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You keep me alive

von

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Touched

Dieses Kapitel beginnt mit einem kurzen EPOV. Es ist nicht üblich für mich, dass ich die Sichtweise häufig wechsle, aber in diesem Fall ist es wohl angemessen…
 

Viel Spaß.
 

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Kapitel 7: Touched
 

EPOV
 

Die Knochen der mageren Antilope krachten unter meinem Gewicht zusammen und bevor das Tier die Schmerzen spüren konnte, die definitiv folgen würden, bereitete ich seinem Leben ein Ende.

Nein, nein… das ist nicht passiert, das ist nicht passiert.

Die Gazellen und Impalas schmeckten widerlich und stillten kaum meinen Durst. Auf meiner Suche nach etwas nahrhaftem hätte ich liebend gern einen Abstecher in einem kleinen afrikanischen Dorf unternommen, doch es gab leider Isabella, die ich ganz sicher töten würde, sollte ich ausgerechnet jetzt wieder dem menschlichen Blut verfallen.

Das war wie eine Sucht, eine mächtige Droge, wenn ich Menschenblut erst einmal schmeckte, würde ich so schnell nicht wieder davon loskommen können. Aber darum ging es mir gar nicht.

Es ging nicht um Isabellas verfluchtes Blut, es ging hier nicht um irgendeinen Befehl, es ging hier nur um mich und mein schwarzes Los.
 

Ich hatte es gespürt.
 

Es war unverkennbar.
 

Ich wollte es abschütteln, doch meine Fingerspitzen kribbelten selbst jetzt nach all diesen Stunden.

Ich konnte es einfach nicht fassen, war sprachlos, verwirrt, verängstigt. Von der Freude oder Erleichterung war kein Funken zu spüren, ich fühlte mich nicht einmal glücklich. Sollte man sich in meinem Fall nicht glücklich, gar vollkommen fühlen? Wie kam es, dass ich nur negatives Empfand, obwohl ich ganz sicher das Richtige, das Unverfehlbare Gespürt hatte?
 

Sah Alice, in was für eine Lage ich steckte? Machte sie sich überhaupt die Mühe, nach mir zu schauen? Was würde Carlisle sagen? Wäre er… erleichtert? Dass er mich doch tatsächlich nicht zu jung verwandelt hatte, dass auch ich in der Lage war, es zu spüren? Würden sie sich für mich freuen? Freute ich mich denn für mich?
 

Ich blieb stehen und atmete die sandige Luft ein.

Ich wusste es nicht.

Wenn ich ehrlich zu mir war, dann hatte ich Angst vor dem, was ich für einen Sekundenbruchteil gespürt hatte, als ich Isabellas schlafende Gestalt berührt, meine Finger auf ihre gelegt hatte.
 

Hätte ich es nicht 80 Jahre lang gesehen, gehört und indirekt selbst, in der vereinfachten aller Formen gespürt, dann hätten mich dieses Ziehen, dieses Kribbeln verwirrt, ich hätte damit nichts anfangen können. Doch dem war nicht so. Ich wusste ganz genau, mit was ich es zu tun hatte und mir blieb nur noch eine Möglichkeit…

Ich konnte nur hoffen, dass ich mich irrte.

Schließlich war sie ein Mensch und demnach sollte es unmöglich sein, mit ihr solch eine intime Verbindung einzugehen. Wir konnten kooperieren und uns vielleicht verstehen, doch jegliche Freundschaft oder gar das, was ich gespürt hatte, waren ein Ding der Unmöglichkeit… oder?

Es gab nur einen, der mir diese Fragen beantworten konnte und diese eine Person hatte ich für immer verloren.
 

Ohne zurück zu schauen rannte ich los, über die sandigen Hügel in Richtung salziges Wasser, immer der Nase und dem inneren Kompass nach. James sprang auf halben Weg neben mich und ich rannte unbeeindruckt weiter. Er hatte sich mal wieder einen Spaß aus dieser Mission gemacht.
 

