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You keep me alive

von

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Mate

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Kapitel 8: Mate
 

BPOV
 

Mit mir auf dem Arm sprang er auf einen Baum, von dessen Ästen er federleicht absprang und uns in Windeseile durch ein Fenster schleuste. Meinen Kopf hatte ich an seine Halsbeuge gedrückt und meine Beine auch so nah wie möglich an seinem Körper gehalten, damit wir durch den Spalt durch passten, ohne mir ein paar Gliedmaßen auszureisen.
 

Mich von seinen Armen lösend, schaute ich mich neugierig um. Um mich herum waren viele nummerierte Schließfächer, der Boden war mit gummifließen bedeckt und es roch vertraut nach Schwimmbad, nach Chlor und Waschmittel.

Ich brauchte ihn nicht zu fragen, es war offensichtlich, dass wir im örtlichen öffentlichen Schwimmbad waren.
 

Zu meiner Überraschung zog Edward die Tür eines halb geöffneten Schließfachs auf und zog ein weißes Handtuch hervor, auf dem auch noch eine verpackte Zahnbürste und eine Tube Zahnpasta lagen. Dann drehte er sich nochmal zum Fach und zog ein schwarzes Stück Stoff hervor, entfaltete es und zum Vorschein kam ein schlichtes T-Shirt, zusammen mit dunkelblauen Schwimmshorts. Diese Kleidung war definitiv zu klein für Edwards große Statur. Fragend schaute ich ihn an.
 

„Ich konnte auf die Schnelle nichts Besseres auftreiben, das habe ich am Strand gekauft. Hier sind auch noch Sandalen, sie müssten dir passen.“
 

Perplex nahm ich die Wäsche von ihm und bedankte mich.

Dann holte Edward eine kleine durchsichtige Tüte hervor und ein Gummiband. Er nahm meine eingebundene Hand, die er nach dem Vorfall im Brunnen wieder versorgt hatte, und bedeckte sie mit der Tüte. Anschließend band er das Gummi um mein Handgelenk, um das Eindringen des Duschwassers zu verhindern. Stumm staunte ich über seine überlegten Handlungen- wenn es nach meinem Kopf gegangen wäre, hätte ich jetzt weder Shampoo, noch Shampoo oder frische Kleidung zur Verfügung.
 

Er lief voraus in die Waschräume und erklärte mir, dass wir das Licht nicht einschalten konnten, dass er aber die Taschenlampe so platzieren würde, dass ich keine Schwierigkeiten bekam.

Einen Waschraum wie diesen hatte ich noch nie gesehen. Es gab zwei Duschen, doch man bemerkte sie kaum, da überall kleine Wasserhähne nebeneinander gereiht waren, vor denen sich Sitzgelegenheiten stapelten. Seife und Shampoo stand auf dem Absatz neben jedem einzelnen Duschschlauch zur Verfügung. Ich legte meine neuen Sachen auf einen trockenen Absatz und testete, ob das Wasser lief. Es dauerte nicht lange und warmes Wasser floss über meine Zehen.
 

Gerade als ich mein verdrecktes T-Shirt ausziehen wollte, bemerkte ich, dass Edward noch immer im selben Raum war. Inne haltend starrte ich ihn mit einem ungläubigen Blick an. Er reagierte nicht und beobachtete mich weiterhin, tief in Gedanken versunken. Seufzend lief ich zu ihm und wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht herum.
 

„Was machst du denn da?“ fragte er verwirrt.
 

„Was machst du noch hier? Oder willst du dich auch waschen?“
 

Bitte nicht… wenn er sich auch wusch, konnte ich mich nicht ganz ausziehen. Und wenn er nur zuschaute, dann würde ich mich auch durch meine Kleidung hindurch waschen. Ganz sicher würde ich mit diesem Kerl nicht nackt in einem Raum sein.
 

„Ich… oh… das klingt gut.“ Sagte er achselzuckend und ich weitete schockiert die Augen.

Ich schnupperte leicht an ihm, um irgendeinen unangenehmen Geruch festzustellen, doch er roch nach seinem süßen Duft und nach Salzwasser.
 

„Du warst schwimmen?“ fragte ich und tat so, als würde ich nicht erröten, als er sich seiner Kleidung loswurde.
 

„Ja. Ich bin durch das Thyrrhenische Meer auf den afrikanischen Kontinent, um… mich um ein Problem zu kümmern.“

Er lachte laut auf, als er den Schock auf meinem Gesicht bemerkte.

„Ich muss dir noch viel zeigen…“ sagte er mehr zu sich selbst und plötzlich erstarb sein Lachen und er seufzte ebenso laut.
 

Edwars setzte sich auf einen der Plastikstühle, nur noch in dunklen Boxershorts, und griff nach einem Duschkopf. Fragend drehte er sich zu mir um.

„Soll ich dich waschen, oder kommst du alleine klar?“
 

Errötend eilte auch ich zu einem Sitzplatz und drehte das Wasser auf.

Immer wieder schielte ich zu Edward, der wieder tief in Gedanken zu sein schien und sich einfach nur das Wasser über den Körper laufen ließ. Ich war noch immer voll bekleidet und wusste ehrlich gesagt nicht, was ich tun sollte. Am liebsten hätte ich geweint, denn ich wollte einen abgeschiedenen Raum für mich allein, ohne einen Kerl keine drei Meter neben mir.
 

Instinktiv schlang ich mir die Arme um die Knie und schaukelte in meinem eigenen Rhythmus. Als plötzlich warmes Wasser über mich lief, schrie ich auf und sprang auf die Beine, nur um wieder sachte nach unten gedrückt zu werden. Erst bemerkte ich den Duft von Shampoo, dann spürte ich es ihn meinem Haar. Ich wagte es nicht mich zu bewegen, als Edward begann das Shampoo in meine inzwischen verhärteten Haare einzumassieren. Nach einigen Minuten, die ich zu meiner Überraschung genossen hatte, lösten sich seine talentierten Finger von mir und brachen die schöne Kopfmassage ab.

