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Lebe deine Träume

Thief Bakura x Ryou
von

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Nichts als Ärger

Da die Geschichte im alten Ägypten spielt wollte ich noch darauf hinweisen, dass ich ein paar Namen anders geschrieben habe.

Ryou = Ryo

Mokuba = Mokuma
 

Kapitel 1: Nichts als Ärger
 

Na gut, im Grunde genommen ist das doch ganz leicht, dachte Ryo bei sich.

Da war der Nil und dort musste er hin.
 

Ryo sah zu dem etwa dreißig Fuß entfernten Fluss und atmete tief ein und aus bevor er auf diesen zuschritt. Viele Pflanzenarten, Büsche und Palmen wucherten am Rande des Nils und hinter jedem lauerte Gefahr für einen Jungen wie Ryo. Es war eine sehr große Hürde, die der Weißhaarige da meistern musste und es fiel ihm sichtlich schwer auch nur einen Schritt zu tun. Die Krüge, die er füllen musste fest in beide Hände krallend setzte er sich schließlich am Rande hin und tauchte das Gefäß in das tiefe dunkle Gewässer. Doch die Aufmerksamkeit des Jungen galt nicht seiner Aufgabe, sondern den Nilpferden und Krokodilen, die hier hausten. Es waren Fleisch- und Aasfresser wie man schon oft beobachtet hatte und Ryo wollte schließlich keins ihrer unzähligen Mahlzeiten werden. Keiner von den Tieren war begeistert, dass dieser Mensch ihr Wasser stahl. Wegen ihnen hatte Ryo so gezögert. Wer wollte auch schon von Tieren aufgefressen werden? Die sonst so friedfertigen Nilpferde schnaubten dass das Wasser aufschäumte und eines kam sogar näher zu Ryo. Es war eine Mutter, dessen Kalb schwamm im Wasser und tollte unbekümmert herum. Nilpferde konnten äußerst aggressiv und gefährlicher werden als ein Krokodil.
 

Dem Jungen reichte es nun aber, denn die Situation wurde brenzlig. Das erste Gefäß war voll und gerade wollte er das zweite füllen, da sah er ein Krokodil auf sich zuschwimmen. Sein Blick war so geübt, dass er die kleinen Äuglein im trüben Wasser gut erkennen konnte. Sie sahen direkt zu ihm und kamen immer näher. Trinkwasser hin, oder her das war zuviel es Guten! Ryo stand schnurstracks auf, nahm beide Gefäße in den Arm und stolperte vom Nil weg. Er war gerettet, doch das Krokodil musste weiter hungern und schwamm wieder in eine andere Richtung. Nächstes Mal würde er sich eine leichtere Beute suchen müssen.
 

„Ryo? Ist alles in Ordnung?“, fragte Mokuma, Ryos jüngerer Leidensgenosse, der auf ihn gewartet hatte. Er stand einige Meter vom Nil entfernt unter zwei Palmen, die ihm Schutz vor der Sonne boten. Als er sah, dass Ryo so auf ihn zurannte konnte er schon ahnen, dass dieser eine unangenehme Gesellschaft bekommen hatte.

„Eins der Krokodile wollte mich fressen“, keuchte Ryo außer Atem und blieb stehen, um sich zu beruhigen. Er hatte gerade einen ganz schönen Schreck bekommen, auch wenn das Krokodil ihn nicht mal erreicht hatte. Warum musste Wasser holen nur immer so schwierig sein? Die Götter hatten es wahrlich nicht gerade für sie einfach gemacht. Mokuma empfand Mitleid für den Älteren und strich ihm beruhigend über den Rücken. Ein Blick zum Nil aber zeigte ihm, dass die Bewohner des Flusses wieder verschwunden waren, tief ins Wasser getaucht. Still und friedlich wie immer zog der Fluss weiter.
 

Doch das war nicht ihr einzigstes Problem mit denen die beiden tagtäglich zu kämpfen hatten. In der Nähe des Nils siedelten viele Städte und auch wenn die beiden Waisenkinder ohne die Zivilisation nicht überleben konnten waren sie dort nicht gerade willkommen. Sie hatten es regelmäßig mit den Stadtwachen zu tun und in diesem Moment kam wieder einer auf sie zu. Er war groß und kräftig, ein Mann in den besten Jahren. Seine Muskeln waren gut ausgeprägt und ein strammes Kinn hatte sich angespannt verzogen. Der Mann war sauer und gegen den hätten sie keine Chance.

„Was macht ihr hier und woher habt ihr den Krug? Sicher gestohlen, oder? Ich kenn doch euresgleichen“, wollte der Wachmann in einem Ton wissen, der Ryo erschaudern ließ.

„Nein, Herr. Die Krüge gehören uns und sie sind nicht gestohlen. Bitte Herr, wir brauchen doch etwas zu trinken“, beteuerte Ryo wahrheitsgemäß und hielt die Krüge fest gegen seine Brust gepresst. Unsicher sah er mit seinen dunklen braunen Augen zu dem Älteren auf und hoffte auf Gnade. Es war schon peinlich genug, dass die Stadtbewohner nun auf sie schauten und anfingen zu tuscheln. Schon oft hatte die Stadtwache ihnen etwas weggenommen, da sie es für gestohlen hielten und ihnen jegliche Besitztümer verwehrten. Bitte nicht auch noch heute.

„Hm“, brummte der Mann und sah Ryo abschätzig an, als müsse er überlegen ob der Junge die Wahrheit sagte. „Na gut, ich bin ja kein Unmensch, aber fangt bloß nicht wieder an zu betteln. Das sehen die Bürger gar nicht gern“

„Vielen Dank, Herr!“, kam es von Mokuma und von Ryo aus einem Munde. Der Wachmann wandte sich irritiert ab und machte wieder seine Runde durch die Straßen der Stadt Memphis, ohne die beiden noch weiter zu beachten.
 

Es war so schwierig als jemand der weniger wert war als ein Sklave in einem so reichen Land wie Ägypten zu überleben. Die meisten Häuser bestanden zwar aus Lehm, doch sie strahlten so weiß, dass man meinen könnte sie wären aus Alabaster. Die Menschen trugen teilweise sehr gute Stoffe um ihren Körper vor der Sonne zu schützen. Natürlich war es nur einfaches Leinen, doch die beiden Waisenjungen hätten gern einmal so sauberes Material getragen wie die Bürger. Sie beneideten diese dafür. Es gab Sklaven, die ihnen das Wasser aus dem Nil holten und die ihre reich verzierten Töpfe auf dem Marktplatz verkauften. Doch ihre Begeisterung für zwei Straßenjungen hielt sich sehr in Grenzen. Beide, Ryo mit seinen fünfzehn und Mokuma mit seinen neun Jahren, mussten das an ihren eigenen Leibern erfahren. Hart war das Leben auf der Straße und einige Leute wandten auch Gewalt gegen sie an. Zu oft mussten sie schon hungern und da war jemand wie dieser Wachmann ein Geschenk der Götter. Er war gnädig zu ihnen gewesen, während andere über sie spotteten.
 

„Komm Mokuma, wir suchen uns ein schattiges Plätzchen und kochen das Wasser ab, dann können wir es auch trinken“, schlug Ryo erleichtert vor und drehte sich von den tratschenden Frauen weg, die es immer noch nicht lassen konnten sich über sie lustig zu machen. Mokuma nickte lächelnd, nahm Ryo den leeren Krug ab und zusammen gingen sie etwas außerhalb der Stadt um sich ein ruhiges Plätzchen zu suchen. Im Schatten unter einer Reihe von Palmen entzündeten sie durch Reibtechnik und der Hitze der Sonne ein kleines Feuer, vorher hatten sie natürlich kleine Äste aus Sträuchern und anderen Wüstengewächsen gesammelt. Die erst kürzlich eingetretenen Überschwemmungen hatten viele Pflanzen sprießen lassen, sodass Ägypten wieder von einer grünen Farbpracht verziert war. So konnte man sich überall die süßesten Früchte pflücken, ohne jemanden zu verärgern. Bald schon würde die Nilflut gänzlich über das Land einbrechen und die Bürger mussten wieder ihre Arbeit an der Pyramide fortsetzen. So war es jedes Jahr.
 

Mokuma hielt sein langes schwarzes Haar fest hinter seinen Nacken und pustete, sodass sich erst Rauch bildete und dann zu Flammen ausarteten. Vorbeiziehende Menschen blickten ihnen argwöhnisch zu, doch daran waren sie schon gewohnt. Es tat weh und Ryo sah ihnen traurig nach, aber ändern konnte er es nicht. In ihren Augen waren sie keine armen mitleidsvollen Kinder, sondern dreckige kleine Diebe, die ihre Finger nach ihren Gegenständen ausstreckten. Seit die Armut in diesem Land herrschte waren die reichen Stadtbewohner noch arroganter und herzloser geworden. Kinder wie Ryo und Mokuma verglichen sie oft mit einer Heuschreckenplage. Irgendwo hatten sie damit ja auch recht, doch waren Mokuma und er deswegen schlechte Menschen?
 

„Was ist los, Ryo, du wirkst so traurig?“, fragte Mokuma und stocherte im Feuer herum.