Wie ich dieses Monster hasste, verabscheute, am liebsten eigenhändig auseinanderreißen wollte. Wäre er nicht um einiges stärker und kräftiger, würde ich ihn hier und jetzt vernichten. James war mir der unangenehmste Begleiter, mit jedem anderen Volturi hatte ich keinerlei Probleme während Missionen, sie arbeiteten präzise, gingen mit äußerster Vorsicht vor und machten sich keinen Spaß daraus, andere zu zerstören. Aber nicht James. Auch gönnte er sich immerzu einen ‘Snack‘, und das obwohl jeder Volturi nicht außerhalb des Schlosses, des angegebenen Tages speiste. Dazu kam auch noch, dass er mit jedem Opfer ein krankes Spiel spielte- verängstigen, brechen, manchmal vergewaltigen, -Was?
 

Fast wäre ich stehen geblieben, so sehr schockierten mich die Bilder, die gerade durch seinen kranken Schädel spukten. Wut übermannte mich, meine Hände fingen leicht an zu zittern, was James und seinen außerordentlich scharfen Sinnen nicht entging. Neugierig schaute er sich nach weiteren Opfern um, warf mir aber dann, als er niemanden auffand, einen grimmigen Blick zu.
 

Der Kerl sollte nur abwarten. Bei der nächstbesten Gelegenheit, nach einer ordentlichen Stärkung, würde ich ihn, so wie eben die vier Vampire, eigenhändig zerreißen und Genugtuung spüren, während seine Körperteile verbrannten.
 

***
 

BPOV
 

Ich schlief sehr unruhig. Wann immer ich aufwachte, bemerkte ich die Schmerzen an und in meinem Körper. Ob es Tag oder Nacht war, konnte ich nicht mehr ableiten. Meine Uhr war nicht wasserdicht gewesen und seit meiner Landung im Brunnen funktionierte sie nicht mehr. Dennoch war ich mir ziemlich sicher, dass Edward seit vielen, vielen Stunden nicht mehr in seinem Zimmer gewesen war, denn ich war seit unbestimmter Zeit allein.
 

Während ich schlief musste Edward einen meiner Handgelenke mit Handschellen an die Armlehne des Sofas befestigt haben. Ich konnte zwar noch nach dem Wasser und dem Brot greifen, doch das aufstehen war unmöglich. Jetzt fühlte ich mich wie eine richtige Gefangene. Nicht, dass ich zuvor irgendwelche Luxus genossen hätte, aber Handschellen? Das ging zu weit. Ich war unter Vampiren, was für eine Gefahr konnte ich schon darstellen?
 

Scheinbar schien er mir noch nicht zu vertrauen, denn sonst hätte er mich sicher nicht angeschnallt. Und wenn ich ehrlich zu mir war, dann glaubte ich mir selbst auch nicht wirklich. Würde ich mich bewegen können, wäre ich mit Sicherheit schon längst hinausgerannt.
 

Edward kehrte einfach nicht zurück.

Ich hatte nichts, mit dem ich mir die Zeit vertreiben konnte. Dieses Zimmer war so fahl und öde- selbst die Bücher zogen meine Aufmerksamkeit nicht auf sich, da ich das Meiste davon nicht verstand. Von hier aus konnte ich Werke von Passy, Rolland, France, Bergson und vielen weiteren Franzosen sehen, doch so sehr mich die Neugier auch überkam, ich bezweifelte, dass ich irgendetwas verstehen würde.
 

Je mehr Zeit verging, desto ungeduldiger wurde ich. Die Ungewissheit, wann und ob er zurückkehrte, trieb mich in den Wahnsinn. Außerdem hatte das Lämpchen an der Decke zu flackern begonnen und würde höchstwahrscheinlich bald erlöschen.

Ich begann Edwards Namen zu rufen, leise angefangen, immer lauter. Ich war gar nicht in der Lage gewesen, ihm all meine Fragen zu stellen und außerdem gab es da noch das Problem mit der Toilette. Wenn ich hier wirklich unter Untoten war, dann bedeutete das, dass es wirklich keine Waschräume in diesen Gemäuern gab.

‘Vampir‘… uh.
 