„Ich warte draußen.“ Flüsterte er mir unter dem fließenden Wasser ins Ohr und dann war er verschwunden.
 

Perplex blieb ich sitzen und schaute mich in dem großen Raum um. Die Hälfte des Raumes war Stockfinster und ich wusste nicht, ob er sich nicht doch irgendwo in den Schatten befand. Ich kannte ihn zu wenig, vielleicht war er ja ein perverser, der die Situation schamlos ausnutzte… aber andererseits hätte er schon längst zugegriffen, wenn das seine Absichten wären.
 

Beschließend, dass er tatsächlich draußen in den Umkleideräumen wartete, zog ich meine pitschnassen, schweren Shorts aus und befreite mich vom dünnen Top. Ich wusch mir die Haare ganze fünf Mal und rieb mich lang und gründlich mit den wohlduftenden Seifen ein.
 

Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich das Wasser abdrehte und mich mit dem Handtuch abtrocknete, fühlte ich mich wie ein neuer Mensch. Mit den Fingern löste ich so gut es ging die Knoten aus den verstrubbelten Haaren und schaute dann seufzend auf die Pfütze, die einmal meine Kleidung gewesen war. Nie wieder würde ich sie anziehen.

Also schlüpfte ich ganz ohne Unterwäsche in die Shorts und in das T-Shirt, die ich von Edward erhalten hatte. Sie passten wie angegossen, rutschen mir nicht von den Hüften, allerdings sahen sie ein wenig zu groß auf meinem Körper aus.
 

In frischer Haut schob ich die Türen auf, die in die Umkleide führten und sah Edward auch gleich neben den Schließfächern stehen. Er lächelte mich leicht an und nahm mir das Bündel nasser Kleider ab, die ich in den Händen trug. Den Handtuch warf ich in den bereitstehenden Wäschekorb und zog meine neuen Sandalen aus dem Schließfach.
 

Dieses Mal lief ich selbstständig zu Edward und er nahm mich, etwas überrascht, in die Arme und sprang gekonnt aus den hohen Fenstern.
 

Draußen stellte er mich sachte ab und ich konnte nicht anders, als breit zu grinsen. Ich lebte zwar in totaler Gefangenschaft und jeden Tag verlor ich ein Stück mehr von meinem Leben, aber in diesem Augenblick war das alles in weiter Ferne. Solange ich nicht unten in diesem Todesnest war, war es wunderschön in Volterra. Und Edward war inzwischen neutrales Territorium für mich. Ich zweifelte nicht daran, dass er furchtbar gefährlich sein konnte, aber er war auch sicher der netteste unter den unsterblichen Monstern.
 

„Gute Laune?“ fragte mich Edward mit einem traurigen Gesichtsausdruck, als wir nebeneinander die schlafenden Straßen entlang liefen.
 

„Verglichen mit den letzten Tagen ist das hier jetzt das Paradies.“ Daran, jeden Abend hinauszugehen und eine warme Dusche zu nehmen, konnte ich mich wirklich gewöhnen.

Allerdings gab es da ein paar Punkte, die ich mit diesem Jungen besprechen musste, bei Kleidung angefangen bis Frauenartikel.
 

„Müssen wir wieder zurück?“ Gerne hätte ich mich noch ein wenig umgesehen, doch ich wusste nicht, wie er darauf reagieren würde.
 

„Nein. Wir haben Zeit bis Sonnenaufgang. Ich kann dich mit den anderen Bekannt machen, wenn du nicht müde bist.“
 

„Ich…bin hundemüde.“ Log ich und täuschte ein Gähnen vor, das dann zu einem richtigen Gähnen wurde und mir half, meine Lüge zu stärken.
 

Edward wandte den Blick von mir ab und starrte geradeaus. Eine Weile liefen wir nebeneinander her.
 

„Weißt du, Isabella,…“
 

„Bella.“ Korrigierte ich ihn erneut. „Warum möchtest du mich nicht so nennen?“
 

„Ich finde es nicht angebracht.“ Antwortete er. „So wurdest du von den Menschen genannt, die dich liebten. Hier empfindet man nichts für dich, außer Kuriosität und gelegentlich Eifersucht. Mir gefällt es nicht, dass man dich hier so nennt. Es klingt zu vertraut.“
 

Ich nickte, konnte jetzt verstehen, warum er so zögerte, meinen Spitznamen auszusprechen. Mir entging jedoch auch nicht, dass er in der Vergangenheit über meine Familie gesprochen hatte. Blinzelnd versuchte ich, die Tränen zurückzuhalten. Ich würde meine Eltern widersehen. Ganz sicher. Irgendwann würde ich es schaffen, von hier zu entkommen.
 

„Hast du auch einen Spitznamen? Wie nennen dich deine Freunde… oder wie nennt dich deine Familie?“
 

„Ich habe keine Freunde.“ Sagte er augenrollend, als wäre es das Offensichtlichste.

„Und dir sollte klar sein, dass ich nach über hundert Jahren auch keine lebenden Verwandten mehr habe.“
 

„Aber irgendjemand muss dich doch verwandelt haben?“
 

Er holte tief Luft und schaute in den Himmel.

