Zum Inhalt der Seite

Die Stimme

Eslosias Held
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ein lebensgefährlicher Streich

Der nächste Morgen begann für Dia zunächst ganz normal. Im Bus begrüßte sie Isis wie sonst und auch Isis sah wieder wie immer aus. Sie war munter und freute sich schon auf das bevorstehende Wochenende. Da konnte sie ausschlafen und faulenzen. Ihr Zuckerproblem war in dieser Muße-Zeit viel weniger störend und gefährlich und das freute nicht nur sie sondern besonders auch ihre Mutter, die in dieser Zeit ebenfalls viel entspannter war.

Dia hingegen freute sich zwar auch auf die zwei freien Tage aber sie machte sich auch Sorgen wegen der Sache mit David. Sie hatte ihn ja selbst gefragt und sie wollte auch nicht abspringen aber was wenn nun diese beiden Rockerbräute wieder auftauchten und ihr auflauerten? Das machte ihr schon etwas Angst. Sie fragte Isis nach ihrer Meinung.

„Was soll ich machen, wenn die beiden plötzlich vor mir auftauchen? Glaubst du, David würde mir helfen? Oder wenn David schon weg ist und ich ihnen allein begegne? Soll ich morgen wirklich mit ihm ausgehen oder soll ich es lieber lassen?“ Isis biss gerade von einer Banane ab und klang etwas undeutlich aber ihre Meinung konnte deutlicher nicht rüberkommen.

„Natürlich gehst du! Willst du dich etwa von diesen Miststücken erpressen lassen? Oder von Kiki? Ich hab da eine Idee. Wir fahren heute Nachmittag kurz in die City und besorgen dir Pfefferspray. Dann bist du im Notfall wenigstens nicht wehrlos. Einverstanden?“

Dia schaute gleichzeitig entsetzt und bewundernd drein. Auf diese Idee wäre sie nie gekommen. Und Isis setzte noch eins drauf.

„Und um ganz sicher zu gehen, gebe ich dir mein Handy mit, damit du die Grünen holen kannst, falls nötig. Du solltest dir vielleicht auch mal ein Handy besorgen.“ Aber da hatte Dia entschieden was dagegen. Sie brauchte kein Handy. Für morgen allerdings nahm sie dieses Angebot gern an.
 

Als der Bus an der Schule hielt, fühlte sich Dia richtig gut. Sie konnte sich auf den Disco-Abend mit David freuen und brauchte keine Angst um ihr Leben zu haben. Das versprach, viel versprechend zu werden.

Wie immer beim Betreten des Schulgebäudes streiften die Blicke der Mädchen kurz überfliegend das Schwarze Brett im Vorbeigehen. Doch diesmal blieben sie wie angewurzelt davor stehen, die Augen weit aufgerissen und die Münder offen stehend. Da hing ihr Suchplakat! Das verschwundene Plakat, mit dem sie den Sprecher von Askariel finden wollten! Allerdings waren mit schwarzem Edding und verschiedenen anderen Leuchtfarben noch Kommentare bzw. eindeutige Aufforderungen dazu geschrieben worden. „Ruf mich an, ich will dich“ war noch das Harmloseste. Und unter allem prangten natürlich Dias Name und Telefonnummer, das war ja von Dia so gewollt. Aber genau so etwas hatte sie vermeiden wollen. Wie viele Schüler mochten wohl heute früh schon daran vorbei gegangen sein? Auch jetzt blieben manche stehen, sahen sich das Plakat genau an und grinsten. Einige niveaulose Bemerkungen fielen ebenfalls. Sie taten Dia in der Seele weh. Was tun? Wenn sie jetzt das Plakat abriss, wussten alle, dass sie gemeint war. Hilfesuchend sah sie Isis an. Sie hatte schon Tränen in den Augen vor Wut, Verletztheit und Scham. Isis berührte sanft ihren Arm und ihre Augen blitzten vor Zorn und Entschlossenheit. Sie drängte sich durch die Jungen, die sich vor dem Schwarzen Brett angesammelt hatten und riss mit beiden Händen voller Wut das Plakat von der Wand. Dia spürte ein Stechen in ihrer Brust. Welch ein Jammer um die viele Arbeit, die sie in das Plakat investiert hatten! Aber dann fiel ihr ein, dass der Sprecher sich ja längst bei ihr gemeldet hatte, also war ihr Unternehmen auf jeden Fall erfolgreich verlaufen.