„Ich frage mich, warum uns eigentlich alle so hassen? Wir können doch nichts für unsere Armut“, antwortete Ryo und zog sein Knie bis an sein Kinn. Sein Blick war traurig und die haselnussbraunen Augen sahen über die weite Sandebene bis hin zum Obelisken, der groß und mächtig über alle Gebäude Ägyptens ragte. Mokuma betrachtete ihn etwas. Ryo war ein hübscher junger Mann geworden, mit sanften weichen Zügen und langen Wimpern. Er wirkte sehr zierlich und zerbrechlich, doch er war schlau. Vielleicht sogar schlauer als so mancher Adliger mit entsprechender Bildung. Dessen Frage überraschte ihn.

„Das erklärst du mir doch immer, Ryo. Die Leute tun das weil sie uns nicht verstehen“

„Und doch könnten sie es wenigstens versuchen...“, meinte der Weißhaarige und seufzte dabei schwer. „Aber es ist mir alles egal solange nur du an meiner Seite bist, mein kleiner Bruder“

Mokuma lächelte geschmeichelt von Ryos Antwort. Der Ältere hätte das wirklich nicht schöner sagen können und Mokuma stand auf und umarmte Ryo ganz fest. „Wir sind ein Herz und eine Seele, nicht wahr Ryo? Uns bringt nichts auseinander“

„Nein, dass schafft niemand“, antwortete Ryo sanft und gab dem schwarzhaarigen Jungen einen Kuss auf das volle Haar. Mokuma kicherte daraufhin und sofort zog er dabei die freche Nase kraus, was seine charakteristischen Gesichtszüge zur Geltung brachte. Mokuma war frech und sah auch so aus. Er könnte einmal ein sehr charmanter Herzensbrecher werden, da war sich Ryo sicher. Doch heute und hier und jetzt war er sein kleiner Bruder.
 

Bis zum Sonnenuntergang blieben die beiden ungleichen Freunde auf den Sanddünen sitzen und genossen das farbenprächtige Schauspiel der untergehenden Sonne, ehe sie sich auf machten und in die Stadt gingen. Besser gesagt sie schmuggelten sich in die Stadt ein und gingen den Stadtwachen aus den Weg. Trotz der recht späten Stunde waren noch reichlich viele Menschen unterwegs. Besonders Adlige, oder höher gestellte Bürger. Mokuma und Ryo saßen an einer Hauswand gelehnt neben zwei alten Ölholzfässern und bettelten um Almosen. Zwar hatten sie dem Wachmann versprochen nicht zu betteln, doch wenn er das wirklich geglaubt hatte, dann war er ein dummer Mann. Ryo und Mokuma lebten durch Bettelei und die zwei Fässer dienten auch dazu, das sie nicht sofort gesehen wurden. Das war die einzige Möglichkeit an Geld zu kommen, da ihnen sonst niemand eine Arbeit gab, geschweige denn eine ordentliche Bleibe. Wer wollte schon Obdachlose in ihren Diensten, die wohl noch nie ein Haus von innen gesehen hatten? Ihren dünnen Körpern und den zerschlissenen Lendenschürzen sei Dank machten sie auch einen sehr bemitleidwerten Eindruck. Besonders Mokuma, der ja der Jüngere von beiden war.
 

Es lief zum Glück weiterhin und noch eine ganze Weile lang sehr gut, da heute ein großer Markttag war. Die Herzen der Menschen erweichten als sie in die großen Augen der beiden schauten. Das war schon immer ihre geheime Waffe. Wenn ihr Leben für diese Menschen schon an sich nichts wert war, so hatte man doch nichts weiter zu verlieren als es durch Bettelei zu versuchen. Sowohl Mokuma als auch Ryo weckten bei anderen den Beschützerinstinkt, vor allem bei Mütter. Mokuma war mit seinen neun Jahren noch ein kleiner Junge, mit schönen dunkelblauen Augen. Er hatte zwar ein recht robusten Körperbau, doch durch das lange Haar, den kleinen Händen und den noch weichen sanften Zügen wirkte er mehr als unschuldig. Ryo dagegen wirkte feminin und schwach. Mit seinen großen schokoladenbraunen Augen und dem vollen weißen Haar, die in sanften Locken über seinen Rücken flossen, hatte er etwas reines, zerbrechliches an sich. Im Gegensatz zu Mokuma besaß er einen schmalen Körperbau, wirkte grazil und anmutig. Beide benutzten ihre Vorzüge, die ihnen halfen in die Herzen der Leute zu gelangen und sie zu berühren.
 

Doch das Glück blieb ihnen nur kurz treu, denn der Wachmann, dem sie heute schon begegnet waren, kam in die Straße gebogen und sah die beiden sofort. Man konnte ihm förmlich ansehen wie er innerlich explodierte, wie ein Kessel, der schlecht getöpfert war. Sein Gesicht wurde rot, dass man denken konnte er würde sogleich Feuer spucken. Ryo war der Erste der ihn sah und packte Mokumas Arm. Sein Gesicht zeigte Mokuma wie ein offenes Buch das sie kurz davor waren Ärger zu bekommen.

„Schnell... wir müssen fliehen!“, erklärte der Ältere auf den fragenden Blick hin. Sie standen auf und da erkannte Mokuma auch den bereits auf sie zurennenden Wachmann. Er war sehr verärgert und es sah aus als wolle er sie verprügeln, auspeitschen und anschließend vierteilen lassen. Beide schnappten sich ihr weniges Hab und Gut und machten sich schließlich auf und davon. Der Wachmann war an sich schneller als die beiden, doch sie kannten sich in den vielen Winkeln Memphis‘ besser aus. Der sandige Boden wurde dem Wachmann ebenfalls zum Verhängnis. Es gab so viele Nebengassen und in jedem war irgendetwas das ihn aufhielt.
 

Der Wachmann erschrak als ein ziemlich großer Hund knurrend auf ihn zukam und dessen Besitzer gerade etwas vom Fenster aus einem Krug entleerte.

„Mann! Halt gefälligst dein Hund still, sonst lass ich ihn mitnehmen!“, rief er ihm noch zu, ehe er weiter rannte und eine Frau mit Wäschekorb fast übberannte. Mokuma kicherte von seinem Versteck aus, dass er mit Ryo teilte. Letzterer dagegen saß still dort und beobachtete wachsam ihren Verfolger. Sich hinter einem Wagen, der voll von Ölfässern war, zu verstecken konnte sie schnell wieder in Schwierigkeiten bringen. Außerdem schaute ein neugieriger Esel immer zu ihnen hin.
 

Wie es weiter geht und ob sie dem Wachmann entkommen erfährt ihr im nächsten Kapitel

Ein Kampf um Leben und Tod

Marik Ishtar = Malik
 

Kapitel 2 - Ein Kampf um Leben und Tod
 

Die Lage war gerade zum zerreißen gespannt. Weder Ryo noch Mokuma traute sich groß zu bewegen. Noch hatte sie der Wachmann hinter dem Karren nicht sehen können, stattdessen ging er an diesen vorbei, sein Speer immer in der Hand haltend. Ryo beobachtete die Füße des Wachmanns, die er unter dem Wagen sehen konnte. Der Karren stand auf der Straßenseite, damit er niemandem störte und zwischen diesen und der Wand eines Hauses versteckten sich die beiden Waisen. Zugegeben nicht das beste Versteck, aber auf die Schnelle hatten sie nichts besseres finden können.
 

„Wo seid ihr verdammten Bälger!“, rief der Wachmann plötzlich, sodass die Flüchtlinge kurz zusammen zuckten und den Atem weiter anhielten. Ryo drehte sein Gesicht nur minimal, sodass er nur knapp an dem Karren vorbei auf die Straße sehen konnte und er entdeckte den Wachmann. Hoffnung keimte in ihm auf, denn dieser war wirklich schon an dem Wagen vorbei gelaufen und kurz davor in eine andere Seitenstraße zu biegen. Nun konnte er sich leisten sich etwas zu entspannen. Mokuma spürte dies und lockerte sich auch etwas. Beide tauschten Blicke aus und während Ryo immer wieder zu dem Wachmann sah zeigte er seinem schwarzhaarigen Freund mittels Handzeichen, dass dieser sich langsam in die Richtung bewegen sollte, aus der sie gekommen waren. Der Kleine verstand sofort und machte den ersten kleinen Schritt. Ryo tat dies auch. Es war gewagt, doch wenn sie hier noch ewig stehen blieben, dann würde der Wachmann sie früher oder später doch entdecken. Schritt für Schritt schlichen sie die Jungs an den Wagen vorbei, ohne den Wachmann aus den Augen zu lassen. Doch als dieser in eine Seitengasse ging, nahmen die Beiden die Beine in die Hand und rannten so schnell weg wie sie nur konnten.
 

Der Wachmann hatte sie nicht flüchten sehen und somit das Nachsehen. Verwirrt sah er wieder in die Straßengasse wo der Karren stand, doch die beiden waren schon längst über alle Berge. Nach einer Stunde erfolglosem Suchen sah auch er es schließlich ein und gab auf. Doch er schwor sich beim nächsten Mal viel härter durchzugreifen. Seine Wut auf Ryo und Mokuma war nun groß genug, dass sie ihm kein zweites Mal entkommen würden. Nicht umsonst war er, Meremje, Wachmann der königlichen Stadt Memphis geworden. Die Beiden würden was erleben sollten sie ihm jemals wieder über den Weg laufen.
 

