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Face to Face

von

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six

Etwa zwei Wochen später merkte man fast gar nichts mehr von Shinjis kleinen Ausbruch und Takerus unschönen Ausraster.

Während die beiden völlig normal jeden Morgen zusammen zur Schule gingen, fiel Takerus Rückweg immer etwas anderes aus. Manchmal war Shinji bei ihm, manchmal bei seinen Typen in der Stadt. Soviel wie man im Augenblick mitbekam, schien er sich häufiger mit Ryo zu treffen. Er hatte Takeru gegenüber mal erwähnt, dass er sich in der Gegenwart des „Drittklässlers“ immer sehr sicher fühlte. Warum? Das wusste er wohl selbst nicht.
 

Als sie Mitte Juni gerade zusammen – und fast allein – in ihrer AG saßen, weil im Moment viele mit Nachhilfe zutun hatten, wurde die Tür regelrecht aufgeschmissen. Fünf Köpfe drehten sich in Richtung Tür und während drei Personen schnell wieder wegsahen und ihre Zeichnungen fertig stellen, starrten Takeru und Shinji Ryo an, als wäre er eine Erscheinung.

„Shi...ich meine Tanaka, ich muss mit dir reden!“, bestimmte er, worauf der Angesprochene nur verwirrt eine Augenbraue hob.

„Jetzt? Ich hab AG, auch wenn gerade kein Lehrer da ist“, zischte Shinji leise. Ihm schien es unangenehm zu sein, dass Ryo hier einfach ohne Ankündigung auftauchte und ihn sprechen wollte.

„Ja, jetzt! Ist mir egal“, murrte er und ging auf Shinji zu, schnappte sich ihn am Arm und zog ihn einfach mit auf den Gang. Der Schwarzhaarige hatte sogar seine Zeichenmappe und den Bleistift fallen lassen.

Takeru starrte auf die fast geschlossene Tür und grübelte ernsthaft, was jetzt kaputt war.

Er sah sich um und bemerkte, dass alle anderen Schüler völlig mit ihren Bildern beschäftigt waren. Sollte er lauschen? Die beiden standen vor der Tür, also konnte man sie gut verstehen, wenn man direkt an der Wand lehnte. Takeru wusste, dass sich ohnehin keiner um ihn kümmerte, also konnte er auch aufstehen und so tun, als würde er sich die Bilder die in diesem Raum neben der Tür hingen angucken.

Langsam stand er auf und ging möglichst leise zu den Zeichnungen. Die Tür stand einen spaltbreit offen und als er sich kurz konzentrierte, konnte er sogar leise verstehen, wie Shinji und Ryo miteinander redeten.
 

„Was zum Teufel willst du eigentlich?“, motzte Shinji leise, seine Stimme klang etwas hör als sonst, er schien wütend zu sein.

„Das fragst du noch? Seit Wochen lässt dus dir von mir besorgen, aber mehr als ne Fickbeziehung ist das nicht.“

Takerus Augenbraue zuckte bei dem Slang Ryos etwas. Und solche Wörter in der Schule!

„Bist du bescheuert, nicht so laut! Was denkst du, was passiert, wenn das einer mitbekommt?“, knurrte Shinji. In der Hinsicht war wirklich nicht mit ihm zu Spaßen, es ging ja auch keinen etwas an.

„Tzz, beantworte lieber meine Frage“, forderte Ryo ohne umschweife und Takeru fragte sich, wovon er sprach. Leider hatte er den Anfang des Gespräches minimal verpasst.

Er lehnte sich an die Wand und begann an seiner Skizze weiterzuarbeiten, während er weiter lauschte.

„Was soll ich dir darauf denn sagen? Waren wir uns nicht einig, dass da mehr nicht laufen wird?“, fragte Shinji nun leise. Seine Stimme wirkte mit einem Mal schrecklich nervös. Ging es um eine Beziehung? War es das was Ryo wollte?

„Warum bist du da so stur? Hast du denn so ein Problem damit, mit mir zusammen zu sein, hm?“

Bingo.