Das war noch immer sehr verwirrend für mich. Und es brachte so viele Fragen mit sich. Nichts war unsterblich, die Existenz solcher Wesen veränderte das bisherige Weltbild der Evolution und Kreislaufs von Grund auf. Mit der Vorstellung, verwandelt zu werden, wie Edward gesagt hatte, konnte ich noch nicht viel anfangen. Diese unbändige Stärke, die ausgeprägten Instinkte, die Schnelligkeit, der scharfe Verstand und die zusätzlichen individuellen Fähigkeiten klangen sehr weit hergeholt und- logisch betrachtet- wie ein schlechter Witz.

Aber Edward war nicht lustig, er hatte keinen Humor und war ein toter Mann, der mit Körper und Seele auf der Erde herumirrte.
 

Er hatte mir versprochen, bald mehr über sich und seine Artgenossen zu erklären… doch Edward kehrte einfach nicht zurück.
 

Etwas verspätet bemerkte ich, dass ich angefangen hatte seinen Namen zu schreien. Nachdem ich heiser war, gab ich es schließlich auf und beschloss zu warten. Einige Minuten später hörte ich die Zimmertür aufgehen und ein Lächeln der Erleichterung bildete sich auf meinem Gesicht. Ich versuchte mich etwas aufzurichten, aber meine Hand wollte das nicht zulassen. Also blieb ich liegen und beobachtete Edward, der gerade durch die Tür schritt… der einzige Unterschied war, dass nicht Edward der Vampir war, der die Tür geöffnet hatte.
 

Ein großer, braunhaariger Mann starrte mich von der Türschwelle aus an. Sein Gesicht war regungslos, im schwachen Licht jedoch waren seine roten Augen gut auszumachen. Ich schluckte hart. Edward hatte mich doch gewarnt, hunderte Male- Sei leise, Isabella, du wirst nur jemanden zu dir locken und das wird böse enden … Hätte ich doch nur auf ihn gehört.
 

Mein armes Herz begann wild zu hämmern, es war damit beschäftigt das viele Adrenalin durch meinen Körper zu pumpen. Mit schreckgeweiteten Augen beobachtete ich die große Person, wie sie mir näher kam. Er trug einen schwarzen Umhang- schwarz stand für die Garde, die obersten Krieger der Volturi. Grau trugen die Wächter. Edward benutzte beides, jeder hatte Respekt vor ihm und fürchtete seine Gabe. Aro hatte ihn damit beauftragt, stets die Gedanken der Vampire in seinem Umkreis zu durchforsten, um unerwünschte Planschmieder sofort zu enttarnen. Dies war wohl ein Grund, warum er mit den Leuten hier nicht wirklich gut auskam. Man fürchtete ihn und konnte sich in seiner Gegenwart keinen falschen Schachzug erlauben.

Aro und die kindliche Jane waren die Einzigen, bei denen mir sofort ein Gesicht zum Namen einfiel. Die restlichen Mitglieder der Garde und Wache waren mir nicht bekannt- mal von dem ekelhaften Typen, der sich James nannte abgesehen. Wie ich erfahren hatte würde ich sie bald alle persönlich kennen lernen.
 

Der große Eindringlind schaute desinteressiert zu mir, dann huschte sein roter Blick einmal kurz über das Zimmer. Unfähig auch nur einen Laut von mir zu geben, beobachtete ich ihn dabei wie er quer durch das Zimmer lief und vor einer Kommode zum stehen kam. Er öffnete einige Schubladen und wühlte darin herum, bis er schließlich fündig zu werden schien. Im Nächsten Augenblick stand er vor mir, eine dicke, braune Rolle Klebestreifen in den Händen haltend. Ich blinzelte, und plötzlich klebte etwas Raues über meinem Mund.
 

„Na also. Geht doch.“ Mein Anblick schien dem Vampir Genugtuung zu verschaffen- er lächelte und legte die Kleberolle vor mir auf den Tisch.
 

Dann war er auch schon verschwunden und die Tür fiel leise hinter seinem Schatten zu.

Ich musste lernen, die Klappe zu halten, selbst wenn man mich hier unten vergaß.
 

