewegs dabei war in die Falle zu laufen und ich dachte es sei besser, wenn sie hinter mir her seien als hinter Andy, der sein Messer dabei hatte. Ich hielt es für die beste Lösung! Bei der Flucht wurde ich dann geschnappt.“
 

Eddie und Seamus starren jetzt Andy an, als hätte der Typ nicht mehr alle Tassen im Schrank. Meine Rede. Andy grinste nur vor sich hin und spielte abermals mit seinem Butterfly.
 

„Und deshalb“, setzte Rick an, „ist Andy auch erstmal draußen. In Zukunft werden unsere Aktionen erst mal eine Nummer kleiner.“

Andy schaut kurz auf und dann wieder in seinen Schoß.
 

„Und wann ist es wieder soweit?“, fragt Eddie.

„Kommendes Wochenende“, entgegnet Rick sofort. „Wir müssen gut vorbereitet sein. Dieses Mal wird der Ort der Übergabe ein anderer sein. Der Park ist im Moment viel zu riskant. Eddie und Seamus, wir treffen uns noch mal am Freitag, um alles eingehend unter sechs Augen zu besprechen.“

Seamus meldet sich jetzt zu Wort:

„Und was ist mit diesem Bullen, der uns auf der Spur ist?“

Ich muss schlucken.
 

…………….Den Bullen loswerden……..
 

„Wir müssen ihn irgendwie loswerden“, sagt Rick. Er schaut mich jetzt an.

„Und ich denke dies ist eine Aufgabe für Vic. Immerhin scheint der Typ dir ja andauernd aufzulauern.“

Ich schlucke hart und räuspere mich dann. Ich muss die Frage einfach stellen:
 

„Es ist nicht ernsthaft deine Intention ihn umzubringen, oder? Ich meine, es wäre bescheuert ihn umzubringen. Es ist der größte Fehler, den man begehen kann, weil dann an seine Stelle jemand anderes treten wird und sie werden nicht locker lassen bis sie uns haben. Das wird passieren, wenn man einen Polizisten umbringt.“

Rick grinst.

„Es wäre eine von vielen Möglichkeiten, aber ich würde sagen, es ist der letzte Ausweg, die Notlösung. Wenn er einfach nicht loslassen will… .“

Ich starre ihn fassungslos an.

„Rick, du kannst doch nicht…“

Ich werde rüde unterbrochen:

„Schweig!“

Und so vollende ich den Satz nur in meinen Gedanken:
 

…ernsthaft von mir verlangen jemanden umzulegen!
 

Ich habe immer zu Rick aufgesehen und ihn für ausgesprochen klug gehalten. Aber das jetzt?! Nie hätte ich gedacht, dass er zu so einem solch dämlichen Vorschlag fähig ist. In meinen Augen bröckelte etwas von Ricks Ansehen ab und hinterließ eine hässliche offene Stelle.

Vor lauter Enttäuschung schüttle ich – wie ganz von selbst - seicht meinen Kopf.

Ich stehe auf.

„Ich gehe. Bis bald.“

Und während ich durch die Tür hinausgehe, bemerke ich nicht, wie mir die vier verdutzt hinterher gucken.
 

In meiner Wohnung angekommen, beginne ich damit das noch immer vorherrschende Chaos zu beseitigen.

Ich versuche die unangenehmen Fragen aus meinem Hirn zu verbannen, aber sie lassen einfach nicht locker. Sie waren schon immer da und in letzter Zeit drängten sie sich mir penetrant auf. Ich weiß, dass ich nicht mehr lange vor ihnen davon laufen kann….
 

Wer bin ich?

Was will ich überhaupt?

Was hält die Zukunft für mich bereit?

……..

Und

……..

Wieso denke ich andauernd an Adam Wellert?



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  jyorie
2014-07-16T09:39:34+00:00 16.07.2014 11:39
Hey (❀◦‿◦)♫・*:.。. .。.:*・

mir wäre es auch extrem unangenehm, wenn dieser Adam noch
bei der Arbeit auftaucht, ich finde du hast Victor hier gut beschrieben,
wie er reagiert und sich fühlt, als der Polizist in das Kaffee gekommen
ist und dieser Adam macht mir auch etwas angst, so desinteressiert
wie er oft ist, aber dennoch nur so tut und viel zu viel mitbekommt.

*blush* an der Stelle bei der Adam mit in die Wohnung gekommen ist,
hatte ich ehrlich gesagt auch an nix böses gedacht, das ist echt gemein,
wie fix er da die Wanzen untergebracht hat und sich dann Viktor so
schnell verraten hat :(

CuCu Jyorie

Von:  Tali
2010-01-24T17:11:32+00:00 24.01.2010 18:11
Wooooow! Alle Achtung! Spannung, Nerfenkitzel, Verbrechen und eine Spur Erotik! Adam ist eindrucksvoll! Genial! Ich würde mich sehr freuen, wenn es bald weiter gehen würde!
Von:  SummoningIsis
2010-01-03T18:33:25+00:00 03.01.2010 19:33
„Victor, ich finde dich sehr interessant. Man könnte fast behaupten du faszinierst mich. Noch nie habe ich einen Menschen gesehen, der leblosere Augen hat als du.“ <- GEIL!!!!

Super geschrieben, und wäre ich nicht so rücksichtsvoll, würde ich dich jetzt auf Knien anbetteln, sofort weiter zu schreiben *g*


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