„N...nein, das ist es nicht“, murmelte Shinji und wurde nun noch leiser, so dass Takeru sich anstrengen musste, ihn noch zu verstehen.

„Was denn dann? Stehst du auf nen anderen, oder was?“

Ryos Stimmlage war einschlagend. Er machte keinen Hehl daraus, dass er – sollte er recht haben – verdammt Eifersüchtig war.

„Ich will einfach keine Beziehung. Ich habe dir doch erklärt warum“, erwiderte Shinji seufzend.

Ryo murrte hörbar.

„Weil du dich nicht festlegen kannst, ist mir klar. Aber im Moment triffst du dich doch so und so nur mit mir, also wo ist das Problem?“

Das fragte sich Takeru auch. Nicht nur, dass Shinji und Ryo doch sehr vertraut einander wirkten, sie hingen auch in den letzten zwei Wochen nur aufeinander. Hatte Shinji nicht gesagt, er wollte jemanden, der ihn liebte? Ryo bot ihm das doch bestimmt nicht umsonst an?

Takeru spitzte die Ohren, als Shinji wieder Luft holte.

„Weil das nur im Moment so ist. Der einzige Grund, warum du mit mir eine Beziehung willst, ist, dass du mich dann besitzt und ich mag das nicht. Ach...wie oft haben wir darüber eigentlich schon gesprochen?“

Leicht blinzelte Takeru und überlegte. Shinji wollte nicht als Eigentum betrachtet werden? War das vielleicht der Grund, warum er es sich nicht vorstellen konnte, mit Ryo zusammen zu sein. Weil er als gleichberechtigt angesehen werden wollte?

„Was ist so falsch daran, dass ich nicht will, dass du es weiter mit irgendwelchen anderen Kerlen treibst?“, fragte Ryo und wieder grummelte Takeru innerlich. Musste so eine Wortwahl wirklich sein?

„Weil ich nicht dein Eigentum bin!“, stieß Shinji nun etwas lauter hervor und schien Ryo damit ziemlich überrascht zu haben. Der zog die Luft ein und knurrte dann leise.

„Warum hörst du mit den Ausreden nicht endlich auf? Dir ist regelrecht anzusehen, dass du auf irgendjemanden stehst! Sag mir wer es ist, damit ich ihn fertig machen kann!“

Takeru unterdrückte ein lachen. Also wirklich, wie konnte man nur so eifersüchtig sein? Das ging den Kerl doch nichts an. Selbst wenn es wahr wäre.

„Ein Grund mehr es dir nicht zu sagen“, meinte Shinji plötzlich kühl und erstaunte selbst Takeru. Ryo hatte also recht gehabt? Shinji war in jemanden verliebt?

Er hörte Schritte auf den Klassenraum zukommen. Schnell setzte er sich wieder an seinen Platz und tat so, als hätte er die ganze Zeit gezeichnet. Shinji musste wirklich nicht wissen, dass Takeru so neugierig war.

Die Tür wurde aufgeschoben und Shinji trat wieder herein, setzte sich schweigend an seinen Platz und hob seine Mappe auf, die zu Boden gefallen war. Sein Gesicht wirkte etwas dunkler als sonst. Er schien bei seinen Worten sehr verlegen geworden zu sein.

Irgendwie interessierte es Takeru brennend, um wen es sich bei dem mysteriösen Fremden handelte, der Shinji den Kopf verdreht hatte. Er kam zwar langsam ganz gut damit klar, dass Shinji auf Männer stand, aber die Tatsache, dass er so sprunghaft war, störte ihn nach wie vor. Er wollte nicht noch mal so eine Szene wie vor ein paar Wochen erleben. Der Schwarzhaarige schien sich vielleicht endlich verleibt zu haben und eventuell konnte er endlich eine richtige Beziehung führen.

Takeru wünschte es ihm.
 

„Was denn?“

Shinjis Stimme holte Takeru aus seinen Gedanken. Der andere Junge starrte ihm in die Augen, als versuche er ihn zu durchschauen. Er hatte gar nicht gemerkt, dass er Shinji die ganze Zeit beobachtet hatte.