Erst lange Zeit später ging die Tür wieder auf. Ich hatte leicht gedöst und zuckte zusammen, als plötzlich wieder jemand direkt vor mir stand. An diese absurde Schnelligkeit würde ich mich so schnell nicht gewöhnen.
 

Edward war wieder da und er sah wie ein Obdachloser aus. Seine Jeans war an vielen Stellen verrissen und zeigte die darunterliegende weiße Haut, sein T-Shirt war nur noch ein Haufen Fetzen. Er sah aus als hätte er sich mit einem Tiger herumgewälzt, nur mit dem Unterschied, dass er keinerlei Verletzungen an seinem erschreckend harten Köper hatte.
 

„Was hat Felix hier zu suchen gehabt?“ fragte er mich, ohne den Blick von der durchwühlten Kommode zu wenden.
 

Ich rollte mit den Augen und summte, so dass Edward endlich zu mir schaute. „Oh, ja entschuldige…“

Die Augen fest zukneifend, machte ich mich auf eine schnelle Prozedur gefasst- mit Sicherheit würde er mir den Klebstreifen in seiner Vampirgeschwindigkeit wegziehen- doch zu meiner Verwunderung tat er es ganz sachte und langsam.
 

Als mein Mund wieder frei war, griff ich nach einer Wasserflasche und nahm einen großen Schluck.
 

„Isabella? Warum war Felix hier?“ fragte Edward und beobachtete jeden meiner Bewegungen, als wäre ich hochgefährlich.
 

„Ich habe nach dir gerufen, dann ist er rein und hat mir den Mund zugeklebt. Er hätte mir auch einfach nur sagen können, ruhig zu sein.“
 

Edward seufzte. „Und wärst du dann auch wirklich still geblieben, huch?“
 

„Höchstwahrscheinlich nicht, nein. Wo bist du denn überhaupt gewesen? Du warst gestern den ganzen Tag nicht hier und heute… haben wir überhaupt noch heute? Wie viel Uhr ist es denn?“
 

„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du ziemlich viel sprichst?“
 

„Nein. Ich spreche nicht viel.“
 

„Verglichen mit uns Vampiren schon. Hat Felix irgendetwas zu dir gesagt?“
 

Kopfschüttelnd trank ich noch etwas mehr. „Ist er… uhm, gefährlich?“
 

Edward grinste und lief einmal quer durch das Zimmer zu seinem Kleiderschrank.

„Wir sind alle gefährlich, Isabella. Das sollte dir inzwischen klar sein.“
 

„Du bist aber nicht gefährlich.“
 

Er stillte seine Bewegungen und drehte sich langsam zu mir.

„Mir hast du die Gehirnerschütterung zu verdanken, und die Verletzungen. Wir werden kooperieren müssen, aber denke nicht, dass ich nicht genauso bin wie die anderen.“
 

„Aber du…isst… trinkst… was auch immer…. Keine Menschen!“
 

Wieder schaute er mich mit einem unlesbaren Ausdruck an.

„Vorübergehend nicht, nein. Solange du hier bist werde ich mich zusammenreisen.“
 

Ich ignorierte seinen Versuch, mir Angst einzujagen.

„Würdest du mir jetzt sagen, wo du gewesen bist…?“ Da ich diese Frage zum zweiten Mal stellte und mir sehr sicher war, dass auch Edward mit seinem Vampirsuperverstand das wusste, fühlte ich mich unwohl dabei. Schließlich hätte er mir doch geantwortet, wenn er es mich wissen lassen wollte.
 

„Ich bin meinen Aufgaben nachgegangen.“
 

„‘Vampirpolizei‘?“
 

„Würdest du diese Anführungszeichen bitte weglassen? Das ist alles kein Scherz.“
 

Ein Scherz war meine Situation wirklich nicht, aber so absurd, dass es mir nicht gelang, sie rund um die Uhr ernst zu nehmen.
 