Isis zerriss das Plakat in mehrere Teile und sah den Jungs in die teils fragenden, teils grinsenden Gesichter. Ihr zornrotes Gesicht umrandet von ihren feuerroten Haaren und die blitzenden Augen ließen sie aussehen wie eine Furie.

„Das war´s, die Herren. Die Sex-Hotline ist ab sofort vom Netz genommen. Jetzt müsst ihr wohl wieder die Handmaschine rattern lassen. Darf ich mal?“ Mit diesen Worten drängte sie sich zurück durch die Massen zu Dia. „Problem gelöst, gehen wir!“ sagte sie und zog Dia am Arm mit sich.

„Das war ja unglaublich“, bemerkte Dia voller Bewunderung, „in dir steckt wohl wirklich so was wie eine Feuergöttin, was?“ Isis war immer noch stinksauer.

„Na warte, Kiki! Das wirst du büßen! Wenn die mir gleich über den Weg läuft, bekommt sie erstmal eine geknallt!“ Dia hielt zwar nichts von Gewalt aber ihr ging es nicht anders. Nach dem ersten Schock wurde sie nun ebenfalls wütend. Diese Kiki war ja wohl das mieseste Stück, das ihr jemals begegnet war!

Auf einmal blieb Isis stehen. „Was ist denn?“ fragte Dia und erschrak fast zu Tode als sie Isis ins Gesicht sah.

Das eben noch knallrote Gesicht war plötzlich kalkweiß geworden. Auf der Stirn standen Schweißperlen. Isis atmete schwer und zitterte. Eine Unterzuckerung! Die Aufregung und die Wut, das war einfach zu viel für Isis. Langsam und vorsichtig führte Dia ihre Freundin zur nahen Sitzbank auf dem Flur und hielt sie fest, als sie sich darauf sinken ließ. „Brauchst du Traubenzucker? Wo ist der?“ fragte Dia etwas panisch. Aber Isis schüttelte den Kopf. „Der Pen, im Seitenfach im Rucksack.“ Planlos durchsuchte Dia die Fächer von Isis´ Rucksack. Isis begann bereits, sich zu verkrampfen und sie presste unter Schmerzen hervor: „Schnell!“ Endlich hatte Dia den Pen gefunden. Er sah aus wie ein Füller in Übergröße. Sie zog die Kappe ab und sah dann hilflos Isis an. „Wohin?“ fragte sie aber Isis war in einen Krampf verfallen. Sie konnte nicht sprechen.

„In den Bauch“, sagte plötzlich ein Mädchen. Dia blickte nach vorn. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sich bereits eine Traube von Schülern um sie versammelt hatte, die das Geschehen gespannt verfolgte. „Schnell, sie stirbt sonst. Mein Papa hatte Diabetes und bei ihm lief es genauso ab. Du musst ihr die Nadel in den Bauch pieksen und dann oben auf den Pen drückten.“ Dia zögerte keine Sekunde. Es war nicht leicht, an Isis´ Bauch zu kommen. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und war mit dem Oberkörper nach vorne auf ihre Beine gekippt. Aber Dia erfühlte unter Isis´ Pulli den Bauch und jagte den Pen hinein. Sie drückte den Knopf. Das Mädchen erklärte: „Der Pen muss wenigstens zehn bis fünfzehn Sekunden drin bleiben.“ Also hielt Dia ihre Position. Für die Umstehenden sah es aus, als würde sie einer Toten ein Messer in den Bauch stecken.