„Äh...nein nichts“, lächelte er und konzentrierte sich wieder auf seinem Bild. Vielleicht war er einfach zu neugierig.

„Ich komm heute mit dir heim“, meinte Shinji dann, ohne von seiner Zeichnung aufzusehen. Takeru sah ihn verwirrt an.

„Echt? Ist was passiert?“, wollte er wissen und versuchte so gut wie möglich so zu tun, als wüsste er nicht, was passiert war.

Shinji seufzte.

„Ach...ich glaube, ich werde meinen Kontakt zu Ryo abbrechen“, gestand er und eigentlich erinnerte Takeru das ganze eher an Weglaufen. Er musste sich ja nicht auf die Beziehung einlassen, oder?

„Warum das denn?“, fragte er und versuchte so irritiert wie es ihm möglich war zu gucken. Shinji winkte ab.

„Ich will einfach nicht als Eigentum betrachtet werden“, meinte er, drehte dann seinen Kopf zu Takeru und lächelte kurz auf eine Art und Weiße, die der Größere noch nie bei ihm gesehen hatte.

Für einen Moment kribbelte es in seiner Magengegend, doch er verbot sich, das ernst zu nehmen. Das war nur Einbildung. Er wusste es.

„Oh...verstehe“, meinte er und versuchte sich nun wieder endgültig um seine Skizze zu kümmern.

Einbildung...
 

„Takeru? Kommst du mal eben?“

Verwirrt sah der Angesprochene ins Wohnzimmer und entdeckte seinen Vater, der auf der Couch saß und ihn anguckte.

Die nächste Woche war vergangen und langsam kam er sich vor wie in einer richtigen Familie, mit seinem Vater und Masaki, die seiner Mutter wirklich sehr ähnlich war. Nur Shinji konnte er kaum als Bruder ansehen. Der war die ganze Woche, bis zu diesem Freitagnachmittag, mit ihm zusammen nachhause gegangen, kein Schritt in die Stadt und kein Ryo mit dem er sich traf. Er schien seine Drohung ernst gemacht zu haben.

„Ja, was denn?“, fragte er und ging auf seinen Vater zu, der nun den Fernseher etwas leiser schaltete.

„Ich wollte dich etwas fragen. Und zwar geht es darum, dass ich Anfang Juli für eine Woche geschäftlich mit Masaki nach Tokyo muss. Und ihr habt glaube ich erst ende Juli Ferien, stimmts? Demnach können Shinji und du kaum mitkommen. Kommt ihr beide hier allein klar?“, wollte sein Vater wissen, worauf Takeru nur blinzelte.

„Ja...schon. Weiß Shinji das schon?“, fragte er und verlagerte sein Gewicht auf sein anderes Bein. Eine ganze Woche hier alleine? Na ja, sie waren alt genug und verstanden sich mittlerweile auch wieder blendet, also sollte das wirklich kein Problem sein.

„Ja, ich hab es ihm gestern bereits erzählt. Also ihn stört es auch nicht. Wir lassen euch Geld hier, damit ihr einkaufen gehen könnt.“

Takeru nickte.

„Und das ist in übernächste Woche schon?“

Warum erfuhr man das in diesem Haus immer so spät?

„Nein nein, erst in zwei Wochen“, lachte sein Vater fröhlich und wirkte mit einem Mal richtig ausgelassen. Wahrscheinlich hatte er sich sorgen gemacht, Takeru hätte ein Problem damit. Aber er kam schon ganz gut allein klar.
 

„Einfach die Quadratwurzel daraus und schon hast du das Ergebnis.“

Shinji sah zu ihm hoch und machte ein mehr als unglückliches Gesicht.

„Was?“, fragte er verwirrt und schien wieder drauf und dran zu sein, mit dem Kopf auf den Tisch zu knallen.

„Du hast kein Wort verstanden, nicht wahr?“, seufzte Takeru. Also Shinji war wirklich keine Leuchte in Mathe. Egal wie man es ihm erklärte, er kapierte es einfach nicht.