Die Götter waren Mokuma und Ryo heute wirklich gnädig. Schnaufend kamen sie auf den großen Marktplatz an und mischten sich unter den Menschen, in der Hoffnung sie würden nicht auffallen. Die Flucht hatte den Beiden allerdings die Augen geöffnet. Hier, in dieser Stadt, waren sie nicht länger sicher. Es war nur noch eine Frage der Zeit wann sie einer der Wachposten des Pharaos gefangen nehmen würden.

„Was machen wir nun, Ryo?“, fragte Mokuma seufzend und nahm Ryos Hand, doch dieser wusste nur noch eine Lösung. Beide waren keine großen Diebe, sie würden verhungern und deshalb beschloss er schweren Herzens Memphis zu verlassen, da sie hier einfach zu bekannt waren. Bald schon würde ihnen niemand mehr Geld geben. .

„Wir werden die Stadt verlassen“, antwortete Ryo entschlossen, was Mokuma sehr verwirrte. Mit dem Geld, das sie erbettelt hatten kauften sie sich ein Kamel namens Sahib, sowie Schutzkleidung als auch Wasser und Brot. Mokuma war über Ryos plötzlichen Plan sehr überrascht.

„Muss das wirklich sein?“, Mokuma ging seinem Älteren Freund nach, doch er verstand noch nicht wirklich wieso sie nicht noch weiter hier bleiben konnten.

„Ja, weil Memphis zu teuer wird, Mokuma und die Stadtwache wird uns gegenüber auch immer misstrauischer. Es dauert nicht mehr lange und sie kennen uns mit Namen und wir landen in den Kerkern des Palastes. Das müssen wir tunlichst vermeiden.“, erklärte Ryo und als sie die Stadtgrenze erreicht hatten kniete er sich noch mal zu seinem kleinen Freund runter. „Ich weiß, dass es schwer ist für dich diese Stadt zu verlassen, aber es gibt noch viel schönere... und auch ärmere, in denen wir besser überleben können. Ich hoffe du verstehst das“
 

Mokuma schien verstanden zu haben, doch sah er dem noch skeptisch gegenüber, besonders als sie Stadt entgültig verließen und die Wüste vor Augen hatten. Für einen kleinen Jungen wie ihn kam die Wüste groß und bedrohlich vor. Ängstlich sah er zurück, wo die Stadt Memphis wie ein schönes Panoramabild hinter ihnen lag. Ryo war dagegen offensichtlich optimistisch und half Mokuma auf das Kamel rauf und setzte sich vor ihm hin, um die Zügel zu übernehmen. Die nächste Stadt lag zum Glück nicht weit weg und Ryo wusste in etwa den Weg.
 

„Und wohin reisen wir, Ryo?“, fragte der schwarzhaarige Junge und hielt sich am Höcker des Kamels fest.

„Nach Sakkara. Wir brauchen nur drei Tage bis dorthin“, antwortete Ryo ruhig und schaute hinter sich um Mokumas Gemütszustand zu erfahren. Es machte den Älteren etwas Sorgen, dass sie einfach so abreisen mussten, ohne dass sich Mokuma wirklich auf die neue Situation vorbereiten konnte. Das musste für den Jüngeren ein großer Schock sein. Ryo blieb aber keine andere Wahl. Sobald der Bekanntheitsgrad gestiegen war musste ein Dieb den Ort wechseln. Ryo seufzte und sah wieder nach vorne. Mokuma war alles was er hatte und er würde dem Kleinen soviel Trost und Zeit zur Gewöhnung geben wie er brauchte.
 

So entfernten sich die beiden Waisenjungen von ihrer Heimatstadt und betraten ein ihnen völlig unbekanntes Gebiet, in der Hoffnung sie würden eine neue Heimat finden. Die Wüste war jedoch umbarmherzig. Trotz der schützenden Umhänge und Stoffe schürfte der wehende Sand ihre Haut auf. Eine Qual, die jeder Mensch in der Wüste durchmachen musste. Zu ihrem Pech wurde der Wind auch noch stärker und sie mussten ihre Gesichter mit den Händen verbergen..
 

„Mokuma! Ich fürchte, dass ist ein Sturm!“, rief Ryo ernst und kniff die Augen zusammen, doch es war zwecklos. Er sah absolut nichts mehr. Jetzt half ihnen nur ein Wunder. Mokuma versteckte sich hinter Ryos Rücken und konnte sich gut vor den Sandsturm verbergen. Doch auch der Weißhaarige versteckte nun sein Gesicht hinter den Nacken des Kamels, so dass kein Sandkorn mehr in sein Auge flog. Seine Hände krallte er in die Leine, suchte Halt und Schutz. Sein Körper bebte und sein Atem beschleunigte sich. Die Schutzkleidung flatterte im starken Wind, doch das Kamel trabte ruhig weiter.
 

Es dauerte nicht lange bis sich der Wind wieder legte. Auf einmal war alles wieder still. Ryo sah verwirrt auf und musste feststellen, dass es bloß falscher Alarm war. Er kannte sich mit Stürmen zwar nicht aus, aber das war wohl doch keiner gewesen, sondern bloß ein etwas stärkerer Wind. Erleichtert seufzte er auf.

„Du kannst wieder gucken, Mokuma. Das war kein Sandsturm“, sagte Ryo beruhigt bescheid. Mokuma hob den Kopf nur vorsichtig, doch als er sah, dass der Ältere recht hatte richtete er sich wieder ganz auf. Heute war wirklich ihr Glückstag.

„Den Göttern sei Dank. Ich hatte solche Angst. Ich dachte schon wir müssten sterben“, keuchte Mokuma und klopfte sich den Sand von seinem Gewand ab. Ryo tat es ihm gleich und schüttelte sein Haar aus, was nicht ganz einfach war, da sie immer noch auf dem Kamel saßen.

„Wollen wir nicht mal eine Pause machen?“, fragte Mokuma anschließend nach. In der Wüste war es noch viel unerträglicher als in der Stadt. Ihm kam es so vor als wolle ihn der Sonnengott leibhaftig braten wie eine Ziege am Feuer.

Ryo sah zu den Kleineren nach hinten und schaute diesen skeptisch an. Mokuma erwiderte den Blick flehend. Eigentlich war der Ältere dagegen, da sie sonst nur unnötig länger in dieser kargen Gegend aushalten mussten. Doch diesem liebenswürdigen Blick konnte sich Ryo nicht entziehen.

„Na gut, aber erst wenn wir eine Oase finden“, antwortete Ryo schmunzelnd und Mokuma jubelte wieder munter vor sich hin.
 

Die Stunden zogen sich entlos lang.

Alles brannte, alles trocknete aus.

Mokuma und Ryo waren so durstig und weit und breit konnten sie keine Oase ausmachen.
 

Erst als die Zunge trocken im Gaumen lag und die Sinne ihnen schon einen Streich spielten sahen die beiden Jungen von weitem eine Oase. Doch war das nicht vielleicht nur eine Fata Morgana, ein Trugbild ihrer strapazierten Nerven? Die Hitze setzte ihnen schon seid Stunden zu und die Augen brannten von all dem Sand, der hier herum flog.

„Meinst du das da drüben ist eine Oase?“, fragte Mokuma skeptisch, denn er hatte die Hoffnung auf eine frische Wasserquelle schon aufgegeben.

„Wenn du sie sieht und ich auch können wir uns eigentlich kaum täuschen“, stellte Ryo kühn fest und hielt das Kamel an, bevor er abstieg. Er rieb sich den Sand vom Gesicht, um besser sehen zu können. Die Oase lag in ihrer vollen Pracht vor ihnen. Ryo konnte seine Freude kaum zurück halten. „Wir haben es tatsächlich geschafft, Moki! Das ist wirklich eine Oase!“, rief er freudig und zog das Kamel hinter sich her.
 

Doch ihre Freude wurde jäh unterbrochen, denn bei näherem hinsehen bemerkten sie, dass da bereits schon jemand saß. Ein Pferd trank aus der kühlen Quelle und eine kleine Lagerstätte in der Nähe des Wassers war auch schon aufgestellt worden. Nur den Reiter selbst entdeckten sie nicht. Ryo und Mokuma schauten sich stirnrunzelnd an, denn immerhin konnte es sich hier nur um einen einzelnen Mann handeln. Es wäre also bestimmt nicht allzu gefährlich sich dazu zu gesellen, oder?
 

Entschlossen näherte sich der Ältere der beiden Waisen der Lagerstätte und das Kamel folgte ihm. Wer auch immer sich hier ausruhte musste gerade ausgetreten, oder verschwunden sein, denn es war niemand weit und breit zu sehen. Ryo kam das schon sehr merkwürdig vor und vorsichtig wie er nun Mal war schaute er sich sogleich unruhig um. Der Sand klebte überall an seiner Kleidung und er würde sich am liebsten waschen, doch die Sicherheit ging nun Mal vor. Es schien sie aber niemand angreifen zu wollen, als Ryo sich näherte und das Kamel an einer Palme band. Verwundert ließ Ryo noch Mal seine braunen Augen über die vielen Dünen gleiten.