„Komm schon, Isis, du schaffst es!“ forderte sie ihre Freundin auf. Nach etwa einer halben Minute zog Dia den Pen aus Isis´ Bauch heraus. Eine weitere Minute später löste sich Isis aus ihrer krampfhaften Haltung. Beinahe wäre sie von der Bank gefallen aber Dia hielt sie fest. Immer noch schweißnass und etwas zittrig richtete sich Isis wieder auf und sah die Menge vor sich. Es war ihr sehr unangenehm, dass so viele ihren Anfall mitbekommen hatten.

„Die Show ist vorbei, ihr könnt jetzt weitergehen. Hier gibt´s heute nichts mehr zu sehen“, sagte sie leise aber bestimmt. Und bei diesen Worten setzten sich die Schüler in Bewegung. Nur das Mädchen, das Dia Anweisungen gegeben hatte, blieb stehen.

„Alles wieder okay?“ fragte sie mitfühlend. „Deine Freundin wusste nicht so richtig, was sie tun sollte.“ Etwas beschämt sah Dia Isis an und sagte dann entschuldigend: „Tut mir leid, aber du hast mir nie gesagt, was ich genau tun muss, wenn´s passiert.“ Und dann drehte sie sich zu dem Mädchen um und sagte: „Danke, Kleine. Ohne deine Hilfe wäre meine Freundin jetzt vielleicht tot. Wenn du mal meine Hilfe brauchst, jederzeit. Ich heiße Dia Freise und bin in der 10b, Zimmer 114.“ Das Mädchen lächelte und meinte dann: „Ich komme drauf zurück. Bis dann!“ Sie drehte sich um und ging davon.

„So, und jetzt sag mal, ist wirklich alles wieder okay?“ fragte Dia nun besorgt. „Soll ich dich nicht lieber zur Krankenschwester bringen? Und deine Mutter sollte auch Bescheid wissen!“ Aber Isis winkte ab.

„Lieber nicht. Sie wird es sowieso erfahren. Ich brauche jetzt eine neue Ladung für meinen Pen. Und da komm ich nicht so ohne weiteres dran. Aber das hat Zeit bis nachher zuhause. Zunächst mal muss ich mich bei dir entschuldigen.“ Dia zog erstaunt die Stirn in Falten. „Wofür denn?“ fragte sie.

„Dafür dass ich dir bisher nicht genau erklärt habe, was du tun musst, wenn es ernst wird“, erklärte Isis kleinlaut, „ich hab es bisher nie wirklich ernst genommen. Ich wusste, so was kann passieren aber ich dachte immer, ich schaffe es, vorher mit Traubenzucker das Schlimmste zu verhindern. Vor allem hätte ich nie gedacht, dass ausgerechnet DU mich retten müsstest. Ich hätte dich längst einweisen sollen. Ab jetzt werde ich die Sache ernster nehmen. Ich fürchte, ich kann dann nicht mit dir los heute. Mama wird mich auf keinen Fall weg lassen. Tut mir leid.“ Aber Dia nahm ihre Freundin in den Arm und drückte sie.

„Ach was, schon gut. Das Pfefferspray kann ich auch allein kaufen, sag mir nur den Laden und wegen dem Handy komm ich dann morgen und hole es ab. Gott, bin ich froh, dass du noch lebst!“ Diesmal verdrehte Isis nicht die Augen. Sie stimmte Dia zu, wenn auch stumm.
 