„Die meiste Zeit wird ein Mensch unbeabsichtigt verwandelt. Es sind Unfälle. Sehr selten wählt ein Vampir einen Menschen aus, um ihn zu verwandeln. Es ist sehr schwierig, das habe ich dir erklärt. Wenn… jemand von uns beschließt, die Verwandlung einzuleiten, dann hat er Jahre vor sich, die er damit verbringen muss, dem Neugeborenen unser Leben beizubringen, damit dieser kleine Fehler begeht und die Aufmerksamkeit der Volturi auf sich zieht. Es ist eine anstrengende Arbeit und erfordert vollsten Einsatz. Du bist wahrlich ein Sonderfall. Aro hat sonst nur Jane und Alec eigenhändig verwandelt und aufgenommen. Du wirst die dritte in seinem Bunde.“
 

Ich wollte aber nicht zu Aro. Ich wollte diesen Kerl nicht sehen, schon gar nicht wie dieses kleine braunhaarige Mädchen ständig seine Wächterin spielen. Ich wollte frei sein, ganz egal was man hier mit mir anstellte, sollte ich ‘verwandelt werden‘, würde ich die ‘Ewigkeit‘ nicht als eine Marionette verbringen.
 

„Mach dir keine Sorgen… dein nächstes Leben wird ganz anders. Du wirst nicht mehr an diese Erde gebunden sein, wie du es jetzt bist.“ Sagte er, meine negative Stimmung bemerkend.
 

„Wie… meinst du das?“
 

„Die Wahrscheinlichkeit, dass du fast alles aus deinem menschlichen Leben vergessen wirst, ist sehr hoch…“ weiter kam er nicht, denn mein schockierter Aufschrei ließ ihn abbrechen.
 

„Was soll das heißen, ich werde mich nicht mehr erinnern können?!“ Erinnerungen waren doch das wichtigste im Leben- meine Kindheit, meine Eltern, mein Charakter… würde ich all das verlieren?
 

„Du wirst neue Erinnerungen machen.“
 

„Ich will aber meine Erinnerungen behalten… ich will nicht vergessen, wer ich bin….“ Nicht weinen, nicht weinen… ich weinte doch.

Verstand er denn nicht, dass ich mich selbst nicht verlieren wollte? Wenn an dem, was er mir alles erzählt hatte, wirklich das Meiste der Wahrheit entsprach, dann hatte ich rein gar nichts zu lachen.
 

„Du wirst dich nicht verlieren. Mit der Zeit wirst du dich beherrschen lernen und dich wieder menschlicher fühlen.“
 

In die Ärmel meines neuen T-Shirts schniefend schaute ich zu der sanften Stimme auf. Edward hatte sich mir genähert, er stand direkt neben mir, doch ein kleiner Abstand war immer noch zwischen uns, sodass sich unsere Körper nicht berührten. War das seine Art, mir Komfort zu schenken? Es beruhigte mich tatsächlich, dass er mir versuchte zu helfen und es gefiel mir, dass er mich nicht direkt berührte. Im Augenblick wollte ich nichts mit ihm und seiner verrückten Welt zu tun haben.
 

Wir waren schon fast im Wald und es würde nicht mehr lange dauern, bis er den versteckten Eingang im Boden erreichen und freilegen würde. Zurück wollte ich noch nicht, meine Müdigkeit war nur gelogen, ich hatte viele Stunden geschlafen und war nur emotional am Ende. Würde ich jetzt allerdings wieder in den Kerker gehen, dann bestand kein Zweifel, dass ich in eine noch tiefere Depression verfallen würde.
 

Leise fragte ich ihn, ob wir noch eine Weile hier draußen bleiben konnten. Edward zögerte und blieb unschlüssig vor dem Eingang stehen. Selbst vor der Öffnung konnte man sie nicht entdecken. Eine dicke Schicht Gestrüpp und ein dehnbares, weiches Brett lag darüber, das für mich nicht anders aussah als der Boden selbst.
 

„Was möchtest du hier draußen tun?“
 

„Ich weiß nicht… reden vielleicht?“
 

„Das können wir auch in meinem Zimmer.“
 

„Du meinst wohl eher in deinem Kerker…“
 

„Was stimmt mit meinem Zimmer nicht?“
 

„Meinst du den Mangel an Einrichtung oder die Tatsache, dass deine kleine Glühbirne kaum noch leuchtet, oder die eiskalte Temperatur? Mal ganz von der fehlenden Einrichtung abgesehen… ist da unten alles aus Stein. Das ist alles andere als das, was sich ein Mensch unter einem Zimmer vorstellt.“

Ich wollte ihn nicht wütend machen, doch er konnte diese Kammer da unten nicht ernsthaft als so etwas wie ein Zimmer betrachten. Es sah eher aus wie ein alter Keller.
 

Edward runzelte die Stirn und für einen Augenblick glaubte ich, dass er kurz davor war zu schmollen.
 

„Steig auf meinen Rücken.“ Sagte er plötzlich, das Thema gänzlich wechselnd.
 

„Was? Warum? Was soll ich denn auf deinem Rücken machen?“
 

„Ich bringe uns an einen ungestörten Ort. Hier gefällt es mir nicht, na los, steig auf.“
 

Widerwillig sprang ich auf seinen Rücken und war überrascht, als mir diese Position alles andere als unangenehm war. Im Gegenteil, ich fühlte mich… stärker. Es war irrelevant, aber ich hatte das Gefühl, nicht mehr so schwach zu sein, wenn ich mich an seinen Rücken klammerte.

Gerade als ich Edward fragen wollte, warum er so still war und nicht loslief, beugte er sich leicht nach vorne und ich drückte mein Kinn zwischen seine Schulter und seinen Hals, der Wind schlug gegen mein Gesicht und aus dem Wald wurde ein schwarzes, unscharfes und rotierendes Bild.
 

Er setzte mich bald darauf ab und deshalb ging ich davon aus, dass wir stehen geblieben waren. Mein Gehirn rotierte noch in meinem Kopf herum, oder ich hatte es irgendwo auf dem Weg hierher verloren.