„Es scheint hier niemand zu sein. Lass uns baden gehen“, brach Mokuma die Stille schließlich und stieg ab. Langsam zog er seine Kleidung aus, um ins kühle Nass zu springen. Ryos Sorgen verstand er überhaupt nicht, denn ganz offensichtlich war hier doch keiner.

„Sei bitte vorsichtig...“, flüsterte der Weißhaarige sorgevoll, während er Mokuma zusah, wie er sich auszog. Er selbst stand noch beim Kamel und lud ihren Proviant ab.
 

Keiner der beiden entdeckte den jungen Mann hinter dem Busch. Das sandblonde Haar fiel nur knapp über die Schultern und die lavendelfarbenen Augen schauten konzentriert, aber auch verärgert zu den beiden Jungen, die es sich an seinem Lagerplatz gemütlich machen wollten. Malik war sein Name und er war sechszehn Jahre alt. Neugierig besah er sich die beiden Waisen. Der Ältere von ihnen müsste etwa in seinem Alter sein, doch er wirkte sehr schwach und mit dem kleinen Schwarzhaarigen würde Malik erst recht fertig werden. Wie eine Katze schlich sich der blondhaarige Junge aus dem sicheren Versteck heraus und an die Beiden heran.
 

Doch wie das Schicksal nun Mal war verließ das Glück den Übermütigen sehr schnell. Malik verhielt sich noch ungeschickt und da dauerte es nicht lange und ein knackender Ast warnte die Eindringlinge bevor er sie angreifen konnte. Malik fluchte, doch Ryo und Mokuma sprangen wie von einer Skorpion gestochen auf und schauten zu der Stelle aus der sie das Geräusch vernommen haben. Der unglückliche Dieb war schneller entdeckt als er geahnt hatte. Ryo riss die Augen auf und vor Wut gepackt sprang Malik direkt auf diesen zu. Der Weißhaarige schrie auf, als er schmerzhaft zu Boden gebracht wurde und gleich darauf einen Dolch in den Händen des Diebes sah.
 

Mokuma traute seinen Augen nicht. Er wollte gerade ins Wasser als er den Anderen entdeckte und dieser auf Ryo losging. Sofort eilte er seinem ‚großen Bruder‘ zu Hilfe und sprang auf Maliks Rücken. Dieser sah überrascht nach hinten und handelte sich so einen kräftigen Kinnhaken ein. Ryo staunte als Mokuma es tatsächlich schaffte, dass der Andere von ihm runterrollte. Doch der Schreck war schlimmer als der Schmerz gewesen und Malik erholte sich von dem anfänglichen Schock sehr schnell.

„Du verdammtes Balg!“, zischte er und zielte mit dem Messer auf Mokuma. Dieser konnte nicht rechtzeitig ausweichen und wurde mit einer klaffenden Wunde am Arm bestraft. Ryo hielt den Atem an und stürzte sich nun seinerseits auf Malik. Er hatte schon bemerkt, dass ihr Gegner sich irgendwie immer nur auf einen von ihnen konzentrierte. Ein schwerer Fehler wenn man gegen zwei Gegner kämpfte und Ryo wollte diesen Fehler ausnutzen. Der Schweiß glänzte auf seiner Stirn und sein Gesicht verzog sich unter den Anstrengungen, die der Kampf ihm bot.

„Mokuma halt seine Beine!“, rief Ryo, während alle drei sich im Sand rangelten als wären sie alte Freunde, die bloß spielten. Für einen Außenstehenden musste das mehr als lächerlich aussehen, doch alle drei kämpften um Leben um Tod. Der Dolch blitzte im Schein der Sonne und machte Mokuma kurz blind, dennoch hielt er sich tapfer an den Beinen des Diebes geklammert. Malik keuchte, denn es war heiß und die körperliche Anstrengung belastete auch ihn. Offensichtlich hatte er die beiden Jungen unterschätzt, denn sie ließen nicht locker.
 

Es war nicht leicht, doch nach einer Weile hatte Mokuma es geschafft sich auf die Beine des Diebes zu setzen und Ryo setzte sich auf dessen Becken und drückte nun seine Arme zu Boden. Keuchend sah er Malik in die schönen lavendelfarbenen Augen.
 

„So, gib auf...“, verlangte Ryo außer Atem.
 

Wer Malik ist und was er in der Wüste verloren hat seht ihr im nächsten Kapitel.

Das Treffen der Diebe

Kapitel 3 - Das Treffen der Diebe
 

Eine Sinnflut aus Stolz und Hochmut durchströmte Ryos Körper als er auf das Becken des Blondhaarigen saß und dieser sich eingestehen musste, dass er verloren hatte. Malik war ein hitzköpfiger Junge und schon oft hatten ihn seine Leidensgenossen gewarnt lieber nicht zu voreilig zu handeln. Er wünschte sich, er hätte auf sie gehört. Nun saß er ganz schön tief im Schlamassel, denn obwohl die beiden Jungs auf ihn jünger waren und schwächlich wirkten, hatten sie letztendlich doch gewonnen. Knurrend sah er dem Weißhaarigen ins Gesicht. Maliks Stolz erlaubte es ihm nicht, doch er musste sich geschlagen geben, denn er wusste nicht wie weit die beiden Jungs gehen würden.
 

„Was ist nun? Gibst du auf?“, wiederholte Ryo die Frage und dachte gar nicht daran die Hände des Fremden loszulassen. Mit geübten Augen beobachtete er die Bewegungen des Jungen und hoffte, dass er ihm nicht mehr entwischen würde. Ein in die Ecke gedrängter Fremde könnte zu allem fähig sein und Ryo hatte keine Lust auf böse Überraschungen.

„Bleibt mir denn eine andere Wahl?“, fragte der Blonde die beiden Jüngeren und knurrte dann weiter, „Natürlich gebe ich auf!“

Das waren die Worte die Ryo hören wollte. Er ließ Maliks Hände los, nahm dessen Dolch an sich, blieb aber auf ihm sitzen. Auch Mokuma rührte sich sicherheitshalber nicht von der Stelle. Sie hatten schließlich nur Glück gehabt, das war ihm klar. Ryo sah Malik immer noch misstrauisch in die Augen und beobachtete das schöne Gesicht des Blondhaarigen. „Warum hast du uns angegriffen? Ist das etwa deine Lagerstätte? Wir hatten nicht vor etwas zu stehlen. Wir wollten uns hier nur etwas ausruhen“, erklärte Ryo angespannt und hoch konzentriert.

„Das kann jeder behaupten, Knabe!“, zischte Malik.

„Ich bin kein Knabe mehr, sondern 14 Sommer alt und ich sage die Wahrheit! Du bist auch nicht viel älter als ich und ich glaube du kennst dich gut in der Wüste aus“, schlussfolgerte der Weißhaarige nachdenklich und ihm kam eine Idee. „Du weißt doch sicher wo Sakkara ist, nicht wahr? Bring uns dorthin.“

„Ryo, ich dachte du kennst den Weg?“, fragte Mokuma etwas verwirrt nach. Ryo drehte sich kurz zu ihm um und antwortete: „Nur halbwegs. Sicherer ist es sich von jemanden führen zu lassen“

„Und was ist wenn ich mich weigere?“, wandte Malik frech ein. Er war nun mal jemand, der auch bei den schwierigsten Situationen einen kühlen Kopf bewahrte und seinen Mund nicht halten konnte. In dieser Hinsicht hatte Malik schon vor langer Zeit seine Hemmungen verloren. Außerdem wollte er sich von zwei Halbstarken, wie die beiden, nichts sagen lassen, mögen sie auch noch so im Vorteil sein. Und diese Frage verfehlte seine Wirkung auch nicht, denn Ryo sah den Anderen nun viel unsicherer an. Was sollte er denn jetzt sagen? Ryo war nie gut in Drohungen gewesen. Lange überlegte er und starrte Malik dabei an.

„Wenn du dich weigerst, dann schneiden wir dir die Kehle auf!“, antwortete Mokuma für Ryo, da ihm die Überlegerei zu lange dauerte. Er erhielt dafür schockierte Gesichter seitens der beiden Älteren. Das verstand der kleine Schwarzhaarige nicht. Was hatten die denn? Sagte man das nicht so als Dieb?

„Tse, gut, gut, aber lasst mich endlich aufstehen!“, zischte Malik als Antwort. Mokumas Drohung hatte seine Wirkung wohl nicht verfehlt und der Dieb gab nach. Lächelnd und Dankbar für die Unterstützung sah Ryo zu seinem kleinen Freund nach hinten. Nun hatten sie den Dieb soweit.
 