Nach einigen Minuten hatte sich Isis wieder beruhigt. Das Zittern war verschwunden und auch der Schweiß hatte sich verflüchtig. Sie hatte wieder Farbe im Gesicht und bestand nach wie vor darauf, nicht zur Schwester oder nach Hause zu gehen. Sie hakte sich bei Dia ein und die beiden gingen gemeinsam zu ihrem Klassenzimmer. Einige der Jungs sahen Dia an. Sie grinsten. Dia bemerkte die Blicke. Zweifellos hatten ihre Klassenkameraden das Plakat gesehen. Und wahrscheinlich wussten es alle in der Klasse. Aber merkwürdigerweise sagte niemand etwas zu Dia. Sie flüsterten nur unter einander. Dia wurde rot bei dem Gedanken, dass alle es wussten. Und noch roter, als sie an David dachte. Sie sah zu ihm. Er redete gerade mit Kiki. Offensichtlich war er sehr wütend. Und Kiki sah reichlich betreten aus. Sie versuchte wohl, ihn zu beschwichtigen aber es brachte anscheinend nichts. Als Kiki Dia bemerkte, wurde ihr Blick böse, ja geradezu hasserfüllt und David bemerkte das. Er drehte sich um und erkannte Dia, die immer noch rot im Gesicht war. Er lächelte, entschuldigend, tröstend und aufmunternd. Dia lächelte zaghaft zurück und setzte sich dann auf ihren Platz. Isis wollte Kiki am liebsten umbringen aber sie fühlte sich noch etwas schwach und lutschte schon das dritte Stück Traubenzucker. Entschuldigend flüsterte sie Dia zu: „Sorry, ich wollte sie eigentlich für dich verprügeln aber das muss wohl noch warten.“ Dia wollte gerade sagen „Vergessen wir das“ als sie sah, dass David sich von Kiki entfernte. Sein Blick war kühl und abweisend. Kikis dagegen war flehend, fast bettelnd. Sie sagte etwas hinter ihm her, das Dia zwar nicht hören konnte aber ihre Mundbewegung war eindeutig: David. Es sah aus als hätte David Kiki gerade die Freundschaft gekündigt. Er drehte sich auch nicht um. Kiki sah aus wie zerschlagen. Und Dia dachte wirklich daran, die Plakat-Sache zu vergessen. Kiki war schon gestraft genug, wie es aussah. Aber plötzlich sah Kiki Dia an – voller Hass. Es war nicht zu übersehen, dass sie Dia die Schuld an dem gab, was gerade zwischen ihr und David vorgefallen war. Dia hatte zwar keine Ahnung, was das war aber was es auch war, sie war sicher, nicht Schuld daran zu sein. Und während ihr dieser Gedanke durch den Kopf ging, fiel ihr Isis wieder ein, die heute fast gestorben wäre. Und das war definitiv Kikis Schuld gewesen, denn es war kein Zweifel möglich, dass sie dieses Plakat erst verunstaltet und dann aufgehängt hatte. Und dieser Gedanke gab letztlich den Ausschlag für Dias Handlung. Den groben Scherz mit dem Plakat, der auf ihre Kosten gehen sollte, hätte sie Kiki sicher schnell verziehen aber die Sache mit Isis machte das Ganze beinahe zu einem Mordanschlag und das konnte Dia Kiki nicht verzeihen. Ihre Augen funkelten plötzlich böse.

„Warte mal, ich komme gleich wieder“, sagte sie zu Isis. Dann stand sie auf und ging zu Kiki. Direkt neben ihr blieb sie stehen.

„Das war nicht witzig, wirklich nicht“, sagte sie leise aber sehr drohend. Kiki blickte sie an – voller Hass.

„Was meinst du denn?“ fragte Kiki scheinheilig.

„Du hattest das Plakat, stimmt´s? Du kannst es ruhig zugeben. Du bist die einzige Person, die die Gelegenheit hatte, das Plakat in die Hände zu kriegen und außerdem noch ans Schwarze Brett zu hängen. Und du bist die Einzige, die überhaupt einen Grund für so eine Aktion hat. Du hasst mich doch! Also gib´s ruhig zu.“

Kiki blickte Dia verständnislos an. Sie blieb dabei, von nichts zu wissen.

„Ich hab dir doch gestern morgen schon gesagt, dass ich die blöde Mappe nicht habe“, beharrte sie, ohne ihren kleinen Fehler gleich zu bemerken. Aber Dia schaltete sofort.