„Nein“, murmelte Shinji und ließ niedergeschlagen den Kopf hängen. Er schien gar nicht so richtig bei der Sache zu sein.

„Ich weiß nicht mehr, wie ich’s dir erklären soll, ehrlich...“, meinte Takeru ernüchternd und hielt kurz die Luft an, als Shinji seinen Kopf auf seine Schulter fallen ließ.

Ein ganz leichter Rotschimmer machte sich auf Takerus Wangen breit, doch er versuchte sich darum keine Gedanken zu machen. Er war wohl nur so nervös, weil Shinji so eine extrem weibliche Ader an sich hatte. Takeru konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es an etwas anderes lag, denn solche Anwandelungen hatte er heute nicht zum ersten Mal. So was hatte er wirklich nur bei Shinji, also würde seine gebastelte Erklärung schon stimmen.

Er würde jetzt nicht plötzlich anders denken!

„Ich verhau den Test wieder, wenn du mir nicht hilfst“, murrte Shinji und sah zu ihm auf. Der Bambiblick konnte auch nicht daran ändern, dass selbst Takeru mit seinem Latein am Ende war. Wie oft sollte er das den noch erklären?

„Ich versuch es ja“, meinte Takeru und versuchte die Hitze auf seinen Wangen zu ignorieren. Also langsam wurde es unheimlich. Bei jemandem mit seiner Einstellung sollte er nur bei Mädchen rot werden! „Aber, irgendwie verstehst du es nicht.“

Shinji seufzte schwer.

„Es tut mir leid, ich komm einfach nicht dahinter“, wisperte er und schmiegte sich an Takerus Körper, der verwirrt blinzelte. Konnte er damit nicht mal aufhören? Diese Anhänglichkeit, machte es ihm nicht gerade einfach, sein unkontrolliertes Rotwerden zu unterdrücken. Wenn er nur mal verstehen würde, was eigentlich los war.

Seit Wochen hatten sie sich nicht ein einziges Mal gestritten, irgendwie war es fast schon normal zwischen ihnen geworden. Fast so wie ganz zu Anfang, nur dass Takeru schon seit längerem mit seiner innerlichen Verwirrtheit zu kämpfen hatte. Shinji hing in der letzten Woche ziemlich an ihm, nicht aufdringlich oder nervend, sondern einfach irgendwie selbstverständlich.

„Musst dich nicht entschuldigen. Machen wir einfach eine Pause, okay?“, fragte er und lächelte. Doch Shinji sah wieder ihm hoch.

„Sollte ich dir nicht noch mal in Geschichte helfen?“, fragte er und sofort hatte er bei Takeru einen wunden Punkt getroffen. Auch wenn er in Mathe gut war, so gehörte Geschichte nicht gerade zu seinen Lieblingsfächern.

„Musst du mich daran erinnern?“, wollte er wissen und seufzte geschlagen.

Shinji lachte leise.

„Na ja, ich meine, du hilfst mir in Mathe, irgendwie muss ich mich ja revanchieren, oder nicht?“

Takeru nickte lächelnd. Hier wusch eine Hand die andere, er würde in Geschichte wohl genauso schlecht dastehen, hätte er Shinji nicht. Mittlerweile saßen sie jeden Sonntag zusammen und lernten. Und er musste zugeben, dass das wirklich entspannender war, als sich irgendwas von Lehrern erklären zu lassen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Yuichi
2009-11-13T19:13:58+00:00 13.11.2009 20:13
nya die beiden sind doch einfach nur süß XD
also einer (oder beide) von denen ist doch zu doof um zu merken was los ist oda? XD
Von:  MissAdler
2009-10-13T18:02:45+00:00 13.10.2009 20:02
das kapi fand ich bisher am besten xD
da musst ich fast heuln uû
kp warum, aber so isses xD'
Von:  MaiRaike
2009-10-12T21:42:46+00:00 12.10.2009 23:42
Juhu Shinji! Langsam aber sehr zielsicher... Ich mag diese unauffälligen ankuschel-Szenen.

Und unser lieber homophober Freund wird auch immer aufgeschlossener...


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