Ohne zu wissen, wo ich mich befand ließ ich mich auf den Boden plumpsen und hielt mir den Kopf still, bis das Drehen in seinem inneren nachgelassen hatte.
 

Als ich meine Augen öffnete, kniete ein äußerst besorgt aussehender Edward vor mir und musterte mich eindringlich.

„Alles in Ordnung?“
 

„Du hättest mich warnen können…“ murmelte ich schwach.
 

„Es tut mir leid. Ich vergaß, wie empfindlich Menschen sein können.“
 

„Gute Ausrede.“ Ich verengte die Augen und er grinste.
 

Dann schaute ich mich zum ersten Mal um. Der Geruch war mir aufgefallen, aber ich hatte es mir nicht erlaubt, wirklich zu hoffen. Doch jetzt hörte ich es, das Rauschen des Meeres, gar nicht weit von uns.

„Du hast mich ans Meer gebracht?“ fragte ich lächelnd.
 

Bald darauf befanden wir uns auf einem alten, rostigen Spielplatz, der nicht den Anschein machte, als würden hier noch Kindern spielen, sondern vielmehr Jugendliche. Ich war froh, dass ich jetzt Sandalen trug, denn die Scherben hätten sicher ein Desaster angerichtet.

Edward räumte innerhalb von Sekunden alle Scherben in meinem Umkreis auf, er nannte es ‘Vorsichtsmaßnahme‘ und wirkte ein wenig nervös, als ich mich auf eine der quietschenden Schaukeln setzte, um in den schwarzen Horizont zu blicken. Ich konnte rein gar nichts ausmachen, wusste nicht, was sich dort befand, aber ich war mir sicher, dass es das Meer war, denn der Duft und die Melodie der aufschlagenden Wellen waren unverkennbar.
 

Eine Weile schaukelte ich vor mich hin und Edward überwand sich und nahm Platz an der Schaukel neben mir. In diesem Moment, als das rostigen Metall quietschte und die Wellen ihre Geschichten erzählten, wurde mir zum ersten Mal richtig bewusst, was aus meinem kleinen Trip nach Italien geworden war.

Klar, ich war mit Informationen überhäuft worden, hatte leider miterlebt, was in dieser unmenschlichen Halle geschehen war und bald wieder geschehen würde, doch bis jetzt hatte ein kleiner, vernünftiger Teil in mir geglaubt, dass das alles nur ein Teil eines schrecklichen Albtraums war.
 

Seit Tagen fühlte ich mich zum ersten Mal wieder richtig am Leben und bei scharfem Verstand.

Mein Leben hatte eine ungeahnte Wende genommen und würde von nun an auf diesem Pfad weitergehen. Ganz egal was aus mir wurde, egal ob ich von hier entkam oder nicht, ein Teil von mir hatte sich unwiderruflich verändert. Es gab mystische Wesen. Es gab Unsterblichkeit.

Wie würde mein neues, alternatives Universum aussehen? Nur die Zeit trug die Antwort mit sich und wenn ich lange genug überlebte, würde ich nicht mehr von ihr Abhängig sein.
 

Die Idylle genießend, wagte ich es, mich an die Fragen zu trauen, die ich mir in Gedanken aufgelistet hatte.
 

„Hast du hier Freunde? Für euch sind die Menschen Nahrung, aber wie verhaltet ihr euch untereinander?“
 

„Beziehungen, wie ihr Menschen sie kennt, gibt es bei uns nicht. Wir gleichen in dieser Hinsicht mehr den Tieren. Wir bilden Zweckgemeinschaften und man respektiert sich, aber wenn wir einen von uns töten müssen, tun wir es einfach. Wir spüren keine Schuldgefühle.“
 

Ungläubig schaute ich ihn an.

„Wie kannst du dir so sicher sein, dass du keine Reue spürst? Ich kann dir ansehen, dass dich das alles sehr mitnimmt. Du würdest nicht über Schuldgefühle sprechen, wenn du sie nicht einmal gespürt hättest.“
 

Perplex drehte er den Kopf zu mir und hörte auf zu schaukeln. Auf einmal fühlte ich mich unwohl und schaute auf meine Füße, während ich weiterhin leicht mit der Schaukel wippte.

„Vielleicht liegt das daran, dass du keine Menschen… trinkst?“

Oder wie auch immer diese Ernährung vollzogen wurde… ich konnte es mir nicht genauer vorstellen, auch wenn ich es mit eigenen Augen gesehen hatte.
 

„Womit habe ich das verdient?“ stöhnte Edward.

Ehe ich ihn nach der Bedeutung dieser Worte fragen konnte, hatte er mich bereits am Handgelenk auf die Beine gezogen. Es geschah so schnell, mein Herzschlag verdoppelte sich vor lauter Schreck.
 

Edward ließ mein Handgelenk los und streckte seine Handfläche vor mir aus. Er sagte nichts und beobachtete mich mit so intensivem Blick, dass ich unwillkürlich errötete und ich fragte mich, ob er das selbst in der Dunkelheit mit seinen superguten Augen erkennen konnte.
 

Die Hand hebend, berührte ich seine harte, eiskalte Handfläche sanft mit meinen Fingern, während meine Augen sich nicht eine Sekunde lang von den seinen abwandten. Der Sturm in der goldenen Farbe stillte kurz, dann intensivierte er sich. Vampiraugen erstaunten mich, die Blicke waren so viel intensiver als die der Menschen, zumal sich die Farbe je nach Stimmung leicht änderte. Ich traute mich nicht wirklich, in rote Augen zu schauen, denn wann immer mir ein anderer Vampir entgegen kam, erinnerte ich mich an die Ereignisse am ersten Tag und hörte schreie in meinem Kopf.
 

„Ist dir das unangenehm?“ hauchte Edward und plötzlich fühlte ich seinen kalten Atem an meiner Wange. Nach mehrmaligem Blinzeln konzentrierte ich mich auf seine Frage. War mir das unangenehm? Meinte er die Berührung oder die Nähe?

Natürlich ist mir das unangenehm… sollte meine Antwort sein. Schließlich war er ein Monster.

Es fiel mir zwar unsagbar schwer, diese Vampirsache zu begreifen und zu glauben, doch ein Monster waren die Menschen- ich meine diese Vampire- allemal. Leider war mir all das in diesem Augenblick scheinbar ganz egal.
 

Edward roch wahnsinnig gut. Zuvor hatte mich dein Aftershave, oder Parfüm, oder was auch immer er trug beruhigt, doch es direkt an seiner Haut zu riechen war etwas völlig neues für mich. Ich konnte nicht mehr aufhören, diese Süße einzuatmen. Trug er etwa irgendwelches Rauschgift mit sich herum?… aber das war mir auch egal. Solange er mir nur etwas von diesem Duft abgab….
 

Mein Körper entspannte sich, wurde schlaff. Sein Nacken war nur Zentimeter von meinem Gesicht entfernt, sein Mund schwebte immer noch dicht über meiner rechten Wange. Ohne den Verstand oder Überlebensinstinkte einzuschalten, beugte ich mich vorwärts und presste meine Lippen auf die süße Haut, die mit diesem Duft eingerieben war. Jetzt war der Duft sehr intensiv, in mir löste sich ein glühendes Prickeln aus, mein ganzer Körper war davon betroffen.
 

Nur am Rande nahm ich war, dass ich in eine erdrückende Umarmung gezogen wurde und selbst das hinderte mich nicht daran, diese Droge nicht aufzugeben.
 

Nach einigen Minuten bekam ich das Gefühl, dass ich mit meinem Verhalten (das ich im übrigen nicht kontrollieren konnte) ein Problem eingeleitet zu haben. Edward lachte leise, es vibrierte in seiner Brust. Mein ganzer Körper vibrierte kurz mit, aber auf eine angenehme Weise.

„Wir haben ein Problem…“ seufzte er und ließ mich abrupt los.
 

Edward wollte mir nicht sagen, um was es sich bei dem Problem handelte. Erst hatte ich befürchtet, dass jemand gekommen war- vielleicht der widerliche James oder der komische große Riese, doch Edwards Haltung zeigte mir, dass niemand in der Nähe war. Wenn sich uns jemand näherte, spannte er sich immer an uns sein Gesichtsausdruck wurde furchtbar ernst. Jetzt allerdings sah er vollkommen gelassen aus, und ein bisschen verwirrt.
 

Wir liefen still nebeneinander her, zurück in den schwarzen Kerker, wie ich diese Unterkunft inzwischen nannte. Edward verriet mir auch nicht, warum er so gut roch, deshalb stellte ich Vermutungen an. Vielleicht hatte es etwas mit seiner Vampirhaut zu tun, um die Opfer, sein Fressen anzulocken. Als wäre er nicht schon stark genug…! Ich schämte mich, wenn ich nur daran dachte, so einer billigen Falle zum Opfer zu fallen und mich von einem Duft berauschen zu lassen…aber er roch so gut.
 

Sobald wir das Innere des Schlosses erreicht hatten, nahm er mich wieder auf den Arm. So langsam schien ich mit allem, was mir zu Beginn schrecklich unangenehm gewesen war zu kooperieren. Es machte mir nichts mehr aus, von ihm getragen zu werden, auch wenn ich ihm nicht über den Weg traute.

Kurz verschwamm mein Sichtfeld, ich schloss die Augen und das Nächste, was ich spürte war Edwards Sofa unter meinem Körper.
 

„Ich bin in einer halben Stunde wieder zurück. Wenn alles gut läuft, können wir diesen Ort bald verlassen.“ Hörte ich ihn mir zuflüstern, bevor er verschwand und die Tür hinter ihm leise zufiel.
 

So sehr ich auch der Annahme war, nicht müde zu sein, schlief ich innerhalb der nächsten Minuten ein.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war irgendetwas anders. Dank der Dusche stank ich nicht mehr und ich hatte auch zum ersten Mal überhaupt keine Schmerzen. Aber da war noch etwas anderes. Ich roch anders. Ich roch nach Edward, und das nicht gerade wenig. Ich konnte ihn an mir riechen, überall.

Was hatte er mit mir angestellt?
 

***
 

EPOV
 

Sollte ich eines Tages sterben, dann wird Isabella der Grund dafür sein. Auch wenn Aro der Meinung war, dass sich eine überaus interessante Gabe nach der Verwandlung zeigen würde, war ich eher der Überzeugung, dass mit dem Kopf dieses Mädchens etwas Auschlaggebendes falsch war. Und dummerweise hoffte ich immer noch, dass ich mit den Gefühlen, die ich für sie zu empfinden begann falsch lag.
 

Ich setzte mich auf eine der großen, unnötigerweise gepolsterten Sitze, die auf dem Balkon des Aussichtturmes ausgestellt waren. Von hier aus hatte man den perfekten Rundblick um Volterra herum, besonders wir Vampire konnten so jenes noch so kleine Lebewesen mit unseren Augen fixieren, egal ob Tag oder Nacht.
 

Aro genoss die Aussicht nicht halb so sehr wie ich, ihn interessierte vielmehr meine Gesellschaft. Wenn ich es in seinen Gedanken nicht sehen würde, könnte ich nicht glauben, dass ich ihm lieber war als seine kleine, sadistische Jane.

Schon immer war ich ein Naturbursche gewesen, mich allein in die Wälder zurückzuziehen, abgeschieden von allem und jeden, nur dann war ich in der Lage mich völlig zu entspannen. Als Gedankenleser leidet man mit der Zeit unter den Gedanken seiner Mitbewohner, besonders die komplexen Vampirgedanken sorgten dafür, dass ich von Zeit zu Zeit unter einer imaginären ‘Vampirmigräne‘ litt.
 

Aus diesem Grund gönnte ich mir auch hier in Volterra ab und zu eine Auszeit, in dem ich mich in die Wildnis zurückzog und ein paar Tage in Abgeschiedenheit verbrachte. Vampire fanden das amüsant, zumal ich noch viel zu jung war, um dem Alterswahnsinn zu verfallen und mentale Unstabilität kam nur bei unter den Ältesten vor. Vielleicht dachte ich auch einfach zu viel und zu kompliziert nach.
 

„Ich habe mir überlegt, sie mitzunehmen und ihr an einem ruhigeren Ort Zeit zu geben, das alles zu verarbeiten. Ich werde ihr alles erklären und zeigen, was es über uns zu wissen gibt, aber hier fehlt mir die nötige Umgebung und Zeit dazu.“
 

„Wenn sie erst einmal verwandelt ist, Edward, werdet ihr genug Zeit miteinander verbringen. Ich würde sie nur ungern hier behalten.“
 

„Wieso? Sie wäre hier nicht in der Lage, etwas anzustellen.“

Bislang wurden alle, die von Aro aufgenommen wurden während ihrer Verwandlung und Neugeborenenzeit hier trainiert. Allein stellte sie nicht die geringste Gefahr für die starken Krieger dar, Isabella würde keinen Stein zertrümmern können, ohne zuvor gebändigt zu werden.
 

Ich sah die Antwort auf meine Frage in Aros Gedanken, er sprach sie trotzdem aus. Mir war es lieber, wenn man verbal mit mir sprach und ganz im Gegensatz zu den Leuten, mit denen ich früher gelebt habe, geht man hier meinen Bitten ohne Zögern nach.
 

„Wo du schon Interesse an ihr gezeigt hast, wäre es doch herzzerreißend, euch voneinander zu trennen.“ Außerdem ist es umso einfacher für uns, wenn sie deine Gefühle erwidert. Das erspart uns die Anstrengung, falls sie beschließen sollte, nicht mehr länger hier bleiben zu wollen.
 

Aro wusste von meinen sogenannten ‘Gefühlen‘.

Stöhnend vergrub ich das Gesicht in den Händen. In den Gedanken anderer bestätigt zu bekommen, was ich so sehr vermeiden wollte, war schrecklich. Ganz sicher würde ich mich niemals mit diesem Gedanken abfinden können. Mein Leben war das reinste Trauerstück und vor langer Zeit hatte ich aufgegeben, auf eine Veränderung zu warten. Nie war ich in der Lage, mich unter Leuten einzufinden und den Erwartungen zu entsprechen, was letztendlich dazu führte, dass mich selbst mein Erschaffer nie wieder sehen wollte. Aber das war mir inzwischen wirklich egal. Hier bei den Volturi war ich wenigstens von Nutzen und gefragt, niemand interessierte sich für meine privaten Angelegenheiten, Gedanken oder Emotionen und das ermöglichte mir die Ruhe, die ich brauchte.
 

Dass Aro ausgerechnet dieses für mich so sensible Thema angesprochen hatte, war einzig und allein mein verdienst. Schließlich hatte ich ihm erzählt, dass ich eine seltsame Anziehung zu ihr, einem Menschen verspürte. Eine Anziehung, die weder etwas mit ihrem Blut, noch mit körperlichen Trieben zu tun hatte. Stück für Stück wurde ich an sie gebunden, ohne dass sie es wusste und ohne dass ich etwas dagegen unternehmen konnte. Eigentlich blieb mir nur eine Möglichkeit, um zu verhindern, dass die Gefühle sich intensivierten. Sie musste sterben. Aber Aro würde das nicht erlauben. Mir ging es auch nicht darum, seine Befehle zu befolgen, denn selbst wenn ich Isabella tötete, eine schlimme Strafe würde nicht auf mich warten.
 

Ich wusste, dass ich ihr niemals bewusst etwas antun konnte. Und ich fürchtete mich vor dem Tag, an dem ich einen Ausrutscher, einen unvorsichtigen Augenblick hatte und sie verletzte. Es brach mir ja jetzt schon das Herz, sie auf diesem alten Sofa schlafen zu sehen, welches ich selber die benutzte.
 

Außerdem hatte ich mir geschworen, nie wieder unschuldige zu töten. Es sei denn, es war nötig.
 

Um mit Isabella für eine Weile zu verschwinden, musste ich mir noch eine passende Unterkunft organisieren. So gern ich ihr irgendwo in den Alpen eine gemütliche Hütte anbieten wollte, es gab Regeln, die ich einhalten musste. Es handelte sich um eine sonderbare Mission, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass es eine Aufgabe war, ein Befehl. Ich konnte sie nicht einfach mitnehmen und das tun und lassen, was ich wollte.
 

Ich verabschiedete mich von Aro und beschloss, nach Felix zu suchen, bevor ich mich wieder in mein Zimmer zurückzog.

Noch 118 Stunden bis Heidi zurückkommt… Es dauerte nicht lange, bis ich seine Gedanken ortete.

Ich fand ihn im östlichen Teil der hinter den Stadtmauern auf einer alten Holzbank sitzend. Er wirkte amüsiert, als ich mich ihm näherte, er langweilte sich zu Tode und hoffte, dass ich irgendeine spannende Meldung für ihn hatte.
 

Ich schüttelte nur den Kopf und blieb neben ihm stehen.

„Du riechst appetiterregend, Edward.“

Diese typischen Witze unter uns fand ich gar nicht amüsant, er erinnerte mich zu sehr an meine Bemühungen, um in ihrer Gegenwart nicht die Kontrolle zu verlieren. Felix wusste, dass ich gekommen war um ihm etwas mittzuteilen, deshalb vergeudete ich keine Zeit und kam direkt zum Punkt. Außerdem wollte ich Isabella widersehen…
 

„Ich werde das Mädchen für eine Weile mitnehmen. Hier im Schloss denkt jeder Zweite ständig daran, dass noch ein Herz in meinem Zimmer schlägt. Aro gibt mir einen Monat. Demetri ist leider auf Mission, aber wenn du mitkommen möchtest, es steht nichts im Weg.“
 

„Warum gehen wir in die Wildnis mit dem Appetithäppchen? Steht die Verwandlung nicht schon vor der Tür?“ Er sah unzufrieden aus und sprach weiter, bevor ich antworten konnte.

„Edward, ich weiß nicht, ob ich dafür geeignet bin. Ich töte Neugeborene, ich trainiere sie nicht. Außerdem wird es Jahre dauern, bis sie lernt sich zu beherrschen. Wenn Meister Aro dich von Aufträgen entbehren kann, dann kannst du gerne allein diese schwierige Aufgabe übernehmen.“
 

„Sie wird noch nicht verwandelt, Felix. Aro hat noch keine feste Zeit bestimmt. Wenn er möchte, wird er ihr noch ein paar Jahre geben. Genau deshalb werde ich ihr alles lehren müssen, was es über uns zu wissen gibt.“
 

„Einen Menschen lehren?! So sehr ich den Meister auch bewundere, manchmal kommt er auf die verrücktesten Ideen! Überlassen wir es dir, mit diesem Mädchen in einem Raum zu sein, Edward. Jeder andere würde sie sofort töten und das weißt du. Ich schließe mich da nicht aus.“
 

Cullen, Cullen, jetzt hast du mir aber das Herz gebrochen. Plötzlich hörte ich laute, unerwünschte Gedanken.
 

Ich knurrte leise. Eine Warnung. Es gab nur einen, der mich so nannte und sich dadurch respektlos verhielt. Ich trug den Namen Masen, so wie es mir rechtmäßig zustand. Schon lange war ich es nicht mehr würdig, Cullen genannt zu werden. Ich hatte mich selbst enterbt und hasste es, wenn man mich auf den Namen aufmerksam machte, den ich so viele Jahre getragen hatte.

James lungerte in der Umgebung, etwa zwei Meilen südlich von meinem Standort.
 

Wieso hast du mich nicht als erstes gefragt? Nimm mich mit. Ich verspreche, ich werde ihr kein braunes Härchen krümmen. Wie haben strickte order- sie ist deine Sängerin, deshalb werde ich sie nicht anfassen.
 

„Vergiss es.“ Sagte ich bedrohlich und wusste, dass James diese Worte hören konnte. Er hatte die schärfsten Sinne unter allen hier. Felix schaute mich verwirrt an, er war es nicht gewohnt mich dabei zu sehen, wie ich einseitige Gespräche führte.
 

Aber, aber. Du halbes Tier kannst doch niemals mit einer Neugeborenen fertig werden. Ich hab es gerne wild und sie wird mir einen guten Kampf liefern, bevor…
 

Ich blockte seine schmutzigen Fantasien aus und versuchte das Bild einer blassen, rotäugigen Isabella zu vergessen.
 

Nach wenigen Minuten war ich bereits wieder in meinem Zimmer.
 

Isabella schlief auf dem Sofa, sie hatte sich zu einem Ball zusammengerollt und die Decke um ihren kleinen Körper geschlungen.

Ich kniete mich vor dem Sofa auf dem Boden und beobachtete das schlafende Menschenmädchen.

Mir ging das Bild nicht aus dem Kopf, das ich in James Gedanken gesehen hatte. Isabella war wirklich hübsch. Normalerweise fanden Vampire nichts an Menschen attraktiv- von ihrem Blut natürlich abgesehen. Wenn Isabella erst einmal verwandelt war, würden die Männer hier sie bemerken, in anderen Augen sehen und anfangen, sich zu ihr hingezogen zu fühlen. Hier mangelte es an weiblichen und willigen Frauen. Nur die wenigsten hatten einen Partner. Ich kannte Isabella nicht, wusste nicht, was für ein Mensch sie hinter all der Angst und Panik war. War sie schüchtern, oder eher eine Draufgängerin? Was waren ihre Interessen, ihre Weltansichten? Fragen über Fragen. Und sobald unser Gift in ihrem Körper floss, würde ich die Antworten niemals erfahren, denn sie würde sich selbst verlieren und zu einem anderen, neuen Wesen werden.
 

Behielt man seine Grundpersönlichkeit nach der Verwandlung? Die Vampire, die ich kannte, hatte ich nie als Menschen kennen gelernt. Die allermeisten konnten sich kaum an ihre menschliche Zeit erinnern. Aus Jasper, dem wohlerzogenen, loyalen Soldaten war ein erbarmungsloses Monster geworden. Er hatte viele Jahre gebraucht, um wieder zu dem Mann zu werden, der tief in ihm verborgen steckte. Rosalie Hales nervige Persönlichkeit hatte die drei qualvollen Tage unbeschadet überstanden, aber das betrachtete ich ohnehin aus einer negativen Perspektive.
 

Und was war mit Isabella...?
 

Was, wenn sie mich nie als etwas anderes sehen würde? Was, wenn ich für sie immer ein Monster blieb? Bislang hatte ich nur miterlebt, dass das Band zwei Enden hatte, dass, wenn der eine Partner es spürte, die Gefühle automatisch auch für den Gefährten galten. Als Carlisle Esme rettete, fühlte er, dass sie mehr für ihn war. Nachdem Esme aufgewacht war, hatte sie sofort in Carlisle einen Teil von ihr selbst gesehen. Mit eigenen Augen hatte ich gesehen, wie sich die sonst so unnahbare Rosalie einem völlig Fremden aufschloss, weil sie spürte, dass mehr im Spiel war. Und auch für Emmett war es von Anfang an klar gewesen, dass Rosalie für ihn geschaffen war und nicht nur deshalb, weil seine ersten Worte ‘heiße Braut‘ gewesen waren.
 

Was tat ich hier nur? Es hatte mich nicht zu interessieren, was Isabelle von mir dachte. Überlasst es mir, mich an jemanden zu binden, der nie etwas für mich empfinden wird. Ich kannte diese Person doch gar nicht. Ich sollte diese Gefühle nicht spüren, ich war doch kein Tier, das sich zu einem weiblichen Wesen hingezogen fühlte oder sich wie andere übernatürliche Wesen prägen konnte.
 

Es bestand nur einfach zwischen mir und Isabella die Möglichkeit auf… mehr.
 

Zum ersten Mal seit so vielen Jahren begann ich, etwas Besonderes für ein anderes Wesen zu empfinden.
 

Vorsichtig schob ich sie auf den Rücken und ihre Arme, die um ihren Oberkörper geschlungen gewesen waren, lagen jetzt erschöpft jeweils an einer Seite. Ich machte mir immer noch sorgen um ihren Kopf und überprüfte sie jedes Mal genauer, wenn sie schlief. Glücklicherweise hatte sie kein Blut gespukt und die Anzeichen einer ernsteren Gehirnerschütterung waren verschwunden. Wenn mich mein Wissen nicht betrug, dann konnte ich davon ausgehen, dass sie soweit wieder kerngesund war. Sorgen machte ich mir trotzdem…

Mich hat es wohl wirklich erwischt… das war so absurd, dass es nicht einmal mehr zum Lachen geeignet war.

Ausgerechnet ich empfand Gefühle für diese Fremde. Einen Menschen. Das ergab alles keinen Sinn. Ein Blick in ihre Augen und ich vergaß meine Gedanken. Eine Träne und ich fühlte mich wie das schrecklichste Monster, weil sie wegen meiner bescheuerten Welt weinte.
 

Resignierend ließ ich mich auf den Schaukelstuhl fallen und beobachtete dieses junge Mädchen. Wir mussten da gemeinsam durch, Isabella und ich. Ich würde sie mitnehmen, wenigstens für ein paar Wochen. Nur wir zwei. Aro würde sich noch umstimmen lassen. Es bestand kein Bedarf für zusätzliche Begleiter, sie würden meine Reise nur erschweren, da ich rund um die Uhr Isabella vor den anderen beschützen müsste, um einen Kontrollverlust zu verhindern. Und ich selbst… ich war in der Lage, mich in ihrer Gegenwart zu beherrschen. Ich musste nur zu meinem alten Ich zurückfinden und lernen, die Menschen zu schätzen. Es war nicht so, dass sie mir nichts bedeuteten, es fiel mir nur schwer etwas mehr in ihnen zu sehen als Nahrung, da jeder in meiner Umgebung in Menschen nichts anderes als Befriedigung sah. Manchmal vermisste ich das Blut, welches mich noch stärker machen konnte. Ich war einer unter den stärksten fünf hier, trotz meiner unnatürlichen Ernährung.

Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um über so etwas nachzudenken.
 

Ich sollte aus Erfahrung wissen, dass ich mich den Gewissensbissen nur schwer leben konnte und früher oder später wieder zu Tierblut wechseln würde. Isabella… wenn ich jetzt nachgeben würde, wäre es um ihr Leben geschehen. Das durfte, das konnte ich nicht zulassen.
 

Während ich mich wieder in den komplizierten Höhlen meines Verstandes verlor, erinnerte ich mich an eine andere, bessere Zeit, vor nicht allzu vielen Jahren…
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2010-11-19T13:14:45+00:00 19.11.2010 14:14
die FanFic habe super schnell gelesen und nun bitte schnell weiterschreiben.. die Geschichte gefällt mir
Von:  Renesmee-Bella
2010-08-10T17:55:57+00:00 10.08.2010 19:55
Super Kapitel,
Oh Edward ist ja so süß zu Bella
Ich hoffe Aro lässt sich noch umstimmen.
Ach ich würde mich freue wenn er Carlisle anrufen würde.

cu R.-Bella
Von:  Fin-Rasiel
2010-06-24T16:08:27+00:00 24.06.2010 18:08
Schönes Kapitel...mehr gibts dazu nicht zu sagen ich fand alles sehr sehr schön...dein flüssiger schreibstil lässt sich herrlich leicht lesen,schreib schnell weiter!

lg fin
Von: abgemeldet
2010-06-24T11:47:17+00:00 24.06.2010 13:47
Ooooohh, war das süß!!!! >.<
Ich mochte besonders die Duschszene...*hehe*
Sehr niedlich, dein Edward. ^,^ Wie schnell er Bella verfallen ist...
Ich bin gespannt wie's weiter geht - oh, ich hoffe die beiden treffen die Cullens wieder, das wär so schön.
Freu mich schon auf's nächste Kapi!!

*dichknuff*
Von: abgemeldet
2010-06-24T10:09:55+00:00 24.06.2010 12:09
Hallöle
super kap! hat sich ja einiges getan in diesem kap. freu mich schon aufs nächste!

lg
heartly
Von:  vamgirly89
2010-06-23T16:28:03+00:00 23.06.2010 18:28
Super kapitel. Schreib schnell weiter. Du lasst dir immer so viel Zeit mit dem Schreiben.


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