„Wer hat denn was von einer Mappe gesagt? Sicher, das Plakat war in der Mappe aber woher wusstest du das, wenn du sie nicht mitgenommen hast? Tja, das war ja wohl nichts.“ Kiki merkte, dass sie ertappt war und versuchte nun, das Ganze herunter zu spielen.

„Na gut, ich war das, na und? Ich wollte dir halt eins auswischen, weil du dich so an David rangeschmissen hast. Du bist vielleicht empfindlich.“ Aber Dia dachte gar nicht an das Plakat, das war ihr inzwischen völlig egal. Und nachdem sie nun die Bestätigung von Kiki selbst hatte, überkam sie die Wut wie eine Welle. Sie sah Kiki an wie ein widerliches Insekt. Kiki sah jetzt etwas verunsichert aus. Dia hatte noch nie einen solchen Gesichtsausdruck gezeigt wie in diesem Moment. Und so schnell konnte Kiki gar nicht reagieren, wie sie plötzlich Dias Hand im Gesicht spürte – reichlich schmerzhaft übrigens.

„Sag mal, spinnst du?“ fragte Kiki ärgerlich und überrascht zugleich und rieb sich die Wange. Alle in der Klasse hatten die Szene beobachtet. Isis stand der Mund offen vor Erstaunen und die anderen in der Klasse sahen ebenso verwundert aus. Einige grinsten schadenfroh.

„Dein blöder Scherz hätte Isis fast das Leben gekostet, du Miststück!“ zischte Dia eiskalt. „Sie hat sich so über dich aufgeregt, dass sie einen Insulinschock hatte. Ich musste ihr etwas spritzen, sonst wäre sie draufgegangen. Bisher gingen deine Attacken nur gegen mich aber jetzt reicht´s mir. Halt dich in Zukunft besser fern von uns und sag das auch deinen Schläger-Tussis in der Stadt!“ Damit ging Dia zu ihrem Platz zurück. Sie setzte sich neben Isis, die sie immer noch anstarrte und plötzlich fing die ganze Klasse an, Beifall zu klatschen. Dia nahm den Jubel überrascht und etwas stolz entgegen. Kiki sprang von ihrem Platz auf und wollte aus dem Klassenzimmer verschwinden, doch sie prallte sozusagen direkt auf den Klassenlehrer.

„Nicht so hastig, die Dame. Ich glaube, ich habe da noch ein paar Fragen. Ich habe von der Ohrfeige an alles mitbekommen und verlange jetzt genaue Aufklärung über das, was hier passiert! Wer ist daran beteiligt außer Kiki, Dia und Isis?“

„Eigentlich sonst niemand“, stellte Isis fest aber plötzlich hob David die Hand.

„Herr Riege, ich würde gerne als Zeuge dienen.“ Dia und Isis sahen David verwirrt an aber Kiki bekam einen Schreck.

„Na gut, wenn du etwas Nützliches beitragen kannst, dann komm bitte nach vorne. Wir gehen jetzt alle zusammen ins Lehrerzimmer und der Rest der Klasse macht bitte die Übungsaufgaben auf Seite 165 im Buch. Ich bitte mir Ruhe aus!“ Damit schob er die vier jungen Leute aus dem Klassenraum und führte sie zum Lehrerzimmer im zweiten Stock. Die Vier folgten mit unterschiedlichen Gefühlen.
 

„So, dann erzählt mal der Reihe nach“, verlangte Herr Riege, „Dia, du fängst an.“ Und Dia erzählte von dem Plakat und von Isis´ Insulinschock. Dann fragte Herr Riege: „Und wie ist das Plakat in Kikis Besitz gekommen?“ Nun erzählte Isis von dem Angriff auf Dia in der Stadt. Den vorherigen Besuch im Synchronstudio ließen sie aus, das war nicht relevant. Herr Riege schien schockiert.