Nicht lange danach saßen alle drei am Feuer und Malik ärgerte sich immer noch, dass er sich erpressen ließ. Mokumas Wunde hatte Ryo inzwischen mit einem Stück ihrer sauberen Umhänge verbunden und sie konnten nur hoffen, dass sich die Wunde nicht entzündete, denn in der Wüste gab es leider keine geeigneten Kräuter um dies zu verhindern. Selbst Malik kannte so eine Pflanze nicht, aber die Gesundheit des Jungen interessierte ihn auch recht wenig. Den ganzen Tag über schaute er die beiden Knaben an, die es doch tatsächlich gewagt hatten ihn zu überwältigen. Sein Stolz war mächtig angekratzt, doch Ryo und Mokuma ließen sich weder von den Blicken, noch von Maliks verletztem Ego beirren. Sie hatten sich gegenseitig vorgestellt und nun saßen sie zusammen und schwiegen sich an. Es war alles gesagt und es hatte sich heraus gestellt, dass es Malik gar nicht so anders erging wie Ryo und Mokuma. Er war auch Waise, nur lebte er in der Wüste und hatte sich ihr angepasst. Sein Leben als Wüstendieb war gefährlich und von täglichem neuen Abenteuern gezeichnet. Malik hatte noch bis vor kurzem einen Partner gehabt, doch dieser war bei einem Raubüberfall ums Leben gekommen und nun musste er sehen wie er sich selbst ernährte. Auf Ryo wirkte er wie ein wildes Wüstentier, dass man nicht bändigen konnte und das hinter Mauern sterben würde. Aus diesem Grund hatte er Malik auch nicht gefragt, ob er denn mit ihnen nach Sakkara mitkommen wollte, um zu dritt ein neues Leben aufzubauen. Er würde dort nur unglücklich werden. Ryo sah schweigend Malik im Schein des Feuers an und betrachtete ihn etwas. Der Blondhaarige war ungewöhnlich schön, exotisch, wild und mutig, außerdem war er kräftig gebaut und leichfüßig wie eine Raubkatze. Was machte ein solcher Mensch so allein in der Wüste?

„Malik, hast du niemanden zu dem du gehen kannst?“, fragte Ryo nach, doch er bekam keine Antwort darauf. Stattdessen drehte sich Malik von ihm weg und legte sich auf seinen Schlafplatz hin. Anscheinend wollte er darüber nicht reden und Ryo hatte Verständnis dafür. Auch er redete nicht immer gern über seine Vergangenheit. Mokuma wünschte dem Weißhaarigen bald eine gute Nacht und legte sich schlafen. An diesem Abend schlief nur Ryo nicht, da jemand Wache halten musste..
 

Den nächsten Morgen begrüßte der Sonnengott Ra wie immer mit seinen warmen Strahlen. Er kitzelte dabei Malik an der Nase, was ihn ärgerte, doch er öffnete die Augen und als er sich umdrehte, fand er einen völlig übermüdeten Ryo am Feuer sitzend wieder.

„Guten Morgen“, begrüßte Ryo ihn und schaute zu ihm hinab.

„Warst du etwa die ganze Nacht wach? Wieso?“, fragte Malik verwundert und erhob sich um sich zu strecken.

„Damit du nicht abhaust“, erkläre Ryo schmunzelnd und stand auf um von seinem Kamel eine Trinkflasche zu holen. Malik sah ihm mit einem trotzigen Blick hinterher. Gedanklich äffte er die Worte Ryos nach und murrte vor sich hin. Seine lavendelfarbenen Augen untersuchten wie gewohnt die Umgebung und er lauschte in die Stille hinein. Alles war ruhig und still, nur das Rauschen des Windes streifte seine Haut und...

„Mokuma, komm, wir brechen auf!“, sprach Ryo und störte somit Malik, der nur Ruhe gewöhnt war, bei seinen Gedankengängen. Scheinbar hatten es die beiden wirklich eilig nach Sakkara zu kommen, aber ihn wunderte das nicht. Die Wüste war eben nicht jedermanns Sache. Mokuma war noch nicht ganz wach, als ihn Ryo gerufen hatte. Er streckte sich erst Mal und rollte dann ganz in Ruhe seine Decke wieder ein, um sie dann Ryo zu geben. Seine trainierten Arme streckte er in die Höhe und gähnte lauthals los. Ryo amüsierte der Anblick, doch Malik fand die beiden definitiv zu laut. Für ihn war der Wind, der über die Dünen fegte, die schönste Musik der Welt und wollte seine Ruhe wieder haben. Er wollte die beiden nur noch in Sackara abliefern und dann wieder in seine Einsamkeit verschwinden. Dies war das Leben, dass er gewohnt war und er wollte auch nicht, dass sich etwas ändert.
 

Die Sonne stand bereits hoch am Himmel als die drei sich langsam Sakkara näherten. Ryo und Mokuma saßen auf ihr Kamel und Malik auf sein Pferd. Ryo beneidete Malik um sein Reittier, denn es schien nicht so zu schaukeln, wie das Kamel. Es wunderte ihn weshalb jemand, der in der Wüste lebte ausgerechnet ein Pferd als Transportmittel benutzte. Dabei wusste doch jeder das Kamele die besten Wegbegleiter durch die Wüste waren, während Pferde viel schneller verendeten. Nun aber zeichneten sich immer mehr hohe Felsen aus den Boden hervor und die drei sahen ehrfürchtig zu ihnen hinauf. Dort oben wohnen sicher die Götter, dachte Ryo bei sich und schirmte mit seiner Hand die Sonne von den Augen ab. Das Kamel trabte weiter, während Ryo und Mokuma die Felsen ansahen.

„Wahnsinn, oder?“, fragte Mokuma, der hinter Ryo auf dem Kamel saß. „Da würde ich gerne mal rauf“

„Untersteh dich, Mokuma“, lachte Ryo und schaute nach hinten. „Die Götter haben die Felsen nicht umsonst so steil gemacht. Da soll kein Mensch rauf“
 

Eigentlich wollte Ryo noch etwas sagen, doch er wurde unterbrochen als Malik plötzlich die Zügel zog und anhielt. Mokuma und er sahen auf und taten dasselbe, doch wussten sie nicht was geschehen war und was Malik dazu verleitete so abrupt anzuhalten. Der Blonde schien etwas gehört zu haben.

„Was hast du, Malik...?“, fragte Ryo, bevor ein Pfeil nur knapp an ihm vorbei schoss und ein paar seiner Haare durchtrennte. „Ahh!“ Der plötzliche Schock schien den Weißhaarigen zu lähmen. Mokuma und Malik hatten das mitbekommen und sahen geschockt zu Ryo. Was war passiert? Malik war der Erste der sich aus der Starre befreien konnte und unruhig sah er sich in der felsigen Landschaft um. Der Pfeil blieb in den sandigen Boden stecken und plötzlich tauchten hinter jedem Felsen um sie herum bewaffnete Männer auf. Es waren mindestens drei Dutzend!.
 

Ein Hinterhalt, schoss es allen drein durch den Kopf! Sie waren mitten in einem Lagerplatz einer Räuberbande geraten.
 

„Sieh an! Hat man euch Kindern nicht beigebracht immer auf den Weg zu achten?“, rief plötzlich eine dunkle Stimme und das Trio sah den Besitzer dieser Stimme aus der Masse hervor kommen. „So schön die Felsen auch sein mögen jetzt werdet ihr erst Mal euer Hab und Gut hergeben müssen und dann könnt ihr weiter gaffen“

Die Räuberbande lachte bei den Worten. Nur Malik, Ryo und Mokuma fanden das gar nicht lustig. Jedem von ihnen war klar, dass die Bande sie nicht am Leben lassen würde, wenn sie sie erst mal ausgeraubt hatten. Malik ließ sich von der Masse nicht beirren und reckte stolz sein Kinn hoch.

„Sollen wir nun Angst haben? Ich bin selbst ein Räuber und ich gebe meine Beute bestimmt nicht her!“, protestierte Malik und starrte den Mann an, der gerade zu ihnen gesprochen hatte. Wahrscheinlich war das wirklich der Anführer. Er hatte kurzes weißes Haar, feuerrote Augen, eine große, unschöne Narbe über seinem rechten Auge und war stark muskulös. Dieser Mann sah wahrhaft furchterregt aus, wie ein echter Räuber eben. Ryo und Mokuma hielten sich gegenseitig fest, zitterten wie Espenlaub, während Malik stolz und mutig der Räuberbande trotzte.

„Oho!“, staunte der Anführer und nickte anerkennend. „Du weißt wohl nicht wer ich bin, Kleiner. Ich bin Bakura, der König der Diebe“

„Was? Bakura?“, fragte Malik erstaunt als könne er es nicht glauben. Auch Ryo zog scharf die Luft durch die Nase, als er das hörte. Bakura? Der König der Diebe? Dieser Mann war das? Dann war das ihr Ende. Er hatte gehört, dass Bakura niemanden am leben ließ. Eisiges Schweigen machte die Sache nur noch schlimmer.
 

Malik antwortete nicht, stattdessen stieg er ab und verbeugte sich vor Bakura. So eine Reaktion hatte der Anführer nicht erwartet und er hielt lieber die Hand am Griff seines Säbels, da er dem Blonden nicht traute, doch es war kein Trick dahinter. Auch Ryo und Mokuma wussten nicht was das sollte. Malik verbeugte sich tief, fast demütig vor dem weißhaarigen Räuber und Bakura fragte sich was dieser Sinneswandel zu bedeuten hatte? Fremden sollte man nie trauen und die anderen Beiden konnten auch nur so tun, als wüssten sie nicht was ihr Kamerad vorhatte. Der König der Diebe kannte schließlich bereits alle möglichen Tricks schon. Bakuras feuerroten Augen durchdrangen den Jungen, der in völliger Demut vor ihm kniete.
 

„Ich bewundere dich!“, sprach Malik dann weiter. „Du hast schon so viele Dinge getan, die sich andere nie trauen würden. Ich bitte dich, nimm mich in deine Bande auf. Einem Mann wie dir schwöre ich ewige Treue.“
 

Das sich Malik so erniedrigte bewies, dass er wirklich in Bakuras Bande mit aufgenommen werden wollte. Soweit es Ryo beurteilen konnte war Malik normaler Weise kein Mensch, der sich so auf den Boden warf. Doch das war jetzt sein geringstes Problem, denn Bakura kannte Malik nicht und wusste nicht wie stolz dieser eigentlich war. Ryos Griff um Mokuma verstärkte sich, denn er fürchtete, dass ihr Leben gleich vorbei sein würde. Malik, dieser Verräter. Er hatte ihnen versprochen sie nach Sakkara zu begleiten und jetzt kroch er zu Füßen des wohl gefährlichsten Mannes dieses Landes und bat ihn bei sich aufzunehmen. Was wurde denn aus ihnen? Wieder einmal musste Ryo feststellen, dass sie beide fallen gelassen wurden und dieses Mal war das Loch so tief, dass sie nicht mehr von allein raus kommen konnten. Er musste erkennen, dass Malik ihnen nicht helfen würde und versuchte das wegzustecken und gleichzeitig wünschte er sich Mokuma und er wären unsichtbar. Doch Ryos Furcht war teilweise unbegründet, denn im Moment galt die Aufmerksamkeit der Räuber dem knienden Malik.

Bakura schien zu überlegen. „Du glaubst doch nicht im ernst, dass ich dir das so einfach abkaufe, Kleiner?“, grinste er überheblich und schritt um Malik herum, ließ ihn dabei nicht aus den Augen. „Aber nun gut... euer ganzes Proviant ist sowieso meins und ob ich euch jetzt umbringe, oder später ist mir gleich. Nun gut, Malik, oder? Zu uns kommt nicht jeder. Du musst ein paar kleine Prüfungen meistern, damit wir deine Fähigkeiten und deine Treue einschätzen können. Bis dahin, sieh dich als Beute“

„Danke, Bakura, ich werde tun was du willst“, nickte Malik ergeben und stand dann wieder auf. Bakura sah ihm in die Augen und war erstaunt über den ernsten Blick, der ihn traf. Es beeindruckte ihn allerdings nicht, denn solche Einfaltspinsel gab es zur genüge. Bakura war schließlich kein Unbekannter, aber nur wenige kannten sein Gesicht. Es wäre Maliks Tod sollte er die Prüfungen nicht überstehen.
 

„Und was ist mit den beiden da?“, fragte einer aus der Räuberbande und zeigte auf Ryo und Mokuma, die daraufhin verschreckt zusammen zuckten. Nun schauten alle Männer nur auf die beiden. Angst sickerte durch ihre Körper wie Sand. Sie fühlten geradezu wie kalt es um sie herum wurde, obwohl die Temperatur weder schwankte noch sank. Bakura drehte sich zu ihnen hin und schien zu überlegen was er mit ihnen tun sollte. Noch bevor er aber etwas sagen konnte verteidigte Ryo seinen kleinen Freund und sich selbst auch mit großen Worten: „Wir-... wir wollen auch deiner Räuberbande beitreten, Bakura!“

Mokuma schaute überrascht auf, doch sah er bereits auf dem ersten Blick, dass Ryo es nur aus reiner Verzweiflung gesagt hatte. Seine Worte waren nicht überlegt, oder durchdacht. Er wollte sie beide schlichtweg beschützen, doch hatte er sie damit denn beschützt? Schallendes Gelächter bestätigte dem Schwarzhaarigen, dass es nicht so war. Bakura und seine Räuber lachten sie aus und ihre Hoffnung schwand mehr und mehr.
 

Ob sie es schaffen da lebend wieder rauszukommen erfahrt ihr im nächsten Kapitel.

Ausweglose Situation

Kapitel 4 - Ausweglose Situation
 

„Ich meine es ernst!“, rief Ryo energisch, um seine Worte zu unterstreichen, aber auch, damit die Räuber endlich aufhörten ihn auszulachen. Tatsächlich brachte seine laute Wiederholung etwas, denn die Räuber schwiegen plötzlich. Nun konnte man selbst den Wind wehen hören und er wirbelte die Sandkörner empor - es sah so aus als würden sie tanzen. Der Anführer der Räuberbande sah die beiden Jungen mit zusammengekniffenen Augen an. Ängstlich hielt sich Mokuma noch fester an Ryos vergilbter Leinenkleidung.

„Bist du dir sicher, Junge? Die Prüfungen sind schwer und für Zartbesaitete nicht zu schaffen. Ihr braucht Kraft und Ausdauer. Wenn ihr nicht besteht, dann werdet ihr sterben“, erklärte Bakura noch Mal ausführlich, aber mit einer Kälte in der Stimme, die Ryo und seinem kleinen Leidensgenossen nicht geheuer war. Bakura beobachtete jede Regung der beiden Jungen. Mokuma schluckte, hielt sich immer noch an Ryo fest, während sich dieser zwang Ruhe zu bewahren. Es war ein unglaublich schreckliches Gefühl hier zu warten und von diesen Räubern umzingelt zu sein. Das Wissen nicht fliehen zu können und bald sterben zu müssen fraß sich durch seinen Körper und hielt sein Herz fest umklammert. Ryo atmete flach, und keuchte leicht bei den Worten des Anführers. Das war ihr Ende, dachte er unheilvoll.

„Tu nicht so, als hätten wir eine Wahl. Du bringst uns doch um, wenn wir es nicht wenigstens versuchen“, erläuterte Ryo verzweifelt und verärgert über die Gleichgültigkeit mit der der Dieb über ihr Leben bestimmte - dabei kannte er es doch zur genüge von den Bewohnern aus Theben. Ryo sah keinerlei Regung in den Gesichtszügen des Mannes. Ihm waren Menschenleben vollkommen egal und genau dies machte die Situation so gefährlich. Mit sich ringend sah Ryo zu Malik rüber, doch der mischte sich nicht in dieser Angelegenheit ein. Warum sollte er auch? Die beiden hatten ihn blamiert und wenn sie nun starben, umso besser für seine Ehre.

Bakura konnte über die Antwort von Ryo nur lachen. Die Verzweiflung darin sprudelte geradezu über, wie Wasser in einem Kessel über dem Feuer. Armseliger konnte ein Mensch kaum reagieren. Dieser Bursche war nur ein Knabe, ein ängstliches kleines Kind mit einem noch viel kleineren Kind in seinem Arm. Doch der Weißhaarige war schön, eine sanfte Schönheit, für einen Mann versteht sich. Dieser Malik war ebenso schön, wenn nicht sogar schöner mit seinem exotischen Aussehen. Wenn man ein Leben führte, das jeden Tag zuende sein konnte, dann waren fleischliche Gelüste nur noch zum Vergnügen da. Weder Bakura, noch seine Bande hatte das Verlangen einen Sohn zu bekommen. Es war nicht so wie im Palast, oder in der Stadt, in der ein Erbe nötig war, um den Fortbestand der Familie zu sichern. Bakura lebte völlig frei von diesem Zwang und er war auch froh darüber. So konnte er sich erlauben zwischen den Geschlechtern zu variieren und sich die schönsten auszusuchen. Außerdem war er der Ansicht, dass, wenn er ein Kind haben wollte, er ihm auch ein weitaus besseres Leben bieten möchte. Ein Kind unter Räubern starb viel zu schnell und alles was bleiben würde, wäre das gebrochene Herz der Eltern. Nein, so etwas wollten die Räuber wirklich nicht haben, schon gar nicht Bakura.

Amüsiert betrachtete er die beiden Jungen auf dem Kamel.

„Wie wahr, wie wahr, so ein schlauer Bursche. Nun, dann versucht es doch“, antwortete er Ryo und grinste dabei hämisch, da die Antwort den Jungen scheinbar überraschte. Die beiden würden es sowieso nicht schaffen, dachte sich der weißhaarige Räuber. Es war zwar schade, aber sei es drum, es gab noch viele andere schöne Menschen auf dieser Welt, die er, Bakura - König der Diebe, haben konnte. Schwungvoll drehte sich der Anführer zu seinen Männern um und nickte ihnen zu. „Sie kommen mit uns, Männer. Nehmt ihr Gepäck und dann ziehen wir weiter“
 

Gesagt, getan. Wenigstens keine Fesseln, dachte Malik bei sich, als er mit geradem Rücken auf seinen Ross saß und neben Ryo und Mokumas Kamel ritt. Sie waren von den Reitern der Räuberbande umzingelt, wurden mit ihr mitgezogen. Selbst wenn sie versuchen würden zu fliehen, könnten sie gar nicht an all den Männern vorbei. Malik schaute seine beiden unfreiwilligen Reisepartner an und stellte fest wie blass und erschrocken sie wirkten, als wäre es der Weltuntergang. Nun, völlig falsch war die Ansicht nicht, denn wenn sie versagten würde es auf jeden Fall ihr Untergang sein. Ein wenig freute es Malik, sie so zu sehen. Ja, er wäre geradezu schadenfroh, wenn er nicht selbst in dieser äußerst brisanten Lage stecken würde. Seine Chancen die Prüfungen zu überleben und in die Bande der Räuber aufgenommen zu werden waren aber höher als die der anderen beiden. Allein deswegen konnte Malik so ruhig dasitzen. Nachdenklich schaute er nach vorne, auf den Rücken des Anführers. Das war also Bakura? Er sah nicht viel älter aus, als er selbst und trotzdem fürchtete man ihn schon im ganzen Land. Was musste er schon alles begannen haben, um diesen schlechten, aber großen Ruf zu erlangen? Malik würde die Zahl seiner Opfer bestimmt nicht mal zählen können, so groß musste sie sein.

Ryo dachte an dasselbe wie Malik. Den zitternden Mokuma fest in seinen Armen haltend, sah er stur geradeaus und versuchte das Grinsen und Getuschel um ihn herum zu ignorieren. Der kleine Schwarzhaarige konnte dem nicht widerstehen und sah jeden einzelnen Räuber an. Seine Augen zuckte ängstlich hin und her und boten den Räubern damit nur noch mehr Spaß. Ryo war schlecht, richtig übel sogar. Das Geschaukel des Kamels schlug ihn auf den Magen und er hatte das Gefühl ohnmächtig zu werden. Er spürte weder den rauen Sand auf seiner Haut, noch die Stoffe, die ihn vor der Sonne schützten. Die Angst hatte seine Glieder so fest im Griff, dass sich nichts rührte, außer seine langen weißen Haare, die sich im Wind wiegten.
 

Nach einer Weile hatte Mokuma angefangen zu schluchzen. Ryo wusste nicht, ob er weinte, oder einfach nur vor Angst zitterte, da er sein Gesicht in sein Gewand vergrub.

„Nicht weinen, Moki“, bat Ryo leise und strich dem kleinen Jungen zärtlich über den Kopf. „Noch haben wir eine Chance“ Eine sehr geringe Chance nur, aber sie musste ausreichen.

„Wir sind da!“, rief Bakura auf einmal und alle hoben den Kopf. Sie sahen, dass der Anführer bereits etwas vorgeritten war und mit seinem Pferd auf eine hohe Sanddüne stand. Bakura wartete auf  die anderen und zeigte seinen Gefangenen äußerst zufrieden seine wunderschöne Stadt, indem er ausladend seinen Arm schwang. Sein Humor war wieder ein mal unübertroffen. Er sah so stolz und  gelassen aus, dass Malik, Ryo und Mokuma eine außergewöhnliche Unterkunft erwarteten, aber als sie die Sanddüne mit ihrem Kamel erklommen hatten, tauchte ein normales Dorf vor ihnen auf. Ein verfallenes Dorf, wie Malik merkte und ihm wurde unwohl. Er kannte den Namen: Kul Elna, die Geisterstadt. Malik glaubte den Erzählung und scheute sich davor dorthin zu gehen.

„Dort lebt Ihr?“, fragte er den weißhaarigen Räuber und erntete dafür ein spöttisches Lachen.

„Natürlich Junge. Nur weil wir Räuber sind verzichten wir nicht auf Luxus“, erwiderte Bakura amüsiert, weil er die Angst in Maliks Stimme genau heraushörte. Der aufgewirbelte Sand schien sein Pferd zu stören und es schnaubte unruhig mit seinen Hufen. Bakura zog die Zügel und klopfte dem Tier aufmunternd auf den Hals, damit es sich wieder beruhigte.

Luxus, wiederholte Ryo in seinem Kopf und zog dabei die Stirn kraus. Von Luxus konnte kaum die Rede sein, denn die Stadt war verfallen. Er kannte Kul Elna nicht und er wusste auch nicht, dass Bakura sich hier versteckt hielt.

„Na los, vorwärts!“, befahl Bakura ungeduldig, schnappte sich Maliks Zügel und zog diesen so mit sich. Wenn es etwas gab wovor der Junge mit dem sandblonden Haaren Angst hatte, dann waren es Geister. Es hatte immerhin einen Grund weshalb die Wüste das ‚tote Land‘ hieß, denn hier lebten die unruhigen Seelen der Verstorbenen, sofern eine Geisterstadt in der Nähe war. Kaum betraten sie Kul Elna, sah sich Malik auch schon unruhig um. Nun hatte er mehr Angst als Ryo und Mokuma zusammen, doch er versuchte es zu verstecken und ruhig zu bleiben. Bakura sollte nicht denken er wäre ein Feigling. Außer den Hufen und das Schnauben der Pferde hörte man nichts mehr. Die Räuberbande war verstummt und durchquerte die verfluchte Stadt. Allen voran: Bakura. Als er anhielt und abstieg, taten es ihm anderen gleich. Dieser unbedingte Gehorsam erstaunte Ryo, denn er hatte sogar gepeinigte Sklaven gesehen, die sich stur gegen den Befehl ihres Herrn sträubten. Dieser Männer aber waren Bakuras Autorität erlegen.

Mokuma schrie auf, als er von einen der Räuber gepackt und vom Kamel runter gezerrt wurde. Ryo wollte ihn noch festhalten, aber da spürte er selbst einen festen Griff um seinen dürren Arm und man zog ihn ebenso unsanft vom Kamel. Vernünftig wie er war, leistete er keinen Widerstand, doch Mokuma trat nach dem Räuber. Er traf und rannte weinend zu Ryo und umarmte dessen Beine. Der Mann, den Mokuma getreten hatte, ging zu ihnen und wollte das Kind schlagen. Es war ein Hüne von einem Mann und der kleine Junge duckte sich erschrocken hinter Ryos Beinen.

„Nein, bitte nicht! Er ist ein Kind, lasst ihn“, bat Ryo, doch als er Mokuma auf seinen Arm heben wollte, packte jeweils ein Räuber einen Arm von ihm und zusammen zerrten sie ihn von den Jungen weg. „Bakura, lasst ihn in Ruhe!“

„Halt die Klappe! Der Kleine ist ganz schön mutig“, antwortete der Hüne und sah grinsend auf den schwarzhaarigen Jungen herab, der nun ängstlich und allein ihm gegenüberstand. Die anderen Räuber lachten - Bakura ebenfalls. Natürlich war ihm der Widerstand des kleinen Knaben nicht entgangen und er trat nun auch auf Mokuma zu. Ein Schmunzeln legte sich auf seinen Lippen, als er unmittelbar vor ihm stand und dieser heftig zitternd zu ihm aufsah. Mokubas große Augen füllten sich immer mehr mit Tränen und er konnte nun nicht mehr verhindern, dass er wie ein Baby anfing zu weinen.

„Oh, nicht doch. Große Klappe, aber nichts dahinter, was?“, fragte Bakura amüsiert und kniete sich herunter, um mit dem Jungen auf Augenhöhe zu sein. „Wage es dir noch einmal nach meinen Männern zu treten und das war das letzte Mal, dass du treten konntest“ Beinahe zärtlich strich er Mokuma, während er das sagte, über den Kopf und erhob sich wieder. Nach kurzem überlegen verschwand Bakuras Lächeln und er fasste sich ein Herz. Der Kleine war noch ein Kind, da wollte er mal nicht so sein. Er hob Mokuma auf seine Arme, bevor er zu seinen Männern sprach: „Wir sind endlich zu Hause, Männer. Geht in eure Häuser und ruht euch aus, denn heute Abend will euch alle um unser Lagerfeuer sehen. Wir feiern unseren großen, reichen Beutezug. Ich bin sehr stolz auf euch alle, ihr habt sehr gute Arbeit geleistet und jetzt ist unser Ruf noch gefürchteter. Den Kleinen nehme ich mit mir, aber die beiden anderen bindet an die Palmen, damit sie uns nicht weglaufen“

„Was? Aber ich bin doch freiwillig hier. Ich werde nicht weglaufen“, versprach Malik sofort. Er hatte keine Lust in der glühenden Sonne gefesselt zu werden, doch lag dies nicht in seiner Entscheidungsgewalt.

„Es ist auch nur zu eurer Sicherheit, damit ihr nicht auf dumme Gedanken kommt“, antwortete Bakura kühl und drückte Mokuma an sich. Den Sarkasmus hätte er sich auch sparen können, dachten Malik und Ryo gleichzeitig.

„Na los!“, zischten die Männer und schubsten Ryo und Malik zu den Palmen mitten im Zentrum der Stadt, während sich Bakura mit Mokuma in sein Haus zurückzog. Ryo wimmerte, als der Hüne seinen Rücken mit seiner ganzen Kraft an die Palme drückte. Seine schokoladenbraunen Augen wandte sich von dem Geschehen ab und sahen lieber auf einen der leerstehenden Häuser. Es war Ryos Art einer schwierigen Situation auszuweichen. Nur nebenbei spürte er, wie seine Arme hinter der Palme gezogen wurden. Nur nebenbei bemerkte er das Lachen und die widerlichen Worte über sein Aussehen. Wie in Trance lehnte Ryo seinen Kopf gegen die raue Rinde der Palme und versuchte die Hände zu ignorieren, die ihn unsittlich berührten, ebenso die Zunge des Hünen, die rau und erbarmungslos über sein Gesicht leckte.

„Du bist ein hübsches Bürschlein...“, hauchte er und knabberte an Ryos Ohr. „Hoffentlich überlebst deine Prüfung...“ Ryo keuchte erschrocken, konnte den Mann nicht länger ignorieren und wollte ihn von sich drücken, doch es war bereits zu spät. Seine Hände wurden schmerzhaft und sehr fest hinter der Palme zusammengebunden.

Malik erging es aber nicht anders. Die Räuber hatten alle kaum Gelegenheiten sich zu amüsieren und waren sexuell frustriert. So ein Schönling wie Malik konnte ihnen daher nur recht sein, schließlich fanden sie nur selten einen schönen Mann in der Wüste. Malik jedoch ließ sich das nicht so einfach gefallen und schimpfte die Räuber aus: „Fasst mich nicht an, ihr Schweine!“ Es machte den Männern nichts aus beschimpft zu werden, stattdessen küsste einer von ihnen Maliks Lippen und erfreute sich über dessen empörten Blick. Für Ryo und Malik kam es wie eine Ewigkeit vor, als die Räuber endlich von ihnen abließen. In Wahrheit waren es nur wenige Augenblicke gewesen und sie hatten auch nichts weiter getan, als sie unsittlich zu berühren. Die Beiden sollten schließlich wenigstens die Chance bekommen die Prüfungen zu schaffen. Lachend gingen die muskulösen Männer davon und ließen die Jungen hilflos an den Palmen zurück.

„Oh nein... hoffentlich tut er Mokuma nichts an“, sprach Ryo mehr mit sich selbst, doch Malik hatte es trotzdem verstanden.

„Tse, sorg dich lieber um dich selbst“

„Aber wer weiß was Bakura ihm nun antut?“ Ryo sah zum Haus, in dem Bakura hinein gegangen war. „Mokuma darf nichts geschehen. Er ist doch mein kleiner Bruder“
 

Kommen Malik, Ryo und Mokuma aus dem Schlamassel wieder raus? Das erfahrt ihr im nächsten Kapitel



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Kommentare zu dieser Fanfic (18)
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Von:  sennen_item
2015-09-02T17:19:33+00:00 02.09.2015 19:19
Heey bin gerade auf deine ff gestoßen und es macht mir riesigen Spaß sie zu lesen. :)))
Liebe grüße
Sennen_item

Von:  jyorie
2012-02-25T22:35:11+00:00 25.02.2012 23:35
Hi,

der Anfang hört sich gut an, würde gern weiterlesen. Hoffe du schreibst ein neues Pittel :)

Grüße
Jyorie
Von:  RyouAngel
2010-12-17T10:23:47+00:00 17.12.2010 11:23
Ein sehr sehr spannendes Kapitel und ich sollte mich schmen es bisher noch nicht kommentiert zu haben.

Also das Kapitel war super geschrieben, wirklich...
Und endlich taucht Bakura auf, darauf hab ich i-wie gewartet
*lachs*
Bin sehr gespannt ob die drei es wirklich schaffen~

RyouAngel
Von:  Soichiro
2010-10-23T18:43:24+00:00 23.10.2010 20:43
Hey^^

Hab gerade deine FF entdeckt und ich bin wirklich froh darüber, denn das Lesen des ersten Kaps hat sich gelohnt^^
Dein Schrebstil finde ich klasse, denn man kann das Kapitel nicht nur fließend lesen, sondern man kann sich auch alles sehr gut vorstellen
Außerdem hab ich auch keine Fehler gefunden, die mich beim lesen hättne stören können

Das Gespann Ryo und Mokuma finde ich sehr interessant und ich bin gespannt darauf zu lesen was die Beiden alles so erleben werden

Außerdem finde ich, dass deine Geschichte bisher sehr realistisch wirkt und das finde ich ziemlich gut, denn oftmals findet man in FFs über das alte Ägypten eher das Gegenteil. Dadurch dass du es aber so gut triffst, macht das Lesen gleich noch viel mehr Spaß
Doch nicht nur die Umgebung sondern auch das Verhalten von Ryo und auch Mokuma wirken sehr passend, ebenso ihre Gefühle
so fand ich es zum Beispiel sehr passend, dass Ryo darüber nachdenkt warum die Menschen so mit ihnen umgehen, auch wenn das alles für ihn ja schon Alltag ist

Das erste Kap ist dir wirklich sehr gelungen ^-^
glg Soichiro
Von:  RyouAngel
2010-04-06T11:52:15+00:00 06.04.2010 13:52
Oh Gott du hast weiter geschrieben!
*megafreu*
Wiedermal war das Kapitel total toll geschrieben und ich bin jetzt sehr sehr gespannt wie es weitergehen wird.
ich hab solche Angst um Moki und Ryou....
*hibbels*
Bakura wird ihm schon nichts tun...
*Mal hoff*
Hoffentlich kommt das nächste kapitel schneller wie der letzt
*smirk*
Bis denne

RyouAngel
Von: abgemeldet
2010-04-06T01:19:36+00:00 06.04.2010 03:19
Oh, endlich ein neues Kapitel *___*
Schaaade, dass es so kurz ist, meinst du, das nächte könnte vielleicht länger werden *liebenswürdig schau*
Ich hatte eigentlich kaum Probleme mich reinzulesen und ach, mir tut Moki so leid, das arme Kind... ;__;
Es hat auf jedenfall wieder Spaß gemacht, ein Kapitel zu lesen und ich würde mich freuen, wenn es ganz bald weitergehen würde =3 Bin schon gespannt, wasd das für ominöse prüfungen sind, die da auf die beiden warten~
Sorry, dass der Kommi diesmal so kurz ist, aber es ist spät und ich bin müde, wollte aber unbedingt noch das Kapitel lesen ^^;

LG, Katze
Von:  MiriaMiri
2010-04-05T13:59:44+00:00 05.04.2010 15:59
IL MIO DIO!< Was stehlt den Bakura mit moki an? nicht etwa...o.O OMG!!! schreib weiter, ja? wenn nicht dann... (f*ck mir fällt keine drohung ein!) xP
Von:  saspi
2010-04-05T10:23:27+00:00 05.04.2010 12:23
Hey!!!
tolles kappi!!!
Bitte schreib schnell weiter!
Bin schon gespannt wie 's weiter gehen soll!!!
ohoh hoffe es wird gut ausgehen. was macht bakura mit mokuma??
Freu mich aufs nächste kappi.
Bye

Von: abgemeldet
2009-09-22T11:38:00+00:00 22.09.2009 13:38
Uiuiui, da überstürzen sich aber die Ereignisse - hm, also ich glaube, ich hätte Malik nicht über den Weg getraut *lach*, Aber Ryou ist wohl ein klein wenig naiv - ich meine, selbst WENN die Drohung ausgesprochen wrden ist, Malik die Kehle durchzuschneiden, dann kann dieser sie doch immer noch in einen Hinterhalt locken, immerhin kennt er sich mehr als gut in der Wüste aus.
Und nun betritt auch Bakura die Bühne *.*, ich bin echt mal gespannt
Mensch, Ryo tut mir echt leid - Malik ist zumindest noch von der Wüste gezeichnet und kein Schwächling, aber jemand, der so fragil wirkt wie Ryo und dann noch ein Kind wie Mokuma, ob das mal gut geht :/.

Diesmal muss ich aber doch was anmerken: Du solltest dir das Kappi nochmal gründlich durchlesen, ich hab ein paar Flüchtigkeitsfehler und ab und an mal einen komischen Satzbau entdeckt.
Anspnsten hat es mir aber wieder gefallen ^^.

Ich freu mich total auf die Fortsetzung und hoffe es dauert nicht ganz so lange - ein längeres Kaptel wär auch wirklich klasse, da kann man sich dann richtig toll drin vergraben *.*

LG, Katze
Von: abgemeldet
2009-09-22T11:20:22+00:00 22.09.2009 13:20
Also, ich staune enmal mehr über deine tollen Beschreibungen - du musst sehr gut recherchiert haben, bis auf ein paar wenige Tippfehlerchen hab ich nämich absolut nichts zu bemängeln gefunden - Man kann sich richtig gut in diese Zeit hineinversetzen *.*.
Der Rückzug aus dierser Stadt ist verständlich - je öfter man die beiden bemerkt, desto gefährlicher ist es für sie... Was ich auch gut finde, dass du Moki so gut beschreibst - so seines Alters entsorechend und wie Ryou sich um ihn sorgt, ist wirklich rührend.
Und die Begegnung mit Malik find ich sehr gut - da steckt richtig Dynamik drin..

Das einzige, was mir nun doch aufgefallen ist, ist die Sache mit dem Kamel - ich hätte sie an deiner Stelle eher eines klauen lassen, immerhin waren Kamele damals auch nicht gerade billig und nur wenn man ein bisschen Kohle hatte, konnte man sich eines leisten, ich glaube nicht, dass man soviel Geld allein von ein bisschen betteln soi schnell zusammenbekommen hätte.

Aber sonst find ich es, wie gesagt, wieder gut ^^v

*zum nächsten Kappi hüpf*


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