„Wirst du öfters mal für ein paar Tage nicht anwesend sein?“
 

„Selten, aber manchmal muss ich mitgehen. Meine… Gabe ist oftmals sehr hilfreich. Dadurch können wir Unschuldige verschonen und die Schuldigen sofort enttarnen. Mir ist es besonders wichtig, dass die anderen Mitglieder ihre Position nicht ausnutzen und willkürlich andere zerstören. Die Volturi sollen für Gerechtigkeit sorgen, doch nicht jeder stellt sich darunter dasselbe vor wie ich.“
 

Ich wollte mich noch weiter mit diesem schlauen, kaltherzigen Jungen unterhalten, meine Badezimmerbedürfnisse allerdings dominierten über alles andere.

„Edward, ich bräuchte eine Toilette… und sauberes Wasser. Ich stinke so sehr wie sicher kein anderer Mensch im 21. Jahrhundert… das ganze algenartige Zeug und der Rost aus dem Brunnen haben sich auf meiner Hat verhärtet… und mich kratzt es überall.“
 

„Ich wünschte, du würdest stinken, Isabella…aber leider bist du das wohlduftenste Wesen, das mir jemals begegnet ist.“ sagte er bitter und schien sich endlich für ein T-Shirt aus dem Stapel entschieden zu haben. Er zog es hervor und griff dann nach einer schwarzen Jeans. Ich beobachtete, wie er sich die Stofffetzen vom Körper riss und biss mir auf die Lippe, um ein überraschtes Stöhnen zu ersticken. Er war unglaublich muskulär, seine dünne, äußerst schlanke Figur versteckte unter Kleidung nahezu gänzlich seine Muskeln. Und weiß war er auch, er sah ungesund und viel zu blass aus. Blutmangel, erinnerte ich mich. Er hat kein Blut in seinem Körper.

Ehe ich einen genaueren Blick auf seinen Rücken werfen konnte, hatte er sich das neue T-Shirt bereits übergestreift. Ich begann, diese unmenschliche Geschwindigkeit wirklich zu hassen.
 

Das Kinn auf dem Sofa abstützend wartete ich darauf, dass er sich richtete, damit wir uns um mein Toilettenproblem kümmern konnten. Ich sah, wie er sich die Hose aufmachte. Edward drehte sich zögernd zu mir um. Erst dann bemerkte ich, was ich eigentlich tat und senkte schnell und mit aufsteigender Röte das Gesicht.

Einen Blick wollte ich mir trotzdem nicht entgehen lassen, also schaute ich auf, doch der Punkt, an dem Edward gestanden hatte war jetzt leer. Suchend schaute ich mich um und quietschte erschrocken auf, als er plötzlich, ordentlich hergerichtet, vor mir stand.
 

Leider sah er alles andere als amüsiert aus.

„Du nimmst das alles hier noch immer nicht ernst, nicht wahr? Ich werde wohl dafür sorgen müssen, dass du begreifst, in was für einer Lage du dich befindest. Da es in diesem Schloss keine Toiletten gibt, werde ich dich einmal täglich nach draußen begleiten. Wenn du möchtest, können wir jetzt gehen.“
 

„O-ok. Gehen wir wieder in diese… Scheune?“ bloß nicht…
 

„Nein, du brauchst ein richtiges Bad.“
 

„Gibt es eine bestimmte Uhrzeit, in der wir raus können?“
 

„Nur nachts, Isabella. Nach Mitternacht, wenn die meisten Menschen in dieser Stadt schlafen.“
 

„Echt… toll… übrigens, jeder nennt mich Bella. Ich mag den vollen Namen nicht.“
 

„Wieso?“ Als er den Kopf schieflegte und mich studierend anschaute, musste ich den Blick abwenden, weil diese kleine Geste irgendetwas mit mir anstellte.
 

„Isabella klingt nach meiner Urgroßmutter, darum.“
 

„Und was ist dann mit mir? Edwin ist auch nicht gerade ein moderner Name.“
 

Ich kicherte. Ich kicherte tatsächlich. Edward sah ein wenig geschockt aus, fasste sich aber schnell wieder und nahm seinen gleichgültigen Gesichtsausdruck an.
 

„Tut mir leid deswegen… ich konnte mich nicht richtig erinnern, wie du heißt. Fast hätte ich dich Edmund genannt.“
 

Er schien sich ein Lächeln verkneifen zu wollen und ich fragte mich, warum er so neutral bleiben wollte. Schließlich war nicht er diejenige unter uns, die zum Tode verurteilt war.
 

„Wegen mir bist du unsanft auf den Kopf gefallen, also drücke ich für jetzt ein Auge zu. Aber solltest du mich jemals wieder Edwin- oder sogar Edmund nennen,…“ er sprach seine Drohung nicht aus und tippte mir mit dem Zeigefinger leicht gegen die Stirn.
 

Eben noch hatte er etwas gelächelt, doch als er ruckartig seinen Finger wegzerrte, zog sich eine finstere Grimasse über sein schönes Gesicht. Ich hatte wieder dieses… komische etwas… gespürt, doch war absichtlich nicht zurückgewichen. Es fühlte sich nicht schlecht an, stellte ich fest. Es fühlte sich eigentlich sehr, sehr angenehm an.
 

Edward seufzte. „Sorry, Temperaturunterschied.“
 

„Kein Problem.“
 

„Ich werde es dir hier gemütlicher einrichten. Ein Bett vielleicht, etwas Kleidung, brauchst du irgendwelche…“ er kratzte sich am Hinterkopf und sah ein klein wenig nervös aus.

Vorsichtig beobachtete ich diese neue Seite an ihm. Er mied den Blickkontakt und als er dann endlich die Hand von seinem Haar löste, vergrub er beide Hände tief in den Taschen seiner Jeans und schaute mich direkt an.
 

„Ich sollte wissen, wann… aber darüber reden wir später.“
 

Bald darauf liefen wir durch die verlassenen Hallen. Edward zerrte mich nicht, er drängte auch nicht, wir liefen ruhig nebeneinander her. Nach der dritten Abzweigung fragte ich ihn ganz leise, ob es hier immer so still und leer war, woraufhin er mit einem deutlichen Nicken antwortete. Die Treppen hinauf zu laufen war sehr anstrengend und ich musste mehrere kurze Stopps einlegen, um nach Luft zu schnappen. Ich krümmte mich etwas, um mein Seitenstechen zu mildern und schaute mit halb geöffneten Augen zu ihm auf. Edward stand geduldig hinter mir, mit einer Taschenlampe beleuchtete er für mich die Treppen.
 

Seine Augen wanderten zu mir und für eine lange, sehr lange Sekunde kam es mir so vor, als würde mir jemand etwas sagen wollen. Ob es irgendeine geheime Fähigkeit von Edward war, mein Unterbewusstsein, mein Körper oder irgendeine höhere Macht, wusste ich nicht. Mir kam es nur so vor, als würden wir in diesem kurzen Augenblick ein kurzes, wortloses, intimes Gespräch miteinander führen. Ich wusste nicht, was wir uns sagten, ich wusste nur, dass es da eine unsichtbare, unauffindbare Verbindung gab.
 

Merkwürdig, diese Vampire. Ich konnte noch nicht einmal darüber scherzen, wie ich es sonst tat. Etwas in mir sagte, was ich tun musste, sagte, dass ich diesem Gefühl unter allen Umständen immer und überall vertrauen sollte. Ein Gefühl, das ich weder benennen, noch unter irgendeine Kategorie stellen konnte. Es war einfach nur da, tief in mir. Und es schien immer mächtiger zu werden.
 

„Lauf.“ Ordnete er nach einer Schweigeminute an und die restlichen Minuten, die ich zum Treppensteigen benötigte, konnte man nur mein watscheliges Tapsen hören.
 

In der frischen Luft angekommen, nahm ich erst einmal tief Luft und streckte mich. Edward packte die Taschenlampe weg und lief los. Ich folgte ihm und rieb meine Fußsohlen in die Erde, um mit ihrer Wärme die Kälte zu ersticken.
 

Ich hatte keine Ahnung, wohin er mich führte, bis die Wälder sich immer mehr lichteten und ich erste Anzeichen von Zivilisation erblickte. Straßenlaternen, Parkbänke und Mülltonnen. Dann kamen gepflasterte Wege und ein dummes, weites Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus.

Das war die Stadt. Das war Volterra. Wir waren nicht direkt in der Stadt, eher außerhalb, doch ohne Zweifel führte dieser Weg zum Rathaus und großen Brunnen. Meine Umgebung kam mir wie ein Bild aus anderer Zeit, einem anderen Leben vor.
 

Jede Sekunde, jeden Schritt und jedes Geräusch genießend folgte ich Edward.

Wir liefen tatsächlich noch tiefer in das Wohngebiet hinein. Die Häuser waren alle nicht besonders hoch und nur die wenigsten waren noch beleuchtet. Ich machte keinen Aufstand, schrie nicht herum. Mittlerweile war ich mir bewusst, wie schnell Edward war. Der richtige Augenblick für die Flucht war noch nicht gekommen.
 

Wir liefen in einen kleinen Garten, in dem ein ebenso kleiner Brunnen stand. Dort wusch ich mir die Hände und schlich mich wieder auf das warme Graß. Der Asphalt fühlte sich nicht so gut an unter meinen Füßen wie die Erde. Ich schaute mich um, wollte den stillen Edward fragen, wie weit es noch war und ob er annahm, dass ich mich wieder mit einem Brunnen zufriedengeben würde, doch von ihm war keine Spur zu sehen. Bevor ich allerdings übermutig werden konnte, stand er auch schon wieder an meiner Seite und streckte mir- scheinbar widerwillig- den Arm entgegen.

Ich schaute ihn verwirrt an.

„Ich muss dich tragen. Wir gehen durch das Fenster rein.“
 

Zögernd lief ich zu ihm und er verzog das Gesicht, als er mich auf den Arm nahm. Sicher roch ich widerlich… wobei ich mir ziemlich sicher war, dass er sich nicht wegen meinem Gestand- oder meinem Blut- so merkwürdig benahm. Denn wann immer ihn mein Blut störte, nahmen seine Augen eine dunkle Farbe an. Jetzt hingegen waren seine Augen ein süßes Gold. Mir war zuvor nicht aufgefallen, wie hell und tief seine Augen waren. Verschiedene Braunkleckse, die halb von einem hervor strahlenden gelb überdeckt wurden, verzierten in winziger Größe die warme goldene Farbe. Selbst seine Pupillen waren nicht pechschwarz, sondern mit einem dunklen braun vermischt.
 

Ich bemerkte nicht, dass er stehen geblieben war und mich mit einer hochgehobenen Augenbraue anstarrte. Mein Gesicht hatte sich ihm genähert, um besser seine Augen erforschen zu können. Ich realisierte nicht, was ich sagte, bis es zu spät war, um die Worte wieder zurückzuziehen.

„Du hast wunderschöne Augen.“
 

Edward weitete geschockt die besagten wunderschönen Augen, und ich meine mit ihm. Was um alles in der Welt war in mich gefahren? Als wäre das nicht genug, sprach mein selbstständiges Mundwerk weiter.
 

„Ich, es, das, das tut mir leid, ich wollte nicht, ich meine, ich meine nicht, deine Augen sind nicht schön, ich meine doch, sie sind schön, aber das wollte ich nicht sagen, ich habe es gedacht, aber es war falsch es auszusprechen, ich… können wir einfach so tun, als hätte ich nie etwas gesagt?“
 

Er holte tief Luft und nickte. Dann kniff er kurz die Augen zu und zog die Lippen- die, wie ich nebenbei bemerkte, auch wunderschön waren- zu einer schmalen Linie.
 

„Isabella,…“ flüsterte er.
 

„Bella.“ Korrigierte ich ihn, bevor er weitersprechen konnte.
 

„Bella.“ Edward öffnete die Augen. Sie wirkten jetzt etwas heller.

Sie waren tatsächlich heller, wie ich auf den zweiten Blick feststellte.
 

Mir war wirklich nicht bewusst, dass ich ihn seit seiner Rückkehr musterte. Zuvor hatte ich nicht die Nerven gehabt, wirklich auf ihn einzugehen.
 

„Was tust du nur?“ fragte er, seine Stimme klang flehend und beinahe etwas panisch.
 

Ich zuckte mit den Schultern, hatte keine Ahnung, wieso ich mich so benahm wie ich mich benahm. Schätze mal das war nicht unüblich nach all dem Trauma und wenn feststand, dass ich sehr bald schon sterben konnte. Ich wollte das Beste aus meinem Leben machen.
 

„Was tust du nur?“ wiederholte er, als ich nicht antwortete.
 

„Ich weiß es nicht, Edward.“ Sprach ich leise und wandte meinen Blick nicht von dem schönen Gold ab.
 

„Hast du Angst?“ wollte er wissen.

Angst wovor, fragte ich mich? Es gab so viel, was ich fürchtete. Fürchten musste. All das hier, die Vampire, ihn, Edward, den Tod… was genau meinte er mit Angst?

Da ich, ganz egal wie ich diese Frage drehte, immer zu einer Antwort kam, nickte ich.
 

„Ich auch.“ Sagte er in dem ehrlichsten aller Töne. „Auch ich habe Angst.“
 

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Irgendwelche Ideen, was Edward gespürt hat oder wovor er Angst hat? Und was Bella beginnt zu spüren? Es ist nicht direkt Liebe, dafür ist es noch zu früh.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Renesmee-Bella
2010-08-10T11:48:58+00:00 10.08.2010 13:48
Super Kapitel,
Hmm ich denke, das Edward evtl. angefangen hat sich zu verlieben und Angst vor der Zukunft hat und evtl um Bella.
Und Bella hat vor allen Angst, den es ist ja noch alles sehr ungewiss für sie.

cu R.-Bella
Von: abgemeldet
2010-06-03T22:16:53+00:00 04.06.2010 00:16
^^Naa.. Liebe wär ja bissel schnell gegangen.
Ich tippe bei Edward eher auf Menschlichkeit. Er spürt (denke ich) wieder das, was er von Carlisle gelernt hat.
Und Angst haben sie beide.. Jaja.. Bella wohl hauptsächlich vor Allem, abgesehen von Edward, den sie ja offensichtlich irgendwie "wunderschön" findet.
Und Edward vor der Zukunft, er ist ja jetzt schon beunruhigt von dem was er fühlt..

:D Die Sache mit Feilx war irgendwie lustig. Ich dachte zuerst nur: "Oh nein. Was passier jetzt?!" Aber als der dann das Klebeband ausgepackt hat, musste ich doch schmunzeln.

(: Schönes Chap! Ich freu mich auf das Nächste.


Von: abgemeldet
2010-06-03T15:41:09+00:00 03.06.2010 17:41
Nicht?
Ich hätte auf Liebe getippt...na ja, bei Edward vllt vor allem, dass er sich anfängt menschlich zu fühlen - aber bei beiden defenitiv, dass sie ETWAS für den anderen empfinden...wenn auch nicht gleich Liebe. ^^

Das Kap war wieder mal toll, spannend und süß - besonders der Schluss!
Aber immer noch viel zu kurz, bin das von dir gar nicht gewohnt *lach*
Schreib schnell weiter!

*knuff*
Von: abgemeldet
2010-06-02T20:43:09+00:00 02.06.2010 22:43
wow, wieder richtig tolles kapital.

Ich denke das die beiden langsam merken, dass es irgendwas gibt, das sie sehr stark verbinden, sie fangen vielleicht an das verliebt sein zu spüren.

beide kennen solche gefühle nicht und verstehen nicht warum der körper so wie die sinne auf einmal auf den anderen reagieren.

angst: bella generell ihre situation, bei edward ist es wiederrum tiefgründiger, er hat angst vor dem neuen, was er auf einmal für bella empfinden oder sich entwickelt.

hmm, das waren so meine gedanken dazu, keine ahnung, ich bin mir sicher, das du uns alles spannend weiter erzähln wirst...;-)



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