„Kiki, hast du etwa Verbindungen zu solchen… Subjekten?“ fragte er ungläubig. Aber Kiki wusste, dass es zumindest da keinen Beweis für ihre Schuld gab, auch wenn der Verdacht mehr als begründet war.

„Natürlich nicht! Ich war nur zufällig an der Ecke!“ Isis und Dia wussten es besser aber letztlich beweisen konnten sie es nicht. Zumindest gab Kiki zu, die Mappe mitgenommen zu haben, allerdings erst, nachdem sie den Namen darauf gelesen hatte: Isis.

„Und warum diese ganzen Attacken gegen Dia?“ fragte Herr Riege nun Kiki direkt. Doch die senkte den Blick und sagte kein Wort. Da mischte sich David ein.

„Meinetwegen. Kiki steht auf mich und sie begreift einfach nicht, dass ich kein Interesse an ihr habe. Aber ich habe mich für Dia interessiert und da schlug bei Kiki die Eifersucht durch.“ Herr Riege schlug buchstäblich die Hände über dem Kopf zusammen.

„Du liebe Zeit! Und nur deswegen der ganze Trubel? Hör zu, Kiki. Du kannst doch nicht Dias Gesundheit oder sogar Isis´ Leben aufs Spiel setzen, nur aus Eifersucht! Wie soll das denn später mal werden, wenn du erwachsen bist? Willst du dann Killer und Drogensüchtige auf unliebsame Personen ansetzen? Dafür kommst du ins Gefängnis, und zwar schneller als du alles abstreiten kannst! Auch jetzt könntest du für Anstiftung zur Körperverletzung schon in den Jugendknast wandern!“

Kiki zeigte sich nur mäßig beeindruckt von den Worten des Direktors. Aber natürlich wollte sie nicht ins Gefängnis kommen. Deshalb heuchelte sie eine wenig überzeugende Entschuldigung, die Dia ebenso teilnahmslos annahm. Auch bei Isis entschuldigte sich Kiki. Dieses Mal allerdings meinte sie, was sie sagte.

„Es tut mir leid, Isis. Natürlich wollte ich nicht, dass du stirbst. Entschuldige.“ Isis war zwar immer noch wütend aber sie akzeptierte.

„So, dann ist ja alles wieder in Ordnung“, schloss Herr Riege das Gespräch. „Und jetzt könnt ihr wieder in eure Klasse gehen.“ Die Vier standen auf und Kiki war als erste zur Tür hinaus. Dia und Isis wollten ebenfalls gehen aber Herr Riege hielt sie noch einmal auf.

„Einen Moment noch! Isis, ich weiß, du willst das nicht aber ich muss deine Mutter anrufen und ihr sagen, was heute passiert ist. Ich hoffe, das ist dir klar.“ Isis riss erschrocken die Augen auf.

„Oh nein! Sie wissen doch, was dann los ist! Sie wird mich sofort abholen und dann eine Woche nicht aus dem Haus lassen. Es geht mir gut, ehrlich! Lassen Sie es mich ihr selbst sagen. Ich muss sowieso den Pen wieder auffüllen und das geht nicht ohne ihr Wissen. Es reicht doch auch, wenn ich es ihr nachher sage.“ Herr Riege schaute sehr skeptisch, gab dann aber nach.

„Na schön, ich rufe sie jetzt nicht an. Aber ich werde sie spätestens heute Abend anrufen und ihr alles erzählen, falls sie es dann noch nicht von dir weiß, klar?“ Isis nickte lächelnd.

„Danke, Herr Riege. Ich werde es ihr auf jeden Fall sagen. Versprochen.“ Sie griff Dia am Arm und zog sie zur Tür. Sie verließen das Lehrerzimmer und gingen schwatzend zu ihrem Klassenzimmer zurück. David folgte ihnen langsam und schweigend. Er machte sich seine Gedanken. Er kannte Kiki. Sie würde nicht einfach so aufgeben, auch jetzt nicht. Der Kleinkrieg der Mädchen würde sicher weitergehen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück